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Mädchenliebe

von

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Wütend schmiss sie sich auf ihr Bett. Wütend auf sich selbst und ihre beschissenen, verwirrten Gefühle. Das war keine Achterbahnfahrt mehr, das war eher ein Höllentrip. Für einen Moment schloss sie die Augen. „Ich sollte glücklich sein.“, dachte sie sich, „Aber ich bin es nicht.“ Eigentlich wollte sich nicht beschweren, besser gesagt: Sie hatte keinen offensichtlichen Grund dafür. Denn sie hatte etwas, was sie schon immer wollte. Sie hatte jemanden, der sie liebte, jedenfalls glaubte sie das. Dennoch fühlte sie einen Schmerz in ihrer Brust. „Was ist das?“, fragte sie sich im Stillen. Für sie war klar, dass sie um die Beziehung mit allen Mitteln kämpfen musste. Nele liebte diesen Menschen so sehr wie keinen Anderen vorher.
 

Vor ihren Augen tauchten einzelne Bilder auf und sie musste lächeln. Zum Beispiel wie sie Jana das erste Mal getroffen hatte. Sie wusste noch ganz genau wie, wann und wo das war. Der Nikolaustag des vergangenen Jahres wollte ihr nicht wieder aus dem Kopf gehen. „Das war der Tag, an dem ich mich ‚unsterblich und unwiderruflich’…“, sie zitierte eine kleine Wortgruppe aus ihrem Lieblingsbuch, „…in diese Augen verliebt hatte.“ Bei jedem weiteren Gedanken aber wurde sie trauriger und leise bannten sich einzelne Tränen ihren Weg.

Eigentlich wartete sie auf einen Anruf von ihrer Liebsten, aber ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass sie diesen nicht mehr bekommen würde. Es war weit nach 20Uhr. Um genau zu sein 22Uhr 35. Wahrscheinlich, so glaubte Nele, war Jana wieder nicht zu Hause und konnte deshalb nicht anrufen. Dass sie sich die ganzen Ausreden und Lügen nur schön redete, bemerkte die Kleine nicht.
 

„Ich bin ihr es nicht mal wert, dass sie ihr Handy auflädt um mir mal ne Sms schreiben zu können... Ich bekomm stattdessen eine schnöde E-Mail an unserem Monatstag.“, schluchzte die Rothaarige als sie sich auf den Bauch drehte und in ihr gelbes Krone-Kissen kuschelte, welches sie von einer guten Freundin mal vor Jahren zum Geburtstag bekommen hatte. Da war auch schon das nächste Problem: Geburtstag.

Bald, in 2 Tagen und einem Monat, hatte Jana Geburtstag und Nele war eingeladen. Eigentlich keine große Sache, aber die 16-Jährige war sich nicht sicher, ob sie hingehen sollte. Sie kannte nur Jana und alle Anderen waren ihr fremd. Das hieße auch, dass Nele keine Zeit mit ihrer Freundin allein hatte und vor allem machte ihr zu schaffen, dass sie Schiss hatte, irgendetwas falsch zu machen. Manchmal konnte Nele über sich selbst lachen, weil sie sich so idiotisch und kindisch verhielt. Wie ein Kindergartenkind, was sich mit ihrer besten Freundin um eine Puppe stritt. Diese Problematik verstand auch kein Anderer, denn es waren ganz allein ihre Gefühle und kein Mensch der Welt fühlte genau wie sie.

„Boah…“, stöhnte sie als ihr von dem ganzen Denken der Kopf weh tat.
 

Nele rollte sich zusammen, wie ein Igel bei Gefahr, und blickte an die Wand neben ihrem roten Schlafsofa. Eine Lichterkette leuchtete diese und die sich daran befindenden Bilder in einem sanften und warmen Orangeton an.

Man fühlte sich geborgen und das wollte Nele damit auch erreichen. Leider reichte das nicht um ihr die Traurigkeit zu nehmen. Federleicht strichen ihre Fingerkuppen über das Foto, das vor ihr an der Wand hing. Darauf war ein Mädchen mit schwarzen Haaren, sündhaft schönen, vollen Lippen und mit faszinierenden blau-grauen Augen, die jeden in den Bann zogen und verzaubern konnten, zu sehen. Abermals flossen heiße Tränen über das Gesicht der 16-Jährigen. Graue Spuren auf ihren Wangen hinterließen die dunkel gefärbten Tropfen die anschließend das helle Kissen trafen. Ein lautes, verzweifeltes Schluchzen hatte sich seinen Weg durch ihre Lippen gebahnt.

Zwar versuchte Nele klare Gedanken zu fassen, doch diese Leere in ihrem Kopf und der Druck auf ihren Brustkorb machten dies zu einem schweren und schier unmöglichen Unterfangen. Als sie ihre Hand wieder auf die Matratze fallen ließ bemerkte Nele, dass sie zitterte. Und das so sehr, dass sie sich fragte, ob das noch normal war. Ihr ganzer Körper vibrierte und immer wieder untermalten Schluchzer die tragische und endlos andauernde Situation. Irgendwann in der Nacht hörte ihr Körper auf so heftig zu reagieren, die Tränen verebbten. Erschöpft, aber dennoch leise schniefend, fiel sie in einen unruhigen und von Alpträumen geplagten Schlaf.

Am nächsten Morgen, nach ca. 2 Stunden Schlaf, öffnete Nele vorsichtig ihre zugequollenen Augen. Sie kannte dieses Spiel schon, denn seit Wochen wachte sie so auf. Deshalb klingelte ihr Wecker auch schon eine halbe Stunde eher. Ihre Mutter sollte nicht bemerken, wie schlecht es ihr ging. Sie wollte den ihr unangenehmen Fragen aus dem Weg gehen und vor allem hatte Nele immer noch Angst mit ihrer Mutter über das Thema „Jana“ zu reden. Die Rothaarige erinnerte sich nur zu gut wie es war, ihrer Mum von der Beziehung zu erzählen. Das war gerade mal sieben Tage her, an ihrem 16. Geburtstag.

Langsam merkte sie, dass die Beziehung ihr nicht den ersehnten Frieden brachte, sondern immer mehr neue, unbekannte Probleme bei denen sie nicht wusste, wie sie diese lösen sollte. Es war Neles erste Partnerschaft. Alles war so fremd und sie wusste nur vom hören sagen, was man in diversen Situationen tun sollte. Doch das alles war natürlich kein Patentrezept für das Mädchen.

Nachdem sie sich einigermaßen gefangen hatte, und ihre Augen zudem recht normal aussahen, zog sie sich an, trank ihren heiß geliebten Kaffee, schminkte sich, stylte die Haare und ging zum Bus Richtung Schule. Auf dem Weg nach draußen schnappte sie sich noch ihre Zigarettenschachtel. Nahrung für die Nerven. Nele hatte das Gefühl, dass die Glimmstängel sie ein bisschen zurück in die Realität holten. So verlor sie, so idiotisch das auch klingen mochte, nicht ganz den Boden unter den Füßen. Wobei sie glaubte, diesen längst schon verloren zu haben.

Nach der Schule, die so verlief wie immer, setzte sie sich zu Hause an den PC. Wie jeden Tag. „Mal sehen was wir diesmal für eine Ausrede haben...“, sagte Nele zu sich und überprüfte ihren E-Mail Posteingang. Mit Tränen in den Augen las sie die Nachricht, welche sie von ihrer Freundin bekommen hatte. „Das ich nicht lache...“, flüsterte sie in das Wohnzimmer in dem sie sich befand. Trotz der Enttäuschung und die Sicherheit, dass die nächste auch schon auf dem Weg war, antwortete sie lieb und nett wie immer. Sie fragte auch, wie es mit den Winterferien aussah und ob sie sich in diesen treffen könnten. Natürlich schob sie „Wenn nicht ist auch nicht so schlimm“ hinterher. Sie wusste doch sowieso, dass Jana keine Zeit hatte. Wahrscheinlich hatte da gerade ihr nicht vorhandener Hamster schnupfen oder so.

Nachdem sie ihre Antwort verschickt hatte, schlurfte sie lustlos in die Küche. Langsam musste sie mal wieder etwas essen. Zwar hatte das Mädchen weder Hunger noch Appetit, aber ihr Verstand, der, wie sie meinte, nur teilweise funktionierte, sagte ihr, dass die Nahrungsaufnahme wichtig sei. Mit einem, mit Käse überbackenen, Toast ging sie zurück an den Schreibtisch.
 

Die Zeit verging und es änderte sich nichts. Abgesprochene Anrufe wurden verlegt, meistens war der Grund der, dass Jana im Moment nicht zu Hause wohnen würde und sie bei ihrer ach so tollen Freundin nicht so lang ins Internet konnte, da diese kein DSL besaß. Nele wollte das alles nicht hören. Weder den Namen der Freundin noch sonst irgendwelche anderen Lügen.

Sie hatte von Jana einmal vor Wochen erfahren, dass Anne, die tolle beste Freundin, Jana’s erste große Liebe war. Keiner konnte Nele erzählen, dass man solche Situationen gut heißen sollte. Schließlich wusste sie nicht, wie es um Janas Gefühlen Anne gegenüber stand.

Nervlich war die Rothaarige so was wie am Ende. Schlaf fand sie mittlerweile gar nicht mehr, mit ihren Freunden unternahm sie kaum oder gar nichts mehr und auch in der Schule rutschte sie immer weiter ab. Dabei war es ihr letztes Schuljahr an dieser Schule. Die Kleine versuchte aus den langen Nächten etwas brauchbares zu machen und lernte so viel es ging. Dass das eigentlich unmöglich und unnütz war, weil sie durch ihre roten Augen rein gar nichts sah, wollte sie nicht hören. „Hoffnung stirbt zuletzt!“, sagte sich das Mädchen immer und immer wieder. Doch so recht glaubte sie selbst nicht mehr daran, denn zu oft war es die Hoffnung, die ihr am meisten weh tat.

Sie hoffte, dass es am nächsten Tag anders sein wird. Sie hoffte, dass sie einfach nur ein dummes Gefühl im Magen hatte und sie hoffte, dass dieses Gefühl sie täuschte. Nie, so dachte Nele jedenfalls, nie könnte Jana sie anlügen. Nele war einfach zu gut für diese Welt. Sie glaubte bedingungslos an das Gute im Menschen und kam nicht mal Ansatzweise auf die Idee, dass Manche diese Gutmütigkeit ausnutzten.
 

Wieder lag sie in ihrem Bett. Ihre Hefter und Bücher, sie glaubte es war Mathe, lagen unter ihrem Körper. Dieser hatte kapituliert, konnte nicht mehr. Der ganze Stress, die schlaflosen Nächte. Irgendwann war auch die größte Kraftreserve aufgebraucht. Stumm, ohne einen Mucks, liefen Tränen über das besorgte Gesicht, tropften auf die karierten Blätter ihrer verhauenen Klassenarbeit. Wie sie das dem Lehrer erklären sollte, war ihr in diesem Moment egal. Langsam kroch die Verzweiflung aus ihren Ecken hervor und überfiel den Rest an Hoffnung, den die Kleine stets bewahrte. Nele zitterte von Kopf bis Fuß, obwohl ihr nicht kalt war. Sie versuchte verzweifelt sich aufzurichten, damit ihre Schulsachen nicht so in Mitleidenschaft gezogen wurden, aber nichts regte sich. So viele Anweisung ihr Kopf dem Körper auch gab, er reagierte nicht. Er weigerte sich strickt irgendetwas zu tun. Dafür arbeiteten ihre Gedanken um so mehr. Sie fragte sich, was wäre, wenn Jana sie angelogen hatte? Was wäre, wenn... Nele wollte gar nicht weiter denken. Ein Gefühl der Leere überkam sie und im nächsten Moment schlief sie. Endlich.
 

Am nächsten Morgen erwachte Nele sehr langsam und sie brauchte auch einen Moment länger um drüber nachzudenken, was am Abend vorher geschehen war. Sie war es gar nicht mehr gewöhnt eine Nacht richtig durch zu schlafen. Als sie sich aufsetzte merkte sie, wie ihre Hefter an ihren Armen klebten und sie musste kichern. Aus dem Kichern wurde ein Lachen und aus dem Lachen ein Lachanfall. Ihr Herz hüpfte richtig vor Freude, so gut tat ihr das. Doch als sie dann auf ihr Handy schaute, verging ihr die gute Laune. Sie hatte eine Sms von Jana, in der diese schrieb, dass es ihr leid tut, aber...

Nele las sie noch nicht einmal zu Ende. Sie war es leid immer neue Geschichten sich anhören zu müssen an denen sie jeden Tag ein bisschen mehr zweifelte. Der Kleinen reichte es ja, dass sie per E-Mail, also wie immer eigentlich, erfahren musste, dass sich ihre Liebste auf eine Ausbildungsstelle in einer Stadt, weit weg von ihrem jetzigen Wohnort beworben hatte. Sie war im Zwiespalt gefangen, welcher sie auch letzte Nacht nicht schlafen lassen wollte. Bekanntlich hatte aber ihr Körper darüber gesiegt.

Sofort fing sie wieder an zu grübeln ob sie dann mit nach München ziehen sollte oder nicht. Wenn man genauer darüber nachdachte, wusste man, dass dieser Gedanke an sich sinnlos war. Wie sollte sie, mit ihren zarten 16 Jahren, in einer fremden Stadt, in einem fremden Bundesland überleben? Mit ihrer Freundin und deren besten Freundin, die gleichzeitig Janas erste Liebe war, in einer Wohnung wohnen und warten, dass ein Wunder geschieht?

Nele war zwar naiv, aber noch nicht vollends verblödet. Die paar Gehirnzellen, die sich noch nicht ausgeheult hatte funktionierten noch sehr gut. Sie wusste, dass dies nie funktionieren konnte. Die Eifersucht würde sie zerfressen, sie noch mehr kaputt machen. Jana war wie Nele noch jung, fast 17. Nichts und Niemand konnte ihr versuchern, dass diese Beziehung ewig hält oder ob diese es wert ist, alles aufzugeben. Selbst Nele dachte nicht daran. Dazu standen die Sterne zu schlecht in diesem Moment.
 

Überall lag Schnee und die Temperaturen waren gefühlte –30°C. Nele stand mutterseelen allein am Busbahnhof der Nachbarstadt und wartete. Ihr wurde in ihrer relativ dünnen Steppjacke, die ihre Mutter vor kurzem von einem Discounter mitgebracht hat, sehr schnell kalt, aber die hielt tapfer durch. „Ich hätte das Angebot von Mama annehmen sollen.“, murmelte Nele und drehte wieder um, um auf ihren schon festgetretenen Pfad zurück zu laufen.

Nach drei unendlich langen Stunden stieg sie in den nächsten Bus und fuhr wieder nach Hause. Ihre Hände waren nicht mehr rot vor Kälte, sondern sie nahmen langsam einen blau ton an.

Nele sank so tief in den Sitz wie es nur ging und ließ ihren Tränen freien Lauf. Ihr kleines Herz schmerzte immer mehr. Nur am Rande bekam sie mit, wie ihre Füße sie zum Ausgang trugen. Schon oft war die diese Strecke gefahren, daher war sie es gewohnt an dieser Haltestelle auszusteigen.

In der Kälte wieder angekommen, stellte sie ihren Mp3-Player auf volle Lautstärke und raste regelrecht die Fußwege entlang nach Hause. Ihre Welt war wieder einmal unter ihren Füßen zusammengebrochen. Nele wollte nur noch in ihr Bett. Nicht mehr und nicht weniger. Zugegeben, drei Tonnen Schokolade wären auch nicht schlecht, aber man sollte von dem eh schon bescheidenen Leben nicht zu viel erwarten.

Vor der Haustür rutschte sie, wie sollte es auch anders sein, auf dem glatten Eis aus, konnte sich aber noch am Türgriff festhalten.

Kaum in der Wohnung angekommen klingelte es an der Tür. „Wer will mich denn jetzt nerven?“, fauchte die Rothaarige und schaute nach, wer das nun war.

„...Jana...“, flüsterte sie fassungslos. „Steht hier. Live und in Farbe!“, erwiderte die Schwarzhaarige. „Das war ein sehr unkomischer Traum...“, dachte Nele sich, als sie ihre Freundin umarmte. „Komm hoch!“
 

Nachdem die Kleine ihre Hündin Aika gefüttert und ihre Mutter angerufen hatte, setzte sie sich zu Jana auf den Fußboden und schaute diese verlegen an. Irgendwie war ihr die ganze Sache peinlich. Nur weil Nele vergessen hatte zu fragen an welcher Haltestelle Jana ausstieg, hatten sie drei wertvolle Stunden vergeudet.

„Ah... ich... ich hab was für dich.“, sagte die Rothaarige leise, stand auf und zog eine Tüte hinter ihrem Bett hervor, „Das Geburtstags- und Valentinsgeschenk für dich. Nix Großes, aber ich hoffe du magst es.“ Nele hatte sich dazu entschlossen nicht zu dem Geburtstag ihrer Freundin zu gehen. Sie konnte sich einfach nicht überwinden. Dieser Samstag war wahrscheinlich einer der grausamsten für sie. Denn auf einer Art und Weise bereute sie es, nicht gegangen zu sein weil sie so feige war und auf der Anderen war die entsetzt über sich, wie egoistisch sie doch war.

Ein Glitzern zierte Janas blaue Augen und ihre Finger glitten über das kunstvoll verknotete Geschenkband. „Soll ich dir eine Schere geben?“ „Neeeein“, erwiderte die Schwarzhaarige und versuchte die bunten Bänder zu entwirren. Nach etlichen Minuten hatte sie es geschafft und rollte das kleine Plakat auf.

Nele hatte sich etwas besonderes ausgedacht. Auf einem schwarzem Stück Bastelkarton hatte sie Bilder von sich und Jana aufgeklebt und das Ganze mit kurzen Sprüchen verziert. Als Valentinsgeschenk lag ein kleines, rosanes Plüschschwein in dem Beutel. Jana lächelte: „Ah danke! Das ist voll süß!“ Nele lehnte sich mit dem Rücken an ihr Schlafsofa und strahlte verliebt ihre Freundin an. Dann kam Jana vorsichtig und geschmeidig, wie eine Raubkatze, auf sie zu, dass sie somit auf allen Vieren vor Nele stand.

Vorsichtig und schüchtern trafen sich ihre Lippen, bewegten sich nach kurzem Zögern. Mit roten Wangen lösten sie sich voneinander und schauten sich in die Augen. Tausende Schmetterlinge und Ameisen tanzten Samba in dem Bauch der Kleineren und wollten keine Ruhe geben. Das Grinsen in ihrem Gesicht wurde breiter.

Den ganzen weiteren Nachmittag quatschten die Mädchen über Gott und die Welt. Darüber, wie sie sich kennen gelernt hatten, über das neue Outift ihres gemeinsamen Lieblingssängers und anderen mindestens genauso wichtigen Dingen.
 

„Schade, dass du schon wieder fort musst.“, flüsterte Nele als sie sich an ihre Freundin drückte, da ein eisiger Wind wehte. „Tut mir leid, aber ich muss noch so viel für die Schule machen.“, erwiderte Jana und lächelte leicht. Schüchtern legte die Kleinere ihre Lippen auf die der Schwarzhaarigen. Sie musste die Zeit, die sie noch zusammen hatten, ja ausnutzen. „Ich liebe dich“

Als der Bus losfuhr, setzte sich auch die Rothaarige in Bewegung und lief langsam die Straßen entlang. Langsam, weil sie Angst hatte durch den vielen Schnee hinzufallen und weil sie die frische Luft, so lang es ging, in ihre Lungen saugen wollte. Die Kälte, die sie mitbrachte, betäubten ihre Gedanken und ihre Sinne. In ihr herrschte eine erdrückende Leere. In ihrem Zimmer angekommen räumte sie als erstes die Luftmatratze weg, auf der Nele zu letzt geschlafen hatte. Eigentlich lagen die zwei Mädchen zusammen auf dem Schlafsofa, aber nachdem die Kleine aufstehen musste um aufs Klo zu gehen, war da einfach kein Platz mehr für sie. Ihr Blick fiel auf den kleinen, hölzernen Hocker, den das Mädchen als Nachttisch nutzte. Ein liebevolles Lächeln huscht über ihr Gesicht. Jana hatte eine Haarspange bei ihr vergessen. Vorsichtig, als würde diese bei jeder Berührung zerspringen, nahm das Mädchen sie in die Hand. „Ich geb sie ihr wieder, wenn wir uns wiedersehen. Das heißt, wenn ich es nicht vergessen sollte. Solange leg ich sie aber am Besten in meinen Schrank.“, sagte Nele, stand auf und legte die Spange an einen geeigneten Platz in ihrer Vitriene.
 

Es war ein Montag wie immer. Sechs Uhr in der Früh aufstehen, essen, anziehen, Tasche packen und los gehen. Acht Stunden Unterricht, als letztes Geschichte. Zwar hatte Nele keine Lust weiter an ihrer Gruppenarbeit, das Thema welches sie hatten war „J.F. Kennedy“, zu arbeiten, da sie nicht wusste ob sie denn jemals noch irgendetwas Anderes an Fakten über den Typen herausfinden würde. Trotzdem machte es ihr Spaß, schließlich arbeitete sie mit ihren drei besten Freunden zusammen, das kann nur Spaß bedeuten. Die Woche vorher zum Beispiel, fielen ihre Schuhe Rebeccas Malerei zum Opfer. Jetzt steht auf ihren grünen Möchtegern-Chucks „Muh muh muh, I feel like a dog“ drauf.

Gerade, als Nele fertig mit ihrer Arbeit war, als sie ihre E-Mails durchschauen wollte, klingelte es zum Stundenende. Erleichtert machten sich alle Schüler des Geschichtskurses auf dem Weg nach Hause.
 

Es war kalt und es lag Schnee. Folglich lief Nele dan Berg behutsam herunter, wusste sie doch, dass es sie heir des öfteren hingefallen war. Die ganze Aktion war natürlich ein Schauspiel für ihre zwei Freundinnen, die mit ihr diesen rutschligen Pfad bewältigen. Die Beiden hatten nur einen entscheidenten Vorteil: Sie trugen ordentliche Winterschuhe und Nele nur ihre babyblauen Boots, welche kein richtiges Profil hatten.

Irgendwann waren sie aber unten angekommen, nicht ohne dass Nele das Gleichgewicht verlor, und die Wege der Freundinnen trennten sich. Saskia, die Blonde neben der Nele in der Schule saß, wohnte in der Stadt, in der sie zur Schule gingen, und konnte jetzt bequem und unfallfrei nach Hause laufen. Rebecca und Nele hingegen wohnten in einem kleinem Dorf und traten jetzt den Weg zum Busbahnhof an. Gott sei dank waren die Fußwege in der Stadt gestreut.

Beschwingt und vergnügt verabschiedete sich die Rothaarige von ihrer Freundin und schlug den Weg in Richtung Dorfmitte ein. Sie wohnte so zentral, wie es in der 1000 Seelen Gemeinde nur ging. Sie hatte es aufgegeben auf dem Bürgersteig gehen zu wollen. Die Straße war einfach sicherer für sie.

Das erste was sie machte, als sie zu Hause ankam, war sich ihre nasse Jeans auszuziehen und ihre Lieblingsjogginghose raus zu suchen, welche sie dann anzog. Gähnend schlurfte sie ins Wohnzimmer, begrüßte ihren Hund und schaltete den Pc an. Es war ein ganz normaler, viel zu langer Montag im Winter.

Sie stand gerade am Herd und betrachtete das brodelnde Nudelwasser als ein Ton aus dem Wohnzimmer ihr mitteilte, dass sie neue E-Mails hatte. Schneller wie der Wind flitzte die Kleine an den Computer und schaute ihre Nachrichten durch. „Oh... Jana hat mir geschrieben!“, sagte sie lächelnd und musste unweigerlich an das Gespräch mit Rebecca im Bus denken. Sie hatten über ihre Beziehungen gesprochen, was Nele an sich selten macht. Ihre Augen überflogen die restlichen Betreffzeilen bevor sie sich der Mail von ihrer Freundin widmete. „Es tut mir leid...“, stach ihr sofort ins Auge. Was tat ihr leid? Was meinte sie mit dieser Überschrift? Die Rothaarige konnte sich keinen Reim drauß machen und fing letzendlich an zu lesen.
 

Liebe Nele,
 

Es tut mir leid, aber ich bin eine schlechte Freundin und ich finde du hast einfach was Besseres verdient. Ich hab dich auf jeden Fall geliebt. Ich glaube ich tue es immer noch, aber du hast dir mein Herz schon immer mit Anne geteilt. Ich hab immer gedacht, wenn ich noch jemand anderem mein Herz zuteilwerden lasse, dann geht Anne vielleicht irgendwann mal. Aber dem war nicht so.

Ich weiß, dass das hier nicht gerade die feinste Art ist mit dir Schluss zu machen, aber so bin ich nun mal. Ich sagte ja: du hast etwas Besseres verdient

Und verdammte scheiße noch mal. Ja, jetzt fühl ich mich erst recht schlecht. Immerhin mache ich gerade mit einem der wunderbarsten Menschen auf dieser Welt Schluss. Bitte glaube mir du hast nichts falsch gemacht. Es ist alles allein mein Fehler.

Immer wenn du mir gesagt hast, dass du alles für mich tust. Da hatte ich so ein schlechtes Gewissen und hab mich gefragt womit ich dich verdient habe. Nie kam eine Antwort darauf. Ich wusste nicht was ich antworten sollte.

Ich würde dir gerne noch so vieles sagen, aber das alles würde die jetzige Situation nicht im Geringsten rechtfertigen.

Ich bitte dich mir nicht hinterher zu trauern. Falls du das überhaupt vor hattest. Ich möchte, dass du glücklich bist und irgendwann mal darüber lachen kannst, dass du mit jemandem wie mir zusammen warst. Aber du darfst mich natürlich erst mal hassen, von mir aus auch bis an dein/mein Lebensende, denn verdient hätte ich es.

Bitte denke daran, dass du nichts falsch gemacht hast. Wirklich nicht.

Ich will auch nicht, dass du dir irgendwas antust wegen mir. Denke bitte dran, dass ich dich nicht benutzt habe.

Was jetzt nun aus uns wird, dass liegt an dir. Ich jedenfalls werde weiterhin jeden Abend mit dem Schweinchen im Arm einschlafen und dran denken, was es doch für ein tolles Gefühl war von jemandem atemraubenden wie dir geliebt zu werden.

Es tut mir leid, aber ich glaube es ist besser so, wenn ich es jetzt mach, als wenn ich dir noch weiter was vorgemacht hätte.

Bitte werd glücklich.
 

Deine Jana
 

In Neles kopf rotierte es. Sie verstand nicht recht, was Jana ihr damit sagen sollte. Was meinte sie mit „Schluss machen“? Das rothaarige Mädchen konnte diese Neuigkeit gar nicht richtig verarbeiten. Es war so unreal, so plötzlich. Dabei dachte sie doch, dass nun alles wieder gut wird. Sie waren doch auf dem Weg der Besserung, oder nicht? Jedenfalls dachte das die Kleine. Hatte sie sich so sehr getäuscht? Hatte sie sich SO sehr in Jana getäuscht? War das jetzt der Dank für all die Bemühungen, für all die durchgemachten Nächte? Hatte sie dafür so hart an sich gearbeitet und ihre Freunde aufgegeben? Damit plötzlich Schluss ist?

Langsam drang diese Tatsache zu Neles Bewusstsein durch und sie verstand, was gerade passiert war. Jetzt wusste sie auch, warum sie Anne nie gemocht hatte. Sie verspürte immer ein Ziehen in ihrem Herzen wenn das andere Mädchen dabei war. Nie konnte die Rothaarige sich erklären warum, doch jetzt wurde ihr das klar. Ein kleines Lächeln, welches aber schnell wieder verschwand, stahl sich auf die geschwungenen Lippen. Sie sollte öfters auf ihr Gefühl hören.

Die zitternden Finger glitten, begleitet von einem monotonen Klacken, über die Tastatur. Sie wusste nicht genau was sie da schrieb, aber es würde schon das Richtige sein.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Sharanna
2010-05-12T10:10:27+00:00 12.05.2010 12:10
Ich kann DarkFeline nur zustimmen - das kann es doch nicht gewesen sein! T.T Das kannst du doch nicht machen!
Nun, wo es am interessantesten wird! Nun, wo Nele wirklich die realität vor Augen hat!
Dein Schreibstil - ein Misch aus gesprochener und formaler Sprache - passt zu der Geschichte relativ gut, wie ich feststellen musste. Es kommen so die Gedanken von Nele wirklich gut zur Geltung, ihr Schmerz, ihr Verlangen, die Unsicherheit und vor allem die Eifersucht, die sie nicht benennen konnte stachen deutlich für den Leser hervor.

Und nochmals schließl ich mich DarkFeline an: Ich wünsch mir auch eine Fortsetzung T.T
Von: abgemeldet
2010-04-01T18:28:45+00:00 01.04.2010 20:28
Wie one-shot?! Wah...das kanns doch noch nich gewesen sein XD

Sehr schön geschrieben, auch wenn ich es sehr traurig finde..
Was hat Nele denn geschrieben am Ende? Wie geht es mit Nele weiter? Wird sie wieder Glücklich? Das alles , und noch viel mehr..*summ*..muss gelüftet werden! ;) *argh* Würd mir je Fortsetzung oder sowas wünschen XD


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