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Eine Nacht des Unlebens

Die Reisende
von

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Ich betrat die Treppe, welche mich noch eine Etage nach oben führte und bemerkte aus dem Augenwinkel heraus sofort, dass sie mich gesehen hatte.

„He! Wo willst du hin?“, gab sie erbost von sich. Ich jedoch stellte mich taub. Na komm schon. Laufe mir hinterher...

„Du hast da oben nicht zu suchen, Francesca!“

Mit dem Tablett in der Hand folgte sie mir schließlich. Wenn ich mich hätte darauf konzentrieren können, hätte ich mich hier genauer umgesehen. Das war wirklich ein schönes Haus.

„Verdammt! Mach dass du wieder nach unten kommst!“

Endlich reagierte ich auf ihre Versuche, mich mit Worten anzuhalten und schenkte ihr ein nichtzudeutendes Lächeln, doch an anhalten dachte ich dabei nicht.

Die erste Tür hier auf dem Flur, war nur angelehnt und gab den Blick auf ein Doppelbett frei. Ganz sicher war das ihr Schlafzimmer. Ich schlüpfte hinein und wartete. Romina ließ auch nicht sonderlich lange auf sich warten. Kaum hatte sie das Zimmer betreten, schlug ich hinter ihr die Tür zu. Vor Schreck ließ sie augenblicklich das Tablett fallen.

„Kannst du mir verraten, was das werden soll!?“ Ihr Kopf war so rot, dass er wohl jeden Moment zu platzen drohte. Ich hingegen grinste sie weiterhin nur an. Es machte mir Spaß.

„Sieh dir die Sauerei an!“

Ungerührt dessen, stützte ich die Hände in die Hüfte und schritt auf sie zu. Sie hingegen wich vor mir zurück.

„Sauerei?“ Dabei trat ich durch das Essen hindurch und drückte es jetzt erst richtig in die Teppichporen. „Die einzige Sauerei, die mir bis jetzt aufgefallen ist, ist dein Verhalten Corvin gegenüber.“

Für einen kurzen Augenblick hatte sie tatsächlich ein hinterhältiges Grinsen im Gesicht, doch dieses verging ihr recht schnell wieder, als ich mich ihr weiterhin näherte.

„Diese Flasche hat es nicht anders verdient!“, versuchte sie ihr Verhalten zu rechtfertigen. „Wenn ich gewusst hätte, was er für ein...“ Romina verstummte kurz, als ich mich ihr entgegenstellte. „Willst du mich bedrohen? Du bist doch noch ein Kind! Vor dir habe ich ganz sicher keine Angst!“

Diese Worte hatte ich bereits so oft gehört, dass sie mich mittlerweile nur noch langweilten.

„Ich werde jetzt die Polizei rufen!“

Sie wollte mich unsanft aus dem Weg schieben, um wieder nach unten zu gehen, doch mit einem kräftigen Stoß riss ich sie sofort von den Beinen.

„Was zum Geier soll das?!“

Romina war zutiefst erschüttert und endlich begann ich ihre Angst zu spüren.

„Ich finde, du hast eine Strafe verdient...“

Ich wand mich kurz von ihr ab, um die Tür von innen zu verschließen und ließ den Schlüssel in meiner Hosentasche verschwinden. Indessen hatte sie es wieder auf die Beine geschafft.

„Das soll wohl ein Scherz sein?“ Eine mehr als verdächtige Bewegung ihrerseits, auf eine der hinteren Ecken des Raumes zu, sagte mir sofort, dass sie dort eine Alarmanlage hatte. Ich schnellte auf sie zu und riss sie neuerlich von den Füßen. Mit diesen Schuhen war das ein leichtes Spiel für mich.

„Lass mich gefälligst gehen!“, drohte sie mir und wollte nach mir fassen, um mich ebenfalls auf den Boden zu befördern, doch es gelang ihr nicht.

„Ganz bestimmt nicht!“ Zunächst war es noch der Wunsch gewesen, sie auch ein bisschen leiden zu lassen, doch ich hatte es jetzt ganz bestimmt längst übertreiben. Ich war mir sicher, dass dies bereits zuviel war. Also konnte ich genauso gut noch ein bisschen weitermachen. Nur ein bisschen und sollte es notwendig werden, würde ich einfach verschwinden. Das würde zwar heißen, dass ich diese Stadt ganz verlassen müsste und ich Corvin nie wieder sah, doch wenn es nicht anders ging, musste es eben sein.
 

Mein Schlag mit der Faust traf genau ihr Gesicht. Ihre Augen weiteten sich. Das hatte sie jetzt ganz bestimmt nicht erwartet. Ein weiterer Schlag in ihr Gesicht, ließ ihre Nase knacken. Hin und wieder war ich mir meiner Kraft einfach nicht bewusst. Sie fing sofort an zu bluten und dieser Anblick machte mich schließlich völlig rasend. Er weckte wieder das, was tief in mir schlummerte und doch so schnell zu wecken war. Ich konnte mich nicht zurückhalten. Diese Frau war im Augenblick für mich der Inbegriff an Verachtungswürdigkeit, dass ich mir schließlich Mantel und Pulli auszog und beides auf das breite Bett fallen ließ.

„Was hast du vor?“ Mit einem Mal klang Romina verängstigt.

Das ich beides auszog, hatte jedoch nur den Grund, dass ich mich nicht wieder derartig vollsaute. Ich schritt wieder auf sie zu. Ihre Knie schienen so sehr zu zittern, dass sie es nicht erneut auf die Beine schaffte. Wie ein Häufchen Unglück kauerte sie auf dem Boden und nahm flehend die Hände vor ihr Gesicht.

„Bitte vergib mir. Ich wollte doch nicht, das Corvin eine Schlägerin hier heranschleppt! Ich gebe dir was du willst! Was zahlt er dir dafür?“

„Was er mir zahlt?“ Hatte ich mich da gerade verhört? Dachte sie allen ernstes, er gab mir Geld dafür, das ich diese Person... Schön, er sagte zwar dass er mich bezahlen wollte, aber nur weil ich hier seine Freundin spielen sollte, aber sollte Romina das interessieren? Nein, ich denke nicht, dass sie das etwas anging.

„Das was er mir dafür versprochen hat, könntest du mir ganz gewiss niemals geben.“

Romina stieß einen Schrei aus, doch meine Hand fasste nach ihrem Mund und sie begann augenblicklich zu nach Luft zu schnappen, da sie durch die Nase wohl nicht mehr atmen konnte.

„So läuft das nicht, Schätzchen. Ich denke, du hast den Tod verdient...“

Diese Worte sollten sie lediglich verschrecken. Ich meinte sie als Drohung, wie musste sich das anhören? Als hätte ich eine derartige Wut auf diese Frau? Zurücknehmen konnte ich diese jedoch auf keinen Fall.

Während ich sie noch immer fest am Arm hielt, wobei sie sich zunächst noch mit wilden Bewegungen aus meinem Griff zu befreien versuchte und mit der anderen Hand ihren Mund verschloss, dass sie nicht doch noch zum Schreien kam, schnupperte ich an ihrem Hals und zog tief ihren Duft ein. Sie roch gut. Nach Blüten. So frisch. So lebendig. Mit dem Lippen fuhr ich ihr schließlich über die Vene am Hals. Das rasende Blut darin, ließ meine letzte Hemmung fallen und mein Gebiss versenkte sich in ihrer rosigen Haut, dabei gab ich jedoch ihren Mund wieder frei. Die meisten Menschen waren bei dieser Art von Berührung wie paralysiert. Bei ihr hier schien es wohl jedoch nicht so recht zu funktionieren.

„Was bist du für ein Monster...?“, flüsterte sie. Ihre Atmung ging schwer und abermals setzte sie zu einem Schrei an, was mich schließlich dazu brachte, ihr doch den Mund wieder zuzuhalten. Ihre Gegenwehr schwand rasch und ich merkte, dass ihr Herz bereits aufgehört hatte, zu schlagen, noch bevor ich so richtig in den Genuss ihres, mit Alkohol angereicherten, Blutes kam.

Meine Gedanken begannen zu rasen und mit einem Mal überkam mich das Gefühl von Abscheu. Ich ließ schleunigst von ihr ab und wich einige Schritte zurück. Was hatte ich getan? Mit dem Gesicht nach unten lag sie vor mir. Nur wenig Blut sickerte aus der Wunde an ihrem Hals. Die wilde Bestie in mir hatte wieder ganze Arbeit geleistet. Verunsichert sah ich mich um. Ich hatte die Mutter von Corvins Tochter getötet. Aber warum? Für ein paar Frechheiten, die genau genommen nicht mich betrafen, stattdessen gegen einen fast fremden Menschen gerichtet waren? War das der Grund? Es fühlte sich plötzlich so falsch an. Aber was hatte mich wirklich dazu getrieben? War es vielleicht doch die Tatsache, dass ich einen gewissen Gefallen an Corvin entwickelt hatte und eine Rache für ihr Verhalten von daher für mich unausweichlich schien? Wenn er davon erfahren würde, wäre mein Spiel vorbei.
 

Egal was es war: Ich musste von hier weg. Verschwinden, so schnell wie möglich. Kurz wischte ich mir mit dem Arm über den Mund und durfte feststellen, dass er dieses Mal nahezu sauber geblieben war. Da bemerkte ich einen Schatten auf dem Balkon und fuhr herum. War meine Tat bereits aufgeflogen? Doch es war der dunkelhaarige Vampir. Er hatte ein seltsames Grinsen im Gesicht. Meine Augen weiteten sich. Wie kam er nur hier her? War er Corvin und mir gefolgt? Unmöglich konnte es anders sein.
 

Sein Blick fiel zunächst auf Romina und schließlich wieder zu mir, wobei er verzückt in die Hände klatschte.

Gute Arbeit, Francesca, las ich von seinen Lippen ab. Dieses Glas schirmte jegliches Geräusch von außen ab. Also trat ich schließlich an die Terrassentür heran, um diese zu öffnen.

„Bemerkenswert, in welcher kurzen Zeit zu ihr Leben beendet hast. Du spielt nicht gerne mit deinen Opfern, wie?“

Seine Art, wie er mir diese Worte nahe legte, gefiel mir nicht.

„Sie ist erstickt. Ich habe ihr Leben nicht beendet.“ Doch was nützten denn diese Worte noch? Ihr Leben war erloschen und ich hatte mein Finger im Spiel.

Abermals blickte ich auf den Boden.

„Wenn du hier jetzt fertig bist, sollten wir verschwinden.“ Sebestyéns Blick war ernst. Er war sich dem Ausmaß meiner Tat sofort bewusst.

Ich hingegen hatte noch nie eine reiche Person, oder eine, welche aus guten Haus zu stammen schien, getötet. Für mich war das hier jetzt Neuland. Obdachlose und Verstoßene der Gesellschaft waren jahrelang mein Ziel gewesen. Aber dieser Dominic? Und wieder fiel mir sein Name ein. Er hatte ganz bestimmt Familie und Menschen um ihn herum, die ihn mochten. Wurde ich meiner Opferwahl untreu?

Ich trat an das breite Bett und zog mir meinen Pulli und den Mantel wieder über und folgte Sebestyén auf die Terrasse, doch ich verharrte in der Bewegung, als mir Corvin schließlich wieder in den Kopf kam.

Wie würde er wohl reagieren, wenn er herausbekam, wer ihrem Leben ein Ende gesetzt hatte? Hatte ich wirklich geglaubt, er würde nach dieser Erkenntnis noch mit mir zusammen sein wollen? Oder mich auch nur ansatzweiße in seiner Gegenwart dulden? Vielleicht sogar hin und wieder ein paar Schlucke seines kostbaren Lebenssaftes freiwillig an mich abgeben? So etwas geschah doch nur im Märchen! Ich würde ihn also nie wieder sehen. Ein seltsames Stechen fuhr mir plötzlich in die Brust und ich trat schließlich wieder in das Schlafzimmer zurück. Sebestyéns Hand war zu langsam, um mich zu greifen und davon abzuhalten.

„Was tust du da? Bist du von Sinnen?!”
 

Wenn ich Corvin schon nie wieder sehen sollte, wollte ich mich wenigstens von ihm verabschieden, bevor ich verschwand.

Ich konnte mir nicht erklären, was mich zu diesem, für mich völlig untypischen Verhalten brachte, doch wenn man es einmal genauer betrachtete, hatte ich doch gar nichts zu verlieren. Meine Unschuld hatte ich längst verloren. Sie wurde mir genommen, als mich diese Frau von Einst, zu dem machte, was ich jetzt war.

„Komm wieder her. Wir müssen weg! Ich verbiete dir, irgendwelche weiteren Dummheiten zu machen!“

„Du gibst mir Befehle?“ Ich blickte zu Sebestyén hinüber.

Diese Art an ihm gefiel mir überhaupt nicht. Ständig schien er die führende Rolle übernehmen zu wollen. Waren alle Vampire so? Wie lange war ich denn bereits auf mich allein gestellt gewesen? Ich erinnere mich nicht, doch es war bereits lang genug.

„Na schön. Aber ich denke, wir werden uns wieder sehen...“

Ich hörte einen Windhauch und als ich mich erneut zu ihm umwand, war er verschwunden.
 

Ich atmete tief durch und kramte schließlich den Schlüssel wieder aus der Hosentasche. Zaghaft steckte ich ihn ins Schloss zurück. War es vielleicht doch ein Fehler, wieder ins Haus zurück zu kehren? Ich lauschte unruhig, konnte jedoch keine verdächtigen Geräusche hören. Also nahm ich meinen Mut zusammen...



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