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Mondmenschen

Eichtel-FF für aneleh über Gaara
von

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In der letzten Vollmondnacht hat Gaara wieder eine umgebracht. Das Munkeln, die Gerüchte – die sind in Sunagakure schneller als der Wind. Nur der Kazekage hat keine Meinung, nimmt nicht Stellung. Sein Gesicht bleibt starr, steif und verkniffen. Seine Berater legen ihm nahe, schnellstmöglichst eine offizielle Entschuldigung herauszugeben. Das Heimatdorf der Leidtragenden ist ein kleiner Oasenflecken. Haupteinnahmequelle sind die Auftraggeber, die, bevor sie von überall her nach Sunagakure kommen, noch eine letzte Rast einlegen, sowie die Ninja, die sich auf dem Heimweg von so manch strapazierender Mission befinden. Es gibt Bordelle und Glücksspiele. Alles, was man in Sunagakure nicht unbedingt haben will, die Bewohner von Sunagakure aber durchaus wollen. Von daher gibt es seit jeher einen regen Austausch von Personen und Gütern zwischen den beiden Orten. Die kleine Natsumi führte Botengänge für ihren Vater, einen lokal einflussreichen Geschäftsmann durch. Was sie so spät abends noch durch die Gassen des Ninjadorfes trieb, bleibt ungeklärt. Gaara weiß es, aber er wird nicht gefragt.

Kankuro und Temari hatten sich in jener Nacht fortgeschlichen. Temari lässt sich gerne durch das schillernde Nachtleben von Suna treiben. Sie ist ein bisschen jung, aber sie schminkt sich älter. Wer alt genug ist, im Kampf zu fallen, der ist auch alt genug zum Feiern. Gern sieht sie sich an den bunten Lampions vor den Lokalen satt und hört den Menschen, die drinnen sitzen, beim Lachen zu. Wer weiß, vielleicht findet sie eines Abends einen Freund. Obwohl sie da sehr wählerisch ist. Sie will durchaus nicht jeden. Kankuro leistet ihr bei ihren nächtlichen Spaziergängen Gesellschaft. Er ist das einzige Mitglied der Familie, das sie aus vollem Herzen mag. Zu zweit sind die beiden viel weniger einsam. So ganz alleine nachts draußen rumlaufen, fände sie doch etwas gruselig – vor allem, wenn der kleinste Bruder frei rumläuft.

Als sie zurückkamen war Kankuro müde und Temari angetrunken. Sie lachte laut und erzählte irgendwelche Anekdoten. Auf dem letzten Stück des Heimwegs fanden sie die Leiche. Gaara war fort.

Er saß im Wüstensand und zitterte. Nachts kann es in der Wüste schnell bitter kalt werden. In Suna ist der Mond nie von Wolken bedeckt. Außer in den Neumondnächten begleitet er Gaara überallhin. Er ist so etwas wie eine Konstante in seinem Leben. Er weiß noch gut, wie Yashamaru ihm von den Mondmenschen erzählte. Als er noch dachte, seine Mutter hätte ihn geliebt, Yashamaru hätte sich aus echter Zuneigung um ihn gekümmert. Immer wieder hatte Gaara gefragt, warum er keine Freunde hatte. Da hatte Yashamaru geantwortet, er, Gaara, sei vom Mond. Die Welt auf dem Mond laufe anders. Die Mentalität der Menschen sei eine andere. Die Menschen auf dem Mond seien nicht so fragil wie die auf der Erde. Die würden nicht so bald sterben, wenn das Monster in Gaara es einmal nicht gut mit ihnen meinte. Auch die Toten der Erde konnten jederzeit zum Mond gehen und dort Bürger werden. Auf dem Mond gab es vielerlei Feste und Spaß. Vermutlich saß seine Mutter dort oben und bedauerte es, ihn nicht einfach besuchen zu können. Eines Tages aber werde eine Brücke zwischen dem Mond und der Erde gebaut und alle Mondmenschen werden kommen, um Gaara zu besuchen und mit ihm zu feiern.

In Natsumis Familie war es üblich, dass alle mit anpackten. Ihr Vater sagte immer, dass nur, wer fleißig sei, es zu etwas bringen könnte. In Wahrheit hatte er sehr gut herausgefunden, dass man es mit Bestechung, Betrug und Beziehungen noch zu viel mehr bringen konnte, aber das erzählte er seinen Kindern nicht. Er war ziemlich wohlhabend und hatte sehr viel zu tun, so dass Natsumi ihn eigentlich kaum kannte. Mit ihrer Mutter verband sie viel mehr. Sie war sehr groß für eine Frau, hatte bleiche Haut und wurde von allen als Schönheit gepriesen. Doch ihr Lachen klang geisterhaft, wie pfeifender Wind um Mitternacht. Ihre Augen schauten manchmal ins Leere, nur um bald darauf wieder fröhlich und gütig zu blicken. Die Geschichten, die sie den Kindern erzählte, waren auf eigenartige Art gruselig. Sie handelten von sonderbaren Gesellschaften auf dem Mond. In dieser Erdgemeinschaft voller Hass und Verderben gab es niemanden, der sich nicht insgeheim auf den Mond zurück wünschte. Sie aber sei eine der wenigen, die gehen konnte, wann sie wollte, denn sie war auf dem Mond geboren und würde jederzeit mit offenen Armen empfangen. Natsumi musste immer an diese geheimnisvollen Geschichten denken, wenn sie wieder einmal spät nachmittags losgeschickt wurde um noch etwas abzuliefern oder abzuholen. Wenn sie erst aus Suna zurückkehrte, war es stets schon Nacht und der Mond leuchtete ihr den Weg.

So aber sollte es an diesem Vollmondabend nicht ablaufen. Natsumi war schon bis in die Stadt herein gelaufen, unter ihrer Oberbekleidung und in ihren Schuhen hatte sie einige besonders kostbare Güter versteckt. Da war ihr aufgefallen, dass sie die Adresse nicht wusste, an der sie erwartet wurde. Normalerweise war sie sehr gut im Auswendiglernen. Jede Wegbiegung blieb ihr im Gedächtnis wie aufgezeichnet. Diesmal jedoch schien alles fortgewischt. Sie hatte Angst. Sie wusste nicht, in welche Richtung sie gehen musste. Über ihrem Kopf lachte schon lange der Mond, als wolle er sie verhöhnen.

Da begegnete sie dem Jungen mit den roten Haaren. Sofort war ihr klar, dass er ein Mondmensch sein musste. Vielleicht befand sie sich gar nicht mehr auf der Erde? Er fragte sie, ob sie ein Mondmensch sei. Sie lächelte und nickte ohne zu zögern. Irgendwo tief in ihrem Gedächtnis wusste sie von Gaara und dem einschwänzigen Monster, doch sie bezog ihr Wissen nicht auf diese Begegnung. Sie erzählte von ihrer Familie, wie einsam sie sich manchmal fühlte. Gaara hörte zu. Irgendwann musste sie fort. Es war sehr spät geworden. Leichtfüßig lief sie durch die Wüstennacht, den bezaubernden Mond immer im Blick. Bis Gaara sie ganz dringend zurück wollte. Der alles bedeckende Sand verschloss ihr Mund und Nase. Sanft trug er den leblosen Körper zurück zu Gaara. Als er sah, dass ihr mondiges Temperament schon irgendwo anders war, wurde ihm kalt. Er kümmerte sich nicht weiter um das tote Mädchen, ging in die Wüste und zitterte. Wie immer schien der Mond.



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