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Rachel

von

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Es kostete Farin einiges an Kraft, sich vorwärts zu bewegen.

Seine Beine fühlten sich so schrecklich schwer an, aber dennoch hatte er die Angst, dass sie ihn nicht mehr tragen könnten, hatte die Befürchtung, jederzeit zusammenklappen zu können.

Er war dünn geworden, so furchtbar dünn. Richtig schmal.

Viele Menschen, die, die ihn nicht sooft sahen oder besuchten, erschraken meist bei seinem Anblick. Er konnte es ihnen aber auch nicht verübeln.

Knochige Finger, schmale Arme, mittlerweile konnte man seinen Oberarm mit einer Hand umfassen. Außerdem traten seine Rippen deutlich sichtbar durch seine Haut hervor, spitz und unheimlich.

Er sah aus wie ein verdammtes Skelett.

Aber dennoch hasste er es, so mitleidig angestarrt zu werden.

Er hasste es, wenn er es direkt sehen konnte, wie sie nachdachten, was er wohl haben könnte.

Warum er so aussah.

Doch am meisten nahm der Anblick Dirk mit. Er besuchte Jan jeden Tag, meist zwischen Mittag und 16 Uhr, mal früher, mal später, aber es verging kein Tag, an dem er sich nicht blicken ließ.

Müde ging Farin durch den bunten Garten der Parkanlage des städtischen Krankenhauses, lächelte. Unentwegt.

Seine Fingerspitzen streiften die Blüten der blühenden Rosen am Wegrand. Rot, rosa, weiß: Alle Farben. Hier und da mischte sich auch eine gelbe Rose unter.

Er berührte die seidige, zarte Oberfläche der Blätter und sein Lächeln veränderte sich um einen Tacken, wurde ein wenig wehmütiger.

Seidig.

Zart.

So wie seine Haut.

Seine…
 

Wenn man Farin so… ja, fast schon herumschleichen sah, so inmitten der blühenden Rosen, konnte man ihn gut für einen alten, kranken Mann halten.

Dabei war er noch nicht mal fünfzig, sogar noch einige Jahre davon entfernt.

Are the days getting shorter or do I live too fast?

I've been trying to distract myself a little too much.

Ein zartes Schmunzeln umspielte seine Lippen, verlieh ihm ein noch traurigeres, müderes Aussehen.

Während er so durch den Park ging, langsam, die eine Hand strich immer wieder durch die Blumenköpfe, die andere zog den Infusionsständer mit, blickte er immer wieder auf die große Uhr, die an der Hauswand hing.

16.58 Uhr.

„Herr Vetter!!“

Eine Krankenschwester kam auf ihn zugehastet.

Müde drehte Farin sich um. Was wollte sie…?

“Sie sollten langsam auf ihr Zimmer gehen, schließlich gibt’s gleich Abendessen..“, lächelte sie und legte eine Hand an Farins Rücken, führte ihn so langsam Richtung Eingang.

„Natürlich..“, flüsterte er und blickte noch einmal sehnsüchtig über seine Schulter hinweg zurück zu den Rosen, während eine Turmuhr weit entfernt vom Krankenhaus zur vollen Stunde schlug.

17 Uhr. So spät war Bela nie gekommen.
 

Sobald er wieder in seinem tristen, sterilen Krankenzimmer lag, blickte er auf die laut tickende Uhr an der Wand.

17. 13 Uhr.

Schon die ganzen 4 Monate, die er hier verbracht hatte, störte ihn das laute Klacken der Uhr, hielt ihn nachts oft stundenlang noch wach.

Aber von der Wand genommen hat er sie nie.

Farin schalt sich selbst einen Dummkopf, aber das Klacken…gab ihm etwas Heimisches. Gab ihm etwas, woran er noch festhalten konnte.

17.15 Uhr.

Noch genau 15 Minuten bis zum Abendessen.

Zeit genug für eine weitere, vielleicht sogar letzte Eintragung in das mittlerweile beinahe voll geschriebene Notizbuch.

Für eine einzige Eintragung war noch Platz.

Er blätterte bis zur letzten Seite, überflog das Geschriebene der letzten Tage.

Sie glichen denen auf den Seiten davor, nur das Datum unterschied sie voneinander.
 

13. Februar:

Ich liebe dich.


 

14. Februar:

Ich liebe dich.


 

15. Februar:

Ich liebe dich.


 

Farin griff nach dem Kugelschreiber, mit einem leisen Klick kam die Mine zum Vorschein.

Er setzte zum Schreiben an.
 

16. Februar:


 

Seine Hand gab nach, der Stift entglitt ihm.

Mit größter Anstrengung schaffte er es aber, die Augen offen zu halten, griff den Stift erneut und schrieb die Eintragung zu Ende:
 

Ich liebe dich.

Ich liebe dich so sehr, Bela.

Mehr als alles andere auf der Welt.


 

Mit einem müden Lächeln klappte er das Buch zu, ließ es auf seinen Bauch sinken. JETZT war er fertig.

Er schloss die Augen, von fern hörte er das schrille, anhaltende Piepsen der Maschine, an die er angeschlossen war.

Von fern hörte er noch, wie viele Schwestern und Ärzte in sein Zimmer stürmten.

Von fern hörte er noch Belas irritierte Stimme, dann seine Schreie und sein Schluchzen.

Und von fern spürte er noch, wie Bela sich an seinen Körper warf, spürte noch, wie er wieder von ihm weggezogen wurde.
 

You should have read those letters that I never sent.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  cooking_butty
2009-09-10T20:37:51+00:00 10.09.2009 22:37
hach...so traurig...aber schön

mich beschleicht das Gefühl, dass du eine Affinität für abgemagerte/kranke Farins hast?

ja, würd mich auch mal interessieren, was er hatte!

lg
Von:  Toozmar
2009-09-10T16:37:31+00:00 10.09.2009 18:37
wow ;_;
die ist toll!
Von:  aerith_rikku
2009-09-10T06:14:32+00:00 10.09.2009 08:14
dafür hasse ich dich T____________________T
sdas ist SO traurig....mah..total schön..aber..traurig..
( was genau hatte farin denn jetzt? X"D)

lieb düch du drama tüte xD
Von: abgemeldet
2009-09-10T05:57:24+00:00 10.09.2009 07:57
*seufz*
Seeeehr traurig, sehr sehr traurig.
Aber wunderschön geschrieben!
Ich weiß grad nicht was ich noch schreiben soll, ausser
DAS IST SO TRAURIG!
^^


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