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Puck

Wurzeln
von

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Eine dunkle Gestalt schlich durch die Nacht und verschmolz mit den dunklen Schatten der Bäume. Lautlos drückte sie sich gegen einen Baumstamm, lauschte auf die Geräusche der Nacht, betrachtete den Weg, der vor ihr lag. Es war so wichtig, dass die Gegnerin sie nicht fand. Die Ehre der Familie der Roten stand auf dem Spiel. Es war Vollmond, beide Monde standen hoch über dem Planeten und es war die Nacht des K’hatai. Dieses Mal würde sie Tamarin die Schwarze besiegen, sie würde die neue Anführerin der Siedlung der Hochebene werden und – das Päckchen mit dem Sprengstoff drückte gegen ihre Hüfte und der leichte Schmerz riss sie aus den Erinnerungen in die Gegenwart zurück. Das hier war nicht die Nacht des K’hatais. Sie war nicht mehr auf Iest, es stand nur ein Mond am Himmel und außerdem würde sie niemals zum K‘hatai herausgefordert werden

Denn sie war ein Bastard!
 

Und doch lag sie hier, gut getarnt verborgen in einem fernen Wald auf einem kaum erforschten Planeten und benutzte die Fähigkeiten, die ihr durch die Übungen des K’hatais in Fleisch und Blut übergegangen waren. Puck war kein Soldat, sie war kein Kampfpilot, nicht einmal ein Mitglied der regulären Crew und doch war sie aufgrund ihrer Fähigkeiten für diesen Sonderauftrag ausgewählt worden. Der Kommandant und der Kapitän hatten lange diskutiert, denn eigentlich misstrauten sie ihr noch immer. Sie konnte es ihnen nicht verdenken. In diesem Krieg, in dem der Gegner auf Spione vertraute und auf die Tatsache, sich im Aussehen kaum vom Feind zu unterscheiden, musste jeder Verdacht erwecken, der anders war. Und Puck war anders. Verdammt noch mal, nicht einmal ihre ID-Marke war ihre eigene, es war die ihres Vaters. Es hing an einem Band um ihren Hals. Zusammen mit dem Amulett, das Teres ihr zum Abschied geschenkt hatte. Ambr’ha und Ts’had. Ursprünglich sollten die beiden verschiedenfarbenen Steine Teres und sie darstellen, doch inzwischen symbolisierten sie für Puck ihre unterschiedlichen Wurzeln.
 

Sie zog das Tuch, das ihre Haare verbarg wieder etwas fester. Es war ungewohnt für sie, sich so zu tarnen, denn auf Iest wäre das zwischen den Ketschen des Hochwaldes mit den leuchtend dunkelroten Blättern nicht nötig gewesen. Aber hier durfte sie kein Risiko eingehen, zuviel stand auf dem Spiel. Dann konzentrierte Puck sich wieder auf ihre Aufgabe. Ein Stück weiter vorne hatte sich das Gebüsch bewegt. Ein Tier? Oder ein Wachposten? Nahezu geräuschlos glitt sie auf die Stelle zu und schwang sich an einem Ast hinauf in einen Baum. Unter ihr raschelte es leise und eine große Gestalt löste sich aus dem Schatten der Bäume. Zu groß für ein Tier entschied Puck. Aufmerksam verfolgte sie die Bewegung und ließ sich dann im richtigen Moment von ihrem Baum fallen. Sie traf den anderen voll im Genick und er brach sofort zusammen. Eine kurze Untersuchung bestätigte ihr, dass der „Mann“ nur bewusstlos war, es würde aber einige Zeit dauern, bis er wieder zu sich kam. Ihre Anwesenheit hier durfte auf keinen Fall bekannt werden. Deshalb fuhr sie die Krallen aus und markierte den Baum mit einer Kratzspur. Mit viel Glück würde man nun davon ausgehen, dass der Wachtposten von einem wilden Tier angefallen worden war. Puck huschte weiter. Der Planetenscan hatte ergeben, dass der Stützpunkt in einem Vulkankegel untergebracht worden war. Die Spuren in der Vegetation zeigten, dass der letzte Ausbruch schon vor sehr langer Zeit stattgefunden hatte. Doch in dieser Nacht sollte das anders werden.
 

Das System war nur klein. Es umfasste eine kleine Sonne, ein Mond und drei Planeten. Auf einem der Planeten hatten die Geologen Kerellerz gefunden, dass die Flotte für den Antrieb dringend benötigte. Doch solange der Stützpunkt hier alle Aktivitäten im System aufzeichnete, konnte mit dem Abbau nicht begonnen werden. Ein offener Angriff schied aus. Deshalb musste die „Geheimwaffe Puck“ ran. Die Vernichtung des Stützpunktes sollte eine natürliche Ursache haben. Puck war nicht wohl bei der Sache. Sie musste daran denken, wie das Leben auf Iest zur Zeit der Ahnen beinahe durch so eine natürliche Katastrophe ausgelöscht worden war. Trotzdem schlich sie unaufhörlich weiter und gab sich jede erdenkliche Mühe, unentdeckt zu bleiben. Der Scan hatte ergeben, dass der Vulkankegel von Höhlen und Gängen durchlöchert war. Einer dieser Gänge war ihr Ziel. Sie hoffte, dort so dicht wie möglich an den Stützpunkt heranzukommen.
 

Das Loch im Fels war von Gebüsch und hohem Gras verdeckt, doch Puck, die wusste, dass es da war und wo es ungefähr sein musste, suchte unermüdlich danach, fand es und schlüpfte hinein. Die Dunkelheit im Gang war anders als draußen. Fester, greifbarer. Doch ihre Augen hatten sich daran gewöhnt und besser als ein Pionier mit einem Nachtsichtgerät konnte sie das Restlicht nutzen. Auch ihre anderen Sinne waren geschärft. Zuerst roch es nach Felsen und trockenem Staub, doch dann kam der Geruch nach Heu dazu und tierischer Wärme. Die Tierwelt dieses Planeten nutze die Gänge also als Bruthöhlen. Puck machte sich auf alles gefasst und hoffte nur, nicht mit einem wütenden Muttertier zusammenzustoßen. Doch sie hatte Glück, denn die Höhle, in die der Gang sie führte war auf den ersten Blick leer. Dann hörte sie das leise Atmen und ein Fauchen. Jungtiere! Rasch blickte sie sich um, überlegte, wo sie ein Nest anlegen würde und gleichzeitig suchte sie den richtigen Platz für die Bombe. Während sie anhand des Kompasses und eines einfachen Navigationssystem feststellte, dass sie sich in der Tat fast unterhalb des Stützpunktes befand, schwang sie sich zu einer Felsnische empor und fand das Nest mit einem Jungtier. Die weitgeöffneten Augen waren noch blau, es konnte sie noch nicht sehen, doch sein Geruchssinn war schon recht gut entwickelt und es fauchte sie an. Puck schnurrte beruhigend, dann ließ sie sich wieder fallen. Das zweite Tier war in einer weiteren Nische untergebracht, die Augen noch geschlossen. Es zitterte am ganzen Leib und Puck verließ das Nest, um weiter tiefer in der Höhle nach einem guten Platz zu suchen. Es half alles nichts. Es war das Volk ihres Vaters zu dem sie jetzt gehörte und für das sie sorgen musste. Die Höhle hatte einen weiteren Ausgang, der tiefer in den Vulkan hineinführte. Ihre empfindliche Nase sagte ihr, dass sie auf dem richtigen Weg war, denn leichter Schwefelgeruch war zu spüren. Außerdem wurde es immer wärmer. Sie erreichte eine weitere Höhle, aus einem Spalt im Boden drangen Rauchschwaden. Außerdem war hier der Schwefelgeruch am stärksten. Wegen der großen Hitze konnte sie nicht bis ganz an den Rand des Spaltes treten. Deshalb befestigte sie eine Leine an einer Felsnadel, aktivierte den Zünder und ließ das Sprengstoffpaket langsam in den Spalt hinein. Sie ließ das Kontrollgerät des Sensors nicht aus den Augen und als der Ausschlag den Grenzwert erreichte, sicherte sie die Leine. Noch tiefer hinunter und sie würde eine unkontrollierte Sprengung auslösen. Sie packte alles zusammen, kontrollierte noch einmal die Sensoren und unbemerkt, wie sie gekommen war, verließ sie den Vulkan und die Nähe des Stützpunktes. Ihre Maschine lag gut getarnt auf der anderen Seite des Waldes und erst als sie gestartet und im Funkschatten des Mondes lag, nahm sie Kontakt zur GÄA auf.
 

„Puck ruft GÄA – IM PJ mit Rufzeichen PUCK ruft GÄA auf einem gesicherten Kanal.“

„PUCK, hier ist GÄA. Gesicherter Kanal ist offen. Bitte bestätigen Sie.“

„PUCK an GÄA. Bestätigte den gesicherten Kanal. Auftrag ausgeführt, Sprengung kann erfolgen. Ende.“

„GÄA an PUCK. Wiederhole, Auftrag ausgeführt, Sprengung kann erfolgen. Ende“
 

Der Feind. Sie waren keine Menschen. Nicht mal Lebewesen. Und doch hatten sie eine Gemeinschaft gegründet. Regeln für sich geschaffen. Wenn ihr oberstes Ziel nicht die Vernichtung der Menschheit gewesen wäre, wer weiß, ob eine Verständigung möglich gewesen wäre? Doch da dies nicht der Fall war, blieb die einzige Möglichkeit, ihnen aus dem Weg zu gehen und in den Tiefen des Alls zu verschwinden. Doch dafür benötigte die Flotte den Treibstoff.
 

Puck war froh, dass sie nicht den Knopf drücken musste. Jemand auf der GÄA würde das tun. Der Kommandant vielleicht, oder ein Funkoffizier. Und doch wusste sie, dass sie wieder losziehen würde, wenn der Kommandant einen Auftrag für sie haben würde. Das Volk ihrer Mutter konnte sie nicht mehr beschützen, wohl aber das Volk ihres Vaters.

Die Zündung war inzwischen bestimmt erfolgt. Doch hier in der Lautlosigkeit des Alls würde sie von einem Vulkanausbruch nichts mitbekommen.
 

„PUCK an GÄA. Ich komme jetzt rein. Tarnung wird deaktiviert.“

„GÄA an PUCK. Wir haben Sie auf dem Schirm. Willkommen Zuhause, Pilot.“

„PUCK an GÄA. Bitte sorgen Sie dafür, dass die Bordklinik eine Quarantänekapsel vorbereitet. Ende“

„GÄA an PUCK. Wir geben Ihre Anfrage an die Bordklinik weiter. Quarantänekapsel wird vorbereitet. Ende.“
 

Puck traf die Landerampe vorbildlich. Die IM wurde vollends hereingezogen und in die Warteposition gebracht. Sie hatte die Luke noch nicht ganz geöffnet, also auch schon Lance vorsprang. Lance, Rufzeichen Lancelot, Kapitän und Staffelführer ihrer Einheit. Und ihr Freund.

„Was ist passiert? Wofür brauchst du eine Quarantänekapsel? Ist alles in Ordnung?“

Puck grinste. Es war ein breites freches Grinsen und signalisierte allen, alles o.k.

Dann öffnete sie den Verschluss ihrer Fliegermontur. Sie zog erst ein flauschiges katzenartiges Tierbaby hervor und dann ein zweites.
 

Die Sprengung des Vulkans war unvermeidbar gewesen. Das Schicksal der Menschen hing davon ab. Und auch wenn das Volk ihrer Mutter sie verstoßen hatte, so konnte sie doch diese beiden Jungtiere nicht ihrem Schicksal überlassen. Abgesehen von ihren großen leuchtend grünen Augen und den etwas spitzen Ohren sah Puck aus wie ein Mensch, Katzen aber würden für sie auf immer die Ahnen ihrer Ahnen bleiben.



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