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Requiem of Sorrow

von

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Der Hirstaangwald

Juno brauchte nicht viele Schritte zu tun, um in den Wald zu gelangen. Trotz der Worte von Feyna hatte sie Angst. Allein schon, wenn sie sich umsah. Die niederen Äste waren abgebrochen, auf den moosbewachsenen Steinen waren tiefe Furchen zu sehen und bei manchen Bäumen war die Rinde teilweise heruntergerissen. Hier und da lagen blutige Haarbüschel der Werwölfe auf dem Boden.

Eine fast unerträgliche, drückende Stimmung herrschte in diesem Wald, nicht einmal ein Vogel wagte es zu singen. Stattdessen hörte man stetiges Knacksen, Rascheln, Hecheln. Wie als hätte sich alles Böse an diesem Ort gesammelt.

Ein Wispern durchbrach die Stille. Die Elfe sah sich angespannt um, ein Schauer lief ihr über den Rücken. Wer war das? War es der Wind in den Blättern? War es eine Waldelfe oder gar Vampire oder Dunkelelfen?

Juno wand ihren Blick zu ihrer rechten Seite, wo sie glaubte, eine Bewegung zu sehen.

Tatsächlich. In ein paar Metern Entfernung stand eine Waldelfe, mit langem, blonden Haar, in dem ein paar wenige Zöpfe eingeflochten waren, auch rote und violette Strähnen hatte das Mädchen im Haar. Die Waldelfe trug ein hellgrünes, knappes Kleid. Am Oberkörper war es aus einem festeren Stoff gearbeitet und um ihre Taille war ein rotes Band gebunden. An den Füßen trug sie überknie lange Stiefel. Auf dem Rücken der Elfe war ein Köcher und in einer ihrer Hände war ein großer, weißer Bogen.

Sanft lächelnd sah die Waldelfe zu Juno hinüber. »Wer bist du?«, fragte Juno langsam, doch die Waldelfe kicherte nur und verschwand wieder.

Verwirrt blieb Juno stehen. Was wollte diese Elfe nur damit bezwecken? Wieder hörte sie ein Hecheln. „Ich sollte lieber weiter.“, dachte sie bange und setzte ihren Weg mit langsamen und ängstlichen Schritten fort.
 

Der Wald war wirklich groß, es musste schon Mittag sein, und dennoch war sie noch nicht einmal in der Mitte des Waldes. Juno fragte sich, warum die Nachtwesen eigentlich im Ostwald waren. In der Geschichte steht nur geschrieben, dass sie von Königin Kianea hierher verbannt wurden, den Grund dafür hatte sie aber nie erfahren. In Alrus wurde sehr viel verschwiegen, wahrscheinlich wussten nicht einmal ihre Großeltern mehr, was wirklich in der Ebene von Cyrel geschah und geschieht.

In Junos Magen krampfte sich alles zusammen, aber nicht aus Hunger, nein, es war dieser mordlüsterne, stechende Blick, den sie schon seit längerer Zeit in ihrem Rücken spürte. Sie blieb stehen und wandte sich um. Sie hatte Angst. Angst davor zu sehen, wer oder was hinter ihr stand.

Junos Atem stockte, als sie sah, wer sie beobachtet hatte. Vor ihr stand nun ein ausgemergelter, geifernder Werwolf, sein Fell war struppig, er hatte viele kahle Stellen, an denen trockenes Blut klebte. Faule, scharfe Reißzähne blitzten hervor.

Die Kreatur knurrte bedrohlich und setzte dazu an, sie anzugreifen. Juno wich zittrig zurück, kam von dem niedergetrampelten Pfad ab, stolperte über einen dicken Ast und landete rücklings in dem goldenen Laub. Der Wolf sah seine Chance und sprintete auf das Mädchen zu, welches sich schützend den Dolch vor den Kopf hielt.
 

Juno sah nichts, sie hörte nur noch das Geräusch eines Pfeils, der die Luft durchschnitt und sich in Fleisch und Knochen bohrte. Ein jämmerliches Winseln, fluchtartige Schritte, dann war es still. »Ich hab dir doch gesagt, dass wir ihn gleich verjagen hätten sollen!«, zeterte plötzlich eine weibliche Stimme. Langsam sah Juno wieder auf und erblickte zwei Waldelfen vor sich stehen. »Es ist doch nichts passiert!«, verteidigte sich der Mann.

»Aber es hätte was passieren können! Nur eine Sekunde später, und sie wäre tot!«, schalt die Frau.

»Nein, er hätte sich sein Maul verbrannt.«, warf der Mann dann ruhig ein und deutete auf das Messer in Junos Hand. Es glühte weiß vor Hitze.

Die Waldelfe starrte ungläubig auf Juno. »Du bist eine..«, sie zögerte kurz, »..Feuerelfe?« Juno nickte nur schüchtern und der Mann half ihr schließlich auf die Beine.

»Vielen Dank, dass ihr mich gerettet habt.«, sagte die Feuerelfe schüchtern. Das Starren der jungen Waldelfe machte sie unsicher. »Astrania, starr sie nicht so an.«, murmelte der Mann ein wenig beschämt zu ihr. Juno lächelte einfach nur. »Wo bleiben meine Manieren, ich bin Robur, Patron der Reisenden. Und wie ist Ihr Name?«, setzte er charmant ein und machte eine höfliche Verbeugung. Die Feuerelfe machte einen schüchternen Knicks. »Mein Name ist Juno. Freut mich, Euch kennen zu lernen. Aber ich muss leider weiter, in die nächste Stadt.«

Die beiden Waldelfen nickten nur, als wüssten sie, warum sie so schnell weitermusste.

Juno wurde aber noch von den beiden bis an den Rand des Waldes begleitet, dann verabschiedeten sie sich voneinander. »Gute Reise, Herrin des Feuers.«, sagten Robur und Astrania wie aus einem Munde. Und genauso schnell wie sie gekommen waren, um sie zu retten, waren sie auch wieder verschwunden.

Juno wandte sich um und tat die letzten Schritte aus dem Wald. Es war schon dunkel geworden, doch Forlindom war noch nicht in Sicht. Juno fing zu laufen an. Sie hätte sich nicht so lange aufhalten lassen sollen. Aber sie musste es schaffen. Sie musste es rechtzeitig in einen Gasthof schaffen, sie durfte sich nicht von Werwölfen oder Vampiren angreifen lassen.

Endlich, sie war in Forlindom. Tiefe Nacht war hereingebrochen. Vorsichtig schlich sie durch die Gassen, auf der Suche nach einer Herberge.

Juno wollte gerade um eine Ecke biegen, als sie eine schwarze Gestalt erblickte. Sofort wich sie wieder zurück und drückte sich an die Mauer. Ihr Herz raste und Angstschweiß rann ihre Stirn hinab. Vorsichtig lugte sie um die Ecke, um zu sehen, ob die Gestalt schon verschwunden war, da wurde sie von jemandem am Handgelenk gepackt und zurückgezogen. Die Person drückte Juno an sich, hielt sie mit einer Hand fest, mit der anderen hielt sie ihr die Augen zu. »Nicht hinsehen, sonst bist du verloren.«, flüsterte ihr eine männliche Stimme ins Ohr. Juno wurde panisch. Wer war das, der sie da an sich drückte und ihr die Augen zuhielt? »Wer bist du?«, fragte sie in die Dunkelheit hinein. »Schweig.«, war die einzige Antwort, die sie bekam.

Einige Zeit standen sie so da, bis Juno spürte, dass sich der Griff des Mannes lockerte. »Die nächste Gasse links ist ein Gasthof. Beeil dich.«, wurde ihr ins Ohr geflüstert und ihre Augen wurden wieder geöffnet. Sofort wandte sie sich um. Sie wollte sehen, wer ihr geholfen hatte. Doch sie sah in die Dunkelheit, da war niemand mehr hinter ihr.
 

Völlig erschöpft platzte sie in das Wirtshaus und schloss sofort die Tür hinter sich. Der Mann hinter der Theke näherte sich Juno mit ein paar Schritten. »Seit Ihr in Ordnung?«, fragte er vorsichtig. Juno nickte nur, zog mit zittrigen Händen ihren Geldbeutel hervor und bat um ein Zimmer für eine Nacht. »Was ist geschehen?«, fragte der Wirt schließlich und reichte ihr einen Krug Wasser. Dankend nahm ihn das Mädchen an und tat einen großen Schluck. »Ich bin einem Dunkelelf knapp entkommen.«, keuchte sie.

»Wie habt Ihr das geschafft? Und wo ist es passiert?«, fragte der Wirt neugierig nach, »Von wo kommt Ihr?«

Juno trank das restliche Wasser aus und ließ sich auf eine Holzbank sinken.

»Ich komme aus Alrus. Aber ich bin heute Morgen von Angmar losgezogen.«, sagte sie schließlich.

»Dann seid Ihr durch den Hirstaang Wald gegangen?« Juno nickte. »Sagt, wo ist Euch das passiert mit dem Dunkelelfen?«, fragte der Wirt weiter.

»In der Gasse die diese schneidet.«, antwortete sie knapp. Der Wirt nickte langsam.

Allmählich beruhigte sich das junge Mädchen und musterte den Wirt genauer. Er war schon älter, sie schätzte an die 60 Jahre. Etliche Narben zeichneten sein, von Falten übersäten, Gesicht. Sein Haar war grau und dünn, seine Finger aufgequollen vom vielen Bier, das ihm über die Jahre die Hände hinunterlief. Seine Augen waren Kastanienbraun und wässrig. Der Mann hatte sich einen Kinnbart wachsen lassen, welcher ihn noch älter aussehen ließ. Trotz seines alten Aussehens schien er noch sehr lebensfroh zu sein.

Schließlich stand Juno auf. »Würdet Ihr mir mein Zimmer zeigen? Ich muss morgen noch in der Hauptstadt sein.«, bat sie den alten Mann freundlich. Dieser stand sofort auf und nickte nur.

»Was sucht Ihr in der Hauptstadt?«, fragte er, während er sie die Treppen hinaufführte. »Ich will die Welt sehen.«, erklärte sie.

»So, so. Dann habt Ihr Euch aber eine recht schwierige Zeit zum Reisen ausgesucht.«, seufzte der Wirt.

»Wieso? Was stimmt nicht?«, wollte sie wissen und sah den Mann verwirrt an.

»Wisst Ihr das denn nicht? Schon seit Monaten herrscht große Anspannung in der gesamten Ebene. Die Nachtwesen haben eine Kriegserklärung an König Branes abgegeben.«

Erschrocken blieb Juno stehen. »Kriegserklärung? Wieso?« Juno stellte sich vor den Mann hin. Er sah sie nur traurig an.

»Ihr müsst wissen, zwischen Licht- und Schattenwesen herrscht schon seit langer Zeit der Hass. Es hat immer wieder kleinere Auseinandersetzungen gegeben. Der erste Krieg liegt 540 Jahre zurück. Seitdem werden die Schattenwesen von uns Lichtwesen unterdrückt.«, der Mann schüttelte enttäuscht den Kopf. Er öffnete eine Zimmertüre und ließ Juno eintreten. »Hier ist Ihr Zimmer. Ich wünsche eine geruhsame Nacht.«, sagte er noch und schloss die Tür.

Juno war verzweifelt. Jetzt wusste sie wenigstens, warum Feyna so bedrückt war, als diese sie aus dem Gasthaus geschoben hatte. Traurig seufzend setzte sie sich auf das Bett, welches jämmerlich zu quietschen und knarren begann. Was sollte sie nur tun? Weiterreisen, auf die Gefahr hin, dass sie zwischen die Fronten geraten könnte? Oder hier bleiben, bis sie Rares finden würde?

Die Elfe stand von dem Bett auf, welches lautstark krächze, und ging hinunter in die Wirtskammer. Der Wirt hatte sie natürlich sofort bemerkt. »Könnt Ihr nicht schlafen?«, fragte er. Juno schüttelte den Kopf. »Habt Ihr ein Bad?«, wollte sie wissen. Vielleicht würde ihr das ja helfen. Der Wirt nickte und bat Juno ihm zu folgen. Er füllte einen Bottich mit Wasser und ließ sie dann alleine.



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