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Resurrection, damnit!

von

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Es liegt im Auge des Betrachters

In Ermangelung von Ablenkungsmöglichkeiten und der Tatsache, dass er Kopfschmerzen bekam, sobald er versucht gründlich über alles nachzudenken, beschloss Seishirou durch das Anwesen zu streifen und das Zimmer zu besuchen, in dem seine Mutter einst gewohnt hatte. Obwohl er genau wusste, wo es war und obwohl es auch nicht lange dauerte um dorthin zu gelangen, blieb er doch lange Zeit vor der Tür stehen. Erst nach einigen Minuten schob er die Tür zur Seite auf und betrat den Raum. Die Zeit hatte keine Zeichen hinterlassen. Keine Spinnweben, kein Staub, kein feucht-modriger Geruch, wie man es vielleicht erwartet hätte bei einem Raum, der seit vielen Jahren nicht mehr genutzt oder geputzt worden war.
 

Die Einrichtung war spärlich. Ein Kleiderschrank, eine Kammer zum Verstauen des Futons und Bettzeugs und ein großer Spiegel. Mehr war nicht zu sehen. Wenn er aus dem Fenster blickte, sah er den verschneiten Teil des Gartens. Ihm war für einen Moment, als könne er noch die Blutspuren von damals im Schnee entdecken. Es stellte sich als eine Trügung dar, nachdem er einmal geblinzelt hatte.
 

Seishirou öffnete den Schrank und strich mit den Fingern über die Kimonos seiner Mutter. Alle hatten bunte Blumenmuster in kräftigen, dunklen Farbtönen. Von Pastell hatte sie nie viel gehalten.

Sein Katzenschwanz schwang schwer in der Luft hin und her. Seishirou nahm einen der Kimonos aus dem Schrank und trug ihn zum Spiegel. Er neigte den Kopf zur Seite, dann legte er den Kimono auf den Boden und zog sich das schwarze Hemd und die schwarze Hose aus – schwierig, wenn der Schwanz und die Ohren ständig zuckten und man noch nicht ganz heraus hatte, wie diese Körperteile zu kontrollieren waren.
 

Er horchte auf, als er ein Knarren zu hören meinte. Es stellte sich als Meise heraus, die sich auf dem Fenstersims niederließ und ihn beobachtete. Seishirou grinste.

Dann betrachtete er seine nackte Gestalt im Spiegel. Seine Haut war blass, was durch die pechschwarzen Haare noch verstärkt wurde. Nur seine durch die Kälte hervorstehenden Brustwarzen stachen mit ihrem Pinkton heraus. Sein Blick wanderte weiter nach unten. Aus dem Augenwinkel sah er, dass seine Katzenohren zuckten.

Zwischen seinen Beinen befand sich nur eine dünne Schicht grauer Schamhaare. Die Katze war wohl doch jünger gewesen als vermutet, als er ihren Körper übernommen hatte. Er wandte sich um und betrachtete sein Steißbein aus dem der Katzenschwanz spross. Er schwang ihn einmal nach oben und ließ ihn dann wieder nach unten sinken. Rein Gleichgewichtstechnisch war er von Vorteil. Aber da Subaru ihm den Ausgang ja gesperrt hatte, gab es nicht viele Gelegenheiten, bei denen er seinen Gleichgewichtssinn brauchen würde.
 

Seishirou hob den Kimono auf und streifte ihn sich über. Ihn anzuziehen kostete viel Energie, da er sich stärker konzentrieren musste als er es in Erinnerung hatte. Katzen zwängten sich für gewöhnlich nicht in traditionelle Kleidungsstücke. Wozu auch, wenn man ein schönes Fell hatte?
 

Es dauerte eine ganze Weile, wenn er auch nicht wusste, wie lange genau, da keine Uhr im Raum war und er selbst auch keine trug. Er strich die Falten glatt und zupfte seine Haare aus dem Kragen. Dann drehte er sich um und betrachtete sich erneut im Spiegel.
 

Seine Ohren zuckten, bevor er sich genauer ansehen konnte. Er blickte zur Seite. Subaru stand neben ihm. Er trug immer noch das weiße Ritualgewand, nur war von der Originalfarbe nicht mehr viel zu sehen. Er war über und über mit Blut besudelt. Selbst in seinen Haaren hing es, tropfte auf seine Schultern.
 

Seishirou blinzelte und trat automatisch einen Schritt zurück. Sein Blick wanderte über Subaru, der komischerweise aufrechter stand als sonst. Seine Miene war hart und sein Auge kalt. Das Auge jedoch, das Seishirou ihm überlassen hatte, schien mit Leidenschaft zu glimmen. Seishirou presste die Lippen zusammen. Am liebsten hätte er einen Katzenbuckel gemacht; auf zwei Beinen ging das aber nur schwer und in einem Kimono war es fast unmöglich.
 

Subaru runzelte die Stirn. „Was ist das?“
 

Seishirous Augen weiteten sich. Dann sah er an sich herab. „Oh.“ Er drehte sich zum Spiegel um. „Der Kimono gehörte meiner Mutter. Ich wollte wissen, ob ich ihr ähnlich sehe.“ Wenn er sich jetzt so betrachtete, konnte er da nur zu Teilen zustimmen: der zierliche Körperbau und das mädchenhafte Gesicht sowie die dunklen Haare und die weiße Haut erinnerten ihn stark an seine Mutter. Allerdings waren seine Haare gewellt, wo ihre völlig glatt gewesen waren. Auch hatte er nicht ihre herzförmigen Lippen. Wahrscheinlich, weil es letztendlich nicht sein Körper war, auch wenn seine Seele die Gestalt nachhaltig beeinflusste.
 

Er wandte sich wieder zu Subaru um. Seishirou konnte den Blick kaum von Subarus Hals lassen. Über seine Schläfen lief das Blut herunter und sprang ein gutes Stück weiter nach unten, wenn seine Halsschlagader pulsierte. „Du siehst schön aus“, flüsterte er.
 

Subaru verzog das Gesicht. „Du hattest eine Mutter?“
 

Seishirou hob eine Augenbraue an. „Auch ich wurde einmal ganz normal geboren. Der Biologie können wir uns alle nicht erwehren.“ Er schmunzelte und trat an Subaru heran, streckte die Hand aus und legte sie auf seine Brust, wo ein großer Blutfleck ein Mandala auf dem Gewand hinterlassen hatte.
 

„Und… siehst du ihr ähnlich?“
 

„Mhm.“ Seishirou lachte. „Sie hatte natürlich weder solche Ohren, noch einen Katzenschwanz.“ Er deutete auf die tierischen Zugaben.

„Ich hab eine spezielle Mischung im Bad. Es ist zwar getrickst, aber danach wirst du das Gewand wieder zu Ritualen benutzen können, die eine rituelle Reinigung voraussetzen. Und dich kriegen wir auch wieder porentief rein.“ Er ergriff Subarus Hand, die nass und warm vom Blut war. „Falls das für dich in Frage kommt… zu schummeln.“
 

Subaru nickte, obwohl er die Augen zusammenkniff. Er seufzte. „Wenn ich dein Auge nicht hätte, könnte ich nicht glauben, dass es wirklich du bist.“
 

„Wieso, was lässt es dich denn sehen?“ Er hielt inne, gerade dabei, Subaru aus dem Raum zu führen. Er sah ihn nicht an, wartete aber angespannt die Antwort ab.
 

„Es ist weniger ein Sehen. Die Energie, die von dem Auge ausgeht ist die gleiche, die von dir ausgeht. Wie eine Kopie.“
 

„Hm.“ Seishirou lächelte ihn an. „Wir sollten dich waschen.“
 

Ohne Vorwarnung zog Subaru ihn an seine Brust. Seishirou spürte, wie das halb angetrocknete Blut sich auf seiner Wange und Stirn verteilte. Subarus Herz schlug gleichmäßig und ruhig. Seishirous setzte für einen Schlag aus.
 

„War sie vor dir das Oberhaupt des Clans?“
 

Seishirou wagte es nicht den Mund zu öffnen. Wer wusste schon, von welcher Person das Blut stammte. Auf die Schleimhäute wollte er es nicht bekommen.
 

„Hast du sie getötet?“ Subaru lockerte die Umarmung.
 

Seishirou lehnte sich zurück. „Sie hat mich darum gebeten.“ Er zog an Subarus Hand. Das war kein Gespräch, das er jetzt führen wollte. Es war nicht der richtige Zeitpunkt, noch nicht. Ob Subaru unter Schock stand von dem Mord, den er eben erst begangen hatte oder ob er aus anderen Gründen in einer komischen Stimmung war, Seishirou wollte unter keinen Umständen riskieren, die Situation zu verschärfen. Abgesehen davon entfleuchten ihm alle klaren Gedanken, weil ihn Subarus weiche, blutbefleckte Haut mehr ablenkte als ein glitzerndes Windspiel.
 

Er war wunderschön.
 

Subaru starrte zu ihm herab. Seishirou zog erneut an seiner Hand. Endlich folgte Subaru ihm. Seishirou stellten sich die Nackenhaare auf und sein Schwanz, gut verborgen unter dem Kimono, zuckte nervös. Die Ohren legten sich ganz automatisch an, nur eines klappte immer wieder hoch um zu horchen.

Er würde sich auch waschen müssen. Der Kimono wäre ruiniert, wenn das Blut erst einmal richtig eintrocknete und sich in die Fasern sog und festsetzte.
 

Dankbar dafür, dass Subaru geschwiegen hatte, bis sie das Badezimmer erreichten, öffnete Seishirou die Tür und ließ ihm heißes Wasser ein.



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