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Sura

Frühlingswichteln 2009 - Wichtelgeschichte für butterfly81
von

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Freund Feuerlord

Gemütlich schlenderte sie durch die Straßen. Dort drüben gab es frisches Obst und Gemüse, und direkt gegenüber war ein Laden mit Kleidung. Klamotten waren gut. Kinder wuchsen so schnell.

Katara sah auf das Kind hinunter, das ihre Hand hielt. „Sura?“

„Ja, Mama?“

„Bist du schon müde?“, fragte sie. Das Mädchen war gerade mal zweieinhalb Jahre alt. Es war noch hell, aber das lag an der Sommersonne.

„Nee“, schüttelte Sura den Kopf, „Das Eis macht wach!“ Sie leckte an einem Erdbeereis, das Katara ihr noch vor wenigen Minuten gekauft hatte. Sura nickte, als sie fragte, ob es ihr denn schmecken würde.

„Was hältst du denn davon, wenn wir dir ein paar neue Klamotten kaufen? Du wächst ziemlich schnell aus deinen Sachen heraus…“

„Jaah!“, freute sich Sura plötzlich und zog Katara beim Rennen hinter sich her. „Krieg ich ein Kleid, Mama?“

„Wie heißt das Zauberwort, Schatz?“

„Bitte, bitte, bitte?“

„Schön… aber pass auf, dass du nichts mit deinem Eis dreckig machst!“, rief Katara noch, da war die Kleine schon in dem Laden verschwunden. Eilig ging sie ihr hinterher.
 

Nicht viel später hatte Sura sich für ein schönes rotes Kleid mit weißen Blümchen darauf entschieden. Das Mädchen war glücklich und Kataras Portemonnaie etwas leichter, als sie den Laden verließen.

Die beiden gingen weiter die riesige Mainstreet der Hauptstadt der Feuernation entlang. Sura hüpfte ein bisschen an Kataras Hand herum.

„Mama, wann geht’s nach Hause?“

„Bald, Schatz, es ist nicht mehr weit bis nach Hause und dann kannst du dich schlafen legen.“, versprach Katara dem Kind mit einem Lächeln. Sie wollte nur noch eben etwas in dem Schaufenster von diesem interessanten Antiquitätenladen dort gucken…

Sura zog leicht an ihrer Hand, während sie die alten, vergilbten Schriftrollen anguckte. Es waren Dokumente mit alten Texten, dessen Sprache sie nicht entziffern konnte, aber auch einfach zu verstehende Feuerbändigerrollen.

Plötzlich zerrte Sura an ihrer Hand.

„Mama, Mama, guck mal! – Ist das der Feuerlord?!“

„Wie?“, fragte Katara verwirrt. Der Feuerlord? Sie sollte eigentlich nicht verwundert sein, denn immerhin stand sein Palast hier in der Hauptstadt. Wahrscheinlich passierte es öfter, dass er mal durch die Stadt ging. Aber sie hatte ihn persönlich seit langer Zeit nicht mehr gesehen. Und wenn es tatsächlich der Feuerlord war, dann konnte es doch nur…

„Zuko…“, flüsterte sie. Sie nahm Sura auf ihren Arm, damit auch sie den Feuerlord besser sehen konnte. Es konnte natürlich nur Zuko sein. Er war vor gut drei Jahren zum Feuerlord gekrönt worden. Und jetzt schritt er hier in seinem roten Gewand die Straße entlang, die dunklen Haare hochgebunden und mit der königlichen Krone geziert. Seine Narbe, die sich über seine linke Gesichtshälfte erstreckte, war unvergleichbar.

Er sah aus wie ein richtiger Mann, dachte Katara sich, aber es war verständlich… er musste nun schon neunzehn sein. Sie hatte ihn lange nicht gesehen, stellte sie fest. Seine Augen strahlten Zufriedenheit aus, sie waren viel wärmer und freundlicher als vor langer Zeit.
 

Und plötzlich schauten diese warmen, bernsteinfarbenen Augen sie an. Katara zuckte kurz zusammen, einen direkten Blickkontakt hatte sie in diesem Moment nicht erwartet, aber Sura sagte nichts. Katara verharrte in ihrer Haltung, blinzelte ein paar Mal, doch sie konnte den Blick nicht abwenden. Ihr kam es wie Minuten vor, während er sie ansah.

Dann löste sich die Starre. Kurz drehte er sich um, sprach mit seinen Begleitern vom Palast, die daraufhin verschwanden und kam schnurstracks auf sie zu.

„Katara.“, sprach er sie an, und sie sah, wie sein Blick kurz zwischen ihr und Sura wechselte. Vollkommen überrascht versuchte sie zu antworten.

„Zuko, was-… eh, oh, mein Feuerlord, entschuldigen Sie, was wünschen Sie?“, stotterte Katara errötend. Zuko zog seine Augenbraue hoch.

„Du brauchst mich nicht mit Feuerlord ansprechen und du kannst mich duzen, das weißt du doch.“, meinte er verwundert. Dann drehte er sich plötzlich um. „Sie können ruhig alle weitergehen, das ist nur ein Treffen zwischen alten Freunden!“

Und als hätte man einen Schalter betätigt, verlief die ganze Hintergrundkulisse wieder normal ab. „Komm, lass uns ein Stück gehen, Katara“, sagte er zu ihr.

„Oh, okay… dann bitte aber in die Richtung meiner Wohnung, ich muss die Kleine langsam ins Bett bringen.“, stimmte sie zu und legte den Weg vor.

Sie gingen still schweigend durch die Straßen und Gassen, bis sie in ein Viertel mit kopfsteingepflasterten Straßen und vielen grün leuchtenden Bäumen kamen. Alte Frauen saßen in der Abendsonne zusammen in einem kleinen Vorgarten, strickten und tratschten. Als Katara, Sura und Zuko an ihnen vorbei gingen, schauten sie auf, redeten leise und lachten und winkten anschließend. Zuko schenkte ihnen ein Lächeln, worauf die Damen wieder verzückt kicherten.

„Eine schöne Gegend“, meinte der Feuerlord, „Als Kind war ich nicht oft außerhalb des Schlosses, und wenn doch, dann nicht in so hübschen Gegenden wie diese hier… und danach natürlich auch nicht.“

Katara nickte nur. Sie sah zu ihm, wie er sich jeden Winkel dieses Viertels seiner Heimatstadt merken wollte. Auch Sura schaute ihm interessiert zu. Bisher war sie still gewesen, doch jetzt übermannte sie die Neugier.

„Du bist echt Freund Feuerlord?“, platzte sie heraus. Ihre Augen schienen geradezu zu funkeln.

Verdutzt sah Zuko sie an. Er hatte sich bisher noch nicht sonderlich für das kleine Mädchen auf Kataras Armen interessiert, aber nun schien sie neugierig zu werden.

„Ehm, ja“, fing er unsicher an, und Katara lächelte ihn an, „Ich bin der Feuerlord. Sag doch Zuko… und wie heißt du?“

Das Mädchen blinzelte kurz. Dann sagte sie: „Sura! Mama sagt immer Sura.“

„Das ist aber ein hübscher Name.“, fand Zuko, „Den hat deine Mama aber gut ausgesucht.“

Seine Augen trafen abermals direkt auf ihre, und aufgrund des Kompliments, das er ihr gerade gemacht hatte, bekamen ihre Wangen eine leichte rosa Farbe. Dann wandte sie sich von den bohrenden Bernsteinaugen ab und konzentrierte sich wieder auf den Weg.

Sie hielt vor einem kleinen, dreistöckigen Haus an. Es sah nicht sonderlich hübsch aus. Manche Fenster waren dreckig und die Hauswand war grau und trist. Das, was das Gebäude doch hübsch machte, war der Efeu, der an der einfarbigen Wand hinaufkroch. „Hier wohnen wir.“

Zuko sagte nichts, deshalb schloss sie geschickt mit einer Hand – denn mit der anderen hielt sie Sura fest – die Haustür auf und nach dem Treppensteigen in die dritte Etage auch die Wohnungstür. Sie ließ ihn ein und machte hinter sich die Tür zu. Die Einkaufstüten stellte sie in dem kleinen Flur ab.

„Wartest du kurz?“, fragte sie Zuko, ging aber dann schon ohne eine richtige Antwort abzuwarten in Richtung Kinderzimmer. Sura winkte über die Schulter von Katara dem Feuerlord zu, der dies mit einem kurzen Handheben erwiderte.

„So, Schatz“, sagte die Wasserbändigerin, während sie Sura beim Umziehen half, „Du wirst jetzt schlafen und dich erholen. Mama wird jetzt mit dem Feuerlord ein bisschen über alte Zeiten reden…“

Sura nickte. Dann wurde sie in ihr Bettchen gelegt. „Drara?“, fragte sie.

Katara sah sich um. Als sie fand, was sie suchte, nahm sie ein kleines Drachenplüschtier und legte es zu Sura in ihr Bett. „Da ist Drara. – Nun schlaf gut.“

„Mama?“, fragte die Kleine erneut.

„Ja, Sura?“

„Freund Feuerlord ist nett.“

Katara musste lächeln. „Ich weiß, mein Schatz. Der Feuerlord ist ein netter und freundlicher Mann, den ich sehr schätze.“

Sie gab ihr einen Gutenachtkuss auf die Stirn, schalt das Licht aus und schloss die Tür.
 

Zuko war mittlerweile im Wohnzimmer und schaute sich jenes an. Die Braunhaarige sah, wie sein Blick sekundenlang an alten Fotos hing, die hier standen. Auf manchen war er selbst drauf. Die Bilder wurden vor gut drei Jahren aufgenommen. Wahrscheinlich fiel ihm ebenfalls auf, dass die Wohnung etwas blau eingerichtet wurde, aber vielleicht war es verständlich, dass man als Wasserbändigerin nicht in purem Rot leben wollte.

„Sehr hübsche Wohnung habt ihr hier.“

„Danke“, sagte die junge Frau kurz angebunden.

„Aber… ist es hier nicht etwas zu klein für drei?“, hakte er verwundert nach.

Irritiert blickte Katara ihn an. Dann fing sie plötzlich an leise zu lachen. „Oh, nein, halt, halt. Glaubst du ernsthaft, Sura ist meine richtige Tochter?“

„Nicht?“, äußerte er konfus.

„Oh nein“, lachte sie, „Setz dich erstmal… möchtest du auch einen Tee? Oder hast du in letzter Zeit zu viel Tee getrunken?“

Zuko lächelte aufgrund ihrer Anspielung auf seinen Onkel. „Nein, ein Tee wäre nett. Ich bin nicht oft bei meinem Onkel um Tee zu trinken.“

„Na dann. Wie geht es Iroh überhaupt so?“, fragte Katara auf halbem Weg in die Küche nach.

„Er schreibt mir regelmäßig Briefe. Es geht ihm gut und der Jasmin Drachen in Ba Sing Se scheint gut zu laufen… zumindest wollte er sich noch nicht Geld ausleihen.“

Er hörte Katara aus der Küche lachen. Sie schien Schubladen auf und zu ziehen, Wasser in einen Wasserkocher zu füllen und jenen dann anzuschalten. Die Frau war zumindest so laut, dass Zuko sich das alles denken konnte. Dann kam sie wieder aus der Küche und lehnte sich an die Wohnzimmertür.

„Also geht es ihm auch gut. Das freut mich… und wie läuft es so mit Mai?“

„Mit Mai? Oh…“, dachte er laut vor sich hin. Er hob kurz seine Augenbraue, seufzte leise und schüttelte dann leicht den Kopf.

Katara konnte sich schon denken, was los war. „Wenn du nicht darüber reden möchtest, kannst du es ruhig lassen…“

„Nein, nein, schon gut“, wehrte er ab, „Mai ist vor gut einem Jahr gegangen. Anscheinend kam sie nicht damit klar, dass ich als Feuerlord viel beschäftigt bin. Und ständig im Schloss zu hocken und nichts mit mir unternehmen zu können war ihr zu langweilig.“

Er zuckte mit den Schultern. Wahrscheinlich schien es ihm nicht viel aus zu machen. Nicht mehr. Katara wusste, dass er viel für Mai empfunden hatte und sie war auch der Meinung gewesen, dass Mai Zuko eigentlich schon seit ihrer Kindheit sehr gemocht hatte.

„Mhm… ein bisschen dumm, nicht wahr? Sie hätte wissen müssen, dass du eines Tages der Feuerlord sein würdest. Und sie hätte auch wissen müssen, wie es sein würde, als Frau des Feuerlords zu leben.“, meinte Katara. Nur eine Sekunde später schien das Wasser im Kocher fertig zu sein, denn sie verschwand wieder in die Küche und kam nur kurz danach mit zwei Tassen Tee und einer kleinen Schüssel für die Teebeutel wieder.

„Danke“, sagte Zuko, während sie sich auf das gebrauchte, etwas altmodische Sofa neben ihn setzte.

„Kein Problem“, erwiderte sie, „Nun erzähl mal… wie kamst du auf die Idee, Sura sei meine richtige Tochter? Sie sieht mir doch gar nicht so ähnlich, oder?“

„Nein, bis auf die dunklen Haare eigentlich nicht. Ich dachte nur… na ja, damals waren der Avatar und du doch ein Paar, oder?“, fragte er etwas zögerlich.

Auf Kataras Gesicht schlich sich ein leichtes Lächeln. „Ja, das stimmt.“, bejahte sie, „Allerdings hielt unsere Beziehung nicht lange…“

„Warum nicht?“, wollte Zuko wissen. Und tatsächlich wollte er es wissen, er fragte nicht nur aus Höflichkeit nach.

„Oh, na ja, es ist so ähnlich wie bei dir und Mai. Nach dem Krieg sind wir noch zu viert herum gereist, bis Sokka sich irgendwann entschieden hat, zurück zur Kyoshi-Insel zu gehen. Wegen Suki natürlich.“, erzählte sie.

„Und den beiden geht es gut?“

„Natürlich, als wir Sokka dort abgesetzt haben, hat sie sich sehr gefreut. Und ich freu mich für ihn. – Wie dem auch sei, danach waren wir nur noch zu dritt… meine Laune verschlechterte sich eigentlich mit jedem Tag. Ich wollte mich eigentlich nach dem Krieg irgendwo niederlassen und in Frieden leben, wie es bisher nicht möglich gewesen war.“

„Ich glaub, ich weiß, was du meinst. Auch ich wollte mich eigentlich von den langen Reisen des Krieges erholen, aber da kam Mai mir in die Quere…“, warf Zuko ein. Katara lächelte ihn an.

„So erging es mir auch. Aang und Toph lieben aber Abenteuer und, ich zitiere sie mal, ‚wollen sich nicht wie alte Rentner irgendwo niederlassen‘. Also bin ich gegangen und hab sie seitdem nicht wieder gesehen.“

„Und Sokka?“

„Mit ihm schreibe ich Briefe. Er findet es schade, dass ich mich mit ihnen gestritten hab, aber er kann mich verstehen.“, erzählte die Wasserbändigerin, „Er ist eben ein richtiger Bruder.“

Sie nahm ihren Teebeutel aus ihrem Getränk, nippte kurz daran und trank dann einen Schluck des noch heißen Tees. Ihr Blick richtete sich anschließend auf das Fenster rechts von ihr.

„Ich weiß gar nicht so genau, wie es dazu kam, dass ich mir gerade diese Stadt als Wohnort ausgesucht hab. Wahrscheinlich liegt es an Sura…“

Ein zweiter Teebeutel gesellte sich zu dem ersten. „Der Tee schmeckt gut. Fast so gut wie der von meinem Onkel.“

„Danke“, sagte Katara grinsend.

Dann waren sie still. Sie wusste nicht, was sie jetzt sagen könnte. Aber sie hatte festgestellt, wie einfach es doch jetzt nach den Jahren war, mit ihm zu reden. Vor längerer Zeit hatten sie sich gehasst, gegeneinander gekämpft, dann hatten sie sich verbündet und gemeinsam den Krieg beendet. Und jetzt saßen sie hier, erzählten über alte Zeiten, als wären sie schon immer Freunde gewesen.

„Was ich noch fragen wollte“, brach Zuko da das Schweigen, und Katara fing an ihm jetzt aufmerksam zu zuhören, „Wer sind denn nun die Eltern von Sura? Woher kennst du die Kleine überhaupt?“

„Oh, ach so, ja. War klar, dass dich das interessiert.“, meinte die junge Frau da leise lachend. Keiner von ihren Freunden wusste davon, dass sie ein kleines Mädchen groß zog, aber sie hatte gewusst, dass es Fragen geben würde, falls irgendwer irgendwann davon erfahren sollte.

Aufmerksam sah Zuko sie an.

„Nun ja, ich bin nicht die leibliche Mutter noch die Patentante von Sura oder so. Ich habe sie lediglich vor zwei Jahren adoptiert. Nach dem Streit mit den anderen bin ich wie gesagt hierher gekommen, hab mir eine Wohnung gemietet und mir mein eigenes Geld verdient, indem ich als eigenständige Ärztin gearbeitet habe und es immer noch tue.“

„Aber es sieht nicht so aus, als würde das Geld reichen“, unterbrach Zuko sie.

„Es geht viel Geld für die Erziehung Suras drauf, aber ich möchte ihr eine gute Mutter sein…“

Plötzlich fing der Feuerbändiger an zu lachen. Irritiert schaute Katara ihn an. „Was ist daran so lustig?!“, fragte sie empört, „Und sei ruhig, sonst weckst du Sura auf!“

Zuko hörte auf sie, und verkniff sich das Weiterlachen. „Entschuldige“, sagte er zu ihr. „Und hey, nichts daran ist lustig. Ich frage mich nur ernsthaft, wie du daran zweifeln kannst, eine gute Mutter zu sein.“

Sie zuckte eingeschnappt mit den Schultern. „Ich hab halt niemanden, der mir das bestätigen kann.“

„Och, komm, ich weiß, dass du damals für deinen Vater und deinen Bruder auch die Mutter gespielt hast. Und das sehr gut. Und für Sura bist du ebenfalls eine sehr gute Mutter.“

„Meinst du wirklich?“

„Ja, sicher. Du bist wie meine Mutter Ursa. Wäre ich Sura und du würdest verschwinden, würdest du mir schrecklich fehlen… so wie meine Mutter damals gefehlt hat und es heute auch noch tut.“, gab er zu. Katara sah ihm in seine Augen. Er tat ihr leid. Seine Familie war doch nie eine richtige Familie gewesen, nur zu seiner Mutter hatte er gehen können.

„Das tut mir leid“, sagte sie, „Meine Mutter fehlt mir auch.“

Jetzt wurde es wieder still. Zuko glaubte, dass er und sie sich recht ähnlich waren, was die Anzahl ihrer Familienmitglieder anging. Aber die Verhältnisse waren bei ihr ganz anders als bei ihm gewesen. Darum beneidete er sie. Sura musste froh sein, sie zu haben.

„Was ist eigentlich mit Suras Eltern?“

Merkwürdig, schon wieder suchte gerade er das Gespräch. Früher war er nicht so gewesen… oder doch? Er wusste nicht so recht. Aber da antwortete Katara ihm schon.

„Ich kenne sie nicht. Aber man hat mir von ihnen erzählt, als ich Sura im Waisenhaus adoptiert hab. Ihr Vater ist noch vor ihrer Geburt im Krieg gestorben, ihre Mutter ist gestorben, als sie geboren wurde.“

„Oh… und weiß sie, dass du nicht ihre richtige Mutter bist?“, wunderte er sich.

„Sie weiß, dass ich nicht so eine Mutter für sie bin wie die Mütter ihrer Freundinnen zu ihnen, aber sie versteht natürlich nicht, warum.“, erklärte sie. Zuko nickte nur und trank seinen Tee.

Er genoss diesen Moment. Ja, er gab zu, er genoss es, hier zu sitzen, in einer kleinen, gemütlichen Wohnung mit wärmenden Tee und mit einer alten Freundin zu plaudern.

„Es ist schon spät“, meinte da plötzlich eben jene Freundin.

„Ja. Ich sollte zurück ins Schloss gehen…“, erwiderte er fast schon enttäuscht. Er stand auf und Katara sprang ebenfalls von dem Sofa auf und hastete an die Tür um ihm eben jene zu öffnen. Sie errötete leicht, als der Schwarzhaarige sie verwundert anblinzelte.

„Nun… also,… auf Wiedersehen…“, stammelte sie etwas vor sich hin. Dann warf sie sich aus heiterem Himmel um seinen Hals und umarmte ihn. Und sie spürte, dass ihre Umarmung nach einem kurzen Stocken erwidert wurde. Ihr wurde leicht warm ums Herz, denn sie wusste, dass sie und er nach wie vor, nach all den Jahren noch gute Freunde waren. Sehr gute Freunde.

„Das war ein sehr schöner Abend.“, sagte sie, als sie schließlich von ihm löste.

„Ja…“, stimmte er zu, „Es… es wäre mir eine Ehre, dich und deine reizende Adoptivtochter einmal in meinem königlichen Schloss willkommen zu heißen, Fräulein Katara.“

Katara erwiderte sein Grinsen und machte einen leichten Knicks. „Die Ehre wäre ganz meinerseits, mein Feuerlord.“

Mit einem wohligen Gefühl in der Brust lächelte sie ihm hinterher, als er ging.

Im Palast des Feuerlords

Nur gute zehn Tage später stand Katara einen ganzen Morgen vor dem Spiegel und zweifelte an sich selbst. Nach dem Treffen mit Zuko konnte sie es kaum erwarten, ihn ein zweites Mal zu sehen und mit ihm zu reden. Oh ja, sie wollte sich mit ihm unterhalten, ihn Fragen über Fragen stellen und zusammen mit ihm lachen. Katara wusste, dass sie sich an diesem einem Abend schon sehr viel von der Vergangenheit erzählt hatten, und sie wusste, dass sie nicht wusste, über was sie denn heute erzählen konnten, aber das war ihr reichlich egal.

Die Wasserbändigerin hatte sich so schnell wie möglich per Post mit ihm verständigt und die beiden hatten sich auf den heutigen Tag geeinigt, an dem Katara den Feuerlord in seinem Palast besuchen würde.

„Meinst du, dass mir so ein Zopf steht, Sura?“, rief sie ihre kleine Adoptivtochter ins Bad. Die kam auf die Frage von Katara hin sofort ins Bad gelaufen. Ihre großen Augen musterten die junge Frau.

„Hübsch.“, sagte sie nur und grinste Katara an. Katara lachte und hob sie anschließend hoch.

„Danke.“, erwiderte sie, „Aber ich glaube, ich trage meine Haare lieber offen. Und du bekommst so einen schmucken Zopf, du bist schließlich von uns beiden die Feuerbändigerin!“

Sura sah sie nur blinzelnd an, nickte dann trotzdem. Zu schade, dass ich ihr nicht zeigen kann, was genau das Feuerbändigen ist…, dachte Katara sich.

Dieser Punkt hatte ihr schon öfters Sorgen bereitet. Sura war die Tochter zweier Feuerbändiger, aber sie selbst konnte nur das Wasser bändigen. Ihr war es nicht möglich, Sura das Feuerbändigen zu zeigen. Und wo Aang war – das wusste sie nicht, und sie wollte auch nicht Wochen damit verbringen, ihn zu suchen.

„Freund Feuerlord, Freund Feuerlord“, sang Sura vor sich hin und lief Kreise.

„Freust du dich darauf, Zuko wieder zu sehen?“

Das kleine Mädchen nickte eifrig. „Freund Feuerlord ist nett!“, wiederholte sie unbewusst den Satz, den sie schon einmal gesagt hatte. Katara erinnerte sich daran.

„Du bist ein kluges Mädchen“, meinte sie zu Sura, „Du kennst Menschen nicht lange, aber du weißt sehr gut ihren Charakter einzuschätzen. Als würdest du sie schon jahrelang kennen.“

Sura sah sie verdutzt an. „Häh?“, machte sie.

Der Frau entfuhr ein kurzes Lachen. „Schon gut. – Du siehst gut aus. Heute ist tatsächlich ein guter Tag um dein neues Kleid anzuziehen.“

„Jaah“, grölte Sura und hüpfte durch die Gegend, sodass ihr rotes Kleid herum flatterte, „Hübsch, hübsch! Sura hübsch, Mama hübsch!“

„Findest du?“, fragte Katara eher an sich selbst gewandt. Sie drehte sich vor ihrem Spiegel einmal um ihre eigene Achse. Den Zopf, den sie sich vorhin gemacht hatte, hatte sie nun wieder gelöst. Zuerst hatte sie gedacht, ein Zopf, wie sie ihn damals in der Feuernation getragen hatte, wäre ganz passend. Aber sie gehörte nun einmal zum südlichen Wasserstamm; sie musste schon ein bisschen zeigen, dass sie nicht wirklich zur Feuernation gehörte. Zumindest war sie dieser Meinung.

Um sich aber nicht völlig abzuheben, trug sie ein rotes Kleid, das ihr bis zu den Knien ging. Es war ein schlichtes Kleid mit dünnen Trägern. Katara mochte es sehr und glücklicherweise passte auch ihre alte Kette ihrer Mutter dazu.

„Wann gehen wir?!“, rief Sura ihre Mutter da auch schon.

„Ich bin fertig, Schatz, wir können los.“

Gewissenhaft schloss Katara die Tür hinter sich ab. Sura sang auf dem ganzen Weg ‚Freund Feuerlord, Freund Feuerlord’ vor sich hin und hüpfte an der Hand ihrer Adoptivmutter auf und ab.

Es war ein merkwürdiges Gefühl, als normale, bürgerliche Frau die lange Hauptstraße in Richtung königlicher Palast zu gehen. Man war niemand Besonderes, aber man hatte die Ehre eben jenes Schloss zu betreten. Auf eine gewisse Weise fühlte sich Katara gut. Aber am meisten spürte sie Freude.

Wenn sie ehrlich zu sich selbst war, musste sie sich eingestehen, dass sie ihn vermisst hatte. Diese anderthalb Wochen waren vor sich hin gesiecht, als hätte jemand auf einen Knopf für die Zeitlupe gedrückt. Die junge Frau verstand sich selbst nicht genau. So sehr sie sich vor gut drei Jahren gehasst hatten, so sehr mochte sie ihn jetzt. Hatte das etwas damit zu tun, dass sie jetzt viel älter waren? Oder woran lag es?

Die ganze Zeit hatten sie nicht einen Hauch von Sehnsucht verspürt. Und dann hatte sie ihn urplötzlich gesehen und eine Menge von Eindrücken hatte sie befallen: die Männlichkeit, die seine markanten Gesichtszüge ausstrahlten, die königliche Krone als Zeichen seiner Macht, die geradezu auffällige, große Brandnarbe über seinem Gesicht, die von seiner Kampferfahrung zeugte und diese ganz besonderen bernsteinfarbenen Augen, die warm und zufrieden aussahen.

„Mama?“

Katara schrak hoch. Etwas verwundert sah sie Sura an. „Ja, Schatz?“

„Du träumst dauernd!“, lachte sie, „Guck, wir sind schon fast da!“

Das stimmte. Der Palast erstreckte sich vor ihr, nur noch knappe fünfzig Meter von ihr entfernt, riesig und anmutig. Und so ging sie diesen Prachtbau bewundernd mit langsamen Schritten voran. Sura zerrte nicht an ihrer Hand, sie war ebenso begeistert. Mit ihren Kinderaugen versuchte sie alles zu erhaschen. Sie war erst zwei, aber sie wusste, dass der Feuerlord und auch der Palast etwas Besonderes waren.

„Sind Sie Fräulein Katara vom südlichen Wasserstamm?“, ertönte da eine männliche Stimme.

Verwundert sah die Angesprochene auf. Vollkommen in den Feuerpalast vertieft hatte sie gar nicht gemerkt, dass sie schon beim Eingang war und von Dienern empfangen wurde. Es standen zwei an dem Haupttor, der eine, der sie angesprochen hatte, war ein freundlich aussehender und gut beleibter Mann.

„Ja“, antwortete sie mit einem kurzen Nicken. Sura sah ganz aufmerksam zu den zwei rotgekleideten Menschen.

„Dann werde ich Sie und die reizende junge Lady zu Feuerlord Zuko geleiten.“, sagte der Mann und betrat zuerst den Palast. Katara und ihre Tochter folgten ihm.

Doch kaum wurde sein Name wieder erwähnt, schien die Wasserbändigerin abwesend zu sein. So sehr sie soeben noch auf das mächtige Schloss geachtet hatte, so sehr dachte sie nun an den Eigentümer dieses Palais.

Nicht lange, nur noch wenige Momente, dann würde sie ihn wieder sehen. Oh, was hatte sie nur? Es war nicht so, weil er der Feuerlord war, nein. Vielleicht viel mehr, weil er ein äußerst gut aussehender junger Mann mit Charme und Attraktivität war. Ein alter Freund, der womöglich vor Jahren Gefühle in ihr ausgelöst hat, die sich in dieser Zeit angestaut haben und nun zu platzen schienen. War er unbewusst der Auslöser dafür gewesen, dass sie hierher in diese Stadt gezogen war?

Die ganze Welt schien sich falsch herum zu drehen. Lief die Zeit rückwärts? Sie wollte ihn unbedingt sehen, mit ihm reden, und dann fiel ihr ein, dass sie nicht die leiseste Ahnung hatte, was sie zuerst zu ihm sagen wollte. Und mit dieser Erkenntnis stellte sie fest, dass sie sich wie ein Mädchen in der Pubertät verhielt, das gleich ihrem größten Schwarm begegnen würde.

Ein Druck an ihrer Hand. Ihre Tagträumereien verschwanden urplötzlich und sie sah zu Sura, die sich Katara etwas näherte. Ihre großen Augen huschten hin und her, auf den kahlen, grauen Wänden des Korridors, den sie gerade durchschritten. Hier wirkte es kühl und trist. Nur die Fackeln zeugten hier von Wärme.

Katara strich mit ihren Daumen über Suras Hand. Dann nahm sie sie hoch auf ihre Arme und flüsterte ihr zu: „Es sieht hier nur so traurig aus. Das liegt an den alten Feuerlords, verstehst du?“

Der Diener, der sie unabsichtlich gehört hatte, da es in diesem Gang schallte. Er stoppte kurz und drehte sich zu ihr. „Sie haben Recht. Feuerlord Ozai und seine Vorgänger hielten nicht viel von Gemütlichkeit. Aber Feuerlord Zuko möchte den Palast ein bisschen freundlicher einrichten. Sehen Sie, dort vorne hat er bereits alte Familienporträts auf gehangen.“

Interessiert ging Katara ein paar Schritte weiter. Und es stimmte, da hingen Fotos und Zeichnungen von den Familien der damaligen Feuerlords, insbesondere waren da Bilder mit Zuko, seiner Schwester Azula und seinen Eltern, wie sie noch eine glückliche Familie gewesen waren. Auch Fotos, wo er nur mit Azula zu sehen war und sich wie richtige Geschwister benommen hatten. Bewundernd betrachtete sie diese Aufnahmen und ihr Blick harrte auf dem makellosen Gesicht des jungen Zukos. Es war ungewohnt, einen Zuko ohne Narbe zu sehen.

„Nun denn. Es ist nicht mehr weit. Feuerlord Zuko wartet bestimmt schon auf Sie.“

Und da waren die Bilder schon wieder uninteressant. Zügig schritt sie dem sympathischen Mann hinterher und mit jedem schnellen Schritt hallten die Geräusche ihrer hochhackigen Schuhe wieder und ihre langen, offenen Haare wippten im Takt mit.
 

Ein mitreißender Geruch von der Blüte einer Feuerrose erfüllte ihre Nase, ihre Ohren wurden mit königlicher Geigenmusik verwöhnt und sie glaubte, den Geschmack von Männlichkeit im Mund zu haben.

Die Eindrücke überströmten sie wieder, in einem Moment von Tausendstelsekunden, in dem sie einmal mit den Augen geblinzelt hatte. Er tauchte vor ihren Augen auf, als hätte er soeben gebadet, er schien so sauber und rein zu sein, dass seine Haut glitzerte. Doch Katara war sich sicher, dass dies nur ein Hirngespinst von ihr war. Aber in diesem gut anliegen schwarzem Hemd sah er geradezu hinreißend aus. Mit einem Mal hatte sie das Verlangen ihn zu berühren, sie wollte ihre Hand auf sein Gesicht, seine Haare, seine Brust legen…

Das Blut schoss ihr in die Wangen.
 

Es war wirklich sonderbar, was ihr da gerade alles durch den Kopf schoss. Aber ihr Blick hing an dem Feuerbändiger, und so entging ihr das wohlwissende Lächeln Suras und des Dieners, der jetzt den Raum verließ.

Und als die Tür sich mit einem leisen Klacken schloss, war Katara wieder in der Realität.

Zuko kam mit eleganten Schritten auf sie zu. „Willkommen, Katara“, begrüßte er sie, „Gefällt dir mein Palast?“

Sie musste sich wahrhaftig zurück halten, ihn blitzartig zu umarmen oder gar zu küssen. Stattdessen setzte sie Sura wieder auf den Boden ab. „Sehr. Er ist wirklich hübsch.“

Er kam zu ihr, und nahm ihr wie ein Gentleman ihr dünnes Jäckchen ab. Seine warme Hand streifte kurz die gebräunte Haut der Wasserbändigerin. Eine leichte Gänsehaut breitete sich auf ihren Schultern aus, doch Zuko merkte nichts davon. Er brachte das Kleidungsstück auf einen Ständer nahe der Tür.

„Sag Zuko auch hallo“, meinte Katara da zu Sura. Jener kam auch schon wieder, nahm die junge Frau an die Hand und geleitete sie langsam zu dem großen, gemütlich aussehenden Sofa in seiner riesigen Wohnstube.

Sie setzten sich und als Katara auch Sura hoch geholfen hatte, sagte die Kleine: „Hallo, Freund Feuerlord! Ich mag dein Schloss auch. Das ist soooo groß!“

Sie breitete die Arme so weit aus, wie sie konnte. Zuko lachte.

„Durchaus, ja“, sagte er, „Schön, dass du es magst, auch wenn es so traurig aussieht.“

„Traurig, ja“, wiederholte sie und legte den Kopf schief, „Ganz viele Wände hier sind grau, ganz grau.“

Zuko nickte nachdenklich, und Katara lächelte ihn unwillkürlich an, als er so grübelte. „Ja, die Wände sind alle grau. Das Schloss ist alt und früher kannten die noch keine Tapete dergleichen. Da haben sie dieses Schloss mit kahlen, grauen Steinen gebaut und bis vor kurzem hat keiner an die Gemütlichkeit und Freundlichkeit gedacht, die dieses Etwas von Schloss ausstrahlt… ich versuche, es etwas netter wirken zu lassen und es wärmer zu gestalten.“, dachte er laut vor sich hin.

Überfordert sah Sura ihre Mutter an. „Mama, was hat er grad gesagt?“ Katara lachte.

„Zuko, falls du Sura antworten wolltest, solltest du nicht so viel und so schnell reden. Mit einigen Wörtern kommt sie auch noch gar nicht klar. – Freund Feuerlord hat gesagt, dass er das Schloss hübscher machen will. Sein Papa und sein Opa haben dies nicht getan.“

„Ach so!“, rief sie da aus, „Das ist aber toll von dir, Freund Feuerlord!“

Jener Feuerlord kratzte sich verlegen am Kopf. „Wenn du meinst… na ja, Katara, was hast du so die letzten Tage gemacht?“

Die Frau sah auf. „Oh“, machte sie kurz, „Nun, außer dem bisschen Geld verdienen eigentlich nur das Alltägliche. Kochen, Sura zum Kindergarten bringen und wieder abholen, ein bisschen Lesen, mit ihr spielen und rausgehen, ein klein wenig Schlafen.“ Sie zuckte mit den Schultern. Den Punkt ‚auf dem Sofa liegen und an dich denken‘ ließ sie aus.

„Du liest gerne, nicht? Ich könnte dir ein paar Bücher von hier mitgeben. Viele davon interessieren mich gar nicht.“, schlug er vor, aber Katara winkte ab.

„Nein, nein, lass nur. Wenn ich neue möchte, dann kauf ich mir welche von meinem Geld.“

„Von dem du so viel hast…“, warf er ein.

Die blauen Augen verengten sich kurz bei dieser Tatsache. Er hatte nicht Unrecht, aber es war genug da. Sonst hätte sie sich schon in einer misslichen Lage wieder gefunden.

„Es reicht aus um Sura und mich zu ernähren.“, meinte sie und sah zu ihrer kleinen Adoptivtochter, die gerade interessiert die Blumen in einer kunstvollen Vase betrachtete.

„Guck, Mama, die Blumen sehen alle anders aus! So wie Menschen.“, stellte sie fest.

„Ja, deswegen haben sie auch alle andere Namen.“, erklärte sie, „Sieh mal, die hier heißt Margerite, und die daneben Narzisse. Die kleinen gelben heißen Sumpfdotterblumen.“

„Und warum heißen die kleinen gelben alle gleich?“, fragte Sura verwirrt und zog die Augenbrauen zusammen.

„Ich glaube, das verstehst du noch nicht, wenn ich es dir erkläre.“

„Doch, ich will es wissen.“, schmollte sie. Zuko betrachtete das Spektakel interessiert. Es war wirklich eindrucksvoll, wie sie das Kind erzog; und das als junge Frau.

„Hm. Schön, ich versuche es dir zu erklären… du weißt ja, man kann Menschen unterscheiden, nicht?“

„Ja, es gibt Mamas-“, sie zeigte auf Katara, „und Papas!“, sie zeigte auf Zuko, der bei dem Wort ‚Papa‘ und dem zusätzlichen Fingerzeig auf ihn stutzte.

„Richtig. Und es ist ja so, dass alle Mamas auf der Welt anders aussehen, aber eigentlich sind alle gleich. Und alle Papas, die es gibt, sind eigentlich auch gleich. Die ganzen Sumpfdotterblumen, die es gibt, sind eigentlich auch gleich, also haben sie einen Namen.“

„Häh? Mama, das versteh ich nicht.“, sagte Sura verdutzt.

„Ich hab’s dir doch gesagt!“, meinte Katara lachend.

Trotzig wechselte sie das Thema und fragte nach der großen, roten Blume in der Mitte des Straußes. Da mischte Zuko sich ein.

„Das ist eine Feuerrose, die es nur in der Feuernation gibt. Sie blüht besonders in meinem Hof…“

„Hof?“, äußerte Katara sich da verwundert, „Welcher Hof?“

„Du kennst ihn nicht?“, fragte Zuko da verwundert, „Oh ja, stimmt, wann hättest du ihn auch sehen sollen… der Innenhof. Eigentlich ist es eher ein Garten.“

„Wenn du es Garten nennst, ist es wahrscheinlich ein halber Park.“, meinte die Frau unverblümt dazu. Zuko zuckte mit den Schultern.

„Wenn du meinst… aber ich glaube, dass kommt auf die Perspektive an.“

„Was ist ein Pepedings?“, quasselte Sura dazwischen, die den Erwachsenen zugehört hatte. Zuko bemerkte, dass das kleine Mädchen sehr wissbegierig war. Das musste sie von ihrer Adoptivmutter ‚geerbt‘ haben.

„Es heißt Perspektive, Schatz.“, fing Katara auch gleich an auf mütterliche Weise zu erklären, „Versuch erst gar nicht, dir dieses Wort zu merken, das ist noch zu schwer für dich. Sag lieber Sichtweise.“

„Wie Sichtweise?“, meinte Sura nun gänzlich verwirrt. Zuko und Katara lachten.

„Sie will wohl immer alles wissen, versteht es letztendlich aber noch nicht, was?“, sagte der Feuerbändiger zu der alten Freundin neben ihm.

„Ja“, bestätigte dieses seine Vermutung, „Das ist eine ganz typische Eigenschaft von ihr. Nicht, Sura?“

„Wie? Was ist?“, schrak sie aus ihren Gedanken über die Sichtweise auf. Abermals begann das Gelächter der zwei. Bockig verschränkte Sura die Arme vor der Brust. „Pöh!“, machte sie nur noch.

„Wie auch immer“, meinte Zuko dann, „Willst du mal diesen halben Park sehen?“

Nach diesem Satz schienen Kataras blaue Augen geradezu zu funkeln. „Gerne, sehr gerne! Wenn man jahrelang beim südlichen Wasserstamm gelebt hat, ist es zu schön, mal richtige Pflanzen und Blumen zu sehen. Während der Reise vor drei Jahren habe ich, glaube ich zumindest, meine Liebe für Blumen entdeckt.“ Sie lachte kurz, die Wangen waren leicht rot aufgrund des plötzlichen Gedankenn, dass Zuko die schönste Blume sei. „Leider hatte ich nicht genug Geld um mir ein Haus mit Garten zu kaufen…“

Zuko schenkte ihr ein bezauberndes Lächeln, das die Röte auf ihren Wangen nicht gerade verminderte. „Dann wird dir mein Garten sicherlich gefallen.“, sagte er, „Kommt mit.“

Katara stand auf, half Sura von dem Sofa herunter und nahm sie an die Hand. Dann folgten die beiden Zuko, der sie durch die langen und auch kurzen Gänge des Schlosses führte, bis sie schließlich durch eine Tür traten und von der Sonne geblendet wurden.

Zukos Innenhof oder auch Garten war tatsächlich ein halber Park. In der Mitte des Geländes war ein hübscher, kleiner Teich umringt von großen Bäumen, die Schatten spendeten. Auf einer großen, freien Fläche wuchs das Gras nur spärlich. Anscheinend wurde hier früher viel trainiert.

Ansonsten war der Garten über und über mit Blumen bewachsen. Wie Zuko gesagt hatte, gab es Feuerrosen zahlreich in seinem Hof, und das Rot stach gerade zu heraus. Aber hier wuchsen auch Narzissen und Tulpen, die kleinen Sumpfdotterblumen und Gänseblümchen, und was noch auffällig war, war der große weiße Flieder.

„Ich liebe ihn.“, sagte Katara begeistert. Sie ließ Suras Hand los und lief weiter in den Hof hinein auf den grünen Rasen bis zu dem Teich. Hockend betrachtete sie die Fische, die darin schwammen. Ihre kleine Tochter kam ihr hinterher gelaufen und Zuko kam ebenfalls.

„Wen liebst du?“, fragte er die Wasserbändigerin. Merkwürdigerweise kam es ihm so vor, als würde er etwas Bestimmtes hören wollen, als würde es ihm wohlig warm ums Herz werden und er ließ es zu…

„Deinen Garten!“, lachte sie. Zuko blinzelte kurz. Immerhin…

„Er ist wunderschön. Als würde ich mich nicht in der Mitte eines Palastes befinden, sondern irgendwo in der Natur. Das ganze Grün, das Vogelgezwitscher… und der Teich erst, das Wasser…“

Sie hob ihre Hände und ein bisschen Wasser stieg nach oben. Sie ließ es sich in Kreisen und Spiralen bewegen, und mit einem Ruck ihrer Hände schoss es blitzschnell in Richtung Baum, umkreiste ihn und platschte wieder auf dem Teich auf.

„Das hast du toll gemacht, Mama!“, rief Sura ihr zu und klatschte.

Die Wasserbändigerin grinste. „Ich hab das ewig nicht gemacht.“

„Du hast es nicht verlernt.“, meinte Zuko dazu. Damit hatte er Recht. Sie spürte durchaus nach dem bisschen Wasserbändigen die Kraft des Wassers in ihr. Und darüber war sie froh.

„Die Fische sind toll! Die schwimmen ganz schnell…“, plapperte Sura und planschte mit den Händen im Wasser, „Mama, warum sind die so schnell?“

„Die Fische sind an das Wasser angepasst, Schatz. So wie wir nur auf Land atmen können, können sie zum Beispiel nur unter Wasser atmen. Und sie können nicht laufen, nur schwimmen!“, erläuterte Katara kurz die Lebewesen.

„Nur schwimmen? Das ist aber blöd…“, meinte Sura da. Ihre Mutter lachte.

„Ja, vielleicht.“ Sie setzte sich neben Sura und spielte mit ihr mit dem Wasser, und formte einige Figuren, die dem Mädchen gefielen. Nebenbei fiel ihr auf, dass es nicht anders wie früher war – Zuko war still und redete selten. Da kam ihr eine Idee, als sie sah, wie der Feuerbändiger so gedankenverloren hinter ihnen stand und sie tippte Sura an, damit sie darauf achtete.

Katara bändigte nur drei kleine Tropfen Wasser und ließ diese zu kaltem Eis erstarren. Diesen kleinen Eisbrocken beförderte sie langsam hinter Zukos Kopf, an seinen Nacken… und schließlich ließ sie es in sein Hemd fallen.

Belustigt sahen die beiden zu, wie Zuko zusammenschreckte und sich blitzartig umdrehte. Da fingen sie lauthals an zu lachen, Zuko sah zu den beiden und wusste Bescheid.

„Katara…“, grummelte er, „Das war jetzt nicht lustig.“

„Doch!“, lachte sie, „Du hast doch geträumt.“

Und so fies diese Aktion eben auch gewesen war, so konnte Zuko es jetzt nicht lassen, sie anzustarren. Sie sah sehr hübsch aus, wenn sie lachte, fand er. Glücklich schien sie zu sein und Spaß haben tat sie wohl auch… aber hatte das mit etwas zu tun, dass sie und ihre Adoptivtochter bei ihm waren? Oder lachte sie ihn nur aus?

Nein, dachte Zuko sich. Sie ist kein böser Mensch, sie lacht nicht aus, sie lacht mit…

So dachte er. Und vielleicht dachte er gar nicht so falsch, dass sie nur mit ihm lachen wollte und mit ihm Spaß haben wollte.

Katara mittlerweile kam sich komisch vor, so angestarrt zu werden. Zuko sah sie die ganze Zeit an und schon begann sie sich zu fragen, ob sie irgendetwas im Gesicht hatte oder nicht. Es konnte natürlich einen guten Grund geben, sie zu fixieren, aber so ganz glauben konnte sie das nicht. Und so war ihr etwas unwohl…

„Sag mal, Zuko“, fing sie an, „Kannst du mir sagen, wo deine Toilette ist? Also Gasttoilette?“

Er nickte. „Ich werd dich hinbringen lassen. – LIN!“

Ein junges Mädchen mit hellbraunen Haaren eilte herbei und verbeugte sich. „Ja, mein Feuerlord?“

„Bring Katara bitte zu den Toiletten. Das ist alles.“, wies Zuko an.

„Sehr wohl!“, bestätigte Lin mit einem Lächeln, „Wenn Sie mir bitte folgen würden, Fräulein Katara…“

So ging Katara dem Dienstmädchen hinterher, dieses Mal nur wenige kurze Korridore entlang. „Soll ich auf Sie warten und Sie zurückbringen?“, fragte Lin.

„Nein, danke“, winkte die Wasserbändigerin ab, „Ich finde den Weg allein zurück.“ Das Mädchen nickte und ging zurück.

Katara derweil betrat die äußerst große Gasttoilette. Hier waren mehrere Klos, Waschbecken und Spiegel aufgebaut, wahrscheinlich falls irgendwann mal eine festliche Veranstaltung im Schloss statt fand. Da die Wasserbändigerin aber nicht auf die Toilette musste, blieb sie vor einem Waschbecken mit Spiegel stehen und betrachtete sich selbst.

Eigentlich sah sie recht gut aus. Ihre Schminke war nirgendswo verwischt, ihre Augen sahen hübsch aus und der Rest auch. Ausnahmsweise war sie dieser Meinung auch einmal, immerhin kam es nicht oft vor, dass sie Make-up trug. Doch nachdem Zuko sie so angestarrt hatte, war sie sich nicht sicher, ob es wirklich schön aussah.

Aber sie hatte auch sonst nichts im Gesicht und ihre Haare saßen auch.

Sie kam sich eigentlich ziemlich blöd vor. Anstatt minutenlang vor dem Spiegel zu stehen und sich darüber Gedanken zu machen, ob sie gut aussah oder nicht, sollte sie lieber zurück gehen. So machte Katara kehrt und begab sich zu Zuko und Sura zurück. Der Weg war leicht zu merken gewesen.

Schließlich hatte sie die Tür zum Innenhof wieder gefunden, doch als sie gerade hinaus gehen wollte, stockte sie.
 

Da saßen Zuko und ihre kleine, zweieinhalbjährige Tochter auf dem Rasen und schienen sich zu unterhalten. Das Thema war leicht zu erraten: Feuerbändigen.

Da saß Zuko und bändigte eine kleine Flamme auf seiner flachen Hand.

Da saß er und schien Sura etwas über das Feuerbändigen zu erklären.

Da saß Sura und bändigte ebenfalls ein kleines Feuer auf ihrer Hand.

Da saß sie und bändigte Feuer. Sie. Ihre Adoptivtochter. Ihre zweijährige Tochter.
 

Und Katara riss die Hände hoch, das Wasser preschte aus dem Teich und schoss geradewegs aus Zuko zu; gerade so merkten er und Sura dies, ihr Feuer ging aus von dem Schock und Zuko sprang zur Seite und entwich dem Wasser gerade so. Es fiel auf den Boden.

„ZUKO!“, schrie die Wasserbändigerin wutentbrannt über den ganzen Hof. Sie hörte die Diener murmeln, aber das war ihr egal. „Wie kannst du es wagen?!“

Zornig ging sie über das Gras, bis sie bei ihnen war. Verdutzt schaute Zuko sie an und schien das für einen schlechten Scherz zu halten, Sura sah nicht nur verwirrt, sondern auch ängstlich und den Tränen nahe aus.

Katara nahm die Kleine vom Boden auf ihre Arme und sagte leise zu ihr: „Alles ist gut, zum Glück ist nichts passiert…“

Dann wandte sie sich wieder zu dem Feuerbändiger vor ihr auf dem Boden. Er hatte sich noch kein Stückchen bewegt, viel zu überrascht ob der Situation.

„Und du! Wie kamst du nur auf diese blöde, irrsinnige, vollkommen hirnlose Idee?! Kannst du mir das mal sagen? Wie kannst du es wagen, ihr zu zeigen und auch noch beizubringen, wie man Feuer bändigt?! Es hätte sonst etwas passieren können! Sie ist erst zwei! Ich warne dich, wenn du noch mal ihr so gefährliche Sachen zeigst… und komm nicht auf die Idee mir jetzt hinterher zu laufen! Ich hab die Nase voll!“

Und so ging sie schnellen Schrittes von dem Hof herunter und aus dem Schloss, und die Diener sahen Zuko fragend an, doch er winkte ab, und ließ sie gehen.

Bedrückt saß er auf dem Boden. Er fühlte sich miserabel. Katara hatte ihn aufgrund seiner Unachtsamkeit angeschrien. Dieses drückende, schlechte Gefühl in seiner Brust ließ ihn nicht mehr los.

Da machte er einen Fehler und sie lief davon.

Die alte Freundin, die Zweisamkeit, der Spaß, das Vertrauen, die Liebe…

Bernsteine

Als Zuko diesen Morgen erwachte, stand er nicht wie gewöhnlich sofort auf, sondern blieb noch etwas liegen. Er merkte, dass er etwas schwitzte – doch das war verständlich, denn er hatte gerade von ihr geträumt. Die Schönheit, die ihn angeschrien hatte. Und er hatte es verdient gehabt.

Dass war ihm mittlerweile bewusst geworden. Er hätte nicht in Kataras Abwesenheit Sura zeigen wollen, wie man Feuer bändigt. Warum hatte er nicht daran gedacht, wie gefährlich Feuer sein konnte und Sura erst zwei war?

Dieser Fehler war ihm peinlich, aber was konnte er schon tun, wenn Katara nicht wollte, dass er ihr hinterher lief? Auf den einen Brief, den er ihr geschickt hatte, hatte er keine Antwort erhalten und so hatte er es lieber bleiben lassen.

Er vermisste sie so sehr, wie er es wohl noch nie getan hatte. Er wusste, dass die letzten zwei Wochen vor sich dahin gesiecht waren und er Tag um Tag vor sich hingelebt hatte, als wäre es vollkommen egal, was in dem Moment um ihn herum und was mit ihm geschah. Und während diesen zwei Wochen hatte er nur an sie gedacht.

Nur sie, diese blauäugige Schönheit, war der Grund gewesen, warum er sich nicht jeden Tag ganze vierundzwanzig Stunden in seinen Feuerpalast eingesperrt hatte. All die Zeit, die er hatte, hatte er dafür genutzt, sie auf den Straßen der Stadt zu suchen. Jedes Mal, wenn er lange, braune Haare gesehen hatte, hatte er sich sofort umgedreht, doch keine von den Brünetten hatte blaue Augen gehabt.

Und so war er jeden Abend niedergeschlagen und betrübt in sein Schloss zurück gekehrt.

Bis zu dem Tag, als er auf seinen permanenten Spaziergängen auf eine Kindergartengruppe, die einen Rundgang durch die Stadt machte, getroffen war.
 

Sofort hatte Zuko die kleine Sura in der Gruppe gesehen und auch sie hatte ihn mit einem stürmischen „Freund Feuerlord!“ begrüßt. Glücklicherweise hatte nur Sura ihn erkannt, obwohl er seine kinnlangen Haare heute offen trug.

Suras Gruppe hatte gerade eine Pause eingelegt, so hatte sie sich etwas abseits zu dem Feuerlord gesetzt.

„Ich hab dich vermisst“, hatte sie gesagt, „Ich glaube, Mama auch.“

Überrascht hatte er die Augenbrauen hochgezogen. „Bist du dir sicher? Sie war sehr sauer, weil sie Angst um dich hatte.“

„Ja, sie hatte Angst!“, bestätigte die Kleine aufmerksam, „Aber es tat gar nicht weh. Du hast doch aufgepasst!“

„Nicht wirklich. Ich glaube, du bist noch zu klein. Feuer kann sehr wehtun, vergiss das nicht.“ Auf diesen Satz hatte Sura zu Zukos Erleichterung heftig genickt.

„Ich merk’s mir, das versprech ich!“ Dann hatte sie scheinbar kurz überlegt. „Mama weint abends manchmal. Sie vermisst dich sicher sehr.“

Und da hatte das Gefühl der Schuld wieder begonnen an ihm zu nagen. Die Vorstellung einer weinenden Katara hatte an seinem Herz herum geknabbert, bis ein Stück fehlte. Doch er war sich nicht sicher gewesen, wie er es schaffen könnte, es nicht mehr schmerzen zu lassen – und besonders wie er es erreichen könnte, dass auch Kataras Herz nicht mehr weh tat.

„Sie… weint?“, hatte er noch einmal schockiert nachgefragt, „Das… das wollte ich wirklich nicht. Ich möchte nicht, dass sie weint…“

„Ich weiß, dass du das nicht willst. Du bist viel zu gutmütig dafür.“

Da hatte Zuko sie angelächelt. „Danke.“

„Weißt du was, ich hab eine Idee.“, hatte Sura da plötzlich gesagt, „Aber wenn es klappen soll, musst du wirklich bei der Sache sein! Mit Herz und Seele, wie Mama immer sagt.“

„Klar“, hatte Zuko sofort geantwortet.

„Also… ich weiß, dass du Mama ganz doll magst. Und Mama mag dich ganz doll. Das sieht man euch an.“

Zuko war rot geworden, doch da war so ein gutes Gefühl in seiner Brust – als hätte die Wunde an seinem Herzen sich verschlossen, aber das ganze Stück war trotzdem nicht da. Doch er hatte genickt, denn sie hatte Recht gehabt.

Sura hatte ihn glücklich an geschmunzelt. „Schön. – Ich hab vorhin eine Gaststätte gesehen. Kirima meinte, sie heißt „Zum Bernstein“ oder so. Das hat sie mir vom Schild vorgelesen.“

„Wer ist Kirima?“ Bei der Frage hatte Sura auf eine erwachsene Frau bei ihrer Gruppe gezeigt und sie ‚Kindergartenfrau‘ genannt. So hatte Zuko sich gedacht, dass es ihre Erzieherin sein musste.

„Ach so“, hatte er da gesagt, „Ich weiß, welche Gaststätte du meinst und wo sie ist. Ich bin in den letzten Tagen oft an ihr vorbei gekommen… weißt du, ich hab die letzten beiden Wochen ständig auf den Straßen nach deiner Mama gesucht um ihr zu sagen, dass es mir leid tut. Leider habe ich sie nie gefunden… und was hat die Gaststätte mit deiner Idee zu tun?“

Nachdem Zuko zu Ende geredet hatte, hatte Sura noch so ausgesehen, als wäre sie noch am überlegen, was er gerade gesagt hatte. „Oh, hab ich zu viel auf einmal gesagt?“, hatte er deswegen nachgefragt. Da hatte Sura das lachend bestätigt, aber sie hatte gemeint, dass sie alles mitbekommen hatte.

„Nett von dir, dass du sie gesucht hast. Sie war aber ganz oft zu Hause und war nur draußen um anderen zu helfen oder mich abzuholen. – Und der Bernstein… ich möchte ihr sagen, dass sie mal da hingehen kann! Damit sie mal wieder rausgeht. Und du könntest sie da ganz zufällig treffen.“

Ungläubig hatte Zuko sie angesehen. „Das würdest du machen?“

„Ja! Ich weiß aber nicht, ob und wann sie da hingeht… du musst wohl ganz lange und oft da sein…“

„Das ist kein Problem für mich, solange ich dabei Katara treffen kann.“, hatte Zuko dazu entschlossen gemeint. Und in dem Moment hatte Sura gehen müssen.
 

Das war jetzt schon gute fünf Tage her und er hatte bisher immer vor dem Restaurant Ausschau gehalten, doch Katara war bis dato nie aufgetaucht. Und auch heute saß er wieder trübselig auf einer Bank, nicht weit entfernt vom Bernstein, und beobachtete den lieben, langen Tag den Eingang des Gasthauses. Er trug wieder seine Haare offen und war ohne königliches Gewand.

Doch egal, wie lange er da saß, seine Katara bekam er nicht zu Gesicht.

Als er am Abend wieder heimkehrte, lief ihm sogleich eines seiner Dienstmädchen entgegen und nahm ihm die Jacke ab.

„Und mein Feuerlord, hattet Ihr heute Glück und haben Fräulein Katara gefunden?“, fragte sie neugierig.

„Nein, Lin…“, seufzte er, „Aber danke der Nachfrage.“

„Oh“, sagte das Mädchen und sah bedrückt aus, „Das tut mir leid. Ich finde Fräulein Katara sehr nett. Ich wünsche Euch viel Glück für die nächsten Tage.“

„Danke, Lin, das ist sehr nett von dir.“

„Ich werde Euch einen Tee nach dem Rezept eures Onkels machen. Das wird Euch aufmuntern.“ Mit den Worten verschwand sie in die Küche.

Zuko begab sich in seine Wohnstube. Er glaubte nicht, dass ein Tee ihn sonderlich ablenken würde, aber er ließ Lin machen. Er mochte sie, sie war eine der wenigen Diener, die sich auch wirklich sorgsam um ihn kümmerten und nicht nur, weil es Pflicht war.

Lin brachte ihm einen Ginseng-Tee. Er bedankte sich und sie ließ ihn wieder allein.

Das heiße Getränk tat dem Feuerbändiger gut. Es erinnerte ihn an die Zeiten, in denen er mit seinem Onkel Iroh oft in der Wildnis übernachtet hatte und er immer Tee für ihn und seinen Neffen gekocht hatte. Der Tee gab ihm Hoffnung.
 

So machte er sich am nächsten Tag wieder auf um vor der Gaststätte darauf zu warten, dass sein Liebling auftauchte.

Zuko hatte unbewusst damit angefangen, Katara Spitznamen wie Schönheit, Schatz oder Liebling zu geben. Es passierte schon von ganz allein, denn ihm war auch klar geworden, dass er für Katara mehr empfand als einfache Freundschaft. Jetzt wusste er, warum es ihn so fertig gemacht hatte, dass er einen Fehler begangen hatte, dass Katara ihn deswegen angeschrien hatte und ihn nicht mehr sehen wollte, warum es so gut getan hatte, sie fröhlich und Spaß habend zu sehen.

Verdammt, er liebte sie. Und wie. Es tat so gut, sie um sich herum zu haben, ihre Nähe zu spüren, doch es war schwierig, nicht einfach ihre Hand oder ihr Gesicht zu berühren.

Sura hatte gesagt, Katara würde ihn auch ganz doll mögen – doch was hieß das schon? Niemand hatte damit gesagt, dass sie seine Gefühle erwiderte.

Und er liebte sie, doch er wagte es nicht, dies laut auszusprechen. Sie könnte ihn dann meiden wollen, weil sie nur Freundschaft für ihn empfand und wie lange er das aushalten könnte, wusste er nicht. Da zog er es lieber vor, nur mit ihr befreundet zu sein.

Klack. Klack. Klack. Zuko riss den Kopf hoch, der nach unten gesenkt war. Konnte es sein…?
 

Nein, er hatte sich nicht getäuscht. Da war sie in ihren hübschen, hochhackigen Schuhen, die Haare zu einem feuernationalen Zopf gebunden und ein wunderschönes orange-rotes kurzes Kleid bedeckte ihren noch viel schöneren Körper. Sie stand wirklich da.

Zuko beobachtete sie. Die Brünette sah sich die Sammlungen von Bernsteinen an, die am Fenster des Restaurants lagen und schien interessiert, denn sie stand lange davor. Natürlich wusste er nicht, dass Katara an ihn dachte. An ihn und seine bernsteinfarbenen Augen.

Schließlich sah an das Schild des Gasthauses und betrat darauf jenes. Zuko ließ die Schönheit nicht aus den Augen. Er sah, wie sie bei dem Kellner wahrscheinlich etwas zu trinken bestellte. Bis auf Katara schien keiner noch in der Gaststätte zu sitzen.

Er schluckte kurz, sein Kehlkopf sprang auf und ab, dann stand er auf und ging schließlich auch durch den Eingang in den Bernstein. Katara sah ihn nicht sofort, weil sie mit dem Rücken zu ihm saß und außerdem vor sich hin starrte. Wahrscheinlich war sie nur auf den Wunsch ihrer kleinen Adoptivtochter hergekommen und würde jetzt lieber woanders sein.

Kurzerhand nahm er sich den Stuhl an ihrer Seite, zog ihn unter dem Tisch hervor und setzte sich. Entgeistert sah Katara ihn an, von dem lauten Schaben des Stuhles aufgeschreckt. „Hallo“, sagte Zuko knapp.

Ihr Mund öffnete sich, als wollte sie etwas sagen, und Zuko sah ihr wie gebannt auf die Lippen. „Zu-“, fing sie an, aber sie schien so verwirrt zu sein, dass sie nicht richtig reden konnte.

„Zuko!“, rief sie dann plötzlich zornig, „Wie kannst du es wagen, jetzt plötzlich hier aufzutauchen?“ Sie sprang auf.

„Katara, halt, warte! Bitte… komm, außerdem hast du schon bestellt.“, beschwichtigte Zuko sie und zog sie am Arm ein bisschen herunter. Bereitwillig ließ Katara sich wieder fallen. Im selben Moment kam der Kellner mit ihrem Wasser.

„Hier ist Ihr Wasser. Und möchte der Herr auch etwas bestellen?“

Zuko ignorierte den stechenden Blick der Braunhaarigen. „Ebenfalls ein Wasser. Sie haben sicherlich auch Eis, nicht?“

„Ja, sicher.“, bestätigte die Bedienung.

„Dann zweimal einen schönen, großen Eisbecher. Egal, welchen, Hauptsache lecker. Und bitte nicht der billigste.“, bestellte Zuko ohne weiteres gleich für Katara mit.

„Wie Sie wünschen.“, sagte der Kellner und ging wieder. Die junge Frau sah ihm hinterher und als er in der Küche verschwand, blickte sie wieder dem Mann ihr gegenüber ins Gesicht.

„Zuk-…!“, wollte sie schon wieder anfangen zu meckern, doch da hielt Zuko ihr einen Finger an die Lippen und brachte sie zum Schweigen. „Pscht“, machte er.

Mit ihren schönen, freundlichen Augen sah sie ihn an, und zuerst machte sie den Eindruck, als hätte sie am liebsten stundenlang auf ihn eingeredet. Diese leichte Klaviermusik im Hintergrund, die von irgendwoher ertönte, fand sie jetzt unpassend romantisch. Zukos Finger an ihren Lippen kitzelte. Und jetzt war sie still und bereit ihm zu zuhören.

„L-… Katara“, verbesserte er sich gleich am Anfang, was ihm natürlich peinlich war – doch es war nicht gut, sie so plötzlich Liebste zu nennen, „Natürlich weißt du, dass ich mich entschuldigen will. Und du weißt genauso gut wie ich, dass das nie so einfach ist, wie man wohl glaubt… aber bitte gib mir eine Möglichkeit, es doch zu probieren.“

Sprachlos sah sie ihn an. Sollte sie sich wundern, dass er so gut und ausgewählt sprechen konnte? Nein, sollte es nicht. Natürlich konnte er so gesittet sprechen, er war im Königshaus geboren worden. Aber sie musste sagen, dass es sich wirklich schön aus seinem Mund anhörte.

„Ja.“, sagte sie mit einem leichten Nicken. Doch bevor Zuko weiter reden konnte, tauchte die Bedienung wieder auf und brachte die Eisbecher und Zukos Wasser.

„Bitte sehr.“, sagte er, „Lassen Sie es sich schmecken.“

Zuko bedankte sich kurz und wartete geradezu darauf, dass er wieder in die Küche ging um weiterreden zu können. Das Eis interessierte ihn im Moment nicht wirklich. Fragend sah er Katara an; und mit ihrem Blick gab sie ihm eine Antwort. So redete er weiter.

„Du hattest und hast noch immer Recht, Katara. Es war unverantwortlich von mir, Sura zu zeigen, wie man Feuer bändigt. Sie ist noch so jung und außerdem bin ich ein Niemand für sie, du bist die Einzige, die für sie sorgt, und ich hätte dich fragen sollen.“, meinte er, „Aber was am Dümmsten von mir war, es auch noch in deiner Abwesenheit zu tun. Es tut mir wirklich Leid, Katara. Ich weiß, dass ich einen Fehler begangen habe, und ich würde alles tun um ihn wieder gut zu machen.“

Leise für sich atmete Zuko aus. Warum schlug sein Herz nur so schnell? Nun gut, er wusste die Antwort, aber er konnte nichts anderes tun, außer vor sich hinzusitzen und in Gedanken mit sich selbst zu reden – und Katara zu beobachten.

Sie saß so reglos da. Starrend betrachtete sie ihn, und er fühlte sich leicht unwohl unter diesen Argusaugen. Ein paar Mal blinzelte sie und schien über seine Worte nachzudenken. Dann bildete sich auf ihrem Gesicht ganz plötzlich ein Lächeln.

„Zuko…“, sagte sie mit ihrer hellen und doch sanften Stimme, sodass ihm ein wohliger Schauer den Rücken hinunter lief, „Es ist gut. Ich versteh dich, ich nehme deine Entschuldigung an.“

Und da war abermals dieses wunderschöne Gefühl. Diesmal glaubte er zu spüren, wie die abgebrochene Spitze seines Herzens ein bisschen heilte.

„Ich muss mich auch entschuldigen.“, sprach sie dann weiter. Zuko hob die Augenbrauen.

„Wofür?“, fragte er verwundert und klang so, als wollte er gar nicht, dass sie ihn wegen irgendetwas um Verzeihung bat.

„Dafür, dass ich dich so angeschrien habe. Und besonders dafür, dass ich dich wegen so ein bisschen Feuer angegriffen habe.“, erklärte sie leise.

„Katara!“, sagte er leicht erschrocken über diese Aussage. Unabsichtlich legte er seine Hand auf die Ihrige, die auf ihrem Knie ruhte. Sowohl Zuko als auch die junge Frau waren kurzzeitig überrascht aufgrund der Wärme, die der jeweils andere ausstrahlte. „Du brauchst dich dafür nicht entschuldigen. Ich kann dich vollkommen verstehen, du… wolltest nur dein Kind verteidigen. Das ist doch normal, das sind deine Muttergefühle für Sura.“

„Na ja, vielleicht…“, meinte sie unsicher.

„Es ist so.“, widersprach Zuko ihr. Dann konnte er nicht anders, lächelte ihr unwillkürlich zu und umfasste ihre Hand ganz. Katara hatte nichts dagegen. Sie fühlte sich wohl, denn seine Hand war so schön warm und weich, größer als ihre eigene, aber doch so elegant. Er war hübsch, wenn er lächelte. Und dann hatte sie plötzlich das Verlangen, ihn zu umarmen – und bevor sie es sich noch einmal anders überlegen konnte, tat sie es auch.

Blitzschnell erhob sie sich von ihrem Stuhl, sie stand nun halb und dann umklammerte sie Zuko einfach, drückte ihn an sich und ließ die Wärme auf sich einwirken.

So saß Zuko da, positiv überrascht, mit Katara an seinem Körper. Er legte seine Hände auf ihren Rücken und drückte sie leicht an sich. Sie roch sehr gut, sie musste irgendein Parfum aufgetragen haben.

„Katara“, sagte er sehr leise noch in der Umarmung.

„Ja, Zuko?“

„Du… hast mir sehr gefehlt.“, wisperte er in ihr Ohr. Er spürte gerade zu, wie sie lächelte, denn ihre Wangen bewegten sich nach oben.

„Du mir auch.“, flüsterte sie zurück. Und schließlich traute er sich ihr einen Kuss auf die Schulter zu geben und sie dann auf seinen Schoß zu ziehen. Die junge Frau errötete leicht.

„Ich habe mir sagen lassen“, redete er weiter, „Dass du in den letzten Tagen manchmal geweint hast… Ich möchte nicht, dass jemand, den ich liebe, wegen mir Tränen vergießt.“

Er zog seine Liebste dichter an seinen Oberkörper und umschlang den Ihrigen mit seinen Armen. Leicht richtete er seinen Kopf nach oben um ihr direkt in die Augen sehen zu können, die von links nach rechts sprangen und wieder zurück, unsicher, in welches Auge von Zuko sie nun gucken sollten.

„Katara… ich liebe dich.“

Nur ein Stück reckte er sich zu ihr, dann kam sie ihm entgegen und versiegelte ihre Lippen mit den seinen zu einem Kuss.

Katara mochte die Art, wie er küsste. Er war nicht zu schüchtern, aber auch nicht zu fordernd. Seine Lippen waren nicht rau, wie sie es sich vorgestellt hatte, sondern weich und zart. Dieser Kuss war so befreiend und als die beiden sich lösten, schauten sie sich an.

Wieder formte sich auf beiden Gesichtern ein Lächeln, denn jeder sah dem anderen das Glück geradezu an.

„Ich dich auch“, wisperte sie ihm zu und gab ihm einen erneuten Kuss.

Zuko spürte nun, wie sein Herz nun gänzlich zusammen wuchs. Er dachte, er hätte alles Glück der Welt, als Katara dem Ganzen noch die Krone aufsetzte.

„Zuko… kann ich heute bei dir übernachten?“

Er blinzelte. Dann realisierte er ihre Frage und ihm wurde wieder ganz warm.

„Sehr, sehr gerne, Liebste, aber… was ist mit Sura?“, fragte er.

„Die schläft heute bei einer Freundin.“, antwortete sie blitzschnell.

Zuko grinste. „Dann muss die Kleine das ja alles geplant haben. Immerhin hat sie mir gesagt, dass ich hier auf dich warten müsste, weil sie dir sagen würde, du solltest hier einmal hingehen.“

„Ja, das stimmt“, meinte die Brünette verwundert.

„Dann ist sie wirklich sehr intelligent. Ganz die Mutter.“, meinte Zuko und die beiden fingen an zu lachen. Katara kuschelte sich an seine Brust und sie konnte es nicht verhindern, über das ganze Gesicht zu strahlen.

„Ich liebe dich, Zuko… und ich freu mich auf heute Abend.“

„Ich mich auch, Schatz.“
 

Wenn irgendwer die Korridore im Feuerpalast beobachten würde, müsste er sich notieren, dass in einem die Menge an Bildern mit den nächsten fünf Jahren gewaltig stieg. Doch falls man diesen Gang entlang geht, würde einem sofort das große Bild mit dem glücklichen königlichen Ehepaar in festlichem Rot, dem braunhaarigen, fröhlich wirkenden Mädchen, das weder Gesichtszüge des Mannes noch der Frau hatte und dem Baby mit den schwarzen wenigen Haaren in den Armen der Frau ins Auge springen.



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Kommentare zu dieser Fanfic (2)

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Von:  Klavier
2010-09-20T04:21:42+00:00 20.09.2010 06:21
eine sehr schöne story, hat mir wirklich gut gefallen.
alles was mich ein bisschen gestört hat war, dass du gegenstände unserer zeit (wasserkocher, teebeutel) ins avatar universum eingebaut hast.
aber ansonsten wirklich sehr süss! Vor allem das ende.
Von:  Fianna
2009-08-07T15:45:07+00:00 07.08.2009 17:45
ich find deine geschichte bis jetzt echt schön (sind ja erst 2 kapitel^^). ich würd mich freuen, wenn es bald weitergehen würde, ich bin schon ganz gespannt, wies wohl weiter geht.

mfg,
Fianna


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