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Reinkarnation der Engel

2. Teil - 1000 Seelen -
von

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Trainingsphase

Kapitel 4 - Trainingsphase

Für unser Training stellte man uns ein Dôjo im japanischen Stil zur Verfügung. Es war ganz aus Holz und besaß Schiebetüren, sogenannte Shôji, die mit weißem Papier überzogen waren. Das Dôjo besaß zwei Räume, die Platz für je zwei Trainierende boten. Für‘s Erste teilten Access und ich uns einen Raum, damit unsere beiden Turteltäubchen zusammen trainieren konnten. Das Training bei uns verlief sehr gut. Access fand sich schnell im Zweikampf zurecht und auch ich, die erst kurz in ihren Erinnerungen kramen musste, um sich Techniken zu entwickeln, lernte schnell. Schon bald kämpften Access und ich quasi schnell wie Schatten und machten nur wenige Sekunden Pause, sobald der Sieg von einem von uns feststand, um in unsere Ausgangsposition zurück zu wechseln. Access Stärke lag in der Balance zwischen Angriff, Verteidigung und Schnelligkeit, während ich wegen meiner schnellen Reaktionsfähigkeit und Leichtigkeit immer auf Tempo setzte. Das Kämpfen machte Spaß und war eine willkommene Abwechslung zu dem langwierigen Müßiggang seit unserer Ankunft, doch schon bald wurde mir wieder belastend schwer bewusst, weshalb wir überhaupt trainierten und ich versank in einer kleinen Trainingspause wieder in meinen üblichen Gedanken. Auch Access schien es nicht anders zu gehen, denn er gesellte sich schweigsam an meine Seite. „Das Training macht Spaß“, begann ich mit nachdenklichem Tonfall, „aber ich möchte mit dieser Klinge niemanden töten.“ Mit diesen Worten fuhr ich sachte über die Klinge des Schwertes, das Gottes Reinkarnation für mich geschaffen hatte. Zum Kämpfen hatten wir alle handliche und leichte Schwerter bekommen. Modernere Waffen lagen nicht mehr in Gottes Macht. „Ich will niemanden töten!! Weder Gottesengel noch Schwarzengel!!! Ich hasse diese verdammte Schlacht, die da auf uns zurollt!! Und vor allem habe ich Angst … wie es wohl ist, von einem Schwert erstochen zu werden?“ „Nun ja“, klinkte Access sich nun auch mit erschreckend ruhigem Tonfall ein:, „ich werde höchstwahrscheinlich gleich erfahre, wie es ist, wenn mehrere Schwerter meinen Körper durchbohren. Mit Wutschreien werden mich die anderen Schwarzengel empfangen und in wilder Raserei werden sie nicht eher Ruhe geben, bis sie den Verräter eigenhändig erstochen haben und sein Blut die Leichen tränkt, die um ihn verstreut liegen werden.“ Entsetzt blickte ich Access an. „Verzeih, aber ich muss die ganze Szenerie mit ein wenig dramatischem Sarkasmus unterlegen…“ Dann, ohne den Satz zu beenden, richtete er sich langsam auf und zog sich, den Blick im Schatten, in das Dôjo zurück. Aber ich hatte schon verstanden. Zu spät hatte ich verstanden. Erst jetzt hatte ich begriffen, wie große Angst Access eigentlich haben musste; vor der Konfrontation mit seinen ehemaligen Kollegen, vielleicht seinen Brüdern oder anderen Familienmitgliedern. Er hatte Recht; den Ersten, den sich die Schwarzengel holen würden, würde er sein. Auf ihn würde der aller meiste Hass fallen. Ihn, der entkommen war und sich zu den faulen Gottesengeln geflüchtet hatte, der sie im Stich gelassen hatte, statt auch sie zu befreien. Und der nun die Kraft der Reinkarnation besaß. Auf ihn würden sie eifersüchtig sein, ärgerlich sein, Hass ausschütten. Ich folgte Access in das Dôjo und setzte mich neben ihn. „Verzeih du mir, ich habe verkannt in welcher Lage du dich befindest. Wie dumm von mir, über mein Glück zu klagen, nur eine der vielen zu sein, die einen schnellen, emotionslosen Tod erleiden.“ „Im Grunde ist es dem Tod egal, ob man mit einem oder sieben Schwertern erstochen wird. Ich…. sollte nicht in so tiefes Selbstmitleid versinken.“ „Nein, du hast volles Recht dazu. Es werden die Emotionen der Schwarzengel sein, an die du dich erinnern wirst, wenn du wiedergeboren wirst.“ „Nun ja, ich habe aber auch eine Menge schöner Erinnerungen…“ „Ach jetzt red dich doch nicht raus!“ Und Access senkte lächelnd den Kopf, als ob er froh darüber wäre, dass ich ihn ertappt hatte, wie er mir seine Sorge überspielen wollte, und bestärkt fuhr ich fort: „Ich schlage vor, dass wir gemeinsam in den Kampf ziehen! Denn geteiltes Leid ist ja bekanntlich halbes Leid.“ Doch mein Versuch, ihn aufzumuntern, misslang. Access Lächeln wurde müde. „Danke, Fynn“, meinte er mit berührter Stimmte. Ich konnte die kurze Freude scheinbar nicht aufrecht erhalten. „Ich kann doch sonst nichts tun, nachdem ich schon unsere gemeinsame Zeit hier durch mein Zurückziehen verbockt habe….“ , murmelte ich entschuldigend. Da lachte Access wieder kurz auf und meinte nur: „Schon gut, ich kenne dich ja.“ Und bei diesen Worten blickte er mich mit seinem milden Blick an, doch zugleich steckte in seinen Augen auch eine so tiefe Trauer, dass ich den unweigerlichen Drang verspürte, weinen zu müssen. Dennoch beherrschte ich mich, um nicht auch noch unsere letzten Stunden zu trüben und meinte nur, ich wolle nach Cersia und Toki sehen und sie fragen, ob sie jetzt vielleicht den Trainingspartner wechseln wollten. „tu das“, kam es von Access nur und ich bog um die Ecke. Während ich den Gang entlang zum nächsten Zimmer schlurfte, überlegte ich. Bewusst war ich jeden weiteren Blickes Access‘ ausgewichen. Wie sollte ich nur handeln? War es wirklich gut, die Trauer zu überspielen, um noch ein paar letzte schöne Stunden zu schaffen oder sollten wir betrübt aber ehrlich zueinander sein? Egal, wie ich mich auch in Gedanken entschied, beides hatte seine Vor- und Nachteile. Und noch etwas kam mir: Dass ich das Gefühl hatte, dass es gleichgültig wäre, wie ich handeln würde, weil Access schon längst wusste, was in mir vorging. Es war so merkwürdig….

Ich öffnete die Tür zu Toki und Cersias Trainingsraum - und mich traf der Schlag! Die beiden lagen Arm in Arm beieinander, Cersias Dekolté war fast freigelegt und Toki ließ gerade seine Hand wandern……… „SEID IHR NOCH GANZ DICHT, HIER UND JETZT EURE NICHT-JUGENDFREIEN SPIELCHEN ZU TREIBEN????!!!! WIR SIND IN EINER NOTLAGE! UNS STEHT EINE SCHLACHT BEVOR UND IHR - “ mir blieben einfach die Worte weg. Den beiden schien es völlig egal zu sein, was mit uns passierte. Was war, wenn nun zwei der verantwortlichen Engel sich nicht um Gottes Planeten kümmerten? Könnte es nicht sein, dass wir alle dafür bestraft werden würden?? „GEHT TRAINIEREN……“, keuchte ich nur noch. „Wozu?“, bequemte sich Toki endlich zu einer Antwort und löste sich gemächlich von seiner Geliebten, „Ich würde mich lieber zu Tode vögeln, als für Gott sinnlos in die Schlacht zu ziehen.“ „Vögeln?“, fragte ich verwirrt und mir kam die Vorstellung, wie Toki von mehreren tausend Vögeln zerpickt wurde. „Na, miteinander schlafen, f***** usw. usw. ZENSUR“ - Ist dir vielleicht eines dieser Wörter ein Begriff?“ „Ich merke mit Wörter, die mit Liebe zusammen hängen aus Prinzip nicht“, gab ich schnippisch zurück. Was bildetet sich dieser aufgeblasene Kerl ein? Von nicht weniger als einer Woche saß er wie ein Häufchen elend am Ufer des Sees und wurde von mir aufgepäppelt! „Dann ist dein Wortschatz aber ziemlich beschränkt. Im Übrigen muss das aber nicht mit Liebe zusammen hängen,“ vollendete Toki seine Tour. Doch bevor ich widersprechen konnte, tat Cersia dies um einiges wirksamer: „Ach muss es das nicht?“ Und in ihrer Stimme lag eine solche Wut, dass Toki plötzlich zu seinem kleinen Nichts wurde und nur noch stotterte: „Nun äh … Ich habe das noch nicht ausprobiert ….“ Und da drehte ich ihm dann doch noch eine rein, indem ich den Sitzenden überskeptisch von oben herab anblickte und fragte: Du willst doch nicht ernsthaft behaupten, dass du die letzten zweitausend Jahre keusch geblieben bist, oder?“ „Nun ja … vielleicht habe ich doch das eine oder andere Mal -“ „WAAAAS?!“, unterbrach ihn Cersia und überschwemmte Toki mit einer Welle von Vorwürfen. ‘Oh man … regelt das unter euch….‘, dachte ich und öffnete die Tür - und wäre vor Schreck fast nach hinten gefallen, hätte Access mich nicht noch gepackt. „Entschuldige, dass ich dich erschreckt habe. Aber was ist los? Ihr seid so laut… habt ihr gestritten?“ „Das ist nichts für deine Ohren“, rief ich bestimmend und zog Access, ohne eine Reaktion zu dulden hinter mir zurück in unseren Trainingsraum, „Gehen wir wieder trainieren!“

Doch während ich Access zu unserem Trainingsraum schleifte, kamen meine Gedanken wieder auf ihren Weg zurück. Von den Witzeleien Tokis und Cersias abgelenkt, hatte ich das Zimmer verlassen, ohne an mein eigentliches Vorhaben zu denken. „Access, wir müssen sie rausholen und schauen, ob sie wirklich nur Unfug gemacht haben.“ Und ohne eine Antwort des noch perplexen Schwarzengels abzuwarten, stapfte ich zurück und kommandierte Toki und Cersia heraus. Brav, aber lustlos trotteten sie mit in unseren Trainingsraum, in dem Access schon auf uns wartete. „Wir wollten gerne wissen, wie weit ihr gekommen seid,“ leitete Access ein. „Cersia, würdest du einen Übungskampf gegen mich austragen?“ „Ähm….ok…“ Etwas ratlos nahm sie den Griff ihres Schwertes in die Hand und stellte sich Access gegenüber auf der anderen Seite des Raumes auf. So unsicher und ungeschickt, wie sie das Schwert in den Händen hielt in Kombination mit den ratlosen Blick ließ sie aussehen wie bestellt und nicht abgeholt. „Greif mich an!“, forderte Access sie auf und Cersia begann lustlos das Schwert zu schwingen wie einen Prügel. Innerhalb weniger Sekunden hatte Access ihr das Schwer aus den Händen geschlagen. „Wie ich sehe, seid ihr bestens vorbereitet…“, kommentierte ich das Spiel ironisch. Toki schwieg. Als Cersia sich miesepetrig neben ihn setzte, küsste er sie sachte auf die Backe, nahm ihr das Schwert ab und meinte: „Lass mich mal.“ Toki schlug sich nicht schlecht. Er schien anfangs zwar noch eingerostet, aber an seinen Bewegungen und seinem Gefühl für die Schwertführung konnte man deutlich erkennen, dass er bereits im Reich Gottes ein guter Kämpfer gewesen sein musste. Mehrmals zwang er Access in die Knie oder konterte dessen Hiebe, doch letzten Endes musste auch er sein Schwert lassen. Noch von der hohen Kraft beschleunigt, drehte sich das Schwert einige Runden auf dem glatten Holzboden. „Verdammt!“, fluchte Toki und rieb sich sein Handgelenk. „Tja, ohne Training wird das nichts, mein Freund“, sagte Access, grinste kurz und half Toki auf. „Ach sei doch ruhig - wozu sollten wir denn trainieren? Wir haben doch so oder so keine Chance. Da habe ich echt Besseres zu tun.“ „Aber du weißt doch, dass wir es wenigstens versuchen sollten! Vielleicht können wir allein durch unseren Willen, diesen Planeten verteidigen zu wollen, schützen! Also … quasi … dass wir dadurch unsere Liebe Gott gegenüber ausdrücken,“ versuchte ich zu argumentieren. „So ein Unsinn,“ vernichtete Toki meine Worte mit einem Tonfall, als hätte ich ihm erklärt, dass faulige Bananenschalen auch prima essbar wären, „Wenn ihr das machen wollt - bitte. Nur zu, stürzt euch in den Tod. Aber selbst wenn ihr diese Liebe zu Gott ausdrücken sollt, sind wir davon eh nicht betroffen. Spätestens seit unserem Sündenfall sind wir Gott doch so oder so egal.“ „Aber versuchen könnt ihr es doch!“, warf ich ein. „Komm, Toki“, meinte Cersia und nahm ihn bei der Hand, „der Solidarität wegen können wir ja ein bisschen trainieren.“ Mehr überstimmt als überzeugt willigte Toki schließlich ein und wir bildeten neue Teams: Cersia mit Access und ich mit Toki. Ich wollte Cersia als Anfängerin lieber in sichere Hände übergeben, weil Access erfahrungsgemäß besser erklären konnte, als ich.

Schon bald war Toki Kampfgeist wieder geweckt und ich bekam echte Schwierigkeiten, gegen ihn anzukommen. Einmal von ihm zu Boden gedrückt hatte ich keine Möglichkeit mehr, ihm zu entkommen. So wehrlos unter ihm auf dem Boden zu liegen war frustrierend. Aber andererseits war Tokis aufgekeimte Freude über das Kräftemessen ein guter Ausgleich. Und während wir trainierten, schien in Toki eine ungekannte Ernsthaftigkeit gegenüber der bevorstehenden Kampf aufzukeimen. In einer Trainingspause lobte Toki mich sogar für meinen Kampfgeist, drehte sich nach dem Ausgesprochenen aber argwöhnisch in Richtung Nebenraum um, als fürchtete er, dass Cersia mitbekommen hätte, was er soeben gesagt hatte. Verständnislos belächelte ich sein Verhalten. ‚Wieso sollte Cersia ihn für so etwas bestrafen? Oder wartete er nur darauf, dass auch sie eine Pause machte? Aber dann würde er doch nicht so ängstlich dreinschauen…‘ „Weißt du,“ erklärte er mir, nachdem er sich durch langes Horchen versichert hatte, dass Cersia noch in ihr Training vertieft war, „eigentlich habe ich nichts gegen das Kämpfen. Aber ich finde es einfach unsinnig, für ein zu unverständliches Ziel zu kämpfen. - Ja, ich kenne deine Theorie“, verteidigte er sich gegen meinen skeptischen Blick, „aber ich finde es noch unsinniger, Frauen mit in den Kampf zu ziehen. Ein weiblicher Engel gehört für mich in ein schönes Kleid und nicht auf ein Schlachtfeld.“ „Ich würde mir aber nutzlos vorkommen, wenn ich nicht auch meinen Teil zum Schutze des Planeten beitragen würde.“ „Gut, dann bist du vielleicht eine Ausnahme. Aber Cersia auf dem Schlachtfeld… naja. Und auch bei anderen weiblichen Engeln fände ich es einfach schade um ihre Körper.“ „Das ist doch wohl nicht das Einzige, was eine Frau ausmacht!“ „Nein, aber schon einen beträchtlichen Teil…“ „ - Der nicht größer ist, als bei den Männern!“, fügte ich hinzu. Was sollte das - ‚schade um ihren Körper‘?! Waren wir irgendwelche teuren Schaufensterpuppen oder was? Aber was soll‘s. Ich dachte mir meinen Teil und Toki ließ Stille walten. Wir hatten nun mal andere Sichtweisen. Und da konnte man nicht drüber diskutieren - es sei denn, Cersia hätte sich beschwert. Aber die schien sehr glücklich so zu sein.



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