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Tempted to touch

von

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***Tempted to touch VII***
 


 

Es war noch früh am Morgen, die Sonne ging gerade auf, doch Davon war schon hellwach.

Er hatte fast die gesamte Nacht wach gelegen. An Schlaf war nicht zu denken gewesen. Es beschäftigte ihn nun doch sehr, was Lano ihm so wichtiges zu sagen hatte. Ein bisschen leid tat es ihm schon, was er getan hatte, aber was kam der Kleine auch in so einer denkbar ungünstigen Situation?!

Da er sowieso nicht mehr schlafen konnte, stand Davon Zähne knirschend auf.

Wie sonst auch ging er an dem Käfig vorbei, in den er Yumes Drachen eingesperrt hatte. Anders als die letzten Tage sprang das Tier gegen die Stangen und kreischte ohrenbetäubend, als er vorbei ging, sodass Davon erschrocken einen Satz zurück tat.
 

»Verfluchtes Vieh!«, zischte er, ging dann aber vorbei und zog sich an. Noch schlechter gelaunt als vor einer Minute verließ er seine Gemächer und machte sich auf die Suche nach Lano. Es ging ihm nicht mehr aus dem Kopf!

Als erstes schaute er in der Küche nach, fragte die Dienstboten, die bereits Frühstück vorbereiteten und bekam erst keine Antwort. Erst als er schon gehen wollte, meldete sich Aneésa zu Wort.

»Lano ist noch in seiner Kammer, Herr. Verzeiht, aber ihm ging es nicht so gut und da habe ich ihm erlaub etwas länger zu ruhen. Aber er wird ganz sicher noch seiner Arbeit nachgehen!«, fügte sie schnell an und hielt unterwürfig den Kopf gesenkt.
 

Ein leises Schnauben entkam Davon, als er das hörte, doch er sagte nichts, sondern verschwand aus der Küche, um zu den Dienstbotenunterkünften zu gehen. Dabei kam er gezwungenermaßen auch an Yumes Kammer vorbei. Sein Herzschlag beschleunigte sich sofort und automatisch blieb er stehen, überlegte.

Ob er hinein gehen sollte?

Kopfschüttelnd ließ er die Hand, die er bereits ausgestreckt hatte wieder sinken und ging weiter.

Was würde das schon bringen?

Er würde den kleinen Verräter sehen und dann? Vielleicht wurde er weich, weil er einfach noch so viel für Yume fühlte und das wollte er auf keinen Fall. Schritt für Schritt wurden seine Züge wieder hart, die für einen Moment die Verletzlichkeit und Hilflosigkeit preis gegeben hatten, die er über die ganze Situation empfand.
 

Schließlich erreichte er Lanos Unterkunft, drückte die Klinke herunter und trat ohne Aufforderung ein. Er hätte es auch einfach haben können, indem er den Jungen zu sich bringen ließ, doch solange hatte er nicht mehr warten wollen.

Lano schlief anscheinend noch, doch er sah verschwitzt und ganz blass aus. Leicht presste Davon die Lippen aufeinander. Daran war er wohl nicht ganz unschuldig.

Rücksichtsvoller als vorgehabt, trat er auf das schmale Bett zu, setzte sich auf die Kante und berührte den Jungen sachte an der Schulter.

»Hey, Lano.. wach auf!«, forderte er ruhig und rüttelte den anderen leicht.
 

Zuerst regte der Jüngere sich nicht. Daraufhin fasste der Dunkelhaarige ihn etwas fester an der Schulter und wiederholte das Rütteln. »Wach auf…«

Sein Tonfall war dennoch recht leise, sodass sich Lano nicht eventuell erschreckte. Die Ungeduld war jedoch deutlich heraus zu hören. Schließlich stöhnte der kleine Dämon, drehte sich auf die Seite und schlug verwirrt die Augen auf. Zwar blickte er Davon an, erkannte ihn aber nicht sofort.

Dieser ließ ihm noch etwas Zeit. Schneller als gedacht fing sich Lano und starrte seinen Herrn aus geweiteten Augen und leicht ängstlich an. Als er es bemerkte, senkte er sofort den Blick.

Die Decke hatte der Kleine instinktiv um sich gerafft, erinnerte er sich doch noch zu genau an den gestrigen Abend. Ein dicker Kloß bildete sich in seiner Kehle und verhinderte so, dass er auch nur ein einziges Wort heraus brachte. Sein gesamtes Verhalten war fast panisch. Kein Wunder… Noch nie war sein Herr in seinem Zimmer erschienen.
 

Nachdem er Lano ein paar Minuten gegeben hatte, um sich zu sammeln, beschloss er, dass er genug gewartet hatte. Leise räusperte er sich und sprach den Jungen dann direkt an.

»Du wolltest mir gestern etwas wichtiges sagen, deswegen bist du doch eigentlich gekommen, nicht wahr? Ich möchte wissen, was es war!« Fordernd sah er den anderen an und konnte die Antwort kaum noch abwarten, beherrschte sich aber Lano an den Armen zu greifen und ihn einmal durch zu schütteln.

Nun hob der Kleine den Kopf und sah ihn wieder an. Lano wirkte völlig verunsichert, weshalb Davon es unterließ ihn noch weiter an zu treiben. Das würde nichts bringen. Innerlich zersprang er nun aber fast vor Spannung.
 

»Also.. ich..«, begann der Junge mit brüchiger Stimme. »Ich kenne keine Zusammenhänge und wollte mich auch nicht einmischen, aber… Yume, Eurem Sklaven geht es sehr schlecht… «

Unheilvoll zog Davon die Augenbrauen zusammen, als er das hörte. Das sollte schon alles sein? Deswegen hatte er die ganze Nacht nicht schlafen können? Wollte Lano ihn auf den Arm nehmen? Wut kochte in ihm hoch, denn das war das letzte was er hatte hören wollen. Davon beabsichtigte bereits auf zu stehen und zu gehen, als der Junge auf einmal noch weiter redete.

»Wir alle wissen, dass er es aus Eurer Sicht verdient hat so zu leiden, aber…« Der Kleine biss sich auf die Unterlippe. Anscheinend war er unsicher, ob er weiter sprechen sollte, tat es dann aber doch.

»Aber er hat Euch damals das Leben gerettet, ganz zum Anfang, wo Ihr von dem wilden Drachen angegriffen wurdet. Wäre er nicht da gewesen, dann wärt Ihr nicht mehr am Leben, und… und deswegen wäre es doch nur fair, wenn Ihr ihm wenigstens einmal vergeben könntet. Ein Leben für ein Leben…«

Zum Ende hin war Lanos Stimme immer leiser geworden und schließlich verstummte der Junge, drückte sich schon fast an die Wand, weil er für seine Worte bereits eine Strafe erwartete.
 

Längeres Schweigen lag wie eine Bleidecke über ihnen und Davon ließ die vergangenen Geschehnisse in seinem Kopf Revue passieren.

»Aber ich dachte die Soldaten wären zurück gekommen und hätten uns gerettet?«, wand der Dunkelhaarige ein, denn er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass der zierliche zerbrechliche Yume es jemals mit einem Drachen aufnehmen konnte.

Die Angelegenheit war anscheinend komplizierter als er angenommen hatte. Wie immer, wenn er nachdachte, begann er in dem schmalen Raum auf und ab zu gehen.

»Warum weißt nur du davon und niemand anders?«, fragte er den Jungen misstrauisch, der immer noch im Bett kauerte, ihn nun jedoch offen und ehrlich ansah, auch wenn seine Furcht deutlich spürbar war, die er seinem Herrn gegenüber empfand.

»Ich hatte an dem Tag den Auftrag das Turmzimmer im Südflügel sauber zu machen. Während meiner Arbeit hab ich Lärm von draußen gehört und bin nachschauen gegangen und da sah ich wie der Drache Euch angriff. Ihr habt erst versucht weg zu laufen, aber Yume fiel hin und da seid Ihr zurück, wolltet ihn retten, doch Ihr wart nicht schnell genug und mit dem Schwert konntet Ihr auch nicht viel ausrichten. Letztendlich wurdet Ihr verletzt, habt das Bewusstsein verloren und als der Drache Euch den Todesstoß versetzen wollte, hat Yume sich über euch geworfen…«, schilderte er das Geschehen.

»Von da an, weiß ich nur noch, dass es auf einmal extrem hell wurde. Ich war geblendet. Als ich wieder sehen konnte, war der Drache tot, halb zerfleischt… Aber Ihr wart am Leben und Yume auch«, endete Lano mit der Geschichte und knetete das Laken zwischen seinen schmalen Fingern.
 

All das hörte sich in Davons Ohren wie ein Märchen an. Aber er würde Yume aufsuchen und ihn danach fragen. »Also gut.. «, seufzte der Dämon nach einer geraumen Weile.

»Ich werde Yume befragen. Allerdings denke ich, dass er mir wohl kaum etwas erzählen wird!«, bemerkte er voller Ironie, denn der Hellhaarige konnte ja nicht sprechen. Davon erinnerte sich aber daran, dass Yume schreiben können musste, denn damals hatte er seinen Namen an den Spiegel geschrieben.

»Du kannst den Tag frei machen.. «

Mit einem Nicken verabschiedete er sich von dem jungen Sklaven und verließ ohne weiteren Kommentar das Zimmer.

Zielstrebig machte er sich auf den Weg zurück zu Yumes Kammer.

Während dessen schwirrten ihm nur so irgendwelche Gedanken durch den Kopf und Davon versuchte das eben gehörte zu verarbeiten und ein zu ordnen. Doch es ergab alles keinen Sinn. Als er den Raum erreicht hatte, verwarf er erst mal alles und trat ohne an zu klopfen ein.

Die Kammer war vollkommen dunkel, es roch stickig und Davon runzelte die Stirn. Zögerlich zündete er eine Öllampe an und ging weiter in den Raum, doch Yume war nicht da. Bevor er wieder ging, sah er sich genauer um. Die Decken auf dem Boden waren völlig zerwühlt und schmutzig, ein Teller stand neben dem Haufen Stoff. Eine Scheibe Brot lag noch darauf.

Der Dunkelhaarige trat weiter an die Decken heran und hockte sich daneben. Irgendwas zog ihn dorthin, er konnte es nicht bestimmen. Von Nahem wirkte alles gleich noch viel ärmlicher, doch eines stach ihm besonders ins Auge. Stirnrunzelnd griff er nach dem Stoff und breitete ihn ein wenig aus.

Erst da erkannte er leichte braune Streifen und Punkte auf dem hellen Laken.
 

Davon war nicht dumm und er brauchte auch nicht lange, um zu erraten, um was es sich dort handelte. Die Dämonen hatten lange genug Krieg geführt, um zu wissen, wie Blut aussah!

Als er es erkannte, wurde ihm reichlich mulmig zu Mute.

Woher kam das Blut?

Allein diese Frage herrschte nun in seinem Kopf vor und Davon sprang regelrecht auf. Es war von Yume, zweifellos. Aber soviel? Was hatte der Kleine nur angestellt?

Yume hatte doch nicht versucht sich das Leben zu nehmen?

Der Gedanke machte ihn ganz verrückt und mit einem Mal bahnte sich Sorge um den Jungen bei ihm an. Davon fühlte sich total aufgewühlt. All die Empfindungen, die er glaubte ganz weit verdrängt zu haben, waren mit einem Mal wieder da. Sein Herz begann vor Sorge, schneller zu schlagen und er stürmte aus dem kleinen Zimmer.

Er musste Yume finden! Und sein Gefühl sagte ihm, dass es schnell sein musste, weil es sonst zu spät war.

Davon erinnerte sich auch an den Kirioudrachen, der vor nicht mal einer Stunde so einen Terz in seinem Käfig gemacht hatte.

Das war die Tage davor nicht gewesen und da die Verbindung der Tiere zu ihrem Partner sehr eng war, bestätigte es nur, dass er nicht mehr viel Zeit hatte.
 


 

Von all der Aufregung um seine Person bekam Yume überhaupt nichts mit. Er hockte derweil vor einem Unkraut überwuchertem Bett und zupfte einzelne Pflanzen heraus. Viel hatte er noch nicht geschafft, doch seine Hände sahen bereits völlig schmutzig und aufgerissen aus.

Man hatte ihm keine Geräte gegeben, sondern ihm befohlen, alles mit den Händen zu machen und da er sich schon lange nicht mehr nach den Gründen fragte, warum man ihn derartig niederträchtig behandelte, grub er eben mit seinen Fingern die Erde um, ungeachtet irgendwelcher Steine, oder sonstiger spitzer Gegenstände.

Nicht einmal eine Pause war ihm erlaubt.

Zögerte er zu lange, bekam er Schläge von einem Aufpasser, der mit einem Stock hinter ihm stand und ihn unermüdlich antrieb.

Es war zwar erst Vormittag, dennoch brannte die Sonne unbarmherzig auf ihn herab und Yume hatte unendlichen Durst. Seine Kehle war völlig ausgetrocknet und jeder Atemzug bereitete ihm Schmerzen.
 

Yume spürte, dass es bald zu Ende sein würde. Diese ganze Pein, die Schmerzen, die Demütigungen… und er wünschte es sich wirklich herbei. Hoffnungen hatte er keine mehr übrig. Seine Augen hatten jedes Funkeln verloren und ihm war inzwischen alles gleichgültig.

Er schrie nicht mal mehr auf, als der nächste harte Schlag seinen Rücken traf.

Dazu reichte seine Kraft einfach nicht mehr.

Nur vereinzelt rann eine einsame Träne über seine Wange, obwohl Yume gedacht hatte nicht mehr weinen zu können, so viele Tränen wie er jede Nacht vergossen hatte.
 

»Hey! Mach gefälligst weiter, Sklave!«

Der Befehl klang seltsam verzerrt in seinen Ohren und Yume reagierte überhaupt nicht.

Ein weiterer Schlaf folgte und der Kleine kippte einfach zur Seite und blieb halb auf den Rücken gedreht liegen, den Blick Richtung Himmel.

Es war so ein schöner Tag, nahm Yume insgeheim wahr und wieder lösten sich einzelne Tränen aus seinen Augenwinkeln, rannen lautlos über seine Wangen und tropften unbeachtet ins Gras.

Die nächsten Schläge spürte er gar nicht mehr. Sein Körper hatte einfach alle Schmerzen abgeschaltet und der Kleine ließ noch einmal die schönen Dinge Revue passieren, die ihm in seinem Leben wiederfahren waren. Er bereute es nicht Davon kennen gelernt zu haben, nur hätte er sich gewünscht, dass die wundervolle Zeit mit diesem Menschen etwas länger angehalten hätte.

Langsam schloss er seine Augen und verlor schließlich das Bewusstsein.
 

Hektisch rannte Davon in die Küche, riss die Tür auf und fragte nach Yume, doch keiner wusste, wo der Junge sein sollte. Das regte den Dämon noch mehr auf, denn er merkte, wie ihm förmlich die Zeit durch die Hände rann.

»Verdammt!«, fluchend knallte er die Tür hinter sich zu, suchte in den einzelnen Räumen, die regelmäßig vom Dienstpersonal gereinigt wurden und blieb schließlich verzweifelt in einem der Zimmer stehen.

Was mach ich denn nur?

Innerlich war Davon so aufgewühlt wie noch nie. Er hatte richtiggehend Angst!

Plötzlich hörte er eine laute Stimme von draußen, strebte zu dem hohen Fenster des Raumes und traute seinen Augen kaum.
 

Er konnte einfach nicht glauben was er da sah und war ihm ersten Moment erstarrt.

Einer seiner Männer schlug ununterbrochen auf Yume, seinen Yume ein, obwohl dieser schon am Boden lag und sich überhaupt nicht mehr bewegte, geschweige denn wehrte!

Sofort keimte unbändige Wut in ihm auf und ehe Davon es sich versah, war er über die Brüstung gesprungen. Hart kam er auf dem Boden auf, ging in die Knie, um die Wucht des Auftreffens ab zu fangen und war im gleichen Moment wieder auf den Beinen. Unumwunden stürmte er zu seinem Untergeben, schlug ihm mit wild glühenden Augen den Stock aus der Hand und versetzte ihm ein paar saftige Schläge, sodass der andere Dämon gleich zusammen klappte und bewegungslos liegen blieb.
 

Sofort war er an Yumes Seite, schüttelte den Kleinen, doch er bekam keine Reaktion. Das zarte Gesicht war total eingefallen und leichenblass. In diesem Moment bekam Davon eine Scheißangst. Er erinnerte sich sofort an ihren Ausflug, wo Yume beinahe ertrunken wäre. Da war der Kleine auch so blass und leblos gewesen…

Davon wollte ihm sanft über die Wange streichen, doch kurz davor zog er seine Hand zurück, weil er Angst hatte Yume zu zerbrechen. Auch als er ihn schließlich hochhob, verspürte der Dunkelhaarige diese Angst tief in seinem Inneren, doch er wusste, dass es alles seine Schuld war. Beängstigt bemerkte Davon wie wenig der Junge wog. Er war fast leichter als eine Feder und Davons Angst stieg unermesslich weiter an.

Er war schuld, dass es so weit gekommen war, nur weil er nicht hatte nachgeben können!
 

Angekommen in seinen Gemächern, legte er den Jungen so vorsichtig es ging auf das Bett. Zwei Diener kamen kurz darauf herein. Er hatte ihnen im Vorbeigehen befohlen etwas zu Essen hoch zu bringen. Sie stellten das Tablett auf den Nachttisch und verschwanden gleich wieder.

Davon bekam davon kaum etwas mit. Er war dabei Yume umsichtig von den schmutzigen Sachen zu befreien. Der Stoff war rau und kratzig und das sah er auch an der aufgescheuerten Haut des Kleinen. Überall waren wunde stellen und der Dunkelhaarige hielt einen Moment inne und schloss die Augen.

Was hatte er nur getan?

Die Frage pochte ununterbrochen hinter seiner Stirn und allein der Gedanke daran, wie Yume in der letzten Woche gelitten hatte, verursachte einen ekelhaft bitteren Geschmack auf seiner Zunge, der sich giftig bis in seine Kehle fortsetzte.

Es gab nichts auf der Welt, mit der er das Geschehene je wieder gut machen konnte…

Daran wollte Davon im Moment jedoch nicht denken. Zuerst musste er zusehen, dass es dem Kleinen wieder besser ging!

Die Hose war bereits von Yumes Beinen verschwunden. Das Oberteil bestand aus einem Stück und ähnelte eher einem Kartoffelsack, als einem Kleidungsstück. Ohne zu zögern holte Davon eine Schere und schnitt das Teil an einer Seite auf. Dann richtete er vorsichtig Yumes schmächtigen Oberkörper auf und zog den Stoff darunter weg.
 

Dabei zog er jedoch irritiert die Augenbrauen zusammen.

Seine eine Hand lag auf dem Rücken des Hellhaarigen und die Haut an dieser Stelle fühlte sich seltsam an. Heiß und nass… und so unregelmäßig…

Panik stieg in ihm auf und Davon schloss abermals die Augen. Er bekam noch mehr Angst. Eine böse Vorahnung ergriff Besitz von ihm, doch er konnte nicht länger zögern. Mit angehaltenem Atem drehte er Yume langsam auf den Bauch. Der Anblick der sich ihm bot, ließ sein Herz zwei Schläge aussetzen und Davon fühlte sich so niedergeschlagen und ohnmächtig wie noch nie! Der Schock zeichnete sich deutlich auf seinen Zügen ab und seine Augen irrten eine ganze Weile immer wieder über den geschundenen Körper, so als würde er nicht begreifen können, das das hier die Realität war.
 

Yumes gesamter Rücken war von roten, völlig entzündeten Striemen übersäht und glich einem blutigen Schlachtfeld. Je länger Davon sich das ansah, desto mehr tat es ihm selbst weh.

Doch gleichzeitig stieg eine unbändige Wut in ihm auf.

Diese Wunden…

Irgendjemand musste sie dem Jungen zugefügt haben! Und er würde rausfinden wer, das schwor er sich!

Voller Wut ballte Davon die Hände zu Fäusten, bis die Knöchel weiß hervor traten. Seine Fingernägel bohrten sich in seine Handfläche, aber den Schmerz spürte er nicht.

Dann besann er sich jedoch. Zuerst musste er Yume versorgen. Davon hoffte nur, dass es nicht bereits zu spät war.

Yume war so schwach und blass, dass er kaum noch Hoffnung hegte.

Vom Aufgeben war er jedoch weit entfernt.

Mit neuer Entschlossenheit, sprang der Dämon auf. Er war wild entschlossen alles zu tun, um Yume zu retten.
 

Nachdem er seine Dienerschaft mit Aufgaben beladen hatte und immer wieder neue Befehle verteilte, saß er am Bett, tauchte erneut ein Tuch in warmes Wasser, welches ihm kurz zuvor gebracht worden war und säuberte so vorsichtig wie möglich die schlimmen Wunden.

Konzentriert hatte Davon die Augenbrauen zusammen gezogen und seine Kiefer waren hart zusammen gepresst. Deutlich war ihm seine Innere Anspannung und Unruhe an zu sehen.

Leise trat jemand neben ihn, doch er hob nicht einmal den Blick, sondern machte stur weiter.

»Herr…?«

Es war Lano, Davon erkannte ihn an der Stimme.

Hatte der Junge nichts zu tun, fragte er sich innerlich und fluchte, weil die Striemen überhaupt kein Ende nahmen. »Ich.. ich weiß, dass es vielleicht anmaßend klingt, aber…« Unsicher brach der Junge ab. Ein resigniertes Seufzen erklang und veranlasste den Dunkelhaarigen den Kopf nun doch zu heben und kurz zu Lano zu sehen.

»Nun sag schon!« Ungeduldig knirschte er mit den Zähnen.

Was immer der andere auch zu sagen hatte, Davon merkte schon am Verhalten seines Untergebenen, dass es ihm nicht gefallen würde. Lano stand wie ein Häufchen Elend da, knetete nervös seine Finger und hielt den Kopf gesenkt.

»..Ich glaube das nur noch Euer Hofmagier helfen kann…«, kam es dem Kleineren schließlich heiser über die Lippen.
 

Kein Wunder!.

Magier waren sehr stolze Wesen und halfen nur Mitgliedern der Königsfamilie und ähnlich hochgestellten Persönlichkeiten. Es wäre vermessen einem Sklaven solch eine Ehre zukommen zu lassen von einem behandelt, geschweige denn geheilt zu werden. Allein der Vorschlag könnte mit einer hohen Strafe für Lano enden. Dies war ihm sehr deutlich bewusst und Davon war erstaunt, welchen Mut der Junge bewies.

Nichts desto trotz wurde er sich mit brennender Gewissheit bewusst, dass der Jüngere Recht hatte. So wie es momentan um Yume stand, würde wirklich nichts anderes helfen und schließlich nickte er sich selbst zu.

»Du bleibst hier.. Die anderen bringst du raus. Schließ die Tür ab und zieh die Vorhänge zu!«, befahl er Lano, der ihn für einen Augenblick erstaunt ansah, dann aber den Anweisungen nachkam.

Davon musste handeln! Und zwar jetzt. Sonst war es zu spät.. und diesmal für immer. Er glaubte nicht daran, dass er noch einmal so ein Glück wie bei ihrem Ausflug haben würde, wo er Yume bereits fast in den Abgrund gestoßen hätte.
 

Als Lano fertig war, kniete er sich in unterwürfigster Haltung neben das Bett.

Davon trat zu ihm und verband ihm mit einem Tuch die Augen.

»Wag es ja nicht, das Tuch ab zu nehmen. Sonst bezahlst du das mit dem Leben!«

Es war eine unmissverständliche Warnung und der Junge konnte nur benommen nicken.

Davon hingegen hatte die Zeit genutzt und hielt nur ein bläulich schimmerndes Amulett in der Hand.

Eine Weile betrachtete er es und Zweifel machten sich in ihm breit. Zweifel, ob der Magier ihm überhaupt helfen würde…
 

Was sollte er tun, wenn dieser gleich wieder verschwand? Wie sollte es dann weiter gehen?

Ein Blick auf das Bett und den leichenblassen Körper, ließen seine Zweifel jedoch verblassen.

Er wollte Yume wieder lächeln sehen, wollte.. nein, brauchte! ihn an seiner Seite.

Und wenn dieser Magier ihr Bündnis auflösen würde, selbst dann würde Davon es zulassen.

Lautlos trat er zu dem Silberschopf, nahm die kleine, beängstigend kühle Hand in seine und murmelte die Beschwörungsformel. Immer und immer wieder betete er die Worte vor sich hin.

Plötzlich begann das Amulett in seiner Hand zu vibrieren und der Schimmer drum herum nahm stetig zu. Langsam begann das Blau in sanften Tropfen auf den Boden zu fallen, bildete eine genauso schimmernde Pfütze mit spiegelglatter Oberfläche und als diese groß genug war, erhob sich auf einmal ein recht junger Mann daraus.
 

Das schimmernde blau blieb an seiner weißen Robe in glitzernden Tröpfchen haften und verlieh der anmutigen Gestalt noch mehr Glanz. Die Kordeln waren nicht aus Stoff, sondern aus Wasser und veränderten die Form bei jeder kleinsten Bewegung.

Das lange ebenfalls blau schimmernde Haar fiel glatt über die Schultern des Magiers und die ozeanblauen Augen funkelten Davon geheimnisvoll an. Sacht verbeugte sich der Mann vor ihm. Die Kleider gaben dabei nicht einmal ein Rascheln von sich. Der Magier richtete sich wieder zu seiner vollen Größe auf und die machtvolle Aura, die ihn umgab schien nun den gesamten Raum ein zu nehmen. Eine drückende Atmosphäre baute sich auf.

Davon war völlig verspannt, auf der anderen Seite aber auch wieder erleichtert, dass der Magier überhaupt erschienen war.
 

»Wie ich sehe, geht es Euch ausgezeichnet, mein Herr…«, erklang alsbald eine leise melodische Stimme. Der tadelnde Unterton entging dem Dämon dabei nicht. Langsam bewegte der Magier sich auf ihn zu. Kein Schritt war zu hören und es schien als würde er schweben. Die Luft kam Davon mit einem Mal noch dicker vor und er schluckte hart, als er den musternden Blick des anderen über Yumes geschundenen Körper gleiten sah.

»Es geht doch nicht etwa um diesen Sklaven…« Mehr eine Feststellung als eine Frage, doch Davon nickte zustimmend. Wieder erhielt er einen tadelnden Blick und ein Seufzen folgte.

»Ihr wisst, dass ich meine Kräfte nicht an das gemeine Volk verschwende«, belehrte er Davon, ging nach einem intensiven Blick in dessen Augen an diesem vorbei zum Bett und betrachtete den Jungen der darin lag eingehender. Scharf verfolgten ihn Davons Blicke. Da war so ein hinterlistiges Funkeln in den Augen des Magiers zu sehen. Dessen konnte der Dämon sich nicht erwehren. Doch was sollte er tun?
 

Gerade wollte er sich weitere Gedanken darum machen, wie es weiter gehen sollte, wenn dieser Magier ablehnte, als dieser erneut seine melodische Stimme erhob.

»Nun gut. Ich werde ihm helfen…«, lenkte die anmutige Gestalt ein.

»Aber wisst, das kostet Euch mehr, als ihr vielleicht bereit seid zu geben«, gab er zu bedenken und hatte sie Augenbrauen belehrend zusammen gezogen.

Davon hatte bereits damit gerechnet, dass er nicht ungeschoren davon kam. Alles hatte seinen Preis und diese Magier waren besonders ausverschämt, wenn sie eine Chance witterten. Abwertend schnaubte er.

»Egal was es ist, ich werde es euch geben…« Etwas anderes blieb ihm nicht übrig. Er wollte Yume helfen und das ging jetzt nur noch auf diese Weise.
 

Dann erschien dieses hinterhältige Lächeln ganz offen auf den Zügen des Magiers und Davon ahnte, dass es ihn wirklich schwer treffen würde. Aber sein Herz bestimmte in diesem Augenblick und seit einer halben Ewigkeit – so kam es ihm jedenfalls vor – ließ er sich von seinen Gefühlen leiten. Denn die waren für Yume nie erloschen. Er hatte lediglich zurückdrängen können, was ihm aber auch nicht immer gelungen war.

Er hatte eine Menge falsch gemacht. Das war klar. Aber Davon war bereit den Preis dafür zu bezahlen, wenn nur Yume bei ihm bliebe. Das war das einzige, was er sich von ganzem Herzen wünschte.
 

Gemächlich schritt der Magier um ihn herum, betrachtete Davon von allen Seiten. Dem Dämon waren diese Blicke sehr unangenehm und er fühlte sich so unwohl wie noch nie in seinem Leben, ließ es sich jedoch nicht anmerken.

»Was wollt Ihr denn nun?«, fragte er ungehalten zwischen zusammen gebissenen Zähnen.

Die Spannung im Raum wurde unerträglich und Davon hielt die Ungewissheit nicht mehr aus.

Dieses Herumgezögere hasste er wie die Pest. Vor Anspannung ballte er die Hände zu Fäusten und schnaubte, als der Magier nur ein leises Kichern hören ließ.
 

»Ihr habt euch nicht verändert, mein Herr…«, tadelte er mit seiner sanften Stimme, die nur noch mehr an Davons Nerven zerrte. »Nun gut. Der Handel steht…«, sagte sein Gegenüber und lächelte erneut dieses hinterhältige Lächeln, nur dass diesmal noch etwas anderes darin mitschwang.

»Euer Sklave gehört für ein Jahr mir…«

Davon schluckte hart und sein Herz hörte für einen Moment auf zu schlagen. Er öffnete den Mund, wollte etwas sagen. Kein Wort kam über seine Lippen zu geschockt war er von der Offenbarung.
 

Es dauerte ein paar Sekunden, bis Davon sich gefangen hatte. Seine Kiefer mahlten aufeinander und seine Fäuste waren so fest zusammengepresst, dass es wehtat. Am liebsten hätte er diesem widerwärtigen Magier seine Finger um den schlanken Hals gelegt und zugedrückt, doch er hielt sich gerade noch zurück.

Voller Zorn starrte er den anderen an, erdolchte ihn mit Blicken und hasste ihn mit jeder Sekunde die verstrich mehr. Am liebsten hätte Davon alles rückgängig gemacht. Nicht nur, dass er dieses verlogene Wesen gar nicht gerufen hätte, nein!

Er dachte an alles. Von Anfang an hatte er Yume nie wirklich vertraut, hatte sich von den Lügen anderer leiten lassen und damit mehr Schaden angerichtet, als nötig gewesen wäre.

Davon fühlte sich hilflos.

Ihm wurde nun der einzige Mensch genommen, für den er je Gefühle entwickelt hatte. Das war so ungerecht und Davon hasste nicht nur den Magier, der ihm das antat, nein. Er hasste auch sich selbst für seine Machtlosigkeit, etwas dagegen zu unternehmen. Dieses Miststück wollte ihn wirklich leiden sehen!!
 

Wirklich entspannen konnte er sich nicht, doch letztendlich löste er seine verkrampften Finger und senkte den Kopf. Noch hatte er kein Wort gesagt und der Magier hatte für ihn gesprochen.

Doch nun erhob er die Stimme.

»Bevor ich zustimme, habe ich eine Bedingung.«

Nun sah der Dämon wieder auf und ein eisiger Blick traf den Magier.

»Du kannst ihn für ein Jahr mitnehmen, aber vorher wirst du ihn hier vor meinen Augen heilen. Ich will mir ganz sicher sein, dass er gesund ist, wenn er mein Land verlässt«, sprach Davon so ruhig wie es ihm möglich war. Es fiel ihm schwer, doch er war bereit sich damit abzufinden, wenn es dem Kleinen nur wieder besser ging.

Schmerzlich sah er zu dem Jungen, der immer noch blass und leblos auf dem Bett lag.

Er konnte kaum noch erkennen, wie sich die schmale Brust hob und senkte.

»Was jetzt?«, richtete er sich ungehalten an den Magier. Ungeduldig musterte er ihn.

Dieser schien noch über seine Bedingung nachzudenken, doch schließlich willigte auch er mit einem Nicken ein.

»In Ordnung… so soll es sein…«, erklang die melodische Stimme und Davon verzog nur das Gesicht.

Er trat ans Bett, setzte sich und nahm Yumes beängstigend kühle Hand in seine.

Zart strich er ihm ein paar helle Strähnen aus dem Gesicht und sein Herz pochte voller Schmerz in seiner Brust, weil er es war, der dem Jungen das alles angetan hatte.
 

Während Davon den Kleinen liebevoll streichelte, hörte er wie der Magier im Hintergrund etwas vor sich hinmurmelte. Er wurde immer lauter und Davon behielt Yume genau im Blick, weil er einfach miterleben wollte, wie er geheilt wurde. Erstaunt beobachtete er, wie die blasse Haut des Jungen langsam begann in einem bläulichen Schimmer zu leuchten. Der Schimmer wurde immer heller und auf einmal sah es so aus, als würden lauter hellblaue Flämmchen um den Kleinen herum züngeln.

Davon hielt die Luft an, war gespannt, was nun passieren würde.

Er hoffte so sehr, dass Yume die Augen aufschlug und ihn mit seinen unglaublichen bernsteinfarbenen Iriden ansah. Sollte es dem Kleinen dann besser gehen, wollte er sich auf jeden Fall entschuldigen, auch wenn es seine Taten nicht ungeschehen machte.
 

Plötzlich schlug der bläuliche Schimmer in ein Orange um und Davon warf einen misstrauischen Blick zu dem Magier. Dessen Gesichtszüge wirkten verkrampft und das verwunderte Davon, denn sonst trug der andere immer dieses unnahbare kühle Lächeln zur Schau.

Dann wurde ihm auf einmal die Hitze bewusst, die von einer Sekunde auf die andere von Yume ausging. Als er wieder zu dem Kleinen sah, flirrte die Luft um den schmalen Körper herum und rote Flammen züngelten um ihn.

»Was ist das?«

Unsicherheit ergriff von ihm Besitz.

»Was tut Ihr da?«, fuhr er den Magier mit zusammen gekniffenen Augen an und war bereit Yume jederzeit zu schützen, sollte der andere etwas im Schilde führen. Immer wieder flog sein Blick zwischen dem Jungen und dem Magier hin und her. Für Davon sah es fast so aus, als würde der Kleine sich gegen den Heilzauber zur Wehr setzten, doch wie ging das denn?

Yume war ein Mensch!
 

Kaum hatte Davon den Gedanken zu Ende gebracht, als er plötzlich mit einer unfassbaren Wucht durch den Raum geschleudert wurde. Ungebremst raste die Wand auf ihn zu und er hatte es nur seinen guten Reaktionen zu verdanken, dass er sich geschickt abstoßen und unbeschadet auf dem Boden landen konnte.

Sein Herz raste und sein Atem ging schnell und unregelmäßig. Außerdem pochten seine Hände und Gelenke schmerzhaft an den Stellen, an denen er aufgekommen war.

»Was zum Teufel…«, begann er zu fluchen, hielt jedoch abrupt die Luft an, als er sah, dass nicht alle im Raum so ungeschoren davongekommen waren wie er. Der Magier stand mit entsetztem Gesichtausdruck an der Wand, hatte die Hände nach vorn gestreckt um ein Schutzschild zu schaffen, wie Davon vermutete, doch anscheinend hatte es nur unzureichend geholfen.
 

Dann fiel sein Blick auf Lano.

Den Kleinen hatte er ganz vergessen, weil seine Gedanken so auf Yume konzentriert waren.

Mit langen Schritten durchmaß er den Raum und ging neben dem Jungen in die Knie. Ihn hatte die seltsame Druckwelle ebenso gegen die Wand geschleudert, nur das Lano sich nicht hatte abfangen können.

Gequält stöhnte er auf, als Davon ihn vorsichtig aufrichtete.

»Was… ist passiert?«, krächzte er und Davon machte sich gleich wieder Vorwürfe, dass er Lano überhaupt erlaubt hatte zu bleiben. Er warf einen kurzen Blick über die Schulter, bevor er dem Jungen die Augenbinde abnahm. Es spielte für ihn jetzt keine Rolle mehr, ob der Kleine den Magier sah oder nicht.

Die Situation war eskaliert, aus welchen Gründen auch immer.

Davon erinnerte sich flüchtig, dass Lano von so etwas schon einmal erzählt hatte. Er überlegte nur eine Sekunde lang, bevor er dem Jüngeren erzählte, was passiert war.

»Die Schockwelle ging von Yume aus. Du hast gesagt er hat damals den Drachen vernichtet, der uns angegriffen hat. Meinst du er könnte es wieder getan haben?« Fragend musterte er Lano.
 

Dieser schloss kurz die Augen, schien sich zu sammeln, bevor er zum Bett hinüber sah.

»Ich.. weiß nicht.. Vielleicht ist es eine Art Schutzreflex…«, vermutete der Junge und stöhnte unterdrückt auf. Davon sah, dass etwas mit Lanos Arm nicht stimmte. Anscheinend war er gebrochen, was die Schmerzreaktionen des Kleinen erklären würde.

»Okay.. halt noch eine Weile aus, ja?« Vorsichtig half er ihm sich gegen die Wand zu lehnen und ging dann zurück zu dem Magier. Mit zusammengepressten Lippen starrte er den anderen eine Weile an, bevor er das unangenehme Schweigen durchbrach.

»Wieso funktioniert es nicht?«

Es war eine einfache Frage und dennoch schwang so viel Verzweiflung in Davon Stimme mit, dass er zum Ende hin leiser geworden war. »Was ist hier gerade passiert, he?« Obwohl es nicht gestattet war einen Magier ohne dessen Erlaubnis zu berühren, fasste Davon den kleineren Mann nun hart an den Schultern und schüttelte ihn aus seiner Starre. »Verdammt noch mal.. Du bist ein magisches Wesen, also sag mir endlich, was mit Yume los ist! Warum kannst du ihm nicht helfen?«
 

Unglauben und Verwirrung spiegelten sich noch immer in den hellblauen Augen des Magiers und es wäre Davon eine Genugtuung gewesen den anderen so zu sehen, wenn er nicht selbst so verzweifelt gewesen wäre.

Dann klärte sich der Blick des anderen endlich und er stieß seine Hände weg, funkelte Davon ärgerlich an und presste ebenfalls die Lippen aufeinander.

»Ihr habt keine Ahnung, was für einen Schatz ihr mit diesem Jungen entdeckt habt…«, fuhr er Davon ungehalten an, während er mit einer Hand zum Bett wies. »Ich wollte es euch nicht sagen, wollte ihn mitnehmen und die Heilung langsam voranschreiten lassen. Aber ich kann den Kleinen nicht heilen. Er ist ein Drachenkind…«, gab der andere das Geheimnis endlich preis und Davon traute seinen Ohren kaum.

»Ein Drachenkind?«, echote er. »Aber es gibt kein Drachenvolk mehr! Wo also soll er hergekommen sein?«

»Das weiß ich auch nicht!«, schnauzte der Magier zurück und schob Davon bei Seite.

»Aber er gehört zum Drachenvolk… Und noch dazu liegt ein so mächtiger Zauber auf ihm, dass ich mit meiner Heilmagie nichts, oder nur ganz gering etwas ausrichten kann…«
 

Jedes einzelne Wort versetzte Davon einen harten Schlag nach dem anderen und führte ihm im Grunde vor Augen, wie aussichtslos seine Situation war. Wenn nicht einmal der Hofmagier etwas ausrichten konnte…

»Aber es muss doch irgendetwas geben, was ich tun kann…«, versuchte er es erneut.

Der andere war inzwischen zum Bett gegangen, hielt seine Hand nur ein paar Zentimeter über Yumes Rücken und versuchte anscheinend auf diese Weise die Wunden zu heilen.

Davon trat neben ihn und beobachtete voller Hoffnung, ob auf diese Weise etwas zu bewirken war.

Aber sowie das blaue Flimmern eingesetzt hatte, verwandelte es sich wieder in ein dunkles Orangerot und der Magier unterbrach den Heilungsprozess.
 

»Kann der Zauber denn nicht gebrochen werden?«, wollte Davon nach einer ganzen Weile des Schweigens wissen. Der Hellhaarige wiederholte die Prozedur immer und immer wieder, bevor er endlich anfing zu sprechen.

»Der Zauber ist selbst für mich zu mächtig. Es kann nur von demjenigen gelöst werden, der es geschaffen hat…«

Eine Pause entstand, in der der Magier nachzudenken schien.

»Allerdings scheint es noch eine andere Lösung zu geben, die jedoch bei diesem Zauber nicht bekannt ist.«

Erneut beherrschte Stille den Raum und Davon begann neben dem Bett auf und ab zu tigern.

Dabei ließ er Yume nicht aus den Augen.

In seinem Kopf arbeitete es ununterbrochen.
 

Es gab also noch ein Drachenkind… das war unglaublich!

Die Geschichte des Drachenvolks war eine schreckliche gewesen. Vor fünf Jahrzehnten hatten sie noch in den Bergen gelebt. Aber auch da hatten andere Völker bereits Jagd auf diese Wesen gemacht und sie versklavt. In jedem reichen Haushalt galt es als Statussymbol ein Drachenwesen zu besitzen. Denn wer eines besaß, hatte eine gewisse Macht über Drachen. Nicht nur über die gezähmten, sondern auch über die Wilden.

Die versklavten Drachenwesen waren es jedoch irgendwann leid gewesen und ein Mann Namens »Tyriel« hatte einen Aufstand begonnen. Es war zu einem regelrechten Rachefeldzug gekommen, in der viele Menschen gestorben waren. Von da an hatte die Regierung beschlossen, dass das Drachenvolk auf Grund seiner Macht und Fähigkeiten vernichtet werden musste.
 

Der Vergeltungsschlag der folgte, hatte die Drachenmenschen vollständig ausgerottet. Jedenfalls war dies der Wissensstand bis jetzt. Das Yume nun eines dieser Wesen sein sollte.. quasi der Letzte seiner Art…

Lautlos seufzend fuhr Davon sich mit einer Hand durch die Haare.

»Wie kann es nur sein, dass er das alles überlebt hat..?«, flüsterte Davon mehr zu sich selbst.

»Der Zauber hat ihn vermutlich gerettet«, kam wenig später die Antwort. »Nur ein Zauberer oder Magier mit gewisser Erfahrung kann den Bann sehen und das auch nur, wenn Magie gegen den Jungen verwendet wird. Als ich den Handel mit Euch abschließen wollte, ahnte ich bereits, dass es sich bei dem Jungen um etwas besonderes handelt, aber so etwas habe ich keineswegs erwartet…«
 

Das Geständnis überraschte Davon. Die ganze Blasiertheit, die der andere zu Anfang ausgestrahlt hatte war verschwunden und bis auf seine Haare und die komische Kleidung wirkte der Mann eigentlich ganz normal.

Das wiederum machte ihn Davon ein bisschen sympathischer.

»Ist es möglich, dass er deswegen auch nicht sprechen kann?«, erkundigte sich Davon leise. Er wollte so viel wie möglich über Yume in Erfahrung bringen. Die Fähigkeiten des Drachenvolkes waren ihm bekannt und wenn er so darüber nachdachte, ergab so langsam alles einen Sinn.

Sein eigener Drache hatte Yume gerettet…

Es gab zwei Möglichkeiten wieso es dazu gekommen war. Entweder Yume hatte Yves in seiner Notsituation instinktiv zu seinem Beschützer gewählt, oder Yves hatte in dem Kleinen vom ersten Moment an ein Drachenkind erkannt und hatte den letzten Verbliebenen seines ehemaligen Schutzvolkes von sich aus retten wollen.
 

»Sehr wahrscheinlich…«, antwortete der Magier schließlich langsam und unterbrach Davon dabei bei seinen Gedankengängen. »Das gehört zweifellos zu dem Schutzzauber. Weiß er irgendetwas über seine Vergangenheit?«, erkundigte sich der Mann daraufhin und Davon schüttelte den Kopf.

»Er weiß nicht einmal wie alt er ist.«

»Woher habt ihr ihn?«

Der Magier fasste Yume nun nicht mehr an. Davon trat ans Bett, nahm eine von Yumes schlaffen, kühlen Händen in seine und seufzte leise. »Ich hab ihn auf der Erde auf einem Sklavenmarkt gekauft. Eigentlich war ich wegen etwas anderem dort, doch als ich ihn sah, war mir sofort klar, dass er etwas Besonderes ist und musste ihn haben.«

In seiner Stimme schwang Melancholie mit und er lächelte traurig auf den Jungen hinunter.

»Nun.. es tut mir leid, dass ich Euch nicht weiter helfen kann..«, bedauerte der Magier und schwieg dann für einen kurzen Moment. Dann ging er lautlos zu dem anderen Jungen, hielt seine Hand über den verdrehten Arm und murmelte ein paar Worte. Warmes Licht breitete sich unter seiner Hand aus. Der Sklave stöhnte kurz auf und schließlich erlosch das Licht. Kurz darauf trat der Magier wieder zu Davon heran.

»Mein Herr? Erlaubt mir, mich zurück zu ziehen. Ich kann leider nichts mehr für den Jungen tun. Eure Bitte habe ich erfüllt…«
 

Er war schon lange der Heiler für diesen Dämon, doch noch nie hatte er ihn so niedergeschlagen und verletzlich gesehen. Es wunderte ihn, dass sein Herr einem kleinen Sklaven gegenüber so viel Mitgefühl zeigte. Wegen dem Jungen hatte er ihn gerufen, hatte nicht einmal gewusst, dass er ein Drachenkind war, also hatte der Andere zu diesem Zeitpunkt auch keine Hintergedanken gehegt, sondern aus Gefühl gehandelt.

Das erstaunte ihn.

Dämonen waren normalerweise sehr kaltblütige Wesen, behandelten fast jeden außer Familienmitglieder unnachgiebig und hart und wurden sie eines Sklaven überdrüssig, oder ärgerten sich über ihn, wurde er beseitigt. Gerade von diesem Exemplar hatte er eher das Gegenteil erwartet und war umso mehr überrascht, nun diese verletzliche Seite an dem Dämon zu entdecken.

Ehrliches Mitgefühl breitete sich in ihm aus und es tat ihm leid, dass er diesmal nicht helfen konnte.

Noch immer wartete er auf die Erlaubnis zu gehen.
 

Tbc...
 

Hach... ich konnte es gar nicht mehr erwarten, das Kappi hochzuladen, nachdem ich gestern Nacht wieder mal einen Schreibanfall hatte (entgegen meiner Prinzipien endlich etwas für meine Pharmakologie bzw. Arzneimittelrechtsprüfung zu lernen, die schon in einer Woche ist... *davor graul*)

Aber ich konnte nicht anders... man soll solche kreativen Phasen ja nutzen, wenn sie gerade mal da sind.

Yooo... hoffe es gefällt euch.

Und vielen lieben Dank noch einmal an alle, die mich im Moment so sehr motivieren^^

*Kaffeetässchen rumreich*
 

© by desertdevil



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von:  me-luna
2010-03-11T17:30:31+00:00 11.03.2010 18:30
Juhu, du hast weitergeschrieben!
Endlich hat Devon eingesehen, dass er den Kleinen doch nicht so quälen darf- aber eher zu spät als zu früh.
Wie er wohl reagiert, wenn er herausfindet, dass Yume nicht fliehen wollte sondern das Ganze eine Intriege war?
Was er getan hat, ist jedenfalls nicht mehr gut zu machen.
Und immer noch tut mir das arme Handgelenk des Kleinen leid.
Jedenfalls wie immer super geschrieben und ich gehe jetzt gleich zum nächsten Kapitel.
lg
Von:  ApfelringDeluxe
2010-03-02T21:26:42+00:00 02.03.2010 22:26
uhhhh! spannend!
du hast mir wirklich den tag versüßt mit den Süßen!
Muss aber mal ehrlich sein, es war mir schon klar, das Yume ein Drachenkind ist... aber trotzdem alles hochdramatisch und spannend!
Ich finde auch, dass die Charaktere mit Mal zu Mal mehr Tiefe und Profil bekommen. Besonders interessant finde ich den Magier, hoffe er wird in der weiteren Geschichte eine größere Rolle einnehmen.
Schnell mehr!
LG
Von:  yokiko86
2010-03-02T17:52:07+00:00 02.03.2010 18:52
Hallo,

Yume ist also ein Drachenkind. Das ist ja cool, schade das der Magier ihm nicht helfen konnte, obwohl ein Jahr bei diesem Typ wäre auch nicht sol toll gewesen. Auf Davon bin ich richtig sauer, was denkt er sich den eigentlich?
Hat er gedacht Yume würde ein Luxusleben bei den Dämonen führen?
Wenn er früher zu seinen Gefühlen gestanden hätte dann wäre es nie soweit gekommen. Der einzige der mir Leid tut ist Yume, weil er so viel durchmachen musste. Sogar in dem Augenblick als Bewustlos wurde waren seine Gedanke nur bei Davon. Ich hoffe nur das Davon von nun an zu seinen Gefühlen stehen wird.

Ich würde so gerne wissen wie es weitergeht, wie Yume geheilt wird oder ob er überhaupt geheilt werden kann.

das wars von mir bei und alles gute yokiko

PS: wünsche dir noch viel Glück bei der Klausur^^
Von:  evejean
2010-03-02T16:21:28+00:00 02.03.2010 17:21
wow,das yume was besonderes is war ja klar, aber das ihm deswegen net geholfen werden kann o.O hoffentl. erkennt davon auch endl. mal das der kleine net weggelaufen is.

ungeduldig aufs nä. kapitel wart, kann man dich eigentl. mit keksen bestechen?

lg eve
Von:  wieprei
2010-03-02T12:36:22+00:00 02.03.2010 13:36
Sehr schön. Ich hoffe der Kleine erholt sich wieder.


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