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Bittersweet Symphony

Ich habe dich gefunden – Mein Glück - -Die letzten zwei Kapitel sind da
von

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Jacob

Es tut mir so wahnsinngi leid, dass es wieder so lange gedauert hat. Daher quatsch ich nicht lange, lest mal los. ^^
 

Jakob
 

Ich spürte etwas Weiches, das meine Stirn berührte.

Dieses Gefühl.

Ich kannte es.

Diese Situation.

Sie kam mir so bekannt vor.

So bekannt………

Aber woher?

Ich war mir sicher, ich hatte sie schon einmal erlebt und doch war sie dieses Mal anders.

Aber was war anders? Und woher kannte ich diese nur?

Eine sanfte Brise, süßlich duftend, streifte über mein Gesicht. Meine Gedanken, lösten sich augenblicklich in Wohlgefallen auf. Ich vergaß, worüber ich gerade noch nachgedacht hatte.

War es wichtig gewesen?

Ich seufzte zufrieden, gab mich dieser wunderschönen Empfindung vollkommen hin, konzentrierte mich nur auf dieses Etwas, das meine Stirn weiter liebkoste, in mir ein unbeschreibliches Kribbeln auslöste.

Es sollte niemals aufhören.

Niemals.

Es fühlte sich an als würde ich schweben und zugleich in seichtem Wasser dahin treiben. Und doch war es mit nichts zu vergleichen, unbeschreiblich.

Und dann, zunächst ganz schwach, kehrte sie zurück.

Eine Erinnerung.

Die Erinnerung an einen Traum.

Ich wusste wieder, woher ich diese Situation kannte. Es war genauso wie in dem Traum, den ich an dem Tag von Edwards Rückkehr hatte.

Also musste ich gerade wieder träumen.

War ich wieder zu diesem Traum zurückgekehrt?

Es fehlten nur noch die Stimmen und Alice und Emmett. Ich lauschte in die Stille, konnte jedoch nichts hören. Anscheinend war für die Beiden dieses Mal keine Rolle vorgesehen, was mich nicht sonderlich störte. Die Zwei wären jetzt vollkommen fehl am Platz.
 

Ein angenehmer Schauer durchlief meinen Körper. Ich seufzte erneut genießerisch, spürte, wie sich ein Lächeln auf meine Lippen legte.

Ein leises Glucksen erfolgte hierauf, das definitiv nicht von mir kam. Es musste somit von diesem sanften Etwas kommen!

Ich war mir ganz sicher, dass ich dieses Geräusch kannte, doch war es mir derzeit nicht möglich, dieses zuzuordnen.
 

Zart wurde meine Wange berührt, gestreichelt, lenkte mich erneut von meiner Überlegung ab. Und auch wenn es nicht das Etwas war, das meine Stirn berührt hatte, empfand ich diese Liebkosung ebenfalls als wunderschön. Ich fühlte Wärme, die sich von meinen Wangen aus ausbreitete. Ich beschloss definitiv niemals wieder die Augen aufzuschlagen, während ich mich weiter dieser gefühlvollen Berührung hingab, ihrem Weg folgte, der von meinen Wangen über mein Kinn zu meinem Lippen führte, dort endete und doch nicht verschwand.

Ich wusste zwar nicht, was es war, doch konnte ich mich gegen den Drang, der mich umgehend überfiel nicht wehren, also gab ich diesem Verlangen nach.

Ich öffnete leicht meine Lippen, küsste das weiche Etwas, was immer noch auf meinen Lippen ruhte.

Ein Seufzen folgte. Dieses stammte genau wie das leise Glucksen nicht von mir.

„Bella!“

Diese liebliche Stimme.

Mein Herzschlag beschleunigte sich, als sich ein Bild in meinen Gedanken formte.

„Hey, Schlafmütze.“

Und ich sah ihn.

„Aufwachen.“

Ohne dass ich die Worte richtig realisiert hatte, folgten meine Lider bereits der Bitte. Ich schlug meine Augen auf und sah in das Gesicht der Person, die mir mehr bedeutete als alles andere auf dieser Welt.

„Edward.“, nuschelte ich mit schwacher Stimme, was ihm sofort ein sanftes Lächeln auf sein Gesicht zauberte.

„Guten Morgen.“, kam es leise, liebvoll von dem Mann, dem mein Herz gehörte und bestätigte mir damit, dass er tatsächlich bei mir war. Ich spürte seine Nähe. Die daraus resultierenden Auswirkungen. Ein beschleunigter Herzschlag, Sauerstoffmangel, sinnflutartige Wärme, die sich durch meinen gesamten Körper zog.

Sein Atem streifte meine Nasenspitze, seine weichen grünen Augen ruhten auf mir.

Wie sehr ich doch diese Momente liebte!

Sekunden vergingen, in denen ich Edward einfach nur anstarrte, seinen Anblick in vollen Zügen genoss. Erst nach einer Weile bemerkte ich, wie nah sein Gesicht dem meinem war. Sein Finger berührte ganz leicht meinen Lippen, strich kaum spürbar darüber. Blut schoss mir ungehindert in die Wangen. Die Hitze wallte noch mehr auf.

„Gu…. Guten Morgen.“

Schüchtern wandte ich meine Augen zur Seite, hob gleichzeitig meine Hand an, griff nach seiner Hand, die immer noch über meinem Gesicht schwebte, verschränkte unsere Finger ineinander.

Eingehend betrachtete ich diese, während Edward weiterhin schwieg.

All das, was gestern vorgefallen war. - All das war gar kein Traum gewesen?!

Das war alles wirklich passiert?!

Edward hatte mir tatsächlich am gestrigen Tag seine Vergangenheit offenbart. Seine Gefühle. Er hatte sich mir gegenüber geöffnet, hatte mir Dinge mitgeteilt, die selbst seine Familie nicht wusste.

Immer wieder hatte ich mich nach dem Unfall gefragt, was in ihm vorging. Hatte mich das Gleiche immer wieder nach seiner Rückkehr nach Seattle gefragt, mich aber nie getraut, ihn darauf anzusprechen. Ich wollte ihm Zeit geben bis er von selbst mit mir darüber sprach. Und ich hätte gewartet. Und wenn diese Entscheidung bedeutet hätte, Jahre zu warten. Es wäre mir egal gewesen, da ich wusste, dass der Zeitpunkt irgendwann gekommen wäre. Und der Moment war früher gekommen, als ich selbst gedacht habe.
 

Nun kannte ich seine Vergangenheit. Der Teil seines Lebens, den er, nachdem wir uns gegenseitig den Rücken zugekehrt hatten, gelebt hatte. Jetzt wusste ich wie quälend alles für ihn gewesen war. Er hatte mir die Dinge aus seiner Sicht gezeigt. Edward hatte mich die Vergangenheit mit seinen Augen sehen lassen und darüber war ich unendlich dankbar und zugleich froh. Die Lücke, die durch unsere Trennung entstanden war, war nun wieder geschlossen. Endgültig.

Ein kleines Lächeln stahl sich auf meinen Lippen. Ich hatte meinen Blick noch immer nicht von unseren ineinander verschränkten Fingern abgewandt, war von diesem Anblick wie gebannt.
 

Für einander bestimmt.

Diese drei Worte legten sich in meine Gedankenwelt, ließen für nichts anders Platz, während meine Augen weiterhin fasziniert das Bild unserer verschlungenen Hände betrachteten.

Ich zuckte leicht zusammen, als Edward mit seiner anderen Hand sachte eine Strähne hinter mein Ohr schob, dabei zärtlich meine Haut berührte. Ich hielt in meiner Atmung inne, als er sich zu mir hinunter beugte, strahlendes Grün mir jetzt noch intensiver begegnete.

Ich schluckte einmal, zweimal, während Edward in seiner Position verharrte.

Mein Herz hämmerte gegen den Brustkorb und ich versank immer tiefer in seinen Augen, die mir mit so viel Liebe entgegen sahen. Mein sich überschlagendes Herz wurde von diesem Gefühl überflutet, mein gesamter Körper davon befallen.

Ich wusste nicht warum, aber genau in diesem Moment dachte ich wieder an unsere erste Begegnung nach all den Jahren im Flur zurück. Die Angst, die mich zu diesem Zeitpunkt fest im Griff hatte. Damals fürchtete ich mich davor ihm wieder zu vertrauen, mich ihm zu öffnen.

Und nun war all das verschwunden. Ich vertraute Edward aus der tiefe meiner Seele heraus. Ich spürte keinerlei Angst, auch wenn ich mir der Bedrohung durchaus bewusst war.

Ich wusste, dass er niemals zulassen würde, dass mir etwas zustoßen würde. Edward hätte es nicht aussprechen müssen, ich hätte es auch so gewusst.

Ich strich mit meinem Daumen über seinen Handrücken, was in zufrieden aufseufzen ließ. Langsam hob Edward seinen Kopf an, seine samtweichen Lippen strichen über meine Stirn. Ich rührte mich nicht, war völlig erstarrt, gefangen in diesem, mich überwältigenden Moment.

Sein Kopf wanderte etwas weiter hinab, seine Lippen streiften meine Nasenspitze „Mhmm.“, brummte er zufrieden bevor er sich zurückzog, sich neben mich legte, mir sein Gesicht zudrehte.
 

Einen winzigen Augenblick lang schwirrten meine Augen ziellos im Raum umher. Ich konzentrierte mich vollkommen auf meine Atmung, flehte zugleich inständig, dass mein stotterndes Herz mir nicht jetzt – in diesem Moment – den Dienst versagte.

Es dauerte noch einige weitere Sekunden, bis ich mich soweit wieder gefasst hatte, dass ich meinen Kopf ihm ebenfalls zudrehen konnte. Mein Blick wanderte über seine entspannten Gesichtszüge, sein seliges Lächeln. Kurz schob sich sein schmerzverzehrtes Gesicht vor meine Augen. Ich sah den Selbsthass in den seinigen. So schnell ich konnte verscheuchte ich dieses Bild wieder.

Niemals wieder würde ich zulassen, dass er diese Qualen noch einmal durchleben müsste. Das schwor ich mir hier und jetzt. Ich würde bei ihm sein. So lange er mich brauchte, würde ich an seiner Seite sein. Und ich hoffte so sehr, dass es für immer sein würde.

Wenn meine Wangen nicht bereits das höchste Stadium an Röte erreicht hätten, würden sie sicher noch – allein bei diesem Gedanken - eine weitere Nuance an dunkleren Rot annehmen. Doch deren Kapazität war bereits völlig ausgeschöpft. Ich war mir nicht mal sicher, ob mein Gesicht nicht bereits in Flammen stand. Während ich darüber sinnierte, dass das nicht der Fall sein konnte, da ich keinerlei Schmerz empfand und Edward dann wahrscheinlich nicht so seelenruhig neben mir liegen würde, kam mir noch etwas anderes in den Sinn. Sachte strich ich mir über die Stirn, nahm wieder das leichte Kribbeln wahr.

„Dann war es kein Traum, nicht wahr?“

Edward hob hierauf nicht wissend worauf ich damit anspielte, seine perfekten Augenbrauen.

„Damals, nachdem ich dich im Flur getroffen habe. Du warst es, der mich ins Bett gebracht hat?“

Die Verwunderung in seinem Gesicht nahm zu. Gleichzeitig konnte ich jedoch die Erkenntnis in seinen Augen aufblitzen sehen. Seine Züge verhärtete sich leicht, gleichzeitig legte sich ein Hauch von Traurigkeit hinein, was mich dazu veranlasste meinen Oberkörper etwas aufzurichten. Edward erhob sich ebenfalls, doch der geringe Abstand zwischen uns, vergrößerte sich dadurch nicht.

„Woher…?“

„Du……… Du hast mich auf die Stirn geküsst, genauso wie an diesem Tag oder…..besser……in dieser Nacht…“ Ich wurde mit jedem Wort leiser, sah jetzt durch meine Wimpern zu Edward hinauf. Dieser kratzte sich verlegen am Kinn. Ein Moment des Schweigens legte sich über uns, bevor er sich räusperte. „Bist…… Bist du sauer?“

„Bitte? Warum sollte ich?“

„Weil ich dir nichts davon gesagt habe. Ich……… Ich war einfach nicht sicher, wie du darauf reagieren würdest, denn in dieser Nacht…. Alice wollte mich nicht zu dir lassen. Aber ich wollte mit dir reden. Daher hab ich sie einfach zur Seite geschoben und………“ Er atmete tief durch. „Als ich die Tür zu deinem Zimmer öffnete,…..mir blieb für einen Moment das Herz stehen, Bella. Du lagst zusammengekauert auf dem Boden. Dein Gesicht Tränen verschmiert. Du warst so blass. Es schmerzte mich mehr als alles andere, dich so zu sehen. Ich wusste, dass ich dich verletzt hatte, Bella. Aber es war was völlig anderes, es auch zu sehen – dich so zu sehen. In dieser Nacht sah ich zum ersten Mal, was ich dir angetan habe. Als mein Wissen und dieses Bild aufeinander trafen da….. Ich…..hab nicht lange nachgedacht, bin zu dir und hab dich auf meine Arme genommen.

Und als du dann noch zu mir meintest, dass ich bei dir bleiben soll…… Gott, Bella, du weist gar nicht, wie gern ich das in diesem Moment einfach getan hätte. Ich hätte dich am liebsten nie wieder losgelassen. Alles in mir schrie danach, mich neben dich zu legen, einfach zu wartet bis du wieder aufwachst und sofort diese verfluchte Sache mit dir zu klären. Aber ich wusste, dass das das Dümmste wäre, was ich hätte tun können. Ich wusste, dass ich am Leben bleiben müsste, damit ich alles wieder hinbiegen konnte.“ Er schmunzelte kurz über seine eigenen Worte. „Und so schwer es mir an diesem Abend gefallen ist, bin ich gegangen. Was ich im Nachhinein nicht bereue, denn du bist jetzt hier.“ Er schenkte mir zugleich wieder ein Lächeln zum dahin schmelzen.

Ich sagte zunächst nichts. Konnte nichts sagen. Der Klos, der sich in meinem Hals gebildet hatte, wollte einfach nicht verschwinden. Ich spürte wieder Tränen, die sich in meine Augen bildeten. Schnell blinzelte ich. Ich wollte nicht schon wieder weinen, auch wenn das, was er mir gerade gesagt hatte, mich wieder zutiefst berührte.

Ich nahm einen tiefen Atemzug, fixierte mich wieder auf mein wild schlagendes Herz, versuchte mich so von den Tränen abzulenken.

Und Edward hatte anscheinend vor, mich bei diesem Vorhaben zu unterstützen. Ich spürte seine Hände, die mein Gesicht umrahmten, meinen Blick, den ich zuvor verlegen gesenkt hatte, damit wieder anhob, so dass von neuem in seine wunderschönen grünen Augen sehen musste.

„Und ich hoffe du weist, wie unendlich froh ich darüber bin, dass du hier bist.“, flüsterte er mit seiner honigsüßen Stimme, die mir eine Gänsehaut bescherte. Kaum, dass er gesprochen hatte, bettete er seine Stirn gegen die meine, schloss seine Augen. Seine Hand ruhte in meinen Nacken. Sein Daumen strich sanft über meine Haut. Ich saß einfach nur da, besah mir sein atemberaubendes Antlitz während mein Herz vor Liebe und Glück zu zerreisen drohte. Nicht mehr im Stande war, noch mehr in sich aufzunehmen. Die Tränen kehrten zurück, legten sich in meine Augenwinkel.

„Dadurch ist mir auch Gott sei dank nicht die letzte Nacht entgangen, die äußerst interessant war.“, gab er verschmitzt von sich.

Verdattert sah ich ihn an. Auf was wollte er anspielen?

„Ich spreche von deiner Konversation, die du letzte Nacht geführt hast.“ In seinen Augen blitzte es verräterisch auf, während ich nach Luft schnappte. Die Wärme in meinen Wangen nahm tatsächlich noch zu, was ich selbst nicht für möglich gehalten hätte. So wie es aussah würde ich heute vermutlich noch meinen eigenen Rekord in Erröten brechen.

Kurz versuchte ich mir selbst noch einzureden, dass das, was ich letzte Nacht von mir gegeben hatte vielleicht gar nicht so schlimm war, belangloses Zeug. Doch das würde Edwards Erheiterung hierüber nicht erklären. Und zu meinem eigenen Beschämen konnte ich mir auch schon denken, aus welchem Wort oder besser gesagt welchem Namen mein nächtliches Gespräch hauptsächlich bestanden hatte.

Peinlich!, schrillte durch meine Gedanken. Was es nicht mal im Entferntesten traf.

Wieso musste ich auch im Schlaf reden?! Blieb mir denn gar nichts erspart?

Sofort schüttelte ich diesen Gedanken wieder ab. Was brachte es mir, mich jetzt darüber zu ärgern?

Nichts! Rein gar nichts! Es half mir nicht im Geringsten aus dieser Situation heraus. Ich räusperte mich. „Wie……….“, ich schluckte „Wie oft?“

„Wie oft was? Was meinst du?“

Ich sah ihn scharf an. Mit Unschuldmiene sah er mir entgegen. Und ich musste zugeben, dass er diese perfekt beherrschte. Fast perfekt, wäre da nicht das verräterische Zucken, das seine Mundwinkel umspielte.

Dieser…….

Ich holte von neuem Luft. „Wie oft….habe ich…………..deinen………..“ Ich wartete auf einen Unterbrechung, hoffte, dass Alice jede Sekunde in den Raum gestürzt kommen würde. Doch nichts der Gleichen geschah, was bedeutete, dass ich dazu verdammt war, diesen Satz zu beenden. Mist! Wo zum Teufel war meine beste Freundin, wenn ich sie brauchte?

Ich seufzte resignierend. „ Wie oft habe ich deinen Namen gesagt?“

„Wie oft ist “oft“?

OH.MEIN.GOTT!!!!!!!

Das war das Einzige, was mir durch den Kopf schoss als ich auch schon mein Gesicht in meinen Händen vergrub. Das durfte doch alles nicht wahr sein! Sollte das vielleicht doch noch ein Traum sein?

Bitte, bitte, lass es ein Traum sein!!, flehte ich inständig. Ein Traum!!!!

Ich spürte wie Edward seine Arme um mich schlang, mich zärtlich an seine Brust zog.

„Nein, geh weg.“, wimmerte ich verzweifelt, versuchte mich gleichzeitig zu widersetzen, Abstand zu gewinnen. Doch er ließ es nicht zu, lachte leise.

„Das muss dir nicht peinlich sein, mein Herz!“, flüsterte er mir schmunzelnd ins Ohr.

Mein Herz.

Das hatte er gestern auch schon zu mir gesagt.

Du bist mein Herz.

Mein Herz begann wiederum zu rasen.

Edward stellte meine Welt auf den Kopf, brachte mich aus dem Gleichgewicht. Ich taumelte, selbst wenn ich – wie jetzt – saß. Und ich liebte dieses Gefühl. Dieses Kribbeln und Prickeln. Das Bitzeln, das seine Worte, seine Berührungen auslösten. Die Sprachlosigkeit und Atemlosigkeit, der ich immer gegenüberstand, wenn er bei mir war. Nie wieder wollte ich all das verlieren.

Nie wieder missen. Es sollte mich nie wieder verlassen, immer in mir sein.

Es klang verrückt. Völlig verrückt. Und würde er nicht vor mir sitzen, mich in seinen Armen halten, würde ich es nicht wahrhaben wollen. Doch so war es. So und nicht anders.

Wir liebten uns.

Liebe.

Dieses Wort war frei von Zweifel und Angst. Völlig klar schwebte es durch meine Gedanken. Es müsste nur noch ausgesprochen werden. War das der richtige Moment? Gab es diesen überhaupt? Ich musste mich nur dazu entscheiden. Am gestrigen Abend hatte Edward mir so viel gegeben. Jetzt war ich an der Reihe. Wenn ich mich dazu entschließen würde.
 

Das Klingeln des Handys ließ mich aufhorchen, Edwards Umarmung lösen. Ich verzog missmutig meinen Mund. Ärgerte mich über die Unterbrechung. Langsam begann ich dieses Ding zu hassen.

Schnell wandte er sich um, griff nach seinem Handy.

„Cullen.“ Seine sonst so freundlich klingende Stimme wirkte unterkühlt, dunkel. Mein schneller Herzschlag verlangsamte sich sofort. Alles andere rückte in den Hintergrund. Gebannt sah ich in Edwards Gesicht, um jede noch so kleinste Regung wahrzunehmen. Doch seine ernsten Züge wandelten sich kaum. Seine Haltung versteifte sich so, dass es fast wirkte, als wäre er aus Stein gemeißelt. Atmete er überhaupt noch?

„Und du bist dir sicher, dass er auch in der Stadt ist?"

Er lauschte wieder den Worten des Anrufers.

„Wo kann ich ihn finden?“

…..

„Und er ist auch sicher alleine dort?“ Seine Augenbrauen zogen sich zusammen.

„Ok. Danke.“ Damit klappte er das Handy zu.

Ich hatte während des Gesprächs nach seiner linken Hand gegriffen, strich über seinen Handrücken, wodurch er sich wieder etwas entspannte.

Edward nahm einen tiefen Atemzug, bevor er sein Gesicht mir wieder zuwandte, schnell nach meiner anderen Hand griff.

„Das war einer ……meiner alten Kontakte von früher.“ Er hatte kurz überlegt, wie er es am besten ausdrücken sollte. Ich folgerte daraus, dass er keinen Namen nennen wollte. Seine Stimme war wieder etwas weicher geworden, doch schwang immer noch ein Hauch von Schärfe darin mit. Ich konnte ebenfalls heraushören, dass er beunruhigt war. Also war Sam in der Stadt.

„Er hat mir bestätigt, dass sie in der Stadt sind.“ Die Bestätigung meiner Vermutung.

„Er hat mir ebenfalls mitgeteilt, dass heute Abend ein Rennen in einem der Außenbezirke von Seattle stattfindet. Ich werde heute also noch einen kleinen Ausflug machen müssen.“

„Wir.“

„Bitte?“

„Wir werden heute noch einen kleinen Ausflug machen.“, korrigierte ich.

„Vergiss es, Bella. Ich werde dich nicht mitnehmen. Ich……“

„Ich werde mitkommen, Edward.“ Und ich drückte es so aus, dass er verstand, dass ich darüber nicht diskutieren würde. Ich würde nicht von seiner Seite weichen. Mich betraf die Angelegenheit genauso sehr wie ihn. Seine Angelegenheit wurde zu meiner.

Edward atmete von neuem tief ein. Drückte Daumen und Zeigefinger auf seinen Nasenrücken und schloss kurz seine Augen. Ich selbst wandte meinen Augen nicht ab, veränderte auch nicht meinen unmissverständlichen Blick. Ich war entschlossen, nicht klein bei zu geben. Er würde mich schon fesseln und knebeln müssen, um mich von diesem Vorhaben abzubringen. Innerlich hoffte ich, dass er nicht gleichfalls auf diesen Gedanken kam. In Sachen Kräfteverhältnis wäre ich auf jeden Fall die Unterlegene.

„Gut.“, gab er grimmig von sich, schlug seine Augen auf. „Aber du bleibst bei mir, hörst du! Es wird alles so gemacht, wie ich es sage. Haben wir uns da verstanden?“ Seine Stimme war eindringlich.

„Einverstanden.“ Ich schluckte.

Wir schwiegen für einige Sekunden, sahen uns einfach nur an, bis ich die Stille unterbrach. „Wen…..? Wen werden wir heute Abend treffen?“

Er zögerte kurz, bevor er mir antwortete. „Einen alten Freund.“ Ich schob aufgrund dieser Antwort meine Augenbrauen zusammen, was ihm zum Weitersprechen bewegte. „Jacob Black.“

„Jacob?“ Die Überraschung über diesen Namen war nicht nur aus meiner Stimme zu hören, sie war mir auch anzusehen.

„Er ist der Einzige, dem ich vertrauen kann.“

Ich glaubte seinen Worten, dennoch konnte ich es nicht verhindern, dass sich meine Augenbrauen nun skeptisch anhoben.

„Willst du doch lieber….“

„Nein.“, warf ich schnell ein. Edward sah mir prüfend entgegen. „Ich werde mich nicht umstimmen lassen, Edward. Also hör auf mit diesem Blick.“ Ich erhob mich unbeirrt.
 

Ich war gerade mal zwei Schritte weit gekommen, als ich bemerkte, dass es doch recht kühl an meinen Beinen war. Verwirrt stoppte ich, sah an mir hinunter und nahm wahr, wie mein Mund aufklappte. Meine Beine waren nackt. Ich hob einen meiner Arme, sah, dass ich ein Hemd trug. Ein Hemd?

Was?

Kaum, dass ich mir diese Frage gestellt hatte, sickerte die dazugehörige Erinnerung auch schon wieder zu mir durch.

Edward und ich auf der Couch. Von den vielen Tränen war ich so erschöpft gewesen, dass er meinte, es wäre besser, wenn er mich nach oben bringt. Ich wollte aber nicht. Ich wollte bei ihm bleiben. Da ich jedoch nichts trug, was sich zum Schlafen eignete, sollte ich mir etwas aus Edwards Kleiderschrank holen, solange er im Bad war. Was ich auch tat und zwar dieses Hemd. Ich wusste auch nicht warum, aber in diesem Moment stellte ich es mir einfach schön vor, darin am nächsten Morgen aufzuwachen. Was sicherlich auch sehr schön gewesen wäre, wenn ich daran noch nach dem Aufwachen gedacht hätte. Doch leider war ich wieder zu sehr abgelenkt gewesen. Oder besser war abgelenkt worden von einem gewissen Jemand.

Edward!

Mein Kopf schoss nach hinten. Besagte Person saß regungslos auf dem Bett. Seine Augen wanderten gerade meinen Körper wieder hinauf, so dass er bemerkte, dass ich mein Gesicht ihm wieder zugewandt hatte. Doch blieb die Ertapptheit, die ich erwartete zusehen, aus. Stattdessen entdeckte ich ein Begehren, Sehnsucht, Liebe darin, die mich vollkommen fesselte. Ich war gefangen, versank willenlos in diesen Gefühlen, während sich in meiner Bauchgegend ein angenehmes und zuvor nie gekanntes Kribbeln erhob. Die Wärme meiner Wangen nahm ich schon gar nicht mehr wahr. Ich sah nur noch Edward. Wie er auf dem Bett saß. Wie seine Augen immer wieder über mich schweiften, mir eine Gänsehaut bescherten, mich zugleich angenehm erschauern ließ.

In diesem Moment fiel mir auf, wie einladend das Bett aussah. Ich schluckte unbemerkt mehrmals hintereinander, während ich meinen Blick etwas senkte. Meine Augen wanderten über Edwards Oberkörper, über die leichten Konturen seiner Muskeln, die durch den dünnen Stoff zu erkennen waren. Weiter zu dem Bund seiner Boxershorts. Was tat ich da? Ich schnappte nach Luft. Schnell huschte mein Blick wieder nach oben in sein wundeschönes Gesicht. Seine atemberaubenden Augen wurden jetzt von seinen verwuschelten Haaren fast vollkommen verdeckt und doch entging mir nicht das Feuer, das in diesem außergewöhnlichen Grün loderte. Edward senkte leicht seinen Kopf, sah mich durch seine Wimpern heraus an, was mich vollkommen aus der Fassung brachte.

Die plötzliche Begierde, die mich überfiel verwirrte mich und ließ mich zugleich klar sehen. So etwas hatte ich noch nie verspürt. Noch nicht einmal im Ansatz. Ich sehnte mich nach Edward. Ich stand gerade einmal zwei Schritte von ihm entfernt. Und dennoch sehnte ich mich bereits so sehr nach ihm, dass es schmerzte. Ich wollte nichts anderes mehr, als diesen kleinen Abstand zwischen uns zu überbrücken. Ich wollte ihn fühlen. Seine Lippen spüren. Seine Hände auf meiner Haut. Ich…..

Woran dachte ich da bloß?

Doch ich konnte diesen Gedanken nicht entkommen. Unsicher wandte ich meinen Oberkörper ihm wieder leicht zu, verhakte meine Finger ineinander, während ich den Blickkontakt immer noch nicht unterbrochen hatte. Ich bemerkte, dass mein Atem bereits schwerer ging, unregelmäßig. Das Kribbeln strömte aus, kämpfte sich unaufhaltsam in alle Richtungen voran. Meine Augen ruhten weiter auf Edward. Wie konnte jemand nur so unbeschreiblich gut aussehen?

Ich biss mir auf die Lippen, während mein Verlangen nach seiner Nähe immer größer und größer wurde.

Er sah mir weiterhin unverwandt entgegen. Ich noch immer in seinem Blick gefangen, als er seinen Mund öffnete. „Bella, ich……..“, er räusperte sich, wandte seinen Blick verlegen ab, was mich aus meiner Starre erweckte.

Ich …ähm……Bad, ja.“, murmelte ich kaum hörbar und eilte los. Ich war so dankbar darüber, dass ich mich in dieser Wohnung auskannte.

Als sich die Badtür hinter mir schloss, atmete ich zunächst tief durch. Frischer, reiner Sauerstoff strömte in meine Lungen. Mein Verstand schärfte sich wieder.

Wenn Edward seinen Blick nicht von mir abgewandt hätte, dann…..

Ich atmete noch einmal tief durch.

Nicht daran denken, ermahnte ich mich selbst, als ich von neuem spürte, wie sich meine Wangen wieder verfärben wollten.

Langsam trat ich an den Spiegel heran, lugte vorsichtig hinein und sah in mein völlig verschlafenes Gesicht.

Ich schnaubte. Was zum Teufel hatte ich erwartet zu sehen. Ich verhielt mich total lächerlich.

Ich blinzelte, beschäftigte mich wieder mit meinem Spiegelbild. Meine Haare waren eine reine Katastrophe, einem Heuhaufen gleich. Normalität.

Missbilligend musste ich feststellen, dass ich mit meiner Mission „Nicht gerötete Wangen“ gescheitert war. Leuchtend rot strahlten mir diese entgegen. Vorsichtig, so als könnte ich mich daran verbrennen, strich ich mit meinen Fingerkuppen darüber. Ob diese jemals wieder ihre ursprüngliche Farbe annehmen würden?

Ich bezweifelte es, solange Edward bei mir war.

Kaum, dass sein Namen wieder in meinen Gedanken existierte, stahl sich ein glückliches Lächeln auf meine Lippen. Mein Herz machte einen Hüpfer.

Während ich in meinen Gedanken vertieft war, schweiften meine Augen umher, blieben an der Uhr, die rechts von mir an der Wand hing, hängen.

12:30 Uhr.

Ich riss meine Augen auf. Es war jedoch nicht die Uhrzeit, die mich zu dieser Reaktion gebracht hatte, sonder eher die Tatsache, dass ich noch nichts von meiner besten Freundin gehört hatte.

Warum hatte Alice noch nicht Alarm geschlagen?

Schließlich war ich schon fast 24 Stunden wie vom Erdbogen verschluckt - zumindest für Alice. Aber bis jetzt hatte ich noch niemand panisch an die Tür trommeln hören.

Oder hatte ich es einfach überhört?

Unmöglich. Alice konnte man nicht überhören. Und Edward wäre garantiert die erste Anlaufstelle – nach dem Bemerken meiner Abwesenheit – gewesen.

Und ich wusste, dass meine beste Freundin definitiv nicht darüber informiert war, dass ich heute Nacht im Bett ihres Bruders gelegen hatte. Wenn dass der Fall wäre, hätte sie mich aus meinem friedlichen Schlaf gerissen, mich ein Stockwerk höher geschleift, um mich dann mit Fragen zu bombardieren.

Alice hatte zwar bisher nahezu meisterlich bewiesen, dass sie sich in Bezug auf mich und ihren Bruder in Zurückhaltung üben konnten, aber das wäre selbst für ihre Beherrschung zu viel gewesen.

Außer vielleicht Jasper…..

Nein. Nicht einmal Jasper hätte sie dann noch zurückhalten können.

Genau in diesem Moment ging mir ein Licht auf. Jasper war das Zauberwort. Natürlich. Sie hatte bei Jasper übernachten.

Was für ein Glück. Dadurch war ich einem morgendlichen Verhör entgangen. Zumindest vorerst.

Na wenn das keine Fügung des Schicksals ist.

Froh darüber, diese Frage beantwortet zu haben, öffnete ich den Wasserhahn, warf mir einen Schwall kaltes Wasser ins Gesicht, was auch die letzten Lebensgeister in mir weckte.

Ich griff nach einem Handtuch, rieb mein Gesicht trocken. Als ich dieses langsam sinken ließ, wieder in den Spiegel sah, waren meine Gedankengänge wieder mit etwas oder besser gesagt, jemand anderem beschäftigt.

„Jacob Black.“, murmelte ich leise, verzog dabei meinen Mund.

Oder auch Jake. Billys ältester Sohn.

Ich stieß einen undefinierbaren Laut aus. Ich gab offen und ehrlich zu, dass ich auf Jacob nicht gerade gut zu sprechen war. Früher, als wir noch Kinder waren, hatten wir des Öfteren miteinander gespielt und uns zu diesem Zeitpunkt auch noch gut verstanden. Das ging jedoch nur so lange gut, bis Jacob in die so genannte pubertäre Phase kam. Nur weil ihm ein Haar auf Brust gewachsen war, bildete er sich von da ab ein, ein Mann zu sein.

Pah, dass ich nicht lache.

Das war so typisch.

Jake wurde unausstehlich. Immer wenn wir aufeinander trafen – was später hin immer seltener wurde – gerieten wir uns in die Haare. Keiner von uns wollte klein bei geben. Er ärgerte mich, wo er nur konnte und ich zahlte es ihm mit gleicher Münze heim. Edward war in all die Geschehnisse natürlich eingeweiht, hatte von mir aber strikt die Anweisung erhalten, sich aus meinem persönlichen Kleinkrieg mit Jake herauszuhalten. Was ihm zwar schwer gefallen war, aber er hatte es getan.
 

Ich erinnere mich noch gut an einen Vorfall ca. ein halbes Jahr vor dem Unfall. Ich hatte meinen Dad mal wieder auf einen der monatlichen Angelausflüge, die er mit Billy immer unternahm, begleitet. Während Billy und Charlie auf den See hinaus gefahren waren, war ich am Ufer eingenickt. Und Jacob hatte nichts anders zu tun, als die Gelegenheit beim Schopf zu packen und mir die Hälfte meines Pferdeschwanzes abzuschneiden. Sein schallendes und zugleich triumphierendes Lachen, was durch den Wald geschallt war, als er meine Haare wie eine Trophäe in seiner Hand herumwirbelte, werde ich niemals vergessen. Genauso wenig, wie den Schock, als ich bemerkte, dass meine Haare mir gerade noch bis kurz über die Schulter fielen. Tränen hatten mir in den Augen gestanden, während mir die Zornesröte ins Gesicht schoss. Meine Hände waren zu Fäusten geballt gewesen. Eindringlich hatte ich auf mich selbst eingeredet, dass mir ein Mord an Jacob auch meine Haare nicht mehr zurückbringen würden. Aber als er dann noch meinte ich sollte doch froh darüber sein, denn dadurch hätte er mir den nächsten Besuch beim Friseur erspart, brannte bei mir die letzte Sicherung durch, die mich davon abhalten sollte, ihn umzubringen.

Um meiner unendlichen Dankbarkeit Ausdruck zu verleihen, hatte ich ihm Truman auf den Hals gehetzt. Das Jacob Black sich vor Hunden fürchtete, war natürlich reiner Zufalle gewesen.
 

Ein breites Grinsen breitete sich auf meinem Gesicht aus als ich daran dachte, wie Jacob auf einen der Bäume geklettert war, um Truman zu entkommen. Zu schade, dass der Ast, auf den er sich gerettet hatte, seinem Gewicht nicht stand hielt und er zusammen mit dem armen Ast in den See gestürzt war.

Von da an durften nur noch Jacob oder ich mit auf einen Angelausflug. Unsere Väter schworen sich, uns niemals wieder zusammen auf einen Ausflug mitzunehmen. Von da an, sah ich Jacob immer weniger. Selbst in der High School begegneten wir uns kaum. Ich strich ihn völlig aus meinen Gedanken, bis er Edwards bester Freund nach dem Unfall wurde.

Ich seufzte leise auf, während ich in Richtung Dusche lief.

Würde Jacob uns weiterhelfen können und konnten wir ihm wirklich vertrauen?

Edward jedenfalls schien keine Zweifel zu haben.

Ich hoffte nur, dass er damit Recht hatte.

Ich drehte das Wasser auf und nahm mir vor, zumindest während des Duschens nicht daran zu denken.
 

„Wo fahren wir hin?“, wollte ich jetzt doch wissen. Seit einer knappen halben Stunde waren wir schon unterwegs. Die ganze Zeit hatte ich mich noch zurückhalten können, doch die Neugier überwog mehr und mehr. Hatte Edward nicht irgendein Gelände außerhalb der Stadt erwähnt? Doch derzeit sah es nicht danach aus, als würden wir Seattle bald verlassen.

„Wir müssen vorher noch einen Austausch vornehmen.“

„Häh?“ Sehr geistreich, das wusste ich selbst, aber etwas anderes konnte ich auf diese Art von Antwort einfach nicht erwidern.

Edward lachte kurz auf, bedachte mich mit einem mysteriösen Blick. „Wart es ab. Du wirst es innerhalb der nächsten zehn Minuten wissen.“ Damit wandte er sich wieder der Straße zu und ich grummelte leise vor mich hin. Na toll! Damit konnte ich jetzt wirklich etwas anfangen. Wie ich es hasste, wenn er so war.

Aus dem Augenwinkel konnte ich sehen, dass es ihm durchaus Spaß machte.

Pure Absicht.

Ein Spaß auf meine Kosten.

Schön für ihn, dass er in so einer Situation noch lustig sein konnte. Jemand hatte es vielleicht auf mich abgesehen und Herr Cullen amüsierte sich über mich. Haha. Ich lachte mich gerade so was von tot.

Dämlicher Kerl.

Leicht angesäuert verschränkte ich meine Arme vor der Brust, sah aus dem Fenster.
 

Nach mehreren Minuten des Schweigens verließ Edward die Hauptstraße, auf der wir uns schon seit einiger Zeit befanden, bog in eine kleine Nebenstraße ein, um dann in eine Einfahrt eines eher unscheinbaren Parkhauses zu fahren. Merkwürdig, ich hatte gar kein Schild bemerkt, das auf dieses hingewiesen hatte. Ebenfalls fiel mir auf, dass dieses Parkhaus über gar keine Automaten verfügte, an dem man ein Ticket ziehen konnte.

Der Volvo hielt vor dem eisernen Tor, das derzeit noch unsere Weiterfahrt verhinderte.

Noch, denn kaum, dass Edward gestoppt und das Fenster heruntergelassen hatte, tippte er auch schon eine Nummer in den kleinen Kasten, der sich auf Augenhöhe befand, ein. Wenige Sekunden nachdem dies geschehen war, öffnete sich auch schon das Tor und wir konnten unsere Fahrt wieder aufnehmen.

Neugierig sah ich mich um. Vor uns eröffnete sich eine große Halle – anders konnte ich es nicht bezeichnen. Einige Autos standen darin verstreut. Außer uns war keine Menschenseele zu sehen.

Was wollten wir hier?

Und was war das für einen Garage?

Doch bevor ich mich weiter mit diesen Fragen beschäftigen konnte, parkte Edward den Volvo auf einem leer stehenden Parkplatz, stieg kommentarlos aus. Ich rührte mich nicht. Ich wusste überhaupt nicht, was ich davon halten sollte. Meine Skepsis musste sich wohl auch in meinem Blick spiegeln, da Edward um den Volvo herum lief, mir die Tür öffnete, dann nach meiner Hand griff, mich hinaus ziehen wollte. Ich widersetzte mich jedoch, machte mich absichtlich schwer, schüttelte ihn ab.

„Bella.“, knurrte er hierauf.

Ich schob trotzig meine Unterlippe nach vorne. „Ich steige erst aus, wenn du mir erklärst, was wir hier machen.“

„Ich habe dir doch gesagt, dass wir erst noch einen Austausch vornehmen.“

Immer noch sichtlich verwirrt hob ich meine Augenbrauen an. „Indem du den Satz von neuem wiederholst, werde ich daraus auch nicht schlauer werden, Edward.“

Er seufzte auf, griff von neuem nach meiner Hand. „Bella, Schatz. Gedulde dich bitte nur noch ein paar Minuten. Oder vertraust du mir nicht?“ Zugleich entlud er die ganze Kraft seiner tiefgrünen Augen.

Mir verschlug es den Atem. „Natürlich vertraue ich dir.“, hauchte ich.

Er lächelte hierauf das von mir geliebte schiefe Lächeln. Ohne Umschweife durchschoss Wärme meinen gesamten Körper, ich holte tief Luft und Edward nutzte genau diesen Moment aus, zog mich aus dem Auto.

Das hatte er mit voller Absicht gemacht. Er hatte mich gezielt Schachmatt gesetzt.

Dieser gemeine…..

„Gehen wir.“

Edward hatte den Satz noch nicht zu Ende gesprochen, da lag auch schon sein Arm um meine Hüfte und wir setzten uns gleichzeitig in Bewegung. Meinen dunklen Gesichtsausdruck überging er geflissentlich. Nach wenigen Schritten gelangten wir zu einem Aufzug. Es dauerte nicht einmal eine Minute, als sich die Türen bereits mit einem Pling öffneten und Edward mich hinein zog. Leise Musik erfüllte den kleinen Raum, als sich die Türen wieder schlossen und Edward das dritte Stockwerk drückte. Zu meiner eigenen Verwunderung fuhren wir jedoch nicht nach oben. Der Aufzug bewegte sich in die entgegengesetzte Richtung. Ich musste zugeben, dass meine Neugierde stetig größer wurde, da ich immer noch nicht nachvollziehen konnte, was wir hier tun wollten.
 

Ich vernahm erneut das Pling und schon traten wir aus dem Aufzug heraus. Edwards Arm lag immer noch um meine Hüfte. Ich derzeit darauf bedacht, dieser Berührung nicht all zu viel Beachtung zu schenken. Ich durfte mich nicht darin verlieren. Würde ich mich erst einmal darauf konzentrieren, war es mit meiner Aufmerksamkeit dahin. Außerdem war ich immer noch sauer.

Ich erzitterte, als er seinen Daumen über meine Seite streifen ließ. Zumindest.noch.ein.klein.wenig.

Mein Brustkorb hob sich aufgrund meines tiefen Atemzugs.

Konzentration!, ermahnte ich mich selbst. Ich beschloss meine Augen, die auf seiner Hand geruht hatten, anzuheben. Diese weiteten sich, sobald ich erkannte, was sich vor uns befand.

Nein, dieses Parkhaus konnte man wirklich nicht als gewöhnlich bezeichnen, schoss es mir augenblicklich durch den Kopf. Ich hatte zwar keine all zu große Ahnung von Autos, dennoch konnte ich die Marken, die hier standen schon noch mit Namen betiteln.

Porsche, Ferrari, Bugatti, Lotus, Lamborghini, um nur Einige zu benennen. Mir stand vor Erstaunen der Mund offen, während mich Edward zielsicher durch das Parkdeck führte.

Und ich stellte mir erneut die Frage: Was zum Teufel wollten wir hier?

Und vor allem, warum hatte Edward für solch eine Garage einen Code?

Ich war so mit meinen Fragen beschäftigt, dass ich gar nicht bemerkte, wie Edward inne hielt, einen Schritt nach hinten trat und nun hinter mir stand. Ich spürte, wie er näher an mich heran trat, seine Arme um meinen Bauch schlang.

„Edward, ……was?“, stieß ich mühevoll hervor.

Seine Lippen befanden sich direkt an meinem Ohr. Ich erzitterte, als ich seinen Atem spürte, der mein Ohrläppchen streifte, was ihm natürlich nicht entging.

„Kann es sein, dass du in meiner Anwesenheit manchmal ziemlich unaufmerksam bist?“, gluckste er erheitert.

Ich grummelte etwas Unverständliches vor mich hin, was er ausnutzte, mich noch näher zu sich heran zog. „Wo bleibt deine Kombinationsgabe.“, flüsterte er.

Für eine lange Sekunde war ich völlig überrumpelt, konnte damit überhaupt nichts anfangen. Es dauerte noch einige weitere Sekunden, bis der Sinn seiner Frage zu mir durchgedrungen war, woraufhin ich begann mich genauer umzusehen. Auf dieser Etage der Garage standen Autos. Teure Autos. Wahnsinnig teure Autos wohlgemerkt.

Edward hatte in einiger Entfernung zu drei Autos gestoppt, deren Abgrenzung alle in der gleichen Farbe – ein tiefdunkles Grün – gehalten war. Sonst kein anderer Parkplatz oder andere Parkplätze war mit der gleichen Farbe auf den Boden eingezeichnet worden.

Sollte das etwa bedeuten……“Das sind deine Autos?“ Ungläubig wandte ich den Kopf in seine Richtung, begegnete einem bestätigenden Nicken.

Ich blickte wieder zu den Autos hinüber.

Warum überraschte mich das überhaupt noch?

Nachdem was er mir am gestrigen Tag eröffnet hatte, durfte mich doch eigentlich rein gar nichts mehr im Bezug auf Edward Cullen überraschen.

Jetzt verstand ich auch, was er mit “austauschen“ meinte. „Will ich wissen, wo du die Wagen her hast?“, fragte ich zögerlich, während er mich bereits wieder mit sich zog. Er schaute über seine Schulter zurück, schenkte mir ein verschmitztes Grinsen. „Keine Angst, die habe ich alle ehrlich erworben. Ich hab dir doch gesagt, dass ich ziemlich gut war, was das Rennen fahren anbelangt. Und nun ja, das habe ich mir von meinen Siegen gegönnt.“ Er besah sich wieder die Wagen.

„Aha.“

Er kicherte hierauf nur.

Direkt vor den drei Wagen hielten wir erneut inne. Ich war derzeit nur in der Lage einen zu identifizieren. Gut, ich konnte den Hersteller bestimmen. Dann endete mein Wissen bereits.

Mein Blick blieb auf dem besagten Wagen haften. Ein schwarzes Auto. Der Lack glänzte im Licht der Garage. Es war eindeutig ein Sportwagen und irgendwoher kannte ich dieses Modell auch.

„Ist das das James Bond Auto?“, fragte ich frei heraus.

„Ganz genau. Die korrekte Bezeichnung lautet: Aston Martin V12 Vaniqush S.“ Edward sprach diesen Namen mit so viel Ehrfurcht aus, dass man glauben konnte, dass dieses Auto ein Heiligtum war. Ein kurzer Seitenblick in sein Gesicht verriet mir, dass es genau das war. Sein Heiligtum.

Männer und ihr Spielzeug, ging es mir durch den Kopf.

„Der in der Mitte ist ein Dodge Challenger SRT8 Concept.“

(http://www.snuffledopple.com/blog/wp-content/uploads/2008/10/2008_dodge_challenger.jpg)

Das Auto war knall rot. Zwei breite dicht beieinander liegende schwarze Streifen zierten die Motorhaube, die sich in Richtung Frontscheibe nach links und rechts bogen.

„Und zu guter letzt hätten wir da noch den 1967er Chevrolet Impala.“

(http://www.supernatural-serie.de/uploads/pics/chevrolet_impala_01.jpg)

Liebevoll strich er dabei über die Motorhaube des ebenfalls schwarzen Wagens.

„Du weißt schon, sollte Rosalie jemals diese Autos sehen, wird sie vor lauter Glückseeligkeit einen Herzinfarkt erleiden.“ Ich grinste breit, was er sofort erwiderte. „Aber zuvor würde sie dich höchstwahrscheinlich umbringen, weil du ihr das hier“ – ich machte zugleich eine ausschweifende Handbewegung – „verschwiegen hast.“ Das wäre ganz sicher der Fall. Jeder von uns wusste nur zu genau, wie autoverrückt Rosalie war. Der frische Geruch von Ledersitzen in einem Auto war ihr unendlich wichtiger als alle Parfums auf dieser Welt. Kaum zu glauben, wenn man die Blonde sah, aber es entsprach der Wahrheit.

„Deshalb ist es auch ungemein wichtig, dass dieses kleine Geheimnis unter uns bleibt. Ich werde niemals zulassen, dass Rosalie an einem meiner Autos herumschraubt. Egal wie sehr sie sich mit Autos auskennt. Sie soll ihre Finger bei ihren Autos behalten.“ Es schüttelte ihn allein schon bei der Vorstellung, dass Rosalie sich über einen Motor eins seiner Autos hermachen würde.

Ich schmunzelte.

„Und welches deiner Lieblinge werden wir jetzt aus dieser Garage entführen?“

„Den Chevrolet.“

Er lief um mich herum in Richtung Beifahrertür, öffnete diese, wartete, dass ich näher kam, was ich auch umgehend tat. Ich war gerade dabei meine Hand auf das Autodach zu legen, wollte mich in den Sitz gleiten lassen, als seine Stimme mich inne halten ließ.

„Und Bella, es sind Autos. Nicht meine Lieblinge. Ich will nicht sagen, dass sie mir nicht wichtig sind. Aber es gibt Dinge, die mir bei weitem noch Wichtiger sind, als diese Autos, als alles andere.“

Die Intensität mit der er sprach sorgte dafür, dass meine Knie wieder weich wurden. Sofort packte ich nach dem Autodach, um nicht ins schwanken zu geraten. Er hatte mir gestern Abend offenbart, dass ich sein Herz war, das ich wichtig war, doch hatten wir uns direkt über unsere Gefühle noch nicht unterhalten. Das Wort Liebe war noch nicht gefallen. Und auch wenn er mich immer wieder berührte, schien es fast so, als würden wir uns erst ganz langsam herantasten. Wir hatten gestern einen neuen Weg eingeschlagen. Einen Weg, den wir zusammen gehen würden, Seite an Seite. Ich hatte mich für ihn entschieden, für mein Herz, gegen meinen Verstand.

Ich nahm einen tiefen Atemzug, als ich seine Hand spürte, die sich auf meine Wange legte. Die Rötung meiner Wangen nahm hierauf weiter zu, was mich beschämte. An diese Reaktion meines Körpers müsste ich doch inzwischen gewöhnt sein, genauso wie an seine Berührungen. Doch etwas in mir sagte mir, dass ich mich daran niemals gewöhnen würde. Dass Edward bei mir war, erschien mir immer noch wie ein Traum, auch wenn ich wusste, dass das die Realität war.

„Wir sollten fahren.“ Edwards Stimme nur ein Flüstern. Ich nickte, sank in den Sitz, atmete noch einmal tief durch.
 

Als Edward auf der anderen Seite einstieg, hatte ich mich wieder gefasst. Kaum das er den Motor gestartet und den Gang eingelegt hatte, griff er nach meiner Hand, verschlang unsere Finger miteinander und das Auto setzte sich in Bewegung.

Für eine Weile fuhren wir schweigen durch Seattle. Die Hochhäuser und Straßenblöcke schwanden zunehmend, die Häuser wurden kleiner, familiärer. Die Sonne war inzwischen völlig verschwunden. Sterne funkelten vom dunklen Nachthimmel auf uns hinab. Die Umgebung hatte sich zwischenzeitlich noch weiter verändert. Um uns herum befanden sich nur noch sehr wenige Gebäude. Ich vermutete, dass es sich um leerstehende Firmengebäude handelte. Die Gegend wirkte verlassen, schon ziemlich heruntergekommen. Ich musste zugeben, dass ich nicht mehr wusste, wo wir uns befanden. Es musste noch zu Seattle gehören, aber wie sich dieser Außenbezirk nannte, wusste ich beim besten Willen nicht.

Zwei kleine Lichtpunkte, die sich bewegten und ein erleuchtetes Gebäude in unmittelbarer Nähe, erregte meine Aufmerksamkeit. Je näher wir kamen, desto mehr stieg meine Nervosität, die ich vor Edward zu verbergen versuchte, weiter an. Edward verringerte das Tempo, der Druck seiner Hand, die immer noch mit meiner verschlungen war, wurde etwas stärker, was mich dazu veranlasste, zu ihm hinüber zu sehen. Ich begegnete seinem Blick. „Wenn wir jetzt da drin sind, Bella, wirst du nicht von meiner Seite weichen, hast du mich verstanden? Keinen Schritt.“

Er wiederholte sich. Doch wusste ich, dass er das nur tat, weil er sich um mich sorgte. Daher nickte ich, was ihn wieder etwas entspannen ließ.

Mit Schrittgeschwindigkeit rollten wir in den Hangar - wie ich jetzt erkannte – ein.

Wo das Auge hinsah erkannte ich getunte Autos, grelle Scheinwerfer, bunte Lichter. Männer und Frauen.

Frauen mit langen Beinen, in knappen Miniröcken. Miniröcken, die glatt als Gürtel durchgehen konnten. Und Gürtel…… Die waren gar nicht mehr existent.

Hallo Minderwertigkeitskomplexe.

Hier schrie alles gerade zu nach Sex.

Kaum, dass ich begann über diesen Satz zu senieren, schreckte mich ein leises Lachen auf. Mein Kopf schnelle in Edwards Richtung. Krampfhaft presste er seine Lippen aufeinander, sein Blick war stur gerade ausgerichtet.

Meine Augen wurden schmäler, während ich Edwards Profil genau unter die Lupe nahm.

Es traf mich wie ein Donnerschlag. Schnell wandte ich mich ab, unterdrückte den Aufschrei, der meine Kehle hinauf kroch mit all mir zur Verfügung stehenden Mitteln.

Ich hatte diesen Satz doch tatsächlich ausgesprochen. Nicht nur gedacht, sondern ausgesprochen!

Womit hatte ich das jetzt verdient? War es nicht schlimm genug, dass ich im Schlaf keinerlei Kontrolle über meinen Sprachfluss hatte. Musste das jetzt auch noch im Wachzustand der Fall sein?

Verlor ich vielleicht die Kontrolle über mich? Wurde ich unzurechnungsfähig und das waren die ersten Anzeichen?

Ich sagte doch, irgendwann würde sich der Sauerstoffmangel unter dem ich in Edwards Anwesenheit litt, bemerkbar machen.

Erst als die Beifahrertür geöffnet wurde, traute ich mich, wieder aufzusehen. Edward streckte mir seine Hand entgegen. Ich ignorierte diese jedoch, stieg immer noch peinlich berührt aus dem Auto.

Edward seufzte auf, sagte jedoch nichts, griff nach meiner Hand um mich sicher durch die Menge zu bugsieren, die wir gerade erreichten.

Sofort umgab mich ein Gemisch von aufheulenden Motoren, Gejubel und Grölen der Menge.

Selbstsicher schob sich Edward weiter voran, bis wir letztendlich freie Sicht hatten. Die Rückseite des Hangars war offen, so dass man auf eine alte Rollbahn hinaus blicken konnte. Zwei Wagen passierten gerade mit hoher Geschwindigkeit und einigen Abstand zueinander den Eingang.

Wenige Meter vor uns kamen sie zum Stehen. Die Stimmen um uns herum wurden lauter, die Menge wurde unruhig. Der erste Schubser folgte, der mich jedoch nicht von den Füßen riss. Edward sei Dank, der direkt neben mir stand. Sein Blick war auf eins der Autos gerichtet. Das Siegerauto.
 

Ich wandte meinen Blick ebenfalls wieder nach vorne, konnte noch sehen, wie die Fahrertür des Autos aufging, als ich unsanft beiseite geschoben wurde, dadurch Edwards Hand verlor. Schnell sah ich mich um, versuchte ihn in der Menge, die mich immer weiter voran schob, auszumachen. Widersetzen war vollkommen unmöglich. In dieser Hinsicht hätte ich auch gegen eine Betonwand drücken können.

„Edward!“, rief ich laut aus.

Zwecklos.

Er würde mich nicht hören. Ich wollte mich umdrehen, in die Richtung sehen, aus der wir gekommen waren, als ich einen Stoß in den Rücken bekam, mein Gleichgewicht verlor und gegen irgendetwas Hartes prallte.

„Au.“, stieß ich hervor, rieb mir meine Nase, als eine Stimme an meine Ohren drang, die mir durchaus bekannt war.

„Hey, langsam Süße. Keine Panik, du bekommst auch noch einen Kuss.“

Sofort hob ich meinen Kopf an, blickte in zwei dunkle Augen.

„Bella?“ Verblüffung schwang in Jacobs Stimme mit.

„Hallo, Jake.“ Ich nickte trocken, wollte mich wieder meiner schmerzenden Nase zuwenden, als ich das verstohlene, bereite Grinsen bemerkte, das sich auf Jacobs Gesicht ausbreitete, was mir ganz und gar nicht gefiel. So schnell ich konnte sprang ich einen kleinen Schritt zurück. „Stell es dir nicht mal in deinen Gedanken vor, Jacob Black.“, drohte ich ihm, ballte zum Nachdruck meine Hand zur Faust.

Belustigung blitzte in seinen Augen. Sein Grinsen wurde doch tatsächlich noch breiter, als er den kleinen Abstand, den ich zwischen uns gebracht hatte, wieder überbrückte. Ich erhob hierauf meine Faust. „Ach komm schon, Bella, du willst mich doch nicht ernsthaft schlagen?!“, gab er überheblich zurück.

„Lassen wir es auf einen Versuch ankommen.“ Durch meine Selbstsicherheit geriet er ins Straucheln. Seine dunklen Augen musterten mich abwägend, ob ich wirklich so weit gehen würde. Und das würde ich. Ich würde ihn bei dem Versuch mich zu küssen, den Kiefer brechen, selbst wen das hieße, dass ich mir selbst dabei die Hand breche. Aber das wäre mir die Sache wert. Die Musterung dauerte noch einige Sekunden, bis Jacob einen anerkennenden Pfiff ausstieß.

Ich war über diese Reaktion so verdattert, dass ich nichts tat, als er seinen einen Arm um mich legte und mich an sich drückte. „Mensch, Bella, ich wusste gar nicht, dass du so schlagfertig geworden bist.“ Er verstärkte seine Umarmung, ich froh darüber, dass ich durch Emmetts solch knochenbrecherische Umarmungen gewöhnt war. „Was machst du denn hier? Bist du in Charlies Fußstapfen getreten und unter die Spitzel bei der Polizei gegangen?“ Jake schien diesen Gedanken sehr lustig zu finden, was das Lachen, was diese Aussage begleitete, nochmals unterstrich.

„Und wenn es so wäre?!“ Ich konnte einfach nichts dagegen tun, als ihm in dem gleichen Singsang-Ton zu antworten. Das war das schlimme an Jake. Auch wenn wir uns in der Vergangenheit bekriegten hatten, sobald er einen Raum betrat, war seine gute Laune ansteckend. Nichts und niemand konnte sich dagegen wehren. „Hmmm. Ich weiß nicht genau warum, aber irgendwie nehm ich dir das nicht so ab.“ Er kicherte, sein Brustkorb begann zu vibrieren.

Ich fiel mit ein. Gut ich musste mir eingestehen, dass Jake auch eindeutig positive Vorzüge hatte. Mit im fiel Lachen immer leicht. Es war ansteckend. Man konnte sich dem einfach nicht entziehen.

„Erstaunlich. Um ehrlich zu sein, hatte ich mich darauf eingestellt, dass ihr zwei euch gegenseitig die Köpfe einschlagen würdet.“ In einem Bruchteil von einer Sekunde wandte sich Jacob mit mir im Arm zu der Stimme um, von der mein Herz bereits wieder schneller schlug.

„Edward?“

„Hi, Jake. Gut gefahren. Wie ich sehe, hast du nichts verlernt.“

Von Jacob kam nichts. Mehrmals blinzelte er mit leicht geöffnetem Mund in Richtung Edward, als wäre dieser eine Erscheinung. Ein leises Murmeln neben mir erklang. „Es stimmt also wirklich.“

Ich hob meine Augenbrauen an, sah zu Jake auf, bevor ich bemerkte, wie er seinen Griff um mich lockerte, bis dieser gänzlich verschwand. Mit einer schnellen Bewegung stand er direkt vor Edward, packte diesen am Kragen. „Bist du des Wahnsinns? Was machst du hier?“, zischte er. „Und dann bringst du auch noch Bella mit.“, warf er ihm vor. Wut und Sorge sprach aus seiner Stimme. Sein Griff wurde fester.

Schnell trat ich neben die beiden. Durch den Tumult um uns herum, war das, was sich gerade zwischen den Beiden abspielte, noch nicht bemerkt worden.

„Jake. Es ist meine Schuld. Ich wollte mitkommen.“, redete ich beschwichtigend auf ihn ein. Doch er reagierte nicht, sah weiterhin sauer in Edwards Gesicht. Dessen Miene war wie versteinert. „Genau deshalb bin ich hier, Jake.“ Jacobs Augen wurden weiter. Sein Kopf wandte sich zu mir, dann wieder zu Edward. Ich konnte förmlich hören, wie es in seinem Kopf Klick macht. Augenblicklich ließ er von Edward ab, strich sich durch sein pechschwarzes Haar. „Ich denke, wir sollten uns etwas die Beine vertreten.“ Damit wandte er sich nach rechts, steuerte auf eine Tür zu, die uns nach draußen bringen würde.
 

Sofort war Edward wieder an meine Seite, legte seinen Arm um meine Schulter. „Ich hab einen ganz schönen Schrecken bekommen, als ich dich verloren hab.“, flüsterte er leise, gab mir einen Kuss aufs Haar. Ich schloss kurz meine Augen, lehnte mich an ihn, genoss die Wärme, die mich sofort wieder umschloss.

Zügig folgten wir Jake hinaus. Die kühle Nachtluft spürte ich durch Edwards Nähe fast gar nicht. Was er nicht wusste, mich noch enger zu sich zog.

Jacob entging diese Geste natürlich nicht. Ein kurzes Zucken umspielte seinen Mundwinkel, was von ihm jedoch unterdrückt wurde, als er sich zu uns umwandte, seine Arme verschränkte. Im schwachen Licht, das uns hier umgab, wirkte Jacob noch riesiger als er es sonst schon war. Wenn ich mich nicht täuschte, überragte er sogar Emmett noch um einige Zentimeter.

„Jake, Sam hat sich bei mir gemeldet.“, begann Edward ohne Umschweife. Jacobs Muskeln spannten sich sichtbar an. „Er meinte zu mir, dass ich gut auf Bella Acht geben soll.“ Eine kurze Pause erfolgte, bevor „Ich muss wissen, was er vorhat.“

Mich schüttelte es bei diesen Worten. Eine Reaktion, die ich nicht unterbinden konnte. Sofort strich mir Edward mit seiner Hand beruhigend über meinen Arm, wandte seinen Blick dabei nicht von Jacob ab. Dieser stieß deutlich hörbar die angestaute Luft aus seinen Lungen. „Verdammt!“, war zunächst das Einzige, was wir von ihm vernehmen konnten. Während meine Anspannung anstieg, ich am liebsten Jacob entgegen geworfen hätte, dass er endlich den Mund aufmachen sollte, wartete Edward geduldig. Seine Mine war ausdruckslos, sein Atem flach. Er bereitete sich auf Jakes Worte vor. Dieser begann zu sprechen. „Um ehrlich zu sein, hielt ich deine Rückkehr für ein Gerücht. Daher hab ich mir darüber nicht all zu große Gedanken gemacht. Ich hab gehört, dass du gesehen wurdest in Port Angeles.“

Edwards Augenbrauen zogen sich zusammen. Meine erhoben sich.

„Im Buchladen.“, nuschelte ich vor mich hin.

Edward sah zu mir hinab. Jacob betrachtete mich ebenfalls eingehend. Ich wandte meinen Blick zu Edward. „Mike und Tyler waren gerade gegangen als ich eine Stimme hörte. Sie meinte: “Ich bin mir vollkommen sicher. Er ist es!““, wiederholte ich wortwörtlich. „Ich war mir sicher, dass ich die Person kannte, die den Buchladen verlassen hat. Aber ich hab mir nichts weiter dabei gedacht.“, gestand ich kleinlaut. Es fühlte sich gerade so an, als hätte ich Edward eine wichtige Information vorenthalten. Edwards Widerwillen in Bezug auf den Ausflug nach Port Angeles kam mir wieder in den Sinn, seine Reaktion, als er hörte, dass wir nach Forks fahren. Jetzt fügte sich alles zusammen. Edward hatte befürchtet, dass so etwas passieren könnte. Daher sein Unbehagen. Wieso war ich nur so blind gewesen? Schnell wandte ich meine Augen von ihm ab, sah zu Jacob hinüber, der seine Stirn leicht in Falten gelegt hatte. „Nachdem du sang- und klanglos verschwunden bist, ist Sam ausgerastet. An dem Tag, an dem er um die Anwesenheitspflicht gebeten hat,“ -Jacob verzog den Mund bei dieser Äußerung- „ist einiges schief gelaufen. Er wollte einen Deal über die Bühne bringen. Doch die Polizei hat von der Sache Wind bekommen, sie haben Paul geschnappt. Sam ist gerade so noch entwicht. Er gibt dir an all dem die Schuld.“

„Ich dachte mir schon, dass er nicht gut auf mich zu sprechen ist.“

„Das trifft es nicht mal im Ansatz, man.“, gab Edwards bester Freund mit einem trockenen Lächeln von sich. Edward erwiderte das Grinsen.
 

Ich hingegen bekam es mit der Angst zu tun. Langsam, wie ein Tier, das sich allmählich an seine Beute heranschleicht, breitete sie sich in mir aus. Ohne groß darüber nachzudenken hob ich meine Hand, legte diese auf Edwards, die immer noch auf meinem Arm ruhte. Die Frucht, die mich befiel, kümmerte sich nicht um mich, sie galt einzig und alleine Edward.

„Schon gut, Bella!“, flüsterte mir seine Samtstimme ins Ohr. Seine Lippen streiften kurz meine Schläfe.

Jacob indessen fuhr fort. „Jetzt versteh ich auch, warum er hier nach Seattle gekommen ist. Er wollte die Sache überprüfen. Er will sich an dir rächen. Er hat diesen Gedanken niemals verworfen.“ Es war genauso wie Edward es gesagt hatte. „Und nun hat er das perfekte Ziel.“ Jacobs Augen ruhten dabei auf mir. Ich wollte zurückzucken, was durch Edwards Umarmung verhindert wurde. Meine Atmung beschleunigte sich. Es war wie in dem Moment als Edward mir offenbarte, dass ich vermutlich ebenfalls in Sams Visier geraten war. Sogar noch schlimmer. Mein Herzschlag dröhnte in meinen Ohren, wurde von dem Rauschen des Blutes, was in Rekordgeschwindigkeit durch meine Venen schoss übertönt. Ich begann unkontrolliert zu zittern, kämpfte dagegen an, doch gelang es mir nicht.

Edward versteifte sich neben mir, seine Umarmung wurde noch fester, schmerzte fast. Doch das war mir gerade egal. Je näher ich ihm war, desto besser. Was anders wollte ich gerade nicht. „Was….?“ Ich schluckte. „Was….hat er mit mir vor?“

„Das kann ich dir leider nicht sagen, Bella. Ich gehöre nicht mehr zu seinen engen Vertrauten.“ Er schien genau diesen Aspekt gerade zu bereuen. „Aber ich rate euch, auf der Hut zu sein. Lass sie keine Minute aus den Augen.“ Diese Worte waren jetzt direkt an Edward gerichtet.

Dieser nickte angespannt. Seine Augen waren dunkel geworden.

Jacobs Gesicht hob sich an, seine Augen schweiften über uns hinweg, seine Aufmerksamkeit war in die Ferne gerichtet. „Ich glaube es ist jetzt besser, wenn ihr geht.“

Edward wandte sich ebenfalls leicht um. Ich tat es ihm gleich. Konnte nur einige Schatten in der Dunkelheit ausmachen, die sich uns nicht näherten. Aber dennoch wirkte Jacob beunruhigt. Schnell lief er auf uns zu, hielt neben uns inne. „Sobald ich etwas weiß, werde ich mich bei dir melden.“

„Danke, Jakob.“ Edward sah seinen besten Freund an, schenkte diesem ein dankerfülltes Lächeln, was Jake sofort erwiderte. „Lass stecken. Ich bin froh, dass du wieder da bist.“ Seine Augen huschten schnell zu mir, dann wieder zu Edward. Dieser nickte, als hätte Jake ihm eine Frage gestellt, die ich jedoch nicht mitbekommen hatte. Jacobs Lächeln wurde hierauf breiter. „Und außerdem kann ich dich doch nicht abkratzen lassen, schließlich schuldest du mir noch ein Rennen.“

„Wann kapierst du endlich, dass du mich nicht besiegen wirst, Jake.“, gab Edward überheblich zurück, was Jacob zum Schnauben brachte. „Abwarten, alter Mann.“

„Du bist gerade mal ein halbes Jahr jünger als ich.“

„Sag ich doch, alter Mann.“ Er zwinkerte, wuschelte durch mein Haar und trat den Rückweg zur Halle an, ohne sich noch einmal umzudrehen.
 

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Hat´s euch gefallen? Ich bin gespannt.
 

Liebe Grüße

Pei-Pei



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  jennalynn
2011-07-23T11:38:56+00:00 23.07.2011 13:38
Super Kapitel, oh man bin ich gespannt was da noch kommen wird.
Übrigens klasse, dass du Jake und Edward als gute Freunde darstellst.
LG
Von:  simone123
2010-02-26T05:53:49+00:00 26.02.2010 06:53
Echt klasse das Kapitel, ich möchte auch so aufwachen wie Bella :)))
Ich bin ebenfalls gespannt was Sam vor hat und wann Edward bella endlich küßt. So langsam wird es Zeit :))
Bitte laß dir nicht immer so lange Zeit, es ist blöd wenn mann immer wieder die vorherigen Kapitel (oder zumindestens das letzte) noch mal lesen muß um zu wissen was vorhergeschah.
LG
Simone
Von: abgemeldet
2010-02-24T16:00:31+00:00 24.02.2010 17:00
ich frag mich was sam mit bella vorhat...hmmm
muss mich wohl gedulden um es heraus zu finden!...
LG


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