Zum Inhalt der Seite

Citizen Soldier

Kämpfende Engel und betende Dämonen
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Shiroi Kaze

Shiroi stieg von ihrem Pferd ab. Hinter den Mauern der Stadt ging es schrecklich zu. Die Männer, die die Stadt schützen sollten waren kaum noch in der Lage aufrecht zu stehen. Zu oft hatten Angriffe die Stadtmauern fast zu Fall gebracht. Viele hatten ihr Leben verloren und die meisten die jetzt Wache hielten waren entweder noch fast Kinder oder hätten Shirois Großväter sein können. Ihr Kimono flatterte im Wind, der durch die Straßen zog. Sie sah kaum jemanden auf der Straße. Die Leute versteckten sich angstvoll in ihren Häusern, schon lange hallte kein Kinderlachen mehr durch die Gassen. Nur weinen und schluchzen hatte sie bis jetzt gehört. Shiroi ließ ihre braune Stute los und griff nach dem Schwert an ihrem Gürtel, als sie ein Geräusch aus der Gasse neben sich hörte. Sie war eine Bürgerin einer fremden Stadt und eigentlich war es ihr nicht erlaubt zu kämpfen. Doch sie war bereit. Bereit im Kampf zu sterben. Außerdem kümmerte es hier keinen mehr, das sie ein Mädchen war. Sie brauchten gute Kämpfer, da war es ihnen egal, ob männlich oder weiblich. Das war bisher in jeder Stadt in die sie gekommen war so gewesen. Überall sah es gleich aus. Hunger und Krankheiten suchten die Leute heim, die Männer starben im Kampf, genauso wie die Mütter für ihre Kinder. Waisen waren keine Seltenheit. Dieser schreckliche Krieg suchte jede Stadt und jedes noch so kleine Dorf heim. Die ungewöhnliche Erscheinung des Mädchens erschreckte die Menschen nicht mehr. Da gab es furchterregendere Gestalten. Außerdem erschienen die manchmal weißen, manchmal schwarzen Flügel nur selten. Eigentlich immer nur im Kampf. „Wer ist da?!“, ihre Stimme hallte herrisch durch die Straße. Die Hand am Schwertgriff ging sie auf die Mündung der Gasse zu. „Ver-Verzeiht mir, Herrin…!“, ein Junge fiel vor ihr auf die Knie, den Kopf auf den Boden gelegt, die Hände gefaltet und flehend erhoben. Shiroi nahm sie Hand vom Schwertgriff und beugte sich bestürzt zu dem Jungen hinunter:„Du musst mich nicht Herrin nennen. Es ist ja nichts passiert. Aber du darfst nicht alleine hier sein, es ist zu gefährlich, hörst du?“, sie legte ihm die Hand auf die Schulter. Der Junge sah auf. Er konnte unter den schwarzen Reishut gucken und sah die sanften Augen der jungen Frau. „Wer seid Ihr…?“, fragte der Junge. „Ich bin Shiroi Kaze. – Du brauchst nicht so höflich zu sein, ich bin ein einfaches Mädchen vom Lande. Komm, steh schon auf.“ Schüchtern erhob sich der Junge. „Warum führst du ein Pferd? Und warum hast du ein Schwert, wenn du nur ein einfaches Mädchen bist? Frauen ist es nicht erlaubt eine Waffe zu tragen!“, sagte er, als er sie näher betrachtete. Shiroi lachte leise und zog den Hut tiefer ins Gesicht. „Ist das so…?“, murmelte sie leise und lächelte. „Was gibt es da zu lachen?“ „Du bist in einer von Männern beherrschten Welt aufgewachsen, was? – Nun, lass mich dir eines sagen: Frauen, egal wie schwach sie scheinen, können eine Stadt meistens verteidigen, denn sie wollen nicht sich selbst schützen. Frauen kämpfen für ihre Kinder. Für alles, was ihnen lieb und teuer ist. Sie sehen es gar nicht ein aufzugeben, denn sie wissen, dass sie überleben müssen, damit sie ihre Kinder aufziehen können. Männer wurden von Anfang an darauf gedrillt zu kämpfen, aber sie kämpfen nur für ihr Gold. Nur wenige kämpfen tatsächlich für ihre Familie. Ihnen ist das eigene Leben zu wichtig, sie fliehen, wenn es geht. – Natürlich sind nicht alle Männer so.“, fügte sie hinzu, als sie das Gesicht des Jungen sah. „Wenn die Männer dich das sagen hören töten sie dich!“, meinte er. „Kann sein. Aber ich werde deswegen nicht schweigen.“, antwortete sie kühl. Er starrte sie an:„Was machst du hier eigentlich?“ „Ich bin Heilerin. In den Dörfern und Städten gibt es viele Verwundete und Kranke seit der Krieg über das Land gekommen ist. – Außerdem bin ich eine Kriegerin. Ich habe den Umgang mit Waffen gelernt als ich ein kleines Mädchen war. Meine Eltern habe ich in diesem Krieg verloren. Seitdem ziehe ich als Heilerin und Kämpferin von Stadt zu Stadt, von Dorf zu Dorf. – Willst du mich nicht zu euren Kranken und Verwundeten bringen?“ „Ich bringe dich zu den Wachen, sie werden wissen, was zu tun ist.“, antwortete er und lief los. „Oh, ich bin sicher das werden sie…“, murmelte sie leise und lächelte. Shiroi nahm ihre Stute am Halfter und folgte dem Jungen bis zur Wachstube. Dabei durchquerten sie die Stadt und sie sah, dass es um diese tatsächlich noch schlechter bestellt war als um die, in denen sie zuvor gewesen war. „Das sind doch mal unerfreuliche Aussichten, was, Mamoru?“, meinte sie, als sie sich zu der Stute umsah und tätschelte ihr den Hals. Das Pferd wieherte, als ob es ihr Recht geben wollte. Der Junge kam unterdessen mit dem Hauptmann der Wache zurück. Er war ein dickbauchiger Geselle mittleren Alters, der heftig schnaufend auf das junge Mädchen zukam. „Seid gegrüßt, Herr Hauptmann.“, Shiroi verbeugte sich demütig, auch wenn sie sich in Gedanken ein leichtes Lächeln nicht verkneifen konnte. Glücklicherweise schien der Hauptmann nicht zu merken, dass sie leicht über seine Erscheinung belustigt war. „Ihr seid also Shiroi Kaze, ja? Eine Heilerin und Kriegerin, sagt der Junge. - Ihr wisst wohl nicht, das den Frauen hier das Tragen von Waffen untersagt ist?“, fügte er streng hinzu, als er das Schwert sah. „Mit Verlaub, aber meint Ihr wirklich ich reise unbewaffnet von Ort zu Ort, wenn Krieg herrscht? Soll ich mich gleich wehrlos in die Hände des Feindes begeben und dafür sorgen, das ihre Nachkommenszahl steigt, indem ich das tue, was Frauen bei euch ja offenbar tun sollen? Söhne gebären? – Ich trage eine Waffe und ich scheue mich nicht sie zu benutzen! Diese Klinge hat schon das Blut vieler Männer gekostet und wird es wieder tun. Dieses Schwert ist mein Leben, Meister. Ohne sie, Herr, wäre ich wie meine Eltern in diesem Krieg gestorben. Wie meine Geschwister, die nie lernten, wie man mit einer Waffe umgeht.“, sagte sie. Bei ihren Worten zog sie die Klinge blank und strich mit der linken Hand so zärtlich und liebevoll darüber als wäre sie ein Säugling. Der Mann wich zurück. „Sie hat Recht, Herr. Unsere Frauen müssen sich verteidigen können – und ohne Waffen geht das nicht. Es gibt schon zu viele Verräter in unseren Reihen.“, mischte sich ein junger Mann ruhig ein. „Mein Name ist Inazuma Akai. Freut mich Euch kennen zu lernen, Fräulein Kaze.“, er verbeugte sich lächelnd. „Ebenso wie mich, Herr Akai.“, erwiderte sie mit einer Verbeugung und steckte das Schwert weg. Der Hauptmann schnaubte abfällig:„Bring sie zu den Verwundeten und Kranken.“ Er wandte sich auf der Stelle um und ging wieder in die Wachstube. „Selbstverständlich Meister Nikuya.“, antwortete der junge Mann. Als der Hauptmann verschwunden war wandte er sich wieder an Shiroi, dieses Mal mit einem schelmischen Grinsen auf dem Gesicht:„Na endlich. - Entschuldigt bitte, dass er etwas rau mit Ihnen umgegangen ist. Der Krieg hat ihn noch mürrischer gemacht als er es gewöhnlich ist...“ „Kein Problem, das bin ich gewöhnt. Es ist in jedem Ort das Gleiche. – Sagt, nennt Ihr ihn nur Meister Nikuya oder heißt er wirklich so?“ Der junge Mann lachte:„ Er heißt wirklich so! Allerdings ein passender Name, nicht wahr?“ „Kann man wohl sagen…- Wenn Ihr so kämpft wie es euer Name vermuten lässt, dann müssen sich Eure Feinde aber in Acht nehmen…“, meinte Shiroi zu ihm. Er sah sie nachdenklich an:„Wollt Ihr Euch davon überzeugen?“ „Später. Zuerst muss ich nach den Verletzten und Kranken sehen.“, winkte sie ab. „Ihr habt Recht. – Folgt mir.“ Inazuma führte sie durch die Stadt zu einer Art provisorischem Krankenhaus. Es war eines der wenigen noch fast unbeschädigten Häuser an denen noch die Fensterläden funktionierten und nicht schon schief in den Angeln hingen. Bevor sie eintraten band Shiroi Mamoru im Stall des Gasthauses an, das gegenüber lag. Die Eingangstür war aus schwerem Holz gefertigt und von innen mehrfach verriegelt. Im Haus jedoch bestanden die Wände zumeist aus Papierschirmen die kunstvoll bemalt waren und dünne Schiebetüren führten in die Zimmer. „Ihr scheint eine ganze Menge zu wissen, was das Kämpfen angeht. Wie Ihr sagtet… - Woher…?“, fragte Inazuma unvermittelt. „Das bleibt erst mal mein Geheimnis, wenn Ihr erlaubt, mein Herr.“, sagte sie ernst. „Vielleicht verrate ich es Euch irgendwann, aber lasst Euch gesagt sein, das ich es noch niemandem anvertraut habe.“, fügte sie hinzu, als sie ein Zimmer betrat, in dem die Verwundeten Soldaten lagen. „Noch niemandem?“, fragte er ungläubig. „Noch niemandem…“, bestätigte sie nachdenklich. Shiroi kniete neben einem Bett nieder:„Soldat! Sagt mir Euren Namen und wie Ihr verletzt wurdet und wenn möglich von was für einem Wesen.“ Der Mann war schwer verwundet. Sein Hemd war blutdurchtränkt, er hatte Fieber und wandte nur langsam den Kopf zu der jungen Frau um:„Tori Take… Wer seid Ihr…?“ „Ich bin eine Heilerin und will Euch helfen. Mein Name ist Shiroi Kaze.“, antwortete sie und nahm den Hut ab. Das lange weiße Haar fiel auf ihren Kimono und er sah in ihre blauen Augen:„Ein Dämon hat mich mit seinem Schwert getroffen…“ „Ein Dämon?! – Verdammt, dann sind sie also auch schon hier…“, sie fluchte leise. Dabei ließ sie die Faust auf ihr rechtes Knie krachen, das Gesicht zu einer qualvollen Grimasse verzogen und gleichsam verzweifelt. Für eine kurze Zeit hockte sie einfach nur da, das Gesicht von Haaren verdeckt und sagte nichts. „Ich danke euch, Herr Take. – Herr Akai, bitte holt mir heißes Wasser, Schüsseln und saubere Tücher. Ich werde dieses Dämonengift ein für alle Mal austreiben…!“ Der Zorn in ihrer Stimme erschreckte nicht nur Inazuma, auch die anderen Soldaten zuckten, wenn es ihnen möglich war, in ihren Betten zusammen. Shiroi verbrachte noch viele Stunden in dem Haus, behandelte die Wunden von Soldaten, Kindern und Frauen. Sie gab Arzneien gegen Krankheiten aus und verteilte Ratschläge wie Mütter ihre Kinder schützen konnten, wenn diese mit ihren Kindern vorbei kamen um sich Medikamente zu holen, weil sie von der Heilerin gehört hatten, die in die Stadt gekommen war. Bis spät in die Nacht gab sie Anweisungen an Frauen, die ihr halfen die unzähligen Verletzten und Kranken zu versorgen, rieb Kräuter, kochte Tee, legte Verbände an ohne eine Pause zu machen, um zu essen, sich kurz auszuruhen oder zu trinken. Selbst als alle anderen schon schliefen wiegte sie noch einen Säugling in den Armen dessen Eltern der Krieg schon das Leben gekostet und das Kind zum Waisen gemacht hatten. Inazuma trat zu ihr:„Ihr habt die ganze Zeit gearbeitet. - Fräulein Kaze, Ihr müsst Euch ausruhen, sonst brecht Ihr noch zusammen!“ Er sah sie besorgt an, nahm ihr das Kind aus den Armen und legte es in sein Bettchen, wo es friedlich weiterschlief. „Vielleicht habt Ihr Recht.“, sie setzte sich in eine Ecke und zog sich den Hut tief ins Gesicht, die Knie angezogen und mit den Armen umklammert saß sie da und schloss die Augen um ein wenig zu schlafen. „Habt Ihr den keine Unterkunft, Herrin?“, fragte er sie ungläubig. „Nein.“, kam es hinter dem Hut hervor. „Aber Ihr könnt doch nicht auf dem Boden schlafen!“ „Wo soll ich denn sonst schlafen? Ich kann doch keinem sein Bett wegnehmen!“ Er setze sich neben sie:„Ich gebe mich geschlagen. Mein Haus kann ich Euch auch nicht anbieten, denn es wurde zerstört. Somit hätte ich dann auch kein Bett.“ „Damit wären wir schon zwei.“ Er nahm ihr den Hut ab und sah ihr in die Augen:„Meint Ihr nicht wir sollten aufhören uns so hoch herrschaftlich zu benehmen, wo wir schon auf dem Boden schlafen müssen?“ Sie lachte:„Du hast Recht! Inazuma.“ „Schön, das es nicht nur Frauen gibt, die auf die Höflichkeitsformen bestehen! Shiroi.“, grinste er. Erschöpft legte sie ihren Kopf auf seine Schulter und nickte stumm, die Augen schon geschlossen. Lächelnd sah er sie an und schloss ebenfalls die Augen.

Am nächsten Morgen wurden sie unsanft von dem Jungen geweckt, der Shiroi zu dem Hauptmann geführt hatte. Der Junge schüttete ihnen einen Eimer Wasser ins Gesicht. Prustend und keuchend waren sie sofort wach und wischten sich das Wasser aus den Augen. Als Inazuma den Jungen erkannte sprang er zornig auf:„Was fällt dir ein…?!“ Der Junge rührte sich keinen Zentimeter. Leicht genervt hob Shiroi ihren klitschnassen Hut auf und setzte ihn sich auf. Als sie aufstand sah sie eine von Wasser triefende Katze vorbeihuschen. „Arme Neko.“, murmelte sie. „Ihr könnt hier doch nicht einfach so auf dem Boden schlafen wenn wir euch brauchen!“, sagte der Junge aufgebracht. Die beiden sahen sich kurz erschrocken an und dann wieder den Jungen. „Die Dämonen und ein Heer von Ungeheuern steht vor der Stadt!!“ „WAS?!“ Entsetzen machte sich auf den Gesichtern beider breit. „Itsuki! Du bleibst hier! Pass auf die Kinder auf und führe sie notfalls aus der Stadt, hast du mich verstanden?!“, Inazuma packte den Jungen an den Schultern. Itsuki nickte. Shiroi nahm den Säugling aus dem Bettchen und gab ihn Itsuki: „Nimm die Kleine hier! Es gibt hier sonst nur noch schwächere und jüngere Kinder als dich, bitte pass auf sie auf! Sie kann sich noch nicht wehren!“ Er nahm das Baby vorsichtig und drückte es fest an seine Brust:„Verlasst euch auf mich!“ „Komm, Shiroi!“, Inazuma packte ihre Hand und sie stürmten zu den Stadtmauern. Im Vorbeilaufen warnten sie die Leute, zogen Schwerter. Weniger als eine Minute und sie standen auf den Wällen der Stadt und mussten mit ansehen wie ein riesiger Rammbock in das Stadttor getrieben wurde. „Na schön. – Inazuma, ich denke jetzt erfährst du wohl mein kleines Geheimnis. Ich glaube nur nicht, das es dich glücklich machen wird zu erfahren, das es noch niemand so lange wusste als das er es hätte weitererzählen können…!“, sie lief zum Turm und kletterte auf dessen Spitze, für alle weithin sichtbar, bevor jemand sie daran hindern konnte. Die Dämonen sahen sie zuerst. Bald waren die Blicke aller auf sie gerichtet, die sie so tollkühn dort auf der Turmspitze stand, ein Abschussziel für alle. Die junge Frau riss sich den Hut vom Kopf, ihr langes weißes Haar flatterte ebenso im Wind wie ihr auf einmal völlig trockener Kimono. Der Hut segelte zu Inazuma hinab, der ihn auffing und angstvoll zu ihr auf sah. Sie hob den Kopf, breitete die Arme aus und schrie der aufgehenden Sonne und den Ungeheuern entgegen:„Ihr Ungeheuer und Dämonen! Wie lange wollt ihr uns noch abschlachten als wären wir nichts weiter als eine Herde dahergelaufener Tiere?! Wie lange, glaubt ihr, lassen wir uns das einfach so gefallen?! Glaubt ihr vielleicht wir wären wehrlos?! Die Männer habt ihr Dämonen schwer verwundet, Kinder zu Waisen gemacht! Die Frauen habt ihr geraubt und verschleppt! Kehrt zurück in den Höllenschlund aus dem ihr stammt oder es wird euch noch Leid tun!!“ Ihre Stimme klang machtvoll, zornig und in den Herzen der Männer, die sie hörten wurde der gleiche Zorn und die gleiche Entschlossenheit geweckt, die auch Shirois Blut zum Kochen brachte. „Ich weiß nicht, ob es kämpfende Engel oder betende Dämonen gibt. Aber werde ich es je herausfinden, wenn ich mich töten lasse?! Vielleicht gab es vorher keine kämpfenden Engel – doch so gibt es jetzt mindestens einen!!“ Donnernd hallte ihre Stimme durch die Straßen und über das Schlachtfeld vor den Toren der Stadt. Die Ungeheuer ließen sich nicht beirren und hatten weiter auf das Tor eingedroschen – und jetzt fiel es. Krachend riss es aus den Angeln, begrub jeden unter sich. Die Männer stürmten herbei, schlugen die Angreifer zurück, so gut sie konnten. Und niemand sah jetzt mehr hinauf zu Shiroi. Doch gerade jetzt geschah es. Sie presste voller Zorn die Handflächen aneinander. Wind kam auf und trieb schwarze Wolken heran, die sich um das Mädchen herum verdichteten. In diesen Wolken tobten Gewitterstürme, Blitze zuckten kreuz und quer. Im Zentrum des ganzen stand Shiroi, furchtlos mit rot glühenden Augen. Dem Mädchen wuchsen schwarze Flügel, eine blendend weiße Rüstung umhüllte sie, ihr Haar verfärbte sich schwarz. In jeder Hand ein Schwert, beide leuchtend, das eine dunkelblau wie der Sternenhimmel, das andere blutrot wie die aufgehende Sonne, flog sie mit einem Schrei in den Kampf. Die Dämonen wütenden schrecklich unter den Männern, ebenso wie die Ungeheuer, aber gegen den Rachenengel hatten auch die Dämonen keine Chance. Ihre dämonisch roten Augen waren überall, ihre Schwerter schneller als alles was sie je zuvor gesehen hatten. Sie schienen rote und blaue Mauern zu sein, so schnell bewegen sie sich und sie selbst war eine Gewitterwolke, doch so weiß, dass sie sich an der Reinheit des Mädchens verbrannten.

Am Ende standen nur noch die Männer der Stadt aufrecht. Erstaunlich viele. Nur wenige hatte Kampf das Leben gekostet. Inazuma rannte auf Shiroi zu. Sie hatte wieder ihre andere Gestalt angenommen und lehnte sich keuchend an die Mauer der Stadt. Ihr Kimono war völlig zerfetzt und blutverschmiert. „Shiroi!!“, schrie er entsetzt, als er sah, wie sie an der Mauer hinunter glitt. „SHIROI!!!“, er fing sie auf, in letzter Sekunde. Müde öffnete sie die Augen und sah ihn an:„Jetzt weißt du, was ich bin…“ Ein letztes Lächeln umspielte ihre Mundwinkel, bevor sie für immer die Augen schloss.

Und so hatte es einmal einen kämpfenden Engel gegeben. Oder doch einen betenden Dämonen? Was man auch sagt, Shiroi Kaze hat diese Schlacht nicht überlebt. Dem nächsten Angriff konnte die Stadt nicht mehr standhalten und auch Inazuma fiel. Seine Leiche fand man neben der des Jungen namens Itsuki, der einen Säugling in seinen Armen hielt. Es ist gleich, wie oft man sagt:„Die Hoffnung stirbt zuletzt.“ Denn dieser Satz schließt es ein. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Aber sie stirbt.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück