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Lost in your eyes

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Lost in your eyes II
 


 

Geschafft fiel Ascon auf seinen Platz auf der Brücke. Sein Sitz war schön weich und er wäre am liebsten auf der Stelle eingeschlafen, so müde war er. Doch seine Männer mussten auch durchhalten und allein schon deswegen wollte er ihnen ein Vorbild sein. Nichts hasste er mehr, wenn sich jemand auf der Arbeit anderer ausruhte.

»Anarel ... «, wandte er sich an den Navigator.

»Mach die Maschinen startklar. Ich möchte in kürzester Zeit hier verschwinden.

Die anderen beiden Schiffe bleiben zur Überwachung hier. Die Galadhrim werden so lange mit unseren Soldaten auskommen müssen, bis ich ein paar andere Männer herschicke.

Gib der >Antegra< Bescheid, dass sich die Flotte bereit machen soll!«

Nach den Anweisungen, ließ sich Ascon tiefer in die Polster sinken, während er diesmal einfach nur zusah, wie die Crew alles managte.

Normalerweise beteiligte er sich an der Steuerung, da er dafür ein außerordentliches Interesse hegte. Aber jetzt konnte er sich einfach nicht dazu durchringen auch nur einen Handgriff zu machen.

Obwohl die Verhandlung nicht sonderlich anstrengend gewesen war, fühlte er sich ausgelaugt und kraftlos. Musste wohl an den Temperaturen liegen.

Wenn ihm das sonst auch nichts ausmachte. Irgendwie hatte es doch an seinen Kräften gezehrt.

Lautlos seufzend erhob er sich schließlich wieder. Seine Männer gingen ihren Aufgaben auch nach ohne dass er ihnen dabei auf die Finger stierte.

Also konnte er sich genauso gut um seinen Problemfall kümmern, den er sich selbst an den Hals gehängt hatte. Na toll! Eigentlich hatte er überhaupt keine Lust sich jetzt mit dem Jungen auseinander zu setzen.

Aber irgendwann musste er es tun. Und da er sich heute sowieso schon mehr geärgert hatte als sonst, würde er das Zusammentreffen mit der kleinen Katastrophe lieber gleich hinter sich bringen. Dann wurde der nächste Tag vielleicht nicht ganz so mies.
 

Laurin war ab und an aus seinem Schlaf aufgewacht und hatte sich verstohlen umgesehen, wusste noch bevor er die Augen aufgeschlagen hatte, wo er war, immerhin waren diese summenden Geräusche mehr als nur ungewohnt.

Er war durstig und hatte auch ein wenig Hunger, doch er beklagte sich nicht und hatte seinen schlanken Körper soweit unter Kontrolle, dass weder sein Bauch knurrte, noch sein Mund trocken wurde.

Ab und an hatte er über viele verschiedene Dinge nachgesonnen, war bei plötzlichen Geräuschen zusammen gezuckt. Natürlich hatte er ausprobiert, ob sich diese komische Tür aufmachen ließ, doch es hatte nichts gebracht, wie er sich schon hatte denken können, das wäre ja auch zu schön gewesen um wahr zu sein.

Auch der Kontakt zu seinem kleinen Bruder hatte nicht funktioniert, so sehr er es auch versuchte, und er machte sich bereits ernsthafte Sorgen, denn er konnte sich nicht erklären, woran es lag.

Langsam wurde ihm langweilig, er hatte nichts zu tun, und der Mann schien es nicht für nötig zu halten, so schnell wieder zu kommen.

Ein leises Seufzen stahl sich über die Lippen des Kleinen, als er sich auf der Decke umdrehte und ihm die Augen wieder zufielen. Ihm war langweilig, das Licht war schrecklich, und er wollte einfach nur noch raus hier, zurück in den Wald und zu seinem Bruder...

Erneut und ungewollt bahnte sich eine Träne ihren Weg über seine Wange, bevor sie lautlos auf die Decke tropfte. Laurin konnte nicht verhindern, dass er schon wieder Angst hatte und traurig war. Was würde jetzt mit ihm passieren?!

Würde er ewig hier bleiben müssen und seinen Bruder nie mehr wieder sehen? Musste er wirklich diesem Mann gehorchen, wie dieser es gesagt hatte?!

Auf Hilfe hoffte er nicht, denn er kannte sein Volk, das Konfrontationen lieber vermied. Gleichzeitig fragte der Junge sich, ob er wohl der einzige war, den der Mann hier her gebracht hatte, vielleicht waren seine Freunde ja auch hier, nur halt woanders?

Über diesen Gedanken war er jedoch wieder weggedöst, lag zusammen gerollt auf der Decke in der freien Ecke des Raumes.

Er handelte nach Gewohnheit, konnte nicht auf so einem weichen Ding schlafen, wie dem, auf dem er aufgewacht war, da bekam er ja fast Rückenschmerzen von...

Die Kleidung hatte Laurin ordentlich angezogen, sodass sie wieder die Haut seines Körpers bedeckte, den duftenden Lappen hielt er noch immer in der Hand, dicht an seinen Körper gepresst. Seine langen, silbernen Haare, die im Licht der Lampen hell leuchteten, lagen um seinen Körper, als wären sie flüssig, und er atmete aus halb geöffneten, feuchten und geröteten Lippen ruhig und gleichmäßig.

Wenigstens so konnte er der Ungewissheit ein wenig entgehen, indem er schlief, und somit seine Gedanken ausschaltete. Wenigstens für einige Zeit lang.
 

Auf dem Weg zu dem Zimmer seines Gefangenen, dachte Ascon darüber nach, was er mit dem Jungen eigentlich anfangen sollte. Ihn mitzunehmen war eher eine Kurzschlussreaktion gewesen. Im Normalfall hätte er sich nie und nimmer dazu hinreißen lassen. Aber was war heute schon normal?

Per Stimmcode entriegelte er die Tür, während er sich niedergschlagen die Haare zurückstrich. Hoffentlich hatte der Bengel sich ordentlich angezogen. Denn für Gefühlsduseleien, egal welcher Art, hatte er weder Lust noch Nerven.

Schlecht gelaunt, wie schon fast den gesamten Tag, betrat Ascon den immer noch hell erleuchteten Raum. Verdammt! War der Junge blind, dass er den Lichtschalter nicht fand, oder was?! Die Lichtintensität war momentan selbst ihm zu hoch.

Blinzelnd kniff er die Lider zusammen und schaute zielsicher zum Bett.

Das war jedoch leer ... Augenblick mal! LEER?

Entgeistert riss er die Augen auf, bevor er sich suchend im ganzen Zimmer umsah. Das konnte doch nicht möglich sein!

Noch nie war es jemandem gelungen die Türcodes zu überlisten ... Aufgebracht schwang Ascon herum, wobei sein schwarzschimmerndes, hüftlanges Haar unheilvoll um seine Gestalt wehte.

Schlussendlich entdeckte er den zierlichen Körper aber nach einigem Suchen in der Ecke neben der Tür auf der gegenüberliegenden Seite des Bettes.

Der Junge hatte sich auf der Bettdecke zusammengerollt. Die schlanken Beine waren fast bis an die schmale Brust gezogen, während das zarte Gesicht auf eine fragile Hand gebettet war. Im Schlaf wirkte der Kleine unglaublich unschuldig, stellte Ascon zum bestimmt dritten Mal an diesem Tag fest und sein Beschützerinstinkt wurde automatisch geweckt.

Allerdings hielt er seine Empfindungen hinter einer kühlen Fassade versteckt. Er merkte, dass da noch mehr war, ignorierte es aber.

Energisch schritt er zu dem Silberhaarigen, ging neben ihm in die Hocke und rüttelte ihn unsanft wach. Nebenbei bemerkte Ascon den Lappen, den der Kleinere an die Brust gedrückt hielt und wunderte sich. Was sollte das denn?

Das war doch nur ein Stück Stoff, nichts weiter! Schulterzuckend tat er es ab und schüttelte seinen Gefangenen noch einmal, der sich daraufhin leicht streckte, die feinen rosa Lippen zu einem verschlafenen Seufzen öffnete.

Wie hypnotisiert starrte Ascon dem Jungen ins Gesicht, ließ seine dunklen Augen fasziniert über die fein geschwungenen Augenbrauen und die unbeschreiblich langen, hellen Wimpern gleiten, sog alles wie eine durstige Pflanze in sich auf.

Zuletzt blieb er an den feuchtglänzenden Lippen des Jungen hängen, der sich mit der kleinen Zunge unbewusst, jedoch in Ascons Augen sehr verführerisch darüber geleckt hatte.

Als er sich so beim Starren erwischte, hätte er sich am liebsten selber in den Hintern getreten. Um Himmels Willen, wie tief war er eigentlich schon gesunken?!

»Hey! Wach endlich auf!«, fuhr er den Silberhaarigen deswegen um einiges gröber an, als beabsichtigt, was diesen augenblicklich erschrocken die Augen aufschlagen und sich aufsetzen ließ. Herrisch funkelte Ascon den Kleineren an, weil ihn der halbverträumte Blick so richtig auf die Palme brachte.

Außerdem, erinnerte er sich, sah der Bengel ihn schon wieder an, was er eindeutig nicht guthieß. Bis er diese unterentwickelte Kreatur soweit erzogen hatte, dass er sich mit ihr sehen lassen konnte, würde es wohl noch ziemlich lange dauern. Zähneknirschend drehte er dem anderen den Rücken zu und verschränkte die Arme vor der breiten Brust.

»Wieso liegst du in der Ecke? Ist dir das Bett nicht gut genug, oder was?!«, fragte er barsch und mit forderndem Blick, nachdem er sich wieder umgewandt hatte.

Ob des schroffen Tonfalls schreckte der Silberschopf zurück, krampfte die Hand in den Lappen, als wäre es sein einziger Halt, wie Ascon aus den Augenwinkeln bemerkte.
 

Laurin war langsam aufgewacht, und wie so oft schaltete sich sein Denken nachdem er wach war, immer erst später ein. Er hatte nicht bemerkt, wie der andere das Zimmer betreten hatte, so zuckte er erschrocken zusammen und fuhr auf, als er die herrische Stimme hörte. Augenblicklich erinnerte er sich wieder.

Der Mann, der ihn mitgenommen hatte, war wieder hier!

Außerdem fiel ihm noch dunkel wieder ein, dass er ihn ja nicht ansehen sollte!

Sofort senkte er den Blick, was aber neben dem herrischen Blick, denn der andere ihm zuwarf und ihn vor Angst erzittern ließ, auch damit zu tun hatte, dass das Licht noch immer in seinen Augen wehtat.

Er drückte sich in die Ecke und blickte auf den Boden, spürte, wie er zitterte und sich nervös über die trockenen Lippen leckte. Langsam strich er sich eine störende Haarsträhne aus dem Gesicht und seufzte dabei lautlos.

Vielleicht sollte er die Frisur ganz auflösen...

Doch dann wären die langen Silbersträhnen noch mehr im Weg, also ließ er es sein. Gleichzeitig fragte er sich, was der Mann wollte.

Irgendwie war er froh, nicht mehr so ganz alleine hier in dem komischen, angsteinflößenden Raum zu sein, doch andererseits hätte er gerne noch ein wenig weiter geschlafen, außerdem spürte er instinktiv, dass der Dunkelhaarige keine gute Laune hatte, und er hoffte sehr, dass er sie nicht an ihm auslassen würde, er konnte doch gar nichts dafür, er hatte ihm doch nichts getan!

Sofort zuckte er zusammen, als er die barsche Stimme hörte, wagte nicht aufzusehen und klammerte sich an den Lappen, den er gar nicht wahrnahm.

Er hatte nicht bemerkt, dass er ihn noch immer in den Händen hielt. Es dauerte eine Weile, bis die Worte in sein Gehirn sickerten und er bemerkte, dass ihm der Mann soeben eine Frage gestellt hatte, auf die er ganz offensichtlich eine Antwort haben wollte. Allerdings hatte der Kleine schreckliche Angst, etwas Falsches zu sagen.

Er öffnete und schloss den Mund ein paar Mal, leckte sich erneut über die trockenen Lippen, während sich eine Hand an die Decke krallte.

Doch schließlich hatte er seine Angst ein wenig in den Griff bekommen, auch wenn er sich hier alles andere als wohl fühlte und sich bestimmt zum hundertsten Mal an diesem Tage zurück in sein Dorf wünschte, zu seinem Bruder!

Ungewollt stiegen ihm Tränen in die Augen, doch er starrte weiterhin nach unten, betrachtete die Stiefel, die der Mann trug und verzog kurz das Gesicht. Wie konnte man nur in solchen Dingern rumlaufen, das zwängte doch fürchterlich ein! Er selbst lief immer ohne Schuhe herum, doch auch einige aus seinem Volk trugen welche, allerdings leicht zu tragende. Laurin konnte das nicht verstehen, doch was kümmerte es ihn eigentlich?! Erst, als er einen ganz kurzen Blick nach oben warf, der seine Augen erneut schmerzen ließ, sah er, dass der Mann langsam aber sicher ungeduldig und wütend wurde.

Gerade, als der andere etwas Harsches sagen wollte, entsann er sich an die Frage und zog die Beine an, während er sich mit den Armen umschlang und mit leiser, melodischer aber leicht zitternder Stimme endlich antwortete:

»Ich... ich kann da nicht schlafen... weil ich es gewohnt bin, auf dem Boden zu schlafen...«

Er nahm an, der Mann hatte das Ding gemeint, auf dem er zu Anfang gelegen hatte, und das war seiner Meinung nach mehr als unbequem gewesen, weil es einfach zu weich war.

Scheu behielt der Kleine seine Augen gesenkt, hoffte, dass er den Mann durch seine Antwort nicht noch weiter verärgert hatte, strich mit seinen langen, schlanken Fingern ein paar Falten auf seiner Kleidung glatt, weil er einfach nicht wusste, wie er sich verhalten sollte.

Grimmig nahm Ascon wahr, dass sich der Junge an seine Anweisungen erinnerte, zwar reichlich spät, aber immerhin.

Das kleine zusammengeschreckte Bündel in der Ecke fixierend, presste er die Kiefer aufeinander und dachte kurz nach.

Ja, wenn er sich richtig entsann, hatte er in den Baumhäusern auch keine Betten entdecken können, sich jedoch nur am Rande darüber gewundert. Dennoch ... der Junge war jetzt sein Gefangener. Er lebte nicht mehr in seinem idyllischen Wald, wo er machen konnte was er wollte.

»Mir ist egal, ob du auf dem Bett schlafen kannst, oder nicht!«, begann er schließlich kühl. »Du bist mein Gefangener.

Und da du für lange Zeit nicht in dein Baumhaus zurückkehren wirst, rate ich dir, dich hieran zu gewöhnen. Ich will dich nicht noch einmal auf dem Boden schlafen sehen, hast du das verstanden?« Auffordernd sah er auf den Kleinen herab, der keine Anstalten machte sich irgendwie dazu zu äußern.

Böse knurrend machte Ascon einen Schritt auf ihn zu, sodass der Junge sich zitternd an die Wand hinter sich drückte.

Die blanke Angst sprach aus seiner Körperhaltung und Ascons Miene wurde etwas weicher. Trotzdem erwartete er noch die Antwort auf seine Frage.

»Na wird´s bald! Oder hat´s dir die Sprache verschlagen?«

Eingeschüchtert sank der Kleinere noch ein Stückchen in sich zusammen und stotterte ein leises, kaum verständliches »J-ja«.

»In Ordnung. Dann leg jetzt bitte die Decke wieder auf das Bett«, forderte Ascon seinen Gefangenen ein wenig nachgiebiger auf.

Allzu große Angst wollte er ihm nicht einjagen, weshalb er ein Stück zur Seite ging, als der Junge sich erhob und das zerknitterte Leinenlaken wie einen Schutzschild vor seinen zierlichen Körper hielt.

In Ascons Augen erweckte er den Anschein eines verängstigten Häschens, dass an dem bösen bösen Wolf vorbei musste und jeden Moment fürchtete gefressen zu werden.

Amüsiert über diesen Vergleich, schlich sich ein unmerkliches Lächeln um seine Mundwinkel, während er jeden Schritt des vor Furcht bebenden Jungen genaustens verfolgte. Zaghaft und mit eingesunkenen Schultern tapste er zum Bett.

Dabei umschmeichelte Ascon ein leicht süßlich duftender Luftzug, den er wahrlich genoss. Für einen kurzen Augenblick schloss er die Augen und die Erinnerung an die blumenüberfüllte Wiese drängte sich sofort in seinen Sinn.

Doch Zeit um lange zu träumen hatte er nicht, denn ein jäher Ruck ließ ihn ins Schwanken geraten.

Dann wurde das gesamte Schiff auf einmal durchgeschüttelt und Ascon hatte Schwierigkeiten sich auf den Beinen zu halten. Plötzlich spürte er jedoch wie sich eine Hand in seinen Arm klammerte und ihn bei der nächsten Erschütterung schlagartig nach hinten riss.

Geistesgegenwärtig griff er nach dem Arm, zog die kleine Person noch im Fall schützend in seine Arme, bevor er hart mit dem Rücken gegen die Wand geschleudert wurde, als der Boden ihm heftig und unerwartet unter den Füßen weggerissen wurde.

In Ascons Augen vollführte der Raum eine halbe Drehung, er sah noch die grelle Beleuchtung an sich vorbei rasen, bis er einen blitzartigen Schmerz durch seine Schultern toben spürte.

Zischend entließ er die Luft zwischen seinen Zähnen, um einen schmerzvollen Laut zu unterdrücken.
 

Langsam und vor Angst zitternd tapste der Kleine an dem Mann vorbei, hatte solche Angst, dass er die Decke beinahe schützend an seinen Körper drückte.

Tränen schimmerten in seinen dunkelblauen Augen, während er sich fragte, wielange er wohl hier bleiben musste, es dann aber nicht wirklich wissen wollte.

Außerdem wusste er, dass er kein Auge mehr zutun würde können, wenn er, wie von dem anderen verlangt, auf dieser blöden, ekelhaft weichen Matratze schlafen sollte.

Naja, es ging ihm ja schon beschissen genug, seine Augen taten noch immer höllisch weh, auch wenn er den Schmerz verdrängt hatte, er war schwach, hatte Hunger und Durst, und wurde nun auch noch der Möglichkeit des Schlafens beraubt, was wollte der Mann denn noch alles?! Wollte er ihn langsam zu Grunde gehen lassen?!

Sein sonst eher positives Denken war dahin, er fand nur einen Punkt, den er auf die gute Seite stellen konnte, nämlich, dass es hier wenigstens angenehm kühl war, doch der Rest war einfach schrecklich, vor allem dieses Zimmer!!

Vielleicht ging er auf das Angebot des Mannes doch nochmal zurück, die Sonne war zwar schmerzvoll, aber würde ihm wenigstens ein mehr oder weniger rasches Ende bereiten, er wurde nicht so gequält wie hier, allem entraubt, was er brauchte und in einem kalten, überhellen und abstrakten Zimmer gefangen gehalten, fern voll all der Natur, die er sich so sehr ersehnte.

Er begann gerade zu schluchzen, als er eine Bewegung im Boden spürte.

Das war nichts Ungewöhnliches, er war es gewohnt, immerhin schwankten die Bäume, auf denen seine Rasse ihre Häuser baute bei ab und an gewaltigen Winden auch, doch die waren nichts zu dem hier!

Panisch griff er um sich, nach irgendetwas, das ihm Halt geben konnte und bekam den Arm des Mannes zu fassen, klammerte sich daran fest, obwohl er schreckliche Angst hatte.

Dann wurde sein zierlicher Körper nach hinten geschleudert, und er kniff die Augen panisch zusammen. Wieso konnte das Zimmer wackeln, er verstand das nicht!

Er zog den Kopf ein, machte sich so klein wie möglich und bereitete sich auf einen harten Aufprall vor, der nicht kam. Nur undeutlich spürte er, wie er in eine schützende Umarmung geschlossen wurde und kuschelte sich instinktiv nahe an den Körper des anderen, rollte sich zusammen und barg den Kopf unter seinen Armen, die schlanken Beine eng an seinen Körper gezogen.

Als es ruhiger wurde, öffnete der Junge die Augen wieder, zuckte nur noch leicht zusammen bei der Helligkeit der blöden Lampen die ihn langsam aber sicher annervten und versuchte zu verstehen, was da gerade passiert war.

Doch er hörte das Zischen des anderen und zuckte zusammen als er bemerkte, auf WEM er da gerade so gemütlich kuschelte. Augenblicklich errötete er und wagte nicht, aufzusehen, was ihm ja verboten worden war. Jedoch sprang er auf.

Nicht, dass es ihm nicht irgendwie gefallen hätte, aber der Mann machte ihm Angst, eben, weil er so unberechenbar war und deshalb zog er es lieber vor, sich zurückzuziehen.

Er zitterte noch immer am ganzen Körper und richtete seine schwer verrutschte Kleidung sofort, sich an die Worte des anderen erinnernd, die ihm Angst machten.

Noch immer schwieg Laurin und bückte sich, um die Decke aufzuheben und sie gehorsam zurück auf das Bett zu legen.

Ächzend rappelte Ascon sich auf, blendete dabei so gut es ging den stechenden Schmerz in seinen Schultern aus und biss sich auf die Zunge, um ein gequältes Aufkeuchen zu unterdrücken.

Gleich darauf glitt sein Blick zu dem Jungen, der sich bereits von ihm gelöst hatte und nun unschlüssig und ängstlich vor dem Bett stand. Tief atmete Ascon ein, um sich einigermaßen zu fassen, die Startturbulenzen verfluchend.

Sein Navigator würde noch was zu hören bekommen. Nicht mal das Schiff konnte er ohne Erschütterungen durch die Atmosphöre zurück ins All bringen, wie es sich normalerweise gehörte.

Bei einem Wurmloch oder ähnlichen hätte er ja noch Verständnis gehabt, aber wozu besaß sein Kriegsschiff bitte die neuesten Systeme ihres Sonnensystems?

Richtig, um solche Sachen zu vermeiden! Ascon seufzte lautlos. Anscheinend hatte dieser Unterklassekrieger bei der Vermittlung der Spezialprogramme gepennt. Dafür würde er ihm mindestens den Lohn kürzen, soviel stand jetzt schon fest.

Naja, zumindest war sein kleiner Gefangener allem Anschein nach nicht verletzt. Allerdings wollte Ascon kein Risiko eingehen, weshalb er mit zwei großen Schritten bei dem Jungen war und ihm mit einem kräftigen Ruck diesen orangenen Fetzen, den er immer noch trug vom Körper riss.

Geschockt stand der Kleinere stocksteif da, bevor er sich wieder erholte und anfing sich gegen seinen Peiniger zu wehren, versuchte die fremden Hände von sich zu stoßen und seinen zitternden Leib wieder zu bedecken.

Gegen den unnachgiebigen Griff Ascons hatte er jedoch keine Chance, musste die eingehende Musterung still über sich ergehen lassen.

Tränen perlten unaufhaltsam über seine Wangen. Er fühlte sich so gedemütigt, während er die prüfenden Blicke über seinen Körper gleiten spürte. Ununterbrochen zitterte er, bevor seine Handgelenke plötzlich losgelassen wurden.

Für Ascon waren die schwachen Schläge und Verteidigungsversuche keine Herausforderung. Außerdem wollte er nur sehen, ob der Junge nicht doch irgendwo etwas abbekommen hatte. Aber das einzige, was ihm auffiel, waren die blauen Flecke an den hellen Oberarmen. Und die sahen ganz nach seinen Fingerabdrücken aus. Augenblicklich spürte er wieder einen Stich in der Brust.

Er hatte den Kleinen verletzt ... unabsichtlich zugegeben, aber er hatte ihm weh getan. Leichte Gewissensbisse ergriffen von ihm Besitz. Diese verschwanden jedoch gleich wieder, als er seinen kleinen Gefangenen eingehender betrachtete.

Der Junge war sehr zierlich und schlank, das hatte er auch schon im angezogenen Zustand bemerkt. Aber ihn faszinierte die fast weiße Haut, welche ganz leicht in dem grellen Licht schimmerte. Sofort verspürte er das Bedürfnis den Jungen zu berühren, zu spüren, ob er sich wirklich so weich anfasste, wie er aussah.

Doch er konnte sich gerade noch so beherrschen, nicht die Hand aus zu strecken und seinem Wunsch nach zu geben. Stattdessen glitt sein Blick weiter in untere Regionen, bis zu der Scham des Kleineren, der seine Beine krampfhaft zusammen presste, als hätte er Angst, dass er ihn im nächsten Moment vergewaltigen würde. Davon war Ascon jedoch weit entfernt. Er wollte sich den Jungen nur ansehen.

Schließlich ließ er ihn los, weil er spürte, dass der Kleinere gleich einen Heulkrampf bekommen würde, wenn er ihn weiter so bedrängte.

Laurin wusste absolut nicht, was er davon halten sollte. Er hatte panische Angst und hätte aufgeschrien, wenn der Mann ihn nur einige Zeit länger festgehalten hätte. Zitternd und schluchzend stand er da, wagte nicht, aufzusehen aus Angst, dass der andere sich dann auf ihn stürzen, und ihm wehtun würde. Stocksteif und mit starrem Blick blieb er stehen, spürte die kräftigen Hände immer noch auf seinen Handgelenken, obwohl sie ihn schon lange losgelassen hatten.

Obwohl er seine Körpertemperatur regulieren konnte, war ihm auf einmal eiskalt, das war ihm noch nie passiert. Die fehlenden Haare auf seinem Körper bewirkten, dass er keine Gänsehaut bekam. Sein zarter, heller Körper war gänzlich haarlos, nur die Kopfhaare waren umso länger und prachtvoller, glänzten auch jetzt noch, als wollten sie ein Fest ankünden. Doch fern von alledem war die Situation, die sich jetzt bot.

Der Kleine war vollkommen verängstigt und wagte nicht, sich zu rühren oder auch nur ansatzweise zu bedecken. Seine Gedanken waren panisch und er war zu nichts mehr fähig. Lediglich seine Wangen röteten sich, und seine Augen wurden golden, etwas, dass ihn gefährlich aussehen ließ, doch da er den Blick gesenkt hatte, bekam das niemand mit.

Noch nie hatte er so stark Angst empfunden, wie jetzt.

Er wusste einfach nicht, wie er reagieren sollte, sein Leben war vorher eigentlich behütet gewesen, auch wenn er seine Eltern früh verloren hatte. Doch immer hatte er noch seinen kleinen Bruder gehabt, und sie hatten sich oft gegenseitig getröstet.

Nie jedoch hatte er Angst oder Scham empfunden, und er war auch nie von seinem kleinen Bruder getrennt gewesen.

Es war eine vollkommen neue Situation und er wusste einfach nicht, wie er damit umgehen sollte, seine Gedanken waren vor panischer Angst wie gelähmt und er wagte nicht, sich auch nur einen Zentimeter zu rühren.

»Du brauchst jetzt nicht Statue spielen. Nimm dir ein paar vernünftige Sachen aus dem Schrank«, wies der Dunkelhaarige den Jungen mit leichtem Spott in der Stimme an, während er auf die helle Tür deutete, die in der Wand hinter dem Bett eingelassen war.

Darauf reagierte der Junge jedoch nicht, sondern blieb weiter erstarrt vor ihm stehen. Verwundert kräuselte Ascon die Stirn. Na sowas ... jedes halbwegs normale Wesen hätte nur auf diesen Befehl gewartet und wäre schnurstraks zum Schrank gestümt, um seine Blöße zu verdecken.

»Sag mal ... wenn es dir so sehr gefällt, dich nackt vor anderen zu präsentieren, dann können wir ja einen kleinen Rundgang durchs Schiff machen. Vielleicht änderst du deine Meinung ja dann. Meine Männer würden dagegen auch nichts ein zu wenden haben ... «, erklärte Ascon lapidar. Irgendeine Reaktion musste der Junge jetzt bringen. Natürlich meinte er das nicht ernst, aber jemand der ihn nicht kannte, durchschaute ihn nicht.

Mit einem Schlag bekam Laurin große Augen, wurde knallrot im Gesicht und löste sich endlich aus seiner Starre.

Er hob den Blick, ein Fehler, wie er mal wieder feststellen musste, doch das konnte er jetzt auch nicht mehr ändern. Er wandte der hellen Tür seinen Blick zu, tapste darauf zu und streckte zögernd eine zitternde Hand danach aus, sich der Blicke des Mannes in seinem Rücken sehr wohl bewusst.

Er öffnete die Tür und lugte vorsichtig hinein, trat unruhig von einem Bein auf das andere und kratzte sich verlegen am Po.

Die Sachen kannte er alle gar nicht, sie sahen eigenartig aus, schon allein die dunklen Farben machten ihm Angst und er warf einen kurzen, sehnsuchtsvollen Blick auf den blassorangenen Haufen, der mal seine bequeme Kleidung dargestellt hatte...

Doch es war wohl besser, wenn er gehorchte, also griff er nach einem Hemd, das vorne lauter Knöpfe dran hatte und ihm natürlich viel zu groß war. Er brauchte einige Zeit, um die ganzen Knöpfe unbeholfen in die Löcher zu stecken und griff dann nach einer Hose, das Gesicht verziehend. Er mochte sie jetzt schon nicht sonderlich, aber es blieb ihm wohl kaum was anderes übrig.

Er zog sie an und verschloss den Knopf, doch als er sie los ließ rutschte sie dennoch an seinen schmalen Hüften wieder hinab, sie passte einfach nicht. Hilfesuchend drehte er seinen Kopf und sah den Mann an, bat ihn stumm, irgendetwas zu tun und ihm zu helfen. Er konnte die Hose, die ihm viel zu lang war ja schlecht die ganze Zeit mit der Hand festhalten, so wie er das jetzt gerade tat!

Erleichtert sah Ascon zu, wie die Starre endlich von dem Kleinen abfiel und er sich in Bewegung setzte.

Allerdings hätte er beinahe laut losgelacht, als er den Versuch des Jungen sah, sich die Normkleidung eines Telemnar-Kriegers über zu streifen. Gerade so konnte er sich beherrschen, wobei ihm die Heiterkeit zweifelsfrei ins Gesicht geschrieben stand.

Zum Glück quälte der Kleine sich gerade noch mit den Sachen ab, sodass er seinen Zustand nicht bemerkte.

Schließlich traf jedoch ein hilfesuchender, flehendlicher Blick auf Ascon. Und diesmal ließ er sich erweichen, ging ebenfalls zum Schrank und wühlte selber in den Sachen, auf der Suche nach etwas, womit er die zu weite Hose auf den Hüften des schlanken Jungen fixieren konnte. Leider fand er nichts, was ihm weiter geholfen hätte, weshalb er seine Suche auf das Badezimmer ausweitete.

Automatisch betätigte er den Lichtschalter, sodass sich der kleine Raum, welcher mit einer recht kleinen Eckbadewanne ausgestattet war, die man auch gleich als Dusche benutzen konnte, erhellte.

Jaa ... was konnte ihm denn jetzt helfen, überlegte er im Stillen, während er das gesamte Badezimmer mit seinen dunklen Augen durchstöberte. Bis sein Blick schlussendlich an den zwei dunkelgrünen, sauber aufgehängten Bademänteln hängen blieb. Sofort nahm er einem den Stoffgürtel ab und kehrte in den anderen Raum zurück, wo der Junge ihn mit tellergroßen Augen erwartete.

Genauso automatisch wie beim Eintreten, knipste er das Licht auch wieder aus, was der Kleine mit ungläubig funkelndem Blick zur Kenntnis nahm.

»Du ... Ihr ... Ihr habt die Sonne angeschaltet u-und wieder aus ... «, stotterte er irgendwie hilflos und der Schrecken war nur zu deutlich in den mitternachtsblauen Augen zu lesen.

Doch schließlich wandelte sich der Blick ins amüsierte, und er sah sich langsam in dem Zimmer um.

Wie erwartet, sah er auch hier so ein komisches Ding an der Wand, und er tapste, sich die Hose noch immer mit einer Hand festhaltend, leicht schlurfend auf dieses Teil zu.

Viel konnte ja nicht passieren, also streckte er scheu eine zarte Hand aus und drückte mit einem Finger darauf, zuckte zurück, als es plötzlich dunkel in dem Raum wurde.

Er gewöhnte seine Augen blitzschnell an die neue, und viel angenehmere Umgebung und trat zurück, wieder auf den Mann zu, vor dem er stehen blieb, ohne irgendwo gestolpert zu sein.

»Das ist toll...«, sagte er leise und begeistert wie ein kleines Kind während er kurz auf und ab hüpfte.

Für einen kurzen Moment war die Angst vergessen, Laurin war vollkommen fasziniert von der Tatsache, hier das Licht an und aus zu schalten.

Er sah sich wieder um und fragte sich im Stillen, was hier noch in diesem Zimmer, das ihm erst so unheimlich vorgekommen war, erwarten würde.

Vielleicht gab es hier ja noch Sand oder Wasser, das man an und abstellen konnte, oder Gerüche, oder verschiedene Pflanzen? Obwohl, das war ja nun sehr unwahrscheinlich, doch seine Fantasie war angeregt und seine Augen glänzten, als er über viele lustige Dinge nachsann.

Er hatte das Licht nicht wieder angemacht, weil er es so als angenehm empfand und jetzt vieles noch viel besser erkennen konnte.

Still und mit einer gewissen Spannung hatte Ascon dem Kleineren bei seinen Aktionen zugesehen und war relativ erstaunt, dass dieser nicht mal eine normale Lampe kannte. Für so primitiv hatte er die Hellhäuter eigentlich nicht gehalten. Aber was konnte man schon von einer Rasse erwarten, die noch in der tiefsten Urzeit zu leben schien? Richtig ... fast gar nichts.

»Das ist elektrisches Licht«, erklärte er dem Jungen deswegen, wobei er elektrisch hätte weglassen können, da sein zwei Köpfe kleineres Gegenüber sowieso keinen blassen Schimmer davon hatte.

Dann fuhr er mit seinen Erklärungen fort, weil er vermutete, dass der Junge dementsprechend auch keinen Wasserhahn, geschweige denn eine Dusche kannte.

»Und du hast ja eben selbst herausgefunden, wie du es an- und ausmachen kannst.« Von der Dunkelheit um sie herum gänzlich unbeeindruckt griff er die freie Hand des Silberhaarigen und führte ihn ins Badezimmer, wo er das Licht jedoch anschaltete.

Zwar hatte er bemerkt, dass der Kleine ebenfalls keine Probleme hatte, im Dunkeln zu sehen, doch Ascon wollte, dass dieser sich daran gewöhnte.

»Das ist ein Badezimmer ... «, führte er fort und kam sich reichlich bescheuert vor, denn eigentlich war es das normalste auf der Welt. Jede halbwegs zivilisierte Kreatur wusste was ein Badezimmer war ... ok .. fast jede. Der Junge gehörte zweifelsohne zu den wenigen zehn Prozent, die ihr ganzes Leben schon ohne diese praktische Erfindung ausgekommen waren und die warmes Wasser auch nicht zu schätzen wussten.

»Also ... wenn du dich waschen willst, kannst du das hier tun. Sieh her ... « Mit einer Hand zeigte Ascon auf den Wasserhahn und schob den metallisch glänzenden Hebel nach oben, sodass es begann zu fließen. Wissbegierig hatte der Kleine seine Erläuterungen verfolg und starrte nun ganz gespannt und mit einem freudigen Glanz in den Augen auf das sprudelnde Wasser.

»Pass aber auf, dass der Hebel nicht nach links zeigt, wenn du es anschaltest. Dann kommt nämlich heißes Wasser«, wies er den Jungen umsichtig darauf hin.

Er wollte schließlich nicht, dass er sich die Finger verbrannte, nur weil er nicht wusste, wie alles funktionierte.

Neugierig alles betrachtend, schüttelte Laurin nur ungläubig den Kopf. Das es wirklich Wasser zum an- und ausschalten gab, hätte er nicht gedacht. Still blieb er stehen, dann streckte er seine Hand aus und berührte den Mann sacht, als er das Wasser wieder ausstellte und sich schließlich umsah.

Erneut fragte er sich, was es hier wohl noch alles gab, das er noch nicht kannte. Sein Kopf pochte ein wenig, war wahrscheinlich überstrapaziert mit dem hellen Licht, also schaltete der Kleine es munter wieder aus und gluckste kurz und leise, als es wirklich wieder dunkel wurde. Das war lustig und extrem praktisch.

Wenn er das eher gewusst hätte, dann hätte er sich anfangs nicht so lange rumquälen müssen.

Gedankenverloren strich er durch seine hellen Haare, die im Dunkeln sanft leuchteten und einen silbernen Glanz verbreiteten, der von den Fliesen im Badezimmer zurück geworfen wurde. Laurin schwieg dann, wurde wieder ernst, als er sich bewusst wurde, dass er noch vor kurzem Angst vor dem Fremden gehabt hatte.

Außerdem hielt er seine Hose noch immer mit der Hand fest, wagte jedoch nicht, den Mann noch einmal anzusehen.

Nachsichtig duldete Ascon, dass der Junge das Licht wieder ausschaltete. Natürlich ... der Kleine war so grelle Helligkeit nicht gewohnt.

Aber ganz im Finstern wollte er auch nicht stehen. Deswegen ging er zurück in den Hauptraum und regulierte die Intensität des Lichtes mittels Codeeingabe herunter, bevor er den Schalter erneut betätigte.

Sanftes, abgedämpftes Licht erhellte nun das Zimmer und erfüllte ihn mit Zufriedenheit. So ließ es sich aushalten und der Kleine fühlte sich sicherlich auch viel wohler. Ohne weiter darüber nachzudenken, wandte er sich den Silberschopf zu, reichte ihm den dunkelgrünen Stoffgürtel, den er immer noch in der Hand hielt.

»Hier. Damit kannst du erstmal die Hose zum Halten bringen, bis wir den nächsten Planeten ansteuern.

Dort werden wir dir dann ein paar passende Sachen kaufen. Mal sehen, vielleicht befindet sich aber auch auf meinem Handelsschiff noch etwas in deiner Größe.« Obwohl er da nicht viel Hoffnungen hatte, fügte er gedanklich hinzu, da sie meistens nur mit Stoffen oder Einheitsware handelten. Denn die Käufer, welche sie belieferten, besaßen eine von-bis-Wunschgröße, die dann auch gehandelt wurde. Schwierig, da für diesen Zwerg was zu finden.
 

Der Kleine sah auf, als das sanfte Licht anging und lächelte leicht. Ja, warum eigentlich nicht gleich so? So war das doch gleich viel angenehmer und nicht so schmerzhaft für Augen und Kopf...

Als er die Worte des Mannes hörte, blickte er ihn an und griff nach dem grünen Gürtel, senkte dann sofort wieder den Blick und wurde ernster.

Mit zitternden Fingern steckte er den Gürtel in die Ösen und machte vorne einen Knoten, was bestimmt vollkommen bescheuert aussah, aber es war ihm auch egal.

Dass er sich seine eigentliche Kleidung zurück wünschte stand außer Frage und war wohl offensichtlich.

In diesem Moment knurrte sein Bauch laut und er biss sich auf die Lippe, während er rot wurde. Vor lauter Begeisterung hatte er ganz vergessen, seinen Körper zu beherrschen.

»Verzeiht...«, murmelte er leise und verlegen, während er aus dem Bad ging, weil die Fliesen so kalt waren. Dabei schaltete er das Licht dort aus, eine Bewegung, an die er sich langsam gewöhnte.

Als Ascon das ihm nur allzu bekannte Geräusch zu Ohren kam, schmunzelte er leicht. War ja klar gewesen, dass das auch noch kam.

Aber wo er nun schon einmal am Erklären war, warum also nicht auch dies? Essen konnte der Kleine dann aber hoffentlich alleine.

Nicht, dass er ihn füttern musste, dachte Ascon abgeneigt und hatte sofort die Vorstellung eines sabbernden Kleinkindes im Kopf, das ihm die Hosen voll kleckerte, wie der dreijährige Sohn seines Bruders.

Nein danke!

Darauf konnte er getrost verzichten. Zumindest wollte er sich jetzt noch nicht auf soetwas einlassen. Wäre ja noch schöner. ER, als gebohrener Anführer und Krieger wurde zum Babysitter degradiert.

Allein das Bild in seinen Kopf, ließ ihm regelrecht schlecht werden.

Das ging ihm viel zu weit. Dann würde er den Jungen eher wieder auf seinen Urzeitplaneten zurückbringen, statt diese Strapazen auf sich zu nehmen.

Unmerklich schüttelte er sich, bevor er den Jungen ansprach.

»Hm ... ich weiß nicht, wovon du dich bisher ernährt hast, aber Wurzeln und Ähnliches haben wir hier nicht im Angebot«, meinte Ascon abwertend, während er aus einem weiteren in der Wand eingelassenen Schrank, der allerdings eher ein Schubfach war, eine Kapsel nahm und sie dem Kleinen in die Hand drückte.

»Das sind Essenskapseln. Von Obst, über Pasta und Pizza kannst du dir alles wünschen. Wenn du die Kapsel leicht drückst und deinen Wunsch dabei aussprichst dauert es nur ein paar Minuten, bis das Essen vor dir steht. Sollte es jedoch etwas Unbekanntes sein, passiert gar nichts.«

Scheu hörte der Kleine den Worten zu und runzelte unmerklich die Stirn. Als ob er sich von Wurzeln ernähren würde, also bitte!

Jedoch wagte er nicht, etwas zu sagen, sondern blieb im Zimmer nahe am Bett stehen, den Blick wie immer gesenkt und sich dafür verfluchend, dass er sich nicht soweit unter Kontrolle gehabt hatte, um sein Magenknurren zu unterdrücken.

Laurin sah erst auf, als der Mann, dessen Namen er noch überhaupt nicht kannte, wie er nebenbei feststellte, ihm eine Kapsel in die Hand drückte.

Misstrauisch beobachtete er sie, konnte sich nicht vorstellen, dass der Quatsch funktionieren würde, allerdings wäre sein Bruder davon hellauf begeistert. Apropos: Neth!!

Bei dem Gedanken, wie es seinem Bruder wohl ging, versuchte er sofort wieder, ihn mithilfe seiner Fähigkeit der Gedankenübertragung anzusprechen, während er sich äußerlich nichts anmerken ließ.

Und diesmal hatte er Glück. Schon kurze Zeit später antwortete sein Bruder, verschlafen aber besorgt:

"Lauri! Wie geht es dir, ich habe mir solche Sorgen gemacht!"

Der Junge lächelte kurz und meinte:

"Mach dir um mich keine Sorgen, mir geht es relativ gut, auch wenn ich dich wahrscheinlich erst einmal nicht sehen kann..."

In Windeseile erzählte er seinem kleinen Bruder, der zum Glück nur erschöpft war, sich aber wieder von der Sonne erholt hatte, was er hier alles Neues erlebt hatte. Der Kleine war begeistert, doch da Laurin den Mann nicht auf sich aufmerksam machen wollte, verabschiedete er sich bald wieder mit dem Versprechen, sich zu melden. Er wollte seinen Bruder nicht beunruhigen.

Jetzt wandte er seine volle Konzentration der Kapsel zu und drückte sie leicht, während er in Gedanken sprach:

"Obst."

Eine ganze Weile passierte gar nichts, doch schließlich hörte er ein leises Geräusch und kurze Zeit später erschien ein silberner Teller vor ihm, mit den verschiedensten Obstsorten.

»Hm, lecker!« rief er aus und klatschte begeistert in die Hände.

Ascon hatte den Kleinen, der in den viel zu großen Sachen aussah wie ein Schluck Wasser, aufmerksam beobachtet.

Über die Früchte freute er sich sichtlich und Ascon verspürte ein beruhigendes Gefühl im Bauch. Vielleicht sollte er mit dem Jungen doch nicht allzustreng sein. Immerhin hatte er ihn von seinen Verwandten getrennt und in eine völlig neue, wie auch unbekannte Umgebung gebracht.

Der Kleine war so unbedarft in allem, dass Ascon sich schwer verantwortlich für ihn fühlte. Normalerweise sollte ihm egal sein, wie es seinen Gefangenen ging. Sie mussten sich eben mit der Situation abfinden und sich anpassen.

Aber bei dem Silberhaarigen war es irgendwie anders. Er konnte es sich nicht erklären. Hinzu kamen noch diese seltsamen Gefühlsregungen, die der Junge in ihm auslöste.

Dafür musste es einen Grund geben und bis er den herausgefunden hatte, würde er sich höchst persönlich um den Kleinen kümmern.

»Iss ruhig weiter. Ich werde gehen, jetzt wo du weißt, wie hier alles funktioniert. Am besten du legst dich noch einmal schlafen.

Morgen komme ich wieder und dann reden wir weiter.« Mit einem schwachen Lächeln auf den Lippen, sah er noch einmal zu dem Silberschopf zurück, der sich an den reichlichen Früchten gütlich tat und dabei so unschuldig und naiv aussah, dass Ascon sich wirklich fragte, wann er das letzte Mal so ein Bild vor Augen gehabt hatte. Er konnte sich nicht entsinnen.

Das war wohl einmalig im Universum.

Kurz bevor er durch die Kabine verließ, erhob er noch einmal seine Stimme.

»Wie heißt du eigentlich? Ich möchte dich nicht immer mit Junge, oder Kleiner ansprechen.«
 

Mit glänzenden Augen setzte Laurin sich mit der Schale auf den Boden, griff zögernd eine kleine Frucht und steckte sie in seinen Mund, kaute sie langsam und schluckte sie dann hinunter. Anschließend leckte er sich genießerisch über die Lippen, und da es eine rote Frucht gewesen war, färbten sich seine Lippen nun rot.

Davon bekam er allerdings nicht viel mit, er suchte sich schon eine nächste Frucht heraus, von der er erst die Schale entfernte.

Er war so vertieft darin, dass er kurz zusammen zuckte, als der Mann erneut sprach. Scheu blickte er vom Boden auf und sah extra ein wenig zur Seite, um ihn nicht anzusehen. Irgendwie beruhigten ihn die Worte, und er stellte fest, dass er kaum noch Angst hatte.

Er konnte es nicht verstehen, immerhin hatte ihn dieser Mann von zu Hause weggeholt, aber dennoch erfüllte ihn gerade eine unerklärliche Sicherheit.

Er nickte zu den Worten, wandte sich der Frucht zu und steckte sie in seinen Mund, kaute genüsslich darauf herum und schloss genießerisch die Augen. Dann erspähte er erneut eine rote Frucht, steckte sie in den Mund und kaute darauf herum, bis plötzlich ein lautes Knacken zu hören war, und der Kleine anfing zu husten.

Er steckte sich zwei Finger in den Mund und holte einen leicht angeknacksten Kern heraus, betrachtete ihn mit gerunzelter Stirn und legte ihn in die Schale, schüttelte nur den Kopf. Dann hatte er sich wieder beruhigt und kaute auf dem Fruchtfleisch herum.

Er hatte noch nie irgendwelche Früchte gegessen, die soetwas Hartes in sich hatten! Naja, aber schmecken tat es ihm, das war die Hauptsache.

Er hob den Kopf, als der Mann erneut sprach und ein paar Silbersträhnen fielen ihm ins Gesicht, während seine tiefblauen Augen das Gesicht des Mannes kurz nach seinem Gemütszustand abtasteten und sich dann wieder senkten. Mit leiser, aber klarer, melodischer Stimme antwortete er diesmal ohne Angst zu haben:

»Ich heiße Laurin...«

Er leckte sich über die rotverschmierten Lippen und senkte den Blick wieder ganz. Gerne hätte der Kleine gewusst, wie der Mann hieß, doch er wagte nicht, zu fragen, wollte ihn nicht verärgern, wo er gerade so schön gute Laune hatte.
 

Während Ascon geduldig wartete, dass der Junge auf seine Frage antwortete, sah er ihm beim Essen zu. Sofort beschleunigte sich sein Herzschlag, als der rote Saft einer Pinusfrucht - welche große Ähnlichkeit mit der Form eine Pflaume hatte, jedoch rotes Fleisch besaß - aus dem Mundwinkel des Kleinen lief und die zarten, feuchten Lippen in ein grelles Rot färbte.

Leicht nervös musste er schlucken und er schüttelte unmerklich den Kopf, um die unmöglichen Vorstellungen, die sich allein bei diesem Anblick in ihm aufbauten wieder los zu werden. Das konnte doch nicht möglich sein!

Wieso reagierte er derartig darauf? Er hatte doch sonst nie solche Anwandlungen und kam mit diesen Dingen klar. Warum hatte dann also dieser Junge eine solche Wirkung auf ihn ... und das noch nicht einmal bewusst?

Auf keine der Fragen wusste Ascon im Moment eine Antwort. Sicher war nur, dass er soviel wie möglich Abstand zwischen sich und den Kleinen bringen musste. Es wäre absolut schlecht, wenn er seine Unsicherheit in Bezug auf ihn selbst bemerkte.

Ehe Ascon sich aber weiter mit seinem Problem beschäftigen konnte, antwortete der Junge nach einem flüchtigen Blick in sein Gesicht auf die Frage.

Melodiös klang die samtige Stimme zu ihm hinüber und Ascon nahm den ihm unbekannten Namen wahr, sprach ihn noch einmal leise nach und probierte automatisch verschiedene Sprechweisen aus.

Bis er eine ihm passend erscheinende gefunden hatte. Leise hallte der wohlklingende Name in seinem Kopf wieder und bevor Ascon sich endgültig von seinem faszinierenden wie gleichermaßen verwirrenden Gefangenen loseiste, sagte er mit unerklärlich sanfter Stimme: »Gute Nacht, Laurin ... «

Die helle Haut der Stirn kräuselte sich leicht, als der Kleine hörte, wie der Mann seinen Namen aussprach. So viele Varianten von der Aussprache seines Namens kannte Laurin überhaupt nicht, doch irgendwie war er fasziniert davon.

Er legte den Kopf schief, leckte seine Lippen ab, weil er spürte wie sie klebten und süßlich schmeckten, um die Farbe der Frucht dabei unwissentlich noch weiter zu verwischen und war für den Moment erst einmal satt. Also schob er die Schale beiseite und lehnte sich mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen zurück, fühlte sich wohl auf dem harten Boden, der die Helligkeit und Zartheit seiner Haut noch betonte.

Kurz blickte er auf, und wunderte sich, als er die sanfte Stimme hörte, wollte sich schon fragen, ob eine andere Person hier im Zimmer war, denn dem Mann konnte die Stimme gar nicht gehören, so hart, wie er anfangs mit ihm gesprochen, und ihm entsetzliche Angst damit gemacht hatte. Doch als er mit seinen tiefblauen Augen aufsah, blickte er auf den Mann und erschauderte wollig.

Die sanfte Stimme war so angenehm für seine Ohren und sein Gemüt, er freute sich und lächelte leicht, etwas, dass er bei Fremden eigentlich selten tat, so dachte er jedenfalls. Naja, das war ja jetzt auch egal. Er schenkte dem Mann ein strahlendes Lächeln, das sogar den Glanz seiner Haare noch in den Schatten stellte und erwiderte leise, mit heller Stimme:

»Danke... Euch auch...«

Er senkte den Blick wieder, doch als er sich langstrecken wollte erinnerte er sich daran, dass ihm ja nicht erlaubt worden war, auf dem Boden zu schlafen, also seufzte er leise, fast lautlos und richtete sich wieder auf.

Er brauchte eine Weile um aufzustehen, da er andauernd auf seine viel zu großen Hosenbeine trat und sich somit immer selbst wieder auf den Boden beförderte.

Doch er gab nicht auf, bis er schließlich ein wenig breitbeinig dastand, um nicht wieder zu stolpern und hinzufallen. Die Hose hing ihm wieder auf halb acht, aber das störte ihn nicht sonderlich, er konnte den "Gürtel" ja nachher noch einmal fest und ordentlich verknoten.

Nachdenklich kratzte er sich am Arm, weil ihn der ungewohnte Stoff juckte, oder vielleicht auch die leicht angeschlagene, bläuliche Haut, die wohl erst in ein paar Tagen verschwinden würde, er wusste es nicht.

Verwirrt sah er auf als er bemerkte, dass der Mann noch immer an der Tür stand und blickte zu ihm auf, mit vollem Blick, wenn auch nur kurz. Er errötete, ihm stand eine Frage im Gesicht geschrieben, doch er wagte nicht, sie zu stellen.

Er hatte mit diesem einen Blick gesehen, dass der Mann ihn die ganze Zeit angesehen hatte und irgendetwas hatte in seinen dunklen, schimmernden Augen gelegen, Laurin wusste nur nicht, was das war. War es Verlangen?

Er konnte es sich nicht erklären, fragte sich aber dennoch, weshalb der andere noch immer hier war, wenn er doch eigentlich gehen wollte.

Jedoch sprach er nicht, nahm sich vor, das zu ignorieren und schlufte mit tapsenden Schritten zu dem Bett, seufzte erneut, als er sich darauf nieder ließ und das Gesicht verzog. Aber er wollte nicht wieder einen Streit oder irgendetwas vom Zaun brechen. Verwirrt war er aber dennoch, und das stand ihm auch ins Gesicht geschrieben.

Fasziniert beobachtete Ascon den Jungen, war aus irgendeinem Grund nicht in der Lage sich von dem unschuldig-erotischen Anblick los zu reißen.

Verdammt! Wenn er sich nicht bald zusammen nahm, würde er sich vor dem Silberschopf noch lächerlich machen, denn die zu weite Hose war erneut ein Stück von den schmalen Hüften gerutscht, als Laurin aufgestanden war und hatte einen Teil wunderbar hellschimmernder Haut entblößt.

Verlangend war sein Blick auf die freie Stelle gebannt, glitt dann zu dem fein geschnittenen, zarten Gesicht und für einen kurzen Atemzug in dem der Kleinere den Kopf hob, tauchte er in die dunkelblauen Tiefen ein. Zu schnell endete der Augenblick, als Laurin sich gleich darauf wieder abwandte und Ascon in der Lage war, sich aus seiner kurzzeitigen Starre zu lösen.

Angespannt atmete er aus, obwohl er sich nicht bewusst gewesen war, die Luft angehalten zu haben. Um sich nicht noch einmal so eine Blöße zu geben, riss Ascon seinen Blick schließlich vollends los und drehte dem anderen den Rücken zu, wobei er versuchte seinen unregelmäßigen Atem wieder unter Kontrolle zu bringen.

Dann verzog er mürrisch das Gesicht und wär es ihm möglich gewesen, die Tür nach dem Verlassen des Raumes zuzuknallen, hätte er das sicherlich auch getan.

Zu ihrem Glück blieb die Automatiktür jedoch verschont vor seinem inneren Ärger und Ascon strebte mit eiligen Schritten zu seiner Unterkunft.

Dort trat er sofort ins Badezimmer, entkleidete sich und stieg dann unter die Dusche, die er erst einmal eiskalt aufdrehte, um einigermaßen auf den Boden zurück zu kommen und seinen Körper für die unangebrachte und ungehörige Reaktion zu strafen.

Scharf zog er die Luft ein, als das Eiswasser auf ihn nieder prasselte und seine anfängliche Erregung sofort ins Nichts auflöste. Er stand sogar so lange unter dem arktischen Wasserstrahl, bis er ein unangenehmes Stechen auf seiner Haut verspürte.

Erst dann drehte er den Wasserhahn zu und gestattete sich zu entspannen.

Leider hatte die Dusche nur eines seiner momentanen Probleme beseitigen können, nämlich seine Erregung. Zu seinem Frust, waren die Bilder, die er von dem Jungen sah, stets vor seinem inneren Auge präsent, schienen sich in seine Gedanken gebrannt zu haben, sodass er sie nicht mehr los wurde.

Auch nachdem er sich abgetrocknet hatte, in bequeme Bekleidung geschlüpft war und sich seinen Unterlagen zuwandte, die er für ihren nächsten Eroberungszug unbedingt durcharbeiten musste, konnte er seinen Gefangenen nicht aus seinen Gedanken verscheuchen, was ihm langsam aber sicher zur Weißglut trieb.
 

Laurin zuckte zusammen, als er plötzlich die seltsamen Geräusche der Tür hörte und sah auf, doch da hatte sich die Tür schon wieder geschlossen und der Junge war ganz alleine in dem Raum. Er fühlte sich sofort unwohl und sah sich eine Weile schweigend um, dann stand er auf, verhedderte sich natürlich wieder in den Hosen und fiel unsanft auf den Boden.

Verdammt!

Er zuckte zusammen, als er einen Schmerz in seinem Knie spürte, auf das er gefallen war, und das reichte ihm. Er zog diese bescheuerten Hosen aus, die ihm eh viel zu groß waren. Das Hemd war ja lang genug, also machte es keinen Unterschied. Außerdem würde dieser Mann sowieso erst morgen wieder kommen.

Er trat aus dem Stoffberg und ging mit nun fließenden Bewegungen ins Bad, wo er lächelnd diesen Hebel hochstellte und das Wasser laufen ließ.

Dann hielt er seine Hand darunter und trank ein paar Schlucke. Als er genug hatte, stellte er es wieder aus und trat zurück in das große Zimmer. Da er nicht wagte, wieder auf dem Boden zu schlafen, so gerne er auch wollte, nahm er das unter Augenschein, was der andere "Bett" genannt hatte und stellte fest, dass sich dieses weiche, ekelhafte Ding lösen ließ. Er zerrte so lange daran herum, bis er die Matratze vom Bett schieben konnte und stellte sie in eine freie Ecke.

Dann sah er mit einem wolligen Seufzen auf die harten Bretter, nachdem er das Licht ausgeschaltet hatte und erneut fasziniert gewesen war. Er legte die Decke darauf und kuschelte sich gewohnheitsmäßig darin ein, lächelte sanft und schloss die Augen, war binnen Minuten in einen tiefen, traumlosen Schlaf geglitten.

Auch als es morgen wurde, bekam er das nicht mit. Wie auch, immerhin waren hier keine Vögel, die sangen, und auch keine Fenster.

Er lag zusammengerollt auf der Decke, das lange Shirt war bis über seine Hüften gerutscht und seine Lippen waren halb göffnet und noch ein wenig rötlich von der gestrigen Frucht. Seine Hände lagen entspannt unter seinem Gesicht, und er atmete ruhig und gleichmäßig, die silbernen Haare lagen sanft an seinem Körper, schimmerten im Dunkeln und hatten sich aus der Frisur gelöst.

Er hatte sich die Nacht über ein wenig gedreht, so dass sein kleiner, fester und nun nicht mehr bedeckter Hintern zur Tür zeigte, und jedem, der herein kam, einen fröhlichen guten Morgen wünschte.

Doch von alledem bekam Laurin nichts mit, er schlief tief und fest und erholte sich erst einmal von den Strapazen.
 

Ascon hingegen fiel es schwer einzuschlafen. Unruhig wälzte er sich in seinem Bett von einer Seite auf die andere. Ruhelos glitt sein Blick zum tausendsten Male zur Uhr, die auf dem kleinen Nachtschränkchen neben seinem Bett stand und ihn mit den giftig grünen Ziffern eindeutig zu verhöhnen schien. Er war schon versucht, dem Scheißding den Gnadenstoß zu versetzen. Kurz davor hielt er jedoch inne, weil er sonst früh sicherlich wie beim letzten Mal in die Scherben trat und deswegen ein paar Tage nicht richtig laufen konnte.

Allmählich siegte dann aber doch die Erschöpfung und Müdigkeit und Ascon fiel in einen leichten, für ihn typischen Schlaf, aus dem er bei dem kleinsten Geräusch, oder der winzigsten Gefahr sofort wieder erwachte.

Zu seinem Leidwesen kam der nächste Morgen gemeinsam mit dem Weckerpiepsen viel zu früh. Da er die halbe Nacht wachgelegen und sich gedanklich mit dem zierlichen Jungen im Zimmer gleich neben seinem beschäftigt hatte, fühlte er sich wie gerädert.

Außerdem hatte er gestern Abend vergessen noch etwas zu Essen, weswegen sein Magen sich nun mit einem lauten Grummeln beklagte.

Weiterhin hatte er einen schalen Geschmack im Mund, seine Zunge fühlte sich pelzig an, so als hätte er auf einer alten Socke herum gekaut. Aber das Schlimmste bemerkte er erst, als er missmutig an sich herunter schaute.

Entsetzt weiteten sich seine Augen. Unglauben sowie Schock standen ihm ins Gesicht geschrieben. Das konnte doch nicht wahr sein! Er musste träumen ... sehr schlecht träumen!

Seine morgendliche Erregung war unübersehbar, so deutlich wie die Beule in der dünnen Decke zu erkennen war. Einen Moment lag Ascon noch erstarrt im Bett, bevor wie von einer Tarantel gestochen aufsprang und ins Bad stürmte, das gleiche Ritual wiederholend, wie am Abend zuvor.

Wie war das nur möglich, fragte er sich zähneknirschend. Noch nie hatte er nur von der Vorstellung einer Person, die er zumal erst weniger als einen Tag kannte eine Morgenlatte bekommen. Dieser Bengel musste ihn irgendwie verhext haben mit seinen ihm unbekannten Fähigkeiten.

Anders konnte Ascon sich das Geschehene nicht erklären.

Während er weiter darüber nachgrübelte, drehte er das Wasser warm und seifte sich seine hüftlangen schwarzen Haare ein, fuhr mit den Fingerspitzen massieren über seine Kopfhaut und spülte anschließen den Schaum von seinem Körper, bevor er die Dusche nach einem Handtuch greifend wieder verließ. Dieses wickelte er sich um die Hüften, wandte sich gleichzeitig dem Spiegel zu.

Naja ... wenigstens sah er nicht mehr ganz so schrecklich aus wie vorhin, als er seine Gestalt kurz im Spiegel gestreift hatte. Die vorher dunklen Augenringe, waren nur noch ganz leicht zu sehen, wobei seine gebräunte Haut einen nicht unwesentlichen Teil dazu betrug.

Nach der eingehenden Betrachtung seines Gesichts erledigte Ascon auch noch die restlichen Angelegenheiten im Bad, bevor er es verließ und zum Kleiderschrank schlurfte.

Dort zog er sich wahllos eine gesamte Montur heraus.

Die Farbe war völlig nebensächlich, da sich unter seinen Sachen sowieso nur dunkle befanden. Mit enganliegender schwarzer Hose, einem legeren Hemd und den kniehohen schwarzen Schuhen trat er noch einmal vor den Spiegel, um seine wilde Mähne mit einem Lederband zu bändigen, bevor er aus dem Raum marschierte.

Auf der Brücke sah er nur kurz vorbei, machte seinen obligatorischen Rundgang und fragte seine Crew nach Problemen. Mit einem Nicken bestätigte ihm der junge Navigator, dass alles in Ordnung sei.

Am Rande erinnerte sich Ascon, dass er den Braunhaarigen noch zusammen stauchen wollte, sah aber davon ab, weil er momentan keine Lust hatte sich mit irgendwem zu streiten. Seine Schultern schmerzten zwar immer noch, aber es war erträglich.

Also gab er präzise Anweisungen den Kurs und ihren nächsten Zielort betreffend. Dann schritt er zu dem Aufzug, um wieder auf seine Ebene zu gelangen und sich mit seinem Gefangenen zu beschäftigen, obwohl er darauf noch weniger Lust verspürte.

Mit gesenktem Blick wartete er die Bestätigung der Stimmenfrequenz und das Öffnen der Tür ab, die nur wenige Sekunden danach aufglitt. Lautlos seufzend hob er den Kopf und auch wenn er nicht erwartet hatte, dass der Junge sich irgendwie vernünftig bewegen konnte, so versetzte ihm der Anblick der sich ihm jetzt bot, einen Schlag sondergleichen. Wie vom Blitz getroffen stand er ihm Türrahmen.

So eine "Begrüßung" hätte er sich nie träumen lassen. Der Kleine lag halbnackt auf dem Gestänge des Bettes. Die Hose hatte er ausgezogen, wie Ascon auf den ersten Blick erkannte und das lange Hemd war bis zur schmalen Taille hochgerutscht. Der kleine rosige Hintern war ihm entgegen gestreckt und dadurch, dass der Junge die Beine angezogen hatte, ermöglichte er Ascon einen vorzüglichen Einblick auf seinen Unterleib.

Der Telemnarkrieger musste schlucken und wollte seinen Blick abwenden, schaffte es jedoch nicht, er war wie erstarrt und konnte einfach nicht wegsehen von der zarten, noch unberührten Haut, die förmlich danach schrie, liebkost zu werden!

Verdammt, wieso passierte ihm das nur!

Der leichte Luftzug, der nun, da die Tür offen war, durch das Zimmer fegte, ließ den Kleinen langsam aber sicher aufwachen. Er öffnete seine Augen zunächst nicht, sondern fand sich mit seinen anderen Sinnen wie schon zuvor zurecht.

Müde richtete er sich auf und öffnete erst dann die Augen. Sein Blick glitt sofort zu der Tür, erblickte den Schwarzhaarigen und sah ihn ungläubig an. Moment mal, wieso starrte er ihn so an?! Erst in diesem Moment realisierte er, dass er halb nackt hier lag und das Hemd hochgerutscht war.

Mit hochrotem Kopf zog er es wieder herunter und sah den anderen erschrocken an, als er sich aufrichtete. Eigentlich hatte er ihm einen guten Morgen sagen wollen, doch ihm waren die Worte im Hals stecken geblieben, das ganze war ihm so schrecklich peinlich!

Es dauerte eine halbe Unendlichkeit, bis Ascon sich wieder fing und gänzlich in das kleine Zimmer trat. Automatisch glitt die Tür hinter ihm zu, was den Jungen erleichtert aufseufzen ließ, wie er nebenbei bemerkte.

Langsam ging er ein Stück weiter in den Raum, blickte jedoch zur Seite.

»Zieh dich an!«, befahl er mit belegter jedoch gleichzeitig hart klingender Stimme. Nicht länger als nötig wollte er sich diesem Anblick aussetzen. Die Nacht über hatte er schon nicht richtig schlafen können und der Morgen war ebenfalls sehr "überraschend" gewesen, im negativem Sinne, seiner Meinung nach. Da wollte er nicht noch eine weitere unangenehme Situation provozieren. Apropos provozieren ... Der Junge hatte einen ausgeprägten Hang zur unbewussten Verführung!!

Tief holte Ascon Luft. Wie sollte er denn die Zeit überstehen, die er jetzt mit dem Kleinen verbrachte? Er rang sichtlich um Beherrschung, als Laurin sich erhob und das weiche Hemd in sanften Bahnen den jungen Körper umschmeichelte und trotz der Größe dessen Figur betonte. Der weiße Stoff reichte dem Kleinen fast bis zu den Knien, wobei die seitlichen Schlitze die schlanken, haarlosen Beine frei ließen.

Die Augen schließend, schüttelte Ascon unmerklich den Kopf.

Nein!! Er wollte jetzt nicht mehr darüber nachdenken. Und damit er dem Problem, das sein Körper zweifelsfrei mit der Nacktheit des Kleineren zu haben schien demnächst aus dem Weg ging, würde er ihm jetzt erstmal vernünftige Sachen besorgen.

Zufrieden mit seinem Entschluss, sah er seinen kleinen Gefangenen an, der glücklicherweise wieder in seiner Hose steckte. Eigentlich hatte Laurin diese nicht mehr anziehen wollen, aber es war wohl noch besser, als sich so nackt wie vorhin zu präsentieren.

Gedanklich atmete Ascon erleichtert aus. Nichts desto trotz blieb seine Miene unverändert, zeigte nichts von dem momentanen Chaos seiner Gedanken- und Gefühlswelt.

Laurin unterdessen fühlte sich vollkommen unwohl.

Noch immer war die warme Röte nicht von seinen Wangen verschwunden und statt erneut in dieses unbequeme Kleidungsstück zu steigen, hätte er sich lieber in einem Mauseloch verkrochen und wäre nie wieder heraus gekommen. Die eindringlichen Blicke des großen Mannes machten es ihm auch nicht leichter und Laurin fragte sich, wie er sich gestern noch hatte einigermaßen wohl fühlen können. Irgendwie stellte sich das alles als Albtraum heraus, aus dem es sicherlich kein Erwachen gab.

Dennoch wagte er nicht sich dem Befehl zu widersetzen, dazu war er viel zu verschreckt. Und da er auch nicht der Typ war, der sich wehren konnte, hatte er stillschweigend gehorcht. Auch wenn ihn die Hose irgendwie einengte - obwohl sie ihm ja noch zu weit war - gab ihm dieser Stoff einen Teil seines Ehrgefühls zurück. Dennoch spürte er, wie der für ihn raue Stoff bei jeder Bewegung auf seiner empfindlichen, hellen Haut schabte und diese aufrieb.

Immerhin war er die samtweiche, sehr dünne und luftige aber körperbetonte Kleidung der Galadhrim, seines Volkes, gewohnt...

Er hoffte nur, dass der Stoff seine Haut nicht wund reiben würde, denn dann hatte er ein echtes Problem, weil von seiner ursprünglichen Kleidung nur noch Fetzen übrig waren, und er wollte dem Dunkelhaarigen lieber nicht erklären müssen, weshalb er die Sachen nicht vertrug, dann würde dieser sicher nur wieder böse werden und ihn am Ende vielleicht noch irgendwo, weit weg von seiner Heimat, rausschmeißen, das Risiko wollte er lieber nicht eingehen, also schwieg er wie so oft.

Fertig angezogen stellte Laurin sich in einigem Abstand vor den schwarzhaarigen Mann, signalisierte ihm so seine Aufmerksamkeit. Dabei hielt er seinen Blick gesenkt, traute sich nicht, dem Befehl des anderen zuwider zu handeln. Nur zu gut erinnerte er sich daran, was der andere für Kräfte besaß und wollte nicht riskieren bestraft zu werden.

Er war noch hundemüde, da er auf den Brettern zwar endlich mal richtig hatte schlafen können, aber seiner Meinung nach war er viel zu früh geweckt worden. Aber was konnte er hier schon sagen, wo er sich an nichts orientieren konnte.

Keine Sonne, keine Vögel, keine anderen Wesen seines Volkes, es war zum Heulen. Außerdem fühlte sich seine Kehle wie eine Wüste an, denn die Luft im Zimmer war zwar kühl, dafür aber auch sehr trocken. Ganz im Gegensatz zu seinem Baumhaus, wo durch die verschiedenen, großen Bäume fast tropisches Klima herrschte, trotz der hohen Temperaturen in der Sonnenperiode.

Lautlos seufzte Laurin auf. Wie gerne wäre er wieder dort... In seiner geliebten Umgebung, in der ihn jeden Morgen sanfte Vogelstimmen aus dem Schlaf gesungen hatten, bei Neth seinem kleinen Bruder... seiner einzigen Familie. Er vermisste ihn so furchtbar, dass es ihn in der Brust schmerzte. Sehnsucht nach der Heimat erfüllte ihn. Warum nur konnte er nicht dort sein? Wo ihn wenigstens jemand mochte und nicht wie den letzten Dreck behandelte, dachte der Silberhaarige bitter und presste die Lippen aufeinander.

Doch dann erinnerte er sich an die sanfte Stimme, den verständnisvollen Ausdruck, der auf den Zügen des großen Mannes gelegen hatte und er musste sich berichtigen. Vielleicht hatte der Schwarzhaarige ihn ja mitgenommen, weil er ihn doch ein bisschen mochte? Hoffnung keimte in ihm auf. Insgeheim wünschte er sich, dass der andere ihn wenigstens ein wenig lieb gewann, denn sonst konnte er sich sicherlich auf eine schwere Zeit gefasst machen, die vor ihm lag.

Angst hatte er immer noch, wenn auch nicht mehr so sehr wie am Anfang. Dennoch konnte er ein leichtes Zittern nicht unterdrücken, als der Schwarzhaarige ihn erneut mit tiefer Stimme ansprach.

»Hast du dich mit der Einrichtung im Bad bekannt gemacht?«

Überrascht, von dieser Frage hob Laurin nun doch den Blick und sah dem anderen in die dunklen, ja fast schwarzen Augen. Als er es bemerkte, senkte er schnell den Kopf, kaute einen Moment mit klopfendem Herzen auf seiner Unterlippe herum, bevor er mit ins Hemd verkrampften Händen antwortete.

»Na... naja. Ein... wenig?« gab Laurin unsicher zu. In Wirklichkeit wusste er nur, wie man das Wasser an und ausstelle. Ob das reichte? Er wusste ja nicht, was es da noch alles gab und was der andere mit seiner Frage speziell gemeint hatte.

»Gut... dann geh dich waschen! Die Utensilien, die du dazu brauchst, findest du im Schrank über dem Waschbecken«, informierte Ascon ihn sachlich und verschränkte abwartend die Arme vor der Brust.

Um den Schwarzhaarigen nicht zu verärgern, raffte Laurin die zu lange, unbequeme Hose nach oben, damit er nicht auf den Stoff trat und stolperte und tapste in den anderen Raum, in dem der andere Mann ihm gestern das Wasser zum an- und ausmachen gezeigt hatte. Noch immer war diese Tatsache neu für ihn. Immerhin lebte er erst einen Tag hier und er zuckte erschrocken zusammen, als sich die Tür hinter ihm schloss. Automatisch drückte er auf das Ding, was den Raum wie eine Sonne erhellte und beruhigte sich wieder, als nach dem Schließen der Tür nichts mehr passierte.

Irgendwie war er von den ganzen fremden Sachen fasziniert. Nie, nicht einmal in seinen wildesten Fantasien hätte er sich vorstellen können, dass es so viel gab, was besser als in seiner Welt war. Allein schon dieses riesige

>Schiff< - wie der Schwarzhaarige es nannte - stellte für ihn ein Wunder dar. Es war in der Lage ohne Flügel zu fliegen. Dabei war ihm zu Hause das genaue Gegenteil beigebracht worden.

Auf ihrem Planeten traf das ja auch zu, dachte Laurin mit einem etwas traurigen Lächeln. Er hatte die Vögel und Schmetterlinge, die es in vielen bunten Farben gab stets beneidet und nun flog er selbst...

Zwar nicht auf die Art und Weise wie ein Vogel, aber er flog. Kaum zu glauben...

So in Gedanken versunken mit diesem halb traurigen, halb schiefen Lächeln auf den rosigen Lippen, stand er schon eine geraume Weile vor dem Wasserhahn ohne sich zu rühren. Er hatte die Zeit, die für ihn sowieso nicht so wirklich existiert hatte, außer wenn es darum ging, sich vor der Sonne zu schützen, wenn diese kam, ganz vergessen, so tief weilte er in seinen Gedanken.
 

Ascon hatte sich auf das Bett setzten wollen, als Laurin ins Bad getreten war, stellte jedoch perplex das Fehlen der Matratze fest. Warum war ihm das denn vorhin noch nicht aufgefallen? Zum Glück gab er sich die Antwort in diesem Moment nicht selbst, denn dann hätte er nur zugeben müssen, dass er viel zu fasziniert von dem zarten, halb nackten Körper des Kleinen gewesen war, als andere Dinge wahrzunehmen und das hätte ihn zweifelsohne wieder wütend gemacht.

Mit zusammen gezogenen Augenbrauen und zu Schlitzen verengten Augen stand er vor dem Gestell und fragte sich grübelnd, wie der zierliche Kleine es geschafft hatte, das Monstrum von Matratze von dort zu entfernen. Schnaubend schüttelte er schließlich den Kopf, sodass ihm ein paar Strähnen ins Gesicht fielen, die er unwirsch zurück strich.

Der Junge würde noch eine Menge lernen müssen!

Nachdenklich verfrachtete er die wuchtige Matratze wieder auf das Gestell und brachte das >Bett< - welches jetzt auch wieder wie eines aussah - in Ordnung.

Dann kam ihm noch ein Gedanke. Wie in aller Welt hatte der Silberhaarige überhaupt auf dieser unbequemen Unterlage schlafen können? Da wäre der Boden ja noch angenehmer gewesen...

Im gleichen Atemzug erinnerte Ascon sich jedoch daran, dass er dem Jungen verboten hatte, weiterhin auf dem Boden zu schlafen. Er nickte sich selbst verstehend zu.

Wahrscheinlich war sein Befehl der Grund für die Aktion des Kleineren gewesen.

Pff... da hatte er sich wirklich einen Primitivling vom Feinsten als Gefangenen genommen. Besser, er wäre seinem Kodex treu geblieben, der eindeutig besagte, sich keine Eroberungsbeute in Form von Gefangenen auf zu halsen. Die machten nur Dreck und eine ganze Menge Probleme. Was das Beispiel hier eindeutig bewies... in jeglicher Art und Weise, denn der Teller mit dem restlichen Obst stand auch noch auf der Erde herum und wäre beinahe Opfer seiner Stiefelabsätze geworden.

Kopfschüttelnd setzte Ascon sich auf die Bettkante, stützte die Ellenbogen auf den Knien ab und faltete die Hände ineinander.

Tja... nun war der Kleine bei ihm... und irgendwo war ein bisschen Gesellschaft ja auch angenehm, versuchte er die guten Seiten an dem ganzen Desaster auf zu wiegen. Auf seinen Handelsreisen konnte Laurin ihn begleiten. Dann war er nicht so allein, obwohl er seine Ruhe meistens sehr genoss. Aber daran gewöhnte der Junge sich bestimmt schnell.

Wieder etwas zuversichtlicher glitt Ascons Blick zu der verschlossenen Badezimmertür und er fragte sich nach einem flüchtigen Streifen der Uhr, was der Kleine nun schon wieder anstellte, dass er derartig lange brauchte. Glücklicherweise war seine schlechte Laune weitestgehend verflogen, sonst hätte er wahrscheinlich ziemlich ungehalten die Tür eingetreten. So erhob er sich nur leicht gereizt und klopfte nachdrücklich an.

»Laurin?« fragte er angespannt. »Was machst du denn so lange?!« Seine Ungeduld spiegelte sich deutlich in seinem Tonfall wider.

Erschrocken fuhr Laurin aus seinen Gedanken und schreckte zurück. Fast wäre er gestolpert, weil er auf die zu langen Hosenbeine getreten war. Mit den Armen rudernd fand er jedoch glücklicherweise sein Gleichgewicht wieder, sonst hätte der Mann bestimmt vollkommen seine Geduld verloren, wenn der Kleine sich womöglich noch an den harten Gegenständen gestoßen shatte, bei denen er nicht wusste, wozu sie da waren.

Erleichtert, nicht mit dem harten Boden oder den Gegenständen Bekanntschaft gemacht zu haben, atmete er auf. Aber das zittrige Gefühl in Laurins Bauch hielt weiterhin an. Einen Moment später öffnete er schuldbewusst die Tür. Er hatte den anderen warten lassen. Bestimmt war er jetzt sauer auf ihn. Und diesmal konnte er es sogar verstehen... Ängstlich blickte er mit großen Augen zu dem Schwarzhaarigen hoch, bei dem er immer nie wusste, wie dieser reagieren würde.

»Bitte entschuldigt«, flüsterte er kleinlaut, als er den gereizten Gesichtsausdruck wahrnahm. »Ich ... «, stammelte er hilflos und wusste nicht mehr so recht, was er sagen sollte, um zu erklären, dass er vor sich hingeträumt hatte. Etwas, dass der andere bestimmt nicht verstehen würde ...

Ascon stöhnte innerlich auf. Er merkte schon, dass der Kleine wirklich von nichts eine Ahnung hatte. Mit einem abschätzenden Blick war ihm die Situation klar. Deswegen ging er einfach an Laurin vorbei ins Bad, öffnete den Schrank über dem Waschbecken und nahm Zahnbürste, sowie Zahnpasta heraus, stellte alles auf den Rand und wies den Silberhaarigen mit einem Wink an, zu ihm zu kommen, denn noch immer stand Laurin verstört in der Tür und verfolgte furchtsam seine Bewegungen.

»Nun komm schon her!« forderte Ascon den Kleineren eine Spur ungehalten auf und verdrehte die Augen, weil der andere sich kein Stück rührte.

»Ich werde dich schon nicht auffressen.« Sein Blick wanderte zu den Utensilien auf dem Waschbeckenrand. »Und die Zahnbürste auch nicht«, fügte er noch spöttisch hinzu, was ihn nicht ganz so streng klingen ließ.

Unsicher kaute Laurin auf seiner Unterlippe herum und beobachtete mit großen Augen, was der andere alles aus der Wand holte, die er vorher geöffnet hatte. Wände, die man auf machen konnte... das war ihm auch völlig neu. Und was bitte war eine Zahn... wie hieß das Ding doch gleich? Jedenfalls sah es komisch aus und machte ihm irgendwie Angst... Dennoch ließ er sich nicht allzu lange Zeit, seine neueste Entdeckung zu bewundern, sondern kam der Aufforderung des Schwarzhaarigen nun doch nach und blieb mit gesenktem Kopf neben ihm stehen. Er fühlte sich unwohl, weil er dem anderen plötzlich so nah war. Kein Meter trennte sie voneinander und er spürte deutlich die Körperwärme des anderen, was er in gewisser Weise genoss. Dennoch wusste er, dass es gefährlich war, dem anderen so nahe zu sein. Man wusste nie, wann dieser ausrastete, und da war es wirklich besser, auf Abstand zu sein...

Aber Laurin freute sich darüber, dass der große Mann ihn nicht gleich bestraft hatte, sondern ihm die wichtigsten Sachen erklärte. Trotzdem verstärkte das Wissen um die Gereiztheit des Größeren seine Unsicherheit und die Angst etwas falsch zu machen, oder etwas Verkehrtes zu sagen.

Nervös und mit einem mulmigen Gefühl im Magen strich er sich einige helle Strähnen aus dem Gesicht. Die silbrige Haarpracht hatte sich in der Nacht gänzlich aus der schönen Steckfrisur gelöst, sodass die seidigen Bahnen gleich einem Wasserfall über seinen Rücken bis zur Taille fielen. Gerne hätte Laurin sie wieder hochgesteckt und allem voran gekämmt, weil seine Haare sehr dünn waren und demzufolge leicht verfilzten.

Und da er sich schon länger nicht gekämmt hatte, was er normalerweise zweimal pro Tag machte, wollte er gar nicht wissen, wie er aussah... Aber er traute sich nicht zu fragen, wo er eine Bürste und Haarnadeln fand. Der große Mann hatte schon schlechte Laune genug und die wollte er nicht noch verschlimmern, indem er ihm mit wahrscheinlich belanglosen und unwichtigen Dingen kam.
 

Der Junge war vollkommen verschüchtert. Ascon fand keine vernünftige Erklärung dafür. Vielleicht lag es daran, dass er den Kleinen nackt gesehen hatte und dieser sich jetzt deshalb schämte. Konnte das der Grund sein?

Gedanklich zuckte er mit den Schultern. Und wenn schon... wenn dem wirklich so war, dann war dem Jungen nicht mehr zu helfen. Also besann er sich auf wichtigere Sachen.

»Gut. Sieh her!« forderte er Laurin auf, weil dieser immer noch auf den Boden starrte und nicht wagte, aufzusehen. Um unangenehme Missverständnisse zu vermeiden hielt er dem Kleineren die Zahnbürste vor das zierliche Gesicht, sodass er sicher war, dass der andere auch mitbekam, was er sagte.

»Das ist deine Zahnbürste.« Leicht wippte er den schmalen, länglichen Gegenstand zwischen den Fingern, während die großen Augen des Jungen fragend auf diesen gerichtet waren. »Wie eigentlich schon im Wort enthalten, putzt du dir damit die Zähne. Zuerst musst du aber Zahnpastas... «, zur Veranschaulichung nahm Ascon die Tube mit der hellgrünen Schrift in die andere Hand und hielt sie Laurin ebenfalls hin, »... auf die Borsten da

machen«

Demonstrativ zeigte er es einmal vor, weil er die Befürchtung hegte, dass die Zahncreme nachher sonst überall, nur nicht auf den Borsten landete.

»Dann hältst du den Borstenkopf kurz unter das Wasser und danach kannst du anfangen zu putzen.«

Aufmerksam hatte Laurin zugehört und nahm das dargereichte Objekt nun vorsichtig an sich. Skeptisch zog er die Augenbrauen zusammen, da er so setwas zu Hause nicht benutzte und demzufolge auch nicht kannte. Sonst reinigte er sich die Zähne mit einem Kräutergemisch zum Kauen, was schnell und effektiv ging. Dass er nun dieses Ding stattdessen verwende sollte, gefiel ihm nicht sonderlich, aber etwas anderes blieb ihm ja wohl nicht übrig.

Außerdem... jetzt wo der Mann ihm gezeigt hatte, wie er mit dem Teil umgehen musste, konnte es ja nicht so schlimm sein. Zumindest hörte es sich nicht besonders schwer an. Trotzdem fühlte er sich unsicher und seine Hand war leicht zittrig, als er die Zahnbürste zum Mund führte. Tatsächlich hielt Laurin das Ding möglichst weit von sich weg, als hätte er Angst, die Borsten könnten ihn jeden Moment wie eine giftige Spinne anspringen, sahen sie doch eigenartig aus unter dieser glitschigen Masse von... Wie hieß das andere Ding noch mal? Naja, war ja auch egal.

Seine Bewegung sah sehr lustig aus, da er wenig später mit dem Kopf der Bürste ziellos auf seinen Zähnen herum schrubbte und gleichzeitig einen hoch konzentrierten Gesichtsausdruck drauf hatte. Dabei entstand Schaum, welcher ihm langsam in den Mund lief und diesen füllte. Angewidert verzog Laurin das Gesicht, als die beißende, minzige Masse mit seiner Zunge in Berührung kam. Das war ja widerlich, wozu sollte das gut sein? Auf jeden Fall schmeckte es nicht sonderlich.

Belustigt beobachtete Ascon die Gemütsschwankungen des Silberschopfes. Wann er sich das letzte Mal über etwas Derartiges amüsiert hatte, wusste er nicht zu sagen. Aber der Kleine schlug wirklich alles. Das leicht verkrampfte und gleichzeitig skeptische Gesicht sah einfach zu komisch aus. Vorher war ihm nicht klar gewesen, dass er mit dem Jungen auch ein wenig Spaß haben konnte. Na gut... Spaß auf dessen Kosten. Aber wen interessierte das schon?!

Als Ascon es schließlich für ausreichend befand, legte er Laurin leicht die Hand auf die Schulter um seine Aufmerksamkeit zu erlangen.

Denn so konzentriert, wie er sich die Zähne putzte, hätte er seine Worte bestimmt nicht wahrgenommen. »Du kannst jetzt aufhören. Sonst kommst du nachher mit der Zahnbürste auf der anderen Seite wieder raus.« Abermals lag eine Nuance Spott in seiner Stimme, was jedoch keinesfalls böse gemeint war.
 

Sofort hielt Laurin inne und blickte mit großen Augen fragend zu ihm auf. Lautlos seufzte Ascon, weil der Kleine anscheinend schon wieder vergessen hatte, dass er ihn nicht ansehen sollte, sah jedoch darüber hinweg, bevor er fortfuhr, den Rest zu erklären.

»Spuck den Schaum aus und spül ihn mit etwas Wasser weg. Den Mund musst du dir auch ausspülen ... Danach kannst du dich dann an dem Handtuch hier abtrocknen.«

Besagtes nahm Ascon aus einem Schubfach und hielt es Laurin hin. Ehe dieser das jedoch ergreifen konnte, blickte er erneut zu ihm auf und wagte zu fragen: »Welchen Schaum?« da er diesen aus Gewohnheit folgend einfach runtergeschluckt hatte, was jedoch widerlich gewesen war.

Welchen Schaum?, wiederholte Ascon langsam in Gedanken, ehe ihm bewusst wurde, WAS Laurin damit gemacht haben musste.

»Hast du den etwa hinter geschluckt?«, fragte er entsetzt und seine Ungläubigkeit stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben.

Wie blöd war der Junge eigentlich? Genervt schloss Ascon für einen Moment die Augen, schüttelte unmerklich den Kopf, während er die Lippen aufeinander presste und versuchte seine Gereiztheit den Kleineren nicht spüren zu lassen. Er war schon nahe dran gewesen ihn an zu schreien, doch er konnte sich noch beherrschen.

Stattdessen reichte er ihm das Handtuch.

Nachdem Laurin alles andere erledigt und sich nebenbei über die komische Reaktion des Mannes wunderte, sich jedoch nicht weiter darüber nachdachte, nahm er erfürchtig das weiche Tuch zwischen die Finger und presste sein fein geschnittenes Gesicht hinein.

Ascon hingegen hatte es noch gar nicht los gelassen. Deswegen stand der Jüngere unglaublich dicht vor ihm und trocknete sich in aller Seelenruhe das Gesicht ab. Gespannt hielt er den Atem an, als er die zarten Hände auf einmal auf seinem Handrücken spürte.
 

Ende Teil 2
 

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SusyCute x desertdevil6

09/01/06



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  ApfelringDeluxe
2010-02-18T21:02:37+00:00 18.02.2010 22:02
die FF ist supi! Habe sie zuerst auf Adultfanfiction gelesen, da sind ja aber erst 2 Kaps on! Habe mich also super gefreut, als ich sie hier entdeckt habe *smile*
ich mag diese Super Uke und Super Seme FFs total, man weiß zwar immer wie es ungefähr endet, aber das will man ja auch!
Ein bisschen Yaoi, Zucker und vieeel Fluff!
Eure FF ist einfach nur super!
LG
Von:  Kreyon
2009-01-22T19:18:13+00:00 22.01.2009 20:18
Deine Geschichte ist echt toll *_*
Ich hab sie früher schonmal auf OBishi gelesen und fand es echt schade als die seite verschwand und ich nicht mehr vervorgen konnte wie es weiter geht, ich hoffe doch dass du auch den rest noch hochlädst *Total gespannt ist wie es weiter geht*
und auch wenn ich das ganze eig schon kenne, bin ich nicht drum herum gekommen alles nochmal zu lesen^^
Dein Schreibstyl gefällt mich sehr gut und ist super angenehm zu lesen^.-

Lg Kreyon
Von:  ReinaDoreen
2009-01-20T20:45:46+00:00 20.01.2009 21:45
Begeistert hab ich die beiden langen Teile gelesen. Laurin muss man einfach gern haben. Eigentlich ist er doch sehr nett, wenn auch naiv und oft sehr hilflos den neuen Dingen ausgesetzt.
Laurin würde es Ascon bestimmt nicht schwermachen, wenn dieser nicht ständig solche Stimmungsschwankungen hätte. Und das nur weil er diese Gefühle nicht will, die Laurin in ihm auslöst.
Reni


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