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Tausend und 1 Nacht

von

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Kapitel 7

Kapitel 7
 

Als es langsam Mittag wurde, entschied sich der Junge auf den Hof zu gehen und sich noch ein einmal ein wenig genauer umzusehen, vielleicht gab es mehr hier zu entdecken als er bisher geglaubt hatte.

Der Innenhof war ein halbrunder Kreis, seine Grenzen zeigten Gebäude und eine kleine Mauer, rechts und links, vom Tor aus. Schutzvorrichtungen gab es, soweit er sehen konnte, nicht. Vielleicht war das aber auch gar nicht nötig, wenn der Horst tatsächlich schon so lang hier stand, dann hatte man vielleicht ohnehin Angst gehabt sich ihm weiter zu nähern, als bis zum Fuß des Berges selbst. Als Lian den Hof bis zum Tor gegangen war, erkannte er etwas weiter vorn ein Gebäude, es stand ein wenig tiefer und war ebenso verlassen, allerdings sah es schon ein wenig Neuer aus, davor konnte er einen, inzwischen, ziemlich verwilderten Garten erkennen, der von hohen Eisenzäunen geschützt war. Vielleicht war es einmal eine Residenz gewesen, heute jedenfalls, war dort keiner mehr. Der Hof hatte neben dem Ausgang oder Eingang beim Tor noch ein weitläufiges Gelände hinter den Mauern, doch er wagte es noch nicht so weit zu gehen. Das nahm er sich für die nächsten Wochen vor. Als er zurück gehen wollte, fiel sein Blick auf ein kleines Gebäude, das sich im Schatten der anderen zu verstecken schien. Als er näher kam er kannte er ein verrottetes Holzschild, vermutlich war es mal eine kleine Schmiede oder eine kleine Schneiderei gewesen. Anders als die Gebäude daneben und davor, war dieses hier verschlossen. Lian ging zu einem der Fenster und lugte hinein. Drinnen war es reichlich dunkel, die kleinen Fenster spendeten kaum Licht, aber er meinte so etwas wie ein paar Regale zu erkennen, vielleicht eine Art Archiv. Als auch die anderen Fenster keinen weiteren Offenbarungen gaben, ging er schließlich zurück.
 

Obwohl es schon wieder die völlig falsche Zeit war, wachte Raphael auf. Er spürte dass der Abend noch nicht einmal in greifbarer Nähe war. Was sollte er tun? Abwarten oder einfach nach oben gehen und nachschauen wer diesmal im Hof umhergeschlichen sein mochte. Doch dann fiel ihm ein, dass er den Jungen mit nach oben genommen hatte, um ihn wenigstens die Chance zu geben, sich von seiner Verletzung zu erholen, bevor er ihn wieder in der Stadt absetzen würde. Danach sollte er seinetwegen sehen wo er blieb, vielleicht kreuzten sich ihre Wege dann auch nicht mehr ständig, andererseits, was wäre wenn er nun doch eine Möglichkeit fände hier herauf und wieder nach unten zu gehen. Heut und morgen sicher nicht, das war ihm schon klar, aber was war in 2 oder auch 3 Wochen? Bis dahin würde es sich nicht vermeiden lassen, sich mit ihm zu beschäftigen. Missmutig rappelte er sich auf, ging unter der Erde zu einer der Quellen und auf selben Weg zurück.
 

Schließlich ging er doch nach oben. Wie er erwartet hatte, war die Sonne noch nicht einmal rot gefärbt. Unter dem Schutz der Schatten, lief er zum Haus des Jungen. Zögerlich blieb erstehen, natürlich konnte er einfach hineingehen, andererseits wollte er sicher gehen. Irgendetwas stimmte hier nicht.

Vielleicht waren es gar nicht die seltsamen Träume und der damit unruhige Schlaf, die ihn geweckt hatten.

Der Vampir horchte noch eine Weile, bis er sich sicher war das hier keiner war, zumindest keiner den er sah. Dann klopfte er gegen die schwere Holztür und trat ein. Er fand Lian lesend am Tisch vor, scheinbar so vertieft das er ihn erst dann bemerkte, als er die Tür, lauter als beabsichtigt, ins Schloss fallen ließ. Der Junge zuckte leicht zusammen und sah auf. Fast im selben Augenblick legte er das Buch auf den Tisch und wollte aufstehen. Raphael winkte mit einer Geste ab, er war sowieso fast bei ihm.

„Wie ich sehe geht es dir besser.“ Die Stimme des Vampirs schmückte ein kühler Unterton und irgendwie wirkte er auch so, als hätte er allem, was einmal menschlich war schon vor sehr langer Zeit entsagt.

Lian war das schon oft aufgefallen, auch wenn er nicht gerade behaupten konnte ihn so häufig gesehen zu haben. Ihn schien scheinbar gar nichts zu kümmern, selbst sein Auftauchen hier, schien ihm mehr eine lästige Aufgabe zu sein.

„Ja, schon viel besser. Danke. Was führt euch hierher?“

„Gab es im Laufe des Tages ein paar seltsame Dinge die dir aufgefallen sind, oder irgendetwas anderes was dir seltsam vorkam?“

Raphael machte sich nicht einmal die Mühe seinen Unmut zu verbergen. Doch den Jungen störte das eher wenig.

„Nein, ich habe weder etwas gesehen oder gehört. Wieso fragt ihr?“

„Es scheint als wäre jemand hier gewesen.“ Erwiderte der Vampir.

Der Junge sah ihn an, gerade als er Anstalten machte zu gehen hielt er ihn zurück.

„Wartet!“

„Was ist denn noch?“

„Wie lang werde ich bleiben müssen, bis ihr mich zurück bringt?“

Nun war er doch ein wenig überrascht, er war dem Tod entkommen, und wahrscheinlich würde ihn sowieso keiner mehr in der Stadt haben wollen, doch trotzdem wollte er zurück?

„Nun das kommt darauf an.“

„Worauf?“

„Ob du überhaupt in die Stadt zurück willst, oder weiter ziehen möchtest. Du weißt selbst, das es dort keinen mehr gibt der auf dich wartet. Keinen, außer dem Mädchen, und das ist zu jung um es zu wissen.“

Lian sah ihn an.

„Ich könnte natürlich weiterziehen oder hier bleiben, aber wenn ich hier bliebe, was könnte ich da schon anderes tun, als darauf zu warten das Tag auf Tag vergeht?“

Raphael maß das Buch, sicher gab es davon noch mehr. Der Junge folgte seinem Blick.

„Wo hast du das gefunden?“

„Das lag hier herum und draußen gibt es eine Art Archiv davon. Glaubt ihr das es das schon länger gab?“

„Das Archiv stand schon immer hier.“

„Gut, angenommen ich würde es auslesen, was bliebe mir dann noch hier zu tun?“

Wieder sah ihn der Vampir ein wenig irritiert an.

„Keiner hat gesagt, dass du hier bleiben sollst, und was du tust, nachdem dein Bein ausgeheilt ist, bleibt auch dir überlassen. Oder sehe ich vielleicht so aus als würde es mich kümmern?“ Damit wollte er sich abwenden und gehen.

„Könnt ihr mir nicht ein wenig erzählen? Es ist nicht besonders abenteuerlich den ganzen Tag herumzusitzen und keine weiten Strecken gehen zu können.“

„Ich dir etwas erzählen? Wieso sollte ich das tun?“

„In vielen Büchern stehen viele Geschichten, und niemand wird heute noch wissen ob sie wahr sind, außer jemand hat es erlebt. Wenn ihr schon so lang durch die Welten wandelt, und tatsächlich ein Vampir seid, wisst ihr sicher viel mehr zu erzählen als ich je lesen könnte.“

„Dass ich kein Mensch bin, solltest du inzwischen bemerkt haben.“ Murrte Raphael.

„Nein, nun nicht mehr, aber einmal wart ihr es. Doch ich bitte euch nicht mir eure Geschichte zu erzählen, ich bitte euch nur darum über das hier zu erzählen.“ Er machte eine Bewegung die das Haus und alles um es herum einnahm.

Der Junge war ziemlich hartnäckig, wahrscheinlich könnte er noch ewig fragen.

„Ich weiß nichts über diesen Horst oder über diese Gebäude, es hat mich niemals interessiert.“

„Das glaube ich euch nicht.“

„Das solltest du aber.“

„Ich bitte euch, auch wenn ihr die Menschen verachtet, ich möchte doch nur ein wenig Gesellschaft in dieser verlassen Hütte haben. Ihr müsst doch irgendetwas Interessantes zu erzählen wissen.“

Lian ließ nicht locker. Ihm war tatsächlich langweilig, und eigentlich wollte er ihn soviel mehr fragen, aber so wie die Dinge standen, schien das noch eine kleine Ewigkeit zu dauern.

„Wenn du Gesellschaft möchtest, bin ich definitiv der falsche dafür.“

„Ihr seid aber als einziger hier.“

Der Vampir gab es auf, er würde wahrscheinlich nie Ruhe geben wenn er ihm die Antwort auf die simple Frage, was der Horst einmal war, schuldig bleiben würde.

„Also gut…Was willst du wissen?“

„Was war das hier? Wieso ist es so gut erhalten?“

Der Vampir zuckte mit den Schultern. In den Jahren war es vieles gewesen.

„Dieser Horst war vieles, ein Dorf, eine Stadt, eine Festung, ein Unterschlupf für Gaukler und Reisende, für geächtete und verstoßene, oder auch ein Hofstaat. Könnten die Steine sprechen, hätten sie viel zu erzählen. Wieso es heut noch so gut erhalten ist kann ich dir nicht sagen. Es ist nicht einmal bekannt wer den Hochsitzt gebaut hat.“

„Es war eine Stadt?“

„Eine kleine Stadt.“

„Und warum hat man sie aufgegeben?“

„Weil man sie gestürmt hatte, geplündert hatte, weil man sie aufgab, weil man sie nicht halten konnte oder weil einige tatsächlich glaubten sie kaufen zu können…“

Lian sah den Vampir an, wirklich Freude darüber sich mit ihm zu unterhalten schien er nicht zu haben. Vielleicht war er aber auch schon sehr lange Zeit allein und Gesellschaft nicht mehr gewohnt.

„Ihr sagtet er war auch ein Hofstaat?“

„Ja vor etwas mehr als 500 Jahren gab es hier einen Herrscher. Der Hofstaat lebte hier in dieses Mauern, das einfache Volk in einem Dorf am Fuße des Berges.“

„Ein Dorf? Was ist mit ihm geschehen? Wurde es auch vernichtet?“

„Nein, das Dorf ist heute deine Stadt. Das Kommen und gehen von Menschen hat es anwachsen lassen.“

„Wie lang stand der Horst unter königlichen Befehl?“

„Laut den Schriften etwa 300 Jahre, allerdings war er niemals jemandes Besitz.“

„Und warum sind heute keine Menschen mehr hier?“

„Das hab ich dir doch schon gesagt, man gab ihn auf.“

„Aber aus welchem Grund?“

„Niemand lebt gern auf einem tobenden Berg.“

„Ihr meint der Berg lebt?“

„Natürlich nicht, dieser Berg ist kein normaler Berg, sondern ein ruhender Vulkan. Aber der ruht schon seit Ewigkeiten.“

„Jetzt verstehe ich, die heißen Quellen und das warme Gestein, werden von der glühenden Hitze im Inneren des Berges erwärmt.“

Raphael war überrascht. Dumm war er nicht, das stand fest.

„So kann man es wohl interpretieren. Hat dir das auch deine Schwester erzählt?“

„Nein, ich habe darüber etwas gelesen.“

„Wer hat dir denn lesen beigebracht?“ Raphael sah ihn zweifelnd an, nach allem was er wusste, konnten es nicht seine Eltern gewesen sein die sich erbarmt hatten einen Gelehrten zu bezahlen.

„Meine Amme. Sie stammte aus einer Gelehrten Familie.“

„Gut, gibt es sonst noch etwas was du wissen willst?“ schon wieder klang der Vampir leicht gereizt.

„Es gibt vieles was ich wissen möchte, allerdings scheint ihr kein besonders redseliger Mensch zu sein.“ Erwiderte der Junge.

„Ich rede gewöhnlich nicht mehr als das nötigste.“

„Also könnt ihr mir auch heute nicht sagen, wieso ihr euch mit mir unterhaltet.“ Stellte Lian fest.

„Das kann ich tatsächlich nicht, vielleicht will ich einfach nur meine Ruhe haben, die ich nicht habe, wenn ich nicht antworte.“ Raphael war aufgestanden und zur Tür gegangen.

„Darf ich euch noch etwas fragen?“

„Ich finde du hast genügend Fragen für den heutigen Tag gestellt.“

„Wieso seid ihr nur so gleichgültig?“ Nun klang er eindeutig wütend.

„Vielleicht weil es nichts mehr gibt was ich nicht bereits erlebt hätte.“

Antwortete er in ruhigen Ton. Normalerweise hätte er einen heftigeren Ton angeschlagen, aber er hatte gesehen, dass der Junge ihn ganz bewusst versuchte zu provozieren. Doch diesen Triumph wollte er ihm schlicht und einfach nicht gönnen, schließlich konnte Lian nicht wissen über welche Fähigkeiten ein Vampir normalerweise noch verfügte. Das ersehen oder erraten von Gedanken war nur eine die er manchmal verfluchte.
 

Lian sah noch eine ganze Weile zur Tür. Er würde vor morgen nicht mehr kommen. Erst jetzt registrierte er, dass die Sonne noch nicht einmal untergegangen war und noch immer ihre hellen Strahlen durch das Fenster sahnte. Wann hatte Raphael es geschafft, sich dagegen zu schützen?

Nun gut, er würde noch Zeit genug finden ihn danach zu fragen. Jetzt erschien es ihm wichtiger irgendetwas zu finden, um den Vampir die lästige Aufgabe, die er scheinbar für ihn darstellte, so erträglich wie möglich zu machen. Der Gedanken hinterließ einen bitteren Nachgeschmack in ihm.
 

Raphael war auf selben Weg zurück gegangen. Er hasste es bei Tag zu erwachen und noch mehr, wenn es noch so früh war. Doch viel mehr fragte er sich, wieso er sich überhaupt dazu herab ließ, mit Lian ausgerechnet über den Horst zu reden? Dass der Junge seine Zeit nicht stillschweigend verbringen würde, war abzusehen, doch wieso fragte er nach dem Horst? Die meisten menschlichen Wesen die ihn über den Weg liefen fragten nach ihm. Er hatte allen ein und dieselbe Geschichte erzählen, doch was könnte er Lian erzählen? Bisher hatte keiner gleich geäußert, dass er ein Vampir war, und ihm dasselbe zu erzählen grenzte an Lächerlichkeit. Doch diesen Jungen schien das alles nichts im mindestens zu interessieren, oder war es nur eine Täuschung? Vielleicht war er auch wirklich einfach nur anders als die anderen, er schien beinahe eine Art Plan zu verfolgen. Raphael war sich fast sicher, das er früher oder später doch nach ihm fragen würde, er war sich allerdings nicht so sicher, ob er ihn darauf eine Antwort geben würde.

Ärgerlich schob er die Gedanken beiseite, es gefiel ihm nicht das er nachdachte, noch weniger das der Junge das scheinbar ganz gezielt tat. Bisher war ihm immer alles völlig gleich gewesen, und es würde ihm auch alles völlig gleich bleiben. All das interessierte ihn nicht, es interessierte ihn nicht ob man die Flucht ergriff wenn man ihn sah, im Gegenteil dann hatte er wenigstens seine Ruhe. Doch hier ging sein Plan nicht ganz auf. Lian würde etwas länger bleiben, er ging nicht so schnell und etwas essen musste er auch. Es passte ihm gar nicht das er, zumindest für die nächsten Tage, auf Fragen vorbereitet sein musste, es passte ihm auch nicht, das er für zwei jagen musste. Allerdings war es im Grunde doch eigentlich ganz einfach. Er würde der ganzen Sache einfach entgehen. Er würde ihm das Essen bringen wenn er schlief, so umging er Fragen und so konnte er seine Ruhe behalten. Das war vielleicht keine besonders gute Lösung, aber es war eine mit der er zufrieden war.
 

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Thx für´s lesen.

Kritik, Wünsche Verbesserungen bitte unbedingt anmerken. ^^

LG Kio
 

@ReinaDoreen: Thx für deine lieben Kommis. ^^

In welchen Zusammenhang wurden die Besonderen Vorkommen genannt? *irgendwie nicht die richtige Textstelle gefundne hat*



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  ReinaDoreen
2008-08-01T18:59:51+00:00 01.08.2008 20:59
Vielleicht waren auch einfach nur die seltsamen Vorkommnisse, die vor 5 Jahren begannen, daran schuld. Schließlich wäre er nicht ein einziges Mal zurück gegangen, wenn dieses, was auch immer es war, nicht plötzlich aufgetaucht und genau so schnell verschwunden wäre.
Diese Textstelle meinte ich.

Lian ist doch nicht wie jeder, sonst wäre er doch nicht mit einem Vampir mitgegangen.
Man könnte fast denken Raphael fürchtet sich vor den Fragen Lians.
Reni


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