03 - (K)Eine Familie
Hallöle!
Für diesen Satz hab ich echt lange gegrübelt, und gegrübelt, und gegrübelt... Bis ich festgestellt habe, dass die Lösung doch eigentlich so nahe liegt.
Hier also etwas sehr Privates, leicht Verwirrtes – ich hoffe, es gefällt euch trotzdem.
DJ
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(K)Eine Familie
Ehrlich gesagt möchte ich auch bezweifeln, dass er mich jemals anders wahrgenommen hätte, egal, wie ich mich betragen hätte – immerhin weiß er ja nicht einmal, wie ich mich mein ganzes Leben lang betragen habe. Er weiß nicht, dass ich ein Gymnasium besuche oder dass ich demnächst umziehen werde. Er hat keine Ahnung, wie es war, als ich eingeschult wurde oder meine ersten Zähnchen bekam.
Eigentlich weiß er gar nichts von mir, nur meinen Namen, insofern er sich nach 17 Jahren noch daran erinnert.
Was ist er denn schon? Er hat mir ja nur in gewisser Weise das Leben geschenkt. Oder eher: Er hat seinen Beitrag dazu getan und sich danach vor seinen Pflichten gedrückt – zumindest vor denen, zu denen er sich nicht zwingend verpflichtet fühlte.
So ist es nun also. Für jemanden, den er nicht kennt und auch nicht kennen will, muss er monatlich eine Art „Bußgeld“ überweisen. Auch eine Art, sich „Vater“ zu schimpfen.
Ist es besser, nur einen Erzeuger oder gar keinen Vater mehr zu haben? Hätte ich mich anders entwickelt, wenn ich einen liebevollen und nicht nur einen zahlenden Papa gehabt hätte?
Aber zumindest ich weiß etwas über ihn, wenn es umgekehrt schon nicht so ist:
Er ist kein dummer Mann. In seinem Dorf hat er damals als Jüngster seine Meisterprüfung mit Bravour bestanden.
Er ist auch pflichtbewusst. Noch nie hat es Probleme mit dem Unterhaltsgeld gegeben.
Er hat wieder geheiratet und vor kurzem sein zweites Kind bekommen.
Doch auch, wenn er an sich vielleicht wie der perfekte Vater für eine nicht vorhandene Familie scheint, fehlen ihm scheinbar der Wille, der Mut oder auch das Interesse, sich mit dem Kind zu treffen, das nun schon fast erwachsen ist. Für das er damals den Namen ausgesucht hat. Das er im Alter von fünf Jahren sechs Stunden am Fenster sitzend auf ihn warten ließ und dann doch nicht auftauchte. Dem er noch nie an Weihnachten oder am Geburtstag wenigstens eine Karte geschrieben hat.
Über das er nichts weiß, außer vielleicht noch den Namen, sollte er sich daran erinnern...
Und gegenüber seiner „finanziellen Belastung“ würde er sein Verhalten sicherlich nicht ändern – und da hilft auch mein Betragen nichts.