Begegnung
Nach der plötzlichen Neuigkeit, die ihm Yuro überbracht hatte, konnte der Braunhaarige seine Sehnsucht nicht mehr unterdrücken und war mit Yuro zu Tailin gegangen.
Dort waren die Beiden Jungs dann sofort in Kasukis Zimmer zum spielen verschwunden und Kanji zog sich mit dem Langhaarigen in die Küche zurück.
„Was ist los? Warum kommst du plötzlich unangemeldet vorbei? Das ist doch sonst nicht deine Art. Tee?“
„Ja, gerne.“
Während Tailin also Teewasser aufsetzte, ließ der Ältere sich auf einem der Stühle am Tisch nieder.
„Yuro hat mir erzählt, dass Rowen vorübergehend im Kindergarten arbeitet. Stimmt das?“
„Ja, das tut er und er weiß mittlerweile auch, dass Yuro dein Sohn ist. Diese Neuigkeit hat ihn ganz schön mitgenommen.“
„Er weiß es also… Tailin, ich möchte ihn endlich wiedersehen. Ich halt das nicht mehr aus.“
„Warum hast du daran nicht früher gedacht?“
Der Grünhaarige goss ihren Tee auf, stellte die Tassen anschließend auf den Tisch und setzte sich ebenfalls.
„Ich weiß doch längst, wie falsch ich gehandelt habe und das werde ich auch nicht vergessen. Trotzdem kann ich nicht mehr so weiter machen. Ich will ihn sehen, ihn um Verzeihung bitten. All die Jahre bin ich ihm aus dem Weg gegangen, um ihn nicht noch mehr zu verletzten, aber jetzt… Was denkst du soll ich tun?“
„Nun, um ehrlich zu sein“, fing Tailin an, rührte dabei mit gesenktem Blick in seinem Tee: „Ich rate dir davon ab. Er will kein Wiedersehen und die alten Wunden schmerzen auch so schon genug. Rowen ist völlig durch den Wind seitdem er von Yuro erfahren hat.“
„Bist du sicher? Könnte ich nicht vielleicht gerade deshalb mit ihm sprechen?“
„So nach dem Motto: es tut ja eh schon weh? Nein. Ich sag’s nicht gerne, aber du hast deine Entscheidung damals getroffen, komm nicht nach fünf Jahren an und erklär ihm deine Reue.“
Bedrückt nippten beide an ihrem Tee, weshalb für einen Augenblick Stille herrschte.
Schließlich seufzte der Braunhaarige: „Also gut, ich werde nicht zu ihm gehen, aber gerne halte ich mich nicht zurück.“
„Ich versteh dich ja auch, aber für mich ist es quasi eine Pflicht Rowen zu beschützen, er ist doch wie ein kleiner Bruder für mich und ich will nicht, dass er noch mehr verletzt wird, er hat schon genug durchmachen müssen.“
„Ich weiß, dir mache ich ja auch keinen Vorwurf…“
Währenddessen spielten Yuro und Kasuki miteinander Bauernhof, wobei der Braunhaarige auf einmal erklärte: „Mein Papa hat gestern Abend geweint.“
„Was? Warum denn?“
Mit großen Augen schaute der Ältere seinen Freund an, der ziemlich niedergeschlagen wirkte.
„Papa hat gesagt er ist traurig, ich hab ihm nämlich von Rowen erzählt.“
„Oh, Rowen ist auch komisch, wenn es um Onkel Kanji geht. Die haben sich bestimmt ganz doll gestreitet.“
„Ich mag Papa nicht traurig sehen.“
Der Kleinere fing an zu schniefen, weshalb Kasuki ihm einen Kuss auf die Stirn drückte und ihn anlachte: „Nicht weinen.“
„Kasuki, du mich küsst.“ Plinkernd schaute Yuro den Lilahaarigen an, legte die Hand an seine Stirn.
„Ja, Mama gibt mir auch immer ein Küssi, wenn ich weine, um mich zu trösten.“
„Ach so.“
Der Jüngere überlegte einen Moment, bevor er Kasuki glücklich anstrahlte: „Danke Kasu.“
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„Ro-chan? Darf ich mit Yuro wach bleiben?“
„Mir Yuro? Macht er denn heute keinen Mittagsschlaf?“
„Nein, ich werde früher abgeholt, da brauch ich nicht schlafen“, erklärte der Braunhaarige stolz.
„Ach so, und jetzt willst du also auch nicht schlafen, sondern lieber so lange mit Yuro spielen“, fragte Rowen an den Lilahaarigen gewandt.
„Ja! Bitte Ro-chan, darf ich? Nur ausnahmsweise.“
„Na gut, aber wirklich nur heute.“
„Danke, danke, danke“, maunze der Kleine, fiel seinem Paten um den Hals, was ihm Yuro kurz darauf gleich tat.
„Schon gut, schmeißt mich nicht gleich um ihr beiden Frechdachse.“
So kam es, dass die Zwei an diesem Tag, als Einzige keinen Mittagsschlaf machten und sich stattdessen wieder mit ihren heißgeliebten Bausteinen beschäftigten, während der Grünhaarige sich ein wenig umguckte und aufräumte.
Schließlich klingelte es an der Nebentür und Rowen fragte seine Kollegin: „Zatski, gehst du bitte aufmachen? Ich geh nach den Jungs gucken.“
„Klar, mach ich.“
Wie immer gutgelaunt wuselte die Blauhaarige davon, öffnete Kanji die Tür.
„Guten Tag Herr Sarata, da wird Yuro sich aber freuen, dass Sie ihn persönlich abholen, er hat ja gesagt, dass er noch nicht weiß, ob Sie es rechtzeitig schaffen.“
„Ja, ich freu mich auch, dass ich pünktlich Schluss machen konnte. Wo ist mein kleiner Schatz denn? Er ist doch sonst meist der Erste an der Tür.“
„Oh, er spielt noch mit Kasuki, der Kleine ist ja extra wach geblieben, um ihm Gesellschaft zu leisten. Mein Kollege sieht gerade nach ihnen, kommen Sie doch so lange rein.“
„Danke.“
Der Braunhaarige betrat den Hinterraum, fragte dabei: „Sagen Sie Frau Mimoto, wäre es okay, wenn ich ihn selbst holen gehe?“
„Natürlich, gehen Sie ruhig durch, er ist im kleinen Zimmer.“
„Bei den Bausteinen?“
„Ja genau, die Beiden lieben ja bekanntlich ihre Bauwerke“, lachte die junge Frau: „Gehen Sie ruhig, mein Kollege ist ja da, ich gehe derweil nach den anderen Kindern im Schlafsaal schauen.“
„Okay, dankeschön.“
„Ach nein, nichts zu danken.“
Inzwischen war Rowen in besagtes Zimmer gegangen, hatte Yuro und Kasuki auf dem Teppich liegend und schlafend vorgefunden, ganz dicht aneinander gekuschelt.
‚Ach je, eingeschlafen die zwei Süßen. Na ja, kein Wunder, so wie sie vorhin miteinander getobt haben.’
Schmunzelnd hockte der Grünhaarige sich neben die Jungs, wollte sie schon vorsichtig wecken, als auf einmal eine ihm allzu bekannte Stimme seinen Namen rief.
Erschrocken wirbelte er herum, stand plötzlich Kanji gegenüber.
„K… Kan… ji…“
„Rowen… Rowen, ich…“, setzte der Ältere an, doch der Kleinere konnte und wollte ihm nicht zuhören, drängte sich stattdessen so schnell, wie möglich, an ihm vorbei, wurde jedoch unverhofft am Handgelenk gepackt und zurückgezogen.
„Warte doch, ich…“
„Nein!“
Beinahe panisch riss der Grünhaarige sich von Kanji los, rannte in den hinteren Teil des Kindergartens, in den Umkleideraum der Erzieher.
Tränen steigen ihm unaufhaltsam in die Augen, als er die Tür hinter sich zuschlug, an der selbigen runter auf den Boden rutschte und fast schon apathisch sein Handgelenk - das zuvor vom Älteren gepackt worden war - umklammerte.
Sein Herz hämmerte ihm nur so in den Ohren, gab ihm das Gefühl schreien zu müssen.
Einfach schreien, um alles Leid, alle angestauten Gefühle raus zu lassen, die sich gerade wieder hervorkämpften.
Doch das konnte er in einem Kindergarten nicht tun, schon gar nicht zur Mittagszeit, also wuchs der Druck in Rowen nur noch weiter an, machte ihm das Atmen schwer.
Es war schon unerträglich gewesen den Älteren von weitem zu sehen, doch ihm nun direkt in die Augen zu blicken, brachte das Fass zum überlaufen.
Dieser kurze Moment hatte gereicht alles wieder aufzureißen, den Grünhaarigen zurück in die Zeit vor fünf Jahren zu versetzen, als er so schwer von diesem Mann enttäuscht worden war.
Warum konnte er es auch nicht lassen und musste unbedingt an diesem Ort arbeiten?
So eine Situation war doch unausweichlich gewesen, oder?
Wieso konnte er nur nicht von diesem Mann lassen, jagte einem Hirngespinst nach?
Irgendwas konnte da doch nicht stimmen, vielleicht hatte er ja auch einen angeborenen Gendefekt oder etwas in der Richtung?
Genau, vielleicht war er von Natur aus ein Masochist.
Anders konnte Rowen sich sein Verhalten kaum noch erklären, immerhin tat es verflucht weh den Braunhaarigen nach so langer Zeit so unvermittelt wieder zu sehen und dennoch provozierte er ein Zusammentreffen.
„Irgendwas stimmt nicht mit mir… ich Vollidiot… Vollidiot… Vollidiot…“, stammelte der Grünhaarige vor sich hin, wurde dabei immer leiser, versank tief in seinen Gedanken, Ängsten und vor allem Sehnsüchten.
Kanji hingegen erging es nicht viel besser, auch er war völlig neben der Spur, war es doch trotz aller vorherigen Informationen wahnsinnig überraschend gewesen seinem Liebling plötzlich gegenüber zu stehen.
Auch sein Herz raste, ließ den Braunhaarigen ungemein nervös werden.
Am liebsten wäre er Rowen hinterher gerannt, hätte ihn an sich gezogen und geküsst, einfach nur geküsst.
Wie sehr er ihn doch liebte…
Jedoch wusste er sehr genau, wie verletzt der Kleinere war und würde deshalb nicht unnötig egoistisch handeln und ihn mit einem Gespräch, einem aufgezwungenen Gespräch quälen.
So ließ Kanji den Kleineren ziehen, ging stattdessen zu seinem Sohn ins Zimmer, den er unschlüssig betrachtete.
Auf gewisse Weise war ihm danach einfach wegzulaufen, zu laufen bis alles vergessen, hinter ihm zurückgeblieben war und andererseits sehnte er sich danach Yuro in den Arm zu nehmen, seinen kleinen Schatz einfach bei sich zu wissen.
Dieser schien das Bedürfnis seines Vaters beinahe gewittert zu haben, da er seine Nase kraus zog und schläfrig die Augen öffnete: „Papa?“
„Hey mein Schatz, komm her.“
Umsichtig befreite Yuro sich aus seiner Kuschelpose, schmiegte sich in Kanjis Arme, der vor ihm kniete, fragte leise: „Ist was passiert Papa?“
Der ältere Braunhaarige schwieg einen Moment, zog seinen Kleinen dann noch näher an sich und hauchte: „Nein… es ist nichts passiert, alles okay.“
„Wirklich“, fragte der Grünäugige, schmiegte sich schläfrig an die Schulter des Älteren, er war immer noch hundemüde.
„Ja, lass uns nach Hause gehen, da kannst du weiterschlafen.“
„Und Kasu?“
„Keine Sorge, Frau Mimoto schaut gleich nach ihm, du musst ihn nicht extra wach machen. Oder willst du ihm Tschüs sagen?“
„Nein, ist schon gut, ich will schlafen“, nuschelte Yuro, schloss die Augen und döste sofort wieder weg.
Der Braunhaarige hingegen seufzte, trug ihn raus ins Auto, er wollte so schnell wie möglich weg mit ihm, damit er nicht doch noch eine Dummheit beging.
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Unruhig lief Rowen schon den ganzen Morgen, wie ein aufgescheuchtes Huhn, durch den Laden, etwas das nicht nur Masao wahnsinnig machte, sondern auch Ginta, der mal wieder an der Theke saß.
„Rowen, was ist denn los mit dir? Du warst gestern Abend schon so komisch, als du nach Hause gekommen bist.“
„Nichts ist, heute ist einfach nicht mein Tag, mehr nicht.“
„Bist du dir sicher? So wirkst du nämlich nicht gerade.“
„Ja doch“, antwortete der Grünhaarige leicht genervt, taperte mit einem Lappen in der Hand an dem Älteren vorbei auf einen der Tische zu, jedoch kam er dort nicht an, da ihn der Größere am Handgelenk festhielt.
„Warte, lüg mich nicht an. Du denkst doch nicht etwa schon wieder an Kanji, oder?“
„Lass los, das geht dich gar nichts an“, grollte Rowen, der sich unwirsch an den gestrigen Griff des Braunhaarigen erinnert fühlte.
„Und ob mich das was angeht, wer tröstet dich denn die ganze Zeit? Also, hast du schon wieder an ihn gedacht?“
„Ja, verdammt noch mal! Bist du jetzt zufrieden?!“
Zornig funkelte er den Älteren an, riss sich von ihm los.
„Nein. Rowen, warum tust du dir das immer wieder an? Vergiss diesen Kerl endlich.“
„Das kann ich nicht.“
„Warum nicht“, fragte der Rothaarige ungehalten.
„Weil ich ihn immer noch liebe! … Selbst diese ganzen Jahre haben nichts daran geändert, das ist mir klar geworden, als ich ihm gestern gegenüber stand. Ich kann einfach nichts dagegen tun.“
„Herr Gott Rowen, das kann doch nicht dein Ernst sein“, fuhr ihn Ginta an, packte ihn an den Oberarmen: „Werd doch endlich vernünftig! Kanji hat dich mehr als nur verletzt, er hat nicht einfach normal mit dir Schluss gemacht, dieser Kerl ist das Hinterletzte! Jetzt vergiss ihn endlich und nimm mich an seiner Stelle, ich liebe dich schon die ganze Zeit! Heirate mich und streich Kanji aus deinem Leben!“
„Bist du jetzt völlig übergeschnappt? Du Idiot redest wirres Zeug! Du liebst mich doch gar nicht, jedenfalls nicht, wie du glaubst und erst recht nicht so, wie ich Kanji liebe! Du verstehst absolut nichts, genauso wenig, wie du bemerkst, was die Leute um dich herum fühlen! Ginta, du hast ja noch nicht mal mitbekommen, dass Masao vom ersten Tag an in dich verliebt ist!“
Keuchend rang der Grünhaarige nach Atem, während Masao - der hinter der Theke stand und alles mitanhören konnte - beinahe vor Schreck ein Glas hätte fallen lassen.
Es stimmte zwar was gesagt worden war, doch hätte der Blauhaarige niemals damit gerechnet, dass Ginta es auf diese Weise erfuhr.
Erst recht nicht, dass Rowen von seiner Zuneigung gewusst hatte.
Am liebsten wäre er auf der Stelle im Erdboden versunken, so sehr schämte er sich.
Fassungslos blickte Ginta den Jüngeren an, der sich nun von seinen Händen befreite und ihm anschließend den Rücken zukehrte.
„Rowen…“
„Nein. Du solltest jetzt lieber gehen und über meine Worte nachdenken… bitte… ich bleibe eine Weile bei Tailin.“
„Wie du willst“, antwortete der Langhaarige zerknirscht, verließ ohne Umschweife den Laden, der Jüngere hingegen ließ sich auf einem der Hocker an der Theke nieder, sackte völlig in sich zusammen.
Der Spruch Wahrheit tut weh kam offensichtlich nicht von ungefähr, etwas zu wissen und es auszusprechen waren zweierlei Paar Schuhe.
Seufzend ließ er den Kopf hängen: „Es tut mir leid Masao, ich wollte dich da nicht mit reinziehen, es ist einfach so passiert. Ich hab mich so in die Ecke gedrängt gefühlt.“
„Ich… Schon gut, ich verstehe dich ja irgendwie, aber… ich… Ginta… ich weiß auch nicht…“
Entschuldigend schaute Rowen den Älteren an, der ihm einfach nicht böse sein konnte, auch wenn sich jetzt ein ziemlich mulmiges Gefühl in seinem Bauch ausbreitete.
Wie es jetzt wohl weitergehen würde?
Nun konnte Masao seine Gefühle wohl kaum noch verbergen können, doch ob sie den Rothaarigen überhaupt interessierten?
Eben hatte er doch noch gesagt, dass er Rowen liebte, vielleicht wäre er ihm also völlig egal.
Oder doch nicht?
Der Blauhaarige hatte bisher leider immer noch nicht gelernt Gintas Handlungen in Gefühlsangelegenheiten einzuschätzen, was bedeutete, dass er wohl oder übel darauf warten musste was passieren würde, eine der wenigen Dinge die ihm so überhaupt nicht lagen.
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Und da ist es passiert, jetzt sind die Beiden sich über den Weg gelaufen, eine wahrscheinlich unvermeidliche Situation, wenn man so offensichtlich (für die Außenstehenden) unterbewusst die Nähe des Anderen sucht u.u
Nya, ich hoffe es hat euch wieder gefallen und ihr bleibt mir weiterhin treu ^.~
Ach und bevor ich es vergesse, gibt's unter euch wundertolligen Lesern eigentlich auch Zeichner??? ó.ò
Wenn ja, würde ich mich freuen, wenn ihr eventuell mal (natürlich nur, wenn ihr Lust und Zeit dazu habt) was über meine kleinen FF-Dusselchens zeichnet.
Egal was euch einfällt, ich würde mich über jedes Pic sehr freuen und natürlich mit freuden auch hier in meinem FF den Link dazu reinstellen ^.~
Also wer mag, einfach mal drauflos zeichnen -^.^-
*kuchen hinstell*
*alle leser knuddel*
eure luci-maus ^^