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Say what!??

Blau trifft Rot
von

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Prolog

Wie in einer Waschmaschine
 

- Neulich bekam ich einen Anruf von meinem Freund-
 

Es war ein schwüler Tag, und nur an der Küste so richtig auszuhalten.
 

-Er meinte, dass er heute Abend wohl wieder zutun haben musste-
 

Irgendwie war es für mich nichts neues.
 

Ich versuchte cool zu bleiben, den winzigen, kleinen Kloß in meinem Hals, der wohl durch meine Wut und gleichzeitige Trauer entstand, zu unterdrücken, bis ich auflegte, und das Handy in den Sand pfefferte.
 

-Arsch-
 

Ich ließ es mir gefallen, weil ich mir eingestehen musste, immer noch, trotzdem er mit mir machte was er wollte, an ihm zu hängen.

So fest, das selbst die Demütigung, dass er dann wohl doch wieder die Nacht mit seinen Kumpels durch die Clubs zog, es nicht zerreißen konnte.
 

Mein Name ist Blue

Es hört sich fast wie ein Künstlername an, aber ich hörte schon von Geburt an auf diesen Namen.

Doch schon etwas ungewöhnlich.

Ich bin so etwa 19 Jahre alt, fühle mich, anhand meiner seelischen Verfassung, allerdings schon weitaus älter.

So an die 50 Jahr, verbittert und fürchterlich fixiert auf meinen Sohn, der mit 30 noch immer Jungfrau und Single ist und bei mir wohnt.

Ja genauso fühle ich mich.

Schlecht, einsam und ungeliebt. (und etwas zu dick)
 

Manche schmunzeln etwas über meine Haarfarbe, weil sievetwas ungewöhnlich ist und auch ein Vermögen kostet, weil ich meine blaue stattliche Mähne weit über die Schulter, fast hinunter zu meinen Arschbacken trage, und dementsprechend ungefähr so an die 3 Packungen des teuren Farbcocktails benötige.

Zum Glück brauchen meine Haare Jahre um zu wachsen, ich habe sie auch seit meiner Geburt gezüchtet. Deshalb ist nachfärben also nicht alt zu oft erforderlich. Sonderlich macht sich mein langsamer Haarwuchs auch an anderen Körperstellen nützlich.

Ihr wisst schon, wenn man Tag täglich in knappen Bikinis ins Meer hüpft, und immer glatt geschält aussehen muss, weil einem ständig junge Kerle hinterher schauen.

Ich trage meine Lieblingsuniform schon seit ich denken kann.

Seit dem ich meine Haare wachsen lasse und ich meinen Namen schreiben gelernt hab.

Mein Vater besitzt einige Strandhäuser und eine Bucht in der Stadt, deshalb bin ich fast jeden Tag am Strand, setzte meine Brille auf, quetsche mich mit meinen Plattbeinen in die Schwimmflossen, und schwimme im Meer herum.

Nein, ich suche nach keinem Schatz, oder mit Kosenamen versehenen, quietschende Säugetieren, ich schwimme nun mal gern.

Ja, ich brauche Training, weil ich nun mal die beste im Schwimmteam bin, aber ich will das nicht so hinstellen, als ob ich sehr beliebt und umschwärmt an meiner Schule bin, und jedes kleine Mädchen gerne meine Freundin sein möchte.
 

Na ja, nicht ganz, aber eigentlich halten mich viele für nett (denke ich)
 

Und nun beschreibe ich, wie sich langsam die Waschmaschine anfing zu drehen.

Wie die Seekuh gerettet/fast getötet wurde

Kapitel 1 / Wie die Seekuh gerettet/fast getötet wurde
 

In der heutigen Zeit erwachen die jugendlichen Liebesgefühle schon im zarten Alter von etwa 12 Jahren. Da wird sich die Zunge in den Hals gesteckt, furchtbar dicke Gürtel angezogen, die gerade noch so einen Rock ersetzten, und mit Schimpfwörtern um sich geworfen, wie die großen auf den schmutzigen Musiksendern (bloß das man da die Wörter immer rauspiepst) in regelmäßigen Abständen gerapped wurden.

„Du Kackbratze“!

Mein Bruder Ned kam mit einer unheimlich gleichgültigen Geschwindigkeit um die Ecke geschritten, hatte einen roten Kopf und zerzauste Haare.

„Diese alte F****“.

Ich blickte ihn an.

„Sag’s ruhig, wer ist ne Fotze“? (ich hab’s nicht so mit wegpiepen, müsst ihr wissen)

Ned war also 12 Jahre und hatte gerade eine Abfuhr von seiner 4ten Freundin bekommen.

„Die Kackbratze eben“, erwiderte er und viel allmählich wieder in sein ursprüngliches, kindliches Zickenalter zurück.

„Hast du ihr deine Zunge in die Speiseröhre gedrückt“!?

Er reagierte plötzlich sehr empfindlich und warf erneut mit Schimpfwörtern, die ich gerade nicht wiederholen möchte, um sich.

„Scheiße hat die alte Kackbratze gelabert. Ich kann angeblich nich knutschen, und deshalb will sie nicht mehr“!

Kackbratze gefiel mir von mal zu mal immer besser.

„Aber du bist doch erst 12 Jahre mein lieber Ned, was erwarten die Mädchen von heute denn? Das sie nen kleinen Bratt Pitt als Freund bekommen? Die haben doch noch nicht mal richtige Möpse“! Ich versuchte ihn aufzubauen, doch er wedelte pampig mit seinen Armen hin und her.

“Ach und du etwa, oder was“?

Frechheit!

„Wird nicht frech, du pubertäres Miststück“!

Neddy war mein kleiner Bruder und lebte mit mir und meinem Vater in einem kleinen Haus, gleich an der Bucht, die er von deinem Opa geerbt hatte.
 

Mein Dad war seit etwa 6 Jahren solo. Er schleppte nicht sehr oft Frauen mit nach Haus, er war auch eher der Ned Typ, der es irgendwie immer schaffte, Frauen zu vergraulen.

Er schickte mich schließlich jeden Morgen zur Schule, und das mit einem schrecklichen Morgengesang, dass es kein Wunder war, das so ziemlich keine Frau bis zum Frühstück bei ihm geblieben war. So wie er, war ich nach dem Aufstehen ebenfalls eine Frohnatur. Damals, als ich noch frische 12 Jahre alt war, war das natürlich anders, wie bei dem guten, gekränkten Neddy heute.

Mehr gibt es nicht zu einer Familie zu sagen.

Mutter?

Na ja, ich blende sie den größten Teil der Erzählung lieber aus, weil sie uns vor 6 Jahren einfach sitzen gelassen hat.

Ende
 

Wir waren also am Strand, an einem Tag, wo es sich nur am Wasser gut Hausaufgaben machen ließ ( oder so).

Meine Freunde, ich nenne sie Mischa und Ben, benannten eine Seekuh, die einst hier in der Bucht von Motorblättern zerfetzt wurde, nach mir. Sehr aufmerksam(*)

„Blue, der sieht so sssexy an dir aus“! Mischa machte ein paar Fotos, während ich genervt alle Viere von mir streckte und versuchte, ihre Linse mit meinem Fettfinger zu verschmieren.

„Wenn du je eine Seite mit halbnackten Fotos von mir eröffnest, dann bring ich dich um“!

“Nein ich werde sie nachretuschieren, deine Titten vergrößern und den Hintergrund rot einfärben, und dann einen Internetseite darüber machen“! Sie quietschte und wandte sich schließlich an Ben, der neben mir, cool wie immer, auf der Liege lag, und ebenso cool tat.

„Sie hat recht. Nackt, auf nem roten Hintergrund würde dich noch besser zur Geltung bringen“.

Ich schüttelte angewidert den Kopf und setzte meine Taucherbrille auf und watschelte den heißen Sand entlang, zum Steg.

Mischa war eine begeisterte Photographin. Sie war auch sonst künstlerisch sehr talentiert. Ben war mit mir im Schwimmteam, auch hatten wir uns dadurch angefreundet, und später auch Mischa durch die Schülerzeitung kennen gelernt.

Sie waren halt die Art von Freunde, die ich jederzeit anrufen konnte.

Ben stellte sich neben mich an den Steg.

„Was ist mit Phill? Hast du dir ernsthafte Gedanken über ihn gemacht, oder dümpelst du noch immer in der 1sten Wolke herum, und hoffst, dass ein Tornado dich irgendwann wieder hinauf auf die 7te schießt“?

Er war immer so verdammt pessimistisch gegenüber Beziehungen eingestellt, dass ich mir nicht traute zu sagen, das ich noch immer herumdümpelte, und ich aus eigener Kraft wohl auch aus dem Dümpeln nicht mehr herauskam. Mir selber war es schon fast peinlich, denn ich wusste, dass es nun so gar nicht meine Art war, klein beizugeben und als Abtreter benutzt zu werden.

Eigentlich hielt ich im Normalfall von solchen Männern wie Phill nicht viel, aber da ich schon 4 Jahre mit ihm zusammen war, wir so ziemlich alles miteinander erlebt hatte, viel es mir doppelt schwer loszulassen. Zumal er nicht all die 4 Jahre so tierisch abwertend zu mir gewesen war. Vielmehr machte ihn seine Uni und die neue Umgebung, wilde Partys und ungezügelte Studenten zu dem, was er jetzt ist.

„Blue ich weiß, wie schwer es dir fällt, aber du solltest vielleicht mal an Abwechslung denken“.

„Abwechslung? Noch ein neuer Bikini, oder ein Seitensprung“?

Ben reckte sich und sprang ins Wasser.

Zugegeben, ja es reizte mich zu wissen, wie wohl andere Männer waren. Wie sie sich anfühlten, küssten, wie das schrecklich kribblige Gefühl wohl ist, das ich schon seit Ewigkeiten nicht mehr gespürt hatte.

Als ich hinab, in die sanfte, blaue Flüssigkeit tauchte, vergas ich plötzlich sämtliche Zweifel und Beziehungsprobleme.

Es war die Art von Therapie, die bei mir bei jedem seelischen Schmerz half.

Das Wasser fühlte sich so ungemein weich und leicht an.

Wenn man nach ganz unten tauchte, und sich dann langsam wieder mit dem Kopf nach oben hinauftreiben ließ, an die Wasseroberfläche schwabbte, und dann gierig nach Luft ran, das war wie ein Überlebenskampf, der in schönerer Kulisse nie hätte besser ausgetragen werden können.

Als ich schließlich hinüberschauend zum Strand blickte, wurde mir klar, das ich erstens: ziemlich weit abgetrieben war, und zweitens: Ben fehlte.

Beide Sachen schienen aufeinander aufzubauen und in mir ein Unbehagen auszulösen.

Ich meine, nicht das ich schiss auf dem großen weiten Meer hätte, aber als Kind war es schon 2 mal der Fall gewesen, dass die Küstenwache nach mir suchen musste, weil die kleine Qualle dann doch etwas Panik bekommen hatte.

Damals, aber heute war das kein Problem!

Ich meine, ich bin eine Topschwimmerin!

Ich setzte mir zur Sicherheit meine Brille auf, und blickte unter mich.

Wer weiß, welche Viecher mir in wenigen Sekunden so alles zwischen den Beiden schwimmen konnten.

Ich blickte mich murmelt um und wurde plötzlich etwas stutzig, als ich zwei Arme und Beine still im Wasser, knapp unter der Oberfläche, treiben sah.

Dem erging es wohl nicht besser als mir, wenn er nicht schon ersoffen war, was ich doch nicht annahm.

Ich nahm meine Schwimmflossen in die Hand und Kraulte dem leblosen Körper entgegen, hatte ihn erreicht und zog ihn an den Schultern herum, um seinen Kopf über Wasser zu halten.

Der junge Mann hatte rote Haare und als ich seinen Körper eilig, einmal um die halbe Achse gedreht hatte, riss er wie aufgetaut, plötzlich seine Lieder auf, und schnellte mit deiner Hand in mein Gesicht.
 

„Ich hab sie im Wasser gefunden“!

„Mein Gott, das ist Blue.....BLUE... wach doch auf“!!!

Es war wie ein dumpfer Schlag, es hatte sich auch so angefühlt, und meine Stirn brannte schrecklich, als ich wieder realisieren konnte, was um mich herum geschah.

„Sie muss einen Schwächeanfall bekommen haben, und dann bewusstlos geworden sein“!

„Ben“? Ich hörte seine Stimme, und auch Mischas ganz in der Nähe.

Jemand musste mich unter den Schultern halten.

Nach einigen Sekunden spürte ich Sand an meinem Hintern und Beinen, dann eine Hand, die langsam meinem Kopf zu Boden legte.

„Ben“?

Ich öffnete meine Augen und blickte in ein Gesicht, das weder vorwurfsvoll, noch besorgt dreinblickte.

„Kommt ihr klar? Ich muss dann los“, murmelte er über meinem Kopf und ließ mich schließlich ganz los.

„Ja, danke für deine Hilfe“, hörte ich Ben’s Stimme, die schließlich meinen Körper umschloss, und aufrichtete.

„Blue“?

„Ja Ben, ich versteh dich klar und deutlich“!

In diesem Moment konnte ich nicht realisieren, was mir da auf offener See passiert war.
 

Kapitel 1 /ENDE
 

So hier ist also meine neue Story.

Eine große und geliebte Leidenschaft von mir ist das Meer und das Tauchen.

Nachdem es im letzten Fic etwas steif vorangegangen ist, will ich also mit diesem Fic wieder etwas lockeres Scheiben.(habt ihr bestimmt auch wegen den Schimpfwörtern bemerkt)

Zumal ich die Ich-Schreiber Form nicht so sehr mag, weil man sich da nur auf die Gefühle des Sprechers konzentrieren kann, und das für mich sehr eintönig ist. Aber wir werden sehen wie weit ich damit komme.

Blue ist also die Hauptfigur und schon ein typischer Manga Mädchen Typ. Wieso?

Weil zu einer Strandstory, mit vulgären Ausdrucken nur ein freches Manga-Girly passt, nur deshalb, und weil ich so schrecklich verliebt ins Schnorcheln bin und unter normalen Umständen, kein Mädchen mit blauen Haaren durch die Gegend läuft, und weil blaue Haare hervorragend zu Schwimmerinnen mit Schnorchelbrille passt.

Auf bald dannen!

Eure Little_L

Die wage Nussschale

Kapitel 2/ Die wage Nussschale
 

Es war wie in einer schlechten Daily Soap, wo ein Schauspieler vom Dach gestürzt oder gegen ein Auto gerannt war, und sich dann an nichts mehr erinnern konnte.

Zum Glück wusste ich noch wie ich hieß und brauchte keine schmalzige Lovestory mit nem Arzt, der mich dann von der tragischen Amnesie heilte.

„Wieso bist du auch soweit raus geschwommen“, meckerte Ben mit mir, als wir uns einen Platz, in mitten des großen Saales nahmen.

„Wieso? Weil ich eigentlich schwimmen kann, und das theoretisch auch schwimmend wieder geregelt hätte“!!

Er kramte sein Schreibzeug aus seiner Tasche und klappte den Tisch vor sich hinunter.

„Hätte, können, theoretisch, haste aber nich“!

Ja ja, ich wusste schon, worauf diese Ermahnung hinlief. Blue würde nie nie nie wieder alleine ins Meer gehen dürfen. So ähnlich hatte sich auch mein Vater ausgedrückt, als ich von Ben und Mischa nach Haus geschleppt wurde.

Ich wollte nun ebenfalls meine Schreibutensilien aus meiner pinken Tasche kramen, als mein rechtes Auge nur zufällig einen Farbtupfer am Ende der Sitzreihe entdeckte.

Ich blickte nebenbei auf, und schaute in die Augen eines Jungen, der ebenso wie ich, mit seiner Haarfarbe in dem Saal auffällig schien.

„DU!“

Plötzlich war es wie eine mystische Zeitreise durch meine Synapsen. Es viel mir wie Schuppen von den Augen. Es war eine schicksalhafte Begegnung und jeder sah uns dabei zu, weil ich anscheinen das DU so laut durch den Saal gebrüllt hatte, dass nun alle Aufmerksamkeit auf uns gelenkt war.

„DU...warst das! Du wolltest mich umbringen. SAG MAL SPINNST DU“??

Bei dem Gekreische, was ich von mir gab, war ich bis auf wenige Meter an die vermeintliche Wasserleiche herangestürmt.

Der riss nur verunsichert die Augen auf, polterte auf mich zu, und drückte mich zurück in die Sitze der Reihe.

„Geht’s noch lauter, oder rufst du jetzt auch noch die S.W.A.T Einheit an“?

Ich dachte mich verhört zu haben.

„Du hast mich fast ungebracht, aber anstatt sich bei mir zu entschuldigen, wirfst du mir Hysterie vor? Von welchen Stamm kommst du eigentlich“?

„Jedenfalls nicht vom Stamm der Furien. War doch halb so wild, dass war ne Verwechslung“!

Der Junge hatte Nerven, das als Verwechslung abzustempeln. „Und wen hast du erwartet? Free Willy der mit dir Verstecke spielen wollte“?

Er grinste und kratze mit seinem Kugelschreiber auf dem Pult herum.

„Na ja, von Free Willy scheinst du ja nicht alt zu entfernt zu sein. Sorry also, war nicht meine Absicht mit dem Verwechseln“!

Die plusterte mich empört auf.

„DU Vollpfosten“!

Gerade wollte ich meiner Empörung ein wenig mehr Ausdruck verleihen und mich wild gestikulierend vor dem alten Rotzlöffel positionieren, als ein triefender Schwamm in unserer Richtung flog, und an meinem Ohr vorbeizischte.

„Fräulein, darf ich sie daran erinnern, dass soeben der Unterricht begonnen hat, und ich keinerlei Störung dulde, SONST FLIEGEN SIE RAUS“!

Die Lehrerin Ishisu war sehr feurig in ihrer Umgangsweise mit Schülern. Ich bekam es also prompt mit der Angst zutun, und ließ mich neben den roten Schopf nieder. Schlimm genug, dass ich den Unterricht ohne Ben ertragen musste, und anstatt ihn, diesen Rotbär bekam.

Der Junge neben mir zog noch schnell verunsichert seinen Block hervor und schlug artig die erste Seite auf.

Wie es schien, war die Stunde von Frau Ishisu seine erste hier. Kein Wunder, dass ich ihn und sein auffälliges Haar noch nie hier gesehen hatte.

Auf dem Block, ganz rechts unten, konnte ich eine Signierung erkenne.

„Tai“? Beim entziffern der Schrift war mir der erst beste Name gleich laut herausgerutscht.

Der Junge fühlte sich sogleich auch angesprochen und blickte mich brummend an.

„Ups... sorry, das ist also dein Name. Die Schrift von dir kann man ja kaum entziffern“! Mir war das plötzlich ultra peinlich. „Den wird ich mir merken, darauf kannst du Gift nehmen“, zischte ich weiter und drehte mich schnippisch von ihm.

Tai ließ aber nicht lange auf sich warten, und zog mich an der Schulter zurück.

„Falls du irgendetwas gesehen oder gehört hast gestern, dann behalt es lieber für dich“!

Pah... „Willst du mir jetzt etwa drohen“, brüllte ich und zeigte skeptisch mit dem Finger auf ihn.

Leider war eine dumme Angewohnheit von mir, mich nicht in meiner Tonlautstärke zügeln zu können. Ich krakelte also schockiert erneut durch den Raum, und das schon das zweite mal in 5 Minuten.

„JETZT REICHTS MIR ABER!! RAUS MIT EUCH BEIDEN, ABER SOFORT“!
 

Und hinter uns flog die Tür im hohen Bogen zu.

Ich zuckte erschrocken zusammen, und sah im nächsten Moment meine Wirtschaftsnote in Richtung nicht bestanden sausen.

Tai vergrub erst mal die Hände in den Taschen und blickte pikiert zur Seite.

„Schön blöd auch. Machst du dich immer so beliebt, dann setzte ich mich demnächst nicht mehr neben dich“!

JA ja, schon gut. Das war übertrieben gewesen.

„Sorry“, murmelte ich schließlich. Jetzt hatte Tai sicherlich auch mit seiner Note in Wirtschaft wegen mir zu kämpfen.

„Ich hab ja nich wirklich zugehört, also hätte ich mir die Vorlesung der Dame auch sparen können. Sind wir damit quitt“?

Todschlag gegen Rausschmiss+ eventuell versaute Wirtschaftnote?

„Ja, Todschlag gegen Rausschmiss+ ein Kaffee, das wäre ausgleichend“, grinste ich und deutet auf den Gang, der uns in die Cafeteria führte.
 

„Ich bin übrigens Blue“!

Er raufte sich bei dem Kaffee kurz die Haare. „Blue, is das ironisch gemeint, oder nur durch deine Schwimmerqualitäten so beabsichtigt“?

Er wurde schon wieder etwas frech, dabei dachte er wohl noch nicht einmal nach, dass ein Mädchen so etwas kränken könnte, und das er dann zu weiteren Flirts somit keine Chance hatte.

„Ne Seekuh wurde nach mir benannt“, gab ich trocken zurück und schüttete mir noch mehr Zucker in den kaum erträglichen Kaffee.

„Wie nett“.

Danach blieb es vorerst ruhig zwischen uns, denn plötzlich blieb das Streit- und Redethema aus. Ich bereute es dann auch nach etwa 5 Minuten, mit ihm Friede geschlossen zu haben.

Gerade als ich einen unwichtigen Satz zur Aufheiterung der Gesamtstimmung in den Raum werfen wollte, fing er ebenfalls an zu quasseln, und wir verstanden einander nun kaum.

Es war wie in einer schrecklich schmalzigen Dailysoap, wo man sich auf den ersten Blick ineinander verliebte, doch zu schüchtern war, um den nächsten Schritt zu machen. Wobei Tai und ich schon weit über den ersten Schritt hinaus waren. Schließlich wollte er mich umbringen, und ich hatte so knapp seine wirtschaftliche Laufbahn ruiniert.

Ich fand Tai auch nicht sonderlich sympathisch, und wir gingen im Augenblick auch nur eine Zwangsbeziehung ein, weil wir beide aus einer langweiligen Vorlesung rausgeschmissen wurden und deshalb am langweiligen gleichen Strang zogen.

„Wieso seh ich dich eigentlich hier zum ersten Mal“? Fragte ich schließlich

„Äh... Austauschschüler“.

Das kam wie aus dem Kanonenrohr geschossen.

In den nächsten Minuten versuchte Tai mir also umschreibend zu erklären wo er herkam.

„So nahe der Westküste, in nem kleinen Kuhkaff“!

„Mhh.. könnte auf Disneyland zutreffen. Du kennst nich zufällig einen Donald“?

Ich merkte ihm an, dass er sich mit einer zynischen Bemerkung zurückhielt.

Im nächsten Moment sah ich Ben durch die Cafeteriatür rauschen.

„Ich werde dann mal gehen. Man sieht sich also ....Seekuh ...Blue...?“!

Ich zischte wie ne Schlange schließlich und wandte sich mein Blick zu Ben, der gerade zu einer ausholenden Predigt über Wirtschaft und Anstand, angemessener Lautstärke und verstecktem Flirten ausholte.

„Ich hab ganz sicher nicht mit ihm geflirtet, er wollte mich umbringen“!

„Was ist das schon für ein Argument“, entgegnete Ben etwas bissig, so das ich fast annehmen musste, er wäre ein wenig eifersüchtig.
 

Danach war Ben auch eingeschnappt gewesen. Wieso auch immer.

Ist euch eigentlich mal aufgefallen, dass Jungs doch im Grunde viel zart besonnen waren, und mit Kritik und sonstigen räumlich- und zeitlichen Veränderungen kaum klarkamen?

Nehmen wir also mal Ben als Beispiel. Wenn man an seinen Haare Kritik übt, versucht er sich danach heimlich die Haare in eine andere Position zu richten, und nach etwa 2 Tagen konnte man dann auch wieder normal mit ihm reden, weil er einem dann die Kritik Gott sei dank verziehen hatte. Auch sonst waren Männer sehr rechthaberisch, besitzergreifend und zickig. Viel mehr als wir Mädchen, die sich mit dem einfachsten zufrieden gaben. Neben wir als Beispiel mich, meine blauen Haare, die eigentlich auch gut zum Gespött der ganzen Schule gemacht wurden. Mein Freund, der mich schlecht behandelt und generell auch sicherlich nur ausnutzt, und meine mittelmäßigen Schulnoten, die gerade noch so für eine Ausbildung aus Frisöse reichen würden.

Aber ein Mädchen meines Kalibers gab sich damit erst einmal zufrieden, und verfluchte nicht gleich die halbe Welt und setzte sie mit Tränen unter Wasser.

Ben trabte also neben mir nach Haus. Wir liefen immer die Strandpromenade hinunter und wenn die Zeit nicht knapp war, hielten wir unsere Beine ins Meer.

Solche Dinge änderten sich auch nicht, wenn Ben mal wieder in einer Egoschaffenskrise stand.

„Du machst mich wahnsinnig“, murmelte er.

Ich versuchte ihm zuzuhören, doch ich musste immer und immer wieder an das Meer denken, das mich da so in der untergehenden Sonne anglitzerte.

„Ob wir noch mal rausschwimmen“?

Ich spürte, dass Ben mich von der Seite ansah.

Er sagte auch nichts mehr.

“Das Wasser ist noch warm. Wenn der Winter kommt, dann kann ich nur noch im Schwimmbad abtauchen. Das Meer wird mir fehlen“, murmelte ich in Gedanken.

Immer noch keine Antwort von ihm und langsam wackelte ich mit meinem Kopf zu ihm herum.

„Was is los“?

Er sah traurig aus.

„Weißt du, ich muss schon lange mit dir über etwas reden“.

Jetzt wurde es so ernst, dass mir das nicht gefiel. Um ehrlich zu sein, gefiel mir sein Blick nicht. Der sah so nach Schmalzromatik aus, dass mir langsam klar wurde, worauf das Reden hinaus wollte, und wieso er ständig eingeschnappt war.

Ich spürte seine warme Hand an meinem Handgelenk.

„Verdammt, ich weiß einfach nicht weiter“, kaute er herum, und ich musste einfach beschämt seinem Blick in die andere Richtung ausweichen.

Über den Sandstrand, zu den Klippen hinauf sah ich plötzlich Tai stehen. Er sah uns an, während er anscheinend etwas ins Meer hielt, was ich nicht erkennen konnte.

Ich spürte, dass er meine Augen erfasst hatte, ich konnte dennoch nur seine Silhouette

und seine Haarfarbe im seichten Sonnenuntergangslicht erkenne.

Ben riss mich an der Schulter herum.

„Blue, ich weiß das du es nicht hören willst, aber..“.

Ich drückte meinen Finger auf seine Lippen. Stopp, das wollte ich nicht hören. Ich wusste was er sagen wollte, aber das würde diese Lage auch nicht einfacher machen. Im Gegenteil, wenn er es aussprechen würde, dann wäre meine Vermutung, die eigenlichte Tatsache offiziell.

Ich starrte ihn stumm an.

Er mich auch.

Langsam spürte ich seine Hand, die meinen Finger von seinen Lippen drückte. Sie waren trocken, aber furchtbar sanft.

Ich sah seine grünen Augen auf mich zukommen.

Viele würden meine Reaktion als Blackout bezeichnen, ich würde es als Hilflosigkeit betiteln, weil ich einfach nicht den Mumm hatte, mich gegen ihn und seine Traurigkeit aufzulehnen.

Er küsste mich.

Es war ein Kuss, der aufregender nicht hätte sein könne, hätte ich dabei etwas für den Jungen empfunden, doch allein die Freundschaft zu ihm machte diesen sanften Kuss zu einer unerträglichen Sache für mich.

Mein erster Kuss mit Ben.

Viele hätten das sicherlich für längst überfällig gehalten, weil wir ja ständig aufeinander hockten. Man sagt ja immer, zwischen Mann und Frau könnte niemals allein Freundschaft herrschen. Irgendwann würde der eine sich in den anderen verlieben.

An dem Klischee ist wahrlich was dran.

Ich sah nach wenigen Sekunden seine grünen Augen erneut, brachte aber kein Wort heraus.

„Versteh schon“, murmelte er und stand auf. „Ich lass dich dann mal wieder allein“!

Dann ging Ben, und damit diese Freundschaft, die zwischen und vor einigen Minuten noch geherrscht hatte.

Glaubt mir, Liebe ist eine schreckliche Macht. Sie macht dumm, willenlos, blind und egoistisch.

In diesem Moment hatte ich meinen besten Freund verloren. Insgeheim hatte ich da schon so eine Vorahnung, aber ich wollte in keiner Weise, dass sie sich bestätigte, weil diese Tatsache nun alles ruiniert hatte, was zwischen mir und Ben stand.

Ich schlug also mir einige Male meine Hände an die Stirn, irgendwie hoffend, das ich dann lediglich aufwachte und alles war, wie es immer war, ohne intime Beichte und Gefühlsabweisungen.

Dann kam mir Tai wieder in den Sinn.

Als ich mich suchend zur Kippe wandte, blickte ich hinter diesen auf einen kleinen Sandabschnitt, wo ein Kutter geankert hatte.

Ich hörte Tai’s Stimme, traute mich aber nicht, nach ihm zu rufen.

Er stand auf seinem Kutter, in der Kajüte und blickte auf seine Hand, soweit ich das einschätzen konnte.

Irgendwie hatte der Junge etwas sehr komisches an sich. Ich traute ihm nicht, weil er einfach nicht sehr loyal rüberkam.

Der hätte mir den 2ten Weltkrieg erklären können, und ich hätts ihm nicht abgekommen. Lag wohlmöglich auch an seiner Haarfarbe, die deutlich eine Warnung signalisierte. Wie ein Stoppschild.

„Verdammte Scheiße. Son Rotz. Ich könnt dich...du billiges Mistteil“.

Tai schien wütend zu sein.

Ich musste ihm einfach hinterher spionieren.

Er war nicht nur nicht vertrauenswürdig, sondert auch ziemlich verdächtig. Natürlich in erster Linie wegen seinen roten Haaren.

Als ich nahe genug an den Kutter herangepirscht war, konnte ich um Lampenlicht einen Blutverschmierten Lappen um seine Hand erkennen.

„Tai“!

Ich war etwas erschrocken. Es sah fast so aus, als ob er jemanden abgemurkst hatte, und sich jetzt seine Hände an dem Tuch säuberte. Aber das Gefluche ließ darauf schließen, dass er sich wohl selbst filetiert hatte.

„Was…“?? Er raunte lang. „Nicht du“!

Ich trat in das helle Licht und blinzelte ihn an.

„Is dir nach deinem Date nichts besseres eingefallen, als mir nachzuhirschen? War er etwa so langweilig, dein Laufbursche“?

„Wolltest du etwa einen Apfel oder dergleichen schälen, oder wieso hast du dich selber so aufgeschlitzt“!

Das viele Blut bereitete mir reichlich Unbehagen im Magen.

„Wie auch immer“, brummte er und versteckte seine Hand vor mir.

„Zeig her“!

Ich zerrte an seiner Hand, doch er keifte mich nur böse an.

„Verschwinde, was hast du damit zutun“?

Ich verstand nicht recht. Ich wollte ihm meine Hilfe anbieten, und dieser Ochse kam mir schon wieder so monströs verbittert entgegen?

„Hals Maul du Weichei. Ich weiß wenigstens, was man in deiner Lage macht, außer herumzuschreien“.

E.r.s.t.e.h.i.l.f.e.k.u.r.s. nannte man das.

Oder was auch immer dazu noch mal gehörte, außer die stabile Seitenlage, die er anscheinend noch nicht benötigte.

Ich zog ihn mit mir.

„Wir gehen zu mir. Ich mach dir erst mal einen Druckverband. Oder willst du gleich ins Krankenhaus“?

Er hatte zwei Möglichkeiten. Anscheinen vertraute er mir mehr, als dem Krankenhaus.

Er zog wie ein dicker Fisch an meiner Hand herum.

„Du bekommst dann auch was Süßes, wenn du brav bist“!

Sein Mund zog sich von einer Ecke zur anderen. „Das sagst die Schwarze Witwe auch bevor sie ihre Opfer auffrisst“.

Er assoziierte mich mit einer Spinne, sonst war es immer die Seekuh gewesen.
 

Ich öffnete leise die Haustür und deutete auf die Küche. Tai machte sich nicht die Mühe, etwas leiser zu sein, und lief gleich an die nächst beste Schrankwand. Wie auch immer, mein Vater und mein Bruder hatten vererbten Tiefschlaf.

Es war schon spät und ich hatte eigentlich noch ne Menge Hausaufgaben zu erledigen, die ich doch eigentlich auch hätte machen können, wäre da nicht dieses Stoppschild gewesen, und meine Gutmütigkeit, ihm vor dem Blutverluststerben zu retten.

Als ich mir die Schuhe ausgezogen hatte und in die Küche kam, stand Tai auch schon am Kühlschrank und hatte sich den Rest des Abendbrotes in den Mund gestopft. Er schaute etwas überrascht, denn anscheinend hätte dies unauffällig passieren sollen.

„Du kannst dir gerne etwas aus dem Kühlschrank nehmen wenn du hungrig bist“, murmelte ich und holte etwas Verbandszeug aus dem Schrank. Tai war also mit Kauen beschäftigt, als ich mir seine tiefe Schnittwunde genauer betrachtete. Er hatte sich eine lange Naht von Zeigefinger zum kleinen Finger gezogen und wenn man etwas an seiner Hand herumspielte, dann sah man sein rotes Fleisch aufblitzen. Ich konnte meinen Blick nicht abwenden, denn alles was widerlich war, zog meine Aufmerksamkeit magisch an.

Er räusperte sich kurz. „Das ist mir schon etwas zu intim, wenn du mein Fleisch so anstarrst“.

Während ich so an ihm und seiner Hand herumzurrte, sah er sich neugierig um.

„Zeigst du mir dann auch dein Zimmer“?

Dabei sah er mir auf die Brüste.

„Ich zeig dir alles was du dann noch mit einem Auge sehen kannst“!

Es war zwischen uns wie ein altes Ehepaar. Sehr seltsam, denn noch sehr vertraut, aber auch fern, weil ich ihm nicht vertraute. Er schien mir auch nicht zu vertrauen, und das machte uns schon wieder zu gleichen Personen.

„Wo lebst du eigentlich“? Fragte ich beiläufig.

„Weiter oben, nicht weit von hier in den Appartements“.

„Allein“?

„Ja“!

„Hast du ne Freundin“?

„Wieso“?

„Ich würde auf nein spekulieren“!

„Wieso“?

„Frauen haben so nen Riecher dafür“!

Er zog seine Hand zu sich und blickte mich an.

„Kennst du dich hier mit den Gewässern aus“?

Ich lenkte in seine Ablenkung ein und nickte vorsichtig.

„Ich brauche Oberflächenpläne von der Bucht. Kennst du jemanden, der mir die beschaffen kann“?

Wozu brauchte er denn Oberdingsbumspläne...

„Mein Vater gehört ein Teil der Bucht“!

„Hat er auch Pläne“?

„Weiß ich doch nicht. Und wenn, dann hat er sich schon als Klopapier verwendet. Bei meinem Vater ist so etwas nicht von Bedeutung“. Das nervte mich schon etwas. Er interessierte sich sonderlich nicht für mich, mehr für das, was ich bald erben würde. Und dabei hatte er mir bis vor ein paar Sekunden auf die Brüste gestarrt. Versuche einer die Männer zu verstehen.

„Ich muss gehen“, murmelte er und hastete wieder zur Tür.

Als ich ihm diese aufschloss und gerade einen Fuß vor die Haustür setzte, blickte ich in die Augen von Phill, meinem Freund.

Schon leicht angetrunken.

„Blueeä... da bist du jaa“! Lallte er. Phill war ein Student und er erfüllte dieses typische Studentenklischee auch voll und ganz. Ich spürte Tai an meiner Schulter. Er wollte sich wohl so eben an mir vorbeidrängeln, wurde aber durch Phills Anwesenheit gestoppt.

„Wer ischen das“?

„Tai“, erwiderte ich wortkarg und musste kurz überlegen, ob das nich so aussah, als ob der liebe Tai gerade fix aus meinem Bett zu meiner Haustür gegangen war, um sich soeben von mir zu verabschieden.

Für Phill sahs auf jedenfalls so aus.

„Was machst du bei meiner Freundin du Teebeutel? Das is meine Schnalle. Hier wird nich fremd gepoppt. Hast du meine Schnalle angegrapscht“?

Er geriet ins Wanken, als er eine furchtlose Stellung einnehmen wollte.

„Mehr als das. Sie hat Fleisch gesehen und sie war sehr angetan, das Weib... alle Achtung, flexibel und vielschichtig“!

Ich drehte mich perplex um.

„Sag mal...“?

Ich kam nich weit, als ich spürte, wie Phill mich beiseite stieß und Tai umrannte.

Der war auch etwas irritiert, weil man vom Phill jetzt wohl eine distanzierter Art erwartet hätte. Er war ihm in die Arme befallen.

Tai wusste nicht wie er damit umgehen sollte.

“Er ist der erste Mann, der mich so umarmt“, murmelte Tai und blickte zu mir. Ich zuckte mit den Schultern.

„Du Musterschwein, dir werd ichs zeigen. Dir poliere ich die Visage, bis sie glitzert“, murmelte Phill in das Sweatshirt von dem Rothaarigen hinein.

Tai hatte wohl endgültig genug, und ließ Phil nach hinten umfallen. Dann stieg er über den regungslosen Körper und hob seine verbundene Hand zu einem letzten Gruß.
 

Und ich hatte eine Schnapsleiche auf dem Fußabtreter zu liegen.
 

Phill hatte in meinem Bett geschlafen. Er lag auch noch dort doch, als ich von der Schule nach Haus kam.

Ich wurde wütend auf ihn, ich wollte ihn anschreien, als ich mich vor meinem Bett positioniert hatte und er immer wieder beteuerte, ich solle nicht so laut sein.

Er hatte wohl vergessen, dass er nicht sein eigenes Bett blockierte.

Ignorant.

Meine Wut legte sich jedoch, als ich plötzlich auf den Gedanken kam, einfach zu verschwinden.
 

Ans Meer.
 

Insgeheim hoffend ihn zu treffen.
 

Ich stutzte bei den Gedanken und blieb auf dem schmalen Fußgänger-Platten-Weg, stehen.

Insgeheim hoffend ihn zu treffen??

Was?

Ich schüttelte den Kopf.

„No way“!!
 

Der Sandstrand war um diese Uhrzeit, kurz vor Sonnenuntergang immer recht leer, was ich nun gar nicht nachvollziehen konnte, weil das Meer sich da von seiner schönsten Seite zeigte.

Ich seufzte tief als ich das kühle Wasser unter meinen heißen Sohlen spürte.

Nicht weit, von hier, in einer kleinen Hütte, hatte Ben seine Surfboards gebunkert.

„Ben“, murmelte ich und erinnerte mich an seine Augen. Ich musste ihm wohl das Herz gebrochen haben, weil er in der Schule heut unauffindbar war. Selbst Mischa hatte keine Ahnung wo er steckte.

Sie war ja eigentlich Journalisten und ständig auf dem neusten Stand. Mich würde es nicht wundern, wenn sie schon seit 1 Jahr gewusst hatte, dass Ben auf mich stand.

Ich bohrte im Sand herum und langsam wurde ich ungeduldig.

Aus meiner Tasche zog ich ein Papier.

„Ich bin aber auch zu hilfsbereit…“. Es ärgerte mich, dass ich Tais Wunsch nicht einfach ignorieren konnte.

„Der Typ kann doch noch nicht einmal danke sagen….“.

Wurscht, ich stampfte also auf mich selber ziemlich wütend den Strand entlang. Die Felsen wurden immer enger und schließlich hatte ich die Stelle erreicht, wo noch gestern Abend Tais Kutter geankert hatte.

Die Nussschale wackelte auch noch immer am selben Platz hin und her.

Ich versuchte etwas unauffällig die Felsen zu der kleinen Bucht zu überqueren. Noch immer hatte ich nicht ausfindig machen können, ob er hier war, oder nicht.

Das Boot war schon sehr baufällig, der Lack des Kahnes blätterte ab, an einigen Stellen war das Holz zersprungen. Als ich näher an das Objekt heranschlich, und schließlich über eine kleinen Leiter hinauf, auf das Deck kroch, fand ich schließlich Tauchequitment vor.

„Das ist gutes Zeug, woher hat er das Geld sich so etwas leisten zu können“?

(und dazu noch so einen schicken Kahn)

In dem Führerhäuschen blinkten einige Lichter auf und ab, man konnte das Funkgerät rauschen hören.

Er musste hier gewesen sein.

Es war etwas gruselig und auch etwas spannend, wie in den Horrorfilmen, wo junge Teenager nervös herumschnüffelten und dann von hinten erstochen wurden.

Ich blickte mich weiter um und fand auf dem Boden eingerollt eine Karte der Insel, mit verschiedene Markierungen.

„Er muss doch etwas suchen…“.

Und wenn ich so weiter machte, dann würde ich sicherlich auch einen ordentlichen Anschiss von ihm bekommen. Aber er musste mich ja auch nich unbedingt beim Schnüffeln erwischen, also war es auch höchste Zeit wieder zu verschwinden.

Ich tippelte leise wieder zurück zu der Leiter, als ich im nächsten Moment gepackt wurde, ich einen stechenden Schmerz in meiner Schulter verspürte und schließlich mein Gesicht das Deck küsste.

Gewichts setzte sich auf meinen Körper und im nächsten Moment wurde ich herumgerissen und blickte in das dunkle Gesicht einer Gestalt, die mir eine Waffe ins Gesicht drückte.
 

Kapitel 2/END

Bedrohungen und Angstschweiß

Kapitel 3/ Bedrohungen und Angstschweiß
 

Ich realisierte erst nach einigen Sekunden die Gefahr und war wie erstarrt.

„Blue…“?

Ich kannte diese Stimme.

Er hielt mir eine Waffe zwischen die Augen.

„Was…soll das“? Stammelte ich verwirrt und meine Hände drückten sich gegen seinen Körper.

Er ließ mich im selben Moment wieder los. Im Krebsgang drückte ich mich schließlich an die Bugwand und starrte immer noch fassungslos auf seine Knarre.

„Was machst du hier“?

Tai stand im Taucheranzug vor mir und musterte mich. Meine Kehle schnürte sich in diesem Moment zu und ich fing völlig desorientiert und hysterisch zu Japsen an.

„Was ist mir dir“, hörte ich ihn erneut murmelnd sagen, doch durch die Dunkelheit und durch die Tatsache, dass er eine Waffe in seinen Händen hatte, schrie ich auf und hielt ihn somit davon ab, sich mir zu nähern.

Für einen Moment hörte ich nur das Meer rauschen.

Sonne kroch nun endgültig hinter den Horizont und verschluckt uns und den Kahn in totale und tödliche Dunkelheit. Ich konnte seine Sihlutte erkennen, sie regte sich nicht.

„Was machst du hier, hab ich dich gefragt“?

Tai wurde wohl ungeduldig. Ich konnte nichts sagen. Ich hatte nur plötzlich schrecklich Angst vor diesem mysteriösen Jungen. Meine Hände krallten ich in das morsche Holz unter mir.

Er bewegte sich plötzlich auf mich zu, ich riss meinen Körper in die Höhe und stürzte über Bord in das seichte Wasser hinein.

Der Aufprall wurde nur leicht von dem Wasser gemildert und so schnell ich im Stande war meine alten, gebrechlichen Knochen aufzurichten, rappelte ich mich wieder auf und rannte los.

Keine Sekunden später hörte ich, wie Tai ebenfalls ins Wasser gesprungen war.

Durch die wenige Luft, die durch meine Lunge noch floss, und durch meine hysterische Art verlor ich schließlich die Kraft und segelte Kopfüber in die Sandbank.

Zu blöd, der Typ hatte mich schließlich eingeholt und am Arm gepackt.

Noch immer jappste ich nach Luft, keuchte, versuchte noch vergebens mit meinen Armen zum Rudern, doch er hatte mich auch mit der zweiten Hand gepackt und schließlich zur Ruhe gebracht. Geduckt hing ich also im Wasser.

Wieder hörte ich das Meer rauschen. Meine nassen Haare klebten mir im Gesicht und ich spürte mein Herz, das durch das Adrenalin fast zu zerspringen drohte.

*poch poch* Ich ließ in wenigen Sekunden meine glückliche Kindheit, die Seekuh Blue und freundschaftliche Augenblicke mit Mischa und Ben Revue passieren. Gleich würde Tai mir die Knarre gegen die Backe drücken und skrupellos abfeuern, und meine Gehirnmasse würde im Meer versinken. Ekliger Gedanke (aber die Möwen würden sich sicher freuen)

Stattdessen aber tat und sagte er erst einmal nichts und mein hängender Köpf schob sich etwas verunsichert langsam hinauf.

Tai blickte mich an. Seine Miene war kalt.

Wenigstens hatte er keine Waffe mehr in der Hand, so das ich langsam meine Panik verlor. Er zog meinen Körper aus dem Wasser hinauf.

„Ich hab gefragt was du hier machst“? Sein Ton war barsch und ich zucke zusammen.

„Lass mich los“, wisperte ich verunsichert und er tat zum Erstaunen auch das, was ich keuchend an ihm hängend von ihm verlangte.

Tai nahm eine wartende Haltung ein.

„Ich wollte dir die Karte bringen, nach der du mich doch gefragt hast“, gab ich kleinlaut schließlich von mir.

„So ist das“!

Mit zitternden Finger zog ich das Papier aus meiner Tasche. Nicht mehr zu gebrauchen. Da ich mit Hose, T-Shirt und Hollywood reifer Hysterie ins Wasser geflattert, und die Karte ja nicht anders, als in dem Hosenkleidungsstück, unterzubringen war, war diese nun auch durchnässt. Die Karte gab sogar schon Farbe ab, so dass meine Hosentasche einen leichten Hippitatsch aufweiste.

Ich hielt sie ihm hin und er nahm sie mir ab, so wie die Übergabe hätte auch ohne Waffe von mir aus geschehen sollen.

„Danke. Mach das nicht noch einmal“, murmelte er und kehrte mir den Rücken zu.

Was nicht noch einmal?? Er sollte mich nicht noch einmal mit einer Waffe zu Tode erschrecken.

„Verdammt noch mal… wer bist du und was machst du hier? Das ist doch nicht mehr normal“!!!

Schrie ich ihm plötzlich hinterher. Genau das war es, was ich schon am ersten Tag unserer Begegnung tief in mir gespürt hatte. Er war nicht normal, dieser Tai, definitiv!

Beim furchtlosen Wettern fing meine Unterlippe an zu wackeln. Nicht nur aus Kälte, sondert auch aus Angst, er würde jeden Augenblick mit einem Messer auf mich losgehen.

„Wieso kommst du einfach mitten im Jahr als Austauschschüler an die Schule, wieso richtest du Waffen auf Leute, wieso hortest du über die Halbinsel unwichtige Informationen???????? WAS WILLST DU HIER“?

Er blieb stehen und ich wich schon einmal vorsorglich einen Schritt nach hinten aus. Meine Hände pressen sich gegen meine Brust, vor Angst, vor Kälte, vor Schutz, sie versuchten das Beben in meinem Körper zu erdrücken, doch es half nichts.

Ich musste nicht sehr ernsthaft herüberkommen. Tränen rollten auch schon meine Wangen entlang.

Sein Körper drehte sich wieder zu mir und er zog den Reisverschluss seines Tauchoveralls bis zur Hüfte hinunter, und streifte sich diesen von den Armen. Ich konnte nur schwer etwas schwarzes, was um seine Brust gespannt war, erkennen. Er bewegte sich langsam auf mich zu und plötzlich zog er ein Messer, dass wohl an dieser Halterungsvorrichtung um seine Brust festgemacht war, hervor.

Ein Messer.

Was zauberte er denn noch so aus seinem Ärmel? Einen Raketenwerfer oder Laser Mp3 Gun?

Ich bewegte mich nicht, schluckte meine Angst hinunter und musterte jeden seiner Schritte, bis er schließlich dicht vor mir zum Stehen gekommen war.

„Es kommt ganz darauf an, was du gesehen hast“, hauchte er mir ins Ohr und zog sein kleines Messer hinauf zu meiner Wange. Ich blickte ihn erstarrt, wortlos, atemlos, schon fast tot vor Stresshormonen , in die Augen.

„Die Frage ist, was du anscheinend suchst?“ zischte ich schließlich leise.

Er grinste leicht und packte mich erneut.

Die Klinge lag dicht an meinem Hals und ich spürte seine Brust an meinem Rücken, und fühlte den Stoff seines Tauchanzuges an den Fingerkuppen.

Er hatte es wieder geschafft meinen Arm auf dem Rücken zu verdrehen. Wie machte er das bloß so schnell?

„Riskiere nicht zu viel Blue, du weißt nicht was dich erwartet“.

„Dann sag es mir“!

Ich hörte ihn schnaufen, dann ließ er locker und stieß mir in den Rücken, so dass ich etwas nach vorn stolperte. Als ich mich hektisch wieder umblickte, war Tai auch schon auf dem schnellen Rückzug, zu der Nussschale.

Ihm noch etwas hinterher zubrüllen, hätte mich vielleicht den ganzen Arm gekostet, nich nur einen Muskelkater.
 

Mein Vater blickte mich am nächsten Morgen etwas genauer an.

„Was is? Hab ich was im Gesicht“?

Er schüttelte nur und legte seine Zeitung nieder.

„Ist dein Lover denn schon aus deinem Bett gekrochen, oder brauch er noch eine Woche, um auszunüchtern“?

Er mochte Phill nicht sonderlich.

Verständlich, Phill lag in meinem Bett, er könnte mich schwängern, dass stellte für fast jeden Vater eine potentielle Gefahr für seine Tochter dar.

„Du siehst echt…. Schlecht aus. Wieso bist du so spät gestern nach Haus gekommen“?

Mein Vater hatte gar keine Ahnung, wie schlecht ich gestern Nacht ausgesehen haben musste, als ich mich auf letzten Kräften nach Haus geschleppt hatte, kurz nachdem ich einem Terroristen entkommen war.

Wer auch immer Tai nun war, er war sicherlich kein guter, friedvoller Mensch.

Im nächsten Moment vibrierte mein Handy.

Es war Mischa, sie musste sich unbedingt mit mir in der Schulbibliothek treffen.

Das hieß nichts Gutes für mich, denn wenn sie mit mir sprechen wollte, dazu noch in der Gottverlassenen, eingestaubten Bibliothek, wo lediglich höchsten einmal im Monat die Reinigung einen Fuß hineinsetzte, dann musste es wohl eine Predigt geben.
 

Mischa stand schon etwa 2 Minuten vor mir.

Ich sollte vielleicht etwas sagen?

„Ich sollte doch jetzt wissen, wieso du mich gleich anscheißt“.

„Ja das solltest du“!

Sie stützte die Hände in die Hüften.

Dieser „nun komm schon, ich warte auf deine Verteidigung“-s Blick irritierte mich.

Jetzt müsste ich nur noch drauf kommen, wieso sie so angepisst war.

„Äh…also es tut mir sehr Leid“.

War ja schon mal ein guter Einleitungssatz. Da konnte man nix falsch machen.

„Es tut dir Leid. Sag mir das doch nicht“!!!!

Na wem denn dann?

„Du hast es doch die ganze Zeit gewusst, gib es zu. Jetzt wo er es dir endlich gestanden hat, da wirfst du hin einfach weg. Er hat sich Hoffnung gemacht.

Du hast ihn aber auch immer so angeschaut und ihn angefasst und überhaupt, mit ihm gelacht…der ist ein seelisches Wrack wegen dir. Kannst du keine Rücksicht nehmen. Alle haben geglaubt das ihr das nächste Traumpaar werdet, und dann so etwas“!

„Ach Ben“.

Ja natürlich…. Sie wusste es also doch schon länger.

„Ich hab was gemacht? Wirfst du mir vor wie ich mit meinem besten Freund umgehe? Wie sollte ich ihm denn Hoffnungen gemacht haben??“

Was war das für eine Diskussion?

Mischa warf ihre Hände in die Luft.

Mir war nicht bewusst gewesen, dass ich mit meinem Verhalten einen Annäherungsversuch zu meinem besten Freund gemacht haben sollte.

Immer noch wedelte Mischa herum und drohte mir mit dem Zeigefinger.

„Entschuldige dich bei ihm. Rede mit ihm, was auch immer. Er kommt nich mehr aus dem Bett“! Warf sie mir zu.

Männer….

Ich fragte mich allerdings schon seit langen, wo die edlen mutigen Ritter von einstigen großen Geschichten abgeblieben waren.

Die Männer von heute lackierten sich die Nägel und weinten in ein Seidentaschentuch.

„Viel wichtiger ist das, was ich gestern erlebt hab“! Warf ich schließlich ebenfalls etwas aufgebracht in die Diskussion.

Außerdem war ein Diskussionswechsel auch dringend erforderlich.

„Du kennst doch sicher diesen Rothaaren, er heißt Tai“!

Mischa fing plötzlich laut an zu Stöhnen.

„Ja genau… dieser Tai“!

„Er ist gefährlich“!

Mischa hielt ihre Hand in mein Gesicht.

„Stopp, das will ich nicht wissen. Sicherlich ist er gefährlich für deinen Intimbereich…“!

Ich hielt innen, als Mischa im Begriff war zu gehen.

„Wo willst du hin“? Rief ich ihr nach.

„Du benimmst dich in letzter Zeit wirklich etwas seltsam. Seitdem dieser Tai dich aus dem Wasser gezogen hat. Wahrscheinlich hast du da nicht genügen Sauerstoff bekommen Blue. Ich geh jetzt auf jedenfalls… sieh zu wie du das mit Ben wieder gerade bekommst, sonst bist du Schuld, dass er in seinen eigenen Tränen ertrinkt“!

Der Staub legte sich langsam, als sie durch die schwere Tür geplatzt war.

Ich seufzte und blickte zu Boden.

Ich gab zu, etwas bedenken hatte ich schon, bei manchen Kommentaren, die Ben mir des öfteren ins Ohr geflüstert hatte.

Aber wieso hätte ich mein Verhalten ihm gegenüber ändern sollen? Es war halt meine Art, mit Personen, die ich mochte freundschaftlich so umzugehen.

Hätte ich ihn auf Distanz gehalten, hätte ich ihn doch als Freund verloren.

Ich wollte ihn nicht verletzten, es schmeichelte mir sogar, dass er mehr als Freundschaft empfand, aber mehr als meine tiefe Freundschaft konnte ich ihm in diesem Moment nicht entgegenbringen.

Gerade, als ich nun auch im Begriff war, die Bibliothek durch die große staubige Tür zu verlassen, vernahm ich ein leises Geräusch aus den hinteren Bücherreihen.

Im selben Moment sah ich eine Fußspitze in einem Gang wieder verschwinden.

„Ich….“, murmelte ich leise und wurde leicht wütend.

Ich hatte es im Bauch und hier in der Schule hatte ich keine Angst vor Waffen oder anderen Mordinstrumenten.

Die Bibliothek war sehr hellhörig und als ich den Atem anhielt, konnte ich ein leises Geräusch wahrnehmen.

In einem Parallelgang schließlich legte ich mich auf die Lauer. Durch die Bücherfächer hindurch versuchte ich in den Gang zu sehen, in den die Gestalt verschwunden war.

Nach einigen Versuchen die Büchergänge unauffällig zu verlassen und hinüberzuflitzen, hockte ich schließlich dicht an dein Regal gedrängt auf dem Boden und blickte den Hauptgang entlang. Ich hörte auch nichts mehr, kein Keuchen oder Schniefen und Atmen.

Der Staub auf dem Boden machte meine weiße Schuluniform auch noch dreckig.

„Versuchst du dich zu verstecken, oder mich zu beobachten. Den Unterschied konnte ich noch nicht feststellen“!

Ich zuckte bei seiner Stimme zusammen und drehte mich um.

Er stand hinter mir, lässig die Hände in den Hosentaschen und mit einem Buch in der Hand.

„Wieso interessierst du dich für Landschaftsarchitektur des Barockes“? Frage ich zynisch und deutete auf sein Buch in der Hand.

Hielt er mich denn für so bescheuter, dass er mir jetzt gleich Glauben machen wollte, dass der Herr nur wegen einem Buch in die Bibliothek gekommen war.

„Du hast mir nachspioniert“!!! Keifte ich und streckte ihm meinen Zeigefinger siegessicher ins Gesicht.

„Glaubst du das wirklich“?

„Ja“

Ich kroch ihm ins Gesicht und grinste. „Wieso sollte sich ein Terrorist, wie du es bist, für Barocke Gartenkunst interessieren“? Dabei drückte ich meinen Finger immer und immer wieder gegen den Buchrücken und deutete auf die in gold geschriebene, schwungvolle Schrift. Durch meinen kraftvollen Zeigefingerdruck wurde Tai von mir gegen das Bücherregal getrieben.

Als ich ihm schließlich die Tatsache erklärt hatte, dass er unter allen Umständen verhindern wollte, dass ich herumposaunte, dass er ein ganz mieser, gewalttätiger Junge war, hielt er innen und seufzte schließlich.

Ich hätte ja damit gerechnet, dass er ein NEIN NEIN!! Von sich gegeben hätte, aber so einfach zu resignieren, dass war doch schon etwas überraschend.

„Ich kann dir nur den Rat geben, mich in Ruhe zu lassen. Wenn du so weitermachst, dann kann das ernste Konsequenzen für dein hübsches Gesicht haben“.

Ich blickte ihn an. Seine Augen waren zu Boden gerichtet und seine Mundwinkel hingen traurig nach unten. Er hatte graue Augen, so traurige graue Augen, dass ich plötzlich Mitleid mit ihm bekam.

„… hübsches Gesicht“? Wiederholte ich leise.

Etwas in meinem Kopf veranlasste meine Wangen rötlich anzulaufen.

Mein Zeigefinder, der sich noch immer an das Buch in Tais Hand gedrückte hatte, rutsche allmählich hinab und ließ Abstand zwischen unseren beiden Körpern.

Was er gesagt hatte klang plötzlich wie ein sorgender Rat.

„Was ist mir dir? Wieso bist du traurig“?

Er antwortete mir nicht, sondert zog an meiner Schulter vorbei. Ich blieb verdutzt stehen.

Was war das gerade eben?

Mein Bild des schrecklichen Tai Terroristen hatte sich von einer Minute auf die andere vollkommen verändert.

War er wohlmöglich ein Terroropfer…kein Terrorist?
 

Ben stand neben mir, am Steg der kleinen Bucht, die zum Grundstück meines Vaters gehörte.

„Was soll ich denn jetzt deiner Meinung nach tun“?

Mir war es furchtbar unangenehm darüber zu sprechen.

„Das kann ich dir auch nicht sagen. Ich wollte dir keinen Ärger mit Mischa machen. Das war nicht meine Absicht“, erwiderte er und nahm meine Hand.

Ich blickte ihn an und er sah zu mir. Beide standen wir nebeneinander am Steg und blickten über das blaue Meer, welches seicht und ruhig vor sich hin plätscherte.

„Ist jetzt alles wieder in Ordnung zwischen uns Beiden“? Fragte ich verunsichert.

„Vielleicht kann ich irgendwann ja dein Herz erobern. Wenn du dich endlich von diesem Schwachmaten von Phil getrennt hast“! Er ginste.

Mit Schwachmat hatte Ben ja auch irgendwie Recht.

Ich stieß ihn an und Ben ließ sich bereitwillig ins Wasser fallen.

Und irgendwie war es wie vor der Tatsache, dass mein bester Freund mir seine Liebe gestanden hatte.

Wir schwammen um die Wetter, tauchten tief und drückten einander Unterwasser. Wie könnte ich solch einen Mensch einfach aus Rücksichtslosigkeit verlieren wollen?

Ben war mir sehr wichtig, wie mir auch Mischa wichtig als Freundin war.

Einer der wichtigsten Menschen in meinem Leben.

In Gedanken blickte ich über den Horizont.

Ich vernahm Bens Schwimmbewegungen hinter mir und plötzlich hatte er seine Arme um meine Schulter geschlungen. Er legte seine Wange an mein rechtes Ohr. Ich war für einige Sekunden erstarrt, dann ließ ich jedoch seine Annährung zu, und griff nach seiner Hand.

„Ich weiß, du erlaubst es mir nicht, aber wer kann so einem schönen Gesicht denn nicht widerstehen“? Flüsterte er.

Ich spitze die Ohren, und meine lächelnde Miene verfiel in Gedanken.

* wenn du so weitermachst, dann kann das ernste Konsequenzen für dein hübsches Gesicht haben*

Seine traurigen Augen blickten mich an.

*kommt ganz darauf an, was du gesehen hast*

Ich spürte die Waffe an meiner Stirn.

„Lass das“!!

Und plötzlich musste ich mich aus dem Griff, der eigentlich zärtlich gemeint war, befreien.

Ich fuhr herum und starrte Ben an, der mich ebenfalls etwas missverstanden und erschrocken anblickte.

„Was hast du“? fragte er schließlich.

Ich wischte mir über die Stirn und blickte in das Wasser unter mir.

Ich lidd schon an Verfolgungswahn. Wieso ließ mich dieser Typ einfach nicht los?

Was hatte dieser Tai an sich, dass es ihn so verdächtig machen?

Wieso interessierte es mich eigentlich so ungemein?

„Lass uns hier weg“, murmelte ich und kraulte an Ben vorbei.

Im selben Moment spürte ich einen Zug an meinem rechten Bein, dann zog es meinen Körper Unterwasser.
 

Selbst im zweiten Moment konnte ich nicht realisieren, was an meinem Knöchel saß und wieso sich mein Mund plötzlich mit salzigem Wasser füllte.

Erst nach dem dritte Moment hatten sich meine Augen an das Wasser gewöhnt, und ich blickte in das Gesicht einer Gestalt, die komplett in einen Taucheranzug gehüllt war.

Ich versuchte mich durch Gestrampel von dem unerwünschten Gast zu befreien, doch er schien zu wissen, was er tat, und zog nun noch stärker an mir herum.

Dann hatte er meine Kehle gepackt.

In mir stieg Panik hinauf.

Was wollte er von mir?

Wieso tat er das?

Was hatte ich getan?

Besser wäre gewesen: Wie werde ich ihn wieder los?

Ich erblickte schließlich Ben hinter dem Taucher. Die Luft in meiner Lunge wurde knapper und meine Versuche sich zu wehren, wurden nur noch notdürftig ausgeführt, um Sauerstoff zu sparen.

Ben nahm nun auch die Kehle des Tauchers zur Hand, dieser war so überrascht, dass er mich los ließ und ich schließlich zur Oberfläche treiben konnte.

Gierig sog ich, oben endlich angekommen, den Sauerstoff in meine Lungen. Keine Sekunden später versuchte ich hastig Ben ausfindig zu machen.

Ich schrie seinen Namen, doch nichts tat sich an der Oberfläche. Als ich meinen Kopf ein weiteres mal Unterwasser drücken wollte, sah ich ihn auch schon nach oben schnellen.

Er rang nach Luft und schien ziemlich aufgebracht zu sein.

„Schwimm!! SCHWIMM AN LAND“!!!

Ich verstand und fing schließlich an, mir die Arme von den Schultern zu kraulen.

Nach nicht weniger als 2 Minuten hatten wir das Festland erreicht und ich kämpfte mich aus dem Wasser, an den Strand. Ben sackte in sich zusammen, und viel auf den Sand.

Er blutete am Arm.

„Was hast du gemacht“? Wollte ich keuchend wissen.

„Er hatte plötzlich ein Messer…. Und dann kamen da noch zwei andere Taucher. Ich konnte mich von ihm lösen…“.

Zwei andere Taucher?

„Was wollen die von dir Blue“?

Das hätte ich allerdings auch gern gewusst.

„Er hatte ein Messer gehabt…“, fluchte ich schließlich und rappelte mich wieder auf. „Sie werden uns nicht an Land folgen, da bin ich mir sicher. Hier sind zu viele Menschen“!

Ben nickte.

Ich zog ihn auf die Beine und blickte seinen Arm entlang. Eine rote Straße aus Blut führte bis zu seinem kleinen Finger und perlte schließlich langsam zu Boden.

„Wir müssen das verarzten, aber vorher, muss ich noch etwas klarstellen. Ich will endlich Antworten haben“!
 

Tai konnte überall in diesem riesigen Gebäudekomplex wohnen. Ob er zu Haus war, war da eine andere Frage.

Ben neben mir stehend, verstand nicht so recht, wieso ich ausgerechnet zu ihm wollte. Ich konnte Ben auch schlecht die ganze Action-love-Story von Tai und mir innerhalb von 5 Minuten erklären.

„TAI KOMM RAUS. ICH HAB MIT DIR ZU REDEN“!!!

Irgendjemand würde es schon hören. Und wenn ich bis abends hier unten auf dem Rasen herumkrakelen musste. Mich griff keiner ohne Grund Unterwasser einfach heimtückisch an.

Nicht mit Blue!!!

Nein… nein nein!!!!!!!!!!!!!

„TTTTTTTTTAAAAIIIIIIIIIIIIIII“!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

Ein alter Mann, der eine Mülltüte in der Hand hatte, starrte uns verwundert an.

„TAI“????

Er rückte sich die Brille zurecht.

„Meinen sie den mit den roten Haaren“?

„JA“!!!!

Er hob seine Hand und deutet auf den nächsten Block.

Er muss dort bei der grünen Markise wohnen. Wissen sie, wenn er auf seinem Balkon sitzt, dann ergibt das so einen schönen Kontrast zu seinen Haaren, sagt immer meine Frau“.

Den Opa hörte ich nur noch hinter mir weiterlabern, ich hatte, mit Ben an der Hand, schon fast den Eingangsbereich des Blockes erreicht.

Die Wohnung war, anhand der Balkonorientierung leicht zu finden.

Ich drückte den Klingelknopf etwa 1 Minute lang konstant durch. Nichts regte sich.

Ein zweiter Versuch und dabei hämmerte ich parallel mit der Faust gegen die Tür. Als auch das nichts half, nahm ich das dazugehörige Bein und trat hinzukommend auch noch dagegen, während ich seinen Namen in alle Akkorde rauf und runter brüllte. Ben hatte Sicherheitsabstand zur der nächsten Haustür genommen.

Man vernahm ein Klacken, dann wurde die Tür aufgerissen, und da stand der rothaarige mit Kopfhörern auf dem Kopf vor der Tür und schaute grimmig.

Seine Augen wurden etwas größer, als er meine wirklich erschreckendes Gesicht gesehen hatte. Ben gesellte sich zu mir und blickte ihn schließlich auch verdaddert an.

„Wieso blutet er“? Fragte Tai schließlich.

„Das würde ich gern von dir wissen“!!
 

„Und wie sahen sie aus, hast du gesagt“?

Tai rollte die letzte Bahn um den Arm von Ben. Dieser bedankte sich artig und machte mir den Platz an Tais Seite frei. Ich packte ihn an der Schulter und schüttelte seinen drahtigen Körper etwas durch.

Ich wollte endlich Antworten. Dieser Mistkerl. Ich wusste auch ohne Tais Erklärungen, dass er irgendetwas damit zutun haben musste.

Denn alles hatte damit angefangen, als er mich fast im Meer hatte ertränken wollen. Und so wie er damals auf mich reagiert hatte, und so wie er mich auf der Nussschale hat überwältigt, musste er jederzeit mit einem Angriff rechnen.

„Es stimmt doch, dass du etwas hier auf der Insel suchst. Und es stimmt auch, dass du nicht der Einzige bist, der etwas sucht. Und diejenigen, die nach dem, was auch immer suchen, suchen, denken jetzt, dass ich es auch suche“!

Seine grauen Augen sahen mich dabei stumm an.

„Korrekt“.

Ich hätte mir doch schon ein paar mehr Details gewünscht.

„Was korrekt“??

Ich stieß ihn hart an seiner nackten Brust an. Langsam wurde ich ungeduldig und langsam hatte ich es satt, mich von ihm einfach so hinhalten zu lassen. Tai gab nur schnaufende Geräusche von sich und schaute kurz auf die Uhr.

„Was soll das? Denkst du ich verarsche dich? Denkst du ich lass mich verarschen? Die wollten mich umbringen, die wollten Ben aufschlitzen… hab ich schon gesagt, dass du allein daran Schuld hast…“!!!

Ich wurde durch einen dumpfen Aufprall unterbrochen. Tai nickte und als ich mich umblickte, sah ich Ben auf dem Boden liegen. Er war bewusstlos.

„Was…was ist mit ihm“? Ich drehte mich hektisch um und wollte zu Ben auf den Boden eilen, doch Tai hielt mich am Arm zurück.

„Jetzt ist es zu spät“, murmelte er und seine Hand legte sich auf meine rechte Wange, so dass ich zu im blicken musste.

„Was hast du getan“?

Ich spürte einen kurzen Schmerz an der Stelle, wo seine Hand ein kühles Gefühl auf meiner Haut verursachte. Er hielt mich fest, ich spürte es, und dann trübte sich meine Sicht.

Seine Hände hatten sich um meinen Rücken geschlungen.

Dann wurde alles schwarz.

Ich hörte ihn seufzen.
 

Kapitel 3 /ENDE

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So, wir wären dann erstmal in der Bucht fertig. Im nächsten Kapitel fängt das Abendteuer erst richtig an. Dann werden auch einige Fragen zum „Geheimdings“, was schon in der Charakterbeschreibung erwähnt wurde, beantwortet.

Schreibt mir Kommis und lest schön weiter.

LG

Eure Little L.

Du gehörts mir!

Und weiter gehts!
 

Kapitel 4/ Du gehörts mir!
 

Das Meer rauschte.

Es erinnerte mich an die Zeit, als ich mit meinem Vater auf See war, und wir zusammen geangelt hatten. Damals war Ned, mein kleiner Bruder, gerade mal 3 Jahre alt gewesen. Es war die Zeit, kurz nachdem uns unsere Mutter verlassen hatte.

Zugegeben keine üble Zeit, aber seither musste ich die Mutterrolle für Ned und ein wenig auch für meinen Vater übernehmen, der sich das erste Jahr ziemlich hat gehen gelassen.

Unter meinem zart gebräunten Gesicht spürte ich hartes Holz, es schrubbte mir an der Wange entlang, weil der Seegang heute irgendwie ausgelassen als sonst war. Als ich endlich die Augen öffnete, und realisierte, dass ich nicht nur in alten Erinnerungen und Jungfraujahren auf hoher See schwelgte, sondert mich dort tatsächlich befand, wurde ich schlagartig hell wach und zog meinen Körper schwerlich in die Höhe. Nach ersten anfänglich versuchten Gymnastikübungen musste ich feststellen das Fesseln mich davon abhielten se

sämtliche Glieder von mir zu stecken. Meine Hände waren auf dem Rücken zusammengeknotet und das erste, was ich auf dem Bug des Kutters, der mit sehr bekannt vor kam, sehen konnte, war Ben, der in selber Position nun auf dem Bugholz lag und in Fötustsellung schlief.

„Ben!!! Ben wach auf“!

Er drehte seinen Kopf und sah mich an.

„Bist auch schon wach, ich hab schon gedacht, er hätte dich mit dem Betäubungsmittel abgeschossen“!

Betäubungsmittel?

Ich fühlte mich schwer, wie hinterfotzig mit neu Knüppel auf den Hinterkopf geschlagen.

Ich reckte meinen Kopf in die andere Richtung und konnte ein Stück in das Bootsführerhäuschen blicken. Dort stand er und hielt einen Kopfhörer an sein Ohr.

„Habe verstanden. Mein Kurs ins A2 5C. Ich werde etwa in 2 bis 3 Stunden eintreffen“.

Tai drehte sich um und blickte mir entgegen. Vielleicht empfand er gerade etwas Reue, weil seine Augenbrauen so komisch hin und her zuckten. Glücklich über seine Beute sah definitiv nicht aus.

„…Korrekt“, murmelte er und legte schließlich auf.

„Was ist, hast du uns schon an die Chinesen verkauft“, fluchte ich ihm entgegen.

Er legte das Funkgerät beiseite, dann kramte er in einer kleinen Truhe herum.

„Was ist“?? Ich versuchte ihm etwas auf die Nerven zu gehen, aber anscheinen war er gerade die Ruhe selbst. Schon komisch, keiner hatte meinen Psychospielchen so lang ausgehalten können, wie Tai. Irgendwie hatte er es auch geschafft den Spieß umzudrehen, denn mit jedem Blick, den er mir zuwarf, verunsicherte er mich noch mehr.

Tai trottete schließlich mit einem Kleidungsstück in der Hand zu mir heran.

„ Hast du vielleicht einen Wunsch, wohin ich dich verkaufen soll“? Er kniete sich neben mich nieder und ich spürte seine Hand an meinen Fesseln.

„Mach jetzt keinen Terz“, murmelte er grimmig und als er die Fessel gelöst hatte, hielt er meine Handgelenke im selben Moment straff.

Ich spürte seinen Atem an meiner Schulter.

Noch immer hatte ich meinen Bikini an, und unter der Sonne, hier auf dem Meer, brannte meine Haut wie sonst gewöhnlich einen Tag am Strand.

„Was hast du vor“? frage ich verunsichert, als er meine Hand hob. Diese Situation war schon fast intim und sie war mir mehr als unbehaglich.

Hinter sein Rücken zog er ein schwarzes Hemd hervor und streifte es mir zaghaft über den Arm.

„Ich wurde noch nie von einem Mann so liebevoll angezogen, wie von dir Tai. Ausgenommen mein Vater versteht sich“, scherzte ich und zischte dabei in sein Ohr. Tai ließ sich auch dieses Mal nich provozieren, sondert griff nur noch fester um mein Handgelenk.

Er hatte schon zu Recht bedenken, denn ich suchte in jeder Sekunde eine Möglichkeit, mich von diesem roten Stoppschildtrottel zu befreien..

Die Nussschale wippte in dem günstigen Moment, als Tai zur anderen Seite des Armes wechseln wollte, auf und ab, so dass ich ihm leicht in den Schoß viel, er meine Hand los ließ, um mich an den Schulter zu begradigen.

Genau in diesem Moment sah ich meine Chance, hob mein Knie und rammte es ihm in den Bauch.

Leider, kurz bevor mein Knie also mit utopischer Geschwindigkeit genau diese Tätigkeit ausführen wollte, kam mir Tai dazwischen, stieß mein Knie im selben Augenblick mit einem Händeschlag kraftvoll beiseite, so das selbst der Rest meines Körpers zur Seite geschleudert wurde.

Seine Hand griff um mein Handgelenk und dann lag ich auch schon unter ihm, auf dem Boden, mit einer Knarre im Gesicht. Das kalte Eisen fühlte sich ungemein wohltuend auf meiner Stirn an. Das wäre an sich auch nicht alt zu schlimm, wäre das Ding nicht so gefährlich und Furcht einflößend (dank diversen Actionfilmen, wo Zweck und Handhabung genaustens demonstiert wurden).

Ich hörte das Knacken der Waffe, als Tai es durch ein Aufziehen des Hinterteils zum Ladevorgang ausholte.

Er sah mir fest in die Augen, so als ob er sagen wollte, dass er es erst meinte.

„Du wagst es nicht abzudrücken“, zischte ich.

„Blue, hör auf damit!!! Reize ihn nicht ständig“, hörte ich Ben panisch herumkreischen schreien. Er hatte verständlicherweise Angst um mich, aber ich konnte es mir nicht einfach bieten lasse, so von einem Kerl erniedrig zu werden.

„Du weißt nicht, wer das schon alles vor seinem Tod unter mir liegend zu mir gesagt hat“!

Diese grauen Augen, sie verzogen keine Miene. Noch immer sahen sie so traurig aus, fast so, als ob sie diese harten Worte eigentlich nicht sagen wollten, der Kopf es aber erst meinte.

Ein Schweißtropfen perlte an seiner Schläfe entlang und in seinen grauen Augen konnte ich fest mein ängstliches Gesicht widerspiegeln.

Seine Muskel waren angespannt, sein Blick starr zu Boden gerichtet, als ob er sich jederzeit auf einen Schuss vorbeireiten würde.

Meine Unterlippe fing unkontrolliert an zu Zittern. Ich zeigte Schwäche, und das gefiel mir nun gar nicht.

„Wieso weinst du jetzt“? Wollte er leise wissen. Ich hob zaghaft meine Hand drückte das Eisen zu Boden. Tai reagierte zunächst nicht, er sah meine zaghafte Handlung zum Glück auch nicht als Bedrohung an. Ich konnte mich aus Stolz nicht bei ihm Entschuldigen oder bei ihm um Gnade winseln, also versuchte ich es durch eine beschwichtigende Geste.

Erst als die Waffe den Holzboden erreicht hatte, erhob er sich von mir. Ich stützte mich ebenfalls hinauf und zog mir den Rest des Hemdes über die Schultern.

„Danke“, murmelte ich und meinte sowohl das Hemd, als auch die Tatsache, dass er davon abgesehen hatte mich abzuknallen.

Ben seufzte laut und ließ den Kopf hängen.

Tai zurrte die Fesseln um mein Handgelenk wieder zu.

„Gern geschehen“
 

Ich beobachtete Ben, wie er mit Tai vom Boots wackelte. Er war so kleinlaut, fast wie ein Mädchen hatte er sich seinem Schicksal ergeben. Fehlte nur noch, dass er nervlich zusammenbrach und laut zu schluchzen anfing. Gerade von ihm hätte ich mir eine heldenhafte Geste gewünscht. Ich meine, wenn er ein Mädchen, dass mit ihm auf einem Schiff gekidnappt wurde, beeindrucken wollte, dann doch wohl durch eine wilde Rauferei oder mit einem riskanten Schusswechsel. Aber ich übernahm wohl hier die Rolle des tragischen Helden und unternahm wenigsten einen Versuch, uns aus den Fängen des rothaarigen Psychopathen zu befreien.

Tai hatte mit seiner Nussschale in einem Hafen angelegt. Über die Rehling des kleinen Kutters konnte ich weiße Hafenhäuser erkennen. Es sah schon fast zu idyllisch aus. Was wollte er mit uns hier? Es war doch ein öffentlicher Ort. Ich meine, was würden denn die Anwohner denken, wenn ein Typ mit zwei gefesselten Geiseln durch die Gegend rennt? Tai wäre doch besser bedient gewesen, hätte er uns irgendwo in der Höhle zwischengebunkert.

Ben verließ das Schiff über eine Planke und von Außen vernahm ich fremden Stimmen. Tai kam kaum Sekunden später wieder an Bord und packte ein paar Sachen zusammen.

„Wo sind wir hier“? Fragte ich ihn und richtete meinen Oberkörper noch weiter in die Höhe.

„Das kann ich dir nicht sagen“. Als er eine Tasche gepackt hatte, wandte er sich mir zu und zog meinen Körper in die Höhe, in dem er mir unter die Arme griff. Er hätte mich sicher auch einfach über die Schultern werfen können, denn er hatte kaum Mühe mein Gewicht in die Höhe zu heben. Na ja, dieses ganze auf den Boden gestoßen und Arme auf dem Rücken verdrehe und mit der Knarre herumgefuchtelte musste schon ganz schön trainieren.

Tai war nicht übermäßig muskulös, man konnte schon fast sagen, dass er ein wenig mehr essen sollte, weil er, dadurch, dass er schlank und durchtrainiert war, sehr drahtig wirkte. Wie ein Model, was nichts trinken oder essen durfte.

Er hatte viele Narben am Körper. Auf dem Bug des Schiffes so einsam und gelangweilt liegen, dass machte halt erfinderisch. So hatte ich Narben auf seinem Rücken gezählt. Sonderbar war, das sie fast symmetrisch wirkten, diese großen Narben auf seinem braungebrannten Rücken.

Ich blickte oben , an der frischen Luft, nun das erste Mal über das Bug hinaus, und erkannte viele Männer am Steg des Kahnes stehen. Alle waren sie schwarz eingekleidet, manche hatten Sonnenbrillen auf der Nase, und alle Blicke waren nun auf mich und Tai gerichtet. Ich spürte seine Hand um meinen Arm, er umklammerte mich regelrecht.

Als ich ihn von der Seite anblickte, setzte er sich gerade eine dunkle Sonnenbrille auf die Nase.

„Ist das jetzt wieder im Trend mit den schwarzen Sonnenbrillen“?

Er reagierte nicht. Es schien so, als ob Tai plötzlich nervös geworden war.

Den schmalen Steg wackelte ich sehr langsam hinunter und als wir schließlich bei Ben angekommen waren, der schon von einem fremden dunklen, groß gebauten Typen in Beschlag genommen wurde, versammelte sich die dunkel Meute, die etwa aus 20 Mann bestand, um uns herum.

„Was hast du da angeschleppt“?

„Der Boss wird sauer sein“!

„Hey… aber die Kleine ist ganz niedlich“!

Was sollte das werden? Wollte mich Tai etwa an den meistbietenden Perversen hier in der Runde verkaufen? War er wohlmöglich eine Art von Menschenhändler?

Meine Arme wurden unruhig und ich wandte mich in den Fesseln hin und her. Tai drückte noch fester zu und zog mich an seine Seite.

Ich spürte sein schwarzes T-Shirt an meine Wange, als ich schließlich an ihm gelehnt zur Ruhe gekommen war.

Er roch nach Meer, nach Salz und nach Waschpulver und etwas gefiel mir an seinem Geruch, dass mich die Situation nicht dazu veranlasste mich wieder von ihm zu lösen.

Ich hatte auch das Gefühl, gerade jetzt, zu diesem Zeitpunkt, die Klappe halten zu müssen. Irgendetwas war sehr seltsam an diesem Ort. Alle hier um uns herum wusste wohl, in was für einer Situation Ben und ich uns befanden. Alle um uns herum waren schwarz gekleidet.

„Seit ihr die Mafia“? Wisperte ich zu Tai hinauf.

„Sei ruhig“, murmelte er angespannt.

„Was soll das hier?“

Aus dem Hintergrund wurde eine tiefe, dunkle Stimme laut.

„Der Boss“!!! In der Gruppe kam allgemeine Aufruhe auf.

Ich blickte langsam hinter mich und zwischen den dunklen Anzugmännern bildete sich ein schmaler Gang, durch welchen schließlich ein großer, grau angezogener Typ marschierte.

„VA…ter“! In Tais Stimme hörte ich deutlich Ehrfurcht, die er diesem Mann entgegenbrachte.

Sein Vater also. Er war groß, hatte breite Schulter und einen weiße, kurz gestutzten Bart.

Sonderlich sah er auf den ersten Blick Tai nicht sehr ähnlich, aber das konnte ich schlecht aus dem Augenwinkel feststellen.

„Was hast du jetzt schon wieder angeschleppt“?

„Diese Maßnahme war nötig Sirr“!

Er nannte seinen Vater Sirr? Sehr skurril.

„Hast du eine neue Freundin“? Der Mann lachte im Hustenanfall, denn anscheinend machte er sich gerade über die Ausbeute, also uns, lustig.

„Nein Sirr“!

„Dann ist gut, sie scheint ganz hübsch zu sein. Hast du sie schon testen können“?

Te…esten?? Was testen, wie testen?

Ich spürte eine starke, grobe Hand an meiner Schulter, und plötzlich wurde ich von Tais Seite herumgerissen und blickte in die graue Augen des großen, grimmigen Mannes.

„Er hat die selben Augen“, durchfuhr es mich allerdings laut. Der Mann vor mir schaute mich durchdringend an.

„Sie ist schlau. Ja das stimmt, dein Peiniger ist mein Sohn. Aber das einzige was uns verbindet ist unsere Augenfarbe“. Er hatte mein Kinn gepackt und irgendwie fühlte ich mich wie ein Spielzeug, was auf Produktionsfehler untersucht wurde.

„Du würdest die hübsch an meiner Seite machen“, lachte er in mein Gesicht. Seine große Pranke hatte sie auf mein Hinterteil gelegt und plötzlich stieg in mir grüne Wut empor.

„Was denken sie sich eigentlich, sie… Vollpfosten“! Keifte ich ihn an und drehte mich zur Seite, damit er endlich seine Pfoten von meinem Gesäß nahm.

„Vater..“! Tais Stimme drang in mein Ohr und er drehte mich wiederum wieder in seine Richtung, wie ein PingPong Ball.

Irgendwie war es die Heldentag an diesem Tag, die ich mir gewünscht hatte, obwohl es ja eigentlich der Feind war, der vom Helden selbst theoretisch bestraft werden sollte. Aber man musste nehmen, was kam.

Ich hatte meine Hoffnung gerade zu Ende gedacht, als Tai das Hemd, welches er mir

noch vor einer Stunde über den Leib gezogen hatte, hinauf riss, aus seiner Tasche eine Art dicken Stift nahm, und ihn mir kurz neben dem Beckenknochen in die Haut drückte.

Ich schrie schlagartig panisch auf, denn im selben Augenblick durchfuhr mich an dieser Stelle ein brennender Scherz.

Tai hielt mir fest und ich versuchte mich mit Händen und Füßen von ihm zu befreien.

„WAS MACHST DU DA“??

Schließlich ließ er mich und den Stift artigen Gegenstand in seiner Hand locker. Ich viel zu Boden. Allgemeines Raunen ging in der Meute herum.

Es brannte tierisch, es pulsierte und es war verdammte Scheiße unerträglich.

„ICH HASSE DICH“! Durch meine missliche Zusammenfesslung konnte ich mich noch nicht einmal ordnungsgemäß zusammenrollen.

„Damit wäre das ja auch geklärt“, hörte ich seinen Vater grummeln.

Du bist mir ein Fuchs Kid“!

„Entschuldig Sirr, ich musste es tun“!

„Ja sicher Jungchen, wir haben in diesem Alter doch alle unsere Gründe gehabt“.

„Was hast du mit mir gemacht“???

Meine Augen hatten sich mit Tränen gefüllt.

„Ich hab dir deinen Hintern gerettet“, zischte Tai schließlich und hockte sich hinunter zu mir, als die Gruppe mit dem anscheinenden Boss enttäuscht davon trottete.

Von meinem Magen stieg ein unangenehmes, erdrückendes Gefühl in meine Beine und Arme und betäubte sie. Als es meinen Kopf schließlich erreicht hatte, nahm ich meine Umwelt plötzlich, für einige Sekunden, flimmernd war, dann viel ich in Ohnmacht.
 

Mein Schlaf war tief. Vielleicht schlief ich so lange, weil ich im Grunde nicht mehr aufwachen wollte. Irgendwann konnte ich jedoch mein Umfeld nicht mehr ignorieren, und nahm harten Boden unter meinem Körper war. Es war warm und es roch angenehm nach frischem Duft.

Durch meine Glieder zog sich ein unangenehm langer Schmerz. Ich spürte mein Herz, was träge und langsam in meiner Brust bis zu meinem Kopf hinauf pulsierte, so schwer und träge, dass ich fast dachte, es würde gleich zusammenfallen und trostlos in sich zusammensacken.

Ich wünschte mir das Meer, die angenehme Kühle an meinem Körper. Ich wünschte mir das Rauschen, ich wünschte mir das Lachen der Kinder. Hier war alles so ruhig, es war toten Still, so still, so unerträglich.

Durch meine Augen floss brennende Helligkeit, als ich sie langsam öffnete.

Ein weißer Raum, eine weiße Decke, zu der ich hinaufblickte. Ich legte meinen Kopf etwas beiseite, erkannte direkt neben meinem Körper stehend ein Bett.

„Knapp verfehlt“, murmelte ich und versuchte mich aufzurichten. Meine Hände zitterte noch etwas von der Ohnmacht. Diese Verbrennung, die Tai mir absichtlich zugefügt hatte, schien meinem Körper wohl nicht alt zu gut gefallen zu haben.

Das passierte mir in letzter Zeit sehr oft. Mein Vater sagte, dass Ohnmacht als Folge eines plötzlichen Schmerzen nur eine Schutzreaktion des Körpers war.

Meine Stirn fühlte sich kalt an. „Verdammt“!!

Ich war so wütend auf ihn. Wieso machte er das mit uns??

Dieser Egoist.

Und wo war Ben?

Was würde mit mir passieren?

Ich hob den schwarzen Stoff um meine Brust etwas höher und blickte dem roten Fleck, auf der Haut meines Beckens entgegen.

Es sah fast wie ein Wappen aus, wie ein Stempel oder dergleichen.

Er hatte mich einfach markiert… so als ob ich sein Eigentum war. Ich war doch keine Kuh, der man einfach ein Eisen auf den Hinter drückte!

„Ich bring ihn um, und das meine ich erst“!!!!!!!!!

Wild entschlossen also meinen ersten Mord durchzuführen, rappelte ich mich auf die Beine, doch schon beim Aufstehen, sprang mir die nächste Unverschämtheit ins Augen. Es war an meinem linken Fuß befestigt und es sah schrecklich schwarz und schrecklich klobig aus.

„Erst ne Kuh, jetzt auch noch ein Hund oder wie“????

Sämtliches Herumgezerre half nichts, das Ding war zu eng und ziemlich stabil. Und als ich so daran herumfuchtelet, drauf schlug und zerrte, fing es plötzlich an einen Ton von sich zu geben.

„Ich krieg die Krise“, brüllte ich panisch.

Es würde sicher gleich in die Luft gehen und mir mein Bein von meinem zarten Körper sprengen.

„TAIII“!!!

Ich hämmerte gegen die Tür, rüttelte an der Klinke herum, und als ich diese hinunterdrückte, öffnete die sich plötzlich von selbst!

Logisch… durch die Hebelwirkung im Türschloss…

Aber, wenn ich eine Gefangene war, müsste ich nicht theoretisch auch irgendwie irgendwo eingesperrt werden?

Ich stecke langsam meinen Kopf aus der Tür hinaus und erblickte einen langweiligen Korridor.

An den Wänden hingen Segelbilder, so als ob ich mich in einem einfachen Wohnhaus befand.

Terroristen wohnten doch eigentlich in super sicheren Stahleisentrakten mit flackerndem Licht und surrenden Maschinenräumen oder so.

Durch den Korridor gelangte ich schließlich zur Haustür. Jawohl, eine Haustür mit einem Fußabtreter und an den Seiten 3 Haken, wo man seine Jacke, falls nötig aufhängen konnte. Keine Laserschranken oder Fingerabdrucklesegeräte, Kartenlaser oder dergleichen.

Eine stink normale Haustür, die in die Freiheit führte. Kam natürlich ganz drauf an, unter was ich jetzt noch Freiheit zählen konnte, denn diese Fußfessel und dieses Brandmal vermittelten mir nicht unbedingt den ersten Eindruck von Freiheit

Ich rannte also blindlings hinaus, an die frische Luft, dort wo die Sonne schien und der blaue Himmel einen anlachte.

Da stand ich inmitten eines Fischerdorfes, mit einer Fußfessel, und mir wurde plötzlich klar, das dieses Dorf mein Gefängnis, mein Kerkern war.

Ich seufzte. Das Ding an meinem Fuß hatte aufgehört zu piepen.

„In was für einer Sekte bin ich hier eigentlich gelandet“??? Ich brüllte mir all die Wut und die Verzweiflung aus der Seele. Mein Körper würde jeden Moment wieder in sich zusammenklappen, dass spürte ich, weil ich mit dieser neuen Situation auch zum ersten mal nervlich nicht zurecht kam. Ich war völlig desorientiert, völlig ahnungslos und völlig hilflos.

Das machte mir am meisten Angst. Nicht die Knarren, nicht die Verletzungen, nur die Ungewissheit, das wohlmöglich noch etwas viel schlimmeres als das hier auf mich wartete.

Ich nahm einige Stimmen wahr, die nicht weit von mir entfernt sein mussten. Neben dem kleinen Haus führte ein schmaler Weg nach hinten. Als ich zwischen dem Gestrüpp wohl endlich im Garten des Grundstückes angekommen war, erblickte ich zwei Männer, die mit Schlagstöcken auf einander einprügelten.

Als der Unterlegende seine Kopf vom Boden hob, konnte ich sein Gesicht erkennen.

„TTTAAAIII“, das war für mich also Grund genug, um nochmals lauthals auf ihn zuzustürmen.

Tai bezog gerade Prügel und blickte hinauf. Ich hatte ganz außer acht gelassen, dass er gerade dabei gewesen war, verprügelt zu werden, wieso also hatte ich immer noch das Bedürfnis ihm wehzutun, wenn es ein andere für mich erledigte?

In meiner Dummheit hatte ich völlig ausgeblendet, dass ich wohl in einen Kampf hineinplatzte, und als ich mich auf Tai stürzte, warf er mich im selben Moment über die Schulter.

Ich ging zu Boden und hinter mir hörte ich nur noch einen ächzenden Laut. Der Schlagstock hatte Tai wohl voll erwischt.

Hastig sprang ich zurück auf die Beine und realisiert, dass ich wohl diesen Schlag in meiner blinden Aggression abbekommen hätte, wäre er mir nicht zuvor gekommen.

Schon wieder so ne dämliche Heldentat!

„ARSCH!!! DU VERFLUCHTER ARSCH“!!

Mir war egal, ob er wegen mir Prügel bezogen hatte, ich hatte das starke Verlangen ihn selbst zu verprügeln nicht jemand anderes. Also war ich jetzt an der Reihe.

Er ächzte ein zweites Mal, als ich mit voller Wucht auf seinen Körper gesprungen war.

„DU BIST EIN MIESES ARSCHLOCH“!!!

Ich wollte soeben zu einer Backpfeife ausholen, als er mich mit seinen Händen zurück und an den Handgelenken festhielt.

„Was wird das“?

Er hatte ein paar Schrammen im Gesicht.

Ich konnte mich einfach nicht gegen seine Kraft, die in seinen Armen steckte wehren. Immer wieder das selbe Spiel.

Etwas anderes, als die Möglichkeit ihn anzuschreien, hatte ich wohl nicht.

Heulen, verzweifelt heulen, dass war dann das schlussendliche Resumé meiner eigentlichen Racheattacke.

Ich ließ meinen Kopf hängen und fing fürchterlich an zu schluchzen.

Zu schluchzen, weil ich nicht mehr weiterwusste. Weil ich nicht wusste, wie ich sonst mein Schicksal beeinflussen konnte.

Weil ich einfach zu schwach war, um mich zu wehren.

( oder einfach genetisch bedingt eine Frau war)

„Lass mich gehen“, heulte ich ihm entgegen. Tai sah hinauf zu mir.

„Das kann ich nicht“! Er hatte meine Arme wieder losgelassen und je lauter ich ihm entgegen schrie, wieso er dies nicht konnte, desto härter hämmerte ich gegen seinen Brustkorb unter mir.

Tai ertrug es solange, bis ich keine Kraft mehr hatte und mich von ihm hinauf in die Höhe stieß.

Es war mir etwas peinlich, als wischte ich so schnell wie es ging die Tränen von meinen Augen.

„Ich bin nicht dein Eigentum, oder was auch immer. Ich werde auch nicht deine Sklavin sein. Wenn du vorhast mich zu quälen, dann töte mich lieber“.

Tai schüttelte sein Haupt und richtete sich schließlich auch hinauf.

„Beides hatte ich nicht vor“, erwiderte er nüchtern.

Mit einer Hand holte ich schließlich im erneuten Versuch aus und klatschte ihm verbittert eine.

„Das ist dafür, dass du mich einfach so wie eine Rind markiert hast!“
 

Der große Uhr in der Küche tickte laut.

Hin und her, rauf und runter. Ich beobachtete den kleinen Zeiger schon seit 10 Minuten. Etwas besseres viel mir in dieser Einöde nicht ein. Tai hatte mir verboten nach draußen zu gehen, und es war auch schon dunkel, wenn ich nicht wusste wo ich war, dann wurde ich sicher im Dunklen auch nicht schlauer.

Wo war Ben bloß. Tai wollte mich nicht zu ihm bringen, irgendwie hatte ich auch das Gefühl, dass er nicht so recht wusste, wo Ben war,

Seit etwa 2 Stunden wartete ich nun auf diesen Volltrottel. Er hatte mir versprochen, nachzukommen. Auf dem Tisch stand ein Teller mit 3 Brotscheiben. Eines davon hatte ich in meiner Langenweile einfach angenagt, nach essen war mir sonderlich nicht zu Mute.

Vielleicht wurde im nächsten Moment ein Attentäter durch das Fenster brechen und mich irgendwo anders verschleppen. Vielleicht würde ich pauschal dann einfach ohne Kosten einmal durch die Welt pendeln.

Die Tür viel ins Schloss und ich horchte in den Raum hinein. Er zog sich wahrscheinlich gerade die Schuhe aus, denn ich vernahm ein leichtes Fluchen aus Richtung der Haustür.

„Tai“?

Er antwortete nicht. Dann stand er in der Zimmertür. Ich konnte lediglich Ansätze seiner Gesichtskonturen erkennen, weil die Lampe nicht sonderlich viel Licht auf ihn warf.

„Hallo“, murmelte er.

Etwas komisch war es schon, er schien nicht sehr gesprächig zu sein und wieso er mich jetzt hier besuchte, wusste ich auch nicht so recht. Er hatte es mir zwar versprochen, doch er wollte mich doch nicht aus Gefälligkeit besuchen, hier in meinem Kerker?

„Würde es dir etwas ausmachen, wenn ich schon mal verschwinde“?

Er klang sehr heiser, fast krank.

„Was soll das heißen“? Ich verstand nicht ganz. Er hatte schon kehrt gemacht und polterte die Treppe hinauf.

Was wollte er oben?

Nach...Bomben suchen?

Ich konnte nicht anders, als ihm auf leisen Sohlen zu folgen.

In den 6 Stunden, die ich hier in diesem Haus verbracht hatte, hatte ich noch keine Möglichkeit gehabt, mir das Haus näher anzuschauen. Lediglich das Innere des Kühlschrankes, was sonderlich nicht viel her gab, und das Bad hatte ich inspizieren können.

Tai war inzwischen in einer Tür verschwunden, die sich am Ende des Flurs, fast gegenüber meines Zimmers befand.

Etwas war anders an Tai, nicht nur, dass er so höflich um Abwesenheit gefragt, sondert auch, dass er die Tür nicht zugemacht hatte.

Aber vielleicht suchte er ja auch nur etwas.

Durch den schmalen Schlitz der Tür konnte ich ein Bett erkennen.

Er stand vor dem Fenster und zog sich sein T-Shirt über den Kopf.

Es kam mir ein bisschen wie in einem Erotikfilm vor und ich war froh, dass Tai noch nicht wusste, dass ich ihn beobachtete, denn dann konnte es sehr sehr peinlich werden. Schließlich wäre es doch eigentlich seine Aufgabe, mich heimlich beim Ausziehen zu beobachten. Seine Bewegungen waren sehr schwerfällig, so als ob er Schmerzen hatte.

Und das schien er wohl auch zu haben, denn als er seine Arme hob und senke, stöhnte er gruselig auf.

Gruselig, wie King Kong oder so gruslige Zombies die gerade von einer Kugel durchbohrt wurden.

Tai hatte sich zur Tür gedreht, und irgendwie hatte ich das dumpfe Gefühl, dass er mich gesehen hatte. Ich stand mit rotem Kopf dicht neben der Tür gedrängt und hielt die Luft an.

Hallo... wenn das mal nicht total albern war, dann wusste ich auch nicht weiter. Ich hätte ja auch so tun können, als ob ich ihn in dem Zimmer besuchen und einen sorgenden Blick auf ihn werfen wollte.

Jetzt sah es aus als ob ich ihn bespannerte.

Die letzte erotische Erfahrung lag auch schon ziemlich weiten entfernt, so kurz nach einer Party. Und Phill war auch einfach auf mich drauf gefallen.

Ernüchternd.

„Ich hab dir noch gar nicht erzählt, dass ich eigentlich in diesem Haus lebe“.

Ich erschrak, als er sich zwischen den Türrahmen geschoben hatte.
 

Kapitel 4/ENDE

Die Reaktion, kurz über dem Venushügel

Kapitel 5/ Die Reaktion, kurz über dem Venushügel
 

Die Wärme drückte sich in meine Wangen und ich blickte nervös zu Boden.

„Geht’s dir gut“?

Irgendwie war es mir zu peinlich, ihm in die Augen zu schauen.

„Klar“.

Tai murmelte eher, als das er einen deutlichen Satz von sich gab. Er schien wohl nicht gern zu reden.

Ich hörte seinen schweren Atem, dann schloss er die Tür.

Ich wusste nicht wieso, aber mein Herz schlug schnell, fast so, als ob ich Angst vor ihm hatte, denn seine Art, ließ in gewisser Weise eine kalten einen kalten Schauer auf meinem Rücken zurück.

Meine Brust senkte sich langsam, als ich die angesammelte Luft in meiner Lunge hinaus blies.

Ich wollte mehr erfahren, gerade, als ich im Begriff war meine Hand gegen das alte Türholz zu donnern, hielt ich innen und zog sie nach kurzer Überlegung wieder zurück.

Er klang so, als ob er heute keinen Besuch mehr von einer hübschen jungen Dame bekommen wollte.
 

Der nächste Morgen begann für mich etwa um 11 Uhr. Ich war sicherlich wieder die einzige im Haus und auch heute wurde es mir nicht gestattet, dass Haus zu verlassen.

Trostlos, noch nicht einmal einen Fernseher hatten sie hier. Da musst ich wohl ohne Fernseher verdummen und Spinnweben im Hirn ansetzten.

Das Bett, in dem ich schlief, war erstaunlicherweise sehr komfortabel und groß. Ich mochte es, seit dem ich das erste Mal darin gebettet wurde.

Diese Nacht hatte ich einen sonderbar erregten Traum. Irgendetwas mit Knarren und braunen Haaren und einem Mädchen. Ich war mir nicht ganz sicher ob es sich bei dem Mädchen in meinem Traum um Mischa gehandelt hatte.

Sie würde sich sicher Sorgen machen, na ja, jedenfalls um Ben, denn auf den hatte sie ja gerade keinen Hass. Zumindest hatte ich das mit Ben und mir aus der Welt geschafft. Fraglich war allerdings, ob sie schon davon in Kenntnis gesetzt wurde.

Wohl eher nicht.

Mein Handy hatten diese Tyrannen mir auch noch abgenommen. Keiner wusste wo ich war, keine wusste ob ich lebte.

Ob sie vielleicht nach mir suchten? Oder nach Ben?

Er hatte eine ganz nette Familie. Mein Bruder Ned war es sicherlich nur recht, das ich, die Terromiezte, wie er mich immer nannte, endlich aus dem Haus war. Ich fragte mich allerdings, wie lange sie ohne frische Wäsche überleben können.

Als ich mich 3- bis 4-mal im Bett herumgewälzt hatte, beschloss ich aufzustehen.

Tai hatte mir ein schwarzes Kleid gegeben. Es war eine gute Alternative zu dem Bikini und dem schlabberigen Hemd.

Als ich unter die Dusche sprang, fuhr ich mir nachdenklich über die verbrannte Stelle an meinem Becken.

Eine Art von Vogel war darauf zu sehen.

Jedenfalls dachte ich zuerst an einen Vogel, als ich mir das Mahl das erste Mal im Spiegel von weitem angeschaut hatte.

Wieso hatte er mich markiert, dazu mit einem halben Kinderstempel? Das verschandelte doch meinen Idealmaß Körper!

Der Weg, geduscht und im frischen Gruftikleid führte mich zurück zu meinem Zimmer. Doch als ich im Begriff war, dieses wieder zu beträten, blickte ich der Tür entgegen, vor der ich gestern noch spannernd gehockt hatte.

Ob er schon außer Haus war? Und wenn, dann musste er es doch nicht erfahren, wenn ich etwas herumschnüffelte. Aber wie der so drauf war, würde er sicherlich jeden unbekannten, mit dem bloßen Augen nicht sichtbaren, Fußabdruck in der Struktur des Teppichs sofort erkennen.

Langsam legte ich die Hand auf die Klinke von Tais Tür. Der Spalt öffnete sich lautlos und gab den Blick in ein halb abgedunkeltes Zimmer frei. Dort auf dem Bett lag ein regungsloser Körper.

Er hatte das gesamte Bett eingenommen, da er sehr großflächig schlief und alle Vier von sich streckend wie ein Stein vor sich hin döste. Sein Atem ging ruhig. Er schlief ohne Bettecke, nur mit einer Unterhose bekleidet.

Sein Gesicht war mir abgewandt, aber ich wusste das er noch schlief, denn er atmete etwas laute, typisch für schlafende Männer, in den Raum hinein.

Das Zimmer war lediglich mit einem Schreibtisch und einen Schrank ausgestattet. Dazu dann noch das Bett, keine Fotos, keine Dekorationselemente, die in Tais Augen auch sicherlich unnütz erschienen.

Das Zimmer schien so lieblos und traurig, wie seine Augen zu sein. Vielleicht war dieses Zimmer ein genaues Abbild seiner selbst. Wie ein Spiegel.

Gruslig.

Ich schritt zu den Vorhängen, und zog sie langsam auf, so dass ein Lichtstrahl auf das ruhenden Gesicht des rothaarigen viel.

Hatte er sich ein zweites Mal geprügelt?

Ich war von einem Gesichtsanblick etwas schockiert.

Tai öffnete seine Augen langsam. Durch das grelle Licht, verkleinerten sich seine Pupillen recht schnell. Er wusste sofort, dass ich es war, denn sein Mund formte meinen Anfangsbuchstaben.

„Du siehst schlimm aus“, murmelte ich. Wieder stieg in mir etwas Angst hinauf.

„Wieso lässt du dir das gefallen“? Wieso ich das gefragt hatte, blieb mir bist heute ein Rätsel.

„Was redest du da“, krächzte er leise.

„Entschuldige“. Einige Sekunden pulte ich ratlos an meinen Fingern herum.

„Also, dann, auf geht es. Lass und Leute umbringen, oder Robbenbabys kidnappen“, flötete ich und warf ein Kissen nach ihm.

Er bewegte sich nicht, blickte nur aus dem großen Fenster.

Durch das nun geflutete Licht, konnte ich deutlich größere Blutergüsse und Kratzer auf seinem Körper erkennen.

Ich murmelte kurz, dann machte ich kehrt, stolperte die Treppe hinunter und peilte das Eisfach an. Die Eiswürfel, die ich aus der Form herausprügelte, schmiss ich in eine Handtuch und trampelte zurück in die erste Etage. Dort lag Tai noch immer wie ein Stein in nicht veränderter Position im Bett.

„Ich hab dir etwas Eis gebracht“, murmelte ich von der Tür aus und als er seinen Kopf auf die andere Seite, zu mir, drehte schritt ich an sein Bett heran.

Seine Wange war etwas geschwollen, also legte ich den Eisbeutel sanft auf sein Gesicht.

Mehr als müde lächeln konnte ich nicht, denn ich konnte auch nicht nachvollziehen, wo er sich diese Wunden und Verletzungen geholt hatte.

Kurz über seiner linken Brust, erkannte ich beiläufig eine Narbe wieder.

„Du hast auch so eine Narbe, das selbe Zeichen wie ich“, sagte ich bestimmt zu ihm, und drückte mit dem Zeigefinger gegen seine Brust.

„Richtig“!

Er übernahm den Eisbeutel und blickte zur Wand.

„Das ist mein Zeichen. Es ist mein Symbol. Es ist mein Markenzeichen“.

„Hätte ich mir dann zur Abwechslung nich ein eigenes Motiv einbrennen lassen können? Vielleicht etwas mit na Blume oder mein Herzchen“, grummelte ich sauer.

Das konnte man vielleicht durch ne Schönheitsoperation wieder wegmachen lassen. Zumindest hatte ich die Hoffnung.

Er hätte jetzt zu ausschweifenden Erzählungen und Erklärungen ausholen können, doch er tat es nicht. Er schaute nur dumm zur Decke. Das regte mich im inneren schon wieder deftig auf.

„Weißt du, bei zu wenig Reden kannst zu Mundfäule kommen“.
 

Ich verbrachte nun schon den halben Tag damit, aus dem Küchenfenster zu schauen. Im Übrigen war Tai schon den ganzen Tag im Bett, und er würde sicherlich auch erst morgen aufstehen, so krank und verletzt, wie er getan tat.

Draußen hingen schwere Wolken über dem Himmel und dann fing es leicht an zu nieseln.

Der Wind drückte sich an das Fenster, so dass leichte Strippen an dem Glas hinunter rannte.

Von weitem sah ich eine schwarze Kolonie den Gehweg entlang marschieren, der an Tais Wohnhaus vorbeiführte. Diese grusligen Männer mit den schwarzen Anzügen und Sonnenbrillen. Das war doch voll überzogen. Männer, die unbedingt eine Sonnenbrille, egal zu welcher Tageszeit, tragen mussten, waren einfach nur selbstverliebt in ihre eigen Schönheit.

Bedenkt man, dass Phill das auch manchmal in der Disco tun musste, und mir das auch ziemlich peinlich war.

Hier schien es keine Modeerscheinung oder der Coolness halber getragen zu werden, eher wegen dem Dresscode, das dies wohl vorschrieb,

Na ja, Brille hatte ja auch was Gutes bei Regen, da regnete es nicht ins Auge...

...oder so....

Zwischen den hoch gewachsen, breitschultrigen Männern erblickte ich einen schmaleren, braunhaarigen Jungen. Er trug eine schwarze Augenbinde und an den Händen war er gefesselt.

Ich realisierte erst spät, dass ich diese Person kannte. Erst als die schwarze Schar an mir vorbeigezogen war, wurde mir bewusst, dass Ben zischen den Männer draußen im Regen spazieren geführt wurde.

„Ben...Ben..“. Schon stand ich vor der Tür und spurtete den Gehweg entlang.

Einige schwarze Männer blieben bei meinem Geschreie stehen, der Forderst Teil bemerkte erst spät, dass wohl etwas nicht stimmte.

„Ben...Ben! Warte..ich will mit dir reden. Lasst mich mit ihm reden“!

Die Männer im Anzug versperrten mir den Weg zu ihm.

„Geht nich Kleine“!

Er stand regungslos mit der Augenbinde im Gesicht neben den Kerlen und sagte nichts. Ben schien mich noch nicht einmal wahrzunehmen.

„Was ist mit dir? Was haben sie mit dir gemacht Ben? Hörst du nicht“?

Wohl anscheinend nicht. Er zeigte keine Regung.

„Das ist jetzt genug. Verschwinde du Biest“. Ein großer schwarzer Mann drückte mich an der Schulter herum, dabei kam ich ins Wanken.

„Pfoten weg“!!!

Irgendwie hatte ich ihn umgangen und schnellte in Ben Richtung. Ein zweiter schwarzer Klotz wollte sich gerade auf mich stürzen, als er einfach so umfiel. Ich sprang Ben in die Arme. Selbst da reagierte er nicht.

„Ben, hörst du mich nicht“? Ich schüttelte an seinen Schultern herum, und als ich ihm die Augenbinde hinunter zog, blickten mich seine braunen Augen müde an. Sie waren so leer, so fremd.

„Ben“?

Jetzt registrierte er mich zumindest.

“Wer bist du“?

Wer ich war? Er war in mich verknallt und nach kaum 48 Stunden hatte er schon vergessen wer ich war?

Na schönen Dank auch.

„Blue, ich bin‘s Blue“!!!

Er wiederholte ein paar Mal meinen Namen.

„Genau, Blue, ich bin deine beste Freundin“! Jammerte ich und küsste seine Wange.

„Ja, Freundin“. Seine Augen musterten mich, so als ob er sich verzweifelt erinnern wollte.

„Was machst du da, du dumme Schnepfe? Zerstöre nicht einfach unsere Arbeit“! Der nächste Schrank wollte nach mir greifen, aber auch er viel plötzlich einfach um.

Ich drehte mich etwas in Richtung des Wohnhauses, und erblickte Tai auf einem Fensterbrett sitzen. In der Hand hielt er ein Rohrartiges Teil und er hob es auch im selben Moment zu seinem Mund, und schoss einen Pfeil in meine Richtung.

„Kid, was soll das“?

Ein Schrank schimpfte wütend zu ihm hinauf, als auch ihn ein Pfeil getroffen hatte.

Ich lächelte Tai dankend entgegen und wandte mich schließlich zu Ben.

„Erinnerst du dich“? Ich lächelte Ben fröhlich an.

Seine Miene war nachdenklich und schließlich schob er seine Arme um mich.

„Ich habe dieses drückende Gefühl in meinem Herzen dich zu küssen“, murmelte er.

Ich umarmte ihn und seufzte. Das war zwar nicht poetisch, aber irgendwie war es süß.

„Was haben sie bloß mit dir gemacht“? Meine Wangen waren etwas rot geworden, weil ich diese Situation schmeichelnd fand. Anscheinend hatten sie ihm das Gedächtnis genommen, aber seine Gefühle für mich, schienen denn noch in seinem Herzen geblieben zu sein.

„Bin ich froh dass es dir gut geht“! Seufzte ich.

Er ließ mich wieder los und küsste meine Wange.

“Mir wurde gesagt, dass Gefühle hier Fehl am Platz wären, aber ich kann dagegen nichts tun“!

Gerade, als ich ihm erklären wollte, dass es völliger Unsinn wäre, sich einfach fühlen verbieten zu lassen, spürte ich einen Fremdkörper in meinen Nacken schießen.

Ich konnte mich noch zu Tai, der noch immer auf dem Fensterbrett saß, um schauen, dann klappte ich in Bens Armen zusammen.
 

„Du hörst mir wohl nicht ganz genau zu. Wenn ich dir sage, dass es sicherer ist, im Haus zu bleiben, stürmst du bei der besten Gelegenheit los, mitten in die größte Schrankmasse die es hier auf der Insel gibt, ohne einmal nachzudenken!“

Ich war auf einer Insel, schön dass ich das auch mal erfuhr!

„Was haben die mit Ben gemacht“? Er hätte an meiner Stelle, als süßer end Teenies auch so gehandelt, da war ich mir sicher. Ob allerdings Tai je im Teeniealter gewesen war, oder ob es ihm einfach verboten wurde, weil er so viel erwachsenen Dinge zu erledigen hatte, war fraglich.

Fest stand nur, dass er mich wohl vor dem Gröbsten gerettet hatte.

„Du bist hier nichts weiter als eine Spielfigur Blue. Ich versuche dich zu beschützen“!!

Ja wieso rettete er mich dann nicht einfach, nahm mich auf ein Schiff und dann war alles wieder beim alten.

„Du könntest mich hier wegretteeeen!!!“

Er stieß sein Taschenmesser gegen das Holz der Tür, die von der Küche in den Flur führte.

„Wenn ich dich hier rauschleusen wirst du Tausend Stücke zerfleischt werden. Wozu sonst hast du dieses Ding an deinem Fuß?“

Ich legte mein Bein mit dem besagten schwarzen Kotz daran auf den Tisch.

„Dann mach‘s mir ab VERDAMMT“!!

„Und dann, glaubst du dann bist du sicher? Wir wissen alles, wir kennen jeden Nachbarn von dir. Wir hecken sämtliche Verzeichnisse des Staates. Denkst du, wir finden dich nicht? Du kannst dir einen neuen Namen zulegen, dir eine Haar schwarz färben, aber spätestens wenn du zum Arzt gehst, wirst du von unserem Netz entdeckt.“

Tai wandte sein Gesicht von mir ab und fuhr sich verunsichert durch Haar.

Ich spürte dass er verzweifelt war. Ich spürte dass er es erst meinte, und dass er Angst um mich hatte. Irgendwie war es beruhigend, ernüchternd ihn so zu sehen, weil er ja eigentlich für meine und Bens missliche Lage war. Ja, er lid wohl ebenso wie ich.

„Was wird hier gespielt Tai“? Ich wisperte etwas verkrampft, weil ich wusste, dass ich die Antwort eigentlich gar nicht hören wollte.

Die Wahrheit war mit Sicherheit aussichtslos, beängstigend und schrecklich brutal.

„Du wolltest nicht auf mich hören. Dann haben sie dich entdeckt und nun musst du und dein Freund für deine Neugier gerade stehen“.

Ich wurde wütend. Ich war daran Schuld??? Ich war sicherlich nicht diejenige, die uns hier her geführt hat.

„Ohne mich wärst du und Ben jetzt tot“!

Meine geballte Hand, die soeben zu einem Schlag in einen Leib ausholen wollte, lockerte sich.

„Was hast du da gesagt“?

„Du versucht die ganze Schuld auf mich abzuwälzen, dass kann ich auch verstehen, aber an deiner Stelle würde ich dem guten Tai danken. Ich hätte dich genauso wie Ben zu einer Marionette mutieren lassen können. Aber ich weiß, dass in dir mehr steckt, sonst hättest du von Anfang an nicht gespürt, dass ich einer von ihnen bin Blue! Deshalb bist du jetzt bei mir, und nicht unter der Erde oder ohne Willen im Labor“.

Etwas trieb mich aus der Nähes des Jungen mit den roten Haaren und den traurigen Augen.

„Du hast heute früh so seltsame Dinge gesagt. Vielleicht kannst du es dir selbst nicht erklären, weil diese Worte in deinem Kopf kommen und gehen.“

Ja ich konnte mich an meine Worte erinnern, die so plötzlich wie ein Blitz in mein Gehirn geschossen kamen.

„Was redest du da“?

Er lächelte müde.

Ja, etwas detaillierter wenn ich bitten darf??

Wieder hatte er eine Maulsperre bekommen und starrte apathisch vor sich hin.

Jegliches Ruckeln half da nichts.

Was war denn daran so schwer, mal mit der ganzen Wahrheit herauszurücken. Dieses bruchteilhafte Wirrwarr ging mir auf den Senkel. Entweder lid dieser Junge an kornischem Gedächtnisschwund, der dann ab und zu in emotionalen Intervallen über ihn einschwabbte, oder wer wollte MEINE Story ein bisschen interessanter und spannender machen, auf Kosten der eigentlichen Erzählerin.

„DU NEVRST“!!!

Schrie ich schließlich und tobte ein wenig herum. Als ich so den Küchenstuhl verprügelte, bemerkte ich, dass Tai sich indessen einfach verkrümelt hatte. Lediglich das Schloss gab ein kurzes Klacken von sich, dann hatte er mich in der Katalogferienwohnung eingeschlossen.

So, jetzt fühlte ich mich wenigstens Ansatzweise als Gefangene, so wie es in packenden Liebesabendteuerromanen normalerweise der Fall war.
 

Die Nächte gingen, die Tage verliefen, wie ein Regen die Regenrinne hinab.

Lyrisch, nicht war?

Weil ich also schon etwa 3 Nächte lang eingesperrt war, in der Badewanne über Leben und Lyrik und die vielleicht passierten Nachrichten philosophierte, vor fast unerträglicher Langeweile, war der Tag der Ankunft, den ich schon seit 4 Tagen irgendwie als Alptraum in meinen Träumen vorhergesehen hatte, gekommen.

Diese Person, dieses Monster war der Urstein des Bösen. Nicht allein, weil Sie an diesem Tag fast nackt und mit zwei niedlichen Zöpfen auf die Insel kam.

Das Schicksal hatte uns beide nun zusammengeführt und das Spiel der Leidenschaft und des Tobsucht begann mit tosendem und brausdenen Winde, der sich an diesem Tag gegen die Türen und Scheiben meines Verlieses drückte.

Als ich bemerkte, dass der Junge mit den roten Haaren wohl wieder unter den Lebenden weilte, dadurch, dass vor dem Haus eine Schrankhorde wieder Stellung eingenommen hatte, kam dieser auch im selben Moment durch die Tür geschneit. Als ich ihn von der Treppe aus beobachtete, versteckte sich hinter seinem Rücken ein Mädchen mit braunen Haaren. Mir wurde sofort bewusst, dass ich schon eine ganze Weile von diesem Mädchen geträumt hatte. Die Bedeutung zu ihr jedoch konnte ich noch nicht ganz nachvollziehen. Lieber wäre mir ein süßer braunhaariger Beachboy gewesen, der mich endlich aus dieser Irrenanstalt befreit hätte.

Hatte ich schon erwähnt, dass sie lediglich einen zerfetzten Popolappen trug?

Billiges Stück.

Um ihren Leib war ein schwarzes Hemd geschnallt.

Tai legte wohl gerne seine ausrangierten Hemden um junge Mädchen.

Innerlich verbrannte ich mein schwarzes Hemd und trampelte herauf herum. Jetzt hatte er sich noch ne Braut ins Haus geholt. Von wegen retten und sonderbares mysteriöses herumgebrabblte, der Typ wollt sich einfach nur ein Harem aufbauen…

„Blue“?

Er brüllte kurz nach mir. Ich versuchte unauffällig die Treppen zurück zu meinem Zimmer zu erklimmen, dabei nahm ich allerdings eine Stufe zu wenig und knallte mit dem Kinn auf eine Treppenstufe. Danach war meine Tarnung, die ja im Grunde keine war, aufgeflogen.

Immer schön lächeln.

„Na Schatzi, da bist du ja wieder. Hast ja einen großen Fisch an der Angel gehabt“! Grinste ich aufgesetzt und stolperte verlegen die Treppe hinunter. Ich fühlte mich ertappt.

„Wohl war“, erwiderte er und seine Augenbraue zog sich etwas ratlos nach unten.

Ich hätte ihr am liebsten die Augen ausgekratzt, weil sie so niedlich schaute.

Ich meine, wer war hier der sexy Superstar??

Wer war hier die geile, gefangene Schnalle im Haus?

Blue war das!

„Wer ist sie“? Dabei wackelte ich gekonnt die Treppe hinunter um bei der Dame ein wenig Eindruck zu schinden und um zu zeigen, weile Position ich hier im Haus hatte.

„Lydia“, murmelte es schließlich von alleine hinter seinem Rücken.

„Was ist, hast du sie etwa auch gehen ihren Willen niedergeknüppelt und dann auf deine Nussschale verladen“? Dabei hob sich meine Stimme etwas zynisch und ich konnte nicht verdrängen, dass mir die Lady wohl sehr unbehaglich war.

Jetzt fing Tai auch noch dämlich an zu grinsen.

„Das gib‘s da so zu Gackern“? Fauchte ich.

Tai schüttelte den Kopf und drängelte sich an mir vorbei.

Ich spürte seinen Arm, der meinen streifte und plötzlich bekam ich einen ungewollten Gedanken.

Pah, dieser Idiot!!!

Danach war ich mit Lydia und dem Treppenhaus allein.

Sie wirkte sehr jung, und als ihre Augen etwas gläsern wurden, bekam ich plötzlich etwas Mitleid und trampelte die letzten Stufen hinunter zu ihr.

„Sag, wie alt bist du“?

Lydia war etwa einen halben Kopf kleiner als ich, und sonderlich groß war ich selbst auch nicht. Also ein Winzling. Ein kleiner süßer, scharfer Winzling. Ihr Vorbau stand in keiner Realtion zu ihrer Körpergröße. Man hatte fast Angst, dass sie nach vorn kippte, weil sie auch sonst ziemlich zierlich war, nur diese mega Möpse das Gesamtbild unharmonisch wirken ließen.

Gut für Männer war sie sicher ein feuchtes Traumbild, aber wir Mädels würden sie spätestens mit 30 nicht für ihrer Rückenschmerzen und Hängeschleuche beneiden.

Ich musste meinen Blick kurz prüfend in meinen Ausschnitt wandern lassen.

Puh, noch alles fest.

„Ich bin 16 Jahre“.

Ja sagt mal, musste man der alles auch der Nase ziehen?

„Weiter“?

„Ich heiße Lydia“!

An meiner Stirn bildeten sich leichte Stressschweißperlen.

„Wo kommst du denn her“?

„Weiß ich nich“! Sie blickte zu Boden und mehrte herum.

„Bist du aus dem Labor“? Jupp das musste so sein, sie war ein Zombie, ein willenloser Sklave… und Tai mochte willenlose Sklaven, da meine Wenigkeit ihn ja nur verprügelte.

„Labor“? Sie schien wie eine Barbiepuppe, die gerade aus der Verpackung genommen worden war und das erste mal die Außenwelt erblickte.

Gruslig, oder sie war ne Pornoauserirdische die nicht wusste das Liebe und Autos waren. Tai war dann ihr Sensai und brachte ihr alles erdenkliche über Leben und Liebe bei.

Vorwiegend nur Liebe.

„Was soll ich jetzt mit ihr“? Murmelte ich sauer.

„Der Herr hat gesagt, dass du mir ein Zimmer gibst“!

Der Herr… das wurde ja noch schöner. Ich meine, Gebieter hätte es auch gebracht.

Ich nahm sie an die Hand. „Armes unschuldiges Ding. Du bist bestimmt von einen dieser hirnlosen Schränke entführt, dann an so ein Gerät geschlossen worden und schließlich wurdest du an Tai verschenkt“.

Ihre großen Augen sahen mich interessiert an, so als ob ich ihr ein Märchen erzählte.

Ja da gab es noch ein Zimmer.

Es war gleich neben dem Bad.

Ich nahm sie an die Hand und führte sie hinauf. An der eben genannten Tür angekommen, öffnete ich sie und schob die kleine Riesenbrust hinein.

Damals musste es so etwas wie ein Kinderzimmer gewesen sein, denn das Bett war klein, jedenfalls nicht so riesig wie meins.

Nun, sie war schließlich als letztes angekommen, so musste sie sich mit dem Rest abgeben.

Wenigstens war noch ein Bett vorhanden, andernfalls hätte sie sicherlich bei Tai im Bett ihren Platz gefunden, wenn sie ihr kleines Bett je benutzen würde.

Lydia verbeugte sich vor mir und dankte sich höfflich.

Scheinheilige Kuh. Ich lächelte aufgesetzt und schloss die Tür hinter mir. Mir war nicht entgangen, dass Lydia kein Fußklotz trug. Sie hatte wohl Sonderprivilegien, oder sie war einfach zu doof, um abzuhauen.

Ich legte schließlich meine Hand auf die Türklinke von Tais Zimmer.

Irgendwie trieb es mich immer wieder in diesen grusligen, trostlosen Raum.

Meine Gedanken, meine Gefühle, mir wurde gerade bewusst, dass ich schrecklich eifersüchtig auf Lydia war und das wegen Tai.

So ein Unsinn!

So was Dummes!

Na ja, von Kindesbeinen an war ich schon immer die einzige Frau im Haus, vielleicht konnte ich eine zweite Frau nun einfach nicht ertragen. Das lag nicht nur allein an der Person, sondert an meinem Psychoschaden, den ich durch meine miserable Kindheit und durch meine nicht vorhandene Mutter bekommen hatte.

Ich atmete nochmals durch, dann drückte ich die Klinke hinunter und betrat den Raum.

Tai saß auf dem Bett und schnürte an seinem Arm herum.

„Hast du dich etwas wieder aufgeschlitzt“?

Meine Stimme klang ungewohnt sanft. Er antwortet nicht, dass machte mich wahnsinnig.

Ich schritt langsam an das Fenster heran, so dass ich, wenn ich über meine Schulter blickte, in sein Gesicht sehen konnte.

Er sah sehr blass aus.

So wie ich damals, als ich bei jeder Kleinigkeit umgekippt war.

„Ist Lydia aus dem Labor“? Wollte ich wissen.

„Ja“. Tai versuchte den letzten Zipfel seines Verbandes irgendwie zu Verwurschteln, doch so recht gelang es ihm nicht. Ich kniete mich vor ihn und dem Bett nieder und übernahm den Zipfel.

Tai wurde ausgesprochen verkrampft, dass spürte ich.

„Hast du Schmerzen? Du siehst aus, als ob du gleich ins Koma fällst“, murmelte ich und lächelte dabei lieb.

Er gab anscheinend nicht gerne zu, wenn ihn etwas bedrückte oder wenn er Schmerzen hatte. Auf dieser Insel waren Gefühle jeglicher Art wohl fast völlig ausradiert.

Als ich sein Gesicht im Profil betrachtete, weil er es beschämt von mir abgewandt hatte, bemerkte ich, dass er viele Kratzer am Hals und an der Stirn hatte. Fast schon so, als ob etwas um seinen Kopf und um seinen Hals geschnallt worden war.

Auch an den Handknöcheln wies er dieselben Verletzungen auf.

Ich wurde nachdenklich. „Wieso lässt du dir das gefallen“? Meine Hand fuhr hinauf zu seiner Stirn und ich spürte seine Haare, die sich an meinen Fingern entlang schmiegten. Er drehte seinen Kopf zu mir und meine Hand fuhr nun weiter über seine Stirn und legte sie durch die wuschligen roten Haare etwas frei.

Wenn ich es nicht besser wüsste, waren es schon fast Narben. Zwar waren einige Kratzer frisch, jedoch bei näherer Betrachtung konnte man verblasste Striche auf seiner Haut erkennen.

Meine Fingerkuppen fuhren langsam über die leichten Erhöhungen und in mir stieg ein seltsames Gefühl hinauf. So brausig, so kalt und doch so heiß. Meine Augen flimmerten etwas und als ich sie schloss, spürte ich etwas kaltes an meiner Stirn, an meinem Hals, an Füßen, Bauch und Brust. Etwas kaltes, was sich durch meine Haut fraß und einen stechenden Schmerz verursachte.

Es war betäubend, es war berauschend, und irgendwie war es angenehm, fast so als ob es eine Sucht war.

Adrenalin, welches meine Venen vergrößerte und mein Herz immer schneller pumpen ließ.

Ich schreckte auf und blickte in die grauen Augen von Tai, der meine Handgelenke festhielt und mich anstarrte. Ich spürte seinen Atem, es war fürchterlich unheimlich, es war ungewohnt und noch immer spürte ich diesen kalten, süßen Schmerz auf meiner Haut.

„Was hast du gesehen“?

Ich schüttelte mich. Meine Hüfte pulsierte. Das Mahl, welches Tai mir eingebrannt hatte, es pulsierte heftig.

Ich riss mein Kleid über die Hüfte und schob den schwarzen Schlüpfer etwas nach unten, um mich zu vergewissern, dass dort unten, an meiner Kreisrunden Fastnarbe alles in Ordnung war.

„Tut es weh“? Murmelte er schließlich und rückte hinunter zu mir. Ich versuchte seine Hände, die mir bedrohlich nahe kamen, abzuwehren, doch er ermahnte mich kurz, und dann ließ ich ihn widerwillig fummeln.

„Sie ist warm, dass heißt es war eine Reaktion. Es ist tatsächlich eine Reaktion zwischen uns zustande gekommen“.

„Du befummelst gerade meinen Unterleib, wenn das mal keine unangenehmen Reaktion für dich bei mir auslöst“, grollte ich, doch er drückte mich noch immer mit der Hand etwas weg.

Wenn er meinen Schlüpfer noch weiter nach unten ausleierte, könnte er meinen Venushügel hinunter Schlitten fahren.

„Du Perverser! Was soll das werden?“

Er blickte hinauf zu mir, so gruslig und so schrecklich beängstigend, dass ich wusste, irgendetwas hatte er vor und es war sicherlich nicht sehr angenehm für mich.

Aber angenehm ist relativ.

„Ich glaube wir sind soweit“, murmelte er und dabei kroch er mir ins Gesicht, dass ich plötzlich den Gedanken hegte, er meinte damit eine sexuelle Anspielung.

„In wie fern“? Zur Seite ausweichen war schlecht, wir saßen genau zwischen Bett und Wand, und wenn ich jetzt panisch aufspringen würde, hätte ich mir das Fensterbrett auf den Schädel gedrückt.

Er hatte noch immer meinen Schlüpfer in der Hand.

Hallo?

„Tai“. Ich quengelte etwas herum. Seine Augen hatten plötzlich dieses Leuchten. Sonst waren sie immer tot, jetzt leuchtete sie. Wenn das mal kein trügerisches Zeichen war.

„Du und ich…“.

Er und ich… das konnte nicht gut gehen. Vielleicht für ne Nacht, und eine Frühstück, aber mehr auch nicht. Er hatte meine Jugend auf dem Gewissen, jedenfalls die Restjugend (mehr mein tristestes anfängliches Erwachsendasein)

„Du brauchst keine Angst zu haben“, flüsterte er.

„Ich und Angst. Ich hab schon so einiges erlebt und gesehen. Es kommt ganz drauf an, was du mir bietest“, scherzte ich.

„Das wird groß“!

Er hörte sich wie ein Kind an. Oder wie einen Tag vor seinem achtzehnten Geburtstag.

Wie alt war Tai eigentlich?

Überhaupt, groß??

Er riss mein Kleid über meine Hüfte und zog mich auf die Beine.

Ich spürte seine Hand.

Sie lag in meiner.

Und als ich so hinter ihm hergezogen wurde, da ging es mir nicht mehr um körperliche Nähe, es ging mir eher um die Tatsache, dass Tai mir gerade eine Seite von sich gezeigt, die ich so noch nie kennen gelernt hatte.

Fast schon wie ein kleines Kind wirkte er.

Das war mir vielleicht peinlich.

Er irkte fröhlich. Der rothaarige wirkte fröhlich. Der rothaarige mit den grauen traurigen Augen wirkte fröhlich.

Und ich war Teil davon. Ich hatte diese Fröhlichkeit in ihm ausgelöst.

Mein Kopf drohte fast zu explodieren.

„Tai….warte wo willst du hin“?
 

Kapitel 5/ENDE

Connected!!!

Kapitel 6/ Connected!!!
 

Lydia stand neben mir. Vielleicht wollte sie, dass ich sie vor dem beschützte, was hinter der großen dicken Stahltür lauerte. Sie schien sie zu kennen und sie schien mit dieser Tür nicht viel Positives zu assoziieren.

„Ich habe Angst“, murmelte sie. Irgendwie konnte ich ihre Angst nachvollziehen. Tais Truppe, oder die Schrank KG/GmbH und Co, was auch immer, hatte sich sicherlich hinter dieser Tür ihr berüchtigtes Labor aufgebaut. Die Tür befand sich in einer kleinen unscheinbaren Fischerhütte, dicht an einem Berg gelegen. Und dem Gestein nach zu urteilen musste diese Tür direkt in den Berg hineinführen. So etwas wie eine Geheimbasis. Spaceig.

„Wir werden nicht ins Labor gehen, keine Angst Lydia“. Tai gab schon eine ganze Weile einen Code in eine kleine Tastatur ein, die gleich neben der Stahltür installiert war.

„Was gibt es denn noch, außer dem L..a…b..o..r.“!

Tai hatte in der Zeit, in der wir uns zu dieser Tür gemacht hatte, wieder etwas abreagiert. Er wurde wieder zu diesem kühlen Tai, den ich kannte. Der fröhliche Tai war schon ziemlich spuky gewesen.

Die Stahlkonstruktion gab schließlich ein Klacken von sich und Tai schob uns den Weg in den Berg endlich frei.

Der lange Gang an sich war nichts Besonderes. Nach etwa 1 Minute Fußmarsch, kamen wir an einer Art Schleuse an. Dort gab es für Tai, Lydia und mich hautenge Overalls zum Anziehen.

„Damit sichern sie, dass du keine Waffen trägst“, erklärte er.

Für meinen Geschmack war das schon sehr eng, auch mit etwas mehr Luft, hätte man sicher keine Waffen in diesem Ding unterbringen können.

Und Lydias Möpse sprengten ihren weißen Anzug auch fast… da warf rein gar nichts mehr Falten.

Ich war neidisch.

Ein Schrank, der uns mit diesen weißen Dinger ausgestattet hatte, konnte nichts sagen, weil er so besessen auf ihre Brüste gestarrt hatte.

Tai hatte einen schwarzen Anzug an. Er sah weit weniger sexy aus, als unsere. Wenn das mal kein Zufall war.

Wir erreichten schließlich durch 3 weitere dicke Türen einen riesigen Raum. Nein, es war mehr eine Halle, eine riesige Halle.

Sie war laut, es wurde gebohrt, geschweißt und gehämmert.

„Was ist das hier“? Wollte ich wissen und drehte mich einmal um mich selbst.

„Das ist der Trakt“!
 

Der Trakt…buuuhh… wie schaurig.

Es sieht vielmehr wie eine riesige Metallmüllhalde aus. Logisch, da Männer größtenteils ja nicht sehr ordentlich waren, und dieses Dorf ja zu etwa 99 % aus Männern bestand.

Tai wedelte mit seinen Armen hin und her und erklärte alles.

Zur Abwechselung ja erklärte er und dabei war er nicht mehr zu stoppen. Wie ein Wasserfall oder ein Kleinkind, was gerade die Welt von Benjamin Blümchen erklärte.

„..binominal… proximetroisch…. Antizyklisch…. Peripher…. -e substututive, analytische, frequenzille, hexa-CPU… anisotroph…“.

Ich schaute zu Lydia und ihren Brüsten. Die wackelten bei jedem Schritt, den sie tat, auf und ab und ihre großen Augen blickten gespannt zu Tai, der neben ihr lief und noch immer, wie ein Reiseführer von einer Seite zu anderen zeigte.

„Das musst du dir wie eine anorganische, quasitrophische Metallverbindung vorstellen, die instinktiv und auditiv eine Verbindung mit statischen Chi Element Verbindungen eingeht“.

Was war er?? Ein Chemiebuch?

„Kann ich das auch einfacher bei Wikipedia nachlesen? Oder muss ich das bis morgen auswendig können“?

Grunzte ich hinter den Beiden und langsam bekam ich schlechte Laune. Ich war doch kein Zugpferd, was wie doof hinter Frauchen und Herrchen hintertrabte.

Tai reagierte nicht, Lydia folglich auch nicht, die tat ja zurzeit nur das, was Meister/ Gebieter Tai von ihr verlangte. Als nächstes musste sie sich ein schwarzes Strapsenkleid anziehen.

Tai blieb mit einem Busabstand von mir entfernt nun endlich stehen und drehte sich um, weil er und Lydia anscheinend nun endlich bemerkt hatten, dass ich mutwillig, weil ich bockig war, den Anschluss verloren hatte.

„Komm jetzt endlich“! brüllte er unverschämt. Das machte mich noch trotziger.

Ich ballte die Fäuste und wollte gerade einen wütenden Schimpfwortfachausdruck zurückschmettern, da verstummte meine Wut erprobt und etwas anderes lenkte meine Aufmerksamkeit auf sich.

Dort stand er, neben einer großen Maschine.

Still, leer, wortlos.

Er würdigte mir noch nicht einmal einen Blick.

Wie eine Statur stand er da.

„Ben“?

Er hatte einen braunen Overall an. Er sah etwas abgemagert aus, seine Gesichtsknochen stachen ungesund aus seinem sonst harmonischen Gesicht heraus.

Er hatte leichte Augenringe, und trotzdem er so schlecht aussah, stand er da, vielleicht schon seit Stunden, und blickte ins Leere.

„Ben“?

Ich eilte die wenigen Schritte zu ihm heran.

„Ben“! Meine Hand griff nach seinen Armen und ich reckte mich zu seinem Gesicht hinauf.

„Madame“?

„Ich bin‘s. Blue, komm schon, du musst dich doch wieder dran erinnern“! Ich lächelte verzweifelt. „Ben?? BEN“??

Tränen drückten sich in meine Augen. Ich spürte seine Schulter, als ich mich an ihn presste.

„BEN!!!!“

„Du kannst so laut schreien, wie du willst, seine Verformung scheint abgeschlossen zu sein“, hörte ich es hinter mir murmeln.

„Was weißt du schon“?? Keifte ich Tai an.

Er seufzte. „Na schön. Ben wird dazu eingesetzt, um dieses Ding, was du hier siehst, zu bewachen“! Er zeigte hinter Ben auf einen riesen Metallklotz.

Ich legte meinen Kopf in den Nacken. Ja es war riesig.

„Was zum Teufel ist das“?

„Die neuste Biotechnologie“.

Wenn das Bio war, was gab‘s bei denen erst im Supermarkt?

Rohmetall?

„Biotechnologie? Was kann er, pupsen?“

Tai rieb sich die Stirn. Es wäre zu kompliziert, dir das jetzt zu erklären“.

Weil die gute Blue zu doof dafür war? So ne Frechheit!

Tai schritt auf mich zu, nahm meine Hand und führte mich an den Metallklotz heran.

Ich spürte etwas Warmes auf meiner Haut, und es war nicht die Hand von Tai, es war das Metall der großen Kampfmaschine.

„Wieso ist es so warm“?

„Es lebt“, erwiderte Tai und drückte an dem Fuß des Dinges herum, so dass sich der halbe Oberköper des Gefiertes öffnete.

Ben blieb unbeeindruckt daneben stehen. Lydia folgte mit großem „AH“ und „OH“ ihrem Meister hinauf ins Ungetüm.

Ich würde schön blöd sein, und da ebenso hinaufkraxeln. Sollte Lydia doch rumschleimen und so tun, als ob sie es interessierte.

Ich würde nur gerne wissen, wie diese Vollpsychos meinen Freund so manipuliert hatte, dass er still wie ein Baum herumstand.

Vor einer riesen Kaffeemaschine, oder was das Ding nun auch war.

„Blue…was ist“?

Tai streckte seine Hand nach mir aus.

„Was soll sein? Turnübungen?“

„Was meinst du wieso ich dich mit hier her geschleppt hab, ich will dich testen“!

Mich testen??

Was war das für ein Test?

„Nein, ich möchte keine Animatorin auf deinem Clubschiff hier werden. Such dir doch die groß blusige Freundin als Kletterkumpel aus“!

Ich hörte ihn nur weiter herummeckern und schimpfen.

Währenddessen brabbelte ich lieber auf Ben ein, in der Hoffnung, dass er sich wieder an mich erinnerte, und süße Sachen zu mir sagte, die mir die Röte in die Wangen schießen ließen.

„Ben, komm schon. Wir beide, im Meer, du hast immer mit Seesternen nach mir geworfen, dann saßen wir bist zum Sonnenuntergang am Steg der Bucht“!

Ich nahm seine Hand und führte sie zu meiner Wange.

Dabei rollten meine Augen hinüber zu dem Metallklotz, wo Tai und Busenbarbie noch kletterten. Tai gestikulierte etwas herum und deutet wohl in den Hohlraum des Gerätes. Lydia nickte verständlich.

„Deine Aufgabe wird die Wartung des Gerätes sein. Du bist doch in die technischen Vorgänge eingewiesen, oder nicht“?

„Ja sicher, mein Herr. Man hat mich alles über den Body gelehrt. Ich hoffe ich kann ihnen eine große Hilfe sein“. Lydia lachte und erhielt von Tai einen kameradschaftlichen Kopftätschler.

Er beachtete mich nicht. Wozu war ich dann hier?

Gghh** diese niedliche, groß blusige Zimtzicke!!!

Ich blickte wieder zurück zu Ben.

„Madame?“

Ohne zu zögern erteilte ich ihm einen extra Klasse Wiedererinnerungskuss.

Als sich unsere Lippen voneinander lösten, blickte Ben mich noch immer so fragend und willenlos an.

„Madame, was hat das zu bedeuten“?

„Ach komm schon Ben…. Ich brauche dich jetzt. Hör auf mir den Zombie vorzuspielen“!!!

Ich rüttelte an ihm herum und schließlich knickten meine Beine unter mir weg, und ich fand mich bei seinen Schuhen wieder.

Ich seufzte und meine Handflächen drückten ich auf den kalten Boden, als ich mir klarmachte, dass mein Charme jetzt irgendwie keinen Reiz mehr auf ihn ausübte.

„Mit wem soll ich denn jetzt fliehen, kannst du mir das mal sagen Ben“?

Ich schmeckte Blut auf meiner Zunge, weil ich die ganze Zeit schon auf meiner Lippe herumgerissen hatte.

„Madame, wenn ihnen nicht gut ist, dann kann ich sie auch auf die Krankenstation schaffen“! Er hatte sich zu mir hinunter gebeugt und blickte mich an.

Dieser besorgte Blick, ja, ich erkannte ihn wieder. Etwas Ben steckte also doch noch in ihm.

„Lass uns hier verschwinden! Bitte Ben!“ Dabei heulte ich schon wieder.

Ich schlang die Arme um seinen Hals und schluchzte laut drauf los.

„Bitte, bitte Ben, komm endlich zu dir, und lass uns hier verschwinden“!

Er umarmte mich nicht, ich hing lediglich an seiner Schulter und sehr viel Trost stellte sich auch in dieser Situation nicht bei mir ein. Ich fühle mich noch immer allein.

„Jetzt hör auf mit dem Theater. Ich brauch dich jetzt“, hörte ich es murmeln und im selben Augenblick hatte mich etwas an der Hüfte gepackt und in die Höhe gerissen.

„Ja Sirr, entschuldigt, ich hatte die Befürchtung, sie wäre verletzt“! Bellte Ben und schoss wieder in eine angemessene Diensthaltungspostion.

Tai hatte mich grob gepackt und auf die Beine gestellt.

„Lass das jetzt und kümmere dich lieber um deine Pflicht, die du zu tun hast“!

Was für eine Pflicht? Ich hab mich zu nichts verpflichtet, höchstens dazu, Tai mal ordentlich eine zu watschen, weil er mein Leben zerstörte.

Er nahm meine Hand und zerrte mich hinter sich her. Gerade als er mich auf den Metallklotz ziehen und mit mir noch einen Klettertour veranstalten wollte, stellte ich mich quer und ließ mich bockig zu Boden plumpsen.

„Das ist jetzt nicht die Zeit um rum zunicken“, blaffte er mir entgegen und zog noch stärker an meiner Hand, die auch langsam zu zwiebeln anfing.

„Mach deinen Scheiß doch alleine. Ich bin nicht deine Sklavin oder dein Vieh, was du überall hinscheuchen kannst. VERSTANDEN“!

Er ließ nicht locker und ich machte mich noch schwerer, krallte mich in sein Fleisch um zu verhindern, dass er mich irgendwie weiter nach oben ziehen konnte.

Tai verlor all mählich die Geduld, ließ meine Hand los und ich knallte mit dem Kopf hart auf den Boden. Nach kurzer Wiederfindungsphase spürte ich seine Arme, die sich um meinen Körper schoben und im selben Moment hatte er mich auf seine Arme gehievt.

Meine Beine zappelten automatisch mit.

„Lass mich runter, du Schwein“!!!!!! Ich drückte meine Hände in sein Gesicht, danach spürte ich einen kurzen Schmerz in der Hand.

„Du hast mich gebissen“????

„Halt endlich den Mund du hysterische Kuh“!!

Er machte ein paar Sätze und schon stand er auf dem Metallklotz, und ich in seinen Armen blickte nun in ein Cockpit.

„Was soll das? Wieso zeigst du mir das Ding, ich kann doch noch nicht einmal Auto fahren“!

Tai grinste.

„Ich hatte auch nicht vor, dich die Maschine bedienen zu lassen“!

Er nickte zu Lydia, die schloss das Cockpit und kurz unter dem Eingang zur Maschine kam nun eine seltsame Blase zum Vorschein.

„Was ist das für ein ekliges Ding“?

Tai taste sich zu der grünen kapselartigen Blase, die aus dem Brustkorb der Maschine ragte, heran und ging leicht in die Hocke.

Mir wurde klar was diese Bewegung hieß. „Du willst mich doch da nicht etwa reinschmeißen“????!!!!!

Ich krallte mich in seinen schwarzen Overall und hakte mein Kinn in seiner Schulter.

Das half aber nichts, dann Tai zog mich aus seinen Armen und irgendwie hing ich dann über der Blase, von ihm an den Handgelenken gehalten.

„Bitte tu das nicht! Wieso opferst du mich jetzt für dieses organische Ding“?

Tai hatte sooo ein richtig fieses Grinsen drauf. Ein Mafiagrinsen, kurz bevor das Opfer im Fluss versenkt wurde.

„Du bist einfach zu anstrengen“! Meinte er.

„Wie…was??? Ich hab dir immer Abendbrot gemacht!!!! Das ist nicht fair“!

„Wie… fair.. Du müsstest mich kennen, ich kenne das Wort fair nicht. Ich hab schließlich deinen Freund in einen Zombie verwandelt und dich verschleppt“!

„Gut, dann werde ich jetzt kurz und schmerzlos von diesem Metallmonster aufgefressen“?

Tai schüttelte den Kopf. „Nein, langsam zersetzt“! Und schon hatte er mich losgelassen und ich viel mit tosendem Geschrei in die grüne Masse hinein.

In den ersten Sekunden hatte ich die Augen zusammengekniffen und auf den Tod gewartet, im nächsten Moment spürte ich einen warme, angenehme Masse um meinen Körper. Es fühlte sich im ersten Moment so an, als ob ich im Meer schwamm, schwerelos und frei.

Dann folgte der erste Atemzug. Der war recht ungewohnt und schwer, fast so, als ob ich durch einen Schlauh Sauerstoff anziehen musste.

Dann folgte der erste Augenaufschlag. Etwas grünstichig nahm ich dann meine Umgebung war.

Ich sah Tais Gesicht, welches anscheinen in die Kapsel hineinblinzelte.

Er machte ein O.k Zeichen mit der Hand, dann verschwand er aus meinem Blickfeld.

Ich hämmerte gegen die Wand der Kapsel, aber sie bestand aus einer Art Gummi, die so fest war, dass ich sie nicht durchbrechen konnte.

*Blue, alles klar?*

Und dann hörte ich plötzlich seine Stimme.

„Tai, wo… was… was geht hier vor“?

*Du sitzt in einem Body, das sind Kampfmaschinen unserer Einheit. Es sind Biokampfmaschinen, die für Außendienste eingesetzt werden*

Ich blickte mich um. Hier war nirgends ein Lautsprecher oder eine andere Art von technischer Vorrichtung. Da war nur diese grüne, schwabbelige Membran und ich.

„Wieso hast du mich hierein gezwängt“?

*du wirst mir helfen ihn zu steuern. Durch deine Fähigkeiten wird es mir hoffentlich gelingen, diesen Body steuern zu können. Jeder Soldat brauch ein Medium, welches zwischen ihm und dem organischen Body kommuniziert. Du hast so eine Gabe von Natur aus, mit deiner Umwelt intensiver zu kommunizieren, wie andere*.

Ich, hatte was?

„Wie kommst du darauf? Wieso gerade ich“?

*Das ist einfach. Du hast schon seit unserer ersten Begegnung gespürt, dass ich dich anlüge. Du hast gewusst, dass ich eine Gefahr für dich und Ben darstelle. Du hast meine Gefühle gelesen, erinnerst du dich an gestern? Genau das ist es, was ein Medium ausmacht. Es ist einfach feinfühliger. Jedenfalls mental, nicht motorisch*

Ich hämmerte gegen die Blase vor mir. Mir wurde es gerade zu eng. „Lass mich hier raus, ich will nicht dein Medium sein“!!

*ich starte jetzt die Synkronisation, ´bist du bereit?*

Im selben Moment spürte ich, wie sich die Flüssigkeit zu bewegen anfing. „NEIN“!!!!

Die grüne Membran fing zu leuchten an, und das Wasser, welches meinen Körper umgab, erwärmte sich spürbar.

„Tai, ich bitte dich, tu mir das nicht an“!!

*Hab keine Angst, ich …*

Es wurde kurz dunkel, um meine Augen. Mein Herz, es fühlte sich so an, als ob es für eine Sekunde aufgehört hatte, zu schlagen.

„…. Ich bin bei dir“, hörte ich es in mein Ohr flüstern, und zwei Arme schlang sich um meine Taille.

Das Flackern vor meinen Augen lichtete sich und ich nahm wieder die grüne Flüssigkeit war.

Das Fenster war verschwunden.

„Tai“?

Ich spürte seinen Atem an meinem Hals. Ich spürte hin genau hinter mir. Ich spürte ihn an mir, es war so warm und so angenehm.

„Lass uns eins werden“, flüsterte er sanft und ich schloss meine Augen, nicht zu wissen, was als nächstes kam. Ich fühlte mich nur so wohl, in seiner Nähe, in dieser Flüssigkeit die uns umgab.

Ich begann, durch Tais Gedanken zu wandeln, denn langsam wurde ein Bild vor meinen geschlossenen Augen sichtbar. Da war ein Mann, ich kannte ihn, er kam mir bekannt vor. Eine Frau, sie war blond, schlank und wunderschön. Es war Krieg, und sowohl Tai als auch die beiden Personen standen auf einer Art Kontrollbrücke eines Schiffes.

Es war ein Kriegsschiff.

Danach kam dunkler Rauch und unerträgliche Hitze. Ich blickte der blonden Frau entgegen, die mich zu einem fremden Mann gab, danach verschwand sie im Rauch.

Ich blickte auf ihre Grab, ich blickte zu dem großen Mann, den ich jetzt als Tais Vater identifizieren konnte. Er war etwas jünger, er sah traurig aus. Er musste Offizier gewesen sein, so wie seine Frau, Tais Mutter, die in den Flammen umgekommen war.

Danach zeigte sich mir unzählige Kriegsbilder. Aus einem Helikopter, in der Wüste, im Dschungel, und schließlich erblicke ich das Dorf.

War das Tais Kindheit?

Bei näherer Überlegung war also auch klar, wieso er so komisch und seltsam drauf war. Er hatte in seinen jungen Kindertragen nur Krieg gesehen.

Tai war Halbwaise, so wie ich, bloß das meine Mutter nicht den heldenhaften Tod gestorben war.

Keine Sekunden später blickte ich die grüne Membran an.

„Verstehst du jetzt“?

Tais nackter Arm lag um meinen Bauch. Ich blickte hinter mich und sah ein paar seiner roten Strähnen auf und ab wippen.

Er ließ mich los und ich drehte mich zu ihm. Er war nackt.

Ein nackter Tai.

Ich war auch nackt.

Eine nackte Blue.

„Du bist ein Kriegskind“?

„Ja, nicht verwunderlich, dass ich jetzt zu einem Spezialsoldaten avanciert bin, nicht war“?

Sein Lebenslauf war so erdrückend und traurig. Ich konnte jetzt nicht auf Tai sauer sein, ich konnte ihn nicht hassen, weil ich langsam verstand, wieso er so handelte.

„Vor uns liegt viel Arbeit“, meinte er und legte seine Hände an meine Wangen. Ich wurde rot, als sich sein Gesicht mir näherte, dann spürte ich seine Stirn an meiner. Seine grauen Augen sahen mich an. Sie waren nicht traurig, sie schienen zum ersten Mal glücklich zu sein.

Meine Augen schlossen sich müde. Er fühlte sich so gut an. Ich wartet darauf, und schließlich spürte ich seine Lippen sanft an meinen.

*Connected*!
 

Kapitel 6/ENDE

Deine Liebe

Kapitel 7/ Deine Liebe
 

Lydia zog wie ein Mädchen… das konnte ja Stunden dauern, ehe sie mich durch die Membran gezogen hatte.

Irgendwann steckte ich nur noch mit der Hüfte im Biomonster und nach einigem Ruckeln hatten wir es geschafft, mich aus dem Biomüll zu befreien.

„Iihhh..ich triefe vor Schleim“!

Er klebte überall. An meinen Haaren, in meinem Mund, zwischen meinen Zehen.

„Wieso hat es so anprobt geendet“? Wollte ich von Lydia wissen.

„ Der Herr Tai hat das System abgewürgt“!

Ich grinste triumphierend.

„Ach… ja… Männer und Technik“!

Lydia schüttelte den Kopf. „Weißt du, Herr Tai arbeitet schon sehr hart daran, dass System des Bodys unter Kontrolle zu bekommen. Sei ich denken kann, und ihn kenne, sitzt er im Cockpit und quält sich. Heute ist es besser gelaufen. Er blutet noch nicht einmal“!

Er blutet nicht? Was war das für eine Maschine, die ihn so verletzte konnte?

„Diese Maschine hat ihm all die Narben angetan, hab ich Recht“?

Lydia nickte wieder und blickte zu Tai hinauf. Dieser saß noch immer im Cockpit, man konnte nur seinen roten Schopf erahnen.

„Früher hat er die Maschine mit bloßen Kräften steuern wollen. Daher auch die vielen Verletzungen. Ein Mensch kann doch unmöglich alleine Tonnen von Metall steuern! Deshalb auch das Medium. Die Maschine geht mit dem Medium eine Verbindung ein. Das Medium geht mit dem Piloten eine Verbindung ein, so dass das Medium die Befehle, die eigentlich mechanisch vollzogen werden müssen, besser übersetzten kann und damit dem Piloten immens Kräfte sparen. Bald wird er auch fliegen können, da bin ich mir sicher“!

Ne Verbindung eingehen.

So was…. Das war ja schon fast pervers.

Ja diese schwabbelige grüne Membran und dieser nackte Tai. Kein Zweifel, die Technik hat sich ein Mann ausgedacht, wie diese engen Overalls.

„Woher weißt du soviel über Tai“, wollte ich beiläufig wissen. Es hörte sich ja so an, als ob sich die Beiden schon wenig länger kannten.

„Er ist mit mir auch eine Verbindung eingegangen. Ich weiß also genaustes wie Herr Tai aufgebaut ist, wo seine Schwachstellen liegen und wie ich sie am besten umsetzten, damit der Body sie ausmerzen kann. Das ist sehr wichtig für die Technik des Bodys.

Sie… hatte…. Tai etwa auch nackt gesehen???

Das hätte ich mir denken können.

Und ich hab schon gedacht, ich wäre dieses mal klar im Vorteil.

Son mist… diese…Schlange.
 

In den nächsten Tagen spürte ich häufig, dass Tai sich verletzte, immer dann, wenn er ohne uns aus dem Haus ging. Ich wusste nicht was er machte, aber ich spürte, dass er Schmerzen hatte, und ich spürte auch wo.

Das machte mich jedes Mal krank vor Sorgen. Es musste etwas mit der Synchronisation zutun haben. Seit diesem Tag konnte ich Tai nicht mehr durch normale Augen anschauen.

Er war jetzt anders, wie ein Glaskörper für mich.

Ich mochte eigentlich nicht diese Dinge wissen, die er unbewusst Preis hab, aber ich konnte es auch nicht verhindern.

Also wartete ich immer vor dem Häuschen auf ihn und wenn Tai dann nach Haus kam, mit etwas geduckter Haltung, brachte ich kein Wort heraus, und ließ ihn mit einem flüchtigen Gruß an mir vorbeiziehen. Lydia war diejenige, die sich um ihn kümmerte, die ihm die Wunden verband und Kühlakkus gegen den Kopf drückte.

Ich brachte es nicht fertig, weil er mich dann immer, wenn er mir nähert als eine Wand war, mit Emotionen bewarf.

Kalte Emotionen, Schmerzen, die er sogar als angenehm empfand und das erschreckte mich so sehr, dass ich ihm meiden musste.
 

In den nächsten Tagen hatte Tai den Body schon so weit gebracht, dass er gehen und sogar im Lauftempo über die Wiese donnern konnte.

Das großflächige Grasgelände auf der Insel hier eignete sich hervorragend für Trainings- und Übungsstunden. Tai war nicht der einzige, der mit solch einem Body trainierte. Da waren noch etwa 5 weitere Piloten.

Einen davon hatte ich schon kennen gelernt. Er hieß Maike und der war damals der schräge Typ gewesen, der Tai und somit mich mit einem Stock fast platt geprügelt hätte.

Es war eine Art von „Bester Freund“, wenn man solche Freundesakte als freundlich bezeichnen konnte. Er war es auch, der Tai immer windelweich prügelte, so dass er nach Hause kriechen musste. Tai meinte, es sei eine sehr gute Trainingseinheit und er hätte durch Maike eine Menge gelernt.

Maike, wie ich glaubte, hatte ein Auge auf Lydias Brüste geworfen. Jedenfalls kam er immer wieder ins Stottern, wenn wir uns begegneten. Oder er hatte einfach zu wenig Brüste in seinem Leben gesehen, und wenn nur in Zeitschriften, und nie in Natura, weil er doch so ein Armeefutzi war und sein Leben aus nichts anderem als Ballern und Kämpfen bestand.

„Tai, wie lange willst du das eigentlich noch aushalten“? Murmelte ich in meiner Blase vor mich hin, denn sein Geächze konnte man kaum aushalten.

* Ich wir machen solange, bis ich Stopp sage, hast du mich verstanden*?

„Ja, klar und deutlich“!

Ich schwabbelte in meiner grünen Flüssigkeit hin und her.

*Du konzentrierst dich nicht! Das erleichtert mir meine Arbeit nicht gerade*, brüllte er mich an. Langsam wurde ich wieder pampig.

„Spinnst du? Mach ich das hier freiwillig“?

Die Maschine stoppte und ich spürte, dass der Body sich etwas nach vorn beugte. Tai wollte aussteigen!

Meine Hände pressten sich an die Gummiöffnung und ich versuchte einen Blick nach oben zu erhaschen. Ja, die Pilotenluke war offen. Was wollte er jetzt tun?

Plötzlich hatte sich seine Visage vor das Fenster meines Arbeitsbereiches gedrückt.

Schon hatte er in die Blase gegriffen und sich meine Hand geschnappt. Dann zog er mich mit einem langen Schleimfaden heraus.

Ich atmete kurz durch. Das war noch etwas ungewohnt, dass musste ich zugeben.

„So geht das nicht“, murmelte er und dabei macht Tai eine komische Schnute, die mir nicht geheuer war, sowie: langsam ziehe ich es wirklich in Erwägung, dich über die Klippen zu schmeißen, weil du dich so unkooperativ zeigst.

Ich stolperte mit ihm den Body hinunter.

„Was wird das“? Murmelte ich verunsichert, als Tai mich zum Rand der riesen Wiese, einer grrrooßen Klippe, führte.

Sein Haar wehte kurz auf, als er sich mit halben Blick zu mir wandte und mich irgendwie sehr ernst ansah.

„Ich muss diesen Body unter Kontrolle bekommen. Du erschwerst mir die Sache ziemlich. Wenn wir nicht eins sind, dann können wir den Body auch nicht optimal steuern“!

Eins werden… das hörte sich schon wieder sexistisch an.

„Du hältst mich gegen meinen Willen hier fest! Du kannst mich auch, wie Lydia oder Ben zu einem willenlosen Sklaven machen! Dann wäre alles weitaus einfacher für dich“!

Ich zickte zynisch herum und mein Haar flog mir kurz ins Gesicht, weil es hier auf der Klippe schon etwas windig war.

Als ich klare Sicht schaffen konnte, blickten mich Tais große traurige Augen an.

Gruslig, wie schnell er sich doch unbemerkt fortbewegen konnte.

„Dann würdest du als Medium nichts mehr taugen“!

Ja, mehr war ich in seinen Augen auch nicht. Ein Medium, was seinen Roboter steuerte.

„Mehr als das hast du wohl nicht im Kopf“!

„Es ist mehr als das! Du ahnst nicht wie wichtig diese Kampfmaschinen für das Land und die Regierung sind“!

Ich ballte die Fäuste. „Was interessiert mich das? Ich will meinen Freund und mich selbst zurück in meiner Bucht sehen, ich will in keinen Millitärspiel verwickelt werden. Ich bin kein Kriegsheini wie du und ich will es auch nicht werden. Wieso kapierst du das nicht endlich“?

„Wie kannst du nur so egoistisch sein. Was wenn dieser bevorstehende Krieg auch deine Stadt betrifft? Wenn sie dir alles um die Ohren bomben, dann hast du leider nicht mehr viel von deiner ach so schönen Bucht, und auch nicht von deinen Freunden, wenn die im Krieg draufgehen“!! Dabei brüllte er mich regelrecht an.

Meine Gedanken blieben für eine Sekunde stehen. Das Wort Krieg bombte mir das Trommelfell weg.

„Wie meinst du das“?

„Wie soll ich es wohl meinen. Was meinst du, wieso so viele Bodys gerade jetzt ausgebildet werden“?

„Es steht ein Krieg bevor“? Murmelte ich.

Tai blickte zu Boden. „Es ist noch inoffiziell, aber die Gardiens rüsten sich, dass ist kein gutes Zeichen. Wieso sollen sie sich rüsten, wenn sie keine feindliche Übernahme planen“?

„Und wer sind diese Gardiens?“

„Sie besitzen so gut wie den östlichen Teil der Erde. Alles das, was damals reich an Bodenschätzen war. Diese neigenden sich jetzt dem Ende zu. Unsere Industriestaaten verweigern Kooperation mit den östlichen Ländern, weil sie befürchteten, durch die Übermacht des Ostens, würde der westliche Teil der Erde noch ärmer. Die Industriestaaten des Ostens dursten nach mehr Rohstoffen, und die wenigen Industriestaaten unserer Erdhälfte wollen ihre Ressourcen um jeden Preis behalten. So ist ein Konflikt entstanden“!

Es ging hier nur um Erdöl oder andere beschissene Rohstoffe?

„Natürliche Ressourcen können doch keine Waffen herstellen, können kein Metall und auch eine Chemie erzeugen. Was soll das? Hatte die Regierung geglaubt, der Osten würde sich so einfach mit nichts abspeisen lassen“

Ich spürte, dass er zornig, verzweifelt war, denn alles, was er tun konnte, war wohl sein Land zu verteidigen. Mir schien es auch so sinnlos, wieso zwei Mächte wegen anorganischen Stoffen so stritten.

Es war nichts mehr als ein Kinderstreit, um eine Sandkastenschaufel, wer die höchste Sandburg damit bauen konnte.

Tai hatte sich ins Gras gesetzt. Ich tat es ihm gleich und blickte mit ihm eine Weile über das blaue Meer.

„Es ist schön, nicht war“? Murmelte er.

„Ja, ich liebe es. Ich liebe den Geruch, ich liebe die Kälte, ich liebe das Salz auf meiner Zunge“, murmelte ich und lächelte ein wenig in mich hinein.

„Du würdest um deine Liebe kämpfen, nicht war“?

Er saugte an seiner Unterlippe herum, während er das Gras unter seinen Händen zwirbelte.

„Du würdest für deine Liebe kämpfen“?

Ich wurde etwas rot. „Wie meinst du das“?

„Das hier“, dabei zeigte er auf das Meer. „Das ist die Liebe, die du beschützen musst. Du weißt, dass Krieg nicht nur Menschenopfer fordert. Es heißt Zerstörung, für jegliche Art von Leben“!

Ich nickte.

Dann blickte er mich an.

„Dann lass uns zusammen kämpfen, lass uns deine Liebe beschützen“!

„Meine Liebe beschützen“?

„Ja“.

„Was ist mit deiner Liebe“? Ich wurde wieder etwas rot. Was war es wohl, was Tai am meisten liebte, wofür er kämpfen wollte.

„Soldaten wie ich es bin, brauchen keine Liebe. Sie wurden nicht erzogen, um zu lieben. Nur um Befehle auszuführen und zu gehorchen“.

Es war wieder einer dieser Antworten, die Tai so unnarrbar und so gefühlskalt schienen ließen. In manchen Momenten jedoch wirkte er verletzlich. Ich wusste, dass er dieses kriegerische Soldatenbild aufrechterhalten musste. Es war sein Job, es war allerdings nicht sein Wille.

„Tust du es, um die Liebe deines Vater zu gewinnen“? Fragte ich leise und zog dabei meine Knie eng an meinen Körper.

„Mein Vater…“?

„Ja, ich hab damals schon gespürt, wie untergeben du ihm bist. Du sahst ihn so voller Erfurcht an, so als ob du Angst vor ihm hättest, Angst ihn zu enttäuschen“.

Tai antwortete mir nicht. Vielleicht hatte ich mit meiner These Recht.

Vielleicht war er der Sohn, der sich immer zu vor seinem Vater behaupten musste, dieser seinen Sohn aber nie wirklich wahrnahm und er auf ewig um die Gunst des Obersten Familienhauptes rang.

„Deshalb willst du unbedingt diesen Body steuern“! Meine Hand verirrte sich auf seine Schulter. Jetzt wurden mir Tais traurige Augen klar.

„Was weißt du schon“?

Er wischte meine Hand ruppig von seiner Schulter und hastete auf die Beine.

„Sieh mich an, ich bin so dünn und schwach, wie soll ich mit den anderen mithalten? Sie wachsen mir über den Kopf! Ich als Sohn des Kommandanten müsste eigentlich die Bodygarde anführen, aber dafür bin ich einfach zu schwach!!!!

Wie also soll ich meine körperliche Schwäche kompensieren??“

Er blickte so hasserfüllt auf mich nieder, dass mir plötzlich klar wurde, dass er mir die Schuld am Trainingsmisserfolg gab.

„Du hast Recht! Ja, ich brauche dich, um den Body zu steuern, weil du bisher das einzige Mädchen warst, was außerordentlich große mediale Kräfte besessen hat. Deshalb hab ich doch auch so schnell gebrandmarkt, weil du mir gehören solltest!! Du wirst meine körperliche Schwäche ausgleichen!!!“

Er wollte mich packen, sicherlich wieder in den Body zurückschmeißen, doch das war er mir gerade so herzlos an den Kopf geknallt hatte, es brach mir das Herz.

Innerlich hatte ich damit gerechnet, aber in mir hatte ein funken Hoffnung gebrannt, er würde es nicht nur aus egoistischen Gründen tun.

Ja, ich war eifersüchtig, ich hatte mich in seiner Nähe, in seinen Armen wohl gefühlt, und das hieß ja wohl nichts anderes, als das ich Gefühle für ihn entwickelt hatte. Für meinen eigenen Kidnapper.

Skurril, und irgendwie wie im Fernsehen.

Aber meine Dummheit und Naivität zahlten sich jetzt aus. Es gab mir den eigentlich schon längst überfälligen Tritt in die Brust.

Wenigstens war er jetzt Manns genug, nachdem ich ihn wohl auf seinen wunden Punkt angesprochen hatte, mir die Wahrheit zu sagen, und mich nicht ständig mit irgendwelchen verbalen Beschwichtigungen und Friedenspredigten hin zu halten.

Ich war ihm kurz ausgewichen und krabbelte das Gras entlang.

Tai schimpfte hinter mir herum und ich fing plötzlich an zu Schluchzte, weil ich es nicht ertragen konnte, weil ich verletzt war und weil ich mich hasste, dass ich so dumm sein konnte.

Ich spürte seinen Körper in meinem Nacken und seine Hand, die mich gewohnt ruppig auf die Beine zog. Ich konnte ihm nicht entfliehen. Auch wenn er in seinen Augen eine körperliche Schwäche hatte, reichte es immer wieder, mich einzufangen.

Ich versuchte mich gegen seinen harten Griff zu wehren, schlug um mich, spürte seine Muskeln unter meinen Finger, die sich in seinen Oberarm bohrten, hob die Beine, trat um mich, doch schon bald lag ich unter ihm, mit verschlossenen Augen, weil ich es nicht ertrug, ihm ein weiteres mal ins Gesicht zu blicken, um wohlmöglich noch mehr Wahrheit von ihm an den Kopf geknallt zu bekommen.

Der dicke Klos in meinem Hals erschwerte das Atmen und so keuchte und Wimmerte ich herum, wie ein Kind.

In mir staute sich Wut, weil ich ihn zu hassen begann, weil er mich ausnutzte und einfach mein Leben zerstört hatte.

Sein Keuchen war nicht zu überhören, er kauerte über mir und erwartete, dass ich ihn ansah, dass ich ihm wahrscheinlich vor Angst ewige Treue und Untergebung schwor.

„Sieh mich an verdammt“!!!!!

Ich konnte nicht. Noch immer kniff ich meine Augen zusammen und drückte meine Wange ins Gras.

„Mach die Augen AUF“!!!!

Er hatte seine Hand um meine Wange gelegt und riss mein Gesicht zu sich. Durch die Tränen nahm ich sein Gesicht nur schemenhaft war.

„Wir werden eins sein!! Wir werden eins sein Blue!“

Wieder presste er seine Stirn gegen meine und sein heißer Atem drückte sich gegen mich, fast unangenehm und bedrohlich.

Ich hielt es nicht aus, mich so von ihm versklaven zu lassen. Ich hatte zwar nicht die körperliche Kraft mich gegen ihn zu wehren, aber mein Wille ergab sich ihm nicht. Nicht freiwillig. „NIEMALS“! Schrie ich ihm schließlich entgegen und versuchte meinen Kopf aus seiner Hand zu drehen.

„TAI“!

Ich spürte seine Lippen an meiner Wange und immer wieder versuchte er mich zu küssen, doch durch mein wildes herumgezappel brachte er es auf keinem vernünftigen Kurs.

„TAI HÖR AUF“, schrie ich panisch. Mein Zappeln wurde immer hilfloser und unkontrolierter. Die Gelenke meiner Hand schmerzten, weil sie so fest von ihm zu Boden gepresst wurden, schon über mehr als einer Minute.

Zwischen meinem Geschrei spürte ich plötzlich eine Erschütterung und dann einen seltsam pochenden Laut. Als auch Tai davon Kenntnis nahm und seinen Blick hinter sich

warf, stürmte der Body auf uns zu. Völlig unkontrolliert.

Tai sprang instinktiv von mir auf, wohl noch nicht so recht wissend, was gerade passierte.

Ich hatte keine Zeit und auch keine Nerven, ich klebte auf dem Rasen wie angewachsen und im selben Moment sprang Tai beiseite, der Body holte mit dem linken Arm aus, und schob sich mit ihm unter meinen Körper. Ich spürte das kalte Metall unter mir und schließlich erblickte ich das weite Meer.

Der Body, er hatte mich vor Tai gerettet!
 

In dieser schwammigen, wabbligen Hülle aus biologischen Substanzen, wie mir damals Busen Lydia erklärt hatte, saß ich nun mittlerweile schon seit Stunden herum. Von meiner Kapsel aus blickte ich auf das Meer, welches ruhig und besonnen vor sich hin schwabble. Wie ich, im Takt auf und ab.

Der Body war auf den Felsen, 20 Meter unterhalb der rrriiiesen Klippe zum stehen gekommen. Vielleicht meinte er, dass ich hier vor Tai in Sicherheit war. Diese Fusion, diese Verbindung, welche ich mit dem Body damals eingegangen war, schien ja mehr als nützlich zu sein, obwohl Tai selbst ja der Pilot war und ich nur die Batterie, oder was auch immer. Er schien mich vor allem Bösen zu beschützen.

Meine Augen und mein Kopf schmerzte vom vielen Heulen und nachdem die Sonne untergegangen war, begann der Body langsam die Klippen hinaufzukrackseln. Ich wusste, dass er wieder in den Trakt kehren wollte, was mit mir dann geschah wusste ich nicht. Ob ich mich je aus der grünen schwabbeligen Masse hinaustrauen würde, wusste ich auch nicht.

Nein eher nicht.

Nicht wenn Tai da war.

Höchstens wenn keiner da war.

Oder… vielleicht doch nicht.

Es lebte sich doch ganz gut in solch einem Body. Warm, nass, ohne Essen, also nie Figurprobleme.

Man hatte uns sicherlich schon längst erwartet, denn die Lichter der Schleuse, der Zugang zum Trakt, der das Umland mit der Hightechgerage verband, brannten hell. Es musste schon weit über 10 Uhr gewesen sein, da wo die Soldaten eigentlich immer in ihren Gemeinschaftsräumen Bier tranken und Schmuddelheftchen teilten.

Der Body setzte sich schließlich wieder auf deinen Stuhlparkplatz und es kehrte Ruhe ein.

Ich blickte durch Kapsel hinaus.

War auch wirklich keiner da?

Kein Tai, oder Lydia oder so ein Zwangsvollstrecker der mich nun doch die Klippen hinunterwarf, weil ich jetzt sicher nutzlos geworden war.

Oder ein Doktor mit na riesen Spritze, die er mir in den Hintern rammte, um mir dann meine Seele und meinen Willen zu nehmen.

Die Beine fühlten sich wacklig an. Mir war schlecht vor Hunger und mir war kalt.

Wieder versuchte ich zu verhindern, dass mein Gesicht durch Tränen nass wurden, obwohl der Schleim der Kapsel ja schon sein bestes in Sachen glitschiges Durchnässen gegeben hatte. Das Stampfen auf den Boden linderte nicht sonderlich meinen Schmerz.

Wieso hatte ich auch angenommen, Tai würde das wirklich aus Nettigkeit und Heldenhaftigkeit tun. So etwas wie Helden gab es doch schon lang nicht mehr. Vielleicht damals in der Steinzeit, da wo Mann noch das Wild erlegt hatte und damit das Überleben der Familie sicherte.

„Geht es dir gut“?

Ich hatte doch alle Seite abgecheckt, wo kam der denn jetzt auf einmal her?

Vor allem, wer war er?

Blond, charmant…

Koscha!?

„Wie… so“?

Ich hatte Angst, er würde mich jeden Moment packen und zu Tai schleifen und der würde seine „miteinander eins werden“ brutal in die Tat umsetzen.

„Keine Angst, wir sind allein! Ich hab das mit dir und Kid gehört. Er hat wohl die Nerven verloren“!

Kid? Alle nannten Tai Kid. „Was willst du dann noch“?

Ich zog meine Arme um meinen Körper. Es war kalt und dieser Kerl war mir unbehaglich, nicht nur weil der Overall so eng war, dass ich ihn mir hätte auch sparen können, und man damit zum Sexobjekt mutierte.

Er war auch nett, und er war kein Schrank oder kein Tai, die einen zu einem Medium machen wollten.

„Ich bin Chris“!

Er reichte mir die Hand. Chris hatte blonde kurze Haare, blaue Augen und ein sanftes Lächeln. Er wäre genau mein Typ, würde er nicht hier in diesem Trakt stehen, und einen schwarzen Kampfanzug anhaben. Alle Leute dieser Sekte hier hatten einen Knacks weg, egal wie niedlich sie auch ausschauten.

„Ich bin Blue“.

Er lächelte erleichtert. „Schön, dann komm mal mit. Wir werden dir mal etwas ordentliches anziehen, dann werde ich dir alles erklären“!
 

„Wieso wohnst du nicht im Dorf“? Wollte ich wissen und stellen die Dusche ab.

Auf dem Sims des Bades lag ein Handtuch, er musste es mir hingelegt haben.

„Das lohnt sich nicht. Ich hab ja ständig Bereitschaft. Ich bin Techniker im Trakt musst du wissen.“

Ich lugte mit dem Handtuch um den Körper aus der Tür hinaus.

„Hast du etwas zum Anziehen“?

Er lächelte lieb und kramte kurz in seinem Schrank herum, ehe er ein Hemd und eine schlabberige Hose gefunden hatte.

Sie passte mir zwar nicht, ich musste sie auch festhalten, das Hemd irgendwie knapp unter meinen Baunabel zusammenknoten, aber es verdeckte das, was Männer nicht sehen durften.

„Kid“?

Er saß an seinem Schreibtisch und kritzelte herum.

„Ja Kid, weil er doch der Sohn des Obersten ist“!

„Achso, jetzt wo du es sagst“, murmelte ich und blickte mich bedenklich um. Konnte ich diesem netten Chris wirklich vertrauen? Zugegeben, was hätte er schon großartiges mit mir Anfangen können, außer meinen Luxusköper zu begaffen. Anscheinend hatten nur Piloten von einem Medium etwas. Nach meinen Informationen jedenfalls zufolge.

Ich wusste nicht so recht was ich ihm sagen oder fragen sollte. Jede 2 Minuten kam diese irreführende Gesprächspause die jemand dann nach weiteren 30 Sekunden mit einer doofen Frage beenden wollte.

„Wieso hattest du denn Streit mit Kid? Es geht ja rum, dass du eigentlich etwas mit neu neuen Face haben sollst“!

Chris wusste mehr, Chris wusste glaube ich auch den gesamten Tratsch, der so über mich erzählt wurde. Bei der Frauenminderheit war mir klar, dass der Fokus auch nicht alt zu groß an Gesprächsthemen war.

„Was ist ein Face“?

„Leute denen sie das Gehirn ausradiert haben. Willenlose Puppen, die hier wie Zombies herumrennen. Du müsstest doch einen kennen“!

Ja richtig! Ben war also ein Face. „Weißt du wo er ist? Geht es ihm gut? Kann ich ihn sehen“?

Chris hob die Hände. „Ich kann dir dazu nichts sagen. Ich bin nur nen Schraubenheini. Was im Labor passiert ist mir fremd. Da musst du dich mit den Chefs unterhalten. Aber ich denke mir, die Face schlafen auch im Labor, haben da ihren Trakt, aber so genau kann ich dir das nicht sagen“!

Ich nickte enttäuscht. Selbst wenn ich Ben finden würde, wie sollte ich ihn wieder zu dem machen, was er eigentlich ist? Ein Mensch mit Seele und Verstand.

Mit dem Hirn, dass sich an Blue, seine beste Freundin erinnert.

„Blue, was willst du jetzt machen? Willst du zurück zu Kid“?

Darüber hatte ich mir noch keine Gedanken gemacht. Tai würde mich auf jedenfalls finden. Ich hatte ja ne Suchmaschine am Bein, bei der Technik wäre das kein Problem mich ausfindig zu machen. Schließlich hatten sie hier auch Riesenmaschinen die sich mit süßen Mädchen verbünden konnten.

Chris erzählte mir die Nacht hindurch, wie der Body funktionierte, wie man hin wartete, wie man ihn richtig putzte, wieso das überhaupt ging mit Mensch, Medium und Body und überhaupt, wieso der Body mich vor dem bösen Tai gerettet hatte.

„Ganz einfach. Durch die Verbindung nimmt der Body deine Gefühle auf und verarbeitet sie. Selbst wenn du nicht in ihm sitzt. Das zeigt schon, wie groß deine mentalen Fähigkeiten sind und wie gut du mit dem Body kommunizieren kannst. Deine Gefühle haben dem Body eine Flucht signalisiert, was er dann auch getan hat. Da Kid nur der Pilot ist und keine sonderlich gute Verbindung mental mit dem Body eingehen kann, und da er dich braucht, wurde er selbst vom Body noch als Gegner, bzw. nicht als Partner erkannt“!

„Das wird Tai nicht gefallen haben“!

„Soweit ich weiß ist Kid, alias Tai ja dafür bekannt sehr ehrgeizig zu sein. Er hat verständlicher Weise auch eine Pflicht zu erfüllen, weil sein Vater nun mal der Chef hier ist. Doch er scheint Mühe zu haben, dem gerecht zu werden“.

Chris hatte wohl Recht. Wenn ich mir so vorstelle, die ganze Zeit unter Druck zu stehen und Tag für Tag einem Klischee gerecht zu werden, ich würde mehr als öfters die Fassung verlieren. Wobei Tai ja recht bodenständig und kühl wirkt, jedenfalls vor seinem Wutausbruch, der sich gegen mich gerichtet hat.

„Das Problem ist, du wurdest durch einen Biochip von ihm markiert! Wenn du frei sein willst, dann musst du ihn dir rausschneiden“!

Mit nem Messer oder mit den Fingernägeln?

Ich seufzte langsam und drückte meinen Kopf in das Kissen unter mir.

Chris musste heut auf dem Boden schlafen. Die paar Stunden zumindest, die von der Nacht noch übrig geblieben waren.
 

Kapitel 7/ENDE

Tamponlektion

Kapitel 8/ Tamponlektion
 

Am Morgen nahm er mich dann mit in die Kantine, pappige Brötchen essen.

Die Kantine war nicht groß, weiß und kahl und roch nach Frittierfett Fett. Im Saal war ich die Hauptattraktion, entweder, weil ich ein Mädchen war und Brüste hatte, oder weil ich die Schnecke war, die Kid, den Sohn des Chefs, bloßgestellt hatte.

Mag sein das beides zutraf, denn es wurde getuschelt und geglotzt.

Chris verabschiedete sich nach dem Essen von mir und ich irrte schließlich allein im Trakt herum, weil ich mich nicht traute, in die riesen Halle zu den Bodys, zu gehen.

Weil ich mich nicht traute, Tai zu sehen, aber das erledigte sich dann auch von selbst, als ich ihn im Gang sah.

Die nächste Ecke war zu weit weg, und er hatte mich auch schon gesehen, sinnlos also jetzt panisch wegzulaufen, und sicherlich auch viel zu peinlich! Er müsste doch jetzt peinlich berührt abdampfen.

Tais Schritte jedoch wurden nicht langsamer, im Gegenteil, er beschleunigte seinen Schritt und plötzlich stieg in mir Panik hinauf. Meine Hände pressten sich gegen die Brust und ich senkte meinen Blick zu Boden.

Nur ein kurzer Windhauch, dann war er an mir vorbeigegangen.

Ohne ein Wort.

Kein Blick.

Nichts, außer einem kalten Hauch, den ich noch immer an meiner Haut spürte.

Es war nicht erleichternd für mich, dass er mich ignoriert hatte.

Es war schlimm, es war sogar sehr schlimm.

Ich drehte mich um und blickte ihm nach, dabei bemerkte ich, dass er langsamer geworden und schließlich kurz vor einer Ecke stehen geblieben war.

Ich hoffte er würde sich umdrehen, doch keine Sekunden später war er endgültig hinter der Ecke verschwunden.

Ein dicker Klos drückte sich durch meine Kehle. Die kalte Wand hinunterrutschend fand ich mich schließlich auf dem Boden wieder.

Es half alles Zureden nicht.

Ich weinte, leise und heimlich, weil er mich anscheinend hasste…. und ich, ich konnte es ihm noch nicht einmal gleichtun.
 

Lydia saß auf der Couch und fummelte mit ihren zarten Händen ein Taschentuch auseinander. Sie nahm mich war, weil sie sich erschreckte, als die Diele knarrte.

„Lydia“?

Ich murmelte nur leise, weil ich merkte, dass etwas nicht mit ihr stimmte.

Sie drehte sich mit ihren braunen Wuschelhaaren um und blickte mich an.

Sie hatte geweint.

Bestimmt mega Mopstränen. Ich fluchte innerlich. Jetzt musste ich auch noch als Seelsorgerin hinhalten. Obwohl, wieso war sie als willenlose Barbiepuppe denn traurig, dass konnten doch so genannte Face gar nicht.

Oder irrte ich mich da?

„Herr Tai ist gegangen. Er war wütend und…“!

In meinem Magen wühlte sich ein komisches Gefühle empor. Ich hoffte, dass sie den Satz nicht mit „er hat mir wehgetan, mich geschlagen oder wollte eins mit mir werden“ beendete.

„…. Hat mich angeschrieen. Ich weiß einfach nicht was ich falsch gemacht habe, dass der Herr so böse mit mir ist. Was soll ich denn jetzt tun“?

Wenn das ihr einziges Problem war, dann würde ich gerne zu na großbrüstigen Barbie mutieren. Dann war mein Leben wenigstens einfach und zumeist auch zweckerfüllt.

Ich kratze mir den Kopf. Es wäre jetzt echt fies gewesen, einen coolen aber auch hinterhältigen Spruch zu lassen, den ich ihr aus Hass ja sonst auch immer an der Kopf knallte, nur dumm dass sie ihn nie wirklich wahrnahm (klar doch, sie war zu dumm….).

„Das ist nicht deine Schuld“, murmelte ich und legte meine Hand auf ihre Schulter.

Lydia machte große Augen.

„Ich verstehe… er ist auf euch böse“!

Jaaaaa….wieso auch nicht noch einmal von der Lydia.

Schmiere es mir aufs Brot, Busenfreundin!!!!!!

Ich versuchte nett und dennoch etwas verkrampft zu lächeln.

„Na ja, so direkt gesagt, stimmt das nicht“!

„Aber ihr wart es doch, die mit seinem Body abgehauen ist“?

Ja verdammt, aber das war ja nicht indirekt meine Absicht gewesen.

„Wo ist Tai denn jetzt hin“? Wollte ich wissen.

Lydia überlegte kurz. Ich denke er ist in der Trainingshalle. Er hatte seinen Trainingsanzug an“!

Und wo war die Trainingshalle??? Egal, das Biest kam einfach mit, allemal besser als sich den Weg mit ihrem kaum vorhandenen Wortschatz erklären zu lassen.

Ich nahm Lydia also an die Hand und zerrte sie mit mir nach draußen. Ihr Kopf reichte grotesker weise noch dazu aus, um uns an den Strand, in ein seltsames Metallgebäude zu führen. Schränke gingen dort ein und aus und sie rochen erbärmlich nach Schweiß. Also zu 80 % waren wir hier richtig, doch so recht traute ich mich noch nicht, ins Ungewisse zu gehen.

Was sollte ich ihm denn sagen, wenn er vor mir stand?

Äh, sorry, das mit dem Body, das war keine Absicht, aber du warst so furchtbar gruslig das meine mentale Kräfte mit mir durchgegangen sind.

„Heeeyy.. Mädelss“!

In meiner tiefsinnigen Überlegung platzte plötzlich Maike, der komische Kumpel der Tai immer verprügelte, hinein.

„Was…was macht ihr denn hier. Sucht ihr etwa mich“? Er stotterte gerade Lydias Brüste an.

„Wir suchen Tai“, erwiderte ich und stellte mich vor Lydias monströsen Brustumfang.

„Der.. der ist äh noch in der Halle…“, stotterte Maike. Selbst wenn er nicht auf Lydias Brüste starrte, kam er ins Stottern.

„Lydia..Lyydia… könnte ich kurz mal“?

„NEIN“!!! Kann sie nicht… jedenfalls nicht mit ihm… sie würde dastehen und er würde ihr auf die Brüste starren.

„Kann ich kurz mit dir reden Lydia“?

Was gab‘s da zu reden? „Versuch erstmal ihre Augen zu finden, dann sehen wir weiter“! Blaffte ich doch Lydia hielt mich zurück. „Ist etwas passiert“? Murmelte sie und trat an Maike heran. Ich fasste es nicht. Wie konnte sie nur so blauäugig sein. Die Nummer war doch uralt!!

„Bitte, tun sie mir den Gefallen und gehen sie schon mal ohne mich voraus Blue“! Ich fing jetzt plötzlich auch ihren Namen an zu stottern. „Lydia, das ist nicht dein Erst!“

Sie sah mich nur so vorwurfsvoll an, so als ob sie sagen wollte: dieser arme Mann brauch Hilfe, er redet so komisch, was soll ich denn sonst tun?

Ich schnaufte und drehte mich zum Eingang der Halle. Noch einmal tief durchgeatmet, dann betrat ich die miefenden Höhle des Löwen.

Durch zwei Türen endlich gelangte ich in die Trainingshalle, die eigentlich so ziemlich alles mit der Sporthalle meiner Schule gemeinsam hatte. Bloß das dort ab und zu mal gelüftet wurde.

Nach 4 Minuten hatte man sich aber an den Mief gewöhnt, oder meine Nervenzellen hatte es weggesprengt. Jedenfalls konnte ich mich endlich voll auf die Suche nach Tai konzentrieren.

Noch immer hatte ich nicht meinen Anfangssatz gefunden, und eigentlich auch nicht den rechten Anlass meiner Suche nach Tai. Mir drückte es bloß so, weil er auf mich böse war.

Vielleicht auch weil er mich ignorierte und weil ich eigentlich diejenige war, die ihn manchmal zum Strahlen gebracht hatte. Der Gedanke, ich könnte jetzt einfach durch ein anderes Medium ersetzt werden, hielt ich nicht aus. Ich war Blue, die gut aussehen mentalstarke Prinzessin…Seekuh, die eigentlich nur verwirrte Gefühle hatte.

Ich hatte mich an den Rand des Feldes an einer Wand gepresst und spähte durch den Raum.

Kein roter Schopf, dabei musste er doch kaum zu übersehen sein.

Wieder spürte ich eine Spur Blut in meinem Mund.

„Wieso suchst du nach mir“?

Ich schreckte auf und bemerkte etwas neben mir an der Schulter.

Er hatte sich unbemerkt neben mich gestellt.

Gerade wollte ich Abstand von ihm nehmen, doch er hielt mich fest und zog mich zurück an die Wand. Ich schnaufte, plötzlich wurde ich nervös.

Seine roten Haare, seine grauen Augen, deine blasse Haut, seine Miene.

Tai war Tai, so wie immer, nicht böse, nicht fröhlich, einfach nur Tai und er stand neben mir und hielt meine Hand.

Hitze stieg mir ins Gesicht.

„Ich….“, jetzt fing ich an zu stottern… dabei hatte er noch nicht einmal große Brüste.

Keinen vernünftigen Satz brachte ich über meine wund gebissenen Lippen.

„Wieso bist du hier“?

Noch mal fragte er und noch einmal versuchte ich etwas zu sagen, doch ich wusste selbst nicht, wieso ich nach ihm suchen musste.

Seine Finger, die sich um mein Handgelenk gelegt hatten, fuhren langsam in meine Handflächen und umschlossen sie.

„Ich…“, jetzt war ich verwirrt. Er blickte mir in die Augen und nickte. „Komm mit“!

Dann ging es vorwärts.

Wenn meine Hände jetzt feucht wurden, wie peinlich wäre das denn??

Mein Herz pochte mir ins Gehirn, meine Wangen fühlten sich heiß an, ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Gebannt starrte ich auf seine und meine Hand. Tai schlängelte sich an großen Männern vorbei und erreichte mit mir hinterher stolpernd endlich eine kleine Tür.

„Hier durch, dann wird’s schon gehen“, hörte ich ihn sagen. Er öffnete den Ausgang und ich spürte sofort eine kühle Meeresbriese mein Gesicht entlang steifen.

Es dauerte nicht lange, dann standen wir auf einer grünen Wiese, unter uns der Strand und vor meinen Augen das Meer.

„Sag mir was ich falsch mach Blue“!

Der Wind blies einmal stark über unsere Köpfe hinweg. Es roch salzig, leicht nach Algen und nach Freiheit.

Wie falsch? Er war ein Mann, das war das Falsche daran.

Sein Gesicht wandte sich zum Meer und er blickte nachdenklich zum Strand.

Ich seufzte.

„Den Schniepel anschneiden kannst du dir ja schlecht, oder“?

Sein Gesicht wurde blass. Ich wusste, dass ich jetzt etwas angesprochen hatte, was er nicht so recht einordnen konnte.

„Wie…meinst du das?“ Ich verwirrte ihn und irgendwie war es niedlich.

„Verstehst du nich? Du hast mir meine Familie und meine Freunde genommen. Ich war, bevor du aufgetaucht bist, ein normales Mädchen mit normalen Gefühlen und nem normalen Lebensstil. Und jetzt sitze ich in einer Kampfmaschine mit dir und soll die Welt retten. Du hast mich dazu gezwungen, du hast mich nicht um Erlaubnis gefragt. Wieso sollte ich dir also entgegen kommen? Ich bin kein Soldat, der schon von Geburt an irgendwie im Krieg steckte und keine Freiheit gewohnt ist. Ich bin es aber, ich war ein freies Mädchen, und nun steckst du mich in eine Jacke die ich nie tragen wollte“!

Tai blickte an mir hinunter. „Es ist eng und weiß, wieso gefällt es dir nicht“?

Ich schrie laut auf. „Tai, verstehst du mich denn nicht eine winzig kleine Spur“?

Er murmelte und überlegte, dann nickte er.

„Dann willst du nicht bei mir sein“!?

Bei ihm sein? Ich wurde plötzlich nervös. Ich war zu ihm gekommen, weil ich es nicht mehr aushielt, dass er mich ignorierte.

„Tai…“, meine Stimme wurde quenglig.

„Du hast Recht, ich kenne es nicht anders. Ich kenne nur die Art, wie ich Lebe. Das ich schon als kleines Kind Befehle ausführen musste, ohne wenn und aber. Ich hatte angenommen, auch andere Menschen könnten sich so leicht mit ihrer Aufgabe abfinden. Du bist wohl anders als die anderen hier“! (nicht nur das ich keinen Schniepel hatte)

Er kraulte sich durchs Haar und blickte erneut den Strand entlang. „Komm mit“, murmelte er und nahm erneut meine Hand. Wir liefen eilig den Hang zum Strand hinunter. Beinahe wäre ich auf ihn gefallen, weil ich kurz das Gleichgewicht verlor und lachend Tai schubste.

Der Sand flog kurz hinauf in die Luft und wir liefen kichernd den Strand entlang, bis Tai mich schließlich zum Stehen brachte und an den Armen einmal im Kreis drehte. Er keuchte, lächelte mich an und wischte sich grinsend eine Träne aus dem Augenwinkel.

Ich musst noch immer lachen, weil er bei meiner Schubsaktion so komisch gequietscht hatte, dass ich nur noch mehr die Kontrolle über meine Beine verloren hatte.

Er senkte seinen Kopf und kniete sich zu mir hinunter.

„Was tust du da“?

Er löste die Fessel an meinem Bein und blickte mit seinen grauen Augen zu mir hinauf.

„Du hast gesagt, ich würde dir deine Freiheit nehmen. Ich offen ich mache es damit etwas erträglicher. Aber, jetzt, da ich dir den Sensor vom Fuß montiert hab, ist es dir möglich zu fliehen“.

Ich schluckte. Er hatte Recht. Ich konnte jetzt einfach hinaus aufs Meer schwimmen und fliehen, ohne das mir mein Bein um den Kopf flog.

Aber wollte ich das auch?

„Bitte bleib bei mir“.

Seine Haare wehten kurz in sein Gesicht und er sagte diese Worte, die mir sehr viel bedeuteten ohne Unterton, ohne Gewissen mir einfach ins Gesicht.

„Bitte bleib bei mir“. Noch mal.

„Tai ich…“!

„Ich brauche dich.“ Er ließ mich nicht zu Wort kommen. Ich glaube er wollte nicht hören, dass ich nach Hause wollte und dass ich es jetzt auch wahrscheinlich versuchen wollte.

„Blue“!

„Ja…“?

Er sah mir in die Augen und ich fühlte mich plötzlich wie in einem Hollywoodfilm. James Bond mäßig wo der James dann ins explodierend Haus rannte und vorher seinem Bondgirl noch ein dramatisches Liebesgeständnis machte.

„Lass uns Freunde sein“.

Ich blickte ihn verdutzt an.

Freunde…. Freunde war doch das nettere Wort für Flaschenträger oder Haushaltshilfe.

Freunde???

„Äh…ja. Dann machen wir das so“. Stammelte ich wirr.

Er lächelte mich an. „fein“!

Fein?

Was war mit Tai passiert?

„Woher kommen plötzlich deine Emotionen. Das ist beängstigend“!

Tai hatte seinen Pullover über den Kopf gezogen und rannte ins Wasser.

„Ja, jetzt kommt Spaß auf den Stundenplan“. Er reichte mir die Hand. Ich verzog meine rechte Augenbraue, blickte an mir hinunter und überlegte kurz. Ich hatte etwa 4 solcher Kleider im Schrank zu hängen, dass hier könnte also auch ruiniert werden. Ich hob mein Bein und spritzte Tai eine Ladung Salzwasser ins Gesicht.

Ich glaube das war das erste mal, dass ich so mit ihm unbeschwert und ehrlich Lachen konnte. Wir hatten uns im Meer kennen gelernt und vielleicht sahen wir uns auch das letzte Mal im Meer. Bis es soweit war, wollte ich diese Augenblicke, in dem Tai nicht der Krieger und Kämpfer der Nation war, ausnutzt.

Ich spürte seine Arme um mich, als er mit mir über das flache Wasser des Strandes preschte.

Ich hörte sein Lachen, ich sah seine fröhlichen Augen und nichts sehnlichster hätte ich mir gewünscht, dass dieser Augenblick für ihn und für mich nie wieder enden würde, so schmalzig und romantisch es auch klang.
 

In der Nacht vernahm ich ein Knarren vor meiner Tür.

Mein Herz fing plötzlich wild zu klopfen an und Adrenalin schloss durch meine Adern.

Wer war da und was wollte er?

In diesem Dorf konnte man ja nie wissen.

Ich schlüpfte aus dem Bett und schlich an die Tür heran. Meine Ohren vernahmen nichts mehr doch plötzlich roch ich etwas Unverwechselbares. Es war zwar nur sehr leicht, aber es roch nach Tai. War er es, der vor meiner Tür herumschlich?

Langsam öffnete ich sie und spähte in den Flur.

Niemand, nur ein Hauch seines Duftes, der sich langsam verzog.

Ich wusste es, ich wusste und spürte es ganz genau. Er war hier gewesen, aber wieso?
 

Die Segel der Nussschale spannten sich und Tai ließ den Motor laut aufknarren.

„Was hast du vor“? Wollte ich von ihm wissen.

Lydia war zu Haus geblieben und machte sauber. Sie hatte sich ziemlich verändert. Irgendwie wirklichte sie lebendiger. Ob das wohl an Maike lag, oder an ihrem neuen Kleid? Ich hatte keine Lust sie danach zu fragen, weil sie mir bestimmt von ihrer tollen Lovestory, die ich ja nicht hatte (nur nen Freund), erzählte.

Tai meinte, dass es mir gefallen und das meine Hilfe sicher sehr nützlich sein würde. Na ja, kochen war es auf jedenfalls schon mal nicht.

Wir erreichten schließlich fremde Ufer und ich musste feststellen, dass Tai mich in ein Dorf geführt hatte. Gleich am Steg sah ich ein großes Haus wo Supermarkt draufstand.

„Du gehst mit mir einkaufen“??

Ich frohlockte glücklich hin und her und erstellte schon mal eine grobe Liste im Kopf.

„Hätte ich das gewusst, dann hätte ich gestern Abend nicht ein komisches Buch über Regenwaldpflanzen gelesen, sondert ne Einkaufsliste geschrieben“!!

Tai war gerade im Begriff die Nussschale zu ankern, als ich bemerkte, dass er bei dem Wort „gestern Abend“ zusammenzuckte.

Keine Frage, er musste es gewesen sein. Wieso aber verschwieg es und versteckte er sich dann vor mir?

„Tai“?

Sein Kopf schnellte nach oben und sein Mund hatte sich pikiert zu einer Schnute verzogen.

„Du… warst… es…“. GGrrhh diese Stammelei. Das war mir doch noch nie bei einem Jungen passiert.

„Kid“!! Meine Stotteraktion wurde von einer laute Männerstimme unterbrochen.

Ich blickte über meine Schulter und sah einen alten dicken Mann, der auf uns zutaumelte.

„Du alte Drecksau, wer ist die Kleine denn“?

Drecksau? Hatte ich mich etwa in Tai getäuscht?

Dieser kramte verlegen in seinem Gesicht herum.

„Harry, nein…!“ Tai wirklich peinlich berührt. Ich fand‘s niedlich.

„Ist das noch einer deiner Kumpel der dich verprügelt“, scherzte ich und ließ mich von dem alten dicken Mann beäugen. „Ja süß ist sie ja. Wird ja mal Zeit das dein Vater Enkel bekommt. Wer soll denn sonst im 22 Jahrhundert die Welt wegbomben“?

Dieser dicke Mann erzählte etwas über meine und Tais Kinder, während er mir auf den Rücken klopfte. Zu fest wohlgemerkt.

„Hoffentlich kommen eure Kinder mit na normalen Haarfarbe auf die Welt“!

Der hörte gar nicht mehr auf zu Sabbeln.

„Wir wollten eigentlich nur einkaufen, keinen Kindergarten aufmachen“, murmelte ich genervt und ermahnte Tai mit nem super bösen Blick endlich etwas zu unternehmen.

„Ja schön, dann kommt man mit“, schrie der alte Mann grunzend und nahm mich in den Arm. Meine Gesichtszüge entglitten mir und meine Augenbrauen nahmen mir fast die Sicht, weil ich sie vor Ärger fast bis zum Kinn gezogen hatte.

Als wir endlich in dem recht überschaubaren Tanteemma Laden standen, fing ich also an, meine gedanklich gerade noch rechtzeitig fertig gewordene Einkaufsliste (3 Seiten) zu bearbeiten.

Tai stand neben mir und schob den Wagen.

„Wozu ist das“?

„Haarspray, das fixiert deine Stunden lange Arbeit vor dem Spiegel“!

„Wozu brauchst du einen Rasierer“?

„Ich hab auch Haare wie du! Nicht nur auf dem Kopf“!

Tai sah mir dabei überlegend ins Gesicht.

„Verstehe“!

„Was ist das“?

Genervt legte ich die Tamponpackung in den Wagen.

„Das sind Tampons. Für die weibliche Menstruation. Damit ich nicht verblute“!

Wieder wurde er blass.

„Wenn du fruchtbar bist, bist du in Lebensgefahr? Wieso tust du dann nichts dagegen? Wir können zum Arzt gehen“.

Meine Hand schlug gegen seine Stirn.

„Ich verblute doch nicht. Sag mal, hast du auch jegliche andere Bildung genossen, außer Biochemie und Konstruktionslehre“?

„Kampfsport, Ökologie, Ökonomie, Politik, Technische Mechanik, weiterführend Analysis, Stoch….“. „Ja stopp, reicht schon“! Ich hielte jetzt nicht mehr aus, auch noch seinen Stundenplan der letzten 10 Jahre mir anhören zu müssen.

„Die wissen schon, wieso sie dir die grundlegenden Begriffe der Biologie nicht beigebracht haben. Das würde euch Männer doch zu Lustkampfmaschinen machen“.

Tai wurde patzig.

„Entschuldige, aber ich wurden aufgeklärt“!

So so.

„Aber nicht wissen was ein Tampon ist“, ich grinste triumphierend.

Er bemächtigte sich der Pappschachtel und wühlte nach der Betriebsanleitung. Nachdem er sie eindringlich studiert hatte, nickte er.

„Verstehe… aber tut das nicht weh“?

Tai erhielt einen erneuten Schlag auf die Stirn von mir.

„Oh ja, deshalb seit ihr eigentlich auch das schwächere Geschlecht“.

„Wieso schlägst du mich? Ich halte mich für gewöhnlich nicht in der Damenhygieneabteilung auf, und kann mich auf den neusten Technikstand bringen“. Dabei tippte er ein kleines Schild am Regal an, wo das eben genannte Wort schon recht verblasst mit Filzstift drauf geschrieben worden war.

„Das schiebst du dir…“. Er beäugte nun ein Exemplar des Streitthemas.

„Tai“!!!!

Mit ihm einzukaufen, war wie ein Besuch im Museum.

Danach folgten noch Gummibärchen, die er übrigens erstaunlicherweise kannte, Schokolade, Shampoo für mich und für ihn und reichlich fertig Suppen und Nudeln, damit ich nicht immer Brot mit Butter schmieren musste.

Tai kaufe dann noch etwas für seine Truppe ein. Bildungsmagazine *hust* Bier und Schnaps.

Auf dem Weg zum Boot blickte Tai die ganze Zeit die Tamponschachtel an.

„Ist was“? Murmelte ich vorsichtig.

Ich sah, dass er einen leichten Rotschimmer auf den Wangen aufgelegt hatte.

„Weißt du, es ist so…“. Fing er zu Murmeln an.

„Ich hab nicht wirklich viel Ahnung von Frauen.“

Der große Macho-Tai gestand plötzlich wieder eine Schwäche.

Ich lachte. „Das merkt man“.

„Du bist so etwas wie ein Experiment für mich. Lydia ist zwar auch eine Frau, aber sie zeigt mir nicht das wahre Wesen einer Frau, da sie ja manipuliert wurde. Du bist da ganz anders. Sind alle Frauen so brutal und laut wie du“?

Was sollte das heißen?

War ich ihm nicht weiblich genug?

Dieser… Stinkstiefel. Ich hatte ne Menge Weiblichkeit zu bieten!!!

Er merkte wohl, dass er etwas Falsches gesagt hatte, weil ich ihm nicht mehr antwortet.

„Du bist schon weiblich“.

Als ich ihm die Tüten mit Schnapsflaschen reichte, musste ich ihn angrinsen.

„So einen Kerl wie dich, hab ich echt noch nie getroffen.

Da muss ich ja keine Angst um mich und meine Unschuld haben“.

Er blieb für einige Minuten stille.

„Du hast doch schon lange keine Unschuld mehr“!

Wieso so etwas freches.

„Wie kann ein Mann innerhalb von 5 Minuten so viele Fehler bei einer Frau machen“!

Er nahm Sicherheitsabstand.

„Das ist relativ“.

Ich seufzte. „Gehst du deshalb immer mit mir so grob um? Weil du bis dato noch keine Frau kennen gelernt hast“?

„Na ja, ich hantiere sonst immer nur mit Männern. Die kann man schon mal grob anfassen und anschnauzen ohne das sie anfangen zu weinen. Vielleicht hast du recht“!

Hörte sich jetzt irgendwie schwul an.

Tai warf den Motor an und ich versuchte den Knoten des Stricks, der um einen dicken Baumstamm gebunden war, zu lösen.

Ich beobachtete Tai von hinten, wie er an den Geräten seiner Nussschale herumfummelte.

Hatte ich mich in ihm etwas getäuscht? Er zeigte mir jetzt eine ganz andere Seite von ihm. Er hatte mir seine Unerfahrenheit gestanden.

Das taten doch eigentlich Freunde.

Freunde….

Er blickte über seiner Schulter zu mir.

„Hast du‘s“?

Ich nickte und hüpfe zurück an Bord.

Das Boot düste davon und ich wackelte mich zu ihm in die Kajüte.

Durch das reichlich flotte Tempo hielt ich mich an seiner Schulter fest.

Ich spürte seine angespannten Muskeln an den Fingerkuppen und ab und zu streifte meine Nase sein schwarzes Hemd.

Er roch nach Tai, und wenn ich die Augen schloss, dann stellte ich mir kurz vor, wie intensiv er wohl am Hals nach Tai riechen musste.

Ich spürte dieses unerträgliche Kribbeln in mir.

„Tai“?

„Ja“?

Ich holte tief Luft.

„Kennst du eigentlich den Unterschied zwischen Freundschaft und Liebe“?

Erst herrschte Stille, dann drückte er mich an der Hüfte vor das Steuer. Es war eines dieser Holzräder, die es auch auf den Piratenschiffen gab. Es war abgegriffen, glatt und schmalzig, aber es sah sehr schön aus, dieses Steuerrad. Es passte irgendwie zur Tainussschale.

„Irgendwie nicht“, hörte ich es hinter mir murmeln. Er hatte das Steuerrat etwas weiter unten gegriffen, meine Hände lagen etwas weiter oben und ich stand nun zwischen Steuerrad und Kapitän.

„Erklärs mir“, hörte ich es erneut Murren und dabei spürte ich seinen Atem in meinem Haar.

„Nun, wenn du merkst, dass es nicht nur Freundschaft, sondert Liebe ist, was du für einen Menschen empfindest, dann fühlst du dich in der Nähe dieses Menschen sehr wohl.

Du willst bei ihm sein, du kannst es nicht ertragen, wenn er nicht bei dir ist.

Dir wird heiß und kalt, wenn er dich berührt, wenn er mit die spricht wirst du nervös. Du schaust nur ihn an, du denkst an ihn, du träumst von ihm.

Dieser Mensch geht dir nicht mehr aus dem Kopf. Du begehrst ihn, willst ihn berühren, willst ihn riechen.

Du würdest ihn beschützen, vor allem Bösen auf dieser Welt.

Vielleicht würdest du auch für ihn sterben.

Grundlegendendes: Wenn du verliebt bist, kannst du nicht mehr richtig mit diesem Menschen reden und stotterst herum, machst dumme Sachen in seiner Gegenwart und blamierst dich meist“. Ich hatte meine Definition beendet und schloss meine Gefühlsdatenbank wieder.

„Ob Maike dann in Lydia verliebt ist“? Fragte er mich.

Hatte er etwa Interesse daran, zu wissen, ob Lydia begehrt wurde? War er eifersüchtig?

„Vielleicht ist er in ihre Brüste verliebt“? Entgegnete ich schon wieder etwas bockig.

„Vielleicht“. Tai drehte einmal heftig an dem Rad, ich ließ erschrocken dieses los und im selben Moment spürte ich seine Brust eng an meinem Rücken. Er hatte sich etwas nach vor gebeugt und schaltete die Kupplung durch. Ich spürte seine Wange kurz ein meiner und mein Kopf drehte sich leicht zu ihm nach hinten, so dass ich in dem kurzen Wirrwarr seine Wange an meinen Lippen spürte.

Er musste es auch bemerkt haben, denn er hielt innen.

Ich sah seine Lippen und als meine Augen weiter stockend zu ihm hinauf in die Augen sahen, war dieser verzwickte Moment endlich gekommen.

Dieser: es ist der Zeitpunkt des Zeitlupenkusses.

„Wieso beschränkst du sie eigentlich immer auf ihre Brüste“?

Das stand aber nicht im Drehbuch.

Ich lief vor Ärger grün an.

„Tu ich NICHT“!!

Rums, und da hatte er meinen Ellenbogen im Magen.

„Vollidiot“!!!
 

Kapitel 8/ ENDE

Dessertplatte und politische Konflikte

Kapitel 9/ Dessertplatte und politische Konflikte
 

Er rieb sich verwirrt seinen Bauch. Schon wieder hatte er was falsch gemacht. So ein Dussel.

„Und… sprichst du aus Erfahrung“? Er hatte sein Magenstreicheln beendet und schob mich wieder vom Steuer weg. Ich stand verloren neben ihm und fummelte an dem Stoff meines Kleides herum.

„Wie meinst du das“?

„Das mit Freundschaft und Liebe. Was ist mit Ben und diesem Vollpfosten Bill“?

„Er heißt Phill“, maulte ich und mein Gehirn ratterte gerade auf Hochtouren, um mich irgendwie herauszureden.

„Damals, als ich ihn kennen gelernt hatte, da ging es mir so. Aber mit der Zeit merkt man, dass ein Kerl nicht für die Dauer ist“!

„Wie denn“?

Tai hatte wohl sehr viel Nachholbedarf. Er warf bist jetzt nur mit Fragesätzen um sich.

„Wenn du dich langsam für andere Männer zu interessieren anfängst, dann weißt du, dass er nicht der richte für dich ist“.

„Meinst du damit Ben“?

Wie kam er denn darauf, ich würde auf Ben stehen.

Na ja…anscheinend klappte diese Aktion mit Ben ja hervorragend. Fraglich war, ob es bei Tai die richtigen Gefühle auslöste. Bisher hatte er sich ja mit Eifersuchtsszenen zurückgehalten. Aber dieser Blick gerade ließ mich langsam wieder denken, ich wäre nicht nur ein Freund für ihn.

Wenn Tai noch nicht einmal im Stande war zwischen Liebe und Freundschaft zu unterscheiden, wie konnte er mich dann richtig in sein Gefühlsleben einordnen. Hatte er überhaupt ein Gefühlsleben?

Heimlich hatte er bestimmt einen Göttershrine in seinem Schrank aufgebaut, der seinem Body huldigte. Mehr Platz in seinem Liebesleben gab es sicher nicht.

Freak!

Ich war so in Gedanken der Tai Analyse versunken, dass ich seinen Blick nicht bemerkte.

Ach er erwartete ja noch ne Antwort.

Da konnte er lange warten *hehe*

„Püh“.

Auf meine Antwort bekam ich nur ein Brummen von Tai.
 

Der Tag war perfekt für einen Flug über das Meer.

Der Tag war perfekt für gute Laune.

Der Tag wurde perfekter, als der Body vom Boden hob und mit Tai und mir durch die Luft schwirrte. Wie eine Biene, zwar eine besoffene Biene, aber eine fliegende Biene.

Ich spürte, wie sich der Body veränderte. Er arbeitete, er wurde wärmer, weil die Belastung der Maschine anders als beim Laufen über den Rasen wirkte.

Tai gab mir die Befehle und ich setzte sie ohne Murren um. Diese Aussprach mit ihm hatte die Blockade in meinem Kopf gelöst. Ich hatte seit langem das Gefühl, nicht mehr unter Druck zu stehen. Der Body drehte sich auf den Kopf und ich wurde wie ein Tennisball von einer Seite zur anderen geschmissen. Andere hätten da schlechte Laune bekommen, aber bei Blue konnte es nicht schnell genug rauf und runter gehen.

Meine Stimme war vom vielen Kreischen etwas heiser und Lydia kam aus dem freudigen Klatschen nicht mehr heraus, weil sie anscheinen von den Lupinos so begeistert war.

Der Body hatte sich in seine Station begeben, ich wollte gerade aus meiner Blase krabbeln, als Tai mit seiner Hand in die Kapsel grapschte und mich packte. Kaum waren da Sekunden vergangen rang ich nach Sauerstoff und lag in seinen Armen.

Er hatte wieder dieses beängstigend Grinsen auf den Backen.

„Fein“!

War ich ein Hund, der gerade ins Gras gemacht hatte??

„Du warst gut“!

Er rüttelte an mir herum, als ob ich ein Säugling wäre, der gerade beschäftigt werden musste.

Lydia drückte Gott sei dank Tai auch sogleich die Werte des Trainings in die Hand, sonst hätte ich wahrscheinlich mit ihm Hoppa Hoppa Reiter spielen müssen.

„Die Auslastung liegt bei 70 Prozent. Das ist unser neuer Rekord“!

Wieder macht er so eine Art Freudentanz mit mir.

„juhhuuuu“, ich versuchte seine Freude zu teilen, aber so recht griff die Euphorie noch nicht über mich.
 

Etwa 3 Stunden später endlich gelang es mir, diese Fortschritte mit der ganzen Mannschaft zu teilen.

Ich weiß, dass ist nicht gerade ein Saubermannimage, aber es half mir jetzt ungemein.

So ein starker Schnaps.

Bhhrr der schüttelte doch jegliche schlechte Tage und Kidnapping von mir.

Hey, ich brauchte kein Scann oder ne Hirnmaschine, um mir das Gedächtnis aus dem Hirn zu pusten, es reichte völlig, wenn man mir eine Flasche Schnaps andrehte. Am Tag danach war völlige Flaute in meinem Hirn.

Das musste zwar aller 3 Tage wiederholt werden, aber wenigstens kam der Spaß dabei nicht zu kurz.

Ich hing an der Schulter eines Schrankes, der, soweit ich mich erinnern konnte, mit B anfing. Wie Bobby oder Bob oder Bimbo, Bambi, Bernhard.

„Oh da kommt der große Meister“, vernahm ich es aus den tosenden Reihen der Schränke. Gemeint war damit Tai, der anscheinen mal Wache schieben musste.

Er hatte ein Bier in der Hand, also konnte ich ihm auch nicht vorwerfen, dass er Hausdrachen spielte. Nur genoss er Alkohol wohl in Maßen, nicht wie ich in Massen.

„Willst du nicht mal damit aufhören“?

Der hatte gut reden. Aufhören war so schwer, wenn man erst richtig angefangen hatte.

„Aber es gibt doch etwas zu feiern“! Ja genau. Wir hatten so etwas wie einen Shootinggame Rekord aufgestellt.

„Du hast ja noch nicht mal mit mir angestoßen.

Wir sind doch Freunde… so Freunde mit Händeschütteln“!

Er musste bemerkt haben, dass ich schon ziemlich knülle war, denn er reagierte nicht auf meine Anspielungen und Versuche, ihm Hochprozentigeres einzuflößen.

„Wusstest du, dass ein viertel der Teenager im betrunkenen Zustand entjungfert wurden“?

Tai brachte es jetzt wirklich fertig, schlechte Laune zu schieben.

„Wie wär‘s, auf die Freundschaft trinken“?

Wenn ich ihm das noch weiter unter die Nase hielt, wurde er bestimmt misstrauisch. Der Gedanke, mit ihm befreunden zu sein, drückte mich.

Freunde, ich hatte schon Freunde, und ich konnte keine Freundschaft mit ihm schließen, weil es mein Herz nicht zuließ.

Freunde, sollte er jetzt Ben ersetzten?

War es die Ironie des Schicksals, dass ich einen Freund gewonnen und gleichzeitig verloren hatte, nur das die Rollen getauscht wurden?

Ich mochte diese Rollenverteilung nicht.

Das war mir zu anstrengend, jedes Mal wenn ich mit ihm redete, einen Herzkasper zu bekommen.

Ich dachte über mich und Tai nach und bemerkte in meinem angeschwibbsten Zustand nicht, dass ich ihn dabei die ganze Zeit verträumt anstarrte. So psychopatisch von der Seite.

Da fehlte nur noch so nen Streichorchester im Hintergrund.

„Blue“?

Ich spürte ungleichmäßige Bewegungen an meiner Schulter.

„Blue, ist dir schlecht“?

Ich kam langsam aus meiner Liebes Odyssey zu mir und blickte in seine Augen.

„Ist was mit ihr“?

Ich blickte von Tai hinüber zu ein paar Schränken.

„Wie meinen“?

Tai rüttelte erneut an mir herum.

„Reiß dich jetzt zusammen“, zischte er. Da zeigte sich mal wieder, wie sehr Tai unter den Fittichen dieses alten Sackes stand. Der stand nämlich mittlerweile vor uns. Zerknirscht.

„Was denn? Du hast mich deinem Daddy doch schon vorgestellt“!?

Ich wurde langsam bockig. Wenn er mich nicht so wollte, wie es sein Vater gerne hätte, dann kann er sich auch gerne ne neue Tussi kidnappen!

Aber ehrlich!

Der alte Mann mit Tais Augen rückte sich seine Militärkappe zurecht.

„Ja ja, die Jugend von heute. Vielleicht klappt‘s heut Nacht ja mit einem Enkelsohn. Mit den Genen könnte da wenigstens etwas Vernünftiges rauskommen. Deine Mutter war ja nur Ärztin, die hier ist ein Medium. Wenn wir Glück haben, vererbt sie ihre Begabung“.

Was war das für eine Ansprache?

„Von so nem Trottel wie ihnen hätte ich mich selbst als Ärztin nich schwängern lassen“, blaffte ich ihm entgegen und fuchtelte wild mit den Händen herum.

Ich hörte immer wieder meinen Namen, den Tai immer laute von sich posaunte.

Aber ich konnte es mir nicht bieten lassen, von so einem alten greisen Lustmolch minderwertig degradieren zu lassen.

„Wenn eure Sohn euch gehorcht und wie ein Hund hinterher wackelt, heißt das noch lange nicht, dass das jeder hier macht! Haben sie sich denn jemals in einen Body gesetzt, oder nur dumm daneben gestanden und Spucke verschwendet“?

Tais Hand bohrte sich in meinen Oberarm und plötzlich stand er vor mir.

„Sie hat zu viel getrunken. Das wird sich bis Morgen schon legen“.

Wie ein kleines Hündchen. Widerlich und ohne Selbstachtung. Und für so nen Schlappschwanz hatte ich doch tatsächlich Gefühle entwickelt.

„Ihr habt heute ein erstaunlich gutes Ergebnis geleistet. Eure Auslastung lag über dem Durchschnitt der anderen Bodys. Das ist lobenswert Kid“!

Tai bedankte sich artig und versprach eine weitere Leistungssteigerung. Mich zu fragen viel da natürlich flach. Ich musste nur Bodysekretärin spielen. Positiv war ja, dass kriechen beim Chef nicht zu meinen Aufgaben gehörte.

Tai hatte meinen Arm etwas locker gelassen und ich machte mich mit mieser Laune aus dem Staub.

Er hatte sich nicht geändert, dabei war ich mir so sicher, dass ich durch unser Gespräch, Tais Lebenseinstellung etwas drehen konnte.

Nix da!

Er war immer noch derselbe Arschkriecher.

Und jetzt würde er mich bestimmt wieder böse ankeifen, wenn das versprochene Ziel nicht von mir umgesetzt wurde.

Ein endloser Kreislauf.

Die Enttäuschung siegte selbst über den immens hohen Alkoholanteil in meinem Blut, so dass ich betrübt durch die Gassen des Dorfes schlich.

Dort, gleich neben dem Eingang hatten sich einige Männer positioniert.

Es waren allerlei Face und unter ihnen stand auch Ben, starrte ins Leere, und wartete darauf, dass er ebenfalls dumm und willenlos die Befehle des Obersten ausführen konnte.

Ich beobachtete eine Weile die Gruppe. Ich könnte jetzt detailliert die Augenbewegungen der Puppen beschreiben, aber dann wäre die Geschichte ja noch langweiliger, als sie ehe schon ist.

Ich spürte plötzlich einen Blick und als ich mich in Gedanken wieder zurück zur Gruppe drehte, blickte Ben mich an.

Ich hatte Tränen in den Augen, nicht wegen ihm, aber anscheinend hatte Ben bemerkt, dass ich traurig war, anders konnte ich mir seine plötzliche Reaktion nicht erklären.

Wir starrten uns eine ganze Weile an, ehe ich endlich meine schwankenden Beine vorwärts bewegte und zu ihm eilte.

Wie oft das schon seit unser Ankunft im Dorf, passiert ist, hab ich schon nicht mehr gezählt, weil ich ja so ziemlich besessen von dem Gedanken war, Ben aus seiner Trance zu holen.

Ich hatte angenommen, dass ich die einzige Heldin in meiner Story spielen würde und irgendwie musste ich dem auch gerecht werden.

Ben stand etwas weiter hinten, in der Reihe aus männlichen namenlosen Zombies.

Immer noch blickte er mich an und ich blickte ihn an und plötzlich hatte ich die unwichtigen Zombiekumpels von ihm beiseite gekickt, nahm Ben an die Hand und stürmte mit ihm davon.
 

Die Schränke hatten ja gerade eher ein Auge auf ihre Bierflaschen, als auf ihre Zombiespielzeuge, so konnten wir unbemerkt fliehen.

Ich wusste nicht genau wieso, aber nach einigen Minuten hatte ich die Haustür hinter uns zugedrückt. Wir standen in meinem, Tais und Lydias Wohnhaus. Ben und ich, ausgerechnet Ben. Das würde Tai nicht gefallen.

Egal.

Ben stand noch immer stock steif an meiner Hand und ich bat ihn in die Küche.

Das Licht der Lampe, die über dem Esstisch hing, brannte nur schwach in den Raum und ich käste ein wenig im Kühlschrank herum, weil ich nicht wusste, was ich mit dem Zombie anfangen sollte.

Ich war traurig, ich wollte ihm mein Leid erzählen, aber er würde es nicht verstehen, er war nicht der Ben von damals.

Ich blickte mich mit Tränen in den Augen zu ihm um.

„Miss? Habt ihr Schmerzen“?

Ich schüttelte den Kopf und nahm den Orangensaft, stellte ihn auf den Tisch und nahm zwei Gläser. Er beobachtet mich, war vielleicht auch etwas verwirrt, weil meine Tränen kein Ende nahmen.

„Miss…“?

Ich spürte seine Hand auf meiner, weil ich es nicht schaffte den Saft heil ins Glas zu befördern.

„Was habt ihr? Wieso habt ihr mich hier her gebracht“?

Ich ließ die Packung unsanft auf den Tisch fallen. „Weil du mein Freund bist!!! Weil du dich an nichts erinnern kannst und weil ich das nicht ertrage, dass du mich einfach vergessen hast“!!!

Der Saft perlte von der Tischdecke langsam auf den Boden.

„VERSTEHST DU DAS NICHT“??? Brüllte ich ihn an und meine Finger krallten sich in den rauen Stoff seines braunen Overalls.

„Miss…“.

Meine Wange drückte sich gegen seine Brust.

„Ich halt das nicht mehr aus. Er versteht es nicht, du erinnerst dich an nichts! Ich fühle mich so alleine Ben“, heulte ich.

Ich hörte sein Herzschlag, ich spürte seine Brust, seine Wärme und Nähe. Das war es, wonach ich mich sehnte. Auch wenn er nicht Tai war, er gab mir das, wonach ich mich gerade am meisten sehnte. Ich wollte nie ein Medium sein, ich wollte meinen Freund nie in so eine Lebenslage bringen, ich wollte nie ein Teil eines bevorstehenden Krieges sein.

Seine Arme legten sich um mich. Ben schnaufte.

„Miss…“.

Ich wusste nicht warum, aber plötzlich erschien er mich nicht mehr wie ein Zombie.

„Ich.. Ich heiße Blue“, flüsterte ich.

„Das weiß ich doch“, erwiderte er mir sanft und ich blickte erschrocken zu Ben hinauf.

„Was hast du da gerade gesagt“?

Ich lächelte stumm.

„Ich… liebe sie Blue. Sie waren die erste, die sich, soweit ich mich erinnern kann, um mich gesorgt hat, die nach mir gefragt hat. Ich wusste nicht wer ich war, und ihr habt mir meinen Namen gesagt. Sie habt mir bewiesen, dass ich nicht nur ein Face bin, ich war einmal ein normaler Junge. Ich kann mich an nichts erinnern, doch ich weiß, dass ich sie liebe. Aufrichtig“.

Er hatte mir gerade gesagt, dass er mich liebte.

Das war wie im Film, das klang nicht schmalzig, dass klang ehrlich.

Ich glaube das ist so ein Moment im Leben eines Mädchen, auf den sie schon als kleines Mädchen gewartet hat.

Seine Hände strichen über meine Wange und wischten mir die Tränen aus dem Gesicht.

„Es stimmt doch. Ihr sagtet, dass ihr mich schon lange kennt. Ich liebte euch auch schon vor den Gardiens.“

Ich nickte.

„Aber ihr liebt einen anderen“. Seine Augen wurden traurig. „Ihr seit traurig deswegen. Der Sohn des Oberst Leutnant, er ist es, der euch so traurig macht“!

Dann küsste er mich.

Ich ließ es zu, weil er mir den Schmerz nahm, und ich dann nicht an Tai denken konnte, weil er mich so überrumpelt hatte, dass es mir fast schon gefiel, so begehrt zu werden.

Welches Mädchen würde sich denn nicht geschmeichelt fühlen, wenn sie gerade so etwas gesagt bekommen hatte? Ben war auch nicht gerade ein hässliches Entlein. Er war auch nicht so unerfahren mit Frauen wie Tai.

Seine Arme drückten mich noch fester an sich, doch plötzlich schien etwas aus dem Ruder zu laufen.

Sein Gesicht drückte sich in meinen Nacken und er klammerte sich regelrecht um mich, so dass die Situation in mir Unbehagen auslöste.

„Ben, jetzt ist gut. Lass mich bitte los“, versuchte ich ihn zu beruhigen.

„Blue…“!

Sein Name rutschte mir ein paar Mal bedrohlich aus dem Mund.

„Ihr.. Ihr lasst mich an Momente erinnern, die ich schon vergessen hatte. Bitte, geht jetzt nicht. Ich will mich an mehr Sachen erinnern. Ich will nicht vergessen“!

Seine Nähe erdrückte mich, weil er anscheinen dachte, in dem er mich auffraß, sein Gedächtnis wiederzubekommen.

Der Tisch pochte gegen meinen Po und Ben drückte mich auf ihn, um mich wohl noch mehr zu fixieren. „BEN“!

Er hörte nicht auf mich, sondert bedrängte mich noch mehr.

Seine Hände hatten mein Kleid hinaufgezerrt, ich schrie wie am Spieß, doch er unterdrückte dies, in dem er seinen Mund auf meinen presse. Seine Hände griffen unter mich und schoben meinen Körper nur noch weiter auf den Tisch, als ob ich ein schnelles Dessert wäre.

Mit den Armen versuchte ich mich von ihm zu boxen, doch so wie immer, schaffte ich es nicht, mich der männlichen Macht zu entziehen.

Von Männern derart bedrängt zu werden, war mir nichts Neues. Ich hatte schon oft auf Partys mit wilden Grapschern zu kämpfen gehabt, aber ausgerechnet Ben?

Im Grunde war jeder Mann egoistisch, egal ob er sich Freund oder Feind nannte.

Mein Kopf landete auf der Tischplatte und ich reckte meine Augen hinter mich zum Flur.

Durch die Tränen nahm ich hin nur verschleimter war. Ich spürte Ben abermals dicht an mir. Sein Atem fegte über meine Kehle.

„Tai“? Es sah rot aus, und wenn ich an rot dachte, dann dachte ich auch automatisch an Tai.

„Lass das“!!

Der Druck, der bis vor wenigen Sekunden durch Ben noch auf mir gelastet hatte, wurde von mir genommen und im selben Moment fing es fürchterlich an zu Scheppern.

Durch klare Augen konnte ich schließlich Ben und Tai auf dem Boden erkennen. Tai zog ihm gerade eine mit der blanken Faust über.

„Wer hat dir das befohlen“?

Seine fiese Stimme machte mir Angst. Tai war zornig, fast hochmütig, und das ließ mich zurückschrecken.

„Ich fragte: Wer hat dir das befohlen?? Du bist in kleinster Weise befugt auch nur mit ihr zu sprechen. Wie kannst du dich den Befehlen widersetzten und so etwas mit einem Medium machen“??!!

Er schrie Ben fürchterlich an und dann hatte er auch schon die Nächste zu sitzen gehabt. Als aus Bens Nase Blut lief, hielt ich dieses Szenario nicht mehr aus, weil ich Angst um meinen ehemals besten Freund hatte.

„TAI LASS IHN“!!

Er hörte nicht auf mich, sondert drückte Ben gegen den Schrank.

„Bastard“!

„TAI“!!

Bevor er erneut in Bens schon leicht angeschwollenes Gesicht langen konnte, hielt ich ihm am Arm zurück.

„Lass ihn Tai“!

Dieser drehte sich missverstanden zu mir um, als er registriert hatte, dass ich da an einem Arm hing.

„Was redest du da Blue? Er hat es nicht anders verdient“!

Ich schüttelte den Kopf, als mir auch schon die nächsten Tränen über die Wangen rollten.

Ich flennte drauf los und das schien Tai zu erweichen.

Er packte Ben schließlich und nahm ihn mit nach Draußen.

Durch das Fenster konnte ich noch beobachten, wie er Ben einem Schrank aushändigte, der ihn mit sich nahm.

Meine Hände zitterten. Was würden sie mit ihm machen?

Tai betrat das Haus erneut und ich ging sogleich auf ihn los.

„WAS … was machen sie jetzt mit ihm“???

Er blickte nach unten und wollte mir so recht keine Antwort geben. Ich schlug auf ihn ein.

„TAI!!! Sag‘s mir. Was machen sie mit ihm“?

Als er seine Schuhe ausgezogen hatte, blickte er mich böse an.

„Was soll das?? Erst schreist du um Hilfe, und dann sorgst du dich um ihn??? Ich versteh das nicht!!“

Er versuchte sich doch nur zu erinnern. Vielleicht war es ein Kurzschluss.

„Du musst mir gerade etwas von Moral und Benehmen erzählen. Mich musste schließlich auch jemand vor dir retten“. Ich schluckte diese Erkenntnis bitter herunter und rannte vor ihm davon.

„Blue, jetzt warte“!

Ich wusste nicht, wieso er damals so reagiert hatte. Ich wusste auch nicht wieso Ben vorhin so reagiert hatte, aber ich wusste, dass es schlussendlich immer mein Fehler war, egal was ich tat. Jetzt hatte ich Ben auf dem Gewissen, und damals hatte ich Tai auf dem Gewissen.

Die Tür verbarrikadierte ich mit meinem Körper, denn kurze Zeit später hämmerte Tai dagegen.

„Blue..“.

„Verschwinde“!!

Doch das machte er natürlich nicht.

„Liebst du ihn denn so sehr, dass du ihm das verzeihst“?

Was wusste er denn schon?

Er kannte das Wort verzeihen doch noch nicht einmal.

Ich hatte Tai aus Liebe verziehen. Er war es, der mir Angst gemacht hatte, und ich war es, die sich schlussendlich bei ihm entschuldigt hatte. Etwas lief doch da falsch.

Der Klopfen verstummte, und nach etwa 15 Minuten der Türwache und des immensen Flüssigkeitsverlustes durch das lauthals Heulen, kroch ich langsam an mein Bett heran.

Ich spürte, dass Tai noch immer an der Tür war, doch jetzt hatte ich keine Kraft mehr. Weder zum Diskutieren, noch zum Hören oder Reden, noch zum Hinaufkrabbeln, auf das Bett. Also hing ich auf dem Teppich wie ein Schluck Wasser, und kralle mich an der Bettdecke fest.

„Ich hab den Soldaten nichts davon erzählt. Ich hab ihnen gesagt, dass er dich nach Haus geschafft hat, und das sie ihn jetzt wieder ins Labor bringen sollen“, hörte ich es ihn flüstern.

Seine Arme schlangen sich um mich und er hievte mich hinauf ins Bett.

„Damals, auf der Wiese, dass wollte ich nicht. Es war nicht deine Schuld gewesen, es war meine!“

Im Raum war es fast stock duster, ich spürte seine Haare, die in meinem Gesicht kitzelten.

„Ich war so ungeduldig und naiv zu glauben, mit einem Medium gleich den gesamten Body beherrschen zu können. Ich war nicht sehr fair zu dir. Das tut mir Leid“.

Während er diese Worte flüsterte, versuchte ich vergebens sein Gesicht zu orten.

Seine Hände lösten sich langsam von meinem Körper und durch die Verlagerung der Matratze spürte ich, dass er sich aufgerichtete haben musste.

„Schlaf gut“.
 

Der nächste Morgen war sehr grell und Kopfschmerzbelastet.

Lydia fegte schon in der Küche herum und versuchte Toast du schmieren. Das machte sie jeden Früh für Tai.

Also ob er das als Soldat nich auch allein konnte. Das war nur eine gekonnte Einschleimtaktik und bevor Lydia sich einfach so ins Haus gedrängelt hatte, war ich auch dafür zuständig.

Lydia erzählte von Maike und ich hörte ihr nur halbherzig zu.

Wenigstens hatte sie nichts von dem Theater gestern Abend hier in der Küche mitbekommen. Lediglich etwas gewundert hatte sie sich, weil so viele Küchenutensilien auf dem Boden gelegen hatten. Ich meinte nur zu ihr, dass ich gestern noch etwas essen wollte, den Kühlschrank aber nicht mehr gefunden hatte. Damit war die Sache für Lydia dann auch gegessen.

Tai kam wie gewohnt schon frisch gewienert etwa 1 Stunde später an den Frühstückstisch und kaute seine 5 Toast hinter.

Dabei wandte er die berühmte Aufweich-Stopftechnik an. Das hieß, er spülte den süßem Toast mit ordentlich Kalorien mit süßem Kaffee hinunter.

„Tai braucht Kraft für den heutigen Tag“, flötete Lydia, wenn sie Tai immer beim Mampfen zusah. Ich brachte es noch nicht einmal fertig, Wasser zu trinken.

„Geht’s dir gut“?

Ich nickte nur und verließ die Runde um duschen zu gehen.

Schließlich stand ich unter der Dusche und spülte die letzten Reste der Krümel, die eigentlich auf dem Esstisch zu finden waren, aus meinen Haaren und seufzte laut.

„Er wird es nie begreifen“. Mit dieser Tatsache hatte ich mich langsam angefunden, es sei denn, ich würde es ihm klar und deutlich ins Gesicht sagen.

„Dieser Volltrottel. Was ist er auch so engstirnig“!

In Gedanken nahm ich ein leises Heulen war.

War etwa wieder Übungstag?

Ich stellte das Wasser ab und wollte so eben nach dem Handtuch greifen, da stürmte er ins Bad und sah sich hektisch um.

„TAI DU SCHWEIN!! BLEIB DRAUßEN“!

Das Kreischen meinerseits schien ihn nicht abzuschrecken, seine Gesichtsfarbe war auch ausgesprochen blass.

Als er mich sah, warf er sogleich das Handtuch nach mir.

„Beeile dich! Es ist soweit“.

Als ich das flauschige Tuch von meinem Kopf gekratzt hatte war er auch schon fast in die Dusche zu mir gekrochen.

„Was ist soweit“?

Er nahm meine Hand, kurz nachdem ich mir das Handtuch notdürftig um den Leib wickeln konnte.

„Es ist Krieg“!
 

Kapitel 9/ ENDE

Die erste Nacht ( als Bonus: Anmachtipps von Blue)

Kapitel 10/ Die erste Nacht ( als Bonus: Anmachtipps von Blue)
 

Ich hielt einen Anhänger in der Hand.

„Pass gut auf ihn auf“, rief sie vom Boden zu mir hinauf. Irgendwie stieg Verlegenheit in mir empor.

„Aber… Lydia?“

Sie nickte nur, dann stieg ich in die Plasmablase.

Das war ein Glücksbringer, hatte sie gemeint. Ein goldener Marienkäfer an einer schmalen goldenen Kette.

Wieso tat sie so etwas niedliches? Da konnte man das Biest ja noch nicht einmal hassen.

„Lydia…“. Vielleicht sah ich sie nie wieder, und ich hatte ihr noch wirklich nie kein Liebes Wort gesagt.

Jetzt wurde ich auch noch sentimental. Zu dumm.

*Bist du bereit?* Tai hatte das Cockpit wohl schon betreten.

„Ja, ich wäre dann soweit“.

* Dann geht’s los. Body 012, connected*

Ich spürte die erwärmende Flüssigkeit um mich herum. Sie tat gut und sie lenkte mich etwas von meinen nervösen Zweifel und Bedenken, von meiner plötzlich aufkommenden Sympathie für Lydia, ab.

„Es wird alles gut. Es wird alles gut“, murmelte ich vor mich hin, ohne zu wissen, was jetzt auf mich zukam.

Das massige, Biochemische Gefährt setzte sich in Bewegung und ließ mich ein klein wenig von links nach rechts schaukeln. Als wir hinaus, aus dem Trakt, polterten spürte ich die Luft um den Body herum, wie sie langsam, je höher wir in den Himmel starteten, kälter wurde. Das grünstichige Fenster gab einen letzten Blick auf das Meer.

*Hab keine Angst, ich bin bei dir Blue*
 

Die Fahrt dauerte nicht lange, und schon sah ich feindliche Objekte am Horizont.

„Tai, was hab ich jetzt zu tun? Was soll ich machen“?

Sonderlich hatte ich lediglich in der Spielhölle, gleich neben der Teeniedisco,

Ballererfahrung und eine Zeit lang habe ich wirklich in diese Fahr- und

Flugsimulatoren ein Vermögen reingeworfen. Doch dann kam die Wende, auch bekannt unter Pubertät. Aus dem Tomboy wurde ein zickiges Nervenbündel.

*Überlass die Steuerung mir. Konzentriere dich darauf, den Body stabil zu halten. Du musst ihn spüren*

Du musst ihn spüren?

Was war das für ein perverser Slogen?

Ich würde nichts mehr spüren, weder Arme noch Beine, wenn wir in die Luft auseinander gesprengt wurden!

Ich blickte einem Feuerhagel entgegnen und Tai schrie meinen Namen, so dass ich nur daran dachte, der Gefahr dringend ausweichen zu müssen. Als sich meine Augen einen Schlitz lang öffneten, blickte ich auf feindliche Flugzeuge, eine Art Jets, nieder.

*Das war gut*

Ich wusste in diesem Augenblick, was Tai vorhatte und der Arm des Bodys feuerte nun ebenfalls Schüsse ab, die den Feind unter uns explodieren ließen.

Ich wusste nicht warum, aber plötzlich fühlte ich mich als Mörder. Ich sah ein Kind und eine Frau am Hügel auf das Meer sehen. Ihr Daddy würde nie wieder zurückkehren. Anderer seit könnte auch ein psychopathischer Tyrann in dem Jet gesessen haben, der Frauen feindlich war und kleine Kinder aufaß.

Fakt war: Soldat in der Maschine konnte unmöglich diese Explosion überlebt haben.

*Da, 40 Grad ist der Nächste*

Die Schüsse, die der Body abfeuerte, hatten immense Druckkraft, so dass ich mich konzentrieren musste, nicht die Gewalt über die Maschine zu verlieren. Es war eine Art von Seil, die ich mental über den Body spannen musste, damit Tai die mechanische Kontrolle besser halten konnte.

Sein Herz pumpte, ich spürte das Vibrieren des Bodys in meiner Kapsel. Selbst die Maschine wusste, dass dies nicht richtig war.

Menschen zu töten.

Tai hatte da weniger Skrupel. Es suchte regelrecht nach neuen Opfern.

*JETZT*

Wieder traf der Body ein gegnerisches Objekt und ich konnte nur zusehen, wie uns Metall um die Ohren flog.

Es war erdrückend und je mehr Menschenleben uns zum Opfer vielen, desto schlechter wurde mir.

„Tai, ich kann nicht mehr. Hör bitte auf damit“!

Er antwortete mir auf meinen Hinweis nicht, sondert gab Koordinaten durch, die ich nicht verstand.

„TAI“!

Wieder ein Schuss und dieses Mal schleuderte uns der Nachdruck der Kanone ins Meer, weil ich nicht mehr die Kraft hatte, den Body aufrecht zu erhalten. Weil ich es nicht mehr ertragen konnte.

*Blue*?

Das Wasser kühlte den Body etwas ab und wir trieben für einige Minuten regungslos in der blauen Tiefe.

Ich blickte durch die milchige Scheibe hinab ins Meer. Nur endloses, schwarzes Nichts konnte ich erkennen. Es beruhigte mich kurz. Ich drückte meine Hände eng an die Brust und kniff die Augen zusammen. Dieses Gewissen, es erdrückte mich.

*Was ist mit dir? Bist du verletzt*?

„Nein“, erwiderte ich ihm.

Einige Minuten herrsche Stille.

*Blue? Ich habe gerade den Befehl erhalten, dass wir uns zurückziehen sollen. In der Nähe ist ein Lager der Gardens. Es müsste dir bekannt sein*

Zuerst versuchte ich sein Rätsel zu lösen, doch dann viel es mir ein.

Wir kehrten zurück in die Bucht!
 

„Kamst du deshalb in die Stadt“?

Tai nickte und schloss das Cockpit, als er den Proviant unter dem Sitz endlich gefunden hatte.

„Wir hatten Informationen bekommen, dass sich Soldaten der östlichen Ebene hier in der Stadt Quartiere eingerichtete hatten, zur Beschattung unserer Agenten. Deshalb hatte ich nach unterirdischen Buchten oder Höhlen gesucht. Bis dato jedoch nichts finden können, und als ihr mir in die Quere gekommen seit, musste ich die Mission abbrechen“.

Na schönen dank auch.

Der Body hatte zwischen felsigen Kippen, dicht an einer hohen Felswand geparkt. Ab und zu preschte die See an uns heran, so dass wir etwas weiter hinauf, auf einen sicheren Standort zum Essen kriechen mussten.

Der Feind durfte uns ja nicht entdecken.

Tai reichte mir trockenes Brot und ein kleines Päckchen mit Schockomilch.

„Für die Knochen“, scherzte er und erhielt kein sonderlich fröhliches Gesicht von mir, allein schon wegen dem schlechte Witz und dem mageren Menü.

„Bist du eigentlich oft auf Mission“?

„Jupp, mal hier mal da“.

„Und wie verliefen deine anderen Missionen so? Ich meine, hast du da auch immer Besuch mitgebracht“?

Er schüttelte den Kopf. „Na ja, diese Mission verlief etwas anders. Zumal ich von meinem Vater wegen dir einen Body zugeteilt bekommen habe.“

Netter wäre der Ausspruch gewesen:“ Durch die Mission habe ich eine ganz besondere Person kennen gelernt“.

„Es hat sich viel verändert, durch dich“.

Huch…

Na wer sagt es denn. War doch schon mal nen guter Anfang.

Meine Lippen saugten an dem Staub trockenes Brot herum. „So ist das“. Er musste gesehen haben, dass ich etwas rot geworden war, denn er lächelte mich an.

„Ich hatte noch keinen so seltsamen Partner wie dich Blue. Mag sein, dass es daran liegt, dass du eine Frau bist, aber du bist kein typischer Soldat, du bist wie ein Gegner, den ich erst besiegen muss“.

Was sagte er da?

„Und welche Strategie hast du dir überlegt“? Erwiderte ich neugierig.

„Keine, weil man dich nicht besiegen kann. Man kann sich dir nur willenlos ergeben“. Er grinste breit.

„Hast du dich mir schon ergeben“?

Meine Beine zogen sich eng an meinen Körper und als ich meine Arme und Kopf auf ihnen ablegte, blickte ich ihn nachdenklich an. Er saß da so lässig, mit ausgestreckten Beinen und wuschligen Haaren, so als ob es das normalste der Welt wäre, auf einer Klippe, bei stürmischem Wind mit einem Mädchen trockenes Brot zu essen.

Es war ein Augenblick, der nur uns Beiden gehörte, weil wir ihn mit keinem anderen teilen konnten, oder wohlmöglich wollten.

„Ich bin nahe dran Blue“.

Ich wusste nich sogrecht, ob dieser Satz als Metapher gemeint war, wobei er ja so gut wie nie in Metaphern sprach und sonderlich auch nicht wusste, was eine Metapher war, da war ich mir sicher.

„Wo übernachten wir eigentlich“? Fragte ich schließlich, als ich merkte, dass meine Augen schon etwas schwerer wurden.

„Na bei dir“!

Das war allerdings vorher wirklich nicht abgesprochen gewesen. Hieß das, meine erste Nacht mit Tai würde in einer grünen Blase stattfinden?

„Ist fast wie ein Wasserbett“, juckste er herum und drückte mich zuerst in eigentlich meinen Wohnraum hinein.

„Wieso schläfst du eigentlich nicht in deinem Cockpit. Das ist mein Revier“! Maulte ich. Egal, Tai war plötzlich verschwunden und ich hockte in diesem Gefäß und wurde langsam nervös.

Vielleicht Löffelchen?

Oder Arm in Arm?

Oh Gott, nicht das er sich heute schon wieder vergas.

Wo sollte ich denn dieses Mal mit dem Body hinfielen? Hier war ja nix zum fliehen.

Tai tauchte plötzlich vor der Blase auf und steckte seinen Kopf hinein.

„Was…WIE?? WO SIND DEINE SACHEN“? Ich wabbelte in der Blase etwas zurück. Der Kerl hatte sich doch wirklich den Overall ausgezogen und drückte sich nur in Unterhose zu mir ins Geschlafgemach.

„Dein Overall ist speziell für die Biomembran des Bodys entwickelt worden. Meiner würde irgendwann ausleiern, weil er die Materie nicht überleben würde. Und das wollen wir doch nicht“.

Ich wurde rot.

Gott… er war auch noch sexy…!!!

„Tai…. Du Idiot“!

Das einzige, was mir übrig blieb, war die grüne Haut um mich herum anzuglotzen.

Irgendwann spürte ich seinen Rücken an meinem.

Es war wie immer, wenn er mir die Hand reichte, seine Finger auf meiner Schulter lagen, oder sein Arm meinen streifte. Es war da, dieses kribblige Gefühl an der Stelle, an der er mich berührte und es ließ mich innerlich zittern, vor Aufregung und vor Scharm.

Ich fasste einen Entschluss. Diese Träumerei musste endlich ihr Ende haben.

O.k, wenn nicht jetzt, wann dann?

Ich meine, es könnte einen wirklich schlechteren Zeitpunkt geben, ihn anzumachen, als in einer engen Blase zu hocken, mit hautengen Overall und einer grandiosen Aussicht aufs Meer.

Ich drehte mich langsam zu ihm um. Tai bemerkte dies und hob seinen Kopf.
 

Oberstes Gebot beim anmachen, Brüste niedlich zwischen die Arme etwas anheben.
 

Weitere Zusatzpunkte beim langsamen entlang streichen des Armes, aber nur zufällig versteht sich.
 

Tai sah eher irritiert als angemacht aus.

„Kannst du nicht schlafen“?

„Ich… ja (du hast recht)“.
 

Wenn diese Gebote nicht anschlugen, half nur die Mitleidsschiene.
 

„Ich… es ist alles so furchtbar grausam. Dieser Krieg“, schluchzte ich los und versuchte eine Träne herauszurücken.

Diesmal hatte Tai verstanden, und nahm mich in den Arm.

Ich lag auf seiner nackten stattlichen Brust.

„So ging‘s mir auch beim ersten Mal, dass muss dir nicht peinlich sein“.

O.k, soweit so gut, jetzt ging es an den Feinschliff.

Langsam rutschten meine Arme, die noch bis vor kurzem vor meiner Brust geklemmt waren (niedlich versteht sich), um seinen Brustkorb und umschlossen ihn.
 

Dabei musste peinlichst genau drauf geachtet werden, dass meine weibliche Vorderbaumacht auch langsam in ihn gedrückt wurde, nicht überstürzt.
 

„Murmel Murmel… Seufzt seufz“
 

und nur noch ein aufblickender schmachtender Blick nach oben…
 

und dann war wieder der Zeitlupenkussmoment gekommen.

Jupp, als ich nun gekonnt aufblickte, mit einem unglaublichen Bambiblick, hatte Tai seine Augen auch schon in einem unglaublich schnellen Zeitlupenmoment geschlossen.

Er schlief, er wartete nicht etwa darauf, dass ich den ersten Schritt tat, er dachte noch nicht einmal im Entferntesten daran.

So etwas… und dabei bin ich die gesamte Anmachbibel durchgegangen.

„Du…“. Seine Arme schoben mich ein Stücken zu ihm ihn auf.

Er drückte mich fest an sich und sein Kopf ruhte plötzlich auf meinen Schultern.

„Du bist zur Zeit so anders zu mir“, hörte ich ihn leise murmeln.

Oh nein, er hatte es wirklich gecheckt!!!!!

Nein wie peinlich. Jetzt würde er mir sicher sagen, dass meine Gefühle unser Kooperation nur im Wege standen und dass ich gefälligst endlich wieder klaren Verstand fassen sollte.

Seine Hand griff durch mein Haar. „Es richt selbst hier in der Kapsel noch nach dir“.

Purpur, Tomate, Paprika, Valentinstag, genau diese Worte beschrieben meine Kopffarbe, und sicher auch Tais Haarfarbe.

Er berührte meinen Hals, vielleicht auch unbeabsichtigt, doch das ließ mir einen seidigen Schauer über meinen ganzen Körper rennen.

„Du hast dich verändert. Das ist schön“.

In wiefern verändert.

„Positiv….negativ“? Fragte ich vorsichtig und ließ ihn los. Er hat es mir gleich und während er überlegte, trieb ich etwas von ihm weg, in der schaurig schönen, grünen, emotional geladenen Schwabbelmasse.

Tai kam aber nicht sehr weit mit überlegen, weil er, wie es mir schien, meine Brust anstarrte.

Jetzt war er es, der im Gesicht wie auf dem Kopf aussah.

Etwas irritiert blickte ich an mir hinab, und bemerkte an meinem engen Overall etwas deutlich hervortreten.

Dieser Schauer…er klebte immer noch an mir und das war nicht zu übersehen.

„Mir ist nicht kalt“, stotterte ich und fasste mir in Gedanken an den Kopf.

Wie sonst hätte ich mich dann aus der Affäre reden sollen??? Ich Dussel!!!

Tais Gesichtsausdruck zu folgen, realisiert er erst jetzt, in welcher Situation wir uns befanden.

Wir allein, in einer engen nassen Blase, es war warm und ffuurchtbar eng (nochmals gesagt). Ich war hauteng angezogen, er war halb nackt, der Mond schien ins Panoramerfenster hinein.

Ich hatte steife Nippel von seiner liebevollen Berührung, dass alles schien gerade in seinem Kopf vorzugehen. Sicher, Männer waren immer etwas hinten dran, aber wenn es um sexuelle Reize ging, waren sie doch sonst auch nicht die langsamste Schnecke. An was dachte Tai denn eigentlich, wenn er mal nicht an Militärmist dachte?

Glücksbärchis? Sonnencreme? Toast?

„Äh… dann brauch ich dich nicht zu wärmen“?

Er blickte beschämt zur Seite. War das eine Art: *also, wenn du willst, will ich auch. Aber nur wenn du wirklich wirklich willst! Also willst du nicht!* Anspielung?

Ich… Ich wollte wirklich wirklich, aber diese Situation war schon viel zu peinlich und viel zu verfahren.

Das war nicht mehr erotisch oder romantisch, es war einfach nur dämlich!

„Mir ist nur so tierisch übel von dem trockenen Brot. Ich sollte die Augen zumachen und an etwas anderes denken“! Haspelte ich schließlich und rollte zurück zur Wand, blickte sie an und verkrampfte für 15 Minuten, weil ich so tun musste, als ob ich schlief.
 

Tuuut tuuuut und am nächsten Morgen also: Endlich die Welt retten!! Jupppii.

Vorher aber:

„BBLLLUUUUEEEEEE“!!!!!!

Was grollte denn da so im Hintergrund??

Es war gerad so schön warm, und kuschelig, und ich hatte es doch auch nicht eilig, es waren doch Ferien.

„BLUE!! AUFWACHEN!! SCHNELL“!!

Tai hatte Nerven. Dieser Freak nervte selbst, wenn es nichts zutun gab. Es war doch kein Feiertag oder sonst was, wo man zeitig aufstehen musste!

Es war doch nur Krieg.

Krieg, jawohl!

„Oh mein Gott“! Ich schnellte hastig aus meiner kuscheligen Fötusstellung empor und wackelte in der grünen Masse hin und her. Tais Kopf sah mir geknautscht entgegen.

„Wird ja Zeit das der Body und du endlich aufsteht. Hast Glück, dass sie uns noch nicht entdeckt haben. Wir müssen hier weg“!

Meine erste Nacht mit Tai ganz allein auf engen Raum in grüner kuschelig schleimiger Lage, und dann wurde ich nicht mit neu netten Sektfrühstück, sondert mit Kampfgebrüll geweckt?

So was schönes passierte doch nur den Bollywoodschauspieltern, aber nicht der Blue.

Ach, ich Arme, ich hatte keinen Spaß mehr im Leben, Todesangst, war schwer und unglücklich verliebt und ich hatte Hunger.

Tai hatte währenddessen schon einen Satz hinauf ins Cockpit gemacht.

*Wir müssen ihn versenken. Feindliche Schiffe sind schon über uns hinweg gefolgen. Dadurch, dass der Body und du noch geschlafen habt, haben sie uns wahrscheinlich übersehen*

Was meinte er mit versenken?

„Wir werden ihn doch nicht ins Meer werfen“?

*Genau das machen wir*

Wie stellte Tai sich das vor?

Egal, dazu war er viel zu aufgekratzt, als das er mir das jetzt noch erklären wollte. Schon hatten wir einen Satz ins Wasser gemacht und ich blickte ein paar Fischen entgegen, die sich entgeistert von uns abwandten.

*Ich werde das Cockpit öffnen und dann zu dir schwimmen. Danach sehen wir weiter*

Gesagt getan. Ich spürte einen Druckverlust, da anscheinend das Cockpit etwas von dem Druck, der auf den Body lastete, aufnahm.

Tai brauchte nicht lange, um sich, wohlgemerkt angezogen, zu mir in die grüne Lustgrotte zu zwängen.

Er versuchte zu atmen, doch anscheinend bekam er Schwierigkeiten, da die Lunge verschiedene Durckverhältnisse nicht gewohnt war.

„Bekommst du schlecht Luft“? Etwas ratlos wollte ich ihm helfen, aber Tai winkte ab und wandte sich von mir ab. Er hechelte ja regelrecht.

Ich war keine Ärztin, ich hatte keinen Elektroschocker oder so ein Beatmungsgerät, wo man draufschnautschen musste, also kickte ich ihm meinen Ellenbogen in den Rücken. Mein Vater hatte mir schließlich auch immer auf den Rücken geklopft, wenn ich mich verschluckt hatte.

Kicken und Klopfen, was machte das für nen Unterschied?

Tai wurde dadurch an die Membran gedrückt und stöhnte auf.

„Das tat gut, danke“, keuchte er.

„Immer doch gern“. Wie und wieso und überhaupt, das konnte ich selbst jetzt nicht richtig einschätzen, aber Fakt war, dass es geholfen hatte.

Halt!!! Gab es da nicht so etwas wie ne Mund zu Mund Beatmung?

Mist!

Tai reckte sich und spähte aus dem riesen Blasenguckloch hinaus.

„Der Kommandant hat gesagt, ich solle mich auf die Insel schleusen, um nähere Informationen über den Besetzungsstand der Stadt zu gefahren“.

„Wie, sie ist besetzt? Was heißt das“?

Tai schnalzte mit den Lippen.

„Sie haben Posten bezogen. Vielleicht versuchen sie uns hermetisch einzudämmen“!

Ich kickte ihm erneut in den Rücken.

„Was hat das für die Bewohner zu bedeuten? Sind sie in Gefahr“?

Er schüttelte den Kopf.

„Ich denke nicht, dass sie ihnen etwas antuhen werden. Ich hoffe, dass sie es nicht auf deine Familie abgesehen haben. Vielleicht denkt die Gardiens, dass sie durch deinen Vater und deinen Bruder an dich heran, und somit an uns herankommen können.“

Mir wurde flau. Mein Vater.. Und mein Bruder, und das alles nur wegen mir?

„Dann lass uns das sofort abchecken“! Pustete ich.

„Du .. Bleibst hier“!

Wenns also dramatisch wurde, sollte er im Rampenlicht stehen? Das war doch mal wieder typisch.

„WIESO“?

Tai packte meine Schultern und sah mir wie ein Opa mahnend in die Augen.

„Du bleibst hier, hast du mich verstanden?“

„Aber wieso kann ich dir nicht helfen? Ich bin dein Medium, ich bin da, um dir zu helfen“!

Plausibel, was sonst.

„Ja, aber du sollst dich nicht in Gefahr begeben. Es ist zu gefährlich“!

„Aber mit dir im Body zu fliegen ist auch gefährlich. Ich möchte nicht hier rumsitzten, wärmend meine Familie und Freunde gefoltert werden, oder wer weiß was“!

Tai schüttelte mit dem Kopf.

„Versprich es mir. Bleib bitte hier, und warte auf mich. Es ist mir wichtig, dass du nicht in Gefahr gerätst“!

Ich war ihm wichtig.

Och wie süß.

„Auf einmal, ja“?

„Blue“!

„Tai“!

„Versprichst mir“!

Er schaute schon wieder so komisch. Mit großen besorgten Augen, als ob es ihm wichtig und wirklich ernst war.

„Ja, versprochen“, murmelte ich.

Er nickte und wollte noch etwas sagen, doch er hielt innen, und drehte sich von mir. Ich war zugegeben etwas enttäuscht. Was wäre, wenn er von dieser Mission nicht mehr wiederkehrte? Hatte er mir da nichts zu sagen?

„Machs gut“!
 

Er glaubte doch nicht im Erst, dass ich bei dieser Tatsache, einfach still und einmahlich in meinem Kabuff sitzen blieb??

Es ging hier um mein geliebtes entrissenes Leben, es ging um meinen Erzeuger und den Nachwurf, wieso sollte ich auch in dieser grünen Brühe still sitzen bleibe?

Im Nachhinein wäre es natürlich klüger gewesen, aber hört doch mal, sonst wäre die Story ja für Kicki gewesen!
 

Ich paddelte also in meinem weißen Overall an Land und schleppte mich unbemerkt die Klippen entlang, bis ich schließlich auf einen kleinen Sandabschnitt kam.

Ganz in der Nähe müsste doch eigentlich unsere Bucht sein, aber zu Fuß waren Wege meinst erschwerlicher, als zu Wasser. Da gabs nicht spitze Felsen und Rutschgefahr.

Es muss ein paar Minuten her gewesen sein, als ich schließlich eine kleine Bucht erreichte, die mir sehr bekannt vorkam.

Das war die Bucht, wo Tai damals geankert hatte, mit seiner kleinen klapprigen Nussschale, die ich mehr oder weniger zwingend doch etwas lieb gewonnen hatte. Dann war es auch nicht mehr weit bist zum Stadtstrand. Doch was würde mich da erwarten?

Der Sand unter meinen Füßen ließ sich schwer wegtreten und plötzlich schreckte ich auf, als ich eine Person im Schatten der Felsen erblickte. Ich hatte noch genügend Zeit, um mich hinter einem Felsvorsprung zu verstecken, doch das Gesicht, welches mir nach langer Überlegung und Fixierung auffiel, war das, meines Bruders.

Blonde, kurze ungestüme Haare, große Blaue Augen.

Das war Neddy!

Mein Bruder Ned!

Was zum Henker machte er dann hier?

Ich sprang auf und mein Bruder ging sogleich in beängstigender Haltung in die Hocke.

„Blue“?

Er wusste vielleicht auch nicht mehr so recht, wie seine Schwester ausschaute, schließlich waren es schon etwa 4 Wochen her gewesen, seit ich ihn nicht mehr gesehen hatte.

Bei Teenies kamen und gingen Leute ja wie am Fließband. Da konnte man schon den einen oder anderen vergessen. Vor allem wenn es um Mädchen ging.

Zum Glück hatte er seine Schwester nicht vergessen.

Bonuspunkt für den Geburtstag!

„Was..“? Er flüsterte und zog mich sogleich mit an die Hand zu Boden.

„Was… machst du hier“?

„Och weißt du. Ich wollt euch mal so besuchen, nachdem ich spurlos verschwunden bin“, scherzte ich und zuckte mit den Schulter, was es hieß, dass es dafür mehr Zeit benötigte.

Ned hatte verstanden und zog mich weiter die Felsen entlang, in seichtes Gewässer.

Danach waren es etwa 4 Sekunden, in denen ich meine Lunge im Zaum halten musste, um den Wasserweg in eine unterirdische Höhle zu nehmen.

„Wie kommst du dazu, so ne Schleichwege zu kennen“?

Ned grinste. „Na ja, wer konnte ahnen, dass sich meine Kindheitsverstecke einmal bezahlt machen würden“!

Er hatte sich hier versteckt?

„Du bist so schlau! Was ist mit Dad“?

Er brauchte es mir nicht zu erklären, als wir schließlich in einer kaum beleuchteten Höhle ankamen. Es war sehr kalt und es roch nach Kalk und modrigem Wasser. Von oben schien etwas Sonne auf uns nieder.

„Dad“?

Ich erkannte ihn um eine Petroliumleuchte sitzen. Als er meine Stimme gehört hatte, schreckte er auf.

„Das kann nicht sein, Blue“?
 

Kapitel 10/ENDE
 

**********************************

Äh.. Also ja, ich meld mich mal kurz.

Hab da ein bisschen den Überblick verloren und muss zu den netten Kommis von Miko Milano *knuddel extra Bonus knuddel für nette Kommis von Anfang an * ein Nachwort schreiben.

Das Bild is… nich wie du gelesen hast, für Kapitel 10 bestimmt. Die Szene kommt erst in Kapitel *lang nach unten scrollen* öd… 12... 13..son Übergang *lol *

Aber. Kapitel 11 enthält auch eine Lieblingsszene von mir (also für alle Taix Blue Fans)…*schmacht * und Kapitel 12 auch… bis ganz unten..und Kapitel 13 auch… ach ja…

Äähhj**grunz *

Momentan steh ich bei Kapitel 15... Könnte aber auch 16 sein, weil is noch nich geteilt hab… was weiß ich. Ich hab zu viele Ideen…und die verpack ich auch sehr unschön und schnell in Worten, is mir auch aufgefallen (an il_gelato * extra sonder Bonus knuddel Bombse für eine Stammleserin) Deshalb hab ich für die Nachwelt das 9te Kapitel nochmals überarbeitet… und auch sonderlich (auch wenn ich zugegebener Maßen die umschreibenden Wörter aus mir rausquetsche) (keine Lust.. I will ja so schnell wie möglich zu den perversen Fakten kommen ^@^) versuch ich das natürlich auch in den folgenden Kapitel. Mag sein, dass ich mich etwas schwer mit dem Ich-Erzähler tu, und es im Laufe der Story noch zu na radikalen Veränderung kommt.

Mh.. Was noch…? Mh. Mmh… na ja..das nächste Kapitel wird ein wenig mehr Aufschluss bringen (irgendwie wollt ich noch was anspruchsvolles in de Story mit reinquetschen, nich immer nur sinnliche und haarsträubende Momente zwischen T und B)

O.k Schluss mit Klammersetzen.

Ich seh euch dann im nächsten Kap!

Hoffentlich noch viel Spaß in den folgenden Kapiteln.

Lasst öfters nen Gruß da, ich freu mich riesig drüber.
 

Achso...das nächste Kapitel wird doppelt so lang wie das hier! Ich weiß, es is ziemlich schmal
 

Eure Little D.

Gezielt daneben geschossen!

Kapitel 11/ Gezielt daneben geschossen!
 

„Ich kann euch nicht erklären, wieso ich plötzlich verschwunden bin, aber ich kann euch versichern, dass es mir dort gut geht“.

Mein Vater seufzte. „Ich hatte schon so einiges befürchtet. Mischa hat Zettel ausgehangen und jeden Tag hat die Küstenwache nach dir gesucht, bis sie in der zweiten Woche diese eingestellt haben, weil es nach deren Ansicht keine Überlebenschance für dich und Ben mehr gab“!

Ich lächelte ihn an. „Ihm geht es auch gut“.

Mein Vater berichtete von plötzlichen Übergriffen auf die Stadt. Sie hatten sämtliche Häuser durchsucht und da wir ziemlich weit am Wasser wohnten, waren wir wohl die letzten Häuser, die die Gegner durchkämmt hatten.

„Wieso seit ihr dann hier? Sie werden euch doch nichts tun“!

Jedenfalls hatte Tai es mir so beschrieben.

Woher wusste mein Vater überhaupt, dass es sich vielleicht doch zu einer Gefahr entpuppte?

„Ich hatte so ein Gefühl, dass der Tag bald kommen würde Blue“!

Mein Vater druckste schon wieder um den heißen Brei herum, das nervte mich gewaltig!

„Daaad“!

„Du bist beim Militär. Du bist das, was sie deiner Mutter auch auferlegt haben“

Halt stopp!! Was hatte das mit meiner Mutter zutun???

„Was..was weißt du über das Militär und was ist meine Mutter“?

Er schnaufte und schließlich fing er an zu erzählen.

„Ich hatte deine Mutter damals bei meinem Dienst als Soldat im Irak kennen gelernt. Sie war eine stolze und anmutige Frau, jeder schaute auf sie, jeder bewunderte sie.

Deine Mutter war etwas Besonderes. In den Ingenieurskreisen nannte man sie nur Medium. Sie diente den Ingenieuren als mentaler Treibstoff ihrer neu entwickelten Kampfmaschinen. Wir begegneten uns, verliebten uns schließlich wurde sie schwanger und wir beide wurden aus dem Dienst entlassen, lebten hier friedlich, bis schließlich ein erneuter Krieg ausbrach, uns sie fortgehen musste.

Ich selbst hatte euch in dem Glauben gelassen, dass sie einfach von euch gegangen wäre, damit ihr nicht Fragen stellen und wohlmöglich mit in diese Geschichte hineingezogen werden würdet.

Aber wie es mir scheint, ist mir das bei dir nicht gelungen Blue“.

Ich war für einen Moment lang sprachlos.

„Ich habe diese mentalen Fähigkeiten von ihr geerbt? Also stimmte es doch“.

„Was bist du, ein Power Ranger“? platzte mein Bruder dazwischen.

„Es ist zu kompliziert…. Und für dich noch zu hoch Kleiner“, grunzte ich und schließlich rangelten wir etwas herum, wie damals, zu guten alten Kinderzeiten.

Mein Dad wollte mich und Ned nur vor diesen Irren schützen. Ich an seiner Stelle, hätte es wohl genauso gemacht, schließlich habe ich am eigenen Leib erfahren müssen, wie Lebens raubend dieser Verein war.

Vater erzählte noch mehr Geschichten, die bei meiner Abwesenheit so passiert waren. Neddy hatte auch schon wieder eine neue Freundin, die Sara hieß. Und eine Seekuh war in der Bucht aufgetaucht. Sie musste Flussabwärts ins Meer getrieben sein.

Dad und ein paar anderen Leute hatten sie schließlich wieder zurück in den Fluss transportiert. Ich hätte sie auch gern kennen gelernt.

Die Beiden lebten schon etwa 3 Tag hier unten, hatten kaum noch Wasser und Nahrung und ich hatte es mir zum Ziel gemacht, sie hier rauszuholen.

„Hast du gewusst, dass die Gardiens wegen mir nach euch suchen würden, und seit ihr deshalb hier unten gelandet“? Frage ich meinen Vater, als er, Ned und ich mich langsam auf deine modrige Wolldecke postiert hatten, um etwas die Augen zu schließen.

„Es war so ein alt bekanntes Gefühlt. Auch als du plötzlich verschwunden warst, war es da. Ein Überbleibsel aus alten Militär Tagen. Ich hatte einige Einsetze selbst miterlebt. In Dörfern, die wie ausgestorben schienen, im Nachhinein jedoch schon ausradiert wurden, von den Gardiens, heimlich, unscheinbar. Dieses Gefühl des Gegenangriffs hatte ich damals schon in den Knochen. Und in letzter Zeit ist es mir immer wieder die Beine hinauf gekrochen“.

„Wieso warst du bei der Force“?

„Pflichtwehrdienst“. Dad lächelte bitterlich. „Was man auch immer als Pflicht bezeichnen konnte. Jedenfalls hatten sie uns nicht das Gedächtnis genommen, als wir aus dem Dienst der Force entlassen wurden. Dank deiner Mutter, sie war zu wertvoll als Medium, und ihre Bedingung war auch mein Gedächtnis zu bewahren“. Er schnaufte kurz und lächelte.

„Ich hatte Kameraden, die in meiner Einheit waren, wieder getroffen. Konnten sich an nichts erinnern, noch nicht einmal an mein Gesicht“.

Ich blickte meinen Vater von der Seite an. Er schien traurig zu wirken, und er war es mit Sicherheit auch.

Gleich morgen!

Ich würde beide retten und in Sicherheit bringen, das schwor ich mir.

„Ich hole euch hier raus und dann kehren wir zurück auf die Insel. Ich bin schließlich ein Medium und da bekommt man bekanntlich ja ständig ne Extrawurst“. Dad lächelte müde.

„Ich hoffe sie haben dich nett behandelt“. Er strich über mein Haar. Ich nickte nur verlegen.

„Ja, jemand besonderes hat auf mich Acht gegeben, keine Sorge“.

Ich hatte geplant, meine Familie aus dem Sumpf der Brutalität und Nachkampfaktionen herauszuholen. Tai würde sicherlich schon genug sauer sein, wenn er mich heut Abend nicht im Body vorfand.

Vielleicht hatte er sich auch ein fremdes Nachtlager gesucht.

Ich schlief also bedenkenlos neben meinem Bruder ein, und schmiedete Pläne.

Fatal.
 

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, fand ich mich in einer recht fremden Umgebung wieder.

Diese….

Sie mussten uns hinterfotzig im Schlaf betäubt haben.

Aber wie hatten sie uns gefunden?

Ich blickte mich in dem dämmrigen Raum schwerlich erwachend um. Er war recht spartanisch eingerichtet, ein Tisch, ein Stuhl, ich lag auf einer Matte, neben mir Ned und vor mir mein Vater. Sie schienen nur zu schlafen. Neds Atem ging gleichmäßig und das entlockte mir ein erleichterndes Seufzen. Die Beiden, da sie einen ausgiebigen und tiefen Schlaf hatten, würden auch noch eine Weile brauchen, ehe sie wieder zu sich kamen. Ich spürte das Betäubungsmittel in meinem Kopf und rappelte mich auf.

Ich war wohl erneut gekittnappt worden. Typisch für diesen dummen Millitärmist. Ob West oder Ost, beide Seiten hatten einen ausgesprochen rabiaten Stil einfache Bürger gemein zu entführen.

Meine Zellengenossen regestieren nach 30 Minuten ebenfalls die Sachlage. Ned war verwirrt und nach ein paar Minuten tierisch aufgekratzt. Mein Dad mal wieder fassungslos ruhig und besonnen.

„Sie müssen uns gefolgt sein Ned!“ Schlussfolgerte ich und mir wurde klar, dass ich wohl noch eine ganze Weile brauchte, um ein Terrorspezi zu werden, denn Tai wäre so etwas sicher nicht passiert.

Ich brauchte erstmal eine Minute, um vor mich hin zu vegetieren und Tai und seine mahnenden Worte nachzuheulen. Er hatte, ja das musste ich zugeben, manchmal auch Recht gehabt.

Nach etwa 2 Stunden regte sich etwas in der monotonen Zelle der Familie Bright und eine Art von Soldat blickte durch das schmale Fenster der Tür, unserer Gefängniszelle.

„Du da, mit den blauen Haaren. Aufstehen und mitkommen“!!

Der Befehlston war barsch und er ließ mich innerlich erzittern. Ich bekam Angst. Panisch blickte ich zu meinem Vater hinüber. Seine Augen verrieten mir nichts anderes, als das, was ich gerade selbst empfand.

„Lasst sie hier! Nehmt mich dafür! Bitte Sirr“! Er sprang auf und versperrte mir den Weg.

„Vergiss es. Sie wollen die Kleine“. Der Mann öffnete die Tür des Kerkers und zog mich an der Hand hinaus. Meinen letzten Blick legte ich auf Neds Gesicht, der schockiert, mit Tränen in den Augen zu mir starrte, hilflos.

Ich ahnte Schlimmes, um meinen Dad und meinen Bruder nicht zu gefährden, befolgte ich die Anweisungen es Feindes und ließ mich, gefesselt und ohne Gegenwehr die langen schmalen Gänge entlang transportieren.

Es war eine Art Zeltlager, die die Gardiens in der Stadt aufgeschlagen haben mussten. Die Umgebung kam mir bekannt vor, aber so recht konnte ich mein Umfeld, als es in ein nächstes Zelt ging und ich frische Luft atmen konnte, nicht zuordnen.

Ich ließ mich schließlich vor 3 Menschen abstellen und blickte mich verunsichert in dem recht großzügigen Zelt um. Es standen allerlei Apparaturen herum und an einem Tisch saß ein alter Mann, neben ihm ein etwas jüngerer, und an einem Computer eine Frau mit blonden kurzen Haaren.

„Ist sie es“? Der Soldat an meiner Seite nickte.

„Du bist das Medium des Bodys, der gestern in Kampfhandlungen verwickelt war“?

Ich wusste aus Actionfilmen, dass es besser war, jetzt nichts zuzugeben.

„Ich versteh sie nicht! Was reden sie da“? Klug Blue! Hätte ich mir meine Haare nicht blau gefärbt, hätten sie mir die Blondinennummer so oder so abgekauft.

„Tu nicht so, du hast die Uniform der westlichen Sphäre an“! Der alte Mann deute mit dem Stift auf mich.

„Das ist Blue Bright, keine Frage“, jetzt meldete sich die blonde Frau zu Wort. Woher war sie sich so sicher? Sie blickte mich kalt an.

Irgendwie komisch. Sie hatte furchtbar kalte, bösartige Augen, doch zugleich erinnerten sie mich ans Meer. Na ja… ans Tote Meer… als Schwarze unendlich gruslige Meer mit Meeresmonstern und Killerhaien.

Der alte Mann murmelte, dann schrieb er ein Blatt Papier voll.

„Was machen wir jetzt mit dir“?

„Umlegen“! Der junge Mann, neben dem Alten, erinnerte mich etwas an Tai.

„Sie ist eine potentielle Gefahr und sie ist der Schlüssel zu den Kampfmaschinen unseres Gegners. Sie nur gefangen zu nehmen würde die Folge haben, dass ihr Partner sie sicherlich irgendwann mit allen Mitteln wieder zurück haben wollen würde“, stimmte schließlich auch die Blonde dem Jungen zu und der alte Mann nickte.

Das gefiel mir nicht.

„Wie… sie können doch nicht einfach… bekomm ich nicht so etwas wie eine Gerichtsverhandlung? Nen Anwalt? Freiheitsentzug …oder so? Das ist ein Verbrechen“!

Der Mann vor mir sitzend stützte sich auf und nickte. „Wir handeln nur zum Wohle unseres Volkes“!

„WAS IST DAS FÜR EIN HANDELN? SIE SCHADEN DOCH DURCH KRIEG DEN MENSCHEN. SIND SIE WIRKLICH SO BLÖD“??

Ich keifte nun wild drauf los. Das alte Menschen sich auch immer anmaßen durften einfach so Kriege in die Welt zu setzten!!

„Tai..Tai wird mich retten und dann werde ich ihnen den Arsch wegbomben“!!

Brüllte ich verzweifelte und im Nacken spürte ich den Soldaten, der mich zu bremsen versuchte.

„Sie verstehen nichts. Sie sehen nur die eine Seite, die negative Seite, des Krieges. Wir versuchen das Leben der Erdbevölkerung dauerhaft zu sichern, nicht nur für ein paar Tage oder Wochen. Ihr jungen Dinger seit es, die ignorant sind. Und manchmal muss man dafür auch etwas opfern.

Er verzog dabei keine Miene, als er davon insgeheim sprach, Leute zu töten, MICH ZU TÖTEN!

Ich wurde schließlich zurück in die Zelle gebracht, wo meine Familie schon auf mich wartet.

Ich konnte ihnen nicht sagen, dass ich höchst wahrscheinlich gerade zum Tode verurteilt wurde.
 

Am nächsten Tag spielte sich ein ähnliches Szenario erneut ab. Mein Vater und Ned blickten mich bedröppelt, verängstig und hilflos an, als der Soldat die Tür erneut öffnete und ich ohne Worte mir Handschellen umlegen lies.

„Habt keine Angst. Ich komme gleich wieder“, lächelte ich ihnen entgegen, ehe sich die Tür hinter mir schloss und ich den Pfad meiner letzten Minuten anfing langsam hinaufzutrotten.

Die Tür zu einem seltsamen, verglasten Raum wurde geöffnet. Diesmal ging es nicht in das Zelt mit den vielen Apparaturen, dieses Mal ging es in eine Art Sicherheitsraum

Ich sah einen Stuhl und einen Tisch, vor mir einen riesigen Spiegel.

Zwei Männer geleiteten mich ins Innere des Raumes und drückten mich auf den Stuhl. Danach legten sie mir eine Augenbinde an und mir wurde klar, dass dies wohl ein Teil der Vollstreckung war.

Sie wollten mir sicherlich in den Kopf schießen.

***Pennngg..****so das die Hälfte meines Gehirns dann an der Wand klebte. Die Wände waren gefliest, da ließen sich die Spuren meines Mordes ganz einfach mit Meister Propper von Wand und Boden wischen

Ich hatte noch immer meinen weißen, engen Overall an und keine Chance, meine Hände in irgendetwas Stoffartiges zu krallen. Er war ja, wie bekannt, so furchtbar eng.

Ich fühlte mich schrecklich. Leer, ratlos, hilflos, traurig, allein und deprimiert, dass mein Leben zwar sehr ungewöhnlich, aber auch sehr früh beendet wurde.

Obwohl ich eine Augenbinde aufgesetzt bekommen hatte, kniff ich meine Lieder zusammen und wartete auf das Ende. Ich hörte nichts, kein Atmen, keine Schritte, es war beängstigend still.

Nach einigen, schier endlosen Sekunden, ertönte ein Türknarren und ein Schuss fegte durch den Raum.

Jetzt war es endlich passiert und es fühlte sich schmerzlos an als ich befürchtet hatte.

Irgendwann würde ich doch sicher umfallen, oder nichts mehr mitbekommen, aber es folgte noch ein klar und deutlicher Schuss.

Aber er galt wohl nicht mir, jedenfalls spürte ich in mir nicht die Bohne von Tod und Überlebenskampf.

Meine Augenbilde wurde mir ruppig von meinem Gesicht gerissen und ich hastete mit meinem Kopf hinter mich.

Da stand er, hielt eine Knarre dem Spiegel entgegen und drückte ab.

denn im selben Moment folgen uns die Splitter um die Ohren.

Als er fertig war, riss er die Fesseln von meinen Händen, in dem er etwas recht seltsames in das Schloss der Handschellen stecke und diese sogleich von meinen Händen vielen.

„Raus hier“!

Es war wie ein weißer Traum.

Diese Szene mit dem Prinzen und dem weißen Pferd, was widerte, wenn der Prinz mit seinem Haar in der Luft herumwedelte.

Es war dieser Moment, in dem mir klar wurde: Er war es. Er war mein lang gesuchter Held.

Seine Hand griff nach meiner, und wir eilten durch die Tür hinaus in den langen schmalen Gang.

Sirenen ertönten und anscheinend war seine Rettungsaktion für gerade mal 1 Minute unentdeckt geblieben.

Hinter uns polterten schon die ersten Schritt. Er bemerkte, dass auch der Weg nach vorn langsam gefährlich wurde, so blickte er sich um und schließlich verschwanden wir in einer Seitentür.

Die Tür wurde von ihm ruppig geschlossen, dann hörten wir Männerstimmen.

Es muss eine Art Kammer gewesen sein, in der wir uns verkrochen hatten. Ich spürte etwas Seltsames an meiner Ferse, und an meinem Rücken drückte sich eine Art Stiel heran.

„Tai“? Ich traute mich kaum zu flüstern, doch ich musste es jetzt tun.

„Bist in Ordnung“? Erwiderte er mir.

Ich verjate ihm und stellte fest, dass er seine Arme um mich gelegt hatte.

„Blue… du bist so dumm“, raunte er leise, fast schon erleichtert. Sein Atem war noch unregelmäßig, sein Herz pochte laut, und ich, ich fing an zu weinen, weil ich dem Tod gerade entrunnen war und das Adrenalin nicht nur Herz, sondernd auch Tränendrüsen pulsieren ließ.

„Ich hab dir doch gesagt, du sollst beim Body bleiben… du ..du hast es mir versprochen“!

Ich schluchzte noch mehr und nickte. „Es tut mir Leid“.

Seine Hände griffen um meine Taille. Ich spürte nur, wie eng er mich an sich drückte, so als ob er befürchtete, ich würde erneut weglaufen.

Hatte er wirklich so große Angst um mich gehabt?

„Tu das nie wieder Blue“, hörte ich ihn leise in meinen Overall wispern, als er seinen Kopf auf meine Schulter gelegt hatte.

„Mach mir nie wieder solche Angst!!

Sei nie wieder so unvernünftig!!

Bleib bei mir….

…. Bleib bitte bei mir“.

Ja genau, dass war Tai. Genau diesen Wortlaut hatte mir Tai, the Kid in einer dunklen Kammer ins Ohr gehaucht.

In diesem Moment konnte ich nur leise seinen Namen jaulen und ins dunkle Nicken.

Seine Wange war rau, weil er sich wohl die Tage nicht rasieren konnte. Ich spürte sie an meiner, als ich ihm um den Hals viel, als eine Art Entschuldigung.

Ich konnte ihn nicht sehen, ich konnte Tai nur erahnen, ertasten und es viel mir schwer, meine Gefühle jetzt im Zaum zu halten, weil es sicherlich jetzt wichtigeres gab, als in Gefühlseuphorie zu verfallen.

Aber wie es mir schien, hatte selbst Tai nicht das Bedürfnis, sich um unser Leben zu sorgen.

Er wirkte auf mich plötzlich wie mein Vater, kurz nachdem ich fast wegen Tai im Meer ertrunken war.

Ich lag in seinen Armen und plötzlich kam wieder dieser Moment. (den Tai auch gerne mal versaute)

Seine Nase stubbste etwas an meiner Wange herum und ich hob meinen Kopf ein Stück zu ihm, spüre seine Wange langsam an meiner entlang streichen, seine Nase, und schließlich seine Lippen, die mein Kinn suchend entlangfuhren.

Ja dieser Moment, er war so perfekt, er war kaum auszuhalten.

Ein Atem schlug heftig in mein Gesicht, ich spürte seine Finger, die mehr und mehr Druck auf meinen Körper ausübten. Ich wollte seine Nähe, ich wollte ihn spüren und all das vergessen, was mir die letzten Stunden widerfahren war. Bei ihm, da war alles andere egal. Jeglicher Krieg, Schmerzen und Leid.

Es gab nur ihn.

Sein Duft strömte mir die die Nase und in der Dunkelheit suchten wir einander fast schon als ob es Gewohnheit war. Seine Lippen glitten langsam hinauf und ich suchte mit meinen Händen sein Gesicht.

Plötzlich hatte er seinen Atem angehalten, ein Zeichen dafür das er wohl ebenso angespannt war wie ich.

Ich war im Begriff Tai zu küssen.

Ich war im Begriff ihm meine Gefühle zu gestehen

Ich war im Begriff für diesen Moment mein komplettes Leben in seine Hände zu legen.

Ich war im Begriff mein Leben für ihn zu ändern.

Ja, ab diesem Moment voll und ganz.

Seine Lippen, seine Haare, sein Geruch, sein Atem, die Welt schien stehen zu bleiben.

Meine Adern weiteten sich, mein Herz pochte fast süßlich und schmerzend schnell, ich stand unter Spannung, unter Erregung, weil ich nicht wusste, was auf mich zukam, wenn er mich endlich küsste.

Endlich!

Meine Lippen spürten seine. Leicht, zart, wie eine scheue Begrüßung.

„WO SIND SIE“??

Eine Hand pochte gegen die Tür.
 

Schwubb, da war dieser Augenblick auch schon wieder weg.

Wieso auch nicht???!!

Ich würde wütend.

Erst meine Bucht, meine Freunde, dann meine Familie und jetzt AUCH NOCH MEIN ERSTER KUSS MIT TAI!!

DIE HATTEN NERVEN!!!

Hätte ich jetzt den Body zur Hand, ich würde ihm befehlen, die ganze Anlage kurz und klein zu trampeln.

Tai hielt meine Hand und horchte in die wieder entstandene Stille.

Gut, wenn sie vorbeigezogen waren, konnten wir doch weitermachen!

Die Stille trügte aber nicht lange, dann vernahmen wir seltsame Explosionen und eine leichte Bodenerschütterung.

„Sie…sie werden angegriffen? Aber von wem“?

Keuchte Tai und schon hatte er die Tür aufgetrampelt und zog mich weiter.

Uns kam eine riesen Staubwolke entgegen und als die Sicht etwas klarer wurde, und der Gang sich langsam seinem Ende zuneigte, blickten wir einem klaffendem rrriiiesen Loch entgegen.

In den Außenanlagen, mitten in einem Beet sahen wir schließlich den Body herumstehen.

„Jjuhu… das is mein Junge“, grölte Tai und ich ließ ich zu einem ebenfalls übermütigen Gebrüll verleiten.

„Er hat dich gehört! Er will dich retten“! Japste Tai und krabbelte auch schon auf das Metallgefährt herauf.

Ich nickte und wollte ihm folgen, doch durch die übermütige Ankommensfreude zischte ein seltsamer knallender Laut.

Ich zuckte erschrocken zusammen.

Es war wie ein kleiner, kurzer Stich.

Plötzlich spürte ich nichts mehr.

Tai blickte mir entgegen. Ich sah, wie er vom Body wieder hinunter kletterte.

Er hatte sich über mich gebeugt.

„Blue… Blue“!!!

Seine Hände wischten mir über das Gesicht.

Er hatte plötzlich wieder diese furchtbar traurigen Augen.

„Tai..ich…“.

Ich spürte, dass er mich zu tragen anfing. Nach einigen Sekunden blickte ich der Luke entgegen, die sich schloss.

In meinem Rücken drückte sich langsam ein pochender Schmerz empor. Es schien fast so, als ob ich von Sekunde zu Sekunde immer tauber wurde. Meine Fingerspitzen, die an Tai‘s Wange lagen, versuchten vergebens seine kleinen rauen Stoppeln, die ich plötzlich so lieb gewonnen hatte zu ertasten, doch ich spürte nichts mehr.

„Tai, was ist mit mir passiert“? Fragte ich ihn, während er mich auf den Schoß nahm und ich auf ihm sitzen meinen Kopf auf seine Schulter legte.

„Du wurdest angeschossen. Es ist wichtig, dass du jetzt nicht einschläfst! Bleib wach… erzähl mir etwas.. Blue“!

Ich beobachtet seine Haare, die sich in seinem Nacken etwas lockig kräuselten. Er war verschwitzt, ab und zu spürte ich leicht seine Hand an meinem Rücken.

„Ich..ich hab Neddy und meinen Vater wieder gesehen. Neddy hat eine Freundin. Sie heißt Sara. Mein Vater hat mir gesagt, dass meine Mutter ebenfalls ein Medium war, oder noch ist. Glaubst du das… ich bin also die nächste Generation…“, säuselte ich. Weiter kam ich nicht mehr. Ich fühlte mich schlapp und müde, ich wollte einfach nur schlafen.

Gut und lange und ausgiebig schlafen.

Von dunklen, engen Kammern träumen.

Davon träumen, wie ich am Strand liege, und neben mir der rothaarige, mit einer Sonnenbrille auf der Nase.

……

……..

……………………
 

Wirklich!

Ich wäre fast draufgegangen habe sie mir gesagt!

Als ich schließlich meine Augen wieder öffnete, blickte ich einer grellen Deckenbeleuchtung entgegen. Das monotone Piepen erinnerte mich an einer Krankenhausserie, und sonderlich schien ich davon ja auch nicht alt zu weit entfernt zu sein.

Ich lag auf der Krankenstation der Force.

O.k… was war passiert.

Schuss

Aua

Tai schniefend über mir

Schlaf

„Sie ist aufgewacht“!

Die Stimme, die gedämpft an mein Ohr klang, kannte ich doch!

„Lydia“?

Ja genau das Busenwunder, wie es leibt und lebte.

Immer noch so monströs und niedlich. Ich konnte mein Glück kaum fassen, sie zu sehen.

Hinter einer Glaswand stürmte sie nun in mein Krankenzimmer.

„Blue, wie schön. Du bist wieder bei Bewusstsein. Alle haben sich solche Sorgen gemacht“. Und schon hatte sie sich um mich umschlungen und drückte Tränen heraus.

Sehr authentisch keine Frage.

„Ich hatte solche Angst. Die Ärzte haben zwar gesagt, dass die Kugel nichts Lebenswichtiges getroffen hat, aber ich hatte befürchtete, dass du aus deinem Schlaf nie wieder erwachen würdest“. Sie schniefte und schniefte mir das ganze Laken voll.

Ich musste ihr über die Haare streichen. „Na so weit ist es Gott sei dank nicht gekommen“.

Sie nickte und berichtete mir davon, dass der Body an Biomasse abgenommen hatte, und nun zur Reparatur war.

Danach kam mich der Arzt besuchen und riet mir dringend, etwa 3 Wochen zu pausieren. Im Regelfall würde lediglich eine kleine Narbe übrig bleiben. Lediglich der Blutverlust war besorgniserregend gewesen. Er konnte mich auch schon entlassen, nachdem der Tropf durchgelaufen war.

Ich zog mir mein schwarzes Kleid, welches Lydia mir dagelassen hatte, über und verabschiedete mich von dem weißen Sarg, wollte so eben den Raum verlassen, als mir Tai eilig vor den Kopf stieß.

Wieder einige Gehirnzellen wenigere.

Was soll‘s.

Er schien erschrocken und auch ziemlich eilig unterwegs gewesen zu sein.

„Ich hab‘s erst gerade erfahren. Du wirst entlassen“?

Na ja, zwischen aufwachen und auschecken waren ja lediglich 2 Stunden vergangen. Komisch war das schon, sonst mussten die Patienten doch noch zur Beobachtung dableiben?

„Ich weiß auch nicht. Der Arzt hat das so gesagt“, erwiderte ich ihm. Er nickte und begleitete mich hinaus.

Ob er das mit der Kammer schon vergessen hatte?

Ich jedenfalls nicht, und mir wurde immer mulmiger, je länger er neben mir herlief.

„Ich hab ein Riesenpflaster auf dem Rücken“, murmelte ich in die Stille, weil ich es langsam nicht mehr aushielt, so wortlos, fast verklemmt neben ihm herzulaufen.

„Wenn es dir besser geht, hoffentlich erholt sich der Body jetzt auch. Seitdem du angeschossen wurdest, baut er Biomasse ab. Es scheint fast so, als ob er auch krank ist, eine Art Virus hat“.

Wie kam er darauf, jetzt über die Krankheiten einer Maschine mit mir zu reden zu müssen??? Ich wurde hier angeschossen!! Nicht diese dämliche Büchse!!!

Schnaufend folgte ich ihm in den Trakt.

Dort standen wir eine Weile vor dem riesigen Müllberg herum. Mir entging nicht, dass der Body eine rostige Färbung angenommen hatte. Als ich ihn berührte, spürte ich eine unangenehme Kälte durch meinen Körper fahren.

„Du hast Recht. Irgendetwas ist anders“.

Ich war ratlos. Was hatte meine Krankheit mit dem des Bodys zutun?

„Ihr beide seit miteinander verbunden. Was meinst du, warum du so schnell relativ gut genesen bist Blue“!

Hinter uns kam der Chef angewalzt, mit ein Paar Schränken im Schlepptau.

Er hatte sich vor uns positioniert.

„Diese Mission ist gründlich fehlgeschlagen Kid. Wie kann man als Sohn des Obersten nur so versagen?? Stümperhaft“!

Ich traute meinen Augen kaum. Der Vater hatte dem Sohn einen rechten Hieb verpasst, so dass Tai kurz keuchend zusammensackte.

„Es tut mir Leid Sirr, die Umstände haben sich geändert. Ich habe versucht die Mission noch zu erfüllen, doch mir ist es durch den Zwischenfall mit meinem Medium nicht gelungen“.

Tais Vater nickte und wurde noch aggressiver.

„Wozu hast du eine Kampfausbildung? Was ist mit Personenschutz? Dir sollte klar sein, dass der Schutz deines Mediums oberste Priorität hat. Ohne sie bist du NICHTS“!

Er wollte erneut zu einem Schlag ausholen, doch ich stellte mich ihm entgegen. Wie konnte er so herzlos sein? Und überhaupt, es war meine Schuld, nicht Tais.

„Ich war es, die sich den Befehlen von Tai widersetzt hat. Wenn jemand Schuld an Misslingen der Mission hat, dann ich Sirr“!

Er hob die Augenbrauen.

„Du bist zu naiv. Dein Freund müsste in jeglicher Lebenslage sicherstellen, dass die Mission und Personen geschützt sind. Er hat versagt“!

Er schob mich beiseite doch ich hielt seinen Arm fest. Tai sah seinem Vater furchtlos in die Augen. Er hatte sich bestimmt damit abgefunden, für jeden kleinen Fehler so bestraft zu werden. Er zuckte ja noch nicht einmal zusammen.

„Lasst ihn“!

„Blue, dass geht dich nichts an“, erwiderte schließlich Tai und lächelte mir müde entgegen.

„Es….es geht mich etwas an! Du Idiot“!

Der Vater ließ von ihm. „Ich verstehe“, murmelte er und nickte mir zu, so dass ich nun auch seinen Arm loslassen konnte.

Was er verstand, war mir zwar nicht klar, aber wenigstens hatte er verstanden, so hoffte ich, dass diese Art von Strafe nichts brachte.

„Es ist bewundernswert und fast naiv, wie sehr sie ihren Partner nach all dem noch schätzen Blue. Bedenken sie, in welche Lebenslage er sie gebracht hat“, murmelte der Oberste Befehlshaber und zog mit seinen Schränken schließlich von dannen.
 

Ich lag die nächsten zwei Tage stur in meinem Bett herum, starrte die Decke an und versuchte vergebens mir vorzustellen, wie es wäre, wenn jemand durch meinen Tür kam, und mich besuchte.

Lydia war mit dem Body und dessen Pflege beschäftigt und Tai bekam Extratraining, ging früh, und kam spät nach Haus.

Lydia meinte, dass ich unbedingt Bettruhe halten müsse. Nicht nur meiner Gesundheit halber, sondert auch wegen dem Body.

Es war an diesem Tag schon sehr spät und ich stand im Bad, und versuchte das Pflaster auf meinem Rücken zu lösen.

Bemerkt man, dass ich im Stehen kaum den Boden erreichte, war ich in dieser Hinsicht auch nicht sehr gelenkig und zupfte verzweifelt an dem rechten unteren Zipfel des Pflasters herum.

Die Tür knarrte etwas und plötzlich stand er hinter mir und machte große Augen.

„Sollte das nicht ein Arzt machen“? Murmelte Tai.

Er ging zum Waschbecken und steckte seinen Kopf darunter.

„Ich mag die Krankenstation nicht. Es ist doch nur ein Pflaster und es juckt so schrecklich“.

Er tauchte unter dem Handtuch wieder auf und legte es sich um die Schultern.

„Soll ich dir helfen“?

Ich nickte grinsend und drehte mich zur Wand. Er löste das Pflaster langsam und starrte schließlich einige Sekunden auf meinen Rücken.

„Und“?

„Na ja, es ist wahnsinnig blau..“! Erwiderte er. Danach tupfte Tai etwas Desinfektionsmittel auf die Wunde und klebte ein neues Pflaster drauf. Während er seine Tat vollendete wurde mir klar, dass wir jetzt vielleicht eine ungestörte Minute hatten. In dieser Minute könnte so einiges passieren.

Also fing ich mutig an.

„Sag mal, das, was du mir damals in der Kammer gesagt hast, war das ernst gemeint“?

Sein Glattstreichen des Pflasters, sanft über meinen Rücken, überbrückte seine kurze Überlegungsphase.

„Ja, wieso nicht“.

Klar, wieso nicht. Was Tai sagte, meine Tai auch so, nicht wie bei Blue.

„ O.k“, ich pustete leise. Wie sollte ich es am besten anstellen? Wie sollte ich anfangen? Sollte ich mir im Haar herumspielen? Das waren doch so eindeutige Signale!

„Ich.. Weißt du…“. Jetzt kam wieder dieses rumgestotterte.

Tai war fertig und ich drehte mich hastig um. Irgendwann musste es raus. Ich hatte keine Zeit mehr, ich lebte doch mit der Gefahr jeden Tag hinterrücks ermordet zu werden.

Jetzt war die Zeit kommen es ihm endlich zu sagen.

Mit großen Augen, mit sanfter Stimme und in keiner Panty und im BH.

Genau jetzt.

Ich setzte gerade zu einem Wort an, da schoben sich seine Arme um mich und sachte drückte er mich gegen sich.

Die Worten waren schockiert wortlos aus meinen Mund gepustet worden.

„Schön… das es dir besser geht“, flüsterte er wieder zart hinter mein Ohr.

„Tai“! Energisch riss ich mich von ihm los und wollte nun endlich Mut zur Tat etwas Wichtiges loswerden. Doch…

…wenn er nicht so einen furchtbar roten Kopf gehabt hätte, hätte ich‘s sicherlich auch geschafft. Aber vorher musste ich ihm noch ins Gesicht lachen, und das fand er gar nicht gut.

„Was… hast du?!“ Er atmete einmal tief aus doch ich bekam mich nun gar nicht mehr ein.

„Das is mir zu blöd…“! Und schon lief er mir davon. Lieder hatte Tai nicht mit meinem sozialen Arrangement gerechnet.

Er warf sein Handtuch nach mir, mit dem Ton, ich solle ihm nicht in seine Gemach folgen, als ich ihm pustend hinterher kroch.

„Wieso bist du rot geworden“?

Er ignorierte meine Frage und warf sich auf sein Bett. Im nächsten Moment ignorierte er mich, in dem er ein Buch zur Hand nahm, und so tat, als ob er es las.

„Ich bitte dich. Du warst noch nie authentisch, wenn es ums Bücherlesen ging. Erinnerst du dich? Damals in der Bibliothek“?

Ich hörte ein Raunen. Langsam kroch ich zu ihm hinauf, auf das Bett und zog das Buch aus seinem Gesicht.

„Ich… ich bin sehr glücklich. Auch wenn du mich erst zu meinem Glück zwingen musstest“, sagte ich ihm ins Gesicht.

Ja, so war es auch.

Ich war glücklich. Glücklich mit ihm.

„Das… das ist schön“.

Er hätte mir ruhig etwas ausführlicher Antworten können. Immer kam mir Tai mit solch neutralen Antworten.

Also… o.k. Wie jetzt anfangen, einen Jungen zum ersten Mal zu küssen?

Da war kein Moment zwischen uns, den ich jetzt auskosten konnte, da war nur gähnende Leere und ein Kissen.

Ich ließ mich schließlich neben ihm nieder.

„Willst du nicht allein schlafen“? Frage er mich, während er wieder ins Buch schaute.

„Ich lieg schon den ganzen Tag allein im Bett herum. Ich brauch auch mal Abwechslung im Bett“.

*knick*knack*

„Macht man das einfach so. Mann und Frau meine ich“?

„Wieso nicht“?

„Na weil sie doch dann… im Bett…zur Sache gehen, weißt du! Frauen schlafen doch immer zusammen im Bett und veranstalten Schlummerpartys oder so“!

„Ich weiß nicht. Wieso sollten Mann und Frau nicht auch einfach so nebeneinander schlafen können? Du hast es schließlich auch in na grünen Blase mich überlebt“, erwiderte ich ihm und mir kam gerade wieder der Gedanke, meine Brüste zu kontrollieren.

Durch die Unterwäsche, die ich anhatte, konnte kein Nippel hindurch dringen, ganz sicher.

Aber… mit Unterwäsche im Bett eines Mannes zu liegen, ist auch sehr verquer, wenn man nicht auf Sex hinaus ist.

Was..in meinem Fall, ja auch gar nicht sooo verkehrt war. Oder derjenige ist schwul.

Das musste Tai ja auch nicht so genau wissen.

Ich wurde langsam verzweifelt. Es konnte doch nicht so schwer sein, endlich mal offen zu sprechen. Über das, was man über den andern dachte.

„Kennst du denn nun den Unterscheid zwischen Freundschaft und Liebe Tai?“.

Er sah mich an, fast schon erschrocken. Ich wusste, dass meine Wangen rot angelaufen waren, weil ich es ihm endlich insgeheim gesteckt hatte. Ob Tai es auch so verstanden hatte, ob er wusste, dass er damit gemeint war, wusste ich nicht.

„Ich kenne den Unterschied Blue“.

Ich ließ mich ins Kissen fallen und seufzte lang. „Da bin ich froh, dass meine Lehrstunden nicht ganz aussichtslos waren“.

In Gedanken starrte ich die Wand an.

Was er jetzt wohl über mich dachte?

Wie es Vater und Ned wohl ging? Ich wusste, dass sie nicht in Gefahr waren, die Gardiens hatten gar kein Interesse ihnen etwas anzutun und mein Vater wusste nicht mehr, als ich am Anfang der Geschichte.

Ich musste sie befreien und dann… wenn der Krieg endlich zu Ende war, was würde dann mit mir geschehen?

Ich legte meinen Kopf etwas beiseite und blickte Tai an, der wirklich ins Buch schaute und mit tiefen Augenbrauen wohl nicht den Sinn dessen begriff.

Würde ich wirklich bei ihm bleiben? War das meine Welt hier? Ich hatte zuvor nie im Traum daran gedacht, eine Soldatin zu werden und dem Staat zu dienen. Und jetzt?

War es das, was ich wirklich wollte?

Nein, ich wollte nur bei Tai sein, nur wegen ihm, nicht wegen meinem Land, wegen meiner Stadt, wegen meiner Bucht, hatte ich ihm versprochen zu bleiben.

„Wegen dir…“, murmelte ich leise.

Tai musste es gehört haben, weil er kurz aufblickte.

Ich rollte meinen Körper auf die Seite und blickte ihn weiter an. In seinen Augen sah ich, dass er nicht so recht wusste, wieso ich ihm so deutlich meine Aufmerksamkeit schenkte.

Tai hatte wie gesagt rote Haare. Am Ansatz waren sie schon leicht hell, aber der Übergang war sehr fließend.

„Was hast du denn eigentlich für eine Haarfarbe“?

„Na rot“!

„Nein, als du noch klein warst und noch nicht so eitel und krank im Kopf“!

Er murrte. „Ich bin doch nich krank im Kopf. Meine Haarfarbe drückt nur meinen eignen Stil aus. Und außerdem, schau dir doch selbst mal ins Hirn, deine Haarfarbe ist ja wohl viel kranker“!

Oh.. Ich glaube, mit dieser Bemerkung hatte ich seinen wunden Egopunkt getroffen.

„Ja, du bist mir gleich aufgefallen“, grinste ich ihn an.

Wieder murrte er. „Braun, helles braun“.

Fast wie Ben.

Er hatte wohl wieder nicht die Möglichkeit gehabt, zum Frisör zu gehen. Im seichten Licht sah mein einige helle Stoppeln aufblitzen. Sie waren deutlicher als noch die letzten Tage, als damals, in der Kammer, wo ich sie an meiner Wange hab entlang kratzen gespürt.

Ich hatte Lust mit den Finger sein Kinn entlangzufahren, hinab, über seine Brust… und das Licht der dämmernden Leuchte neben dem Bett hätte ihn leicht angeschienen.

Ich seufzte. Das war doch schon wieder pervers. Tai lag neben mir, und ich dachte daran ihn zu verführen.

Ob er wohl je von einer Frau verführt wurde?

Tai rutschte an der Bettlehne hinunter und klappte sich das Buch auf seine nackte Brust. Wir lagen nun tatsächlich auf Augenhöhe und er blickte mir langsam, scheu in die Augen.

Dieser Moment zwischen uns, plötzlich schoss er hinauf in den messbaren Bereich.

„Willst du nicht schlafen? Du wurdest gestern schließlich operiert, und heute entlassen“, sagte er sanft, fast schon besorgt.

Ich schüttelte den Kopf. Es war fast beängstigen, wie gut es mir ging.

„Hab ich einen Tag durchgeschlafen“?

„Ja, vorgestern bist du angeschossen worden, und ich hab dich mit dem Body wieder zurück auf die Insel gebracht. Sie hatten dich in der Nacht noch operiert“.

Sein Arm legte sich hinüber zu mir und er strich mir durch mein Haar. Ich spürte am Haaransatz ein angenehm stimulierende Gefühl. Ich mochte es, wenn man mein Haar berührte, aber das wusste Tai natürlich nicht.

„Ich mag dein Haar trotzdem“, meinte er leise.

Ich mochte seins auch. Ich mochte seine grauen, traurigen Augen, ich mochte seine Hände, obwohl sie manchmal grober als gemocht mit mir umgangen. Aber, genau das war es, was mich bei Tai so… man konnte es, anmacht, sagen.

Wieso, weil er nicht der Typ von Mann war, der Frauen wie eine Pfirsichschale anfasste.

Man nannte sie auch Weichei. So wie Phill, wie Ben und wie alle anderen Männer, die ich bis dato kennen gelernt hatte.

Tai konnte man nicht in die Karten schauen, er war interessant, er wurde nicht langweilig.

Genau das war es, was mich an Tai doch reizte. Aber hielt dieser Reiz auch auf Dauer an?

Würde ich wirklich länger bei ihm bleiben können?

In Gedanken bemerkte ich, dass Tai sich etwas aufgestützt hatte, so dass er nun fast über mir war.

Seine Hand fuhr hinauf zu meiner Schulter. Im ersten Moment war ich völlig perplex, weil ich nicht wusste, was er vorhatte. Seine Augen sahen ruhig aus, sein Atmung regelmäßig, aber ich wurde das Gefühl nicht los, dass er etwas vorhatte.

„Leg dich…leg dich hin“.

Er murmelte nur leise, und seine Stimme klang verunsichert, fast schüchtern. Ich tat, worum er mich bat und ließ mich zurück auf den Rücken wenden.

Ich spürte seine Finger an meiner Haut und ich spürte auch, dass er den Druck, den er noch bis vor kurzem auf sie ausgeübt hatte, in eine leichte Berührung, übergegangen war.

Er strich meinen Arm entlang und sein Körper rutschte noch etwas zu mir hinüber. Sein anderer Arm stützte sich dicht neben meinem Kopf auf das Kopfkissen auf und er beugte sich nun über mich, so dass ich ihn und sein Gesicht, mit den traurigen grauen Augen, anblicken konnte.

Ganz nahe, fast zu nahe, weil ich plötzlich nervös wurde, mein Kopf pulsierte, mein Atem plötzlich ausblieb und ich fürchterlich verkrampfte.
 

Kapitel 11/ENDE

Kummerkasten

Kapitel 12/ Kummerkasten
 

Sein anderer Arm stützte sich dicht neben meinem Kopf auf das Kopfkissen auf und er beugte sich nun über mich, so dass ich ihn und sein Gesicht, mit den traurigen grauen Augen, anblicken konnte.

Ich hatte schwitzige Hände, und wenn er jetzt anfing mit mir Händchen zu halten, dann würde das sicherlich ziemlich peinlich werden.

Ich überlegte, was ich ihm an den Kopf hauen könnte, weil diese Situation einfach viel zu langsam vonstatten ging, dass ich zu viel Zeit hatte, über unwichtige Dinge nachzudenken. Über ihn, was er damit bezweckte, wieso er meinen Arm streichelte, was in zwei Minuten wohl wäre, ob ich rasiert war, ob ich auch genügend Parfüm aufgelegt hatte. Ich wollte Stopp sagen, weil plötzlich dieser Moment bewusst gekommen war. Vielleicht war es wie mit dem in den Urlaub fahren. Wochen vorher freute man sich auf ihn, aber wenn der Zeitpunkt gekommen war, dann wollte man am liebsten zu Haus bleiben.

Und jetzt, jetzt hatte ich Angst, dass dieser Moment einfach scheiße sein, und meine Erwartungen nicht erfüllt wurden.

Wer weiß, vielleicht würde Tai schrecklich küssen. Wie ein Hund, von oben bis unten. Ein Schlecker, ein Zimentmischer, oder ein Stubbser.

Er war ja schließlich unerfahren, und ich hatte keine Lust ihn anzulernen.

Ich wollte einen perfekten Moment mit erotischen Augenblicken, tiefen Blicken und seufzenden Seufzern.

„Was hast du“, flüsterte er.

„Was tust du“? Erwiderte ich. Er war mehr eine verunsicherte Frage.

Er gab mir keine Antwort.

Ich spürte seine Hand , die sich zwischen meinem Arm und Hüfte langsam Halt suchte.

Dann endlich senkte sich sein Kopf zu meinem hinab. Zuerst völlige Kreisel in meinen Augen, dann bemerkte ich jedoch, dass seine Lippen nicht meine, sondert meine Stirn ansteuerten. Sie waren warm, nicht feucht und sie veranlassten meinen Kopf ihn mit den Augen anzuflehen, meine Stirn hinunter zu küssen, bis er bei meinen Zehen angekommen war.

„Ich bin froh, dass es dir besser geht. Ich hatte Angst um dich… es.. Tut mir Leid, dass ich dich nicht sicher retten konnte… ich bin ein schlechter Partner… das bin ich“. Dabei sah er mich an, als ob er gerade unseren Hochzeitstag vergessen hatte.

Ich wusste nicht wieso, aber mir wurde gerade sehr heulig zu mute.

Er hatte vielleicht angesprochen, dass ich in Gefahr war. Das mein Leben wegen ihm jetzt ziemlich heikel und gefährlich geworden war und dass diese Kugel hätte auch anders abgeschossen werden können. In meinen Kopf, in mein Herz oder wer weiß wohin.

Ich wusste, dass er mich hatte beschützen wollen, doch es nicht konnte, und allein die Tatsache, dass er es um jeden Preis tuten würde, ließ mich gerührt aufschluchzen.

Meine Arme rissen sich über seine Schulter um seinen Hals und ich zog mich hinauf zu ihm.

Tai bemerkte schnell, dass ich jetzt etwas körperliche Nähe brauchte und nahm mich zu sich, in dem er wieder hinüber auf seine Seite kugelte, mich allerdings vorsichtig mitnahm und ich schließlich auf ihm zum Liegen kam. Seine Arme umschlossen mich. Ich spürte seinen nackten Brustkorb der sich hob und senkte, und manchmal etwas schwer, weil er anscheinend so etwas Ähnliches machte wie Seufzen.

Meine Stirn drückte sich ins Kopfkissen und meine Lippen verirrten sich in seine Haare. Sie kitzelten, sie rochen nach seinem Shampoo, welches ich ihm damals in dem Tanteemmaladen gekauft hatte.

Es war das, nach was ich mich sehnte.

Nur für einen kurzen Moment das Gefühl der Geborgenheit, der Zuneigung zu spüren, das ich bestimmt schon die letzten Monate nicht mehr gespürt hatte.

Mit Phill in der Beziehung zu leben hieß für mich nur sexueller Kontakt, aber keine hinreichende Zuneigung zu erfahren. Kein Umarmen, nur zielloses Herumgezerre auf dem Bett und flüchtige Küsse, die mich zum Durchhalten ermuntern sollten.

Das, was Tai gerade mit mir machte, fühlte sich so gut an, dass ich ihn nicht mehr loslassen wollte, diesen speziellen Moment, den ich mir zwar erotischer und intimer vorgestellt hatte, der meine Erwartungen allerdings bei weitem übertraf.
 

Der Morgen war grau, es viel kaum Licht durch die dicken roten Gardinen.

Ich spürte fremdes Gewicht auf meinem Bauch ruhen. Nur mühsam öffnete ich meine Augen und blickte zur Decke.

Ich war noch immer in seinem Zimmer. Wohl doch eingeschlafen. Die Nacht war erholsam, ich spürte zwar jeden Knochen, da die Schmerzmittel über die Nacht nachgelassen hatten, doch ich fand mich sehr schnell damit ab, als ich neben mich blickte und in sein Gesicht sah.

Komisch, Tai sah so friedlich aus. Tai schlief noch tief und fest, seine Lippen bewegten sich etwas, so als ob er träumte. Sein Arm hatte sich auf meinem Bauch niedergelassen und sein Kopf drückte sich fast gegen meinen, so dass ich, wenn ich meinen Schopf etwas zur Seite drehte fast seine Nasenspitze mit meiner berühren konnte.

Er atmete regelmäßig und kühl. Seine Haare waren zerwühlt, hingen ihm wild in seinem Gesicht herum.

Er lag da so…. er war willenlos, hilflos… ich… ich war fürchterlich rattig auf ihn, was hätte ich denn sonst tun sollen?

Wie auch schon oben in meine Sehnsüchte beschrieben, traute ich mich nun langsam über sein Kinn zu fahren. Die kleinen, hellen Stoppeln gaben nach etwas Widerstand unter meinen Fingerkuppen nach und erzeugten ein angenehmes Kratzen. Ich fuhr immer wieder sein Kinn auf und ab, das Ohr entlang zu seinen Haare, die ich etwas zwirbelte während ich langsam meine Nase an seiner rieb. Er schnaufte nur im Schlaf, und das gab mir Sicherheit.

In meinem Bauch fingen plötzlich diese dämlichen Schmetterlinge an zu fliegen. Auf und ab, im Zickzack, als ob hinter ihnen gerade eine Katze hinterher sprang.

Ich war die Katze, und er war der Fisch. Katzen liebten doch Fisch!

Ein leckerer Fisch, von dem die Naschkatze so schnell wie möglich kosten wollte.

Ich benetzte langsam meine Lippen, ehe ich mich etwas zu ihm reckte und kurz seine Lippen mit meinen schloss.

Als ich ihn prüfend darauf ansah, hatte sich an seinem Zustand zum Glück nichts geändert. Also schloss ich meine Augen erneut, benetzte meine Lippen und suchte seine wieder auf.

Dieses Mal etwas länger, etwas bewegter ließ ich sie über ihn fahren. Seine Oberlippen saugte ich etwas an, versuchte sie lieb zu behandeln, sanft, damit er nicht aufwachte.

Zufrieden schnaufte ich und blickte ihn wieder an.

Es war ein schönes Gefühl, schon fast eine Zufriedenheit ihn beherrscht zu haben, ganz still und heimlich.

Doch so heimlich schien ich mich doch nicht vergnügt zu haben, denn plötzlich standen seinen Augen einen Schlitz weit offen.

Schockiert druckstete ich in sein Gesicht, worauf sich seine Augen schließlich weiteten und er zu Besinnung kam.

„Was… machst du da“, murmelte er heiser.

Wie…wie PEINLICH!!!

Ich war ja schon wie ein Stalker. Wie ein Freak der sein Idol heimlich anschmachtete. Jetzt hatte er mich auch noch erwischt.

Ich wusste mir nicht anders zu helfen, drehte mich um und zog die Decke über meinen Kopf.

„Ja, morgen“, muffelte ich schließlich.

Ich hörte Tai nur rascheln und mit der Decke hantieren, dann schloss sich schließlich die Tür.

Er war weg.

Ich…. Ich schämte mich gerade in die Hölle hinunter.

Peinlich…peinlich, schrecklich fies peinlich!!! Im Bett herumwälzen linderte das Gefühl von Scharm und Boshaftigkeit gegen mich selbst auch nicht, und zu allem Übel kam Tai auch schon wieder zurück ins Zimmer.

Er stand da, mit Shorts und gewaschenen, nassen Haaren, vor dem Bett, und bekam keinen Ton heraus. Er musste es bemerkt haben, er war doch ein Soldat mit super ausgebildeten Kräften, mit super Kussspürkräften!

Ich versuchte so zutun, als ob ich schlief, blinzelte ab und zu jedoch mit den Augen, um zu sehen, was Tai gerade tat.

Er stand geschlagene 3 Minuten vor dem Bett herum und überlegte.

„Äh… Blue… Blue…“?

Ich reagierte erstmal nicht.

„Ich weiß, dass du wach bist“, folgte es weiter.

„Nein, bin ich nicht“!

Tai wartet noch einmal 3 Minuten.

„Blue…äh… aufstehen. Steh auf Blue“. Jedoch kam das nicht in angemessenen Ton zu mir hinüber. Eher so eine verunsicherte Fragestellung. Er war verunsichert. Na gut, was würde ich an seiner Stelle tun?

Vielleicht hätte ich erstmal diesen Raum nicht mehr betreten, um diesem Konflikt aus dem Weg zu gehen, aber dessen wollte er sich wohl tatsächlich stellen.
 

Irgendwann hatte Tai es aufgegeben und sich aus dem Zimmer verzogen. Durch meine nun langsam in die Glieder aufsteigende Lähmung, gelang es mir erst am späten Mittag aus dem Bett aufzustehen. Nachdem ein paar Schmerzpillen eingeworfen wurden, flüchtete ich hinaus ans Meer.

Es wehte so kühl um mich und mein wallendes schwarzes Kleid. Auch den Rücken entlang.

Fast so kühl und schaurig schön wie sein Atem, der mir in der Nacht in den Nacken gepustet hatte.

Ich fühlte mich erregt, ich fühlte mich verwirrt und ich wusste, dass dieses Gefühl so lange verzweifelt an mir kleben, bis es endlich die Realität erfahren würde. Bis dato hatte ich das Gefühl, ihn ganz zu spüren nur vorstellen können.

Es machte mich wahnsinnig, Tag und Nacht nur an Tai denken zu können.

Obwohl meine Lebenslage eigentlich hätte andere Gedanken zulassen müssen.

Wie Dad, Neddy, Mischa oder Ben.

Einige Schränke tummelten sich am Strand herum. Es war sonderlich weniger los als sonst, ich vermutete, das es mit den Kampfaktionen zutun haben musste. Viele Soldaten mussten ausgeflogen sein, Dienst vollziehen, mit Kampfgebrüll um die Häuser ziehen, oder so etwas ähnliches. Mich wunderte es, dass Tai nicht schon längst damit angefangen hatte mich in den Body zu quetschen, um keine unnötige Zeit zu verschwenden.

„Blue…“, ich vernahm plötzlich meinen Namen in weitern Ferne.

Vom Dorf trampelte ein junger Mann den Sand entlang.

Es war Chris, der hübsche Mechaniker, der mich damals aufgesammelt hatte.

Er sah noch immer verdammt hübsch und nett aus.

„Blue… schön dich wieder zu sehen“. Als er keuchend bei mir angekommen war, reichte er mir zur Begrüßung die Hand.

Nach ein paar Wortwechseln der Gesundheit halber, erzählet er mir, dass er das mit dem Body gehört hatte, und das Lydia schon mittlerweile ganze 16 Stunden an dessen Genesung arbeitet. Er nahm mich bei der Hand und wir liefen zusammen in den Trakt.
 

Lydia stand vor einem kleinen Computer und hackte darauf herum. Wie eine Besessene.

„Der Code, er lässt sich einfach nicht übersetzten. Er versucht zu reden, aber ich verstehe es nicht“, seufzte sie. Chris schaute ihr über die Schulter, übernahm kurz die Tastatur, hackte darauf herum, kam aber auch zu keinem anderen Ergebnis.

„Weißt du Blue, es scheint so, als ob sich der Body gegen eine Heilung wehrt. Als ob er sich aufgegeben hat“, erklärte Lydia mir. Wie konnte eine Maschine solche Gefühle entwickeln, und wieso war diese Maschine plötzlich eingeschnappt?

„Ob er böse auf mich ist, weil ich ihm die Sitze vollgeblutet hab“? Fragte ich Lydia. Das sollte eigentlich ironisch gemeint sein, doch sie nickte plötzlich. „Vielleicht liegt das Problem im Cockpit“.

Schon war sie mit ihren riesen Brüsten den Body hinaufgestiegen und schließlich blickte man nur noch ihrem Hintern entgegen, der aus dem Cockpit ragte.

Chris stieg hinauf zu ihr und ich blieb unten stehen.

Die 5 Meter schaffte ich nie und nimmer mit meinem Rheuma im Rücken.

„Ich bekomme kein Signal aus dem Cockpit. Das ist komisch“!

„Er scheint sich von hier aus zu blockieren“!

„Wieso“?

„Liegt es an Kid“?

„Was hat Herr Tai damit zutun“?

„Keinen Plan“!

„Das ist so ne Art selbst projiziertes Passwort“.

„Kannst du es knacken“?

„Ich versuchs“

„Und“?

„Keine Chance. Vielleicht schafft es Herr Tai! Er ist schließlich der Pilot“!

Zwei Hinterteile ragten aus dem Body heraus und ich belauschte beide aufmerksam, als ich schließlich die Information erhielt, dass Tais Anwesenheit von Nöten war, begab ich mich sogleich auf die Suche nach ihm.
 

Es war Mittagszeit und in meinem Glück fand ich ihn in der Kantine, allein an einem Tisch sitzend, wie er Reissuppe in sich hineinschaufelte.

Er hatte wieder Kratzer an den Armen, vielleicht von seinem Sondertraining, vielleicht auch, weil ihm sein Vater wieder einen Besuch abstattete hatte.

Nachdem er aufgegessen hatte, nahm ich ihn mit in den Trakt.

Immer noch ragten beide Hintern aus dem Cockpit heraus.

„Was sind das für Ärsche in meinem Body“? Murmelte Tai verunsichert.

„Bit Busi Lydia und der hübsche Chris. Es scheint am Cockpit zu liegen, haben sie vorhin noch gesagt. Und irgendetwas mit Passwort! Hast du ein Passwort verwendet“?

Tai schüttelte mit dem Kopf und rief Lydias Namen. Der wohlgeformter Hintern reagierte sogleich und sie krakselte vergnügt den Body wieder hinunter.

„Herr Tai, dass trifft sich gut, dass sie hier sind. Wir haben Probleme im Cockpit. Können sie den Body vielleicht versuchen zu starten“?

Tai nickte und nachdem auch Chris Hintern aus dem Cockpit entfernt wurde, Tai mir zu verstehen gab, dass ich versuchen sollte, ihm bei der Sache zu helfen, stiegen wir, ich in meine grüne Blase, er in sein graues Cockpit, in den Body.

Es schwabbelte bekannt um mich herum. Irgendwie hatte ich dieses Gefühl auch vermisst.

*O.k Blue, ich versuch ihn jetzt hochzufahren*

„Mach das“, antwortet ich ihm bestimmt. Nach etwa einer Minute regte sich noch immer nichts.

„Er bleibt kalt, ich versteh nicht, wieso er nicht eine einzige Reaktion zeigt“, murmelte ich in die Blase hinein.

*Nichts, rein gar nichts*

Durch die schwammige Hülle konnte ich Lydia und Chris erkennen, die etwas weiter unten, an einem Kontrollfeld standen

*Lydia meint, dass Kontraktionen aus dem Herzstück bei ihr ankommen, doch das elektrische Signal scheint völlig blockiert zu sein*

Und was hatte das zu bedeuten? Tai wusste, dass ich nichts von Technik Freak Zeugs verstand.

*Kannst du einen Verbindung mental zu ihm herstellen*?

Ich überlegte. Gabs hier ne Notrufnummer oder Kummerkasten, die man nutzen konnte, um den Body zu fragen, was er hatte?

„Ich… ich probierst“.

Wie auch immer.

„O.k… lieber Body. Sag mir, das hast du für ein Problem? Liebeskummer? Gewichtsprobleme? Wurdest du von den anderen Bodys gemobbt“?

Ich wusste nicht, wie man spontan aus dem Ärmel mit na Maschine kommunizierte. Das kam alles nur spontan!

Es regte sich nichts. Kein hin und her geschabbel, kein Leuchten oder Erwärmen der grünen, schleimigen Masse um mich herum.

„Ist er vielleicht tot“?

*nein ist er nicht*

Man merkte, dass Tai ungeduldig wurde.

*Ver…verdammte Maschine*, knurrte es um mich herum, und plötzlich spürte ich eine leichte Erregung durch meinen Körper fahren.

Der Body, er hatte auf Tais Fluchen reagiert.

*Was machen wir jetzt? Wie sollen wir agieren, wenn wir keinen funktionsfähigen Body haben? Wir können jetzt keinen neuen instruieren. Das würde uns zu viel Zeit kosten!!! Da können wir auch gleich auf den nächsten Krieg warten**

Er meckerte vor sich herum, und mit jedem Wort, welches er unbedacht Aussprach, schmerze meine Brust immer mehr. So als ob ich in meinen Gefühlen verletzt wurde. Es kränkte mich, was er das sagte.

Ich war schließlich seine Maschine und er hasste mich!

Er hasste mich.

Weil ich nicht gut genug war.

Weil ich sie nicht retten konnte.

Und er konnte sie auch nicht retten.

Deshalb hasse er mich.

„Wieso? Wieso sagt du das alles“?

Ich fühlte mich traurig, schwach und missverstanden. Normalerweise besaß ich kein Herz, aber in mir wurden Gefühle programmiert. Ich kann durch sie besser mit meiner Umwelt agieren. Und jetzt, jetzt richtete sich diese Fähigkeit gegen mich.

Taub, ich fühlte mich taub und kraftlos.

Ich konnte mich nicht mehr bewegen.

„Hör auf damit“!

Meine Arme schlugen sich über meinen Kopf zusammen.

„Tai hör auf. Er hält es nicht mehr aus“!

Ich erwachte plötzlich erschrocken!

Was war das denn eben für ein Trip?

Mein Kopf pochte laut, ich hielt es in diesem grünen Ding keine Sekunde länger aus.

*Blue, was ist los*.

Tai verstand gar nichts. Er war viel zu engstirnig!! Egoistisch… und unsensibel!

„Ja genau. Du bist ein unsensibler Vollpfosten“!!!

Ich quetschte mich durch die zähe Membran und spürte den drückenden Schmerz, der langsam über meinen Rücken rollte und mich fast lähmte, so dass ich wieder einmal in dieser Membran stecken blieb und aus eigener Kraft nicht mehr hinaus kam.

„Blue, was ist los mit dir? Wieso steigst du plötzlich aus“, rief Lydia zu mir hinauf.

Die Luke des Cockpits öffnete sich und Tai sprang hinaus.

„Was machst du da“????

Ich wurde grimmig. Nach was sah es denn aus. „Ich mach Sportübungen“, keifte ich zu ihm hinauf. Nach wenigen Sekunden stand er vor mir uns löste mich langsam aus der schleimigen Grütze.

„Wieso bist du so plötzlich ausgestiegen. Hast du was erfahren können“?

Der war ja gut. „ Du bist der Schuldige. Er ist traurig, er ist wütend auf DICH Tai“!!

In Tais Gesicht bildete sich ein: „Was? Wieso ich“?

„Du … du hasst ihn, weil er dir nicht genügt“!

Ich verstand das Metallgestell plötzlich. Mir erging es am Anfang ja nicht besser mit Tai. Er hatte mir schließlich auch Vorwürfe gemacht, ich würde ihm und der Maschine nicht gerecht werden.

Ich verstand diesen riesen Computer, der offenbar Gefühl entwickelt hatte.

„Er ist furchtbar enttäuscht, so wie du anscheinen auch! Ihr beide, ihr hab so etwas wie ein Ehekrise“, murmelte ich keuchend und musste mich erstmal beruhigen, weil meine Nerven schon wieder angefangen hatten zu flattern.

Das kam bei Tai ja sehr oft vor.

„Ne Ehekrise“?

„Ja“!

„Was hab ich falsch gemacht“?

Ich stöhnte auf. „Du musst doch selbst wissen, wieso du böse auf ihn bist. Wieso er dir nicht mehr gerecht wird! Das weißt du ganz genau“!!!

Tai wurde still und grübelte.

„Ja, ich weiß es ganz genau. Ich hätte nie ahnen können, dass er mir mein Denken übel nehmen kann“. Diese Erkenntnis brachte Tai auf einen neune Standpunkt. Er blickte zur der Maschine und berührte nachdenklich dessen Oberfläche. Es erinnerte mich ein wenig an letzte Nacht, wo er mir den Arm entlang gestrichen hatte.

Genau mit diesem nachdenklichen Blick.

Ob Maschine oder Frau, im Grunde waren alle doch gleich Suppe.

Bloß Frauen waren ein wenig komplizierter. Bei denen konnte man nicht einfach ein Medium einsetzten die die beste Freundin simulierte.

„Du musst dich wohl so etwas wie entschuldigen“, säuselte ich und klopfte ihm auf die Schulter, danach ließ ich mit von Chris auf dem Boden zurückholen. Ich hatte keine Lust mehr auf diesen naiven, eigensinnigen Soldaten, dem man die Welt doppelt erklären musste.

Ich wurde das Gefühl nicht los, dass der Body und ich gar nicht so verschienen waren.

Anscheinend fühlten wir in etwa gleich.

Jedenfalls in Bezug auf den Piloten.
 

Vielleicht schien es Tai sich zu Herzen genommen zu haben, denn er blieb noch bis in die Nacht bei dem Body.

Vielleicht ein Krisengespräch... Oder Zeit für zärtliche Stunden.

Ich hingegen saß mit Lydia und Chris in der Kantine herum und wir aßen vor Langeweile die Reissuppe vom Frühstück.

Chris erzählte, wie er zu Armee gekommen war.

„Damals hab ich mich von Pflichtwehrdienst einfach für längere Zeit verpflichten lassen. Ich hab ein Maschinenbaustudium über die Armee abgeschlossen und war für etwa 2 Monate in einer Forschungsabteilung, als bei mir ein recht seltsamer Typ aufkreuzte und mich mit auf die Insel nahm.

Danach blieb ich hier.

Ich hab das Gefühl, dass ich so ziemlich keine Wahl hatte“.

Ich seufzte. „Kenn ich. Aber bei mir wurden nicht angefragt, bei mir wurde gleich mitgenommen“.

Lydia erzählte außerdem noch, dass sie langsam wusste, woher sie kam.

Es war wohl ein heißes Land gewesen.

„Willst du gar nicht mehr über dein altes Leben in Erfahrung bringen“? Fragte ich sie. Mir wurde es einfach nicht klar, wie ein Mädchen ein vorheriges Leben einfach so ausblenden konnte.

„Ich spüre, dass ich mir an mein altes Leben gar nicht erinnern möchte. Vielleicht ist es mir deshalb egal“. Lydia drückte ihre Hände in den Schoß. Ich verstand was sie meinte. Nicht jeder konnte vielleicht mit einer netten Kindheit gesegnet sein.

Kein Wunder, dass sie manchmal etwas strange rüberkam.

„Dein Freund, dieser Ben, ist er mit dir auf die Insel gekommen“? Wollte Chris schließlich wissen.

Ich nickte.

„Er soll ja in etwa 3-mal gescannt worden sein, weil das Medium seinen Fertigungsprozess behindert hat“.

Chris sprach über einen Menschen, wie über eine Maschine. „Kommt es öfters vor, dass ihr ein Menschenleben wie eine Maschine so umprogrammiert, wie es euch gerade in den Plan passt“? Ich wurde langsam wieder auf dieses Psychoverein sauer.

„Sorry, ich wollte dich und deinen Freund nicht beleidigen, es ist halt nur die normale Redensart. Ich hab es auch nicht anders kennen gelernt, musst du verstehen“.

Wie es schien, färbten Lebenseinstellungen und nicht vorhandene Humanität auch auf scheinbar nette Menschen wie Chris ab. „Ja klar, aber trotzdem danke. Ich hab für heut genug“.

Mein Ziel war es Tai einzusacken, und dann in die Heia zu verschwinden. Mein Rücken schmerzte und ich fühlte mich um die 70 Jahre, nicht nur wegen Rheuma, auch wegen meiner nun steigenden Verbittertheit.

Lydia ließ ich bei Chris sitzen. Ich hatte jetzt nicht auch noch den Nerv, sie mit mir herumzuschleppen und sicherlich würde sie auch wieder des Nachts heimlich ein Date mit Maike haben. Das sie sich raus schlich, war bei ihrer Ungeschicktheit nicht zu überhören.

Ich trabte die leeren, kühlen Gänge entlang, auf dem Weg zum Trakt.

„Sie sind schon bis zu dem 34ten Grad vorgedrungen. Länger können wir nicht mehr warten“.

„Das weiß ich. Wir hätten schon lange etwas unternehmen müssen“.

„Die Formation, die sie verwenden, lässt auf nichts guten schließen. Das ist sicherlich keine Verteidigung. Die Gardiens stehen voll auf Angriff“.

„Ja, so sehe ich das auch“.

„Wie willst du ihn bis zur nächsten Sichtung wieder hinbekommen Kid“?

Den Gang entlang hörte ich Stimme, die mir um die nächste Ecke begegneten.

Ich stoppte überrascht meine Schritte und blickte eine Gruppe aus 3 Soldaten in Kampfanzügen entgegen.

„Na nu, zu dir wollte ich…“, begrüßte ich schließlich Tai, der sich Mittig des Trios befand.

Die zwei Männer, jeweils links und recht von ihm, grinsten breit.

„Das muss dein Medium sein“. Der schwarzhaarige, stämmige recht von ihm ging in gaffer Position und blickte mich unangenehm von oben bis unten an.

„Bin Georg“. Dann reichte er mir seine riesen Pranken.

Ich schüttelte sie schüchtern. Es tat sehr weh, wohlgemerkt. Das solche Männer auch nicht wussten, dass sie so schrecklich beängstigend auf Frauen wirkten.

„Sie ist süß, hast du ein Glück“, meldete sich schließlich der andere Soldat, mit sehr kurzen Stoppelhaaren zu Wort. „Ich bin Meg“.

Ich nickte wiederum zu ihm und wurde etwas rot. Sie fanden mich süß. Na ja, so schlimm schiene die Beiden nicht zu sein, wenn sie mich süß fanden.

„Blue, dass sind zwei unserer 5 ausgebildeten Bodypiloten“, meinte Tai nur murrig und seine zwei Daumen hatten sich nach links und rechts ausgeklappt.

„Oh ja, aber Kid scheint hier das längste Streichholz gezogen zu haben“.

„Halt nein, er war bloß schneller als wir…erinnerst du dich, wie er sie vor dem Chef gebrandmarkt hat“?

„Kid ist doch ganz sein Vater. Bloß keine Zeit verlieren“.

Die beiden posaunten laut herum und verfielen in brummendes Gelächter. Tai bekam einen kräftigen Hieb auf den Rücken und taumelte hin und her.

Das war doch schrecklich peinlich.

„Ich fühl mich wie ein Vieh“, grummelte ich schließlich von mir.

Tai sah mich nur hilflos an. Zwischen den beiden kräftigen Männern, wirkte er fast wie ein kleiner naiver Junge.

„Wie macht sie sich denn so“? Wollte Meg schließlich wissen.

„Ganz gut… oben und unten“.

Jetzt fing Tai auch noch mit herum prollen an. Mein Zeh fing willkürlich an zu kitzeln und wollte an etwas gerieben werden. Und das sollte wohl an Tai‘s Hintern geschehen.

Im Moment ließ ich es mir gefallen, weil er ja von seinem Vater schon oft genug schikaniert wurde.

„Ich beneide dich. Ich muss mit nem Opa vorlieb nehmen, glaubst du das“?

Es schein so, als ob also 4 weitere Medien im Umlauf waren. Klar, wenn es auch 5 Piloten gab.

Schließlich verabschiedete sich die Beiden endlich und Tai und ich konnten den recht wortlosen Weg zum Haus antreten.

„Hast du deinen Verband schon gewechselt? Wolltest du heut nicht zum Arzt? Was hat er gesagt“?

Ups… Was Tai gerade angesprochen hatte, stimmte tatsächlich… aber daran hatte er mich zu spät erinnert.

„Ich wusste, dass da noch etwas war, aber du hast mir einen Strich durch meine Planung gemacht. Ich hab auch keine Pflaster mehr, und meins juckt schon wieder so aufdringlich“, stellte ich schockierend weiter fest.

„… müssen wir wohl dann zur Krankenstation“, schlug er vor und wechselte sogleich wieder die Richtung.

„Da ist doch jetzt keiner mehr“!

Ihm doch egal. Was muss, das musste halt.

Auf dem Weg zum weißen Heilwunder, überlegte ich, wieso Tai mich noch nicht auf diesen Morgen angesprochen hatte.

Vielleicht… hatte er es doch nicht so richtig mitbekommen. Ich meine Männer und Schlafen, da könnte nebenan eine Bombe einschlagen, die würde das nicht merken.

Er tippte bei einigen Türen einen Code ein und irgendwann hatten wir einen seltsam weißen Gang erreicht, in dem zwar die Notbeleuchtung brannte, es aber fürchterlich nach Gruselfilm aussah.

Nicht nur, weil es so unangenehm gruslig nach Desinfektionsmittel und Krankenhaus roch. Ich hielt mich deshalb etwas näher an Tais Schulter auf.

Anscheinend kannte er sich gut hier aus, verständlich, denn er lief ja jede Woche hier her, und ließ sich einmulden.

In einem Behandlungszimmer schließlich machten wir uns es gemütlich.

„Zieh dich aus“.

Bitte was?

„Wieso“?

„Wieso nicht“? Er sprach in vollem Erst, ohne Stottern oder lüsternen Unterton.

Waren wir denn jetzt schon soweit?

Mein Hintern lehnte sich gegen die Liege und ich musterte jeden seiner Schritte.

Zu allem übel zog er den Reisverschluss seines Kampfanzuges auf und zwängte sich aus diesem.

Er meinte es wirklich erst.

„Tai… bist du dir sicher“?

„Wie lange willst du denn noch warten“?

Na also, er musste doch wissen, dass ich es nicht abwarten konnte. Ich war schließlich so rattig, dass ich ihn selbst im Schlaf abschlecken musste.

Tai war gerade mit seinem zweiten Arm aus dem Anzug geschlüpft, als er kurz aufsah, um zu überprüfen, ob ich seinen Anweisungen Taten folgen ließ.

Genau in diesem Moment ließ ich die Träger über meine Schultern zu Boden fallen.

È voalla, Blue auf weißem Spitzenschlüpfer mit harmonierendem Brusthalter.

Ich bemerkte aber schnell, dass etwas nicht stimmte.

Erst jetzt fing jetzt an zu stottern.

Es war wirklich meine beste Unterwäschekollektion, die ich heute angezogen hatte. Na ja, nach letzter Nacht und dem unvorteilhaften hässlichen Zweiteiler hatte ich vorsichtshalber lieber etwas Erotischeres angezogen.

„Was…hast du da an“?

„Unterwäsche“, erwiderte ich genervt.

Jetzt glotzte er blöd. Blödmann!

Tai wühlte plötzlich in dem großen Tablettenschrank herum. „O.k, dann wollen wir mal“!

Erst jetzt begriff ich, dass er mir das Pflaster wechseln, und nicht Doktorspiele spielen wollte.

Wieso auch nicht.

Ich drehte mich um und hob meine Haare etwas an.

Tai tat sein Werk, sagte nichts und ich wartete ab, bis er seine Finger wieder von mir nahm.

Es hätte auch romantisch sein können, aber die vielen Pflaster schreckten etwas ab.

„O.k fertig“.

Er gab mir das Zeichen und ich wandte mich wieder zurück zu ihm. Danach fummelte er an einer weiteren Packung herum. „Was ist das“? Wollte ich wissen.

„Es sind Wärmepflaster für den Rücken. Durch die Arbeit mit dem Body verspannen meine Rückenmuskeln immer so sehr, dass ich teilweise am nächsten Tag nicht weiter trainieren kann. Der Arzt hat mir geraten, diese Pflaster zu verwenden. Damit entspannen sie sich.

„Soll…. Soll ich dir helfen“? Ich konnte ihm nur scheu in die Augen blicken. Daraufhin lächelte er mich sanft an.

„Ich kann auch gut massieren, wenn die Pflaster nicht helfen“, scherzte ich hinter ihm, als er mir seinen Rücken zugewandt hatte.

„Glaub ich dir nicht“. Der Typ hatte Nerven. Ich hatte einen Apothekenkurs im Sommer belegt. Ich war spitze im massieren.

Super ober mega spitze. Hatte mir mein Vater jedenfalls versichert.

Na gut, er war mein Vater, das war kein richtiges Urteil, er musste ja parteiisch sein.

„Leg dich hin Junge“! Er machte mir mit seinem Gesichtsausdruck klar, dass er das etwas seltsam und nicht sehr seriös fand. Schließlich hatte ich ihn dazu bekommen, auf der Liege Platz zu nehmen. Ich selbst hockte hinter ihm auf knien mit auf der gepolsterten weißen Bank und knackste mit den Händen.

„Mal schauen, wer besser ist. Blue oder Pflaster“, summte ich und legte langsam meine Finger auf ihn.

„Du bist verdammt hart“.

„Ich weiß, weißt du wie lang ich das schon mit mir herumschleppe“?

„Nein, wie lang denn“?

„Seit der Pubertät“!

Nach der ersten Runde über seinen Rücken stöhnte er laut auf.

„Na, nicht so ungezügelt“, ermahnte ich ihn lachend.

„Das tut gut…ja genau..genau da“!

Mein Daumen rotierte.

„Wo? Hier“?

„Ja, genau da*stöhn*“

„Ich spürs“.

„Machs mal fester“.

„Wau, das ist ziemlich anstrengen. Mach doch selber“.

„Du wolltest es doch unbedingt“.

„Was heißt unbedingt, du hast doch förmlich darum gebettelt“.

„Wie gesagt, es gibt ja auch industierellen Ersatz“.

„Aber das ist niemals so gut wie echte Handarbeit.

„Mh… mh…glaub ich langsam auch*stöhn“.

„Du stöhnst echt pervers“.

„Das ist doch heiß“.

„Ich weiß nicht so recht“.

Sein Gesicht wandte sich kurz über die Schulter zu mir. Er lachte, ohne Worte.

„aber… du tust es doch auch… im Schlaf…“, eröffneter er mir schließlich ganz erprobt.

Ich viel aus allen Wolken.

„Ich tue was“???

„Stöhnen im Schlaf“, wiederholte er nochmals. Meine Masseur wurde kurz unterbrochen.

Ich stöhnte im Schlaf? Wieso? Hatte ich einen Grund? Etwa laut? Auch noch seinen Namen?

„Ich… fasse das nicht. Du verarscht mich“. Tai schüttelte den Kopf.

Ich musste kurz in mich gehen. Das konnte doch nur gestern zu heute Nacht passiert sein. „Und du hast es gehört“?

„Klar und deutlich“.

„Das ist mir peinlich.. Und du hörst mir dabei zu. Schämst du dich nicht“?

Eine kurze Pause, dann drehte er sich erneut um. „Doch, irgendwie schon. Ich schäme mich auch, wenn ich dich in so etwas sehe, was du jetzt anhast. Das sind Dinge, die dein Freund eigentlich nur sehen und hören dürfte.“

Da hatte er Recht.

„… aber ich schaue und höre es trotzdem.“
 

Kapitel 12/ENDE

Strandgeflüster

Kapitel 13/ Strandgeflüster
 

„Ich tu‘s trotzdem, obwohl ich es eigentlich nicht sollte“!

Seine grauen Augen wippten auf und ab, so als ob er nicht wusste, was er machen sollte. Einfach nur wegschauen half nichts.

„Schon gut. Ich werde dir deine Augen nicht gleich auskratzen, oder dir nen Tampon is Ohr stecken“, erwiderte ich sanft.

„Das kann man auch mit den Dingern machen? Die sind aber vielseitig“.

„Nein, das war eine Metapher“.

Ich seufzte laut und beendete meinen Massage.

Vorsichtshalber klebte ich ihm die Pflaster doch noch drauf. Wer weiß, ob ich es nicht noch schlimmer gemacht hatte.

Am nächsten Tag würde sicherlich durch die ganze Insel gehen, dass wir beiden quer durch die Krankenstation gevögelt, so laut wie Tai gestöhnt hatte, hatten. Das ging wirklich durch Wände.

Er bedankte sich recht artig und zog sich wieder an.

Was er gerade gesagt hatte, hieß das etwa, der er mich durchaus körperlich attraktiv fand?

Wenn er mich in Unterwäsche sah, dann war es nicht zu leugnen, dass er etwas in Verlegenheit geriet.

Noch immer saß ich in meinem Spitzen Zweiteiler auf der Liege und blickte Tai beim Anziehen zu. Das dauerte auch seine Zeit, weil der Anzug aus Neopren und Gummi, also zweilagig bestand, und sehr Zeit aufwendig im Anziehen war.

Ohne viel nachzudenken sprang ich auf und schlürfte langsam zu ihm. Er musste es mir jetzt sagen, jetzt war die Gelegenheit.

„…wenn du… mich anschaust, heißt das, dass du mich körperlich anziehen findest“?

Irgendwie hatte ich es geschafft, dass er sich in den Armen seines Anzugs, aufgrund dieser sehr prekären Frage, verhedderte.

„Bitte…was“? Tai taumelte plötzlich wage hin und her und ich ließ es mir nicht nehmen, ihn in Feste umstände zurück zu ziehen und ihn zu stabilisieren. Dabei war es allerdings von Nöten, seinen Arm zu packen und so waren wir uns wieder einmal näher gekommen, als es wirklich (wirklich wirklich) von mir geplant war.

„… körperlich begehrenswert“? Stammelte er kleinlaut.

„Ja…“. In diesem Moment fühlte ich mich wie vor der Bekanntgabe der mündlichen Abschlussnoten, oder wie vor einer Jury, die jeden Moment das vernichtende Urteil verkünden würde.

Ich machte mich daran, seinen Arm richtig in dem Anzug zu verstauen, und nach wenigen Sekunden hatten wir sein Dressproblem auch weitergehen beseitig.

„ Sicher“, murmelte er mir ins Ohr als ich noch einmal eine Falte auf seiner Schulter mit der Hand glatt strich.

„Sicher doch“.

Tai machte sich nicht viel aus lügen und ignorieren. Jedenfalls, wenn es um Dinge ging, die nicht gerade mit Militärmist und Staatsgeheimnis zutun hatten.

Ich merkte, dass ihn jedoch weitere Handlungen bremsten, also versuchte ich mein Glück und fuhr ihm langsam durchs Haar. Seine grauen Augen sahen suchend zu Boden.

„Wenn ich es dir erlaube, mich anzuschauen“?

Mit meiner Hand drückte ich seinen Kopf leicht nach oben, so dass sich seine Augen mit meinen trafen.

„Es….“. Ich spürte seine Finger an meinem Handrücken und dann zog er meine Hand von seiner Wange. Seine Augen sprachen eine andere Sprache, als sein momentanes Handeln.

„… geht nicht“.

Es ging nicht? Was ging nicht?

„…ich wollte nicht aufdringlich sein“, erwidert ich ihm. Jetzt spürte ich langsam ein kotziges, heuliges Gefühl meinen Hals hinaufstoßen.

Es hatte gerade in mir fürchterlich knacks gemacht.

Er hatte mich in diesem Moment angewiesen.

Er hatte mir einen Korb gegen, aber wieso?

Das Zurren des Reißverschlusses seines Overalls fegte durch den Raum und er ließ meine Hand los, die er bis vor kurzem noch gehalten hatte.

„Morgen musst du unbedingt zum Arzt gehen“.

Ich nickte stumm und folgte ihm zur Tür. Im Gang schließlich blieb er vor mir stehen, und blickte über seine Schulter.

„Ich habe eine Entscheidung getroffen“.

Das Licht flackerte kurz.

„.. Du wirst die Insel verlassen“.

Ich spürte meine Fingernägel in meinem rechten Handrücken. Der Schmerz war kurz, fast süß.

Es herrschte Stille. Dieser Satz klebte noch immer im Gang, an den Wänden, wie eine Tapete gepflastert.

„Verstehe“, raunte ich nur. Wie konnte ich mich jetzt wehren? Wie konnte ich dieses schrecklich gedrückte Gefühl in meinem Körper zu einem schmerzlichen Triumph umwandeln, so dass es mir wenigstens etwas Genugtun gab. Darüber, dass er mich nicht unter Kontrolle hatte. Darüber, dass er sich nicht erlauben konnte, einfach mit meinem Leben zu spielen, so wie es ihm gerade in den Kram passte.

Ich war kein kleines Schoßhündchen, ich war kein dummes Püppchen, was aus Liebe alles für den Angebeteten tun wurde.

Verdammt ich hatte Verstand!!

Ich hatte Stolz.

„Wird wohl auch langsam mal Zeit. Es wurde auch langweilig. Darf ich Ben wenigstens mitnehmen“?

Mir viel in diesem Augenblick auch nur Ben als Druckmittel ein.

Tai wandte sich nicht mehr zu mir, sondert watschelte den Gang entlang.

„nein…“. Das war ein Befehl, was er aussprach und es heizte mein erregtes und gekränktes Gemüht nur noch mehr an.
 

In meinem Zimmer stehen konnte ich nur noch die Wand vor mir anstarren. Ich starrte satte 3 Stunden. Es musste schon weit nach 4 Uhr gewesen sein. Ich starrte und starrte.

Irgendwann hatte ich keine Kraft mehr für Wut und vor Hass und sicher auch um zu Denken, über Tai und über seine Beweggründe. Irgendwann musste ich mir eingeredet haben, dass er nur Dreck war. Ein Egoist, ein Teufel, ein Seelenfänger. So etwas wie ein Schatten, den ich mein Leben lang unmöglich hinterher jagen konnte.

Dafür fehlte mir einfach die Kraft.

Ich hasste ihn.

Abgrundtief.

Wieso?

Enttäuschung und ein zerbrochenes Herz. Ganz einfach. Mehr nicht. Nicht die Tatsache, dass er mich und Ben entführt hatte.

Es war dieses kränkende Gefühl, nicht begehrt zu werden.

Und es war unerträglich.

fies, durchbohrend, und es ließ mich selbst zweifeln.

Vielleicht mochte er mich nicht, weil ich nicht wie ein Zombie war. Eher wie ein Rebell, ein Terrorist. Ich war nicht die Art von Mensch, die in sein Militärs Leben hineinpasste.

Ich machte zu viel Ärger. Ich war umständlich.

Keine optimale Ressourcen Allokation.

Irgendwie wurde es mir erst in diesem Augenblick wirklich klar.

Ich passte nicht in diese Welt. Ich war kein Medium, welches die Welt rennten konnte.

Ich war nur ein Mädchen mit begünstigten Genen.

Nur ein Mädchen, keine Superheldin.

Keine, die man als Soldat lieben konnte.

Der Bettbezug des Kissens knirschte zwischen meinen Zähnen.

Irgendwann waren die Tränen auf meinen Wangen getrocknet und meine Seele für kurze Zeit in einem friedlichen Traum.
 

Er packte seine Sachen so wie immer recht gründlich.

„Ich nehme die noch mit“, schrie er von Deck des Schiffes. Es war gerade mal kurz nach 7 Uhr. Die Sonne ging gerade zwischen den Bergen auf und schien mir auf die Beine. Nur leicht.

Mir war kalt, ich fühlte mich schwach.

Das Kleid, welches ich noch immer wie eine Uniform trug, konnte ich selbst in dem Augenblick, in dem ich, wie es schien, entlassen wurde, ablegen.

Es war eine Art Trauer, die ich bekundete, aber nur heimlich.

Tai reckte sich über Board und nahm einen weiteren Sack entgegen. Er trug ein schwarzes Hemd und eine schwarze Hose. Vielleicht auch eine Art von Dresscode. Außerhalb der Insel immer betont léger halten.

Der Kutter bewegte sich langsam und ich blickte dem Steg hinterher, der nur spärlich immer kleiner wurde.

Wir beide hatten einander nicht viel zu sagen.

Ich konnte ihn noch nicht einmal vorwurfsvoll zutexten, ihn beschimpfen oder zynisch vulgäre Sprüche an den Kopf knallen.

Ich konnte nur Starren. Auf den Boden, zu seinem Rücken, ihn bösartig von Hinten durchbohren, mit meinem eiskalten Blue Blick, der nicht sehr häufig in meinem noch jungen Leben zum Einsatz kam.

Er sagte nichts, wollte mir auch nichts erklären, oder mich noch einmal eiskalt abservieren, um mir damit den Rest zu geben.

Wenn ich im Stande dazu gewesen wäre, wenn ich ne Menge Muckis gehabt hätte, dann hätte ich dem lieben Tai noch ordentlich eins reingewürgt. In seine grinsende Fresse.

*Hass* Hass* Hass**

Und dabei stieg bestimmt ganz viel Rauch vom meinem Kopf empor.

Es war das Ende der Lovestory.

Ja, so wie es das reale Leben schrieb.

Nix mit Drama und Heulaktionen im Sonnenuntergang.

Es war ernüchternd und es war für mich keines wegs fremd. Wie hätte diese Story denn sonst ausgehen sollen“?

Nur selten gab es wirklich ein Film reifes Happy End. Nur selten gab es diesen Helden, der die Prinzessin aus den Fängen des Urschlechten befreiten und dann wach küssten konnte.

Nur selten.

Nicht bei Blue in der Story.

Da gab es nur unterdrückte Aggressionen.

Die See lag wie immer ruhig und wohl besonnen unter der Nussschale.

Es wippte friedlich hin und her. Der Motor brummte.

Tai stand in seinem kleinen Führerhäuschen und brabbelte in ein Funkgerät. Manchmal auch auf Englisch.

Ich konnte mich nicht zusammennehmen.

Erst jetzt, wo wir wieder auf dem Kahn angekommen waren, der uns schon am Anfang der Geschichte zusammengeführt hatte, konnte ich meine Gefühle nich mehr unterdrücken.

Ich ließ die Tränen heimlich über die Wangen kullern, wischte sie immer wieder entnervt von mir selber ab und verbiss mich fast in das Holz der Rehling unter mir.

Irgendwann stand er dann leben mir. Ich spürte sein Hosenbein an meiner Schulter.

„Wenn es etwas gibt, was ich jetzt noch tun kann, dann sag es mir“, murmelte er und ich hörte etwas Reue in seinem Stimmfall.

„Kannst dich verpissen“. Ich schniefte mir schnell der Schnodder hoch und drückte meine Wange auf das Holz.

Kein Bock auf ihn und sein ansatzweise versuchendes Mitleid jetzt irgendwie noch Freundschaft zu schließen.

„Wie geht’s deiner Verletzung“?

Ich knurrte weiter. „Wäre es möglich, hätte ich dich jetzt schon längst vermöbelt und über die Rehling geschmissen“.

Sein Körper wandte sich zu mir hinunter und ich spürte nun seinen Ellenbogen der an meinen anstieß. Er hatte dieselbe Position wie ich, lümmelt über der Rehling, eingenommen.

„Ich wünschte ich könnte es ändern“.

Einen Scheißdreck konnte er.

„Komm mir jetzt nicht mit diesem sentimentalen Mist“.

„Hast Recht“, erwiderte er.

Der Kahn schipperte noch eine ganze Weile herum, ehe ich im seichten Sonnenuntergang eine Bucht erkennen konnte. Wir waren wirklich einen ganzen Tag unterwegs gewesen.

Wohin wollte er mich bloß verkaufen? Nach Grönland?

Tai steuerte die Nussschale sicher in die Bucht, die bei näherer Betrachtung ziemlich verlassen ausschaute.

„Wir sind in Puta, ein Zwergstaat“.

Aßen diese Puke-dingsta auch kleine Mädchen?

Zumindest irgendjemand versklavten sie sicher.

„Was soll ich da? Hast du mir nen Bräutigam ausgesucht und bekommst für mich als Gegenzug ne Kuh“?

Er brabbelte ins Funkgerät.

„Weder noch. Es ist neutraler Boden“.

Was hieß neutraler Boden?

Etwa verbotene Aggressivität?

Ich hasste dieses Zwergstaat jetzt schon.

Der Kahn stoppte langsam und schipperte dem Strand entgegen.

„Jetzt ist Endstation“, meinte Tai und zog sich sein Hemd plötzlich von den Schultern.

„Meine oder deine“? Zischte ich ihn an. Er packte gerade meine Reisetasche mit seltsamen schwarzen Fläschchen. „Hab dir noch etwas Pfefferspray mit dareingelegt. Sicher ist sicher“. Ich blickte die Rehling hinunter. Der Strand war sehr flach, man konnte schon jetzt auf den Grund sehen. So ein verflucht schöner Strand für Flitterwochen oder heiße Sex Szenen.

„Kommst du“? Er war schon vom Boot gesprungen, hatte meine Reisetasche in der Hand und reichte mir seine andere. Ich zog allerdings vor, ganz alleine über die Rehling zu kriechen und zu fluchen, weil sportliche Aktivitäten noch immer nicht so ganz drin waren. Wir liefen die flache Sandbank bis zum Strand wortlos nebeneinander her. Das Wasser rauschte leise und zog an meinen Waden entlang, angenehm kühl und irgendwie auch Trost spendend.

Sollte er mich doch hier aussetzen.

Es war mir egal.

„Ich habe dir einen Pass beigelegt. Eine Karte markiert dir das Hotel, in dem du wohnen wirst. Es ist schon alles geregelt, du brauchst dich um nichts zu kümmern“!

Murmelte er, als wir schließlich trockenes Land erreicht hatten und er mir die Tasche entgegendrückte.

Seine Augen schwirrten wirr um mich herum, aber mir ins Gesicht blickten, trauten sie sich wohl nicht so recht.

„Ich wünsch dir viel Glück“!

Ich murmelte nur bissig herum. Dieses: „Es wird alles gut, pass auf dich auf, und mach dir ne schöne Zukunft“ war echt belästigend. Und schmalzig noch dazu. Seine Hand ruhte auf meiner Schulter und ungewollt also blickten wir uns in die Augen.

„Wieso…wieso hast du mir nich das Gehirn ausradiert? Wieso lässt du mich mit all meinem verbotenen Wissen einfach so abdampfen“? Ich wusste nicht wieso ich so angefressen war. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen nicht emotional zu werden und ihn wie einen Eisblock kalt abzuservieren.

(Ich hab‘s nicht so mit Vorsätzen)

Seine Hand zog an meinen Haaren vorbei. „Ich will nicht, dass du mich vergisst“.

„Ich aber, und jetzt zisch ab“. Er blickte etwas missverstanden drein, als ich ihm seine Hand aus meinen Haaren klatschte.

In mir bebte dieses ungewohnte Gefühl. Der Klimax würde jeden Moment erreicht werden. Der Moment, wo wir einander abgewandt in die entgegen gesetzte Richtung gehen würden. Er in Richtung Meer, zu seiner Nussschale, und ich in meinen Zwergstaat.

Ohne einander. Der Sand unter meinen Füßen knirschte, ebenso wie meinen Zähne, die gerade versuchten, vergebens Gefühle in mir zu unterdrücken. Ich krallte mich in die schwarze Tasche unter meinem Arm. Tais Schritte durch das Wasser schallten durch die Bucht. Dadurch, dass ich diesen Laut nicht ertrug, rannte ich immer schneller und schneller. Es half nichts, die Tränen flossen, aus Hass, aus Angst, aus Liebe und Trauer.

Meine Beine gaben unter mir nach, ich spürte den warmen Sand unter meinen Händen. Ich schmeckte das Salz auf meiner Zunge.

„DU VERDAMMTER IDIOT“! Der Sand gab unter meinen Schlägen nach. „…komm zurück“. Wie erbärmlich musste ich ausgeschaut haben. Im Nachhinein würde ich es als meinen ersten Nervenzusammenbruch, mit Ausnahme von Nerven bedingten Ausfällen durch Entführungen verursacht, bezeichnen.

„BLUE“!!

Erschrocken blickte ich mich zum Meer um.

Dort hastete er zurück an den Strand.

„Ver…VERSCHWINDE“!! Keuchte ich und mir wurde klar, dass er zu mir zurückkam. Die Tränen jetzt aus meinem Gesicht zu wischen hätte sicher nicht viel Erfolg mit sich gebracht.

„BLUE… alles in Ordnung“??

Dachte er, ich würde etwa Schmerzen haben? ( na gut, mein Gesicht sah schon Schmerz verzerrend und unheimlich aus)

Bevor er sich allerdings besorgt zu mir hinunter bücken konnte, schmiss ich mit Sand nach ihm.

„Verpiss dich hab ich gesagt“!!!! Wieder keifte ich aus Leibeskräften herum. Tai hatte aber schon von Anfang an nicht verstanden, dass dies eine Abwehrreaktion meinerseits war und er meinen kreischenden Worten lieber Folge zu leisten hatte.

Tat Tai aber irgendwie nie.

Doof für ihn. Er hatte jetzt Sand im Gesicht.

„Sag mal spinnst du“?

Egal, ich beschmiss ihn weiter. Wenn ich gut buddelte, kamen auch mal spitze Muscheln zum Einsatz. Tai versuchte mich mit Worten zu beschwichtigen doch mit verlaufenden Minuten schien er immer genervter zu sein.

„DU BLÖDE KUH!! JETZT REICHTS“!!

Und als er das kampfessicher gebrüllte hatte, kamen auch schon seine super Soldatenfähigkeiten, die ich schon einige Male seit unser ersten Begegnung am Leib zu spüren bekommen hatte, zum Einsatz. Er riss meine Hand zu Boden, warf sich im nächsten Moment mit voller Wucht auf meinen Arm, kreuzte ihn auf den Rücken, drückte meine nasse Fresse in den Sand und kniff mir in den Oberschenkeln.

Klar das da nich nur mein Rücken zu leiden hatte. Ich konnte auch nicht brüllen, weil mein Mund mit Sand gefüllt war und ich zu ersticken drohte. Nach einigen Sekunden hatte ich aufgegeben und meinen Körper von jeglicher aggressiven Spannung befreit. Er rückte meinen Kopf zur Seite, so dass ich aufatmen konnte.

„Geht’s dir jetzt wieder besser“, murmelte er leicht säuerlich über mir.

„Fick dich“!

„Halt dich mit deinen Kraftausdrucken lieber etwas zurück. In deine derzeitige Situation ist die Frage schnell beantwortet wer hier wen fickt“!

Ich schnappte empört nach Luft.

„Fick dich noch mal“!

Er zog meinen Arm etwas höher und ich musste unweigerlich anfangen zu Fluchen, weil der Schmerz schier unerträglich in meiner Schulter brannte.

„Fick dich , fick dich , fick dich ARSCH“!!!!!!!

Dann hatte er wirklich die Dreistigkeit seine Finger an meinen Hintern zu legen. Es tat höllisch weh. Keine weiß so wirklich, wie schmerzempfindlich eine Arschbacke sein kann. Er zwickte nicht aus Geilheit, er zwickte taktisch sinnvoll.

Es brannte wirklich noch 3 Minuten später.

Meinen Schrei unterdrückte ich, in dem ich mein Gesicht wieder in den Sand presste.

„Fick dich doch selber“, murrte er. Tai würde sicherlich auch bis zum nächsten Morgen auf mir sitzen bleiben. Ob ich das wiederum aushalten würde, war fraglich.

Nach einer Weile ließ er meinen Körper wieder langsam lockerer. „Bist du jetzt wieder in Ordnung“, fragte er mich vorsichtig und zog mich an meiner Schulter hinauf.

„Finger weg“!!

Er musste es geahnt haben. Ich wollte Tai wieder eine Ladung Sand ins Gesicht drücken, doch seine Hände hatten meine fest umschlossen.

Er zurrte an ihnen herum, während er langsam wieder die Geduld verlor.

„Denkst du ich mach das aus Spaß“!

„JA, DU LUTSCHER“!!!

„Blue“!

„Tai“!

„Wie kann man nur so engstirnig und verbohrt sein“?

„Kann man, wie kann ich dir nich erklären du Soldatenfrischkäse!“

„Blue“!

Er ließ mich nich los, zog mich an sich und schließlich lag ich ihn seinen Armen. Ich spürte seine Finger an meinem Rücken, die rollten den Stoff des Kleides etwas nach oben, als er mich fester an sich drückte, und zu schnaufen anfing.

„Ich mach das nicht aus Spaß! VERDAMMT!! KAPIERST DU EIGENLICH GAR NICHTS“?

Seine Stimme klang fast heulig. Wirklich heulig und das machte mir gerade Angst und es trieb mir Erfurcht in die Beine. Furcht davor, dass ich ihn vielleicht missverstanden hatte, dass ich falsch lag.

„Ich… ICH KANN ES NICHT! VERDAMMT!!!“

Durch seine Arme zog eine Spannung, die ihn für einige Sekunden nicht los lies. Ich hörte stumm seinem Gebrüll zu.

Ich hörte zu, was er mir zu sagen hatte.

„Ich kann es nicht mehr… es wird früher oder später so Enden wie bei meinen Eltern. Ich habe mir geschworen nie zu werden, wie mein Vater“.

„Was hat das zu bedeuten“!

Eine kurze Pause.

„Tai“. Das heulige Gefühl bahnte sich erneut empor.

Seine Arme ließen mich los und er richtete sich aus dem Sand auf. Ich blickte ihn nur verstohlen mit großen Augen an. Ich wusste, dass er sah dass ich deswegen weinte, aber das war mir egal. Es war einfach zu ehrlich und zu gefühlvoll was er mir gesagt hatte, dass ich es ihm nicht verbergen wollte.

„Ich hatte solche Angst um dich, dass mir klar geworden ist, dass ich dich nicht länger aus Egoismus bei mir behalten kann. Ich werde nicht denselben Fehler machen wie mein Vater. Nein…“!

Der Sand viel von seiner Hose und er drehte mir den Rücken zu. „Dieses Gefühl wird von Tag zu Tag immer stärker Blue. Ich muss es stoppen, und das ist die einzige Möglichkeit, wie ich dich beschützen kann. In dem du gehst“!

Dann ging er.

Die Sonne schien Blut rot vom Meer zu uns hinüber.

Kurz blieb er stehen.

„Verdammt“!

Dann wandte sich sein Körper wieder um.

„Das Boot ist weg“.
 

Kapitel 13/ENDE

Auge um Auge, Zahn um Zahn, Schluck um Schluck

Kapitel 14/ Auge um Auge, Zahn um Zahn, Schluck um Schluck
 

Der rote Sonnenuntergang malte einige sanfte Züge auf sein Gesicht. Wenn er seine Arme anspannte, um apathisch mit ihnen in der Luft herumzuwedeln, zeichneten sich seine Muskeln wie in einem der kleinen Jahreskalender mit nackten Männern drauf, ab. Durch den Schatten in seinem Gesicht wirkte er gefährlich, wie ein Mann der aus dem Gebüsch sprang und einen dann vergewaltigen wollte.

So ein sexy Mann, von dem man sich wohl gerne ins Gebüsch ziehen lassen wollte.

Er sah animalisch aus, sein Kopf wackelte hin und her, er bäumte seinen Oberköper immer wieder wie ein Gorilla auf.

Wie King Kong, der seine Braut in die Hand nahm und ganze Großstädte zertrampelte.

Oh ja…

Wieso er nicht ständig ohne Hemd herumlief.

Das stand ihm gut.

Er sah eigentlich gar nich so schlaksig aus.

Wenn er sich aufregte, hysterisch über den Sand sprang, war er regelrecht animalisch.

So animalisch hatte ich ihn kaum erlebt.

Ob man diese animalische Art jetzt ausnutzen sollte?

Jetzt, animalisch im Sand?

Ich würde zu gerne Tai , the Kid, Junior gebären, damit er ihn folglich ebenso schikanieren konnte wie er es von seinem Vater gewöhnt war.

Oh ja…

Back to the Basics.

„Das darf nich wahr sein“!!!!!!!!!!

Mittlerweile hatte er sich in den Sand gehauen und schmollte.

Es war alles schön.

Geordnet, nicht ungewöhnlich, alles war schön.

Er saß neben mir und ich hätte mich gerne auf ihn draufgewälzt.

Im Sand.

Um ihn zu wärmen.

Oh ja.

„BLUE!! Bist du auf Droge“?

Tai machte hier einen Aufriss, als ob wir in nem Iglu saßen, ohne Fisch und Wasser und über uns ne Lawine drübergerollt war.

Ich dachte die ganze Zeit an Sex, möglich dass es ebensoviel Endorphinen ausschüttete wie Drogen.

Das, was er mir gerade gesagt hatte, ließ auf nichts anderes schließen, als auf das, dass er etwas für mich empfand. Glaubte ich zumindest. Es war die ERSTE, wirklich emotional ernst gemeinte Empfindung, die er offen, gegenüber mir, ausgesprochen hatte!

Waren meine Gedanken eigentlich krank und ziemlich sexistisch?

Ich dachte schon wie ein Mann.

Man könnte meinen ich würde über ein neues Sexspielzeug nachdenken.

Spielzeug?

„Ich kann die Station nich anfunken ohne Sender“!

… Spielzeug. Ein dummes kleines unerfahrenes Spielzeug.

Ich strich mir über die Lippen und beugte mich etwas zu ihm.

Den Stoff, der über meine Beine lag, kreppte ich ein wenig in die Hand.

„UH… hier is aber heiß“! Die Haare flogen umher.

„Du gehst jetzt nich baden“!!! Tai wirklich fassungslos. Wahrscheinlich war ihm so etwas derart peinliches, ein Boot zu verlieren, noch nicht untergekommen.

„oh..nein“, ich fühlte mich benebelt, siegessicher, besessen und sseeehhhr vulgär.

Langsam trippelten meinen Fingerkuppen über sein Hosenbein hinauf.

„Komm jetzt, wir gehen in die Stadt“. Er schnappte sich meine Hand, die eigentlich jetzt gerade sexy zu seinem Schritt wandern wollte und zog mich stürmisch hinauf.

Empfing der denn gar keine sexuellen Signale???

Musste ich da nur nackt vor ihm stehen?

Er brabbelte und brabbelte und ich verstummte. Mit mir meine sexuelle Leidenschaft die sich langsam in Frustration wandelte.

„Wie soll ich das dem Chef erklären?….

Das is mir so was von peinlich…..

Hätte ich mir mein Hemd wenigstens nich ausgezogen…

Na ich hab gedacht, es würde besser sein nur ein Teil nass zu machen…

Ich hätte ja auch ohne Hose den Kahn fahren können…

Aber nein…ich bin so doof!!!

ICH HAB BESTIMMT DEN MOTOR LAUFEN LASSEN!!!“

Er wetterte weiter, bis zum Ende des Strandes.

Durch die großen, schwerfälligen Klippen, führte ein schmaler Pfad hindurch.

Dieser Strand würde niemals diese unzähligen Treppen wiedergutmachen. Wieso hatten sie diese doofen Berge nich einfach weggekloppt? Dann hätten wir nicht eine halbe Stunde Treppen rauf und Treppen runter steigen müssen.

Tai hatte meine Tasche gepackt und war wetternd nach vor gehastet.

In diesem Moment fühlte ich mich sicher und geborgen.

Fast wie immer.

Nur das wir nicht auf der Insel waren.

Wir waren vielleicht in einer Art Urlaub.

Mit Tai im Urlaub, das würde mich großer und sicherer Wahrscheinlichkeit nicht erholsam werden. Nicht nur weil er einen Hang zur Action und Mordwaffen hatte und sich ständig bedroht fühlte. Bestimmt selbst beim Eiskaufen.

Es war schon längst dunkel, als wir durch eine mit Gras überwachsene Düne endlich eine Stadt erreichten. Die lag unter tausenden von Lichterketten vor uns und schimmerte wie damals in der Bucht meine Stadt beim Volksfest.

Ihr wisst schon, da wurde eine Krimis veranstaltet, alle kamen sie und aßen Zuckerwatte und man schlenderte mit seinem Freund an den Ständen entlang und knutschte im Riesenrad.

Leider, soweit ich das überschauen konnte, war weit und breit kein Riesenrad zu erkennen. Eher im Gegenteil, beängstigend Totehose.

„Stand das im Reisekatalog“? Fragte ich Tai schließlich und drückte mich etwas verunsichert an seinen Arm.

Ich spürte, dass er Gefahr witterte. Etwas konnte hier nicht stimmen.

„Ich kenne die Stadt, aber etwas ist anders, du hast Recht“.

Klar doch, ich war ein Medium, ich konnte jegliche Situationen menschlicher und ökonomischer Art sofort analysieren.

„Wir werden das mal analysieren“. Er blickte zu mir und ich zog eine verunsicherte Fresse.

„Spielt das Pfefferspray da ne Rolle“?

„Verhalte dich einfach… mal unauffällig“! Dann nahm er meine Hand.

Wir hielten Händchen.

Leider Gottes auch nur aus Tarnung, weil er, als wir ins Stadtzentrum kamen, so ganz komisch und steif dann auch noch seinen Arm um mich legte, als ein paar Passanten unseren Weg kreuzten.

Wir mussten das verliebte Paar spielen, um wohlmöglich in dieses Urlaubs-halligalli-Bild hineinzupassen.

Welches Pärchen würde schon vom Militär kommen? Die meisten Besucher wollten in ihren Flitterwochen einfach nur Babys machen.

Taten wir halt einfach mal so, als ob wir auch nichts anderes im Sinn hatten.

Babys… machen… mhh…oh ja….
 

Puta war eine Küstenstadt der neutralen Zone. Wirklich, nur wirklich für Urlauber attraktiv, weil es nichts gab, was ein Mädchenherz höher schlagen lassen würde. Also wieder einmal keine rieseigen Einkaufspassagen, eher bekanntest, sparsames und rustikales Ambiente in engen Gassen wo es etwas nach Katzenpieppie roch.

Tai machte mir gerade die Tür zu einem kleinen Motel auf, was in einer Seitenstraße, nicht weit vom Marktplatz, gelegen war.

Seltsame, rote Blumen hatten sich fast um das ganze Gemäuer gekräuselt und erinnerten etwas an den berühmten Balkon aus Romeo und Julia.

Am Empfang saß zunächst keine Sau. Im Hotel inneren roch es nach altem Holz und durch eine kleine Tischlampe und ein paar dicke Kerzenstände, ließ sich nur erahnen, wie alt die gesamte Inneneinrichtung sein musste. Mich gruselte es jetzt schon vor der Matratze.

Tai donnerte einige Male auf die Klingel am Empfang. Er hatte schon erste Müdigkeitserscheinungen und noch immer stiefelte er Oben Ohne durch die Gegend. Ich hatte mir einen Strickjacke, die ich mir noch schnell in meine Reisetasche, kurz vor dem Rausschmiss eingepackt hatte, drüber geworfen.

„Is ja gut, ich bin gleich da“. Aus dem Schatten der kleinen Hütte kroch eine alte, grauhaarige Dame heran. Sie musste unter 1,50 m gewesen sein, denn wenn man, wie ich, etwas Abstand vom Tresen genommen hatte, sah man nur ein graues Haarbüschel heranpirschen.

„Tag, wir sind… sie… also… wir haben auf Blue gebucht“. Tai fing mächtig an zu stottern. Mir kam in den Sinn, dass er wohl nur für eine Person gebucht hatte.

„Ja… einen Moment“. Die arme Frau hatte wohl nicht sehr viel Schlaf, es war weit nach 24 Uhr und wir scheuchten sie noch immer durch die Gegend.

„Da steht es ja. Ein Zimmer mit Balkon. Sind sie zu zweit“?

„ Ja wissen sie, dass ist unser erster Urlaub zusammen“. Als die Dame ihre Brille etwas skeptisch hin und her gerückt hatte, musste ich der Situation etwas Nachdruck verleihen.

„..och das ist aber schön. Jung müsste man noch einmal sein“, lachte sie und suchte an einem großen Brett den richtigen Schlüssel.

„Ja, noch jung und dynamisch. Ich hoffe die Wände sind gut isoliert“, scherzte ich und stieß Tai in die Rippen, damit er endlich auch einmal ein etwas netteres Lächeln auflegte.

Er kratze sich nur am Kopf. „Ja, sie schreit so laut“.

„Na das macht nichts, meine Ohren sind schon fast taub und nachts hab ich nie mein Hörgerät drin. Wissen sie, sie sind auch die einzigen Gäste in meiner bescheidenen Hütte“, meinte die nette Dame schließlich, als sie mir den Schlüssel in die Hand drückte.

„Ist denn nicht zurzeit Saison hier in Puta“? Tai witterte seine Chance etwas mehr Information zu erhalten.

„Da liegen sie richtig, doch die Urlauber blieben seit einigen Wochen plötzlich aus. Ich frage mich ob diese Flaute noch bis zum Ende der Hochsaison anhält. Das wäre fatal für meine schöne Hütte, nicht war“?

Wir nickten monoton und blickten einander an.

„Ich riech was. Da brennt die Lunte nicht schon seit gestern“! Flüsterte Tai mir zu, als wir uns unter knarrenden Schritten hinauf ins Zimmer begaben.

Das Zimmer war zu meinem Erstaunen sehr nett eingerichtet. Wie in einem romantischen Heidifilm. Einem romantischen Action Heidifilm. Tai packte gerade die Tasche mit den vielen Pfeffersprays aus. „Ich hab‘s noch nie nur mit Pfeffersprays gemacht. Das wird ne Herausforderung“, flötete er. Meine Sachen warf er achtlos durch das Zimmer.

„Hast du denn schon ne genaue Vorstellung von unserem Urlaub? Babys ärgern, alte Rentner umschubsen, Steak am Strand mit Pfefferspray verfeinern“? Ich suchte nach einem Schlüpfer, den ich dann auch auf dem Kopfkissen wieder fand und begab mich zum Bad.

„Das wird toll“. Tai klapperte mit seinem Gürtel.

Das Bad war weiß und von Schimmel überzogen. Der Trick, dass man sich ne Straße zu den wichtigsten Sanitärstationen baute, klappte immer, vorausgesetzt es waren genügend Handtücher vorhanden.

Meine Straße, mit einer 1a Kreuzung reichte aus, so dass ich mich mit dem letzten Handtuch den Schaum des Shampoos vom Rücken wischen konnte.

Tai schrie aus dem Hintergrund, dass er jetzt auch gefälligst dringend Duschen wollte, also tabbste ich mit meinem Handtuch hinaus und überließ ihm die Dusche.

Ich hatte nur wenig Zeit, mich schnell einzucremen, denn nach etwa 2 Minuten schrie er erneut nach mir.

„Wieso liegen die ganzen Handtücher auf dem Boden?? Und wieso hab ich jetzt keins zum abtrocknen?“

Idiot. „Da liegen ein paar auf dem Boden zum Abtrocknen“!

„WIE BITTE?? Gib mir gefälligst deins“!

Wenn er es wenigstens in einem netten Ton gebrüllt hätte, aber das lag sicher an seiner Mattigkeit, die ihn so gereizt machte (vielleicht auch der viele Sand, den er bestimmt in seiner Hose wieder gefunden hatte).

Ich legte das Handtuch schnell beiseite, und schlüpfte in meine Unterwäsche.

„Ja gleich“. Entnervt suche ich meinen BH oder etwas vergleichbares Bedeckendes.

Durch das Zimmer wandte mein Blick an der Bandtür vorbei und plötzlich bemerkte ich, wie mich zwei Augenpaare musterten.

Zunächst war ich geschockt, dachte aber auch nicht daran peinlich berührt aufzuschreien.

Eher im Gegenteil, ich drehte mich erschrocken um, was sonderlich nun gar nicht meine Art war. Was war da los? Normalerweise hätte ich ihm das Pfefferspray als Stinkbombe ins Bad gedonnert.

Ich konnte einfach nicht leugnen, dass ich wollte, dass er mich nackt sah. Mir kribbelte dieser Gedanke schon sehr lange in den Zehen und jetzt, wo Tai es wirklich wagte, fühlte sich diese Situation aufregend und verboten an, so dass es mir tausend Endorphine durch den Unterleib stieß.

Ihr kennt doch sicher das Gefühl, wenn ihr euch sicher seid etwas zu können, doch euch nicht traut es auszuprobieren, weil ihr befürchtet doch einen Fehler zu machen.

Genauso erging es mir jetzt. Was wäre, wenn ich die Situation ganz falsch einschätzte? Was wäre, wenn ich ihm nicht gerecht werden würde? Was ist, wenn ich ihm jetzt nackt nicht gefiel, er sich aber nicht traut mich davon in Kenntnis zu setzten. Oder was wäre, wenn Tai einfach noch immer so stur ist, und diese Gefühle mit unserer Partnerschaft zu teilen versucht. Wenn er uns nicht akzeptiert, weil er seine Prioritäten lieber beim Body sieht?

Das würde jetzt noch fehlen, wenn er wieder von dieser Rostlaube zu erzählen anfinge!

In einer Bettritze fand ich ein langes Shirt und streife es mir krächzend und noch etwas steif über.

Danach schlich ich mit einem flauen Gefühl im Magen zur Badtür und blitzte in den Schlitz hinein.

Sein nasser Körper schob sie plötzlich in meine Sicht und er blickte mich mit seinen grauen Augen verstohlen an. Wassertropfen liefen über seine Haarspitzen an ihm hinab und blieben auf seiner Haut, seinen Armen, seinen Wange kleben.

Meine Wangen fühlten sich rot und heiß an, ebenso wie mein Atem, der durch den Kloß in meinem Hals erschwert aus mir hinausgepresst wurde, gegen das Handtuch in meiner Hand, dass ich ihm schließlich durch den Schlitz reichte. Er nahm es an und seine kalten Finger streiften meinen Handrücken flüchtig.

„Tauscht du mit mir“? Fragte er mich und hielt schließlich in der anderen Hand meinen BH empor. Ich nickte. Mein Mund fühlte sich trocken an, ich drehte mich um 180 Grad und ergriff die untersten Zipfel des Shirtes.

„Warte…“. Seine Stimme flüsterte dicht an meinen Ohren zu mir und ließ mich kurz in meiner Bewegung erstarren.

„…ich helf dir“.

Schon legte er seine Hände an meine und fuhr mit mir das Shrit langsam über meinen Körper, hinauf zu meinem Kopf. Ich spürte einen kalten Zug an meiner Haut. Seine Fingerkuppen fuhren meine Silhouette bei dem Vorgang nach.

Es war so schaurig schön, es war wie ein kurzer Regen auf meiner Haut, der eine lange und ausgiebige Gänsehaut verursachte. Sein Atem spielte durch mein Haar und er griff den Stoff etwas enger, als meine Arme sich nach oben wandte, damit er seine Tat vollenden konnte. Wieder spürte ich seine Hände, die einen kalten Schauer auf mir hinterließen. Als sich über meinem Kopf unsere Hände schließlich trafen, und das Shirt hier seinen Ausgang gefunden hatte, segelte es im nächsten Moment dicht an meiner rechten Seite zu Boden. Das Herz, in meiner Brust pumpte das Blut eilig durch meine Venen und bebte, weil ich seine nächste Berührung kaum abwarten konnte.

Unsere Arme senkten sich langsam und er drückte seinen Körper etwas enger an mich. Ich spürte, dass er das Handtuch noch nicht benutzt hatte. Seine Haut fühlte sich kalt und nass an meiner an.

In der Stille des Zimmers vernahm ich seinen schweren Atmen, was schon fast als Keuchen gedeutet werden konnte.

Ich war so erregt, dieser Augenblick war so fürchterlich unter Spannung, unter Druck, unter Ratlosigkeit, unter Hingabe, ich konnte nicht einschätzen, was die nächsten Sekunden bringen würden. Ich konnte es nicht!

Es war zu unreal.

Ich wusste nur, dass ich ihm ausgeliefert war. Nackt und erregt.

Langsam spürte ich seine Hände an meiner Hüfte. Nur gemächlich drückte er sich mit seinen Händen an mich, fuhr Stück für Stück um meinen Bauch herum. Er hatte sein Gesicht in meine Haare gelegt, verharrte stumm, ohne einen Atemzug. Seine Hände ruhten kurz auf meinem Unterleib. Sein rechter Ringfinger reichte mit einer winzigen Berührung hinunter zu meinem Venushügel. An dieser Stelle explodierte ein Gefühl und sandte warme Wellen über meinen ganzen Körper. Ich konnte nicht anders, ich schnaufte kurz und drückte meinen Kopf gegen seine Brust.

Was tat er bloß?

Und wieso war ich bloß so machtlos?

Ich spürte das Zucken durch meinen Körper, jedes Mal, wenn er seine kalten Fingerkuppen leicht gegen meine Haut presste

„Tai!“ Irgendwann schaffte ich es ein Wort über meine sonst atemlosen Lippen zu pressen. Es war eher wie ein Hilferuf, eine Erklärungsnot, denn noch immer zwängte mich meine und seine Vergangenheit mich nicht einfach tief in diesen Moment fallen zu lassen. Es ging nicht.

Der Typ hatte mich entführt, verhöhnt und versklavt und jetzt hier her abgeschoben.

„…was tust du da“?

Er hielt innen. Genau das wollte ich nicht damit bezwecken.

„Was… tust DU da“? Wiederholte er und sprach mich dabei ebenso ernst an.

Was ich da tat? Dumm rumstehen! Viel wichtiger war, wieso er sich das erlaubt hatte?! Na ja, meine Einwilligung hatte er ja so indirekt bekommen.

„… ich meine, was tun WIR hier“?

Noch einmal versuchte ich die Lage zu retten. Seine Hand zurrte an mir und riss mich herum. Da stand ich vor ihm und bemerkte, dass er völlig nackt war.

Den Blick direkt nach unten getraute ich mich nicht.

„.. Du bist so rot im Gesicht“, murmelte er.

Ich blickte verlegen hin und her. Nicht so recht wissen wohin mein Blick wohl am sinnvollsten hinzusteuern wäre. Ins Gesicht… auf seine Brust……. in seinen Schritt??

„Ich..ich hab wohl zu heiß geduscht“. Was war das für eine selten dämliche Antwort von mir???

„Es hat dir gefallen von mir ausgezogen zu werden“. Seine Mundwinkel hatten sich belustigend nach oben gezogen

„nein… hat es… hat es nicht“!!! Das endete in einer Trotzreaktion. Nie würde ich zugeben, dass Tai mich beherrscht oder in einer Art über mich gesiegt hatte!! Ein wenig fühlte ich mich bloßgestellt.

„Und … und überhaupt, was fällt dir ein“??? Ich fand meine letzten Aggressionsreserven und schüttete sie ihm an den Kopf, in meinen letzten, schwerfälligen und erregten Atemzügen.

Etwas Nachdruck verlieh ich meiner minderen Ansage, in dem ich ihn kurz gegen die Brust klopfte.

„Ich wollte dir nur aus dem Hemd helfen“.

„Na fein, dass ist dir dann wohl auch gelungen. Und jetzt zieh dir endlich was an! In euren Soldatenwaschräumen kannst du so lange nackt rumlaufen wie du möchtest, aber nicht vor den Augen einer Dame“!

Ich schob ihn beiseite und trat die Tür des Badezimmers eilig hinter mir zu! Noch immer blickte ich auf meine zwei nackten Brüste, lehnte mich gegen die Tür und horchte in die Stille hinein.

Zu dumm, dass ich so einen großen Stolz hatte. Und der ließ mich auch weitere 60 Minuten in dem Bad verharren, ehe ich mich langsam hinaus in die Dunkelheit schlich, und neben Tai auf die äußerste Kante des Bettes huschte.

Selbst im Bett zeigte ich ihm die kalte Schulter, obwohl er schon schlief.
 

In der Nacht träumte ich schon wieder einen dieser Stöhnträume.

„Guten Morgen“.

Er saß mit seiner Morgenzeitung an einem weißen kleinen Tischchen, auf der Veranden des kleinen Motels. An den Wänden rankte sich Efeu die Mauern hinauf und der kleine Balkon gab ein paar müde, aber sommerliche Sonnenstrahlen auf unsere Füße Preis.

Er hatte ein schwarzes Hemd and, etwas aufgeknöpft, gierig sog er an der Kaffeetasse und ließ seine Augen über die Zeilen schwinden, bis ich mich schließlich neben ihn setzte und verstohlen auf seinen krümeligen Teller blickte.

Ich war besorgt, beunruhigt, aufgeregt, verwirrt und… ich war verliebt. Das merkte ich, als ich in den Speisesaal lief und mein Herz plötzlich zu pochen anfing. Ganz laut und unbehaglich gegen die Brust.

Es war Krieg, und ich war verliebt. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass beide Situationen wohl kaum in einem guten Happy End enden würden.

Ich hatte auch von Beiden nicht wirklich eine Ahnung. Ich hatte Beides noch nie wirklich erlebt. Hautnahe, intensiv.

War ich wohlmöglich dieses unerfahren Schaf?

Ich blickte ihn an, seine Augenbrauen, seine Hände, die mit dem schwarz weißen Papier spielten.

Irgendwann bemerkte er, dass mit mir etwas nicht stimmte.

„Willst du nix essen“?

Essen? Wie konnte ich jetzt an Essen denken, wenn meine Gedanken nur um zwei Themen kreisten? Da hatte Essen definitiv keinen Platz mehr.

„Was wirst du jetzt tun“? Er war schließlich hier gefangen, auf dieser angeblich neutralen Insel.

„Abwarten und Kaffee trinken“.

Seine Hand verirrte sich in meinem Haar und zog eine Strähne hervor.

„Wir sind schließlich in den Flitterwochen“!
 

Was er auch immer unter Flitterwochen verstand.

Ich für meine Teile saß nun ganz allein am Strand.

Um mich herum zwei widerlich verliebte Pärchen, die sich den Saft aus der Kehle sogen.

Tai war in die Stadt gegangen. Kontakte knüpfen, wie er es im Militär Slang nannte. Er suchte lediglich einen schnellen Ausweg aus dieser prekären Situation, mit mir ein Liebespaar vorspielen zu müssen. Eigentlich würde ich sowieso allein am Strand sitzen, hätte es da nicht diesen Zwischenfall mit dem Boot gegeben, das einfach herrenlos davon gedampft war.

Lustig irgendwie.

In meinen Augen hatte alles seinen Grund. Vielleicht war es ja vorbestimmt, dass Tai noch eine weile hier verblieb. Wer weiß, vielleicht waren hier auch schon die fremden Gardiens eingefallen und nun musste er mich beschützen.

Oder er schwängerte mich einfach und ich brachte und gebar ihm die größte Anerkennung, die er bei seinem Vater je erlangen könnte. Einen Thronfolger mit Super-Mentalkräften.

Das Wasser umspielte meine Füße und ich hockte mich missmutig hin, um mein Spiegelbild im Klaren unter mir zu erahnen.

Wie würde das bloß enden?

Könnte man mich nicht einfach hinterrücks erschießen, dass war weitaus schmerzfreier als ein ungewolltes, aber ungeheuer romantisches Leben mit Tai.

Mir kribbelte es noch immer, bei dem Gedanken an letzte Nacht

Nein, falsch, da lief nix mehr im Bett, ich meine wirklich nur die Ausziehaktion.

Ein kleines Mädchen hielt mir eine Muschel vor die Linse und ich blickte in Gedanken erschrocken auf.

„Hier, dass ist für Sie. Man sagt bei uns zu Haus bringen Muscheln das Lächeln zurück. Wenn ein fröhlicher Mensch sie ins Meer wirft, und ein trauriger sie findet, dann sorgt die Muschel für ein Leben ohne Sorgen.“

Es war keine außergewöhnlich schöne Muschel. Eine Muschel halt, aber allein die Geste zählte, also nahm ich sie danken entgegen.

„Das ist wirklich ziemlich nett von dir Kleine“. Ich glaubte nicht wirklich, dass eine Muschel einen Krieg beenden und ein Beziehungsproblem lösen könnte.

Sie lief fröhlich frohlockend den Strand entlang davon, zu einem Mann, der sie auf den Arm hob und ihr einen schreiend, quietschigen Laut entlockte.

Dieses Bild ließ mich selbst an meine Kindheit zurückerinnern. Zu der Zeit, wo meine Mutter noch nicht von uns gegangen war. Seither verlief mein Leben mehr und mehr aus den Fugen.

Hätte ich nicht einfach normal drogenabhängig werden können??

„Blue“!!

Mein Blick schwenkte herum zum Strand.

Drogenabhängig? Vielleicht war ich es, bloß das meine Droge weniger illegal, vielmehr menschlich war.

Er hatte eine grüne Badehose an.

Kotzgrün…

Grün…wie… ein Kotzgrün an einer weißen Wand, was einen förmlich ankotzte.

„Darf ich dir deine Hose runterziehen“?

Er bliebt erschrocken stehen. „Wieso“?

„Die ist so..schrecklich grün. Wo hast du die her“?

Tai fing nun gleich von seinem Ausflug in der Stadt zu erzählen. Er war in einem Bademodengeschäft. Danach bei der Bank. Und schließlich in einem Internetcafe. Dort hatte er eine E-Mail verfasst, die an Maike ging, weil Maike wohl der einzige auf der Insel war, der mit Internet umgehen konnte, und nicht nur mit Handgranatenwerfer oder Schraubenzieher.

„Jetzt hab ich Zeit für meine Frau“, beendete er seine Satz.

Dann nahm er meine Hand und ging mit mir…

…am Strand spazieren..

*Hust* Wie klischeehaft.

Ähm… ja.

Die Wellen peitschten uns um die Waden, er streifte meine Schultern, als er seinen Arm um mich legte und berichtete, dass er ein Militär Fahrzeug der Gardiens vor dem Rathaus hatte parken sehen. Nur so beiläufig.

„Und was willst du tun“?

„Erstmal duschen und dann das Pfefferspray rauskramen“!

Etwas anderes, wie Abendessen, oder ins Kino gehen hätte mich auch leicht irritiert.
 

Meine Stimmung war gedrückt.

Tai war im Badezimmer, am Tisch hatten wir nicht viele Worte gewechselt. Er bereitete sich so auf seine Mission vor. Irgendwie ins Rathaus einsteigen und Informationen sammeln. Er schloss mich bewusst aus seiner Planung aus, weil er sicher nicht wollte, dass ich mit dabei war. Zu riskieren, dass sein Medium wohlmöglich draufgehen könnte, würde er niemals zulassen. Das Pfefferspray lag neben meiner schwarzen Reisetasche.

Ich öffnete leise das Bad und blickte hinein. Er stand vor dem Spiegel und rubbelte sich sein rotes Haar trocken. Um die Hüften ein Handtuch, seine Augen blickten mich stumm und überrascht durch den Spiegel an.

„Wann willst du gehen“? Fragte ich ihn ruhig. „Kurz nach Mitternacht“!

Es war zwei Minuten vor um zehn. Er hatte noch Zeit. An seiner Wange erkannte ich eine leichte Blutstraße.

„Du hast dich für deine Mission rasiert“?

In mir drückte sich die Traurigkeit empor. Ich wusste nicht warum, vielleicht, weil es für mich hieß, allein zu sein, weil ich nicht wusste ob er wieder zurückkommen würde.

„Du magst mich nicht rasiert, hab ich recht“? Er lächelte mich stumm durch den Spiegel an und plötzlich wurde mir die Anspielung bewusst. Damals im Bett, als ich ihn geküsst hatte.

„Kommt drauf an wo“.

Verunsichert verließ ich das Bad.

Irgendwie stieg das Verlangen nach Alkohol in meinen Kopf… länger, breiter, vernebelter… etwas woran ich mich klammern konnte, um nicht wüst über Tai und die wichtige Welt nachdenken zu müssen.

Um nicht zu entscheiden, um nicht zu hoffen und um nicht zu fühlen.

Um zu vergessen.

Hätte er mich nicht einfach ins Labor abschieben können?

Wie lang sollte das noch gehen?

Das Bett war weich, ich roch seinen Duft, er klebte überall an seiner Decke.

Überall.

Ich vernahm Schritte, blickte aber nicht auf, sondert starrte nur auf das Bild über dem Bett.

Ich hatte keine Kraft mehr.

Nichts, rein gar nichts. Nur liegen, die Augen schließen, im Wind stehen, auf dem Meer treiben. Gedankenlos sein.

So wie damals. Vor ihm, vor dem Krieg, vor der Insel.

„Ich mag Tränen nicht in deinem Gesicht“.

Er musste irgendwo weit entfernt im Raum stehen.

Es klapperte.

Es raschelte.

„Hast du schon einen Lösung, wie du von der Insel kommst“, fragte ich schließlich still in den Raum hinein.

„Noch nicht. Wenn wir Glück haben macht Maike sich noch heut auf den Weg und ist morgen hier“.

Mein Kopf drehte sich von der Wand hinüber zu ihm.

„…wir…“, zischte ich zynisch.

„Dann werden wir dich wohl in eine andere neutrale Stadt bringen. Hier wird es auffällig, wenn du ohne deinen Ehemann durch die Straßen tobst“.

Ich wusste das er so scherzte, um mich etwas aufzuheitern, aber je mehr er sprach, desto mehr verletzte er mich.

Schwarze Handschuhe und eine schwarze Hose mit einem schwarzen Sweatshirt hatte er sich angezogen.

„Für dich alle male besser. Die Jungs haben schon ganz sehnsüchtig mir nachgeschaut. Sie haben uns das mit dem Ehepaar sowieso nicht abgeknöpft. Dazu bist du einfach zu plump. Ich meine… wie soll ein Soldat Gefühle zeigen… oder besser spielen. Das können die meisten Hollywoodschauspieler noch nich mal authentisch. Wieso solltest du‘s rüberbringen. Vor allem… wenn du keine Ahnung davon hast. Niete“!.

Das mit der Niete hätte ich vielleicht auch weglassen sollen. Was ich da so in die Bettdecke gebrabbelt hatte, schien Tai etwas verärgert zu haben. Er hatte nunmehr noch 1 Stunde bis zur Mission aber schon jetzt schmiss er die Tür hinter sich zu und dampfte voreilig davon.

Ich rührte mich erst nicht.

Dann steuerte ich die Minibar an. Dort stand eine große Flasche trockener Rotwein, eine Piccolo Flasche Sekt, ein paar Schokoriegel, 5 kleine Schnäpse und Erdnüsse.

Ich stand auf und schaltete den Fernseher ein, zog den Verschluss von der Rotweinflasche und kramte nach einem Flaschenöffner in der einzigen Schublade im Zimmer.

Es lief gerade eine Reportage über Polizisten in Budapest.

Ich hob die Flasche an und schluckte Erkenntnis über Erkenntnis meine Kehle hinunter.

Schluck…

Erkenntnis

Schluck…

Erkenntnis

Das ging etwa 3 Stunden so.

Es war mittlerweile kurz nach 2 Uhr, da rumpelte das Schloss und wurde sachte geöffnet. Ich lag im Bett, mit gespreizten Beinen, billig und willig und vor allem Sturz betrunken. Häufte sich irgendwie zurzeit.

In schwammiger Sicht blickte ich schließlich auf ein dunkles Gesicht.

„Tai…“?

Danach schlief ich.

Tief und fest.
 

Wer jetzt glaub, ich wäre nackt und ohne Decke am nächsten Morgen neben einem rothaarigen Burschen aufgewacht….
 

Kapitel 14/ ENDE

++++++++++++++++++++++++++++++++++
 

Haha.. Das nächste Kapitel wird nen Knaller!! Das sag ich euch.

Mh…

Zu dem hier ist Eins zu sagen. Es hatte erst vor ein paar Woche ein anderes Ende… also es würde jetzt theoretisch weiter gehen.. Hätte ich da nich ne Idee gehabt. Und sicherlich… der Fic wäre dann um EINIGES kürzer geworden.

Und hätte jetzt nicht diese drastische Umstellung bekommen (*Umstellung…was für ne Umstellung…?? AI Shonen vielleicht… nnneee. Natürlich nich..)

Ich mag die Überschrift des Kapis… Bevor ein Kapitel veröffentlicht wird, ist es meist so, dass es noch gar keinen Titel hat… das kommt immer erst bei der letzten Durchsicht ganz spontan. Da hab ich immer die besten Ideen.

Oh Gott, hoffentlich seit ihr nicht alt zu sauer auf die nächsten Kapitel. .. Die werden komisch.

Schreibt mir Kommis und danke an meine Kommischreiber, die mich immer wieder ermutigen!
 

Liebe Grüße

Eure Little L.

Finaler Part

Kapitel 15/ Finaler Part
 

… wer jetzt glaub, ich wäre Sturz betrunken mit dem Kerl, in den ich total verschossen war, friedlich, nackt und befriedigt eingeschlafen…
 

…der irre sich.
 

Denn seither sitze ich mit einer Tafel Schokolade auf dem Bett, und schreibe diese Zeilen, und warte, bis mein Held, der vermeintlich mein Entführer war, mich wieder rettet.

Bis dies geschieht, werde ich vermutlich noch endliche Zeilen meiner gefühlskalten Welt niederschreiben, ein paar mal Tod und verderben erwähnen, schlafen gehen, um dann wieder aufzuwachen, Schokolade zu essen und mich wieder mit viereckigen Augen vor mein digitales Schreibgerät setzen, das Einzige, was mir bis langen in meinem jetzigen wirklichen Gefängnis geblieben ist.
 

So schreibe und warte Ich.
 

Verfasst von:

Blue Bright

XX.XX.2XXX
 

Kapitel 15/ ENDE

Fingerknacksen

(die nächste Episode.. also Episode 2...oder besser Staffel 2...^.^)
 

Kapitel 1 (16)/ Fingerknacksen
 

Kurz ruhte sie.
 

Die Finger knacksten.

Sie hatte es beendet. Jetzt viel ihr nichts mehr ein.

Vielleicht ein paar perverse Gedanken.

Mehr auch nicht.

Wieso diese Geschichte jetzt einen Erzählerwechsel hat?

Blue, die Hauptperson, bis dato noch Mitglied der feindlichen Militärstation Force, ist jetzt in Gewahrsam von den Gardiens.

Mehr als fetzenartige Erinnerungen an den letzten Tag, kurz vor ihrer Entführung, hatte sie nicht.

Sie saß hier fest, in einem Käfig, einem schicken Käfig, einem Käfig mit Schloss, einem weichen Bett, Stromanschluss, Fernsehen, Puppen, Kleidern.

Wieso sie hier saß?

Sie war ein Medium, etwas Besonderes. Eine mentale Geheimwaffe.

Stückvisite stand an.

Die Tür öffnete sich in ihrem kleinen Kerker, vielmehr war es ein Raum in einem Villa, nahe der Grenze zur Neutralen Zone. Das prunkvolle Anwesen hatte aber viele Zimmer und in einem hauste sie, mit einem dicken Schloss an der sonst Barocken Tür im Stile des 1600 Jahrhunderts.

„Wieso isst du nichts Vernünftiges“?

Sie schmiss die Tür hinter sich zu.

Sie war wütend.

„Ich esse doch“, dabei hielt Blue die Tafel Schokolade in die Luft.

„Du wirst fett. Wie willst du da einen Mann finden, der dich heiratet“!?

„Gar nicht Mutter. Ich sterbe als einsame Jungfer in diesem Raum“.

Die Frau, die sich entrüstet vor Blue positioniert hatte, trug eine Uniform. Sie war etwa 46 Jahre, trug einen Orden an der rechten Brust und einen hohen Militärs Rang, unüblich für das weibliche Geschlecht.

„Damals, als ich das erste Mal von den Gardiens gefangen genommen wurden, mit Vater und Neddy, wieso hast du den Befehl gegeben, mich zu töten“?

Blue zerbröselte die Schokolade auf dem Bett, als sie bissig und wütend zu ihrer Mutter hinaufblickte.

Genauso war es geschehen. Damals, als sich die Beiden unbewusst das erste Mal begegnet waren, war Blue völlig ahnungslos, das die Blonde Frau neben dem obersten Befehlshaber, ihre Mutter war. Blond, schöne weibliche Gesichtszüge, schmaler Körper, zierlich, ja und dazu noch eine Offiziersinhaberin der Gardiens.

„Dein Vater hat dir nie erzählt, dass ich damals die Ufer gewechselt hatte“. Sie schmunzelte und rieb sich an ihren Handschuhen.

„Du warst zu diesem Zeitpunkt eine militärische Gefahrenquelle. Jeder andere Befehlshaber hätte nicht anders reagiert. Nimm es nicht persönlich“.

Ein Knacken fuhr durch den Raum, und die Tafel Schokolade viel Blue aus den Händen.

Sie knirschte.

„Du bist nichts weiter als ein Zombie… Ohne freien Willen und ohne jegliche Vernunft.“

Die Blonde schnalzte mit den Lippen. „Erzähl mir zur Abwechslung mal etwas Neues“!

Es waren schon mehr als 6 Monate vergangen. 6 unerträgliche Monate.

„Wenn du brav bist, nehme ich dich mit nach Draußen“, grinste Blues Mutter.

Blue hatte sich gerade das Kissen hinter ihrem Rücken gekrallte, holte aus, doch da folg die Tür schon hinter Oberst Bright und knackende Geräusche ließen das Gefängnis widere sicher werden.

Etwas hoffnungslos wedelte Blue das Kissen vom Bett und stand müde auf. Was konnte sie dieser Macht, dieser Menschenverachtung denn schon großartiges entgegen setzen?

Mehr als ein Medium war sie auch hier, bei den Gardiens, nicht. Ihr Blick wandte aus dem Fenster, durch die dicken Stahlstäbe hinaus aufs Meer. Manchmal wehte der Küstenwind etwas Meerluft an ihr Fenster, so dass sie kurz ihre Augen schloss und in Erinnerungen schwelgte, die mehr als ein halbes Jahr schon zurück lagen. Als er noch bei ihr war, sie am Strand saßen und sie ihm erzählte, wie sie ihren ersten Kuss in der 9ten Klasse von dem Schulschwarm bekommen hatte.

Mehr als das.

Vor einem Jahr, wo sie sich verliebt hatte, in einen Menschen, der so anders war, fremd, befreiend, beängstigend, schüchtern, dumm und naiv, egoistisch, so einfach hoffnungslos, wie kein anderer Junge vor ihm.

„Tai“, sie seufzte seinen Namen, leise, heimlich vor Sehnsucht, vor Trauer und voller Hoffnung, er würde es irgendwann hören, begreifen, dass sie ihn liebte, so wie sie es ihm damals auf der Nussschale als Definition genannt hatte.

Das ist die Liebe, die umso mehr wehtut, wenn man sie nicht haben kann.

Wenn man sie nicht vergessen kann.

Sie schreckte auf, wischte sich das Wasser aus den Augen und huschte zurück ins Bett, drückte ihr Haar platt und schrie schließlich ein „ja“ in den Raum, als es leise an der Tür geklopft hatte.

„Kommandant Hendrik“? Sie blickte überrascht, obwohl sie es natürlich in kleinster Weise war, zu einem jungen Mann, der mit einem breiten Lächeln den Raum betrat.

Kommandant Hendrik war der Unterbefehlshaber ihrer Mutter, ein netter, süßer sehr gut aussehender Stroh Blonder Militärs Sohn, aus Finnland, mit einem wahnsinnig süßen Akzent. Der Einzige, der Blue in dieser bezwängten Situation wirklich die Laune versüßte.

Und er stand auf sie, das merkte man, weil er ihr die ganze Zeit Komplimente machte, ihr auf den Hintern sah, und immer strahlte. Wie ein kleiner Junge, der ein neues Spielzeug bekommen hatte und es kaum abwarten konnte es aus seiner Verpackung zu befreien.

Seine Schwester Maria zwängte sich an ihm vorbei und brachte Blue eine Dose.

„Hier ist die Creme, die ihr so dringend gefordert habt“. Sie war ebenfalls blond, unwahrscheinlich niedlich und flachbusig, so wies sich in Blues Hackerliste gehört.

Ja das war gemein und egoistisch, eigensinnig und fies, aber da kannte Blue keine Spaß. Großer Busen gleich Hackerrangliste Top 10!

Maria drückte ihr die Creme in die Hand.

Maria und Hendrik waren zwar aus der Westzone, seit ihrer Kindheit jedoch hier stationiert. Die beiden Geschwister sind mit den Gardiens aufgewachsen, deshalb stellen sie auch jegliche Kampfhandlungen nicht in Frage. Zu dumm, eigentlich müsste Blue gegen die Beiden sein, doch da das Geschwisterpaar so nett und niedlich war, musste sie ihre Glaubenspolitik bei ihnen außer Acht lassen. Sofern sie überhaupt ne Glaubenspolitik hatte.

Maria nahm ihre Hand und schmierte sie mit der Creme ein, während Blue nachdenklich aus dem Fenster starrte.

„Denkt ihr schon wieder an ihn“? Fragte sie kleinlaut. Blue kippte den Kopf zur Seite und schnaufte.

„Niemals“.

Hendrik währenddessen stampfte nun etwas mampig auf dem Boden herum.

„ Was soll das! Vergiss ihn doch einfach“! Jetzt gab er den Eifersüchtigen und die beiden Mädels kicherten vergnügt auf.

„Du bist süß Bruder und so verschossen“. Blue giftete kurz, weil ihr plötzlich die Situation peinlich schien, ebenso wie Hendrik. Marias Augen wanderten von Blue hinüber zu Hendrik und dann wieder zurück. Dabei wackelten ihre Augenbrauen schon erwartungsvoll und gespannt, wann nun endlich die Zeit kommen würde, dass Blue ihren edlen und feindlichen Soldaten vergas und sich ihrem Bruder widmete.

„Ich geh dann mal“!

Maria stand auf und frohlockte fröhlich von dannen. In der Art: „Ich störe nur, macht Babys für die Schwiegermutter“.

Obwohl Hendrik 2 Jahre jünger war als Blue, und zudem noch etwas sehr kindliches an sich hatte, überlegte Blue tatsächlich, wie es wäre, mit ihm eine kleine Romanze anzufangen.

Weitere Gedanken an den hoffnungslosen Fall Tai zu verschwenden, endete bloß wieder in einer depressiven Heulattacke.

Hendrik kratze sich verlegen den Kopf. „Wisst ihr… wenn ihr allein sein möchtet, dann werde ich gehen“, murmelte er und musterte den Teppich bis Blue schließlich ein erlösendes nein von sich gab und ihn schließlich anblickte.

„Setz dich doch, wir können uns auch unterhalten, wenn dir danach ist“.

Blue machte eine klopfenden Bewegung neben sich und schließlich tapste der Junge verlegen zu ihr heran, setzte sich und streckte seine langen Beine aus. Er trug eine blaue Uniform, mit gelb-weißen Streifen. Seine runde Kappe hatte er schon an der Tür abgelegt.

„Wenn dir so viel an mir liegt, wenn du mich so sehr magst, wie deine Schwester es mir immer erzählst, wieso redest du mit mir dann nicht darüber“?

Hendrik blickte überrascht, ertappt und peinlich berührt zu ihr hinauf.

„Ihr..wisst es…“? Er fing an zu stottern.

Blue rollte amüsiert eine Strähne ihres blauen Haares um den Finger.

Ihre Gedankten schweiften ab und sie fing an, sich ein Spiel auszudenken, um etwas Leben und Liebe in ihr jetzt sonst so tristes Dasein zu bekommen.

Ihre Hände fuhren über seine Uniform hinauf zu seinem Kinn und strichen darüber. Er war glatt, er fühlte sich jung an, war nicht sonderlich männlich und dieses Katzen fehlte ihr plötzlich an den Fingerkuppen, um sich in Stimmung zu bringen. Hendrik lächelte und drückte ihren zarten, schon abgemagerten Körper nieder auf das Bett. Er strich ihren Arm entlang und schließlich fuhr er etwas unsanft durch ihr Haar.

Blue blickte unter ihm liegend leer hinauf und in ihrem Kopf verblasste langsam das Spiel aus Lust und Neugier. Es war einfach nicht das, wonach sie sich sehnte. Ihre Nase roch einen fremden, herben Geruch, der von Hendrik ausgehen musste.

Es war nicht sein Geruch. Dieser süßliche, und doch männliche Duft, der sie umnebelte, ihre Augen schwerer werden und ihr Herz lauter schlagen ließ. Hendriks Kopf senkte sich und Blue hielt den Atem an. Es schlug im nächsten Moment in Unbehagen um.

Nein, sie konnte es nicht, auch wenn sie sich nichts sehnlicher wünschte als Ablenkung, als Vergessen!

Ihr Kopf drehte sich zur Seite und Hendrik stoppte seine Interaktion.

„Was ist? Hab ich etwas falsch gemacht“?

Blue wollte ihm antworten, doch die Erkenntnis war zu bitter. „Ich glaub, ich werde krank. Mir ist plötzlich so schwindlig“.

Hendrik stützte sich auf und half Blue wieder in die Senkrechte. „Dann gehen wir zum Arzt“!

Er nahm sie bei der Hand und öffnete das Verlies. Ihr wollt raus, nicht war? Also werde ich euch, zumindest für kurze Zeit, etwas frische Luft verschaffen“! Er zwinkerte lieb und klopfte an die Tür. Nach kurzem Knarren und Schieben erblickte Blue nun endlich die Außenwelt. Es roch schon ganz anders.

Eilig wanderten sie die Gänge der Villa entlang und über einen große Terrasse blickte Blue nun endlich auf das weite Meer. „Warte, warte Hendrik! Nur kurz“!

Blue blieb stehen und löste sich von ihm, breitete ihre Arme aus und schloss ihre Augen. Sanft umspielte der leichte Seewind ihre Gesicht. „Es…riecht so gut“.

Möwen kreischten leise, etwas Rauschen der harten See war zu hören, die Stille durchbrach nur ein leiser, unscheinbarer Knall, der nicht weit von der Villa im Felsen eine Explosion auslöste. Erschrocken öffnete die Blauhaarige ihre Augen wieder und erkannte am Horizont schwarze Punkte aufblitzen.

„BLUE!!! WIR WERDEN ANGEGRIFFEN“!!

Kaum 10 Sekunden später erreichten Kampfschiffe die Basis der Gardiens.

„Blue“!

Hendrik riss an Blues Hand und wollte sie so schnell wie möglich in Sicherheit bringen, doch diese war starr.

Nicht vor Angst, nicht vor Furcht.

Sie war starr vor Spannung.

Ihre Hände zitterten. Sie spürte eine leichte, unscheinbare Welle in sich.

„Ich kenne dieses Gefühl“!

„BLUE“!!!

Sie riss sich von ihm und eilte die Terrasse entlang, bis an den Abgrund.

„ICH… ICH KENNE DIESES GEFÜHL“!

Die Kriegsschiffe der Feinde kamen immer näher. Erst jetzt rückten nun auch Schiffe der Gardiens aus. Zwischen den vielen Flugobjekten schließlich erkannte sie eine silberne, matte Rüstung.

„…. ES IST….“. Sie stützte sich über das Geländer und griff in den Himmel.

„BLUE!! LASSt DAS“! Hendrik griff um ihren Körper und versuchte sie an sich zu ziehen.

„DER BODY“!

Er verstand nicht recht. „BLUE! WAS SOLL DAS? WOLLT IHR EUCH UMBRINGEN“!??

Die Erscheinung war noch nie so ehrfürchtig und anmutig. Der Body über ihrem Kopf drehte sich kurz um sich selbst, ehe er ruckartig auf den Boden der Terrasse stampfte und Blue und Hendrik zerzaust in einem Windmeer kurz die Sicht nahm.

Blue spürte Hendriks Körper, der sich eng und beschützend um sie legte.

Ihre Augen öffneten sich mühsam, noch immer zitterte ihr ganzer Körper.

Blue wollte losrennen, doch im Nu standen unzählige Soldaten um sie herum, und umzingelten den Body. Auch Hendrik hatte seine Waffe gezückt und richtete sie auf das Kampfgefährt. Schüsse gingen los, Explosionen ließen den Boden im Sekundentakt erschüttern.

Dann endlich ging die Luke des Bodys auf und ein Mann im silbernen Anzug, mit Helm stieg heraus. Ein Knacken ging durch die Runde, die Soldaten, positioniert um ihn, hatten die Waffen geladen.

Dann sprang der Mann vom Body und hob die Hände.

„Tai…“? Blues Stimme versagte in der einzigen und letzten Silbe.

„Blue, tut das nicht! Ich bitte euch“! Zischte Hendrik und ließ ihren Körper locker. Blue wandt sich aus seinen Armen, ruppig, und stürmisch lief sie auf den fremden Soldaten zu. Sie wusste, dass niemals auf sie geschossen werden würde, dazu war sie zu diesem Tage noch zu wertvoll für die Gardiens.

Ihr Schritt wurde langsamer und mit einem Mal schwappten Zweifel über sie. War er es wirklich? Wieso jetzt? Wieso hier? Und überhaupt… ER!

Sie war noch nicht bereit. Es kam zu plötzlich!

Die Hände des Mannes waren noch immer leicht in die Höhe gestreckt, signalisierten, dass er nicht vor hatte Waffen einzusetzen.

„Tai“?

Ihre Hände fuhren langsam zum Helm des Mannes und mit einem kurzen Ruck begann sie ihn vom Kopf zu trennen. Die ersten Zentimeter waren schwer, doch dann blitzen die ersten Haare zwischen ihren Fingern hervor und kitzelten sie leicht.

Sie waren rot.

Kaum Sekunden später viel der Helm zu Boden, Tai öffnete seine Augen und blickte sie mit seinen grauen, traurigen Augen an.

„Tai..“?

Er sah sie an. Nichts weiter. Stumm, wortlos, emotionslos.

„Blue“?

Blues Augen brannten, kurz nahm ihr Tränenflüssigkeit die Sicht, ehe sie sein Hand an ihre Wange spürte.

„Ich hab dich gefunden“! Flüsterte er leise.

„BLUE“!

Diese romantische Szene wurde durch den eifersüchtigen Hendrik unterbrochen.

„Komm weg von ihm. ER IST DER FEIND“!

Ihre Hand wurde unsanft von seiner ergriffen und er schob sich vor sie, drückte seine Waffe Tai entgegen und fing verächtlich an zu knurren.

„Na, wen haben wir denn da“?

„Fass sie nicht an“! Hendrik fing sich fürchterlich an aufzublasen.

„Hast du nen neuen Beschützer gefunden Blue?“ Tai grinste verschmitzt.

„Halt den Mund und runter auf den Boden“, grollte wiederum der Jüngling.

„Er ist so jung. Stehst du so auf junges Gemüse Blue“?

Die Schluchzte immer noch und warf nur ein flüchtiges Arschloch in die Testosteronbombe.

Tai kroch nun gelangweilt auf den Boden und im Hintergrund hantierten schon die Soldaten der Gardiens am Body herum.

Blue blickte auf und musste mit Schrecken feststellen, das dort tatsächlich etwas anderes… besser jemand anderes in der grünen, heiß geliebten Plasmablase steckte. Die Soldaten hatte einmal beherzt hineingegriffen und auf den Boden knallte schließlich ein junges, schwarzhaariges Ding mit langem Schleimfaden.

„Was…. WAS ZUM TEUFEL IST DAS“??????????

Schluchzen und Tränen, dramatische Wiedersehensfreude hin und her, was wirklich zählte war, das ein fremdes Mädchen da ihren Platz eingenommen hatte.

„WER IST DAS UND WAS MACHT SIE IN MEINR GRÜNEN CHEMIESCHAUKEL“?

Blue hatte sich nun ebenfalls rasend vor Eifersucht gleich neben Hendrik aufgeplustert.

Tai blickte erschrocken auf. „ Das ist ein… Medium“!

„DAS SEH ICH AUCH“! Blue hob ihren Fuß und rammte es Tai ins Rückrad. Sie schnaufte, sie kochte… sie war nahe dran ihm den Kopf abzuhacken.

„BIN ICH ALSO SO LEICHT ZU ERSETZEN“??

Tai fluchte kurz und biss sich auf die Lippe.

„Das verstehst du falsch“!

Blues Finger knackten. „WAS SOLL MAN DARAN FALSCH VERSTEHEN! BASDART“!

Selbst Hendrik wich jetzt schon etwas erschrocken von Blues Seite. Könnte ja sein, dass sie jeden Moment hysterisch um sich schlug.

Die schwarzhaarige Dame wurde neben Tai auf den Boden gelegt und Blue fing an sie schnaufend zu mustern.

„Diese….diese….ein Kind“?

Das Mädchen vor ihr liegen blickte mit kalten, eisblauen Augen zu ihr auf.

„Ich bin kein KIND! SCHNEPFE“!

„SCHNEPFE“??

Hendrik hatte Blue nun ganz verlassen und nahm zwei Schritte Abstand.

„Das gleiche Temperament“

„ICH BIN 14 JAHRE!! KANN ICH DOCH NIX FÜR DAS DU SCHON SO NE ALTE SCHACHTEL BIST“!

„ALTE SCHACHTEL?? HAST DU SCHON TITTEN, DASS DU DIR SOLCHE UNREIFEN ARGUMENTE ERLAUBEN KANNST“?

„WIESO, DU TUSTS DOCH AUCH“!

Nachdem der Lautstärkenspiegel schon weit über dem Spiegel des Kampfgeschehens um sie herum angestiegen war, wurde es Zeit für eine Atempause.

„Schluss jetzt mit dem kindischen Gekreische“!

Hinter ihnen hatte sich die Blonde Kampfbraut, auch Blues Mutter genannt, aufgebaut.

Das übermütige Mädchen, durch einen Betäubungspfeil außer Gefecht gesetzt, lag regungslos am Boden.

Die Mutter nahm ihre Tochter ruppig am Arm und zog sie davon.

„Mutter. Lass mich los!“

„Wieso bist du überhaupt draußen“?

Blue drehte sich noch einmal hastig um. Tai blickte ihr liegen nach. Ein Gewehr drückte ihn allerdings im nächsten Moment wieder zu Boden.

„TAI“!
 

Es vergingen 3 Tage

Blue krakelte gegen die Tür, doch selbst Maria ließ sich nicht mehr blicken.

An jenem Abend:

Klopfte es an der Tür.

Sie lag im Bett.

Noch immer.

Sie hatte geweint.

Wie immer. Doch etwas war anders.

Durch die Tür schritt ein junger Mann, kurz hielt er innen, dann schloss sie sich hinter ihm.

„Hallo“! Er grinste kurz.

Sie richtete sich auf.

Kurze stille.

„Was machst du hier“?
 

Tai blickte aus dem Fenster. Er hatte wieder seinen schwarzen Overall an, die Hände in den Taschen vergraben und böse Miene zur sonst romantischen Gefängnisatmosphäre aufgelegt.

„Wieso bist du hier“?

Sie hatte sich auf den Rand des Bettes gesetzt und baumelte mit ihren Beinen herum. Diese unerträglichen Schmetterlinge in ihr raubten ihr fast den letzten Nerv. Sie war angespannt, sie war verlegen, schüchtern, nervös, sie war schrecklich unsicher wie sie sich verhalten sollte. Allein mit ihm hier, im Gefängnis aus roten Satinstoff und Kissenbezügen mit goldenen Stickerei.

„Alles klar“? Tai stand dich vor ihr und blickte zu ihr hinab.

Blues Hände griffen in den weichen Stoff unter ihren Handflächen.

„…Ich… weißt du…“.

Stottern!!!

„Scheiße“. Als sie sich selbst dabei ertappte, wie plötzlich seitliche Verliebtheitssignale aus ihr heraussprudelten, drückte sie ihre Hände ins Gesicht und schüttelte den Kopf.

„Wieso du hier bist will ich wissen“!! Quengelte sie hervor.

„Wieso ? Wollte dich sehen! Was ist los mit dir“?

Seine Hände griffen um ihr Handgelenk und schoben es sachte von ihren Augen. Unter ihnen blickte er schließlich auf eine Tränenstraße.

„Es tut mir Leid, dass ich so eklig zu dir war. Die letzte Nacht…damals… als du zu dem Einsatz gingst“! Blue blickte auf und erwarte ein: „Das macht doch nichts, alles halb so wild“.

Tai sagte jedoch nichts. Seine Miene wurde wieder kalt. „Dabei hattest du doch Recht“!

Es herrschte Stille. Sie hatte ihn mit diesen Worten verletzt. Er knabberte wohl daran, selbst jetzt noch, nach einem halben Jahr.

„Ich bin eine Niete, wenn du glaubst, ich könnte dir keine Liebe geben. Ich habe es schließlich versucht.“

Blue blickte auf. Was sollte das heißen?

„Entschuldige. Ich hab es nicht so gemeint. Ich hab nur nicht verstanden, wieso du mich so schnell loshaben wolltest. Ich hatte angekommen, wir beiden wären ein Team. Ich hatte angenommen, dass ich dein Medium sei….wieso dann das“?

Gerade wollte sie aufspringen, um ihren Zweifeln mehr Ausdruck zu verleihen, doch Tai bremste sie und stieß sie zurück aufs Bett. Seine Hand griff sich an die Stirn.

„Ich versuch es dir das ja die ganze Zeit zu erklären“.

Er ruderte herum.

„Das ist so… äh.. Wenn… ich denke… oft… an dich“.

Blue legte ihren Kopf schief.

„Und deshalb will ich nicht, dass du in meiner Nähe bist, im Krieg…“.

Er haspelte nach Luft: „…oder so“.

„Das ist ein Paradoxon Tai“!

Wieder kratze er an seiner Stirn, wandte ihr den Rücken zu und Grübelte nach besseren Definitionen in seinem Millitärfachjagon.

„Ich will es aber nicht Tai“! Ihre Finger fuhren den rauen schwarzen Stoff des Overalls entlang und Blue umschloss ihn sanft, drückte sich an seinen Rücken und vergrub ihr Gesicht in ihm.

„Das bringt doch nichts, wenn du mich einfach abschiebst. Im Gegenteil, es tut mir noch mehr weh“. Ihre Nase sog eilig den so lange ersehnten süßen, männlichen Duft in sich ein.

„Ich kann nicht so dumm wie mein Vater sein. Ich kann es nicht verantworten“!

Wieder raufte er sich seine Haare und versuchte eine Lösung zu finden. „Ich war in der festen Überzeugung dich heut zu retten und dich dann wegzuschicken, an einen sicheren Ort. Doch wenn du jetzt vor mir stehst… bin ich zu egoistisch um dich gehen lassen zu können“. Er drückte ihre Hand und blickte hinter sich. Blues Augen sahen auf und sie ließ ihn kurz los.

„Ich…“. Tai blickte sie traurig an. Dann griff er erneut ihre Hand und zog sie ein Stück näher. Langsam beugte er seinen Kopf nieder und seine rauen Hände drückte ihre zarten Finger fest zusammen.

Innerhalb von Sekunden entschied sich, was er jetzt tat.

Er küsste sie, sanft, leicht, flüchtig.

„Ich kann nicht so egoistisch sein“, hauchte er kurz und Blue spürte seinen Atem an ihren leicht feucht gewordenen Lippen.

Blues Augen verrieten zum ersten Mal, das sie sprachlos war. Das sie mehr oder weniger gerade einen Herzstillstand hatte. Beider Hände lagen ineinander und rührten sich nicht.

Tai und Blue sahen sich nur in die Augen.

Recht ungewöhnlich und eigentlich das erste Mal in dieser Geschichte.

„Küss mich.. Noch einmal“, flüsterte schließlich Blue in die Stille und schloss ihre Augen.

Tai sah auch dieses Mal keinen anderen Ausweg. Er wollte es auch nicht.

Seine Hand drückte ihre fest, als ihre Lippen sich erneut zart berührten. Es war mehr als Schmetterlinge, es war eine Welle, eine Woge aus Befriedigung, eine Bombe, die endlich explodierte, egal ob sie nun drauf ging oder nicht.

Es war dieser unerträgliche Schmerz. Dieser Schmerz, der schöner, je mehr er gelindert wurde, wurde.

Blue stolperte einen Schritt in seine Arme und schließlich trennten sich ihre Lippen erprobt wieder voneinander.

Dieser schier nicht zu endele romantische Moment zerfloss Blue zwischen den Händen, als sie Tai in seine verstörten, graue Augen sah, die anscheinend mit Gewissen und Genuss kämpften.

Sein Griff wurde hart und er stieß sie kurz an, um etwas Abstand zu gewinnen.

„Das war dumm“, stellte Tai ernüchternd fest. Seine Hände strichen sich nachdenklich über die Lippen, er machte kehrt und marschierte ans Fenster.

„Dumm…“!

Ihre Wangen waren kaum getrocknet, da flossen schon wieder heiße Tränen darüber.

„Du meinst, du bist egoistisch“?

Erschöpft legte Blue ihren Körper aufs Bett und atmete einmal tief durch. Nachdem Tai ihr so viel innige Nähe geschenkt hatte, stieß er sie im selben Moment umso gröber wieder von sich.

„Egoistisch bist du, weil du nur an dich denkst! Weil du nicht hinterfragst, dass ich wohlmöglich durch dein vermeintlich selbstloses Verhalten verletzt werde! Schon mal daran gedacht“?

„Ich hole dich irgendwie hier raus, dass verspreche ich dir!“

Blue wischte sich wütend die Tränen aus dem Gesicht. „Und dann, schiebst du mich wieder ab? Wieso dann hast du mich erst geküsst Tai? Ich versteh das nicht! Wenn man jemanden küsst, ihn begehrt, dann will man in seiner Nähe sein! Und was tust du…“?

„Ich will dich beschützen“! Erwiderte er barsch.

„Dann lass mich gefälligst in Ruhe und tu‘ nicht so, als ob ich dir wichtig wäre. Das ist für mich alle male erträglicher, als wenn du einfach zu mir kommst, mich küsst und dann behauptest, ich müssen wieder abgeschoben werden“!

Kaum hatte sie sich zur Ruhe gesetzt, sprang sie hysterisch auf und bekam sogleich wieder einen Anfall. „DAS MACHT MAN NÄMLICH NICHT“!!!

„Das weißt ich doch auch! BIN DOCH NICHT DÄMLICH“! In Tais Verzweiflung über sich selbst und seine Gefühle, die er gerade versuchte, wie sonst auch immer, in den Hintergrund zu drängen, fing er plötzlich auch lautstark an mit ihr zu diskutieren.

„DOCH BIST DU“!!

„NEIN! ICH VERSUCHE ES BLOß ALLEN RECHT ZU MACHEN“!!!

Blue schüttelte verächtlich den Kopf. „ALLEN?? WAS IST MIT DIR UND MIR“?

Er wollte erwidern, doch dazu viel ihm nichts ein.

„Mit der Aktion sind wir quitt Blue. Wenn ich das nächste Mal in einem Bett schlafen werde, wirst du draußen bleiben müssen. Das ist wohl das Beste“!

Der Unterton, in dem er Sprach, brach jegliche Gefühlsregungen in Blues Herzen. Kalt und emotionslos, fast verbittert drückte er ihr einen Abschiedsgruß entgegen und verschwand dann aus der Tür.

Sie kniff ins Kissen, das sie noch gepackt hatte, dann pfefferte sie es gegen die Tür.

„ICH … hasse dich“! Doch die letzten Worte waren mehr geflüstert, als ernst gemeint gegen die Tür gebrüllt.

Und nachdem ihr das Herz gebrochen wurde, kam etwa 2 Wochen später die absolute Resignation von Blues Willen, sie gegen den Feind und für das Gute einzusetzen.

„Sie haben die Barrieren durchbrochen. Ist das nicht schön?“

Maria war wieder bei ihr und cremte Blues dünne Finger ein.

Hendrik war nicht mehr bei ihnen. Durch den Zwischenfall wurde er suspendiert und versetzt, schließlich hatte er einfach ohne Erlaubnis eine Gefangene frei gelassen.

„Und man sagt sich, dass sie die Forschungsstation schon besetzt haben. Dort, wo sie die Kampfmaschinen versteckt haben“.

Blue blickte traurig zu Boden. „Die Bodys“?

„Ja richtig“!

Eingenommen?

Ihr wurde flau. War wurde aus Ben? Aus Lydia und Chris? Wurden sie, ebenso wie Tai, in ein dunkles Verließ geworfen?

„Heute ist eine große Versammlung. Deine Mutter bat mich dich zu Recht zu machen. Du sollst dabei sein. Ich denke sie verkündet weitere Siege im mittleren Westen. Das ist ja so aufregend. Du wirst bestimmt bei den Gardiens offiziell aufgenommen“. Maria zog eine Art Uniform hervor. Sie war blau und hatte gelbe Streifen.

„Das zieh ich nie und nimmer an“!!

Blue entriss Maria den blauen, steifen Fetzen und schleuderte es in die Ecke.

„Ich hab schon etwas für den passenden Anlass“.

Ihre Mutter hatte sie ja schon in eine braune Uniform, bestehend aus einem Röcken und einer Bluse, gesteckt, mit der sie nun schon seit einem halben Jahr im Zimmer auf und ab ging, das reichte vollkommen!

Unter ihrem Schrank zog sie einen Karton hervor und schließlich ertastete sie eine schwarzes Stoffbündel.

„Ein schwarzes Kleid? Du geht aber auf keine Beerdingung“! Erwiderte Maria skeptisch.

„Ja ein schwarzes Kleid“. Blue strich den Stoff etwas glatt und betrachtete das unscheinbare Stück. Sie hatte es sich gewünscht, und damals hatte Hendrik etwa 10 schwarze Kleider angeschleppt, bis ihr schließlich das eine genügt hatte, was dem einen, besonderen schwarzen Kleid, ähnlich war.

Das schwarze, labbrige Kleid, das ihr auf der Insel um die Knöchel geweht hatte, als sie an der Küste stand und aufs Meer hinausblickte.

Das Kleid, das sie anhatte, als sie sich mit ihm so oft gestritten hatte.

Das schwarze wunderbare Kleid, dass nichts besonderes war, auf den ersten Blick, dass ihr aber Tai gegeben hatte, als eine Art Uniform.

Die Uniform eines Mediums.

„Ich bin noch immer ein Medium, egal was passiert“, seufzte sie und entblätterte sich.

Ihre Haare bürstete sie nur schnell einmal durch. Kein Make Up, keinen Haarschnickschnack.

So lief sie auch damals auf der Insel herum, manchmal noch nicht einmal mit Schuhen.

Als Blue sich schließlich fertig im Spiegel betrachtete, spürte sie den Hauch von Meeresluft in ihrem Nacken. Sie schloss ihre Augen und sehnte sich kurz in die Zeit zurück, wo sie frei, gleichzeitig jedoch auch gefangen war.

Zurück in die Zeit, wo sie glücklich war.

„Kommt jetzt, es wird Zeit“!

Maria stand an der Tür mit zwei Soldaten und reichte ihre die Hand ermunternd.

Sie würde das hier schon irgendwie auch überleben.
 

Kapitel 1 (16)/ ENDE

Knopfes Not

Kapitel 2 (17) / Knopfes Not
 

Der Platz war gerammelt voll.

Es erinnerte an eine Art Amphitheater, bloß viel mehr aufgemotzt, mit riesen Leinwänden, Plastiksitzgelegenheiten und komischen Designererdbällen, die bei Nacht fürchterlich grell auf die tosenden Meute schienen.

Die Nacht war über dem Zentrallager der Gardiens hineingekrochen und heute stand eine Art Riesenfete an, getarnt als seriöse Versammlung des Hauptrates der Gardiens.

Zu dem zählte auf dritter Amtsebene auch Blues Mutter. Die hatte ihren Platz auf dem Dritten Rang von oben eingefunden. Blue selbst saß in einer Art separaten Loge und blickte auf die blau uniformierten Soldaten nieder, die immer wieder tosend und pfeifend ihre Verehrung kundtaten.

Maria und ein paar Bodyguards leisteten ihr Gesellschaft.

Ein alter Mann schließlich ergriff das Wort und berichtete über die feindlichen Einnahmen des Südwestens, Westens und der Grenzlinie. Auch erwähnte er, dass die gesamte Bodyflotte nun in den Händen der Gardiens läge.

„Ich darf ihnen also verkündigen, dass wir die ernst zu nehmende, stärkste Waffe der Force eliminiert haben. Um nun mehr Druck auf das restliche Land auszuüben, werden wir wie folgt vorgehen“.

Der alte Mann gab ein Zeichen und ein Bild wurde auf die Leinwand projiziert.

„Die Bodys, die biotechnologischen Geheimwaffen der Force, werden uns nun in unserem Angriffsplan unterstützen…“. Laute Diskussion ging durch die Reihen. Es war nicht zu leugnen, dass Skepsis die Runde machte.

„… sicherlich bürgt dies ein riesen Gefahrenpotential, doch uns ist es gelungen, die Bodys Einsatzfähig zu machen. Wir werden die Force Einheiten mit ihren eigenen Waffen schlagen…“. Er setzte einen weiteren Knopfdruck an und eine Tür wurde geöffnet.

„Dies sind Piloten der Bodyeinheit, die durch uns neuronal angepasst wurden“.

Ins grelle Licht der überdimensionalen Globusleuchten traten 5 Personen in blauen Uniformen.

Blue stockte kurz.

„Das kann nicht sein“!

Maria beugte sich über Blues Schulter und gab ebenfall einen überraschten Laut ab.

„Das ist doch dieser Tai…“!

Blues Fäuste ballten sich und sie sprang hastig auf.

„Das… das ist zu viel. Noch nicht einmal ein Fünkchen Würde hat dieser kranke Verein hier“!!!!

„Aber Blue…“, Maria wollte sie noch festhalten, doch da war Blue schon auf das Geländer der Loge gesprungen und hastete mit einem riesen Hüpfer der Nächsten Loge entgegen. Sie wusste, dass sie durch die Gabe als Medium nicht nur mentale, besondere Kräfte hatte, auch die Beweglichkeit ihres Körpers und Koordinierung von fast akrobatischen Sprüngen hatte sie sich zu Eigen gemacht.

Bei der dritten Loge wäre sie jedoch fast hinunter, in die tosende Meute gefallen. Nur mit Mühe erreichte sie schließlich die Ränge der obersten Befehlshaber.

Die ersten 3 Ränge übertrampelte sie noch mit Mühen, doch bei dem 3ten Rang wurde sie plötzlich grob am Fußgelenk gepackt und umgeworfen. Ihre Mutter war erpicht darauf sie selbst in die Hände zu bekommen.

Blue lag nun auf dem 3ten langen Tischartigen Bauteil des Amphitheaters und rieb sich das Kinn.

„Was soll das Theater“?

Ihre Mutter war zwar aufgebracht, doch sie bewarte Ruhe, um nicht völlig hysterisch vor etwa 3000 Soldaten bloß gestellt zu werden.

„Ich kann es nicht mit ansehen, wie ihr scheinheilig versucht einen Krieg zu führen, der zumal sinnlos ist, und zum Anderen HINTERFOTZIG!!!“

Bei den Wort hinterfotzig verzog ihre Mutter das Gesicht, wie in der Art: „-Oh mein Kind ist mit solch einem schlimmen Wortschatz aufgewachsen, ungeheuerlich-“.

Danach holte sie aus und verpasste Blue eine laute Backpfeife.

„Törichtes Ding. Ich hätte dich auch töten lassen können. Was bildest du dir ein“?

Ihre Wange schmerzte und Blue spürte wieder diesen Druck in ihrer Kehle, der sich hinauf bis zu ihren Augen drückte.

„… es ist feige einfach Soldaten des Gegners für die eigenen Machenschaften zu benutzten! Sie zu zwingen ihr Vaterland zu verraten! FEIGE„!!!

Blues Mutter grinste. „Wer hat den was von zwingen gesagt“?

Blue hörte wohl nicht recht. Ihr Blick schwang eilig hinüber zu dem Podest, auf denen die 5 Piloten standen.

Sie verbeugten sich vor dem höchsten Rat!

„Sie….“, durchfuhr es Blue fast wie eine tödliche Spritze.

„… genau, sie wurden gescannt und sind uns jetzt hörig. Alle 5. Auch dein ach so rebellischer Liebhaber“!

Sie hörte wohl nicht richtig. „ Er is nich mein…Lieb..Liebhaber…oder so!! Er ist mein Partner. Ich bin sein Medium“!

Die ältere, dünne blondhaarige Frau lachte zynisch. „Du bist ihm hörig, das weiß doch jeder. Und deshalb wirst du auch alles Erdenkliche tun, um ihn zu retten. Und auch deinen anderen Freund, der dir wiederum völlig hörig ist“!

Sie spielte mit dem Kugelschreiber und grinste ihre Tochter amüsiert an.

„Was wird das hier? Nen Groschenroman??“

Blue fühlte sich etwas überführt. Woher wusste sie das? Na ja, Mutter Tochter Beziehungen liefen in der Regel ja immer darauf hinaus, dass die eine genau über die andere Bescheid wusste. Auf welchen Typ von Mann sie so stand, was sie für Launen hatte, im Résumé halt wie sie tickte.

Doch Blue hatte ihre Mutter kaum gekannt. Sie konnte sich nur wage an die Zeit mit ihr erinnern.

„Woher willst du das wissen“?

Blues Mutter faltete ein Blatt auf und schob sich die Brille zu Recht. „Mal sehen was wir hier haben:

Benjamin Methemberg. Schwimmteam, Gefangener der Force Einheit C, Gescannt und ausgebildeter Truppenteiler, steht auf Blue Bright.

Dann haben wir hier noch: Tai 1003...“

Sie zuckte amüsiert mit den Augenbrauen. „Wieso er wohl so einen komischen Nachnamen hat?“

Blue wurde rot und entriss den Zettel ihrer Mutter. „Wie kommst du dazu“?

Eilig blickte sie auf den kleinen Zettel und musste feststellen, dass er komplett leer war.

„Wieso bist du so rot Schatz? Sind dir etwa die Spionagedaten über deinen Freund so herzenswichtig“?

Na da war Blue ihr ja voll und ganz in die Falle getappt.

„Miststück“, knurrte die blauhaarige nur verächtlich.

„Dieser Benjamin war damals im Kindergarten schon total in dich verschossen Blue“!

Von oben kam nur ein seriöses Räuspern und Blues Mutter drückte ihre Tochter neben sich auf einen Stuhl.

Von hier aus konnte Blue direkt auf das Sims mit den Bodypiloten blicken.

„Dieser Typ ist mir einen Scheißdreck wert. Er kann ruhig für immer sein nutzloses Hirn verlieren. Sonderlich war vorher auch nicht sehr viel mehr Herz und Verstand drin, wie jetzt nach na Komplettleerung“!

Die Rede des Obersten, Reihe eins von Oben, wurde nun fortgeführt,

„Wir haben ausgesprochen qualifizierte Medien gefunden, die mit den ausgebildeten Bodypiloten den Kampf gegen die Force Einheiten antreten werden.

Diese Aufgabe erfüllen sie mit staatlichem Stolz und Siegesmut.

Und zu aller erst darf ich ihnen eines der mächtigsten Mediengenerationen vorstellen.

Kommender Bright und ihre Tochter Blue. Sie wird mit dem stärksten Bodypiloten die Fronteinheit bilden, im Kampf gegen Force.“

Die angesprochene, ältere Bright stand erhaben und mit geschwellter Brust auf, salutierte und im nu spürte Blue keinen blanken Stuhl mehr unter ihren Backen, weil die nun ebenfalls stand und ihr volle Aufmerksamkeit von der tosenden Gardien Meute geboten wurde.

„Ich…“?

Blue blickte sich verunsichert um.

„Da du ja sonderlich nichts mehr für diesen Tai übrig hast, habe ich beschlossen, dass du einem anderen Piloten zugewiesen wirst. Er hat deutlich höhere Qualifikationen wie dein abgestorbener Prinz, deshalb ist er ideal.“

Kein… Tai?

Blue blickte angespannt durch die Runde der Piloten, die sich auf dem Sims stramm positioniert hatten.

„Bitte sag mir, dass es nicht Maike ist“, grummelte sie und ihre Mutter gackerte belustigt.

„Ich werde ihn dir gleich vorstellen, du scheinst ja eine Vorliebe für anmutige Söhne von Vorgesetzten zu haben“.
 

Ihre Mutter hatte ihr nicht gesagt, dass es danach zu einem VIP Empfang ging. Und sie hatte sich extra in ihrem hübschen schwarzen Kleid nicht aufgerüscht. Blues Hände waren auf dem Rücken gefaltet und ihre Mutter, selbst in einer weiß-goldenen Uniform gekleidet, hatte ihr linker Arm gegriffen und sie nun schon tausende Kilometer durch frigide Säle aus Marmor gezerrt.

Ab und zu musste Ms. Bright und Mrs. Bright komisch wortlose Konversationen mit alten, senilen Vorgesetzten in ebenfalls uniformer Kluft, halten. Ihre Mutter wirkte jedes Mal, wenn sie von Vorgesetzten angesprochen wurde, so kleinlaut, fast wie eine parteiische Hofdame, die in der Gunst des Königs steigen wollte. Ja genau, Blue fühlte sich irgendwie ein wenig ins barocke Zeitalter entführt, wo lediglich das äußere Erscheinungsbild und nicht wesentliche Charakterzüge und Konversationen von Wichtigkeit waren.

„Sie sieht euch sehr ähnlich. Wird sie den Krieg überstehen, so hager wie die keine ausschaut“!

„Da bin ich mir sicher Sir. Sie ist zwar dürr, aber leider nicht klein zu kriegen“, scherzte, fast flirtete ihre Mutter mit einem unbekannten Mann, der außerordentlich viele Abzeichen auf seinem Jackett trug.

„Sucht die Schwarze Witwe sich etwa einen neunen Bräutigam, oder wieso bändelst du dir fast jeden Typen an, der dich anspricht“?

Ihre Mutter versuchte über diese unverschämte Bemerkung ihrer Tochter hinwegzusehen und zog sie nun härter über den rutschigen Boden, entlang in einen nächsten Saal, wo nun endlich die höchste Eminenz thronte.

„Das ist der höchste Rat Vorsitzende, Oberst Kamms. Sei jetzt gefälligst etwas charmant oder halt einfach den Mund“. Der angesprochene, weißhaarige Mann, in einem komisch blauen Anzug mit einem Riesen Abzeichen, was nun schon fast als Zigarettentasche durchgehen konnte, erlangte schließlich Blues Aufmerksamkeit und war hell auf begeistert.

„Da seit ihr ja, Kommandante Bright. Ich habe schon auf euch gewartet. Mein Sohne und ich, wir wollten sie nun endlich persönlich kennen lernen. Sie hat sich ja schon mehr oder weniger von selbst vorgestellt.“

Neben ihm tauchte ein junger Mann auf. Blondes, Schulterlanges Haar. Markant.

Etwa 25 Jahre, wenn nicht sogar älter.

„Ich kenne ihn…irgendwo her“. Murmelte Blue und mustert den Sohn des Höchsten genauer.

„Wird das jetzt etwa ne dämliche Verkupplungsaktion“?

Der blonde verbeugte sich kurz und blickte sie finster an.

„Klar…du warst damals mit im Zelt. Dieser Freak der ebenfalls dazu plädiert hatte, mich erschießen zu lassen“, pustete es aus Blue heraus. Genau, als sie das erste Mal von den Gardiens entführt wurde, und sie schließlich vor ihrer Mutter, einem alten Typen und diesem jungen Kerl stand, und fix zum Tode verurteilt wurde.

Kamms strahlte und drückte seinen Sohn näher zu Blue. „Das ist dein neues Medium. Wie ich schon erwähnt hatte, ist Blue Bright ein Medium mit ausgesprochen ausgeprägten mentalen Kräften“.

„Der…ist der Pilot…“? Blue wirkte skeptisch und machte einen Schritt zurück. „Das könnt ihr so was von abhacken. Ich werde weder ein Teil eurer Kampfmaschinerie werden, noch mit diesem Knilch, der mich eigentlich töten wollte, in einen Body steigen oder sonst soziale Kontakte knüpfen. Auch keine Ekelkinder oder so etwas machen!! MIT MIR NICHT“!

Blue drehte sich um und wollte gerade abdampfen, da griff ihre Mutter schon wieder in das Geschehen ein, krallte sich Flux ihren Arm und überreichte sie dem netten, blonden Typen, der sogleich eine Runde mit ihr durch den Saal drehte.

Blue verstand noch nicht ganz, dass es hier nicht um ihren Willen und ihre Bereitschaft ging, es war vielmehr ein Befehl.

„Erinnerst du dich noch an unser erstes Treffen, Blue? Der Rat hat einstimmig beschlossen, zum Wohle der Weltbevölkerung deinen kleinen Kopf gegen die Wand zu pusten. Was glaubst du, wer noch alles zum Wohle der Menschheit ausradiert werden könnte? Es gibt ja so viele Menschen, die für dich eine Bedeutung haben, aber in den Augen der Gardiens lediglich ein Druckmittel sind, um ihre Ziele zu erreichen und durchzusetzen.“ Er flüsterte ihr scharf ins Ohr und presste sie dabei eng an sich. Blue spürte den piekenden Schmerz in ihrem Arm und verstummte.

„Die Ingenieure der Force waren so freundlich, die Bodys noch etwas aufzurüsten. Gleich morgen können wir mit einer Synchronisation unser beider Körper beginnen“.

Blue spürte einen Arm um ihre Hüfte. Er riss sie herum und blickte ihr schließlich in die Augen.

„Mein Name ist Dankin. Ich bin mir sicher, wir beide werden gut zusammenarbeiten“.

Seine Hand umschloss ihre und er zog ihren zarten Körper zu sich heran, die Arme streckte er etwas in die Höhe, und dann fingen beide Körper langsam an, im Takt der Klimpergeräusche aus dem Lautsprecher zu tanzen.

Blue war perplex. Durch seine durchdringende, aggressive Stimme wurde sie kleinlaut und eingeschüchtert. Sie schenkte jedem seiner Worte Glauben.

Er lehnte sich ein Stück zu ihr hinunter und blies ein paare Haare beiseite.

„Ich warne dich. Wer sich mit mir anlegt, wird es bereuen. Selbst so ein rebellisches Kind wie du“!

Wieder dieser kalte Schauer, der Blue vor Angst erstarren ließ.

Seine grünstichigen Augen durchbohrten sie und er grinste triumphierend.

„Ich hoffe, ich mache dir keine Angst. So ein hübsches Gesicht und so viel Furcht. Es wäre besser fürs Image, du würdest ab sofort etwas freundlicher Lächeln“.

Seine rauen Finger streiften ihre Wange und er drehte mit ihr noch ein paar Runden auf dem verlassenen Parkett.
 

Der Anzug, den sie trug, saß eng um ihren zierlichen Körper. Damals war Blue noch etwas propper gewesen. Nach einem guten Jahr voller Entführungen und Liebeskummer war sie nunmehr sehr zierlich und dünn geworden. Noch mehr weckte es in Männern den Beschützerinstinkt.

Weniger bei Dankin, der sie in einem Anzug, bestehend aus einer kurzen Hose und langen Overall, durch die Halle scheuchte, damit sie mehr an Kondition gewann.

Er war nicht sehr liebevoll mit ihr, hatte aber steht‘s das Verlangen sie zu begrapschen. Das wiederum auch nur aus dem Anlass, dass aller Welt vorgegaukelt werden sollte, sie wären das perfekte Paar der Gardiens und würden mit ihrer Liebe den Krieg gewinnen, oder so.

Die Halle entlang schlürfend sah Blue nun zum ersten Mal die Bodys in einer Reihe, an eine Art Ladestation gekoppelt, stehen. Sie hatten sich etwas Äußerlich verändert. Eine Art von Grünstich in ihrer Metalllackierung erhalten. Ein Body, der Fünfte von hinten, allerdings tanzte aus der Reihe. Sicherlich würde es Dankin‘s Bodys sein.

Ihre Augen musterten die leblosen Metallhüllen und sie erinnerte sich kurz in die Zeit zurück, als sie noch auf der Insel war. Noch war es still in der riesen Halle, doch das gewährte nicht lange, als sich durch ein laut angekündigtes Summen eine Tür öffnete und vier Gestalten die Halle wortlos betraten.

Jeder von ihnen hatte einen silbernen Anzug an. Unter dem Arm einen ebenso silbernen Helm geklemmt. Die Truppe trampelte wie eine Herde Elefanten auf sie zu. Der 2te von rechts trug eine auffällige Haarfarbe, sofort stach er ihr ins Augen.

Ihre Augen weiteten sich.

Immer näher rückten die Bodypiloten an sie heran.

Der Windhauch drückte sich gegen ihre Wange, als die Meute an ihr vorbeigezogen war.

Kein Blick. Tai, Maike, Meg und George waren einfach an ihr vorbeigerauscht.

Ihr Blick wandte sich erschrocken über ihre Schulter. Nur das Klacken der Schuhe war zu hören.

Nichts, so als ob sie Luft gewesen war.

Ihr Herz wurde schwer und sie seufzte laut.

„Was haben sie dir bloß angetan Tai“?

Allen wurde das Gehirn ausradiert, bloß ihr nicht!! Wie scheiße war das denn? Blue blieb mal wieder nichts anderes übrig, als allein mit ihrem Leben fertig zu werden und es Stück für Stück zu verkraften. Da war es doch eigentlich viel einfacher mal eben alles zu vergessen und als Zombie glücklich und ahnungslos einfach weiter zu leben und dann zu sterben!

Glaube sie jedenfalls. Was in solchen Zombies wirklich vor ging konnte sie schlecht wissen.

Von weiten hörte sie Dankin brüllen und schon bewegte sie ihre müden Knochen wieder voran. Er konnte so etwas von tyrannisch sein, da konnte Blue sich wirklich ne Scheibe von abschneiden. Immer wieder umrundete sie den Platz, vorbei an den Bodys und an den Piloten, die wie Spielfiguren am Rande standen und in die Luft starrten. Ein komischer großer Mann mit Capi redete auf sie ein. Blue merkte noch nicht einmal mehr, dass ihr Körper sich langsam gegen die Strapazen zu wehren begann. Sie lief und lief, Runde um Rund, um möglichst schnell wieder bei den Piloten vorbei zu schlürfen und vorsichtig ein Augen auf ihn zu legen.

Ihre Beine hoben sich müde und plötzlich stolperte sie und ging zu Boden. Das Kinn, auf dem harten, rauen Pflaster, brannte plötzlich und Blue kniff die Augen zusammen, regte sich nicht und horchte in die plötzliche Stille. Alles schien stehen zu bleiben. Nur von weitem hörte sie ihren Namen schallen, weit entfernt. Blue spürte nichts mehr. Ihr Kopf rebellierte, alles drehte sich. Nein sie konnte und wollte nicht mehr. Einfach schlafen, hier liegen bleiben. Nichts tun. Den Tod abwarten, dass war wohl das Beste.

„Ms…. Ms…?

Ms Bright…

Tut ihnen etwas weh?

Kommen sie zu sich!

Ms Bright“!

Sie schlug ihre Augen auf. Es war wie ein frischer Atemzug. Seine grauen, traurigen Augen musterten sie kritisch. Sie spürte seinen festen Druck um sie.

„Geht es wieder Ms Bright“?

„Tai“?

Er hievte sie auf seine Arme.

„Soll ich sie in die Krankenstation bringen? Können sie gehen“?

Sein Geruch. Dieser süßlich herbe Geruch, er klebte noch immer an ihm, wenn auch nur sehr leicht. Sie schloss wieder ihre Augen.

„Ich will nicht mehr Tai. Bring mich hier weg“. Ihr Gesicht drückte sich gegen seine Brust.

„Ms Bright“?

Von weitem nun kam Dankin angetrampelt. Sicher, Blue in den Armen eines anderen Mannes zu sehen, dazu noch ein Pilot und sicherlich auch bekannter weise genau der Lieblingspilot von Blue, ließ bei Dankin die Sicherungen durchbrennen.

„Lass sie runter!“ Er drückte empört an Blue herum, doch zum erstaunen ließ Tai sich nicht los.

„Sie braucht einen Arzt. Ihr Puls ist hoch, sie hat sich überanstrengt!“

Dankin riss an Tais Schulter und wurde noch ungeduldiger. „Das seh ich selbst. Lass meine Medium runter! Sie gehört mir! Das ist ein BEFEHL“!

Tai gab klein bei und ließ Blue langsam zu Boden gleiten. Ihre Hände griffen schwach um ihn und schließlich blickte sie ihn müde durch ihre blauen, traurigen Augen an.

„Bleib bei mir Tai“. Ihr schmaler Körper lehnte sich Schutz suchend an ihn.

Er war erstarrt.

Was hatte das zu bedeuten? Blue bemerkte deutlich, dass etwas in ihm vorging. Er überlegte, er fühlte wahrscheinlich etwas, und das konnte er nicht einordnen. So hatte Ben sie damals auch angeschaut, mit demselben, schockierten Blick. Schockiert, weil plötzlich ein gewisser Funke in ihm zu lodern begann.

„Ich…“, murmelte Tai schließlich leise und griff ihre Schultern.

„Ihr solltet mit Dankin Kamms auf die Krankenstation gehen. Ihr scheint nicht gesunde zu sein“.

Eine fremde Hand legte sich um ihre Taille und ne kurzen Ruckelein hatte Dankin ihren Körper auf seine Arme gehievt. Blue blickte ein letztes Mal über sein Schulter zu dem Mann mit den roten Haaren. Seine Augenbrauen hatten sich verwirrt zusammen gezogen. Er formte ein Wort mit seinen Lippen, das sie nicht mehr verstanden hatte.

Vielleicht war es auch nur von ihm geflüstert gewesen.

„Das sollte das Theater gerade? Er kann sich nicht mehr an dich erinnern. Tut mir Leid“!

Verbittert trampelte Dankin aus der Halle mit ihr.

„Was weißt du schon“!

„Geb‘s endlich auf Blue, dein Platz ist hier, bei mir. Nicht bei Tai und auch nicht bei den Force. Du gehörst mir, für immer“!
 

Das Rädchen gab einen komisch quietschenden Laut von sich, der Blue in leichte Zweifel fallen ließ.

Danach tropfte die durchsichtige Flüssigkeit schneller den Beutel hinab.

„Deine Eisenwerte sind schlecht. Elektrolyten auch. Weiße Blutkörperchen herhört. Warst du beim Impfen“?

Ihr Kopf neigte sich zur Seite und sie starrte den Bildschirm, neben ihrer Liege an, der ihre Herzfrequenz aufzeichnete.

„Hörst du nicht Blue“?

„Tötest du mich jetzt langsam und unauffällig, weil ich‘s langsam nicht mehr bring und nutzlos werde“?

Ihre Mutter lachte zynisch auf.

„Das bekommen wir schon mit nem Vitamincocktail hin. Du wurdest gerade erst synchronisiert. Hat Dankin dir auch ordentliche Anweisungen gegeben“?

Gesagt, getan. Die Blonde stattliche und kühne Frau zog die Spritze auf und setzte am linken Arm an.

Blue zuckte zusammen und keuchte genervt. Sie zählte schon gar nicht mehr mit, wie viel Spritzen ihre Mutter ihr, nach ihrem Zusammenbruch schon in den Körper gepumpt hatte. Manchmal fühlte sie sich nur noch wie eine leere Hülle, die mit etwas Treibstoff zum herumstolpern animiert werden konnte.

„Wie viel Leistung habt ihr denn auf dem System bekommen“?

„40 Prozent“, murmelte Blue schwach und schloss ihre Augen.

Er hatte sie nicht erkannt. Nicht im Geringsten. Nur ratlos angestarrt, wieso sie auch so seltendämlich und peinlich an ihm geklebt hatte?!

„Das ist nicht gerade optimal. Zumal ihr bald einsatzfähig sein sollt“!

Ihr Ton wurde barsch und sie knöpfte ihrer Tochter das Hemd zusammen, um ihren Leib zu bedecken.

Die Krankenstation war leer, niemand da, nur sie und ihre Mutter und das erdrückende Gefühl allein zu sein und unter Druck zu stehen.

In Blues Augen sammelten sich etwas Tränen.

„Lass mich allein, o.k“?

Der Tropf, der an ihrem Arm hing, verrichtete in Ruhe seine Arbeit, auch als Blues Mutter nunmehr aus dem Raum verschwunden war.

Eine ganze Weile starrte sie auf den Plastikbeutel. Sie wünschte sich das Meer und die Zeit zurück. Sie wünschte sich ein normales, langweiliges Schulleben, einen unliebsamen Freund der sich nicht gut behandelte. Sie wünschte sich eine beste Freundin und einen besten Freund.

Mit zitternden Beinen rutschte sie von der Liege. Ruckartig riss sie sich den Katheter aus dem Arm. Mit nackten Füßen lief sie los, über die weißen, sterilen Böden der Krankenstation. Durch gedämmtes Licht schlich sie leise und erinnerte sich an die Worte, die Tai ihr damals ins Ohr gehaucht hatte.

***Ich sehe und höre es trotzdem**

Es ergab nichts mehr Sinn.

** Ich kann es nicht verantworten**

** Ich kann nicht so egoistisch sein**

** Ich bin eine Niete, wenn du glaubst, ich könnte dir keine Liebe geben**

** Ich konnte dich nicht beschützen**

** Du bist mein Medium **

Ihr wurde leicht schwindlig. Blue fuhr sich durch ihr klammes Haar und blickte durch den Gang. Eine Tür, dass war ihre Rettung.

Draußen ging die Sonne schon langsam unter und tauchte ihre Haut in einen rötlichen Ton. Sie hatte nur ein weißes langes Hemd an.

Ihre fehlte die Kraft um all diese Ereignisse einfach hinunterzuschlucken. Ihr fehlte die Kraft um zu verdrängen, dass ihre Situation aussichtslos war. Ihr fehlte die Kraft, zu wissen, zu hoffen, dass es noch Hoffnung gab.

Hoffnung auf ein Happy End.

Eine kühle Meeresbriese streifte ihre Wade, als sie die alten Steintreppen hinunter wanderte, zum Strand, dort wo die geliebte See auf sie wartete. Ihr einziger Freund, der ihr jetzt noch Trost spenden konnte.

Doch auf der letzten Treppe knickten ihre Beine ein und Blue viel zu Boden.

„Es geht nicht“, wimmerte sie und blickte auf den Steinboden, der mit Tränen betropft wurde.

„…was ich auch tu, nichts funktioniert, um hin zu vergessen. Wieso nicht“?

Hart schlug ihre Faust auf den Boden und sie krümmte sich kurz vor Schmerz, weil ihr Magen sich bitterlich zusammenzog.

„Ich will das nicht mehr“!

Ihre Knie brannten, sie waren von dem Sturz aufgerissen, doch das kümmerte sie nicht.

Machtlosigkeit nahm ihr alles. Sie fühlte sich wie ein abgerissener Knopf. Wer sollte sie jetzt noch annähen? Sie hatte niemanden mehr!

Sie war mehr oder weniger nur noch ein einzelner Knopf in einer Knopffabrik. Ein schöner Knopf, der als eine Art Aushängeschild als Nutzen noch existierte. Keiner wusste, dass dieser Knopf schon einmal abgerissen war. Alle hielten sie den Knopf für den schönsten und besten Knopf auf der ganzen Welt, weil es ihnen die Knopffabrik so sagte.

Langsam hob Blue ihren Körper wieder auf und erreichte schließlich den Strand.

„Ich will kein Knopf mehr sein“.

Ein Knopf an einer schönen Kriegsuniform.

Nur dazu da, um zu zeigen, wie machtvoll und erfolgreich der Träger doch war.

Die Füße kühlten sich angenehm ab. Das Meer rauschte leise, nur für sie.

Sanft stritt sie in das seichte Wasser, fuhr über die Oberfläche ihres einzig gebliebenen Freundes, schloss die Augen und atmete den Duft, der sie vergessen ließ, eilig ein.

Sie wollte es nicht mehr sein, sie wollte es nicht mehr leben, dieses Knopfleben.

„Ein abgefallener Knopf“.

Ihre Knie brannten in dem Meerwasser leicht. Es war ihre egal. Ihr Blick wandte über die klare Oberfläche des Wasser und erkannte eine schmale rote Spur. Als Blue an ihrem Arm hinauf blickte, bemerkte sie, dass sie selbst diese rote Straße fast wie ein Kunstwerk auf die Oberfläche mit ihrem Arm gemalt hatte. Ihr Blut rannte an ihren Fingern hinunter ins Wasser und hinterließ eine schmale Spur. Es musste noch von dem Katheter stammen, weil sie ihn so ruppig hinaus gerissen hatte.

Jeden anderen hätte dieser Anblick beunruhig, sie jedoch in diesem Moment nicht.

Eher im Gegenteil, es war fast eine Genugtun.

Es fühlte sich gut an, dieses leichte schwindlige Gefühl. Sie würde nun ganz Eins sein. Sich mit dem Meer vereinigen, ineinander fließen.

Langsam tauchte sie ihren gesamten Körper in die klare Flüssigkeit ihr Kopf.

Schließlich trieb sie regungslos im Wasser und blickte hinauf in den Himmel.

Die Wellen wogen sie leicht hin und her. Im seichten Wasser erreichten ihre Füße leicht den Boden, auch ihre Finger streiften ab und zu den Sand unter ihr.

Die Fingerkuppen fühlten einen angenehmen Widerstand.

Wie damals, im Bett von Tai.

Ihre Augen schlossen sich und sie stellte sich vor, dass es sein Körper war, den sie leicht unter ihren Fingerkuppen spürte.

Meereswasser glitt über ihre Stirn.

Sie würde eins mit ihm werden.

Langsam zog sich die Kälte hinauf.
 

Er sah sie dort liegen, angespült, mit Sand ihm Haar, regungslos.

Etwas regte sich in ihm.

Es war Angst.
 

Kapitel 2 (17)/ ENDE

Ben und Bill und Phill

Kapitel 3 (18)/ Ben und Bill und Phill
 

Vorsichtig fuhr er das nasse Hemd entlang. Es half nichts, es musste runter!

Mit schnellen Handgriffen hatte er es aufgeknöpft.

Ihr Körper war so zart und zerbrechlich. Ihm wurde heiß.

Sie war nackt und sie war auch noch schön! Es war verboten, doch dieses Bild schuf in ihm kurz einen Gedanken, den er auskostete. Etwas erinnerte ihn, diese Lage war ihm zwar unangenehm, aber gleichzeitig auch vertraut.

Er strich ihre den Stoff behutsam von der Haut.

Das Kopfkissen unter ihren Haaren war durchnässt und sie auch, mit Haut und Haaren. Leichte Gänsehaut hatte sich breit gemacht, und als er ihren weiches Samt unter seinen Fingerkuppen spürte, schien es ihm nicht anders zu ergehen.

Er hatte sie hier her gebracht, ohne dass es jemand erfahren hatte. Er hielt es im Moment für die beste Entscheidung. Wieso, das wusste er nicht. Im jedenfalls würde sie ihm dankbar sein, dass er so gehandelt hatte.

Er hatte Angst bekommen, als er sie so leblos am Strand fand. Wie eine Leichte hatte sie ausgeschaut, eine weiße Seerose, die zwar schön war, jedoch kurz vor ihrem Abblühen stand.

Sie hatte geblutet, jetzt hatte er ihr einen leichten Verband angelegt.

Ihre Lippen waren blau, sie musste einige Stunde so dagelegen haben.

Schnell zog er sich das Shirt von der Brust und holte eine dicke Decke. In der Ecke fand er ein dünnes Shirt. Er schnappte es sich und streifte es ihr erneut um den Körper. Dabei hielt er sie im Arm, und blickte auf ihr blasses Gesicht nieder.

Das schmale Bett gab nicht viel Platz, aber es reichte für die Beiden. Nachdem Blue nun wärmstens eingepackt war legte er sich neben den schmalen Körper und bedeckte sie mit der Decke. Eine Hand fuhr zärtlich um sie herum und zog sie zu sich heran.

Ihre Hände waren kalt, als er seine mit ihren umschloss.

„Das wird schon wieder“, flüsterte er und bettete schließlich seinen Kopf neben ihren ins Kissen.

Er drückte ihre Finger an seiner Brust, dann fuhr er kurz durch ihr Haar.

„Wieso fühlt es sich so richtig an, was ich gerade tu“?

Er sah sie noch eine ganze Weile an.

Es war kurz nach Mitternacht.

Morgen früh, da musste sie wieder wach sein!

Er hatte Angst.
 

Wenn sie jetzt ihre Augen aufschlug, würde sie wohlmöglich kein Knopf mehr sein?
 

Ein leichtes Stöhnen, etwas ruckelte und plötzlich öffnete sie sachte ihre Augen.

Neben ihr lag etwas Warmes, in ihrer Hand etwas Zuckendes.

Blue schreckte und schlug erprobt die Augen auf und starrte ins Gesicht des Rothaarigen, der unter Einsatz vollster Mühe nun auch munter wurde.

„Tai“!

Er, seinerseits, bekam jetzt auch einen leichten Schreck und zuckte zusammen.

„Ihr seit wach“.

Seine Augenringe waren tief und seine Haare wild zerzaust.

Ohne weitere Worte machte er sich aus dem Bett und stand nur mit Unterhose vor ihr, wohl gemerkt ziemlich zerknautscht.

„Was mach ich hier“? Pustete sie schließlich los und hob wild gestikulierend ihre Arme. Tai schloss seine Augen und drehte sich um.

„Ihr… es tut mir Leid. Ich hab euch halb nackt am Strand bewusstlos gefunden. Was habt ihr euch dabei gedacht“?

Blue bemerkte schnell, dass sie nun irgendwie etwas anderes anhatte

„Du…hast mit mir nackt in einem Bett geschlafen“? In einem winzig, klitzeklein kleinen Bettchen wohl bemerkt.

„Ja…ihr wart aber nicht nackt. Ich habe euch etwas Trockenes angezogen“.

Blues Mund stand offen und ihre Hände klopften auf der Bettdecke herum.

„Etwas anderes angezogen?? Das ist doch das Gleiche“!

Immer noch nicht konnte sie diese Situation realisieren.

Etwas grübelnd kam nun Stille in das Zimmer und Beide murmelten herum, weil sie vor lauter Peinlichkeit und Nervosität nix herausbekamen.

„Ich denke, du kennst mich nicht! Du hast mich nicht beachtete, jedenfalls kaum!

Du kannst dich nicht an mich erinnern… und jetzt… rettest du mir das Leben und schläfst zusammen mit mir in einem winzigen Bett“?

Sie schüttelte den Kopf.

„Selbst wenn sie dich gescannt haben, du bist und bleibst paradox Tai“, stellte die blauhaarige eindeutig fest.

„Es sah so aus, als ob ihr nicht mehr gerettet werden wolltest, hab ich nicht Recht“?

Auf was spielten Tais ernste Worte an?

Blue schloss ihren Mund und schnaufte kurz. Ja, irgendwie hatte er Recht. Gestern, da hatte für sie nichts mehr Sinn gehabt, nichts an Bedeutung und Lust am Leben.

War sie etwa so weit gewesen, sich selbst umbringen zu wollen?

„Was ist passiert“? Murmelte sie und bemerkte erst jetzt den Verband um ihren Arm.

„Ihr … habt bewusstlos im Wasser getrieben. Am Strand hab ich euch unterkühlt gefunden. Viel Blut, durch die Wunde, scheint ihr nicht verloren zu haben, es war wohl nur die Kälte, die euch gefährdet hat. Wie es scheint, hat euch das Meer vor schlimmeren bewart. Ihr hättet auch weit aufs Meer hinaustreiben können Blue“!

Seine Worte waren mahnend doch Blue schenkte ihnen keine so wirkliche Aufmerksamkeit.

„ Das Meer hat mich gerettet, sagst du“? Ihre Augen fuhren in Gedanken zu ihm und musterten seine besorgte Miene.

… Das Meer hatte sie gerettet … und sie zu ihm geführt. Wie damals, bei ihrer ersten Begegnung.

Skurril.

„Wie es scheint, führt und das Meer immer wieder zueinander. Erinnerst du dich“?

Er schüttelte den Kopf.

„Ich weiß nicht was ihr meint. Ich kenne sie erst seit ein paar Tagen Ms. Bright“.

Sie schüttelte hastig den Kopf. „Nein, dass haben sie dir eingetrichtert, weil du eine Gehirnwäsche hattest!! Kannst du dich an rein gar nichts mehr erinnern? Wo du herkommst? Wer du bist“!?

„Ich heiße Thomes Adam Instädt und wurde vor 23 Jahren in der westlichen Zone geboren“.

Es herrschte allgemeine Verwirrung.

„Nein…“!

„Doch…lest es doch selbst in meinem Lebenslauf“!

Blue schüttelte energisch den Kopf. „Das haben sie dir alles eingeredet“!

„Mein Vater ist ein Verräter und ich ein Soldat der Gardiens“!

Sie griff die Decke und schleuderte sie zu Boden. Hastig sprang sie aus dem Bett, so schnell es ihr möglich war und griff nach seinem Körper.

„Erinnerst du dich an gar nichts mehr“?

„Ich erinnere mich an meine Vergangenheit, aber nicht an euch. Es tut mir Leid, ihr müsst mich mit jemanden verwechseln“!

„Tu ich nicht verdammt“!!! Sie rüttelte an ihm herum, versuchte verzweifelt etwas in ihm zu erwecken, was an seine eigentliche Identität erinnerte, doch er blieb stur und der festen Überzeugung, er wäre ein Gardien Pilot.

„Sie mich an! Sag mir, dass du keinen Zweifel, keinen winzig kleinen Gedanken hast, es würde anders sein“. Ihre Meeres blauen Augen flehten und versuchten alles erdenkliche, durch ihre eigentlich mentalen Kräfte, in Tai ein Wunder zu vollbringen.

Seine Augenbrauen zogen sich nachdenkend zusammen. Sie hatte das Gefühl, etwas würde in ihm vorgehen. Ein Gedanke.

„Ich weiß nicht… ich weiß nicht was sie meinen… ich weiß es nicht“!

Sie strich sich über den Bauch und entblößte ihn und ihren Unterleib.

Sanft drückte sie seine Hand gegen sich.

„Das Herz, was du spürst, es schlägt nur für dich. All die Monate hab ich gehofft, du würdest mich erneut entführen, aus den Fängen der Gardiens.

Wie damals, als du mich aus der Bucht zur Force verschleppt hast. Ab dieser Zeit, war ich dein Medium und gehörte nur dir und das ist auch heute noch so“, flüsterte sie zaghaft und fuhr mit seiner Hand hinunter zu ihrer Hüfte. Gleich neben dem Hüftknochen, da lag es, das Zeichen von Tai, das Brandmal, dass sie zu seinem Medium machte.

„Spürst du es“?

Ja er spürte es, eine leichte Wölbung. Ihre andere Hand für hinauf zu seiner Brust und strich im nun ebenfalls über sein Brandmal, welches das gleiche Symbol trug.

„Es… dieses Mal…“, murmelte er und blickte zu seiner Hand.

„Du musst dich erinnern…“.

„… Blue…“? Man sah Tai deutlich an, dass er verwirrt war. Sie sah ihre Chance gekommen, griff nach seinem Kopf und streckte sich zu ihm hinauf, doch ehe Blue sich versah, hatte er ihre Arme auf den Rücken geknotet, und sie von sich gedrückt.

Seine Hand griff unromantisch und so gar nicht führsorglich in ihren Nacken und drückte ihren Rumpf nach vorn.

„Ihr… was tut ihr DA“? Er war außer sich. Blue konnte in diesem Augenblickt nicht sehen, dass er feuerrot angelaufen war. Kein Wunder, sie stand leicht bekleidet vor ihm, und jetzt auch noch, wohl bemerkt, gebückt!! (das allerdings war allein sein Werk)

„Ihr seit die Verlobte von Dankin. Was wolltet ihr gerade tun“??

„Wonach sah es denn aus? Denkst du wirklich, diese Schmacht-pseudo- Lovestory ist mir selbst eingefallen? Das war meine kranke Mutter und ihr Kumpel, der diesen Verein leitet“! Sie giftete herum und versuchte sich aus dem Klammergriff zu befreien, doch alles Wackeln half nichts.

Oder doch?

Bei ungalanter Wackelaktion pochte ihr Hinterteil ab und zu an seinen Unterleib und die nächst beste Reaktion, die einem halb heterosexuellen Mann da einfallen würde, war sicherlich dieser:

„Was…. Is das … etwa… dein… oohhr… TAI“!!!

Dieser hatte soeben selbst seine missliche Kontraktion festgestellt und ehe er sich versah, starrte sie IHN fassungslos an.

„Und du willst mir hier gerade Anstand und Keuschheit verklickern!!! WAS IST DAS“????

Er pustete herum und drehte sich von ihr. „WAS SOLL DAS SEIN“??

Er wurde aggressiv, schon damals, als ihm etwas peinlich war. Zumindest schien das Scanning Tais grundlegenden Charakter nicht einfach ausradiert zu haben.

„Ja genau“!!

„Sieht man doch“!

„Ja genau das ist das Problem“, schrie Blue aufgebracht

Das ging ihr jetzt wirklich schon etwas zu weit. Die Beiden waren ja beim Nackt sein schon mehr Mals angekommen, aber noch nie bei einer wirklichen sexuellen Reaktion. Was dann letztlich auch hieß, dass es den Beiden wirklich um sexuelle Kontraktionen, bzw. Aktionen ging, was beide sicherlich nie..noch nie zugegeben hatten, jedenfalls einander. Es war vielmehr nur ein Kuschelpakt gewesen.

War nicht erst fummeln und wild knutschen dran??

Wieso wurde heut zu Tage diese wichtigen, romantischen Schritte einfach schnell übersprungen?

Tai hatte sich wieder umgedreht und wetterte drauf los, während Blue die Decke vom Boden aufhob und ebenfalls meckernd ihre zwei drei Sachen zusammensuchte.

War ja nur ein weißes Krankenhaushemdchen.

„Ich geh jetzt, und wenn ich wieder hier bin, dann will ich, dass ihr hier nicht mehr da seid! Wenn man uns hier erwischt, was würde der Kommandant denken?“

„Du bist und bleibst immer noch dieses anerkennungsbesessene Hündchen, wie von damals“! Aufgebracht schleuderte sie ein Kissen nach ihm.

„Was soll das heißen“? Tai drehte sich, schon weniger männlich, dafür seelisch erregt, um und find mit dem Zeigefinger an herumzuwedeln.

„Ja genau. Auf der Insel, da klebtest du immer an dem Hintern deines Vaters, weil du nicht den Mut hattest, dich gegen ihn und seine Unmoral aufzulehnen“.

Ein weiteres Kissen flog. „Woher wollt ihr das wissen? Ihr kennt mich nicht“!

„Doch das tu ich!! Seitdem ich dich das erste Mal gesehen habe. An diesem Tag hatte ich diese ungetrübte Gefühl in mir, dir nicht vertrauen zu können. Ich hatte es im Gefühl, du würdest mir Unglück bringen“!

Er hielt innen. Er hatte ihr Unglück gebracht??

„Was habe ich euch denn dann angetan“?

Ihr Blick wanderte zu Boden. Tai hob die Kissen auf und schritt auf sie zu. Plötzlich, so viel ihm auf, schenkte er ihr sogar Glauben, weil ihre Worte ehrlich und vor allem verletzt klangen. Ihre Augen, die nachdenklich zu Boden gerichtete waren, sprachen mehr, als jede unsinnige Behauptung.

„Was habe ich euch so schlimmes angetan“? Er klang schon etwas sanftmütiger.

Sie schluckte, dann presste sie es zwischen ihren rauen Lippen:

„Du hast es zugelassen, dass ich mich in dich verliebt habe“.

Ihre Schulter rempelte rücksichtslos an seiner vorbei, dann war sie durch die Tür verschwunden, vor ihm geflohen. Er blickte sich abermals zu der offen stehenden Tür um.

„Aber was ist dann mit Ben“? Flüsterte er leise.

Kurz hielt er innen.

Ben?

Wer war eigentlich Ben?
 

Sie heulte schon wieder Rotz und Wasser!

So etwas Dämliches!

So etwas Peinliches!!

Blue musste versuchen, irgendwie unentdeckt zwischen den ganzen Soldatenstuben vorbei zu schleichen. Sie hatte immerhin kaum etwas an und immerhin noch etwas Stolz.

Jedenfalls in diesem Moment, wo sie ihre labile Laune noch aufrechterhalten konnte.

Hinter der nächsten Ecke warteten schon einige Männerstimmen und Blue musste sich jetzt wohl oder übel panisch nach einem Versteck umsehen.

Wieso passierte ihr so etwas selten dämliches auch immer wieder?

„Hier rein“!

Eine Hand griff ihre von Hinten und im selben Moment flog eine Tür auf, sie wurde hineingezogen und das Licht ging aus.

Ein Klacken war zu hören. Jemand hatte wohl die Tür von innen verschlossen. Wer überhaupt??

Stille.

„Wartet, ich such den Lichtschalter“.

„Du schon wieder“, grummelte sie und erkannte Tai an seiner Stimme.

Das Licht ging an und Blue sichtete ein kleines Bad. Mehr als ein Klo und Waschbecken hatte da nicht Platz.

„Was ist denn jetzt noch“? Genervt wendete sie sich von dem Rothaarigen und durchbohrte garstig die Fließen vor ihrer Nase mit ihrem Blick.

„Habt ihr das ernst gemeint, gerade“?

„Bohrr… Tai.. Merkst du nicht dass mir das unangenehm ist. Sonst wäre ich sicherlich nicht einfach vor dir wegegerannt. Vollpfosten“!

Sie hörte ihn schnaufen.

„Und wer ist Ben“?

Wieder eine Sekunde kurze Stille, dann drehte sie sich um.

„Wieso willst du das wissen“?

Tai kratze sich den Kopf und blickte in den Spiegel über dem Waschbecken.

„Er kam mir einfach so in den Sinn“.

„Das heißt du erinnerst dich“? Murmelte sie skeptisch.

Er schüttelte mit dem Kopf. „Nein, ich hatte auf eure Antwort nur diesen Namen im Kopf“, gab er zu und grübelte weiter.

„Er war mein bester Freund und gestand mir in der Bucht seine Liebe, kurz bevor du uns mit auf die Insel der Force genommen hast. Ab dann war er lediglich ein Face, der durch seine Gefühle zu mir, immer wieder an seine Vergangenheit und eigentliche Identität erinnert wurde. Trotzdem man ihn gescannt hatte, fühlte er, dass Gefühl für mich noch geblieben waren. Er gab mir Hoffnung, durch meine medialen Kräfte auch dich zum Erinnern zu bewegen“.

Tais Hand legte sich auf ihre Schulter und Blue wurde etwas unheimlich, weil er plötzlich so komisch schaute, fast so wie in einer schlechten Schnulzenlovestory.

„Und ihr konntet wegen mir seine Liebe nicht erwidern“?

Das war doch die Höhe. Dachte er etwa, er wäre Herkules, der jedes Weib abschleppen konnte“?

„Nein du Idiot. Ich hatte einen Freund“.

„Bill“!! Tai strahlte plötzlich.

„Nein PHILL!! Wieso kannst du dir den Namen nicht merken“?

Er legte den Kopf schief. „Wieso komme ich überhaupt auf diesen Namen? Es ist alles so verwirrend. Wenn ich mich doch nur etwas genauer erinnern könnte. In mir ist plötzlich diese Leere.“

Sie wischte seine Hand von ihrer Schulter. „Soll ich jetzt etwa das Poesiealbum rauskramen? Wie soll ich dir bloß glaubhaft machen, dass du eine ganz andere Vergangenheit hattest? MIT MIR“!!

„Ich kann mich in kleinster Weise an euch erinnern, aber an die Namen eurer Liebhaber. Das ist schon sehr seltsam“, stellte Tai nun fest und fing an zu grübeln.

„Ich weiß es selbst auch nicht, aber ich glaube, den Gardiens war es vor allem wichtig, mich aus deinem Gedächtnis vorrangig zu streichen, weil ich die zentrale Person in deinem Body, Militär fixierten Leben war. Weil ich dein Power Booster war… dein Schlüssel zum Herzen deines Vaters. So etwas wie nen Mediumglücksgriff…. Weil ich ja ach so tolle ausgeprägte Fähigkeiten besitze, die mir aber hier, bei DIR, nicht sehr weiter helfen“.

Blue predigte vor sich hin und bemerkte nicht, dass Tai sie interessiert anblicke.

„Blue…“?

„Ich meine, wenn ich schon Superkräfte habe, dann müsste es doch total einfach sein deine sowieso schon spärlich emotionalen Gedanken hervorzurufen. Wir reden hier ja von keiner Enzyklopädie…“.

„… Blue…“.

„… ich red mir den Mund fusslig und an alles, was du dich erinnern kannst, sind Männer! Ich hab schon immer gewusst, dass dieses homogene Leben bei dir Spuren hinterlässt“!

Er griff hastig nach ihren Handgelenken und heftete sie mit ihrem Körper, gegen die kalten Fließen des kleinen Bades.

„Blue“!

„Tai“?

Er schnaufte. Gut, wenigstens hatte sie aufgehört endlos vor sich hin zu brabbeln.

„Wenn du sagst, dass wir uns kannten, schon vorher, in welcher Beziehung stand ich zu dir“? Er schluckte, als er ihre großen Augen sah.

Öh.. Mh.. Also… schwer zu definieren.

„Du warst ein emotionales Wrack. Das mit dem Gefühle zeigen und darüber sprechen hattest du nicht wirklich drauf“, überlegte sie kurz.

„Es…. Es war mehr als das… mehr als nur eine Zweckpartnerschaft“, murmelte er und schloss seine Augen. Er versuchte sich zu erinnern. Zu vergleichen, mit den Gefühlen, die er gerade empfand. Etwas musste doch da sein.

„Wie kommst du darauf“? Flüsterte sie leise.

Seine Hände ließen ihre etwas locker, mit den Fingern zog er eine Bahn um ihren Handrücken, während er noch immer über sie gebeugt, am überlegen war.

„Heute Nacht, im Bett, da hatte es sich nicht schlecht angefühlt. Ich war mir sicher, dass ich nichts zu bereuen ,dass ich es schon einmal erlebt hatte. Ich war mir so sicher, keinen Fehlern gemacht zu haben“.

Seine Pupillen wippten auf und ab, als er jeden Quadratzentimeter ihres Gesichtes absuchte.

„Es ist alles so absurd“, murmelte er.

Mit der Hand fuhr er durch ihr Haar und hob eine Strähne zu seinem Gesicht.

„Es richt so angenehm…dein Haar. Ich hab es die ganze Nacht gerochen.“

Blue wusste in diesem Moment, dass ihre Fähigkeiten sie doch nicht im Stich gelassen hatten, auch wenn die Beiden noch am Anfang ihrer Erinnerungen standen.

„Du hast Recht. Es ist mehr als nur eine Zweckspartnerschaft gewesen“.
 

Kapitel 3 (19)/ ENDE

In der Glasbox ( Ein Gefühlsdrama)

Kapitel 4 (20) / In der Glasbox ( Ein Gefühlsdrama)
 

Ihr Herz pochte plötzlich wild gegen ihre Brust. Würde er sich endlich an sie erinnern? Jetzt… in diesem unheimlich elektrisierenden Moment

„… Tai…“, seufzte sie und spitzte ihre Lippen. Er würde sie jetzt an sich ziehen, dramatisch, wild und hemmungslos, und seine Lippen mit ihren verschmelzen lassen.

Ihre Augen schlossen sich sachte und langsam gilt ihre rechte Hand seinen Oberkörper hinauf.

„… mh…

Süß seit ihr ja, dass muss ich zugeben“!

Ja, etwas mehr Romantik hätte jetzt sicher nicht geschadet, aber es war schon eine Annäherung … an… seine letzten Worte, die ja eigentlich auch nichts anderes ausdrückten. Im Groben gesehen.

Er lächelte sie an. „Es ist so absurd“.

Tai blickte sonst recht selten so fröhlich drein, dass machte Blue wiederum glücklich.

„Ja das ist es“.

Sie hielt kurz innen, dann klickte sie das Schloss um und pustete sich Mut zusammen.

„Ich werde dann gehen“.

Ein letzter scheuer Blick in seine Augen.

„Das wird wohl das beste sein“, erwiderte er und nickte.

Nichts passierte. Mit erneuter Pusterei drehte sie sich um und legte eine Hand auf die Klinke.
 

„Wo warst du“?

Mist, wieso hatte Blue auch angenommen, die Blonde Schabracke würde es nicht mitbekommen haben.

„Mir war schlecht. Ich musste raus“.

Sie stand in ihrem samtigen roten Satin Zimmer und schnauzte Blue, erschöpft auf dem Bett liegend, grob an.

„Seit wann bewegst du deinen Prinzessin Hintern vor um 6:00 Uhr aus dem Bett“?

Ja… normalerweise schlief Blue bis 12 Uhr, da find dann immer Terror Dankin an, an ihrer Tür zu hämmern.

„Wieso schaust du um 6:00 Uhr durch das Spannerloch in meiner Zimmertür“? Erwiderte Blue fassungslos. Diese Frau war ein Roboter. Sie schlief und aß nichts, sondert tankte bestimmt nur anorganisches Material. Deswegen wirkte sie auch so kühl und unmenschlich. Sie war ne Maschine.

Erst einmal gab sie sich mit der Sache zufrieden, schließlich litt ihre Tochter sowieso an komischen Entzugs- und Schwächeanfällen. Super praktisch um sich vor jeglichen Sachen zu drücken.

„Der Arzt hat gesagt, ich sollte mich auch keiner alt zu großen nervlichen Belastung aussetzen, also…*pfeif* verschwinde“!

Mit deutlicher Winkbewegung wollte Blue ihre Erzeugerin aus dem Zimmer verbannen.

„Ich weiß was der Arzt gesagt hast. Du kommst nach deinem Vater, er war auch so verdammt labil“.

Ein Kurzer Vortrag über vergangene Tage folgte, dann erwähnte ihre Mutter nur beiläufig Staatsbesuch und Empfang und Hochzeit.

„Der Präsident kommt, mit Presse! Du wirst auch erscheinen. Aufgerüscht und mit Farbe im Gesicht! Heut Abend“! Punkt.

Rums.

Die Tür war gefallen.

Blue richtete sich auf und gruselte sich kurz. Bäh… schmantiger Dankin links neben ihr und kein Alkohol. Früher hatte ihr das Partyleben definitiv mehr Spaß gemacht!

Mit aufgerüscht meinte sie dann sicher wieder diese Puffkleider aus pink oder babyblau.

Wieder gruselte es durch ihren Körper und sie musste diesen Kleidern jedoch auch etwas Liebes abgewinnen, weil sie ein unsittiges Betatschen von Dankin durch so viel Stoff, unmöglich machte.

Bis etwa kurz nach halb 4 ließ man Blue ihren erschöpften, Koma-Gesundheitsschlaf, dann kam auch schon Maria zum aufrüschen.

„Ich hab das mit dem Umkippen gehört“, murmelte die Blonde neben Blue, als sie ein paar Mal die Bürste durch das blaue Haar wandern ließ.

„Es ist schön, dass sie dich wieder zu mir lassen“.

Sie nickte und fing an Blues Haare leicht hochzustecken.

„Was wollt ihr heut anziehen? Ich habe gehört, es sollen auch Presseleute kommen. Die werden euch sicher mit Dankin Kamms fotografieren wollen. Da müsst ihr besonders hübsch sein“!

Blue grummelte. „Ich seh nie wirklich besonders hübsch beim Kotzen aus, also ist meine Kleiderwahl so gesehen echt schnurz“!

Maria verstand den Sarkasmus nicht wirklich, sondert bürstete und steckte fleißig weiter.

„Ihr müsst aufpassen. Man redet über euch, und dem Body Piloten Thomes“.

Thomes…? Blue überlegte kurz und kramte. Thomes..Thomes… zugegeben, sie konnte sich keine Namen und auch keine Gesichter merken. War also mal wieder spurlos an ihr vorbeigezogen.

„Wer ist denn schon wieder Thomes? Ich kenne alle Piloten der Bodys. Gibt’s jetzt etwa nen 6ten“?

Maria schüttelte den Kopf. „Euer Freund, der euch damals hier besucht hatte. Mit dem roten Haaren“.

„Tai? Wieso nennst du ihn Thomes“?

Maria blickte sie von der Seite an.

„Wieso nennt ihr ihn die ganze Zeit Tai“?

„Weil er so heißt“, erwiderte die Blauhaarige patzig.

„Thomes Adam Instädt…. Heißt der junge Mann und man sagt ihm und euch eine Affäre nach. Ihr müsst vorsichtig sein. Ich weiß ja, dass ihr etwas für ihn empfindet, aber das ist gefährlich für ihn.“

Wieder kurzes Grübeln auf Blues Seite.

„Thomes Adam Instädt?? T(hohes) A(dam) I(Instädt)… T-a-i… Ist das ein Zufall… oder wohlmöglich… sein wirklicher Name“?

„Ja“.

Blue viel auf, dass Tai nun wirklich keine Nachnamen hatte. Jedenfalls hatte er ihr ihn noch nie verraten und bei Force wurde er auch nur mit Tai oder Kid angesprochen… komische. Es war ja bekannt, dass die Gardiens so einige Informationen von Leuten hervorkamen konnten. War es wohlmöglich eine Scanningstrategie der Gardiens gewesen?

So gesehen war Tais wirklicher Name bei der Force so gut wie ausgelöscht worden. Sein anderes Leben, als Thomes Adam Instädt hatte er nie wirklich leben können. Wurde ihm wohlmöglich dieses Leben eingetrichtert. Das Leben als Thomes Adam Instädt und es so gesehen noch glaubhafter gemacht?

„Er bringt euch Unglück“, murmelte Maria und wurde traurig. „Nicht nur euch, sondert auch meinem Bruder Blue“.

„Es tut mir Leid, dass mit deinem Bruder. Es war nicht meine Absicht, dass ihr wegen mir getrennt worden seid“, beteuerte Blue leise.

„Es war nicht eure Schuld. Er kam schließlich auf die Idee, gegen die Ausgangssperre zu verstoßen… und nur, weil er so schrecklich verliebt und dumm war. Er wollte nur das Beste für euch, so wie ich Blue. Also hört bitte auf mich“.

Durch den Spiegel blickte Blue Maria in die Augen.

„Es tut mir Leid…“, erwiderte sie doch Blue hielt in mitten ihres Satzes innen.

Sie konnte es nicht…

„Ich denke, es wird langsam für eine Resignation Zeit. Ihr wehrt euch so gegen ein gutes Leben, kein Wunder das ihr solche Schwächeanfälle bekommt. Ihr macht euch selbst innerlich kaputt“, stellte Maria fest. Sie wusste, dass Blue ihr ihre Wort jetzt übel nehmen würde.

„Wie kommst du darauf, ich solle mich geschlagen geben? Die Gardiens zwingen mich zu etwas, was ich nicht will! Ich soll mich gegen die Force stellen, von den ich eigentlich ausgebildet wurde, welche ich eigentlich angehöre! Ich kann sie nicht einfach verleugnen!!“

Ruppig riss sie Maria die Bürste aus der Hand und pfefferte sie aufs Bett. Dabei war Blue aufgesprungen und blickte ihr mit Fäusten geballt bitter in die Augen.

„Hat dir meine Mutter befohlen, du sollst das zu mir sagen“?

Maria schüttelte den Kopf.

„Bei den Gardiens liegt eine große Zukunft vor euch! Wieso wollt ihr das verschenken! Ihr wisst ganz genau, dass kaum noch eine Chance besteht, dass Forceangriffe Wirkung zeigen und eine Wende des Kriegsverlaufes bewirken. Sie sind so gut wie geschlagen“!

„Ich bin es jedenfalls noch nicht“, stellte die Blauhaarige verbittert fest und griff sich ihr schwarzes Kleid.

Blue bemerkte, dass sie mit der Zeit eine richtige Force Soldaten geworden war, nicht nur rein äußerlich, auch innerlich vertrat sie die Force mit jedem Gedanken.

Das hätte sie sich am Anfang ihrer Odyssee nie träumen lassen.

„Begleitest du mich auf den Empfang“? Murmelte sie nach ein paar Minuten, als langsam wieder allgemeine Depressionen bei Blue eingekehrt war.

„Wenn ihr das wünscht“.
 

Sie stand nun schon seit etwa 4 ½ Minuten, so lange starrte sie jetzt schon auf die große Wanduhr, still an einem Pfeiler gelehnt.

Schrecklich, monströs langweilig. Um nicht zu sagen, die schrecklichste Party, auf der sie je gewesen war.

Zu allem Überfluss waren hier auch nur alte Leute.

Schrecklich alte Leute die über Politik redeten.

Und schrecklich lahme Musik.

Klaviergeklimper.

„Soll ich euch noch ein Glas holen“? Murmelte es von ihrer rechten Seite. Maria hatte schon ordentlich Prossecco getankt. Sie war wohl ziemlich aufgeregt, weil sie noch nie bei solch einem wichtigen Anlass dabei gewesen war. Blue nickte und Maria torkelte von dannen, in die alte Menschenmenge, die über Politik diskutierte.

„Mitten ins Epizentrum. Ob sie das überleben wird“?

Blue dachte sich Geschichten zu jedem alten Mann aus, der sich flüchtig anstarrte. Klar, Frischfleisch war hier Mangelwaren und alte lüsterne Männer gierten ja förmlich nach solchen jungen hübschen Dingern, wie den Beinen. Deshalb standen Blue und Maria auch etwas gedrängt an einem dicken Pfeiler, um möglichst geschützt zu stehen.

Half aber leider bei jüngeren, lüsternen Männern wenig.

„Ich hab dich gesucht! Ich hoffe du trinkt Vitamincocktails anstatt Alkohol. Wann wollen wir mit der neuen Trainingseinheit beginnen“?

Von hinten hatte sich Dankin Kamms angeschlichen und spuckte bedrohlich in ihr Ohr.

„Ihr versuche mein Bestes. Mit Vitamincocktails kann ich mir deine Visage nicht schön trinken, also erlasse mir bitte noch 6 Gläser, dann steig ich um. Versprochen“.

Er legte seinen Arm um sie und zog sie zu sich.

„Du bist so zynisch. Das gefällt mir. Ich mag selbstbewusste Frauen wie dich. Sie üben einen interessanten Reiz auf mich aus“. Er schmachtete dicht an ihr Ohr und zog einige Strähnen aus ihrem Haar hervor.

„Ja, mir geht’s ähnlich. Du rufst bei mir auch eine gewissen Reiz hervor. Brechreiz umgangssprachlich“!

Damit drückte sie an ihm herum, damit wieder etwas Luft zwischen Beider Körper passen konnte.

Dankin aber lief schnell mit ihr los, so dass Blue jetzt auf nette Gattin umspringen musste, da die Beiden soeben das Parkett der Verliebten betreten hatten.

„Mr. Kamms stellen sie uns nun endlich ihre Verlobte vor“?

Von allen Seiten stürmten Menschen heran und sogleich zuckten bedrohlich helle Blitze auf.

„Blue Bright. Tochter der Kommandantin Bright. Ein sehr edles und feinfühliges Wesen. Sie ist eines unserer spezialisierten Medien für die neuen Kampfeinheiten.“

Dankin strahlte und präsentierte kurz, in dem er einmal keck und einmal romantisch verliebt zu Blue blickte.

Ihr Blick drückte viel mehr das Entsetzten aus, wenn sie ihr Pausenbrot mal für zwei Wochen im Rucksack vergessen hatte und es nun fand.

„Boohr..wo ist Maria und das Glas“, stöhnte Blue, als nun weitere Fotographen dazu kamen und das Spiel erneut vonstatten ging.

Sie war müde, und sie war es Leid ständig eine heile Welt vorspielen zu müssen. Sie fragte sich ernsthaft, ob in der Presse neben der Lovestory eigentlich auch Kidnapping und Sklaverei erwähnt wurde! Wusste denn eigentlich überhaupt jemand da draußen, dass sie das alles hier nicht freiwillig machte??

Nur um ihre Familie und Freunde zu retten??

Sie wurde müde und lehnte sich gegen Dankin, der gerade von einer neuen Strategie erzählte. Wenigstens sah es so aus, als ob Blue Dankin mögen würde. Damit hatte sie ihre Soll für heute erfüllt.

Dankin unterbrach das Interview und nahm Blue an die Hand.

„ Geh raus und setzt dich hin, wenn du nicht mehr kannst“, murmelte er fast schon führsorglich.

Blue war erstaunt. Er machte sich Sorgen!

Auf einer Terrasse, von der man das Meer überblicken konnte, setzte er Blue auf eine Liege und verschwand auch wieder. Der Ruhm und die grellen Scheinwerfer ließ er sich doch keine Sekunde länger entgehen. Sie schnaufte müde und beobachtete die Sterne.

Der helle Mond tauchte ihren Körper fast warm ein, und sie schloss ihre Lieder um kurz den Moment zu genießen, in dem sie allein und unbeobachtet war. Das Meer war nur schwach zu hören, trotzdem versuchte sie sich vorzustellen, ihre Füße ständen am Strand und das kühle Wasser umspielten sie.

„Hast du dich noch immer nicht erholt... . Blue“?

Als ihre Augen wieder Lichtkontakt hatten, blickte sie eine dunkle Gestalt, ein paar Meter von ihr entfernt an dem Balkon Geländer stehen.

„Tai bist du das“?

Er trat aus dem Schatten hervor und präsentierte sich in einer weißen Uniform mit blauen Nadelstreifen. An der Brust klebten ein paar Abzeichen und das Logo der Gardiens. Ein X grüner Pfeil nach unten gerichtet mit einem Kreis umrandet.

Seine roten Haare waren schmantig nach hinten gegellt und das gefiel Blue nun so gar nicht. Es erinnerte sie an Dankin‘s Schleimerlook.

„Woher hast du die viele Abzeichen und wieso ist dein Haar so… Richtungs- weisen schleimig“?

Tai tastete sich verunsichert sein Haupt ab und kniete sich zu ihr hinunter. Blue hatte sich etwas aufgerichtet und richtete sein Haar, in dem sie einmal wild hindurch fuhr.

Jetzt stand es so wie immer, ungestüm vom Haupt ihres Schwarmes ab.

„Das war ne alte Frau. Sie meine, ich solle nicht so schlampig zu diesem Anlass herumlaufen. Die Orden hat mir der Oberst verliehen. Weiß auch nicht so genau warum“.

Blue fuhr den weisen Kragen seiner Uniform entlang und strich über die silbernen Abzeichen, die alle 5 verschiedene Formen hatten.

„ Es sieht natürlich für die Presse besser aus, wenn du als Nationalheld, schon möglichst viele Verdienste hast. Du bist doch einer der Big Five und musst dich von der Masse abheben“.

Das verstand Tai natürlich nicht.

„Big Five“?

Sie belächelte ihn und strich flüchtig um sein Kinn.

„Es… ist ein wenig rau. Die alte Frau hat sich also nicht gezwungen dich zu rasieren“?

Flüsterte sie und blickte in seine Augen.

Er tat es ihr gleich und ließ ihre zaghafte Berührung wandern.

„Ich wollte es so… und irgendwie hatte ich gehofft, dich heut hier zu treffen“, gab er zu.

Als sie sein rechtes Ohr erreichte, und zaghaft mit seinen Haarspitzen spielte, schob sie ihren Körper nun bis zum äußersten Rand der Liege. Der Mond spiegelte sich etwas in seinen Augen wieder und seine feuchten Unterlippen glänzten sachte und auffordernd, als er sie kurz mit der Oberlippe benetzt hatte.

Wieso küsste er sie nicht einfach?

„Du siehst traurig aus“, murmelte er und riss sie aus den Gedanken. Blue nickte nur.

Mit beiden Händen drückte Tai ihre Schultern näher zu sich heran, so dass ihre Wange die Harten Schulterpolster seiner Uniform spürte. Seine rechte Hand fuhr hinauf zu ihrer Schulter und strich sachte über sie, als ob er versuchte sie zu trösten, ohne Worte.

„Du bist sehr oft traurig, nicht war“?

„Ja“, murmelte sie und atmete einmal tief ein.

Sein Geruch betäubte ihre Sinne und ihre Finger gruben sich in den Stoff unter ihr.

„Wegen mir…“! Die Arme, die um ihren Körper lagen, zogen sich enger zusammen und Blue spürte eine angenehmen Nähe und Wärme.

„… ich habe dir schon immer Kummer gemacht. Du warst oft böse auf mich. Das spüre ich. Und trotzdem sagst du, dass du mich magst? Ich versteh das nicht“.

Seine Arme drückte noch fester zu. Er wollte sie nicht loslassen.

„Ich spüre diese Eifersucht, wenn ich dich in den Armen eines anderen sehen. Es war nicht nur bei Dankin Kamms so, auch bei diesem Ben“.

Blue zuckte zusammen.

„Du erinnerst dich“?

„Ich fühle es. Ich spüre diesen Egoismus in mir und das ist Falsch. Er hat dich hier her gebracht“.

Die Nacht war schwül. Tai bemerkte eine gewaltige Hitze in ihm aufsteigen, als er sie im Mondschein so betrachtete. Ihre Beine schimmerten frisch und samtig und ihr recht unspektakuläres Kleid war schon ein Stückchen aufwärts gerutscht, beim Versuch sie zu Trösten. Es war so verlockend und er konnte nicht leugnen, die ganze Zeit an sie gedacht zu haben, nackt wie auch angezogen. Mit dem Finger fuhr er langsam ihren Rücken hinab und schließlich verirrten sich einzelne seiner Berührungen an ihren Pobacken, die sich mehr als deutlich unter ihrem dünnen Stöffchen abzeichneten.

Sie wanderten soweit, bis er schließlich weiche und klamme Haut ihres Oberschenkels unter seinen Fingerkuppen spürte. Das Kleid entblößte nun fast ihre Unterwäsche, doch es war dunkel und keiner konnte sie jetzt sehen.

Tai spielte mit dem Schwarzen Stoff und zwirbelte ihn.

Blue hatte ihre Augen geschlossen. Sie wusste was er tat, es war unsittlich, aber sie genoss es trotzdem. Tai ergriff zum ersten Mal die Initiative, mal mit Ausnahme ihres ersten gemeinsamen Kusses, der wohl er eine impulsive Reaktion gewesen war. Und daran konnte er sich jetzt auch nicht mehr erinnern.

Er küsste ihr Ohr sachte und schob sie langsam aus seinen Armen um ihr ins Gesicht zu blicken.

Er hatte ihr Ohr geküsst!!

Also, dass machten doch nur Verliebte, so ne Art Pärchengeste.

Was war das jetzt?

Oder was dachte er vielmehr in seinem ausradierten Gehirn? Konnte er denn eigentlich noch wissen, was richtig oder falsch war, wie sein Verhalten einzuordnen war?

Er hatte schließlich all seine emotionalen und sozialen Verbindungen vergessen. Na ja, sonderlich waren diese Verbindungen damals nicht sehr ausgeprägt gewesen.

„Ich habe gehört, dass du mit Dankin Kamms verlobt sein sollst“.

Er flüsterte genau an ihre Lippen, als er sich schon etwas näher zu ihr gebeugt hatte. Blue musterte seine Mimik. Eifersucht? Bedenken? Verzweiflung?

Nichts von allem sah sie in seinem Gesicht.

„Ja…“. Blue ertrug seinen Blick nicht mehr. Was sollte sie da denn schon drauf antworten?

Scheißdreck war das. Sie und dieser schmantig, kontroll- und machtgeile Freak? Romantischer war da ein Urlaub mit einer Seerobbe!

„Ich werde mit ihm Kinder über Kinder zeugen und mein Leben lang Pullis für die Mannschaft stricken“. Bei dem Gedanken wurde sie schon wieder grantig.

Er hielt ihre Arme fest, als Blue sie beschämt und angekratzt von ihm abwenden wollte. Irgendwie hatte sie das Gefühl, als ob er sich gerade über sie lustig machte. Und sie empfand diese Tatsache, Dankin Kamms heiraten zu müssen, schon schlimm genug.

Er grinste als er merkte, dass sie bockig wurde. Seine Hand schlang sich um sie und er drückte ihre Brust gegen seine.

„Ich finde das nicht lustig“!

Seine Nase strich ihre Wange entlang. „Wenn ich dich vorm Altar wegschnappe, wird Dankin Kamms mich Köpfen lassen“.

Ihre Hand drückte gegen seine Wange. „Du Dumpfbacke. Wie oft hast du gesagt, dass du mich retten willst“!

Er nickte und lächelte. „Ich werde es trotzdem tun“! Mit Schwung griff er um sie und hob sie von der Liege auf seine Arme. Blue schrie panisch auf. „Was machst du da?? Wenn uns jemand sieht?“

Tai fuhr an das Geländer heran und ließ sie wieder zu Boden. Blue zupfte sich ihr Kleid zu Recht, welches ihr skandalös nur noch kurz über die Backen reichte. Dieses Gefühl in ihr brachte sie um den Verstand. Und jetzt war Tai schon wieder fast der Alte, so unbeholfen und ohne Benehmen. Sein verschmitztes, fast knabenhaftes Lächeln brachte sie allerdings soweit, ihm keine Ohrfeige zu verpassen.

Er drehte sie um und ob den Arm. „Dort hin werde ich dich verschleppen“. Murmelte er.

„Aufs Meer“?

„Ja, dort wo uns keiner findet“.

Sie spürte seinen Körper eng hinter sich. „Tai…“. In ihr stießen unverschämte Erinnerungen auf. Vielleicht hatte er ja auch ein wenig dieses De-ja-vu Gefühl in sich.

„Wenn ich die Augen schließe ,haben ich das Gefühl, mich zu erinnern“, flüsterte er in ihr Ohr und seine Hände legten sich an ihre Hüfte. Blue drückte ihren Kopf gegen seine Brust. Ihre Hände legten sich auf seine und dann führte sie ihn über ihre Silhouette hinauf zu ihrer Schulter.

„Damals, in diesem kleinen Motel, waren wir uns so nahe, wie noch nie zuvor. Kannst du dich daran erinnern“?

Tai schloss seine Augen und roch an ihrem Haar. Sie sah nicht, dass sich seine Augenbrauen nachdenklich zusammenzogen. „So nah wie noch nie zuvor? Ich würde mich zu gern daran erinnern“, murmelte er. Blue musste bei jedem Atemzug von ihm kichern, weil es so in ihrem Nacken kitzelte.

„Ich wusste nicht, wieso meine Verlobte eine Vergangenheit mir dir haben sollte, Thomes. Schließlich bist du schon sehr lange ein Soldat der Gardiens und sie eine ehemalige Schülerin aus der Provence. Lass dir von ihr nicht einreden, einmal der Force angehört zu haben. Dein Vater scheint wohl noch immer zu hoffen, du würdest durch sie die Ufern wechseln“.

Eine raue Stimme durchbrach den Mondschein-Grapsch- Erinnerungsmoment und Dankin platze ungemütlich und ziemlich sauer in die Szene hinein.

„Schatz, ich habe frohe Kunde. Wir werden uns nächste Woche das Ja-Wort geben. Ich habe es der Presse gerade mitgeteilt“. Tai hatte ihre Schulter losgelassen und war einen Schritt zur Seite gegangen.

„Oh wie schön. Ich habe doch noch gar nicht meinen letzten Schwur aufgeschrieben, den ich kurz vor meinem Tod dir noch ins Gesicht hauchen werde. So ein mist“!

Dankin packte ihre Hand und funkte sie wütend an. Wer jetzt nicht mitbekommen hatte, was da gerade zwischen Tai und Blue gelaufen war, war entweder noch ein Kind oder einfach nur sehschwach.

„Wie schön, aber du wirst keine Zeit haben mir einen Liebesschwur aufzusagen, so schnell wird der Hochzeitskuss dich daran hindern“!

Tai stand nur daneben und beobachtete. Im Moment schien die Sache noch nicht eingreifungswürdig zu sein.

Er spürte Dankin‘s hasserfüllten Blick. „Wieso mein Vater dich in der Einheit behalten wollte, ist mir bis heut noch schleierhaft. Du hast mit deinem Teenager einen so schlechten Steigerungsdurchschnitt, dass man auch einen Rentner ins Cockpit des Bodys stecken könnte. Lass die Finger von meiner Braut, sonst wirst du ein Cockpit nur noch zu sehen bekommen, wenn es gereinigt werden muss“.

Dann trampelte er mit Blue an der Hand davon.

Ihr letzter Blick über die Schulter galt Tai, der grübelt ihren Abgang verfolgte.

„Lass mich los, ich kann auch allein gehen“, keifte sie schließlich in einem Seitengang, als Dankin noch immer nicht an Tempo nachgelassen hatte. Dadurch, dass er nun so schrecklich eifersüchtig geworden war, war für Blue wohl die Party gelaufen.

„Dummes Huhn, glaubst du ich lasse das durchgehen“?

Er hatte sie gegen die Wand des Ganges gedrückt und lehnte über ihr.

„Du weißt wie es um dich und deine Familie steht. Nur ein Befehl, und dein Gehirn klebt wirklich an der Wand eines unbekannten Raumes, und keiner wird es je bemerkt haben, dafür kann ich sorgen. Das gilt nicht nur für dich!“

Er hob ihr Kinn an und zwang Blue, ihn anzusehen.

„Du wirst also um eine Heirat mit mir nicht herumkommen. Wir beide sind genau das, was die Öffentlichkeit braucht, um diesen Krieg zu vergessen. Diese Lovestory sollte das einfache Fußvolk über den sonstigen Milliarden Verlust hinwegtrösten können“.

Mehr als ein bitteres Lächeln hatte Blue für Dankin nicht übrig.

„Du bist so bezaubert, wenn du mir ein Lächeln schenkst, Blue“, säuselte er und drückte seine Lippen auf ihre. Wie erwartet erhielt er von ihr eine vehemente Abwehr, doch Dankin hielten Blues Zappeleinen nicht auf.

„Wie süß du schmeckst“. Dankin riss Blues zarten Körper herum und drückte ihr Gesicht an die Wand. Dicht an sie gedrängt schob er seine rauen Hände unter ihr Kleid und strich über die weiche Haut ihres Oberschenkels.

„Ich kann kaum die Hochzeitsnacht erwarten“, zischte er und fuhr mit seiner Zungenspitze ihr Ohr entlang.

Ein Schrei schallte durch den leeren Gang, als der oberste Befehlshaber Junior seine Hand grob zwischen ihre Beine schob.

„Dreckskerl, lass mich los“! Doch Blue konnte sich in diesem Moment lediglich mit Worten versuchen zu wehren, die bei Dankin nicht sonderlich Wirkung zeigten.

Blue war sonst Dankin gegenüber sehr selbstsicher und vorlaut, doch jetzt schlug ihr Verhalten in Angst um. Ihre zarten Finger, die an der kalte, weißen Wand lagen, zitterten und sie kniff ihre Augen zusammen, um die Prozedur, die ihr ihre Unterlegenheit demonstrieren sollte, ertragen zu können.

Er strich ein paar mal über den weichen Stoff ihres Höschens und atmete schwer an ihrem Ohr vorbei.

„Wieso bist du so still geworden? Gefällt es dir“? Seine linke Hand hatte noch immer ihr Handgelenk fest an der Wand fixiert. Sie biss sich auf die Unterlippe, um die Angsttränen in ihr zu unterdrücken.

„ Lass mich dir etwas zeigen“.

Damit war sie vorläufig erst einmal von Dankin‘s Sex-Attacke befreit.

Durch ein paar weitere, verlassene Gänge führte er sie ins Kellergeschoss, des Hauptgebäudes. Hier unten drang kein Tageslicht mehr auf Blues Füße. Links und rechts sterile, weiße Wände. Schließlich öffnete sich für die Beiden ein Trakt, bestehend aus unzählig, aneinander gereihten gläsernen Behältern, die kaum 5 Quadratmeter groß waren.

Blue blickte sich misstrauisch um, erkannte jedoch noch niemanden in den gläsernen Boxen. Vereinzelte, weiß gekleidete Männer saßen darin herum und blickten sie stumm an.

„Sind das Kriegsgefangene“? Murmelte sie zu ihm nach vorn.

Er blieb stehen und wandte sich links von ihr zu einer Box. Blue erreichte ihren Verlobten schließlich und blickte nun in das Innere hinein. Dort, auf dem Boden, kauerte ein Mann, mit braunen Haaren und weißem Gewandt auf dem kalten Boden. Seine Augen waren verbunden und die Hände fest auf seinen Rücken geknebelt.

„BEN“! Blue drückte ihre Handflächen gegen das Glas und hämmerte kurz dagegen.

Ben regte sich und sein Schopf hob sich langsam.

„Blue“?

„JA“!

Sie drehte sich zu Dankin und erwartet eine Erklärung.

„Den haben wir bei den Übernahme von der Insel, wie du sie nennst, mitgehen lassen. Tolles Spielzeug. Er ist ein Face… ist und bleibt er. Hat von so ziemlich Nix ne Ahnung aber als Druckmittel alle Male bestens geeignet“.

„Lass mich zu ihm“! Flehte Blue und nahm seine Hand.

Sie würde alles tun, um Dankin in diesem Moment weich zu kochen!

ALLES!

„Na nu, jetzt bist du so anschmiegsam. Hätte ich doch bloß schon früher mein Ass gespielt, dann hätten wir jetzt schon weitaus angenehmere Nächte hinter uns gehabt“!

Er grinste.

„Dankin…bitte“!

Er strich durch ihr Haar und blickte siegessicher auf sie nieder.

„Wenn das dein Wunsch ist, meine zukünftige Ehefrau“.

Mit einem kurzen Klick hatte er die Tür zur Glaszelle geöffnet. Vorsichtig kniete Blue neben ihrem Freund nieder.

„Ich bin‘s Ben, Blue… Blue Bright“!

„Ms..Ms Blue…“. Schnell zog sie sanft die Augenbinde von seinem Gesicht.

Seine Augen kniffen sich schmerzend zusammen und nur langsam konnte er die sanften Gesichtszüge seiner besten Freunden vor sich erkennen.

Ihr Arm legte sich um ihn und sie lehnte ihren Kopf gegen seine Brust.

„Ich hatte solche Angst, du würdest nicht mehr leben Ben“.

„Mir ging es nicht anders Blue“, murmelte er.

Blue glitt um seinen Körper herum und löste die Fesseln auf seinem Rücken. Als er seine Hände zu reiben begann, sah sie deutlich, wie rot und blau die Handgelenke von ihrem besten Freund schon waren. Wie lange musste er bloß schon so ausgehaart haben?

„Ben… es tut mir so Leid. Ich werde dir helfen“.

Sie beugte sich zu seinen Händen hinunter und küsste die rot, blauen Stellen seines Handgelenkes.

Ein leichtes Lächeln huschte dem Gefangenen über die Lippen.

„Ihr seit noch so schön, wie vor Monaten, wo ich euch das letzte Mal gesehen habe“.

Er strich eine Strähne aus ihrem Gesicht.

„Ist das zu fassen?? Wie viel solcher Romeoszenen hast du eigentlich noch drauf? Hast du ganz Force vernascht, dass dir jeder Schwanzträger zu Füßen liegt“?

Dankin wurde schon wieder knatschig und riss an ihren Haaren, so dass Blue schreiend nach hinten klappte.

„Das tut weh, Mistkerl“!!! Sie Fluchte und wischte nach ihm.

„Machen wir uns auf zum nächsten Besuch, liebste Julia“. Dankin packte sie und schleifte Blue‘s wiederständigen Körper aus der Glasbox.

Es ging ans Ende des Ganges, an eine weitere Glasbox. Dort, auf dem weißen Fliesenboden hockte ein Mädchen mit braunen, kurzen Haare.

Dankin preschte ungeduldig mit seiner Handfläche gegen das Glas, so dass das kümmerliche Häufchen erschrocken mit dem Schopf emporschoss.

Sie war zu Blues Erstaunen nicht geknebelt worden.

„…Blue..? Bist du das“? Ihre gedrungene Stimme schalte nur sachte an Blues Ohr. Das blauhaarige Mädchen wusste zuerst nicht, wie sie diesen Anblick einordnen sollte.

„…. Mischa….“?
 

Kapitel 4 (20)/ ENDE
 

*********************
 

ich hoffe es ist jetzt lang genug.

Ja irgendwie komme ich nicht wirklich auf den grünen Zweig, der neben meinem Laptop auf einem Zettel stichpunktartig aufgeschrieben wurde(wärend der Arbeit). Also ja es gibt ein geplantes Ende, aber nein: es ist noch nicht fertig und irgendwie auch umständlich.

Ich würde so gern perverse Sachen schreiben, aber im Moment bin ich einfach toootal unkreativ.

Ich hoffe mit dem Kapi gelingt mir bei meinen Lesern eine winzige Zufriedenheit.

Sorry also fürs lange warten liebe il_gelato. ich verspreche Besserung

LG Little D.



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Kommentare zu dieser Fanfic (36)
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Von:  Mirumy
2008-10-26T16:49:29+00:00 26.10.2008 17:49
Wow! Wie schaffst du es nur immer wieder mich in deinen Storys so zu fesseln?
Die Charaktere sowie der Aufbau der Story sind einfach klasse! Hoffe doch mal du hast den Status "abgebrochen" nur für kurze Zeit eingestellt und hast nicht tatsächlich vor, diese wahnsinns Geschichte unbeendet zu lassen!

Viele Liebe Grüße
Mirumy
Von:  il_gelato
2008-09-23T14:37:42+00:00 23.09.2008 16:37
Ich weiß deine Mühe zu schätzen.

Ich finde das Kapitel ist seit langem das beste, auch wenn es hart klingen mag, hat dieses wieder eine Struktur und ist nicht zu wirr.

Ich freue mich schon auf das nächste.
Von:  il_gelato
2008-09-11T08:13:10+00:00 11.09.2008 10:13
Ich weiß, ehrlich gesagt, nicht so recht, was ich dazu schreiben soll.
Mich macht es immer ein bisschen kirre, dass du für alles so ewig lange brauchst. Die Story kommt einfach nicht so richtig ins Rollen. Es wirkt irgendwie abgehackt und nicht vollständig. Ich weiß auch nicht so richtig....
Die ersten Kapitel haben den Eindruck erweckt, dass sie geplant waren und durchstrukturiert. Doch die letzten paar waren wie aus der Luft gegriffen und irgendwie zusammengebastelt.
Von: abgemeldet
2008-08-29T15:45:56+00:00 29.08.2008 17:45
Ach du scheiße!!
Was ham die mit Taii angestellt? Verdammt und zugenäht.. richtig tragisches kapii.. aber gefällt mir^^ ich mag dramatik ;)
Blue scheint echt verzweifelt zu sein, wenn sie sich umbringen will.. *heul* Tai.. rette sie.. *hoff*

freu mich schon aufs näxste^^

lg
Von: abgemeldet
2008-08-21T19:00:57+00:00 21.08.2008 21:00
ahh.. das ist doch schon mal was^^
das kapi war einfach nur der hammer!! *respekt*
bin echt gespannt wies weitergeht..

taii und blue haben sich geküsst *luftsprung* hoffe das wird wieder^^

weiter biiiitte xD

lg
Von:  Miko_Milano
2008-08-20T23:42:02+00:00 21.08.2008 01:42
Wow! ö.ö
Ich weiß nicht was ich sagen soll...
Nach dem ich beim letzten ja wirklich dämlich aus der Wäsche geschaut habe bin ich bei diesem hier einfach nr... überwältigt...
Sprachlos... ich weiß nicht was ich dazu sagen soll...

Wow!
Ich freue mich risig auf das nächste Kapitel *smile*

Miko <3
Von: abgemeldet
2008-08-20T16:06:19+00:00 20.08.2008 18:06
lool.. ich hab auch ganz schön doof geguckt.. ich dachte so : yuhuuuu.. neues kapii.. machs auf.. O.o... zwei sätze.. yeeessss^^

mach schnell weiter du^^

lg
Von:  Miko_Milano
2008-08-18T19:53:44+00:00 18.08.2008 21:53
Ö_Ö" *droooooooooooooop*

Wie war das mit dem das nächste Kapitel wird ein Knaller?! Öö"


Kay... ein Knaller ist es ja... xD"
Nur in welchem Sinne...?!^^"

Jedenfalls hab ich grad derbe doof geguckt XD

Hoffe das nächste wird wieder länger!!! xD

Miko <3
Von: abgemeldet
2008-08-13T16:17:35+00:00 13.08.2008 18:17
suuuper tolles kapii!

oh man taaaiiii.. du bist einfach nur stroooohdooof! *aufreg*
er ist soooo...sooo.. ich weiß auch nich.. blue und er MÜSSEN einfach zusammenkommen... *schluchts*

tja..blue hat mal wieder nen "ausweg" aus ihrer verzwickten situation gefunden ....( falls- und das wissen wir ja noch icht genau, weil du an dieser stelle einfach aufgehört hast zu schreiben *vorwurfsvoll anblick*- sie sich nich doch noch eher mehr reingeritten hat ).. der alkohol.. wird schon alles wieder gut.. oh man blue.. das denkst du auch nur^^

freu mich schon aufs nächste kapi...

lg
Von:  Hilary_Hiwatari
2008-08-08T08:20:32+00:00 08.08.2008 10:20
super Kapi
bin ja mal gespand was
jetzt mit blue is wenn sie wieder
wach is
bis dann bey HDL Brina


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