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Mondzeiten

Eine Drachengeschichte
von

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Herzlich Willkommen!

Seth kuschelte sich einfach nur an Jono an, ihm tat jeder Muskel weh. Als Mensch war er es ja gewohnt gewesen, dass er seine Last eine lange Strecke tragen musste, doch als Drache sah das alles ganz anders aus. Außerdem hatten die Kühe, auch wenn er nur die beiden Kälber trug, doch ein ganz anderes Gewicht. Selbst wenn das Gewicht ziemlich gut verteilt war, und die Kühe eigentlich nicht runterfallen konnten, so hatte er doch während des ganzen Fluges die Befürchtung, das genau eben dieses geschehen könnte.

Jono war genauso erledigt, und so schliefen die Beiden erschöpft, aber zufrieden, ein. Ja, sie hatten es geschafft, Seths Familie ohne große Pannen zu holen.

Sie hatten als Drachen gemeinsam etwas Großartiges geleistet, und Seth fühlte sich den Drachen zugehöriger denn je.
 

Seth erwachte wie immer kurz vor Sonnenaufgang, doch als er sich wie gewohnt an Jono ankuscheln wollte, stellte er leise aufstöhnend fest, dass er von einer Paarung, kurz vorm Verwandeln, doch lieber absah. Wenn es überhaupt möglich schien, so hatte er das Gefühl, nur noch aus schmerzenden Muskeln zu bestehen. Jono murrte ein wenig, als Seth sich so ungewohnt bewegte. Er wollte seinen Flügel über Seth legen, um ihn wieder an sich heran zu ziehen, als er ziemlich unsanft wach wurde. Auch ihm wurden mit einem Mal die höllisch brennenden Schmerzen in seinem Körper bewusst... hätten sie nicht vor Erschöpfung wie ein Stein geschlafen, er hätte wohl kein Auge vor Schmerzen zu gebracht. Nein, auch Jono stand so überhaupt nicht der Sinn nach einer Paarung, viel lieber würde sich einfach ein paar Tage lang nicht mehr bewegen.
 

„Tut dir auch jeder einzelne Muskel so weh?“, erkundigte sich Seth, als er merkte, dass Jono ebenfalls erwacht war.

„Ja, jeder einzelne. Und wenn du mir einen Gefallen tun willst, so lass mich hier einfach liegen und sterben.“ Jono war diese Art Schmerzen nicht gewöhnt.

„Nun, so leicht stirbt es sich nicht.“, musste Seth nun doch ein wenig schmunzeln. „Das, was du hast, nennt sich Muskelkater, und ich bin mir ziemlich sicher, dass Ishizu uns nachher einen Trank dagegen zubereiten kann.“

„Von mir aus. Aber ich bleib trotzdem so lange liegen, bis mir nichts mehr weh tut.“, beharrte Jono auf seiner Meinung.

„Mach das ruhig. Ich bring dir dann etwas vorbei.“, tröstete Seth den schwarzen Drachen. Inzwischen ging die Sonne auf, und Seth verwandelte sich wieder zurück in einen Menschen.
 

„Jono, hast du irgendwo meine Kleidung gesehen?“, wollte Seth von seinem großen Freund wissen.

>Nein.< schüttelte Jono stöhnend mit seinem Kopf. >Ich hab sie nicht gesehen.<

„Dann sind sie wohl beim Gepäck meiner Familie.“, mutmaßte Seth und grübelte. Er konnte doch nicht schon wieder vollkommen entblößt im Lager erscheinen, jetzt wo nicht nur Ishizu, der es ja nichts auszumachen schien, sondern auch noch seine Mutter und die beiden Mädchen im Lager waren. Mit einer Liane, die er in der Nähe fand und einigen größeren Blättern, bastelte er sich einen provisorischen Lendenschurz, und machte sich auf den Weg zum Lager.

Wie erwartet, fand er Ishizu schon am Feuer sitzend vor, als er aus dem Wald heraustrat.
 

„Nun, wie ich sehe, hast du eine Lösung gefunden.“, grinste sie den jungen Mann an, der sich verlegen zu ihr ans Feuer setzte. „Hier, ich hab einen Tee für dich, der wird dir sicherlich gut tun.“ Ishizu reichte Seth einen Becher mit heißem Tee. „Es war heute früh ja so ruhig im Wald, fast hätte ich den Sonnenaufgang verschlafen...“ Sie konnte es nicht lassen...

Seth verschluckte sich an seinem Tee, als er Ishizus unvermittelte Anspielung auf sein Sexualleben vernahm.

„Es ging nicht.“, murmelte er leise mit gesenktem Kopf und hoffte so seine Röte vor der alten Dame verbergen zu können.

„Nein?“, fragte sie nicht wirklich erstaunt. „Na, ich hab schon so was vermutet. Braucht ihr was gegen Muskelkater?“, erkundigte sie sich fürsorglich. Immerhin war der Grund für DIESEN Muskelkater keiner, über den man sich lustig machen konnte...
 

„Ja, und was für einen. Mir geht es ja fast schon wieder ein bisschen besser, trotzdem mir meine Arme immer noch ganz schön schmerzen – aber Jono will nur noch sterben...“, antwortete Seth.

„Das liegt an dem Tee, den ich dir gegeben habe.“, stellte Ishizu richtig. „Dann werd ich mich wohl mal an die Arbeit machen und noch einen Kessel voll

kochen, ich nehme doch einmal stark an, dass Katsuya, Shizuka und Kisara ebenfalls einen fürchterlichen Muskelkater haben dürften.“ Eilig stand Ishizu auf,

holte einen ganzen Arm voll Kräuter, einen zweiten Kessel voll Wasser und stellte ihn über dem Feuer auf.

„Bleib ruhig sitzen.“, meinte sie zu Seth, als er aufstehen und ihr helfen wollte. „Du kannst nachher den Trank verteilen.“

Dankbar folgte Seth Ishizus Aufforderung und trank noch einen Becher von dem Tee, den Ishizu ihm reichte und schaute ihr dabei zu, wie sie den Trank zur Linderung für die Drachen herstellte.
 

~~~
 

Shisara fuhr, wie von einer Tarantel gestochen, aus dem Schlaf auf, und flitze aus dem Zelt.

„Nanu, wohin denn so schnell, meine Kleine?“, wollte Ishizu von ihr wissen.

>Mama... ihr geht es nicht gut... sie hat Schmerzen...<, antwortete ihr der kleine Drache ängstlich und war schon fort, auf dem Weg zu seiner Mutter.

>Mama, was hast du?<, wollte Shisara ängstlich von Kisara wissen, die stöhnend auf dem Boden lag. Erst jetzt bemerkte Shisara, dass es auch den anderen beiden Drachen nicht sehr gut zu gehen schien.

>Mama... Papa...< Panik breitete sich in dem Drachenmädchen aus und hilflos drehte es sich im Kreis.

>Ishizu... hilf ihnen...<, bat sie flehentlich Ishizu, als diese endlich am Nachtlager der Drachen ankam. >Was ist nur mit ihnen los?< Shisara standen die Tränen in den Augen.
 

„Keine Angst, meine Kleine.“, versuchte Ishizu das Drachenmädchen zu trösten. „Sie sind nur noch sehr erschöpft und überanstrengt von dem Flug gestern. Ihnen tun die Muskeln weh, weil sie eine so große Last getragen haben. Man nennt es Muskelkater, und der ist in zwei, drei Tagen wieder vorbei. Außerdem kann man einen Tee kochen, damit er schneller vorüber ist. Ich hab ihn schon auf dem Feuer, er müsste bald fertig sein.“ Aufmerksam, wenn auch noch nicht ganz überzeugt, lauschten die Drachen der Bewahrerin der Menschen.

„Aber du kannst deiner Familie einen großen Gefallen damit tun, indem du so viele Kaninchen für sie fängst, wie du kannst. Damit sie etwas zum frühstücken haben, denn heute werden sie ganz gewiss nicht jagen gehen.“, schlug Ishizu dem kleinen Drachenmädchen vor. Wie der Blitz war Shisara verschwunden und machte sich mit Feuereifer daran, Kaninchen zu jagen. Die Jagd lenkte sie von ihren schlimmsten Befürchtungen ab... Noch war sie nicht davon überzeugt, dass es so war, wie Ishizu meinte...
 

>Danke.<, kam es gequält von Kisara. >Es war wohl doch etwas ZU anstrengend für mich. Ich glaube, ich werde euch bis zum nächsten Neumond erhalten bleiben.<

„Wieso?“, wollte Ishizu von Kisara wissen.

>Mein Ei... es wird heute noch kommen, und ich schaffe den Weg bis zu unserer Höhle nicht mehr.<, antwortete Kisara der Bewahrerin.

„Ach so, ich hab schon schlimmeres befürchtet.“, seufzte Ishizu erleichtert auf. „Dann bleibst du eben hier, und dein Kleines wird bei uns auf die Welt kommen.“

>Dann bleib ich selbstverständlich auch hier.< sagte Shizuka. >Einer muss sie ja versorgen – und ich kann mich auch um das Ei kümmern, wenn sie mal ihren Bedürfnissen nachgehen muss. Außerdem muss ja noch einer auf Shisara aufpassen...<

„Ach, Shisara ist ein liebes Ding, darum musst du dir keine Sorgen machen. Aber trotzdem ist es eine gute Sache, wenn du dich um Kisara kümmern willst, so wie es unter Drachen üblich ist.“, erwiderte Ishizu.
 

>Danke.<, flüsterte Kisara gerührt.

>Und ich werde in der Höhle nach dem rechten sehen, wenn es euch recht ist.<, meinte Katsuya.

„Dann ist das ja soweit alles geklärt.“, nickte Ishizu. „Ich geh mal schauen, was euer Trank macht, damit ihr euch bald wieder überhaupt ein bisschen bewegen wollt.“, sagte Ishizu und machte sich zurück auf den Weg zu Seth und dem Feuer. Sie klärte Seth mit kurzen Worten über den Sachverhalt auf und trug, mit Yugis Hilfe, der nun ebenfalls aufgestanden war, den Kessel zum Nachtlager der Drachen. Seth nahm sich den kleineren Kessel und brachte ihn zu Jono. Er erzählte Jono, was mit den anderen Drachen los war und leistete ihm Gesellschaft, damit er sich nicht so einsam fühlte. Steifbeinig und auch noch mit einem recht ansehnlichen Muskelkater behaftet, kroch Seth unter Jonos Flügel und gemeinsam fielen die Beiden in einen leichten Schlaf.
 

Während die Drachen versuchten ihre Schmerzen zu ignorieren und sich aus diesem Grund so wenig wie nur irgend möglich bewegten, wuselte Shisara wie ein kleiner Irrwisch zwischen ihren Eltern hin und her. Immer wieder erkundigte sie sich bei ihnen, ob ihnen etwas fehle oder ob sie ihnen etwas bringen könnte.

„Ist schon gut, Kleine.“, meinte Shizuka ziemlich erschöpft. „Du kannst ruhig zu den Anderen gehen und sie kennen lernen.“

„Nein.“, antwortete Shisara bestimmt und schüttelte ihren Kopf. „Ich bleib hier bei euch und helf euch.“ Shizuka seufzte.

„Mama! Was ist?“, flitzte Shisara zu ihrer Ei-Mama, als diese etwas heftiger stöhnte.

„Shisara, Liebes, würdest du Ishizu bitten, uns noch etwas von dem Trank zu bringen?“, versuchte Shizuka auf diese Weise Shisara ein wenig von ihnen zu entfernen. Shisara wollte sich auch schon auf den Weg machen, als sie die Gedanken ihrer Mutter Kisara hören konnte.

„Wie? Das Ei kommt jetzt? Tut das denn so doll weh?“ Shisara war jetzt auf keinen Fall dazu zu bewegen ihre Mutter allein zu lassen. Also suchte sie nach Ishizus Gedanken, und konnte sie nach einer Weile, wenn auch nur schwach, hören. So laut sie es konnte, sendete Shisara ihr die Bitte nach dem Trank und hoffte nur, dass Ishizu sie gehört hatte.
 

Kisara erhob sich laut stöhnend aus ihrer Lage und versuchte das Ei heraus zu pressen. Doch ihr tat alles so weh, dass sie immer wieder aufhören musste.

„Mama?“ Mit ängstlichen Augen schaute Shisara nun zu Shizuka. „Hab ich Mama auch so wehgetan?“ In ihr zog sich alles zusammen, als sie ihre Mutter so leiden sah.

„Nein, mein Schatz, das hast du nicht.“, antwortete Shizuka warm. „Eigentlich ist die Eiablage überhaupt nicht schmerzhaft. Aber all die Muskeln, die deine Mama jetzt braucht, tun ihr von dem Flug noch fürchterlich weh.“ Sie erzählte der Kleinen lieber nicht, dass sie befürchtete, dass Kisara versuchen würde vor lauter Schmerzen, das Ei drin zu behalten...

Shisara nickte etwas beruhigt, und war nun doch bereit, ihre Mütter zu verlassen, um bei Ishizu gaaaanz viel von dem Trank zu holen.
 

„Der Tee ist gerade fertig.“, meinte Ishizu zu ihr, als sie bei der Älteren ankam. Shisara hatte keinen Blick für die Neuangekommenen übrig, die nun ebenfalls am Feuer saßen, sondern schnappte sich den großen Lederbeutel, den Ishizu ihr reichte und flog sofort zurück zu ihren Eltern.

>Das Ei kommt.< sagte Shisara zu Ishizu noch in Gedanken, als sie schon am Abheben war.

„Hier, Mama, trink das.“ Shisara hielt Kisara den Beutel hin und guckte auf einmal ganz ratlos. Aus dem Beutel kam nichts raus... Wie sollte ihre Mutter denn nun an den Trank kommen? Sie wendete den gefüllten Lederbeutel hin und her... bis sie schließlich einen kleinen Holzstopfen fand. Vorsichtig packte sie ihn mit ihren Zähnen – und während Shizuka den Beutel festhielt, zog sie langsam daran.

Als der Beutel endlich auf war, guckte Shisara stolz in der Gegend herum und ließ den Trank aus dem Beutel in Kisaras Maul laufen.
 

Kisara trank in kleinen Schlucken den Kräutertrank von Ishizu und versuchte, sich nicht zu verschlucken. Die Flüssigkeit tat ihr gut, wenn sie ihr auch noch nichts von den Schmerzen nehmen konnte. Vor lauter Anstrengung und Schmerzen stöhnte sie laut auf – holte noch einmal tief Luft, versuchte so gut es ging ihre schmerzenden Muskeln zu ignorieren und presste mit einem Rutsch ihr Ei heraus. Erschöpft blieb sie neben ihrem Ei liegen, kringelte sich um es herum und deckte es mit einem Flügel zu. Diese Haltung war zwar nicht gerade ideal, weder für sie noch das Ei, doch es sich unter den Bauch zu schieben, dazu fühlte sich Kisara im Augenblick nicht in der Lage. Sie schloss die Augen, und im Bewusstsein, dass Shizuka, Shisara und Katsuya über sie wachten, schlief Kisara ein.
 

Katsuya hatte das ganze ein wenig hilflos verfolgt. Gern hätte er Kisara in irgendeiner Art und Weise geholfen, doch ihm ging es selbst nicht viel besser... Sie alle drei mussten darauf vertrauen, dass Ishizus Trank ihnen Linderung brachte, und die Schmerzen vorüber gingen... Doch selbst wenn er sich jetzt nicht zu rühren vermochte, wenn Gefahr drohte, würde er seine Familie beschützen. Ächzend und stöhnend erhob er sich und krabbelte vorsichtig zu Kisara und deckte ebenfalls mit einem Flügel das Ei zu.
 

Shisara kuschelte sich indessen an Shizuka an... Das hatte sie in den letzten Tagen doch sehr vermisst, wenn es auch sonst sehr schön mit Yugi und Tea gewesen war... und schloss erleichtert und beruhigt die Augen und hielt ein kleines Mittagsschläfchen.
 

~~~
 

Kaum, dass Moka erwacht war, galt ihre erste Sorge ihren Kühen. Dankbar nahm sie von Ishizu einen Becher Tee entgegen und war schon auf dem Weg zu ihren Lieblingen. Tea wurde kurz nach Moka wach, verzichtete auf den Tee und lief ihr in den Wald hinterher. Sie holte Moka erst ein, als diese schon das Gehege für die Kühe erreicht hatte, und schaute ihr interessiert zu. Moka hatte so gar keine Angst vor den großen Tieren, das nötigte ihr Respekt ab... Tea wusste nicht, ob sie sich so einfach den Tieren würde nähern können... Sie hatten ihr in der Nacht mit ihrem lauten Gebrüll und den verdrehten Augen doch ziemliche Angst eingejagt.
 

Moka begrüßte jede einzelne ihrer Lieblinge, umarmte sie, kraulte ihr zwischen den Hörnern und sprach leise Worte zu ihnen. Tea konnte das Band, das zwischen Mensch und Tier herrschte, richtig deutlich spüren, und bewunderte das ältere Mädchen dafür. Ja, das würde sie auch gern können...

„Komm ruhig her, sie tun dir nichts.“, rief Moka, als sie mit der morgendlichen Begrüßung ihrer Lieblinge fertig war. „Du darfst dich nur nicht zu hektisch bewegen. Am liebsten mögen sie es, wenn sie dich sehen können, während du auf sie zugehst.“, erklärte das schwarzhaarige Mädchen. Zögernd, aber doch auch neugierig, kletterte Tea über den Zaun und ging auf Moka und die Kuh, neben der sie gerade stand, zu. Tea schlug das Herz bis zum Hals – sie konnte sich gar nicht vorstellen, dass dies dieselben Tiere waren, wie in der Nacht... Sie schienen so friedlich zu sein. Erst als sie neben Moka stand, und vorsichtig ihre Hand ausstreckte, um die Kuh zu streicheln, bemerkte Tea den Holzeimer, der neben Moka stand.
 

„Das hier ist Kisa.“, erklärte Moka stolz dem jüngeren Mädchen. „Und ihr Junges heißt Moka, so wie ich. Dort drüben, das ist Seth mit seiner Mutter Kisara, daneben stehen Sara und ihr Kälbchen Kira und Saki mit ihrem Kälbchen Rika.“

Erstaunt hörte Tea Mokas Aufzählung zu. Sie wäre nie auf die Idee gekommen, Tieren einen Namen zu geben – Drachen zählten in ihrer Welt nicht wirklich als Tiere... Aber noch verblüffter war sie, als sie sah, dass Moka der Kuh beruhigend über den Rücken strich, sich in die Hocke begab, den Holzeimer unter sie stellte und die Zitzen der Kuh anfasste. Etwas seltsam kam ihr zwar vor, dass die Zitzen nicht direkt am Bauch, sondern eher an einem Beutel hingen, aber am meisten erstaunte es Tea, dass die Kuh sich dass auch noch gefallen ließ.
 

„Warum lässt die Kuh sich das von dir gefallen?“, wollte Tea nun von Moka wissen.

„Sie kennt mich und vertraut mir. Ich kenne sie von klein auf – sie weiß, dass ich ihr nicht wehtue und ihrem Jungen nichts an Nahrung wegnehme. Sie teilt ihre Milch mit uns, und dafür sorgen wir für sie.“, erklärte Moka dem jüngeren Mädchen. Moka erhob sich, und ging noch zu den anderen drei Kühen, die sie ebenso molk.

„Wenn ihre Jungen keine Milch mehr brauchen, dann können wir die ganze Milch haben, und dann machen wir Käse daraus.“, erklärte Moka weiter. Sie streichelte jede ihrer Kühe noch einmal sanft über den Kopf und verließ dann das Gehege.

„Möchtest du mal kosten?“, bot sie Tea an. „Direkt von der Kuh, schmeckt die Milch am besten.“ Tea machte große Augen, sie hatte sich schon gefragt, was Moka eigentlich damit anfangen wollte. Zögernd nickte sie, und wunderte sich wieder nur, wo auf einmal die Holzkelle herkam, die Moka in der Hand hielt. Misstrauisch roch Tea erst einmal an der weißen Flüssigkeit – das sah ja alles ziemlich ungewöhnlich aus. Doch schließlich überwand sie sich und probierte vorsichtig einen Schluck.
 

„Das schmeckt ja sogar.“, sagte sie verblüfft und trank den Rest in der Kelle leer. „Ist ein wenig süßlich, aber nicht zu sehr.“, stellte Tea fest.

Moka nickte zufrieden. Sie trank auch eine Kelle von der Milch, das ließ sie sich nie nehmen...

„Wieso seid ihr eigentlich zu uns gekommen?“, stellte Tea die Frage, die sie am meisten beschäftigte.

„Das Seth sich in einen Drachen verwandelt, das weißt du ja. Bei uns im Dorf wusste das auch jeder, und alle Kinder nannten mich Drachenmonster oder Monsterschwester... Früher nicht so ganz offen, aber seit unser Vater aus der Hauptstadt eines Tages nicht mehr zurückkam, nahm es immer mehr zu. Sie warfen mir Steine hinterher, nahmen mir meine Sachen weg, lachten mich aus...

‚Na, wirst du jetzt auch zu einem Drachen und frisst einen von uns auf?’, riefen sie mir immer hämisch hinterher, wenn ich mich weinend auf den Weg nach Hause machte. Doch mit der Zeit wurde ich immer wütender, und wenn ich gekonnt hätte, glaub mir, dann HÄTTE ich mich in einen Drachen verwandelt...

Aber meine Mutter wollte nicht weg... Sie wartete immer darauf, dass Seth eines Tages wieder kommen würde...

‚Wo soll er uns denn finden, wenn wir nicht mehr hier, in seinem Zuhause sind?’, antwortete sie mir immer, wenn ich sie darum bat, doch wegzugehen. Und so schluckte ich meine Wut und meinen Zorn herunter, und ließ es sie nicht merken, was die Kinder mir immer antaten. Zum Schluss vergriffen die Halbwüchsigen sich an unseren Kühen, da wurde es für mich unerträglich. Seth kam gerade zur rechten Zeit – viel länger hätte ich all das nicht mehr ertragen.“, schloss Moka ihre Erzählung.
 

Tea hatte ihr schweigend und leicht entsetzt zugehört. Dass Kinder grausam sein konnten, wusste sie, und das Halbwüchsige mitunter über die Stränge schlugen, auch, aber so etwas hatte sie noch nie erlebt. Solomon hätte es aber auch nicht zugelassen... und Ishizu ebenso nicht, sie war sowieso das Schlechte Gewissen aller Einwohner hier im Wald...

„Hat den der Dorfälteste nichts dazu gesagt? Sie in ihre Schranken verwiesen?“, wollte Tea von Moka wissen.

„Nein.“, schüttelte Moka den Kopf, „Die Erwachsenen standen alle auf ihrer Seite. Sie haben alle ganz genauso gedacht. Solange mein Vater noch da war, hielten sich alle zurück, er war die rechte Hand des Ältesten gewesen, selbst noch, als die Sache mit meinem Bruder passierte, bis er dann verschwand...“

Moka ließ offen, dass sie manchmal daran glaubte, dass da welche nachgeholfen hatten, dafür sorgten, dass ihr Vater nie mehr wieder kam.
 

Inzwischen hatten die beiden Mädchen das Lager wieder erreicht und wurden von drei Paar Augen neugierig erwartet.

„Was habt ihr nur so lange getrieben?“, wollte Yugi ein klein wenig beleidigt wissen. Er hatte nicht mitbekommen, dass die Mädchen schon aufgestanden waren, und durfte sich schon eine Stange milden Spotts von Ishizu gefallen lassen...

„Ich hab nur nach den Kühen gesehen und sie gemolken.“, erklärte Moka dem Jungen. „Und Tea kam mir hinterher.“

„Das nächste Mal weck ich dich.“, versprach Tea ihrem Freund. Yugi nickte zufrieden gestellt und betrachtete nun neugierig den Holzeimer, den die Mädchen bei sich hatten.

„Was ist das?“, wollte er auch sogleich wissen.

„Milch.“, antwortete Moka.

„Und was macht man damit?“, forschte Yugi weiter.

„Na, trinken, wonach sieht es denn sonst aus?“, amüsierte sich Moka über die Unwissenheit des Jungen.
 

Yugi schaute beleidigt in die andere Richtung. Er wusste nicht, was er von dem fremdem Mädchen halten sollte. Sie sah ja eigentlich ganz nett aus, und als Seths Schwester musste sie es einfach auch sein – doch im Moment war er sich nicht mehr so ganz sicher damit...

Ishizu grinste. Yugi und Tea hatten seit ihrer Kindheit aneinander geklebt, waren keine engere Freundschaft mit einem der anderen Kinder im Dorf eingegangen... Sicher, sie waren mit allen locker befreundet, kamen mit allen Kindern gut aus, aber mehr war es auch nicht. Wenn man den Einen suchte, konnte man sicher sein, ihn beim Anderen zu finden. Doch nun kam jemand Neues in die Runde, und so wie es schien, war Tea sehr an dem älteren Mädchen interessiert...
 

Ishizu bot den Mädchen Frühstück an, welchem sie herzhaft zusprachen und Kisara reichte einen Becher mit Milch herum. Yugi staunte nicht schlecht, als er sah, dass Tea freundlich dankend, den Becher entgegen nahm und die Milch ziemlich zügig austrank. Da konnte er nicht hinterher stehen, also setzte er den Becher an seine Lippen und leerte seinen Inhalt, ohne sich zu erlauben, sich irgendwelche Gedanken darüber zu machen.

Während die Kisara und Moka nun von sich erzählten und geduldig die Fragen von Ishizu und der Kinder beantworteten, machten alle die Kaninchen zurecht, die sie von Shisara erhalten hatten. Sie war sehr eifrig gewesen, hatte viele Kaninchen erbeutet, doch ihre Eltern verspürten so überhaupt keinen Appetit, und so kamen die Menschen in den Genuss ihrer reichlichen Beute.
 

Als die Kaninchen fertig über dem Feuer hingen und nur noch zu garen brauchten, stellten Kisara und Moka nun ihrerseits Fragen zu dem Dorf, und den Menschen, insbesondere zu denen, die am See waren. Sie waren gerade eifrig ins Gespräch vertieft, als Shisara aufgeregt an kam und unbedingt ganz viel von dem Trank haben wollte. Ishizu füllte ihr alles, was sie noch von dem Trank hatte in einen Lederbeutel, und schon war Shisara wieder verschwunden.

„Es muss etwas los sein.“, meinte Ishizu verwundert. Sonst steckt Shisara ihre kleinen Nüstern doch überall hinein – doch diesmal...

>Mama bekommt ihr Ei.<, vernahm sie leise die Stimme des kleinen Drachenmädchens.

„Kisara wird uns noch eine Weile erhalten bleiben.“, meinte Ishizu nach einer kurzen Weile des Nachdenkens. Überrascht schauten die Kinder sie an.

„Sie ist gerade dabei ihr Ei zu legen, und das muss sie erst einmal ausbrüten. Erst dann kann sie zurück zu ihrer Höhle fliegen.“ Ishizu stand auf und holte neue Kräuter aus ihrem Zelt. Die Drachen würden noch einen Kessel voll von dem Trank gebrauchen können.
 

Aufgeregt schauten Tea und Yugi sich an. Dieser Sommer am See wurde immer besser: Erst lernten sie eine ganze Menge von Ishizu über Kräuter, kochen und überleben, dann kam Seths Familie mit ihren Kühen zu ihnen an den See und jetzt noch dabei sein zu können, wie ein Drache sein Ei ausbrütet... womöglich das Schlüpfen des Jungen direkt miterleben...

Yugi stand eilfertig auf und holte für Ishizu Wasser vom See, damit sie neuen Trank für die Drachen zubreiten konnte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von:  jyorie
2014-09-04T09:58:45+00:00 04.09.2014 11:58
Hey d=(´▽`)=b

oh weh, das ich echt schlimm, wenn die ganze
Drachengruppe so ausgeschaltet ist, von der Reise
hoffentlich kommt jetzt niemand darauf sie anzugreifen
und ich hoffe das Kisara nicht so ungeschützt ist, wenn
sie am See das Ei ausbrüten muss, die Geburt des
Ei´s klang ja schon schlimm.

Shisara ist süß, wie sie sich um alles kümmert und herum-
hüpft und schaut das es ihren Eltern gut geht.

CuCu Jyorie

Von:  night-blue-dragon
2008-11-20T16:38:46+00:00 20.11.2008 17:38
Hi^^

Hier kommt also das versprochene Kommi^^

Um mich zum zigsten Male zu wiederholen....du hast wieder ein tolles Kapitel geschrieben.

Ist schon dumm mit dem Muskelkater *grins*
der kann die ein oder andere Aktivität empfindlich stören.....
Doch dank Ishizu und ihrem Kräutertee, werden die Drachen und Seth nicht allzu lange leiden müssen.....hm, ob sie mir die Kräutermischung mal verrät?.....na ja, weiter im Text.

Seth würde ich gerne mal im Tarzanoutfit sehen *grins*
und Ishizu kann es nicht lassen....armer Seth, schon wieder einen roten Kopf *tröst*

Auch die armen anderen Drachen quälen sich mit einem fürchterlichen Muskelkater herum,
wie gut das es für Kisara das einzige richtige ’Problem’ ist. Ihr Ei kommt zwar nicht ganz planmäßig, aber immerhin nicht viel zu früh.
Shisara ist ganz aufgeregt, ihr Geschwisterchen schlüpft.....*mich mit ihr freu*
Kisara tut mir leid, das sie ihr Ei unter, ungewohnten, Schmerzen legen muss...aber sie ist eine starke Persönlichkeit und hat es geschafft und Katsuya hat ihr so gut es halt ging geholfen....


Moka ganz pflichtbewusst versorgt gleich nach dem aufwachen ihre Kühe und Tea bekommt ihre erste Kuhmilch zu trinken.....
Die Mädchen scheinen sich gut zu verstehen, da scheint Yugi doch etwas eifersüchtig zu werden.....er wird es schon überleben, denn schließlich schlüpft bald ein kleiner Drache. Die Krönung des Sommers am See.
Das verspricht für alle ein wirklich sehr erfolgreicher Sommer zu werden....

Ich freue mich schon auf das nächste Kapitel....

Bis dahin
glg deine night-blue

P.S. ich les jetzt nach, was es wird *grins*

Von:  soraya-solan
2008-11-20T13:25:03+00:00 20.11.2008 14:25
Hallo Drachenmama,

*Konfetti schmeiß*
50. Kapitel - Herzlichen Glückwunsch!
*laut singend im Kreis tanz und weiter Konfetti und
Luftschlangen schmeiß*

ja Muskelkater ist etwas schlimmes,
vor allem wenn man es wie Jono noch nicht kennt.
Da will dann jeder sterben.
Aber der Trank wird ihnen helfen.

Viel Schlimmer ist es für Kisara,
da ausgerechnet jetzt ihr Ei kommt.
In dem Moment wo sie sich vor Schmerzen kaum bewegen kann.
Aber sie hat es geschafft
und Katsuya beschützt sie.
Denn er wird niemals zulassen das ihr irgendjemand weh tut.
Vor allem nicht Guzaburo.

Bin gespannt was aus dem Ei kommt, männlich oder weiblich?
Lassen wir uns überraschen
und warten ab.
Wer hätte gedacht das es ein so aufregender Sommer am See wird.
Keiner - vor allem nicht Tea und Yugi.

Bin gespannt wie es weiter geht.
Vor allem was sie jetzt wegen Guzaburo unternehmen werden,
denn der wird so schnell nicht ruhe geben,
vor allem wenn er rauskriegen sollte das sein Ei jetzt da ist.
Ich will gar nicht daran denken
was er dann machen wird.
Aber Katsuya wird seine Familie beschützen.

Freue mich schon auf das nächste Kapitel.

VLG deine Kükenmama
Von:  Firesplash
2008-11-20T08:49:16+00:00 20.11.2008 09:49
Hui wieder ein neues Kapitel ^.^
Und nun sogar schon das 50. ^.^ Respekt! XD
Aber es ist auch immer wieder von Neuem interessant, was die Rasselbande so erlebt *gg*
Die Drachen tun mir doch etwas leid. Muskelkater kann schon eine gemeine Sache sein. Zum Glück vergeht der auch schnell wieder. Und nun hat Kisara sogar das Ei abgelegt. Da bin ich ja mal gespannt, was es diesmal wird *kicher* Und hoffe natürlich, dass Gozaburo ihnen nicht noch in die Quere kommt 8>.<8 Nun weiß er immerhin, wo Kasara und die anderen leben.

Freu mich schon aufs nächste Kapitel ^.^
Von:  Ryuichi-Sakuma-
2008-11-19T20:42:40+00:00 19.11.2008 21:42
Ein mal wider sehr schönes Kapi von dir *knuddel*
Und nun ist entlich das Ei von Kisara da *smilie* bin ja mal gespannt was es ist ein Mädchen oder ein junge *smilie*
*grinz* Und das die Drachen kein Muskelkater kennen wehr hätte das gedacht und nun leiden die armen deswegen so *knuddel*
Bin ja mal gespannt wie es weiter gehen wird *lächel* kann es auch mal wider garnicht ab warten weiter lesen bei deiner klasse FF *kiss*
*deine FF liebt*

Gruß: Ryuichi-Sakuma-
(^-~)/
Von:  Kyuuo
2008-11-19T14:19:23+00:00 19.11.2008 15:19
Tolles Kapi
Die armen Drachen kennen keinen Muskelkater?!
Was wird das Baby ein Mädchen oder ein Junge?
Schnell weiter mfg Kyuuo


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