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Ornate letters

von

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U&U - unwichtige Köter und unmögliche Plotwendung

Tüdelü~

Hoffe, dass es gefällt und für nen Kommentar reicht^^

Enjoy the Show!

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Ich rannte.

Die frische Luft zerzauste meine Haare noch mehr, als sie eh schon waren.

Meine Füße wirbelten die gefallenen Blätter auf dem Bürgersteig auf. Sie hatten die Farbe meiner Haare. Manche Blätter auch die deiner Haarfarbe.

Der Gedanke an dich löste ein paar angestaute Gefühle und ich musste lachen. Es passte irgendwie mitten in diesen sonnigen Herbsttag.

Mit meiner rechten Hand, in der ich ein paar blaue Blumen hielt, strich ich mir den Pony aus der Stirn. Die Köpfe der Blumen wippten im Takt meiner Schritte. Ich hatte sie extra aus meinem Garten gepflückt, da sie jetzt im Herbst gar nicht mehr wachsen. Zwar waren es welche meiner Nachbarn, die viele Frühlingspflanzen angebaut hatten und sie bewachen wie ihre Kinder, aber das war es mir wert.

Ich hatte es nicht unbedingt eilig, aber mir war gerade nach rennen zumute. Ich bin nicht der Sportlichste und ich wusste, dass ich den Rest zu dir gehen würde.

Meine braunen Augen sahen in den Himmel, wo gerade ein paar Wolken vorbeizogen und ein kühler Wind strich um mich. Es war nicht gerade warm, aber eine Jacke brauchte ich nicht.

Bestimmt kam die Sonne nur heraus, um mein Lächeln zu sehen. Viele hatten mir gesagt, dass ich ein schönes Lächeln habe. Ich hab es als Kompliment angesehen, aber als du es zu mir gesagt hast…

Ich wurde langsamer, schlenderte nur noch.

Ja, das war schon seltsam gewesen.
 

.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.
 

„Bis morgen dann!“

Wie immer ging ich die Stufen vor der Schule herunter und besah mir den wolkenverhangenen Himmel. Hoffentlich wurde ich nicht nass.

Plötzlich rempelte mich jemand an. Wie aus Reflex schubste ich automatisch zurück, denn ich hatte früh gelernt, mir nicht alles gefallen zu lassen.

Ehe ich sehen konnte, wen ich da geschubst hatte, baute sich dieser Jemand vor mir auf und ich sah nur wieder diesen vertrauten hasserfüllten Blick.

„Köter, soll ich dich verklagen?“

Instinktiv starrte ich zurück und rührte mich nicht. Bloß keine Schwäche zeigen. Nicht vor ihm. „Versuchs doch, Kaiba.“

Doch er hatte meine lasche Antwort gar nicht gehört, denn er war wieder mit seinem Telefon beschäftigt. Ja, sein bester und einziger Freund.

„… Tut mir Leid, hier war gerade eine unwichtige Unterbrechung“, er spuckte die Wort förmlich aus und fixierte mich. ICH und UNWICHTIG? Aber Kaiba redete trotz meines empörten Gesichtsausdrucks weiter: „Ja, ich halte den Termin heute Abend ein, Roland. Habe ich schon je einmal einen Termin verpa – Moment. Das ist doch wohl nicht ihr Ernst?“

Eigentlich hielt mich hier nichts mehr bei dem Schnösel, aber eine innere Neugierde behielt mich da. Vielleicht war es der leicht panische Unterton in Kaibas Stimme, den ich vorher kaum gehört hatte.

„Wie kommt der Kerl dazu, MIR zu sagen, ich muss eine Begleitung mitbringen?!? Was bildet der sich ein? … Ja, ich weiß, bisher hatte er mich auch immer darum gebeten und ich war trotzdem allein da, aber mich damit zu erpressen, nicht mehr mit mir zu kooperieren, wenn ich ohne Begleitung auftauche, ist ja wohl das Allerletzte!“

Ich brauchte ein paar Sekunden um diesen komplizierten Satz von Kaiba zu verstehen. Dann musste ich lachen. Der Kühlschrank und eine Dame beim Essen irgendeines hohen Tieres? Was für eine abwegige Vorstellung. Aber auch irgendwie lustig.

Kaiba ignorierte mich und brummte: „Ja gut. Ich komme heute Abend mit einer Begleitung. Sagen Sie Herrn Kusakabe, dass… Schon gut, Roland. Holen Sie mich einfach um 18 Uhr ab.“ Ohne ein weiteres Wort legte er auf und stieß scharf die Luft aus.

Ich kannte diesen Blick. Das Genie Seto Kaiba dachte nach.

Mittlerweile hatte ich mich von meinem Lachanfall erholt, aber gegangen war ich immer noch nicht. „Und, welches Mädchen wirst du damit beglücken, heute Abend deine Begleitung zu sein?“, stichelte ich und hatte schon Kaiba mit seinem Fanclub vor Augen.

Der Millionär – oder Multimillionär? – sah mich mit hochgezogenen Brauen an, so nach dem Motto: ‚Was tust du hier, Köter, dich hat keiner gefragt.’

„Dich hat keiner gefragt, Köter. Was tust du noch hier?“

Hey, ich sollte ein Buch schreiben, wenn ich schon seine Gedanken lesen konnte. ‚Seto Kaiba – ein Einblick in seine Gedankenwelt’.

„Lenk ja nicht vom Thema ab, Alter. Soll ich deinen Fanclub anrufen, damit du dir eine aussuchen kannst?“ Eine innige Schadenfreude kam in mir auf und breitete sich als ein Grinsen in meinem Gesicht aus.

Kaiba schenkte mir nur einen verachtenden Blick. „Auf so eine Gelegenheit können die warten, bis sie schwarz werden. Allein die Vorstellung, ein kicherndes, klammerndes Etwas an meinen Arm zu haben… Da nehme ich eher irgendeinen Dahergelaufenen…“ Er stockte.

Der Blick der darauf folgte gefiel mir absolut gar nicht. Dieses schelmische Funkeln in den blauen Augen wischte mein Grinsen weg wie ein Blatt im Wind. „…Köter.“

„J- Ja?“, stotterte ich und ging einen Schritt zurück. Vielleicht hatte ich seinen Blick und die dahinter versteckte Absicht falsch gedeutet. Bitte…

„Wie ich dich kenne, hast du heute Abend sicher nichts vor, also sei pünktlich um viertel vor 6 heute Abend in meiner Villa. Und zieh dir was Ordentliches an.“

Es war, als hätte mir jemand einen Schlag in den Magen verpasst, mit einem 100 Kiloboxhandschuh. Perplex sah ich nur noch, wie er in sein schwarzes Auto stieg und wegfuhr.

Dramatisch unterstreichte ein einsam umherwehendes Blatt sein Verschwinden und signalisierte, dass ich allein vor der Schule stand.

Alle aufkommenden Fragen und Gefühle unterdrückend ging ich los zu meiner Wohnung in einem Mehrfamilienhaus, zwei Kilometer von hier.
 

Ich kickte einen Stein kunstvoll über eine Pfütze.

Der Himmel war wolkenübersät, schleichende Kälte umstrich die Häuser.

Alles war wie verlassen. Keine Katze streunte in den Gärten, kein Auto fuhr zu seinem Ziel.

Und ich war mittendrin in dieser wundervollen Stille, die mir Zeit zum Nachdenken verschaffte.

Wieso bin ich bloß stehen geblieben?

Was wollte Kaiba damit bezwecken?

Warum kam er auf die absurde Idee, seinen größten Feind im verbalen Gefecht auf ein Dinner oder was das auch war, mitzunehmen?

Aber die Frage aller Fragen war:

Was war Schuld für Setos Sinneswandel?

Betrübt schüttelte ich den Kopf.

Mann, jetzt nannte ich ihn auch noch Seto. Langsam wurde mir das unheimlich. Ich atmete einmal tief ein und aus.

Ich verstand den Kerl einfach nicht.

Er konnte jede Frau haben, aber warum um Gottes Willen hatte er MICH ausgewählt? Wohl nicht, weil ich zufällig in der Nähe stand.

Das würde ja heute Abend was werden… Mir schwebte es schon vor:

Kaiba und ich als seine Begleitung. Bei so reichen Pinkeln, die bestimmt sonst was denken, weil Kaiba ausgerechnet eine männliche Begleitung dabei hatte. Dann würde ich nur stillschweigen dürfen und mich fein benehmen. Ich weiß ja nicht einmal, wie man das schreibt. Das konnte ja nur in die Hose gehen.

Außerdem: Ich kann Kaiba nicht ausstehen. Dieser arrogante, aufgeblasene, vor Geld strotzende Schnösel, der mich immer mit diesem abwertenden Blick ansah und immer einen auf Tiefkühlpizza machte; Mr. Unnahbar.

Gerade als ich die Treppen zu meiner Wohnung hochging, fiel mir etwas siedend heiß ein: Ich hatte gar keinen Anzug! Oder so etwas Ordentliches in der Art. Scheiße.

Ich schloss auf und sah etwas, was meinen Tag noch schlechter hatte werden lassen. Mein Badezimmer war überschwemmt, weil ich vergessen hatte, das Fenster zu schließen bei dem Herbstwetter. Murrend nahm ich mir einen Lappen.

Bestimmt würde ich bald aufwachen, oder irgendwer, vielleicht meine Freunde, kämen um die Ecke und würden sagen, dass das alles nur ein schlechter Scherz war. Ich glaube niemals in meinem Leben habe ich so sehr gehofft, dass es nur ein Traum war. Dabei sind meine Träume eigentlich recht angenehm. Es kommt sehr viel Essen drin vor…

Plötzlich klingelte das Telefon, ich schmiss den Lappen in die Dusche, verdrängte meinen Ärger und hechtete zum Sprechapparat.

„Jounouchi, Katsuya?“

Eine vertraute herrische Stimme ließ seinen Blutdruck wieder in die Höhe schnellen. „Endlich bist du mal erreichbar, wie lange brauchst du denn nach Hause? Ich rufe nur an, weil ich weiß, dass du keine feinen Sachen hast, also komm um 17 Uhr zu mir, dann gebe ich dir etwas Passendes. Sei pünktlich.“ Ohne eine Antwort zu erwarten legte Seto Kaiba auf.

Perplex hielt ich den Hörer in der Hand.

Also, ich war im falschen Film – eindeutig.

Den Hörer immer noch anstarrend, versuchte ich alles Wichtige zu begreifen:

- Kaiba hatte mich für heute Abend als Begleitperson auserkoren.

- Kaiba war nett zu mir; er lieh mir einen Anzug.

- Ich hatte keine Manieren.

- Der Streit war bei Kaiba und mir vorprogrammiert.

Fazit: Ich wusste trotzdem nicht, was auf mich zukam.

Mir wurde bewusst, dass ich den Hörer noch in der Hand hielt und legte ihn langsam auf die Station. Seltsam…

Das allererste Mal in meinem Leben wusste ich nicht, was ich tun sollte.
 

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Comment?

C&C - Ciela und (Tres) Chic

Möööp~

Diese FF hat 2 Leser *staun*

Ist ja cool^^

Hier ist mehr x)

Enjoy The Show

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Nervös und unschlüssig stand ich vor Kaibas Tür. Ok, es war keine Tür, eher ein Portal. Groß und protzig, wie alles an Kaibas Anwesen.

Ich hatte keine Ahnung gehabt, was ich anziehen sollte, also hatte ich mir nicht die Mühe gemacht mich umzuziehen; dafür war nach den Hausaufgaben eh keine Zeit mehr gewesen. Ja, ich hatte die Hausaufgaben erledigt, es grenzte schon fast an ein Wunder.

Ohne irgendetwas, was ich zum verteidigen oder angreifen benutzen konnte – man weiß ja nie, was für Sicherheitsvorkehrungen Kaiba sich wieder ausgedacht hatte; ja, mein Hintern konnte vom Zeitungsaustragen ein Lied davon singen – fühlte ich mich irgendwie nackt. Immerhin konnte er nicht meckern, ich war sogar pünktlich!

>Nicht unterkriegen lassen, Katsuya< machte ich mir Mut und drückte auf den kleinen kühlen Knopf, der meine Ankunft in der Kaibavilla ankündigte.
 

„Willkommen im Anwesen der Kaibas. Mein Name ist C.I.E.L.A. Was kann ich für Sie tun?“, fragte eine Frauenstimme aus dem Lautsprecher oberhalb der Klingel.

„Ahm… ja… Ich bin Katsuya…“, stotterte ich in die Luft. Als ob Ciela das wüsste, sie klang nicht einmal menschlich. Aber dicht dran.

„Jounouchi? Gut, Mr. Kaiba erwartet Sie.“

Da staunte ich nicht schlecht als mir die Türen geöffnet wurden und ich mich in einem großen Saal wieder fand. Ich hatte erwartet, dass alles sehr protzig und funkelnd war, aber es war eigentlich – für Kaibas Verhältnisse – ganz NORMAL eingerichtet. Ein langer Läufer, ein paar Lampen und Pflanzen vor den Säulen, die die Decke trugen. Der Flur endete in zwei Treppen, die hell erleuchtet waren.

Ok, in der Höhle des Löwen war ich schon. Wie weiter?

Zaghaft trat ich auf den Teppich, vielleicht wollte Kaiba nicht, dass ich etwas anfasse oder schmutzig mache, aber keine Alarmanlage ging los, dafür etwas ähnliches, aber wesentlich angenehmer.

„JOEY!“

Nur meine Freunde durften mich so nennen, also konnte es nicht Kaiba sein. Und ehe ich mich versah, drückte mich jemand in der Bauchgegend und ich sah nur einen dunklen langen Haarschopf, der mit bis zur Brust ging.

„Hi Mokuba… Na, wie geht’s?“

Der kleine Kaiba sah hoch und grinste mich an. „Gut, und dir?! Komm, ich bring dich hoch.“

Ich lächelte zurück. „Ja, danke. Mir geht’s ganz gut… Naja… Außer..“

„… dass du dich mit meinem Bruder und deinem Erzfeind triffst, schon klar“, plapperte der Kleine und zog mich mit, die rechte Treppe hoch.

So schnell wie Mokuba mich zog, konnte ich mir gar nicht alles angucken. „Ähm, ja.“ Mist, meine Stimme klang echt unsicher.

„Keine Sorge, er wird dich nicht köpfen, sonst müsste er zahlen. Das will er nicht, du kennst ja meinen Bruder.“

Ja, daran konnte ich mich sehr deutlich erinnern. „Ja, ich weiß“, sagte ich bissig. „Sag mal, wer ist eigentlich diese Frau da eben gewesen? Vor der Tür meine ich. Ist das Kaibas Freundin oder eine Angestellte?“ Ich wusste, dass Kaiba nichts von Angestellten hielt genauso wie von Freundinnen, sie waren unzuverlässig und inkompetent, wie er es nannte. Was auch immer das heißen mochte.

„Du meinst C.I.E.L.A.? Das ist das neueste Produkt meines Bruders. Cyber.Intelligent.Electronic.Lady.Amends. Künstlich intelligenter elektronischer Frauenersatz. Nur ein Prototyp.“

Mokuba war ganz sein Bruder, er redete Fachchinesisch und ich verstand kein Wort. Das ist doch etwas, was jeder von uns liebt, nicht wahr?

„Hey, sagtest du ERSATZ? Wie bitte ist das denn zu verstehen?“ Ich versuchte ein Lachen zu unterdrücken.

„Es ist ein Programm, das alle Funktionen und Arbeiten des Hauses regelt. Und da laut einer Umfrage die Menschen Frauen attraktiver und ansprechender finden, ist das Programm weiblich“, meinte Mokuba wahrheitsgemäß.

Ich konnte es nicht mehr unterdrücken, mein Lachen musste einfach raus. „Hahaha! Die ganze Welt liegt Kaiba zu Füßen und gerade er braucht einen Frauenersatz… Wie geil, Mann!“

Durch meinen Lachanfall bemerkte ich gar nicht, dass wir schon längst da waren. Ich konnte mich einfach nicht einkriegen und stützte mich ab – genau an ihm.

„Nimm deine Pfote da weg.“

Allein dieser Satz ließ mich stocken und zurückfahren. „Kaiba… Entschuldige… Ahm…“ Dort oben mochte mich wohl jemand. Sehr gerne quälen.

„Lass das Entschuldigen, dass passt nicht zu dir“, meinte er nur und ging zu einem großen Schrank zu meiner Linken.

So sah ich das Zimmer genauer. Es sah sehr stilvoll aus – ok, alles was ordentlicher als meine Wohnung ist, ist in meinen Augen stilvoll – und war nötig eingerichtet: Ein Bett, ein Schrank, ein Schreibtisch mit, wie sollte es auch anders sein, einem Laptop und einem Regal mit Büchern. Das Verwunderlichste war immer noch, dass dieses Zimmer ziemlich klein war im Gegensatz zum Rest.

Unsicher trat ich von einem Fuß auf den anderen. „Auch erst einmal Hallo…“

„Ja. Hallo“, ertönte es aus dem Schrank, denn Kaiba schien etwas zu suchen.

Kaum zu glauben. Eisauge hatte mich gegrüßt! Boah, wir hatten schon 4 Sätze miteinander gesprochen, ohne uns in die Haare zu kriegen. Den Tag würde ich mir rot anstreichen.
 

„Und jetzt?“, fragte der Braunhaarige genervt.

Ich drehte mich vor dem Spiegel einmal herum und meinte: „Der passt.“

„Na endlich, ist ja erst der 9. Anzug…“, grummelte Kaiba, während ich mich noch weiter betrachtete.

Wow, ICH in einem schwarzen Anzug und einem weißen Hemd. >Gefällt mir< dachte ich und lächelte bei dem Gedanken, dass Kaiba mir etwas Gutes tat. Verrückt und so ganz hatte ich mich immer noch nicht damit abgefunden.

Nachdem er seine älteren Anzüge heraussuchen musste, die ihm zu klein waren – entschuldige großer Seto Kaiba, dass es auch kleine Leute gibt als dich – und ich alle einmal anprobiert hatte, war er ziemlich genervt, das will was heißen, und immer noch nicht umgezogen.

„Nicht zu viel Dank. Hey, sieht gut aus“, lächelte Kaiba, was ich im Spiegel sah.

Stopp.

Seto Kaiba machte mir ein Kompliment. Seto Kaiba lächelte.

Gut, jetzt war es an der Zeit, aufzuwachen.

Obwohl… Er sah sehr nett aus, wenn er mal freundlich war. >Plumpe Selbsterkenntnis< schalt ich mich in Gedanken und wurde unweigerlich rot. „Danke…?“

„Seto.“

„Wa- Ähm, wie bitte?“

„Seto. Nenn mich doch einfach bei meinem Vornamen“, meinte er beiläufig, als er eine Krawatte suchte.

Hörte ich da etwa Freundlichkeit?

„Ich dachte mir, wenn wir uns wenigstens beim Vornamen rufen, käme es bei Außenstehenden vertrauter an und wir bekommen uns nicht wieder in die Haare“, erklärte er wieder in seinem geschäftlichen Ton und zog sein Hemd an.

Ich tat so, als würde ich mich noch einmal im Spiegel mustern, schaute aber in den Augenwinkeln zu Seto – boah war sein Name ungewohnt – und musste mich ordentlich zusammenreißen. Mir fielen nur 4 Wörter dazu ein: Sah-der-geil-aus.

Oh nein nein nein nein nein.

Unbewusst schüttelte ich den Kopf, worauf Seto fragte, was los sei. Nervös nestelte ich an meinem Haar und meinte: „Naja, sieht meine Mähne nicht irgendwie… unfein aus?“

„Unfein? Seit wann kümmerst du dich um so etwas?“ Er klang skeptisch.

Verlegen sah ich zu Boden. „Naja… Um ehrlich zu sein: Blamieren will ich dich ja auch nicht…“ Ja, es stimmte. Einmal, weil er mich sonst verklagen und wieder hassen würde, und weil ich ein undefinierbares Gefühl in der Bauchgegend hatte.

„Oh, nein, welch seltene Ehre.“ Seine Stimme triefte vor Sarkasmus. „Bist du fertig?“ Der Braunhaarige trat hinter mich, um nur noch einmal im Spiegel zu checken, ob alles perfekt wie immer war.

„Ich denke schon. Wird schon schief gehen. Du hast mir immer noch nicht gesagt, wohin wir gehen und wen wir treffen und was ich tun soll“, fiel mir ein. Im Schneidersitz pflanzte ich mich auf sein Bett und sah Seto dabei zu, wie er die anderen Anzüge wieder einräumte.

„Wir treffen Herrn Kusakabe und seine Frau. Wir gehen gemeinsam dinieren und du wirst dich nicht wie der Köter, der du bist, benehmen, ist das da oben angekommen?“

Na klar, ich bin ja kein Trottelköter, auch wenn Kaiba mich für einen hielt. Ohne recht nachzudenken, sprach ich meine Zweifel aus. „Jaja. Aber was ist, wenn ich mich daneben benehme? Manieren lernt man ja nicht im Schlaf. Und außerdem, was ist, wenn Herr Kusakabe etwas gegen deine Begleitung hat… weil sie… männlich ist?“ Es klang scheiße, es war scheiße und es war mir scheiße peinlich.

Seto sah kurz hoch. „Das kann dem Mann doch egal sein, er sagte nichts von einer Frau. Ich hätte genauso gut meinen Bruder mitnehmen können, oder? Außerdem ist er von mir abhängig, denn wer noch einigermaßen alle Tassen im Schrank hat, legt sich nicht mit mir an.“

Für seine versteckte Anspielung brauchte ich ein wenig Zeit. „Das Kompliment kann ich gerne zurückgeben, du schmieriger Besserwisser.“

Bevor wir uns wieder zofften, ging ich zu Tür. „Ich bin fertig, komm schon.“

Seto nahm sich noch seinen Mantel. „Oha, jetzt hat es der gute Herr doch eilig?“

Unten erwartete uns Roland und zum ersten und wahrscheinlich einzigen Mal sah ich Kaibas Limousine von innen. Edel, was konnte man auch anderes erwarten.

Wir schwiegen uns an, jeder seinen Gedanken nachhängend.

Mir kam es immer noch wie in einem schlechten Märchen vor:

Ich, ein eigentliches Straßenkind, sitze in einer Limo, in einem sauberen Anzug auf dem Weg zu einem Abendessen. Mit einem Flattern im Magen, dass nicht nur von der Aufregung kommen konnte.
 

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Kommentare sind super gern gesehen!

G&G - Griechische Spezialitäten und Gefühle

Hallöchen erstmal! *wink*

Da 13 Leutz meine FF favorisiert haben, stell ich mal weitere Kapitel online =D

Vielen lieben Dank für alle, die einen Kommi dagelassen haben!

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„Guten Abend, ihr Tischherr erwartet Sie bereits“, säuselte der Kellner und nahm Kaiba, ich meine Seto, den Mantel ab.

Ich sah mich um. Es war warm, die Gäste unterhielten sich und aßen bei leisen Klängen irgendeiner mir unbekannten Band. Welche Band machte auch nur Gitarrenmusik, ohne Gesang und dann nicht einmal fetzig? War aber auch Lachs. Langsam wurde es dunkel draußen und die Lampen an den orangefarbenen Wänden machten den Raum schummrig.

„Komm schon“, hörte ich Setos leise Stimme an meinem Ohr und ich trottete folgsam hinterher. Wie ein Hund dem Herrchen. Blöde Vorstellung.

„Guten Abend“, grüßte uns ein etwas kleinerer Herr und stand auf, um erst mir, dann Seto die Hand zu schütteln. „Takumi Kusakabe. Das ist Himiko.“ Seine Begleitung – eine Frau um es zu erwähnen – blickte uns nur freundlich entgegen und lächelte.

„Seto Kaiba. Das ist Jounouchi Katsuya. Vielen Dank für die Einladung, Herr Kusakabe“, Seto nahm Platz, ich links von ihm.

Der dicke kleine Herr lachte. „Schön Sie kennen zu lernen. Ich hoffe, Sie hatten eine angenehme Fahrt?“

„Ja…“

Doch dann hörte ich nicht mehr zu. Mann, was laberten die für überflüssigen Smalltalk? Wenn wir doch hier saßen, ist es doch klar, dass alles geklappt hatte, oder? Ich ließ mir nichts anmerken und nahm lächelnd die Karte vom Ober entgegen. Boah, sah das alles lecker aus, auch wenn ich über die Hälfte der Gerichte noch niemals gehört hatte. Gut, dass immer ein Bild daneben war.
 

„Schmeckt Ihnen ihr Moussaka nicht?“

Ich schreckte hoch. Das ständige Gelaber der beiden Männer neben mir hatte mich zum dösen gebracht. Ich kam mir vor, als würde ich im Unterricht sitzen und langweiligem Lehrergeblubber zuhören. Seto und Herr Kusakabe redeten über den Prototypen von C.I.E.L.A., das war das Einzigste, was ich mitbekommen hatte. Währenddessen war ich weggedriftet und hatte unbewusst meine griechische Spezialität mit der Gabel getötet, sofern sie noch gelebt hatte.

„Ähm, doch… Ich war… in Gedanken“, nuschelte ich der Dame gegenüber zu. Wie hieß sie noch gleich?

Sie lächelte. Woah, die konnte locker in einer Zahnpastawerbung auftreten. „Schon gut. Darf ich fragen, was Sie bedrückt? Sie sehen müde aus.“

Ich lächelte charmant. „Sagen Sie ruhig Du, mein Name ist Jounouchi.“ Ich war froh, dass ich so locker mit dem weiblichen Geschlecht reden konnte… es hat auch Vorteile, auf Männer zu stehen. Das hieß jetzt aber nicht, dass ich auf Kaiba stand! Aber er sah schon verdammt gut aus…

„Himiko, angenehm.“ Sie musterte mich und legte den schmalen Kopf dabei ein wenig schief, sodass ihre wunderschönen honigblonden Haare über ihre Schulter fielen. Sie sah aus wie ein Model. Naja, so ein reicher Pinguin konnte ja nur mit so einer zusammen sein.

„Und, wie gefällt es dir in Begleitung dieses hohen Tieres?“, sie zwinkerte in Richtung Kaiba, der ganz vertieft in seine Verhandlungen schien.

Unwillkürlich musste ich grinsen. „Es ist zu ertragen.“ Ich zuckte leicht zusammen, als Setos Hand kurz mein Bein anstupste. Hörte er etwa mit? „Ich meine – es ist natürlich schön mal raus zukommen…“

Elegant strich die Dame ihre Haare wieder zurück. „Wie haben sie beide sich denn kennen gelernt, wenn ich fragen darf?“

Was wollte die Frau bloß alles wissen? Bestimmt würde sie die Infos an irgendein Klatschblatt verkaufen, also bloß nichts sagen, sonst wäre ich der Trottel der Nation, neben Kaiba. Vielleicht bekäme ich sogar ein Krönchen auf der Titelseite… Nein, lieber doch nicht.

„Tut mir Leid, so persönlich wollte ich nicht sein“, entschuldigte sich Himiko, die mein Schweigen nicht als Denkpause – ja, ich kann denken – gesehen hatte, sondern als peinlich berührtes Schweigen. „Ihr versteht euch gut? Sonst wärt ihr sicherlich nicht zusammen hier.“

„Ja, es ist schon in Ordnung. Zwar benimmt er sich des Öfteren mir gegenüber wie ein Tier…“ Plötzlich spürte ich seine Hand auf meinem Bein, die mich kurz drückte. Wollte der mich begrabschen? Fände ich gar nicht mal so schlecht…

Ups! Da fiel mir ein, wie zweideutig meine Aussage doch gewesen war, ich errötete und wechselte das Thema. „Mal unter uns: Findest du nicht auch, dass Herr Kusakabe nicht etwas zu alt ist für eine junge, attraktive Frau? Er wirkt irgendwie nicht wie dein Typ.“

Sie lächelte und ihre Augen blitzen auf. Woah, das war filmreif… „Du aber auch nicht wie der von Kaiba.“

Ich wusste, dass sie Recht hatte, aber das konnte ich mir nicht gefallen lassen! Meinte sie etwa, ich wäre hässlich? Ebenso fies grinsend stützte ich meinen Kopf auf. „Ach, meinst du… Das wirkt nur so. In Wirklichkeit ist er ganz heiß auf mich.“

Noch ehe Himiko etwas erwidern konnte, merkte ich, wie Setos Hand – die ich ganz vergessen hatte – in meinen Schoß rutschte. Obwohl ich nichts gegessen hatte, verschluckte ich mich, hustete und mir stiegen Tränen in die Augen. Hektisch wollte ich nach meinem Glas greifen, doch jemand nahm mich bestimmend an den Schultern.

Während ich noch fröhlich weiterröchelte führte mich die Person in ein Badezimmer, da war ich mir sicher, denn es roch angenehm nach Seife und Früchten.

Gierig trank ich das Wasser, was mir vor den Mund gehalten wurde und ich beruhigte mich. Ich atmete tief durch, blinzelte die Tränen – die immerhin nicht vom Heulen kamen – weg, wodurch ich in den Spiegel sehen konnte. Beinahe wäre ich wirklich kollabiert –

„Kai – Seto?!“

„Sei froh, dass ich so ein Tierfreund bin und kleine Hunde nicht an ihrem Essen ersticken lasse.“ Ich sah ihn durch den Spiegel hinter mir lässig stehen und hämisch grinsen. Wütend wischte ich mir die restlichen Tropfen mit dem Handrücken vom Mund. „Du warst das doch Schuld! Du und deine – deine Hand!“ Aufgebracht drehte ich mich um – doch da war das Gesicht des anderen… der mir so nahe war, dass ich instinktiv zurückzuckte.

„Und weißt du auch warum diese Hand da war?“, flüsterte Kaiba bedrohlich.

Verdammt – ich wurde rot! „Nein, weiß ich nicht.“ Ich versuchte nicht so unsicher zu klingen, aber natürlich gelang mir das nicht.

Bedrohlich stützte er seine Hände neben mich um mich ja nicht fliehen zu lassen, verdammter –

„Dann frag ich dich: Wie kommst du darauf, dieser sensationsgeilen Tussi zu sagen, dass ich auf dich stehen würde?“

Ein Schauer jagte den nächsten über meinen Rücken. Gab es denn niemanden hier auf der Toilette, der jetzt aus der Tür kam und diese Szene störte? Doch der Kerl machte mir keine Angst. „Weshalb hättest du sonst deinen Erzfeind mit zu diesem Essen mitgenommen? Natürlich nicht nur, weil ich so unverschämt gut aussehe…“

Seto schnaubte. Sah ich da eine Art Belustigung über sein Gesicht huschen? „Du bist ja ziemlich von dir überzeugt…“

Ich wollte ihm eigentlich sagen, dass sein Ego weitaus größer, nein eher überdimensional war, aber ich hielt mich zurück. Da war so ein seltsamer Ausdruck in den blauen Augen…

Mit einem Mal zog sich der Brünette zurück und fuhr sich durchs Haar. Was lachte er denn auf einmal so blöd? „Das gibt’s nicht…“

„Was?“ Ja, das war immer so die Allroundfrage schlechthin, aber etwas Besseres fiel mir nicht ein.

Seine Augen blitzen zu mir herüber. „Ich war eben wirklich kurz davor dich zu küssen“, lachte er, verließ die Toilette und ließ mich verwirrt zurück.

Mein Magen tanzte einen irischen Volkstanz und mein Gesicht wurde glühend warm. Kaiba – Seto Kaiba – wollte einen Jungen küssen. Er wollte MICH küssen. Nur schwer gelang das in meinen Kopf und merkte, dass ich auch nicht ganz abgeneigt war. Warum hatte er es dann nicht getan?

Er hatte doch eben seine Möglichkeit gehabt – sogar außerhalb von Paparazzi und Zeugen. Und warum zur Hölle hatte er es dann nicht getan?!
 

Das kühle Wasser floss über meine Hände und klatschte es mir ins Gesicht.

Tief durchatmen.

Noch einmal Wasser.

Ein und ausatmen.

Langsam atmend stützte ich mich am Waschbeckenrand auf und schaute mein tropfendes Spiegelbild an.

„Was ist bloß los? Ganz ruhig, Alter... Es gibt keinen Grund jetzt auszurasten. Kaiba verarscht dich doch nur“, murmelte ich zu mir selbst. „Genau, er spielt nur wieder seine Spielchen, so wie immer. Anders kann es gar nicht sein. Nein, es IST so und nicht anders. Wenn wir draußen sind, tritt er mich sowieso wieder mit Füßen und macht Witze darüber, dass er sich wohl doch keine Leine kaufen muss, denn das Hündchen würde nach seiner Pfeife tanzen… Aber da hat dieser hinterhältige Sack sich schief gewickelt!“

Meine Rechte ballte sich automatisch zur Faust.

„Ich kann auch anders!“

Kaiba würde sein blaues Wunder erleben… Hunde können auch mal ‚zufällig’ auf den Teppich pinkeln… Okay, blödes Beispiel… – Verdammt, jetzt bezeichne ich mich schon selbst als Hund!

Mit grimmigem Blick strich ich mir noch einmal den Anzug glatt. Jou ist wieder zurück und dreht den Spieß um!

Die Tür schwang auf als ich sie kraftvoll aufstieß. Warme Luft stieß mir entgegen. Waren noch mehr reiche Pinkel gekommen? Egal.

Zielsicher steuerte ich auf unseren Tisch zu, doch bevor ich mich überhaupt dort ankam, wurde ich langsamer.

„Das gibt’s doch nicht!“

Wo sind die denn auf einmal alle hin? Kein dicker kleiner Mann, keine Himiko, kein brünettes Ekelpaket. Vielleicht der falsche Tisch? Nein, Nummer 41 war schon richtig.

Plötzlich stieß mich jemand von hinten leicht an.

„Oh, entschuldigen Sie.“

Ich drehte mich um und sah dem alten Mann, der uns bedient hatte, in die Augen. „Nein, ich muss mich entschuldigen, ich stand hier einfach im Weg“, antwortete ich höflich. „Könnten Sie mir sagen, wo die anderen Gäste von Tisch 41 sind?“

Der Alte sah mich fragend aus seinen steingrauen Augen an. Boah, so viele Falten und wenig Haare der hatte, musste der Kerl bestimmt an die 51 sein. Selbst Yugis Großvater sah noch lebendiger aus.

Er schien anscheinend zu überlegen, wer dort gesessen hatte.

„Kaibas Tisch“, half ich ihm auf die Sprünge.

„Ah!“

Urks, seine Stimme klang wie ein knarrender Lederbezug. Nicht, dass ich etwas aus Leder besitzen würde. Aber wenn man sich auf den Rücksitz von Kaibas Limo plumpsen lässt, kann man mit diesem schrecklichen Geräusch gern Bekanntschaft machen. Aber ansonsten war die Karre von dem Kerl, der nur aus seinem Ego bestand, echt ein schöner Schlitten.

„Sie sind Kaiba-sans Begleitung, nicht wahr?“, fragte der Alte mit einem dünnen Lächeln, was ich als gehässig deutete. Oder erfreut. Wer weiß das schon genau. „Kaiba-san und Kusakabe-san haben das Restaurant schon verlassen.“

Kisama! Mr.Ich-benehm-mich-mal-nett-und-lade-arme-aber-süße-Hunde-zum-Essen-ein-und-treibe-meine-Späßchen-mit-ihnen hatte noch nicht einmal die Zeit, mir zu sagen, dass sie gingen! (Mist, ich hab schon wieder Hund gesagt. Das ist nicht mehr normal!)

Ich verbeugte mich kurz und stürmte aus dem Restaurant. Hatte Kaiba echt vor, mich hier zu lassen? Bis heute morgen hätte ich ihm das locker zugetraut.

Kühle Herbstluft schlug mir um die Ohren, als ich die schwere Eichenholztür öffnete.

„Ah, Jounouchi! Ich wollte mich noch verabschieden“, trällerte Himiko und umarmte mich urplötzlich. Natürlich ganz höflich. Mir blieben die wüsten Beschimpfungen an Kaiba im Hals stecken und ich umarmte sie auch kurz.

„Schade, dass Du schon gehen musst“, meinte ich, obwohl es mir eigentlich egal war. Irgendwie war mir die Frau unheimlich; wie sie mich mit Fragen gelöchert hatte… Ein förmlicher Kuss hier und da –

„Schnapp dir Kaiba.“

Ein Hauchen, kaum mehr als ein Flüstern, aber verstanden hatte ich es trotzdem. Na ja, fast… Wie kam die Frau auf so eine Idee? Das da vorn war schließlich mein Erzfeind! Hab ich echt ‚war’ gesagt? Und wieso sagte sie mir so etwas?

Ich glaube, mein Gesicht musste Bände gesprochen haben. „Machs gut“, lächelte die blonde Schönheit und sah mir aufmunternd in die Augen.

„Jah…“ Ich war irgendwie nicht im Stande, mehr zu sagen. Wie auch? Wenn sie Bilder vor mein inneres Auge drängten, wie ich Kaiba –

Besagter Kerl funkelte zu uns herüber und riss mich aus meinen Tagträumen. Mist, mein Blick ist doch wirklich zu ihm abgedriftet! (Ich hatte WIRKLICH von Seto Kaiba geträumt… Ich muss unbedingt Yuugi anrufen… Der ist mein persönlicher Psychiater.) Schnell drückte ich noch Kusakabe-san die Hand, ehe das Paar in den vorgefahrenen schwarzen Wagen stieg.

Irgendwie war das doch ziemlich schräg.

So eine Situation wie heute konnte doch gar nicht möglich sein!

Es war beinahe wie ein Naturgesetz – Kaiba und ich waren verfeindet, konnten uns nicht ausstehen. Ich mag diese Feindschaft, das geb ich offen und ehrlich zu! Keine Herausforderung lass ich mir entgehen, was vielleicht der Grund ist, warum ich auch mit Kaiba immer im Clinch liege.

Aber das heute… Also ein Traum war das bestimmt nicht. Sonst wär längst irgendein Monster – ich rede diesmal nicht von Kaiba – gekommen und hätte mich mit Pudding oder so beworfen… Oh Gott, wie lange hatte ich diesen Traum nicht mehr…

Doch die Hauptfrage(n) des Abends: Wieso benahm sich der große Seto Kaiba so…. anders? (Mir fällt partout kein anderes Wort ein.) Dieser stinkreiche Egozentriker nahm die freiwillig Yuugis Hilfe an – aber nahm MICH zu einem Geschäftsessen mit?

Vielleicht.

Aber auch nur wirklich vielleicht.

Vielleicht stand er ja wirklich auf mich.

„Wie lang denn noch Köter? Wenn du Gassi musst, dann bitte nicht hier“, ertönte die allseits ‚geliebte’ Stimme meines Gönners. (Hahaha… Ich sag ja: Schräg. Aber wenigstens klang er wieder normal.)

Ich beließ es bei einem bösen Blick in seine Richtung und stieg hinten in die Limousine ein. Und ich dachte schon, er würde mich nach Hause laufen lassen.

Seto Kaiba ignorierte mich – wie gewöhnlich – als ich mich links neben ihn auf die Rückbank plumpsen ließ.

Vielleicht.

Na dann teste ich mal Himikos Rat.

Ran an den Speck!

H&H - Hauptpreis und Handys

„Roland, fahren Sie bitte die Scheibe hoch.“

Unverzüglich surrte die schwarz getönte Trennscheibe zwischen Fahrer- und Sitzbereich hoch damit Kaibas kleiner Lakai nicht mitbekam, dass wir uns – wie immer – stritten.

Wie es angefangen hatte weiß ich auch nicht mehr, jedenfalls war er so nett zu mir wie immer.

„Hör mal zu Köter, ich kann dich auch hier absetzen und du kannst nach Hause laufen.“

Doch sein eiskalter Ton kratzte mich nicht. „Versuchs doch!“ Aber darauf wollte ich es wirklich nicht ankommen lassen. Ich hatte noch anderes mit ihm vor. „Aber dann siehst du deinen Anzug nie wieder!“

Er lachte auf. „Ja, dieser Anzug wird mich in den Ruin stürzen.“ Sarkasmus ist halt sein Markenzeichen.

Stimmt ja, er war ja reich. Wie konnte ich das vergessen? „Und mich siehst du dann auch nie wieder“, grinste ich ihn an.

„…Ich seh dich nur allzu oft in der Schule“, sagte der Brünette nur – doch die kleine (Denk)Pause war mir nicht entgangen.

„Das war aber ein schwacher Konter“, grinste ich noch breiter. Ich war wenigstens auf der richtigen Spur. Langsam rutschte ich zu ihm.

„Mit Hunden kann man einfach keine sinnvolle Konversation führen“, meinte er trocken und beobachtete mich aus dem Augenwinkel, wie ich näher kam.

Ja ja, behalt mich schön im Auge!

„Was tun wir sonst? Ich dachte, Hunde können nicht reden?“ Meine Schulter berührte seine.

Zögernd nahm er die Hand, die seinen Kopf stützte, von der Fensterlehne. „Hunde folgen nur ihrem Instinkt“, meinte Kaiba, aber sein kalter Unterton war verschwunden.

Blitzschnell schwang ich mich hoch, setzte mich verkehrt herum auf Kaibas Schoß und pinnte ihn fest. Sein Gesicht war nur wenige von meinem entfernt.

„Instinkt, hm? Und was war das vorhin auf der Toilette?“, raunte ich ihm ins Ohr als ich noch näher kam.

Zuerst hörte ich nur seinen Atem in meinen Ohren. War er etwa so überrascht, dass ihm nichts mehr einfiel?

„Jetzt küss mich endlich Katsuya.“

Obwohl sein Ton wieder herrisch war, konnte ich nicht anders als dreckig zu grinsen und seinem Befehl nachzukommen.

Also für einen Kerl, der scheint als hätte er noch nie eine Beziehung gehabt, konnte er verdammt gut küssen. Würde mich interessieren wie er den Bogen rausbekommen hat – mit seinem Stofftier ganz sicher nicht. Besser gesagt, mit Mokubas Stofftieren wohl ganz sicher nicht (als hätte jemand wie Seto Kaiba Plüschtiere!).

Ich schreckte leicht zurück und löste mich von ihm, als ich seine Finger auf Wanderschaft spürte. Vorsichtig glitten sie unter mein Jackett und streiften es ab. Weiße, schmale Finger knöpften mir behutsam aber trotzdem fordernd mein Hemd auf, während ich meinen Krawattenknoten lockerte.

Ich umschlang wortlos seinen Hals und starrte in seine blauen Augen. Sie waren so –

>Klingeling<

Seto stockte in der Bewegung und griff in seine Sakkotasche.

Verflucht seiest du, du klingelndes Mobilgerät der Neuzeit!

Sah ich etwa einen Anflug von Ärger über Setos Gesicht huschen?

„Ja bitte?“

Hui, DER war aber angepisst… Konnte ja nur heißen, dass es ihm wirklich gefallen hatte.

Sieg! Sieg!

Der Hauptpreis Seto Kaiba geht an… Jounouchi!

An dieser Stelle möchte ich zwei wichtigen Personen danken, die mir geholfen haben, dieses Ziel zu erreichen: Himiko und natürlich mir.

Wäre ich nicht so gut aussehend und unglaublich sexy, hätte der Milliardär bestimmt seinen kleinen Bruder mit zu dem Treffen genommen (und diese Szene wäre nie passiert). Oder?

Und wenn man vom Teufel dachte: „Was ist denn Mokuba?“

Nur undeutlich hörte ich, wie der kleine Kaiba davon erzählte, dass er morgen eine Gartenparty geben wolle und wen er alles einladen wollte.

Geduldig hörte sich der Brünette alles an und nahm mich nicht mehr richtig wahr.

Na pass auf Kaiba, Hunde brauchen Aufmerksamkeit! (Warum schon wieder Hund? Ist echt zum verrückt werden… Aber immerhin besser als ne Katze.)

Wieder stahl sich ein Grinsen auf meine Lippen, was ihm anscheinend aufgefallen war, denn er sah mich mit hochgezogener Augenbraue an. Doch ihm entglitten alle Gesichtszüge, als er spürte, wie ich auf seinem Unterkörper auf und abwippte.

Fast sofort fing er sich aber wieder und funkelte mich an – na ja, er versuchte es, denn das Verlangen in seinen Augen war einfach nicht zu übersehen.

Hehe. Bestimmt gefiel es ihm nicht, dass ich der dominantere von beiden war; aber er würde diese Situation niemals auf irgendeiner Weise am Telefon verlauten lassen.

Während Mokuba am Ende der Leitung noch die ganzen Partygäste aufzählte, beugte ich mich nach vorn und stöhnte leise in Seto Kaibas Ohr.

Mit tiefer Genugtuung sah ich, wie der Brünette mit der Beherrschung kämpfte und seinem Bruder kaum noch zuhörte.

Oha, der große Seto Kaiba leiht seinem kleinen Bruder mal nicht sein Ohr? Na dann nehme ich es mir!

Immer noch wippend atmete ich hörbar an seinem Ohr. Unter mir regte er sich etwas – genauso, als würde er eine Gänsehaut abschütteln. Vorsichtig leckte ich an seinem Ohrläppchen, aber Seto wandte sich nicht ab. Meine Zunge wanderte langsam, unendlich langsam seinen Hals hinab und entlockte ihm ein leises, aber feines Aufkeuchen.

Hab ich dich.

„Was hast du, Onii-sama?“, hörte ich nur besorgt aus dem Handy, welches Seto jetzt vorsorglich weiter weg hielt.

„Ich hab grad nur etwas in der Zeitung gelesen… Erzähls mir gleich noch mal, ich bin in 3 Minuten zu Hause.“ Ohne ein weiteres Wort legte er auf und stöhnte auf, als meine Hand in seinen Schritt wanderte.

„Noch nicht…“ Seine Stimme klang gepresst, als er versuchte, die Beherrschung wiederzugewinnen.

Wieso denn nicht? Wenn der Wagen gleich anhielt, musste ich nach Hause und alles würde vielleicht seinen gewohnten Gang gehen.

„Wir sind gleich da.“

Ich musste auflachen. „Ach, du willst nicht mit ’ner Latte vor deinem Bruder aufkreuzen“, feixte ich.

Kaiba beließ es bei einem simplen Brummen, aber ich stand noch nicht auf.

„Aber wir müssen doch noch zu Ende bringen, was wir angefangen haben!“ Los Unschuldsblick, walte deines Amtes!

„Vielleicht.“

WAS?! Nur ein VIELLEICHT? Jetzt fühlte ich mich in meinem Stolz verletzt. Ihn hatte das doch auch geil gemacht, wieso wollte er nur VIELLEICHT mit mir ins Bett steigen?

Langsam setzte ich mich wieder neben ihn, als der Wagen anhielt. Seto Kaiba öffnete die Tür und stieg geschmeidig wie eine Katze in die Nacht hinaus.

Wieso muss es hier zu Ende sein? Das war nicht fair. Bisher ist doch alles so gut gelaufen! Ich habe sogar etwas gelernt! Kaiba ist kein gefühlsloser Eisklotz (obwohl, nach der Abfuhr jetzt doch) und konnte geil küssen.

Und jetzt… Gingen wir getrennte Wege. Ein echt schlechtes Ende für dieses seltsam reale Märchen.

Nachdenklich schaute ich an mir herunter. Das weiße Hemd geöffnet, die gelockerte Krawatte streichelte meine Haut und mein schwarzes Jackett in der Hand. Wenn ich so nach Hause ginge, würde mein Vater sicher peinliche Fragen stellen; solange er noch wach und einigermaßen nüchtern war.

„Kommst du endlich, oder muss ich noch die Leine rausholen? Die paar Meter bis ins Anwesen kannst du sicher auch ohne Leine gehen.“
 

„Sei ja leise“, zischte mein Objekt der Begierde, „wehe wenn Mokuba davon Wind bekommt.“

Ich nickte und tappte leise hinter ihm her. Zum Glück war der Fliesenboden mit einem roten Läufer abgedeckt – was einfach typisch Kaiba war. Imposant und einschüchternd.

Bestimmt war auch noch der Rest dieses Flurs, der mir unendlich lang erschien, einfach nur überwältigend. Wenn hier nicht alles dunkel gewesen wäre. Ich sah nur den schmalen Rücken von Seto, der sich in der Dunkelheit zurechtfand wie in seinem Zuhause. Moment. Ach, vergesst es.

Ich war wirklich in Seto Kaibas Anwesen… Und das, ohne die Alarmanlage auszulösen! (Was mir doch schon mehrfach passiert ist… Und das nur VOR der Villa, als ich die Zeitung in den Briefkasten werfen wollte. Keine schöne Geschichte.)

Und wir waren echt auf dem Weg in sein Zimmer! Meinen Blick starr auf seinen Nacken gerichtet, schwirrten mir Bilder durch den Kopf von Kaiba, der –

Oh ja, ich würde ihn so geil machen, dass er nie wieder runter käme!

Plötzlich hörte ich seine Stimme an meinem Ohr und sein warmer Atem strich über mein Gesicht. „Warte hier.“

Er entfernte sich und ich bemerkte, wie ich vor Schreck die Luft angehalten hatte. Warum hatte ich so eine Angst? Etwa Angst entdeckt zu werden?

Als ob. Jemandem wie mir machte es nichts aus, in flagranti erwischt zu werden.

Der Braunhaarige klopfte an einer Tür – die ich wegen der Finsternis kaum sah – und fast sofort ergoss sich ein heller Lichtschein in den Flur, als sie geöffnet wurde. Ehe ich mich daran gewöhnte, klickte die Tür auch schon wieder und ich stand allein auf dem Flur. Mein weißes Hemd hing immer noch offen über meinen Schultern und die Jacke darüber. Nur die Krawatte kitzelte leicht meine Brust. Wenn Licht gewesen wäre, musste ich entweder ziemlich lustig oder wie ein Besoffener aussehen. Wie bestellt und nicht abgeholt.

Unwillkürlich musste ich schmunzeln. Genau so eine Szene hatte ich schon einmal erlebt.

Mein damaliger Freund war mit mir einen trinken gegangen, an einem ruhigen Abend. Als wir zu ihm gingen, hatte er mir versichert, seine Eltern seien in Boston auf einer Geschäftsreise. Tja. Er war ziemlich blau gewesen; als er die Tür aufschloss und sich seiner Sachen schon im Hausflur entledigte, merkte ich, wie in der Küche Licht brannte… Seine Eltern waren – wie soll man es ausdrücken – sehr, sehr sauer. Kurzerhand wurde ich auf die Straße gesetzt. Ziemlich viele Leute hatten mich verdutzt und schief angesehen, aber mir war das egal. Lange hab ich mich einfach auf den Bürgersteig gesetzt und die Leute beobachtet, die nachts noch rumliefen.

Wie aus dem Nichts tauchten zwei eisblaue Augen auf, die mich anstarrten.

Oh Gott.

Das konnte einfach nicht wahr sein!

Verwundert rieb ich mir die Augenlider – der durchdringende Blick war verschwunden. Das konnte einfach nicht sein… Aber anders kann ich es mir nicht erklären.

Ich hatte damals eindeutig Kaiba die Straße entlang laufen sehen.

Langsam, schleichend langsam kehrte meine Erinnerung zurück: Ich saß auf der kalten Bordsteinkante, Kaiba lief auf der anderen Seite, verwundert beobachtete ich ihn. Seine eisblauen Augen, seine schlanken Beine, seine schwarze Hose, sein schlankes Profil und was sich noch alles unter seinem Mantel befand.

Mein Herz schlug schneller. Hatte es etwa schon damals angefangen? Das war doch wohl ein mieser Scherz!

„Mokuba, das ist nicht dein Ernst?“

Sofort horchte ich auf.

Hatte Seto seinen kleinen, über alles geliebten Bruder angefahren? So eine Lautstärke hatte er selbst MIR gegenüber noch nie angeschlagen.

Interessiert tastete ich mich zur Tür, um mehr zu erfahren. Was hatte der Kleine denn verbockt?

Ein Klingeln eines Handys.

Konnte ja nur Setos sein.

Auf einmal schwang die Tür auf und Kaiba trat heraus. Ich sah sein Profil im Licht des Zimmers, ehe die Tür wieder ins Schloss fiel.

„Wer hat angerufen? Was ist los?“, flüsterte ich.

Allein an seiner Atmung merkte ich, dass der große Seto Kaiba schwer genervt war. Na super.

„Es hat niemand angerufen, das war ich selbst“, brummte er leise und lehnte sich neben mich an die Wand.

„Hä?“ Mein Denken hatte sich ausgeschaltet, konnte er nicht klarer reden?

“Ich hab immer zwei Handys dabei, also hab ich mich selbst angerufen“, erklärte Seto ungeduldig.

„Und was ist passiert?“

„Mein kleiner Bruder wollte ja eine Gartenparty geben“, er schnaubte, „und er zählte haargenau auf, welche Gäste alles kommen würden – unter anderem auch deine kleinen Freunde.“

Meine Stirn runzelte sich. „Und?“

„Als er fertig war, kam jemand aus dem Badezimmer.“ Seinen hasserfüllten Unterton würde selbst ein Toter heraushören. „Mokuba hatte für heute Abend deinen kleinen Freund Yuugi eingeladen.“

Ich gebe zu, ich war nie der Schnellste, was Kaiba auch wusste, also musste er mir verzeihen, dass ich etwas länger brauchte, um zu verstehen, was das Problem war.

„Yuugi wird schon nix über uns verraten“, lächelte ich ihn an. „Auf ihn kann ich mich verlassen.“

„DU vielleicht, ich aber nicht“, antwortete Kaiba frostig. „Selbst wenn er nichts erzählen würde. Ich könnte seinen Blick nicht mehr ertragen und könnte ihm nie wieder unter die Augen treten.“

„Heißt das, dass ich dir peinlich bin?“, brauste ich auf, mein Flüstern war zu einem Zischen angeschwollen.

„Ich will, dass du hier verschwindest“, wich er meiner Frage aus. „Du kannst ja morgen wiederkommen, du bist schließlich auf Mokubas Feier eingeladen.“

„Ach, DA darf ich wieder aufkreuzen? Du kannst mich nicht rumkommandieren, so wie es dir passt Kaiba!“, giftete ich ihn an.

Dieser stinkreiche Schnösel meinte doch ernsthaft, dass ich einfach kampflos das Schlachtfeld räumen würde. Aber nicht mit mir!

Unsere alte Feindschaft war wieder entfacht – auch wenn auf eine andere, merkwürdige Weise.

„Hunden sollte man Befehle geben, sonst laufen sie einem weg.“

„Die Hundewitze sind alt, Alter“, entgegnete ich, aber ich wusste, wie er es meinte. Wenn ich jetzt nicht ginge, würde ich nicht wiederkommen können.

„Ich wiederhole sie nur für dich, denn bei zu vielen neuen Dingen wird dein kleines Hirn überfordert. Sieht man immer wunderbar im Unterricht.“

„Du bist gehässig wie immer, du Arsch.“

„Deiner ist hübscher“, grinste er mich dreckig an.

Es war ein Flüsterkampf gewesen, aber ich merkte, wie ich ihn am liebsten angeschrieen hätte, aber das ging ja nicht. Wütend schluckte ich meinen Hass runter und drehte mich entschlossen um. Wenigstens wollte ich einen coolen Abgang machen.

„Auf Nimmerwiedersehen.“

L&L - Lächeln und Leugnung

Vielen lieben Dank an KUTCHIPATCHI und MaiReike für ihre lieben Kommentare! *Kekse hinstell*

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Ich rauchte vor Wut und Enttäuschung als ich mich durch die nächtlichen Straßen Dominos kämpfte. Alles nur wegen dir Kaiba!

Mir schwebten wieder seine meerblauen Augen vor. Liebend gern hätte ich ihm gesagt, dass sie aussahen wie Edelsteine. Ja, ich hätte ihm ein Kompliment gemacht. Eine Nettigkeit von deinem Erzrivalen Katsuya.

Hatte Kaiba mir jemals etwas Nettes gesagt?

Krampfhaft dachte ich nach, während ich den feuchten Bordstein entlanglief. Es hatte vorher anscheinend geregnet.

Was ich versuchte, konnte fast als Olympia-Disziplin durchgehen: Sich daran zu erinnern, ob Kaiba jemals nett zu mir gewesen war.

‚Dein Lächeln ist schrecklich. Erbärmlich. – Schön.’

Halt. Unbewusst verlangsamten sich meine Schritte. Ja stimmt, da war etwas gewesen. Es war in der einen Nacht gewesen.

Ich hatte nach dem Rauswurf auf dem Bürgersteig gehockt und mir die Passanten angesehen. Es war dunkel, bis auf die Straßenbeleuchtung und du liefst auf der anderen Straßenseite.

Neugierig hatte ich dich beobachtet. Was tat jemand wie Seto Kaiba nachts in einer für ihn uninteressanten Wohngegend?

Dein starrer Blick traf meine braunen Augen und schnell hatte ich weggeschaut.

‚Was tust du hier?’

Eigentlich hatte ich einen von deinen blöden Hundesprüchen erwartet. Ich hatte zu dir hochgesehen, auch wenn es mir missfallen hatte, dass ich zu dir aufsehen musste. ‚Sitzen.’ Unwillkürlich hatte ich lächeln müssen, es war doch alles sehr witzig gewesen. Vielleicht war es auch von dem Saufgelage ein paar Stunden zuvor gekommen.

‚Lass das. Dein Lächeln ist schrecklich.’

Ich hatte darauf nichts sagen müssen, hatte einfach weitergelächelt. Vielleicht um dich zu provozieren. Oder auch nicht. Ich wusste, dass ich bemitleidenswert oder wie ein Penner aussah.

‚Erbärmlich.’ Du hattest dich umgedreht und wolltest gehen. Aber ich hörte deine letzten Worte noch, wenn auch nur ganz undeutlich. ‚Schrecklich schön.’

Da hatte ich es!

„Fuck!“

Warum musste gerade hier eine braune matschige Pfütze sein und warum musste ich genau reintreten?

Knurrend schüttelte ich den Schlamm von meinem Schuh und setzte meinen Weg fort. Es war noch ein ordentliches Stück bis nach Hause.

Nach Hause.

Mein ganzes Inneres sträubte sich nach Hause zu gehen. In diese verdammte und gehasste Wohnung, die ich möglichst zu meiden versuchte. Bestimmt war mein Vater wieder sturzbesoffen. Was für einen Vers hatte ich als kleiner Junge noch mal dazu gedichtet? ‚Ene mene mau, mein Papa der ist blau – und zwar andauernd!’

Mit Sicherheit würde er durch das Aufschließen der Tür aufwachen und mich womöglich ausfragen und –

Ein gequälter Seufzer entfuhr meiner Kehle.
 

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Ich rannte.

Die frische Luft zerzauste meine Haare noch mehr, als sie eh schon waren.

Meine Füße wirbelten die gefallenen Blätter auf dem Bürgersteig auf. Sie hatten die Farbe meiner Haare. Manche Blätter auch die deiner Haarfarbe.

Der Gedanke an dich löste ein paar angestaute Gefühle und ich musste lachen. Es passte irgendwie mitten in diesen sonnigen Herbsttag.

Mit meiner rechten Hand, in der ich ein paar blaue Blumen hielt, strich ich mir den Pony aus der Stirn. Die Köpfe der Blumen wippten im Takt meiner Schritte. Ich hatte sie extra aus meinem Garten gepflückt, da sie jetzt im Herbst gar nicht mehr wachsen. Zwar waren es welche meiner Nachbarn, die viele Frühlingspflanzen angebaut hatten und sie bewachen wie ihre Kinder, aber das war es mir wert.

Ich hatte es nicht unbedingt eilig, aber mir war gerade nach rennen zumute. Ich bin nicht der Sportlichste und ich wusste, dass ich den Rest zu dir gehen würde.

Meine braunen Augen sahen in den Himmel, wo gerade ein paar Wolken vorbeizogen und ein kühler Wind strich um mich. Es war nicht gerade warm.

Bestimmt kam die Sonne nur heraus, um mein Lächeln zu sehen. Viele hatten mir gesagt, dass ich ein schönes Lächeln habe. Ich hab es als Kompliment angesehen, aber als du es zu mir gesagt hast…

Ich wurde langsamer, schlenderte nur noch.

Das DU der Grund für das alles hier warst… das hätte ich mir vor ein paar Tagen nicht einmal erträumt.

Zufrieden streckte ich mich, zuckte aber bei dem heftigen Schmerz in meiner Seite zusammen. Auch das hatte ich für dich in Kauf genommen. Meine schmerzende Seite kam von den Tritten meines ‚geliebten’ Vaters. Es war ein wenig unscharf und verschwommen, aber die Schmerzen von gestern Abend waren mehr als real.

Bestimmt musste ich mir wieder Yuugis mitleidige Blicke und Fragen von meinen Freunden über mich ergehen lassen. Ob du dir auch Sorgen machen würdest? Sicherlich aber dein kleiner Bruder.

Mokuba war zwar gestern der Strohmann gewesen auf den ich höllisch sauer gewesen war, aber heute war ich ihm dankbar, dass er mich auch auf seine Gartenparty eingeladen hatte.

Mein Blick fiel wieder auf die blauen Blümchen. Ich hoffe, dass sie Mokuba gefallen würden. Die Geschenke der anderen waren mit Sicherheit viel schöner.

Warum ich ihm etwas schenkte? Mir fiel es auch erst heute Morgen wieder ein, aber ich hatte mitbekommen, dass heute sein Geburtstag war. Wo war das noch mal gewesen? Hm… Ach ja, als ich gegen deinen Tisch gerannt bin und alle Schulsachen kunstvoll auf den Boden verstreut worden sind. Dabei hatte ich einen Blick in deinen Terminkalender erhaschen können.

Wieso mir so etwas Unwichtiges im Gedächtnis geblieben war, ist mir bis heute ein Rätsel.

Ich besah mir die noblen Häuser und wusste, dass es nicht mehr weit war.

Eine junge Dame mit weinrotem, knöchellangem Mantel, schwarzer Pelzmütze und – um das Klischee zu erfüllen – kleinen Pudel kam mir entgegen. Ihr abwertender Blick ging mir am Allerwertesten vorbei, darum grinste ich sie an und machte eine spöttische Verbeugung, ehe ich weiterging.

Sie hatte mich angesehen, als wäre ich von einem anderen Stern. Das konnte ihr doch egal sein, ob ich eine ungepflegte – eher unzähmbare – Mähne hatte. Ob ich nicht gerade fein und so aufgeblasen aussah, weil ich eine Jeans und meine grüne Jacke trug. Ob ich mir Pflaster über die von den Schlägen blutenden Stellen geklebt hatte und somit etwas demoliert aussah.

Wie ich solche Leute verabscheute!

Das war vielleicht einer der Gründe gewesen, warum ich dich gehasst habe. Aber… du hast es geschafft, mich eines besseren zu belehren.

Stimmengewirr und Gelächter drang an meine Ohren. Nur noch zwei Häuser weiter.

„Hallo Joey!“

Anzus Stimme empfing mich schon, ehe ich das Grundstück betreten hatte. „Hi!“, grinste ich ihr entgegen und hielt die Hand mit den Blumen etwas versteckt hinter mir.

„Was ist passiert?“, fragte sie besorgt, aber ich winkte ab.

„Erzähl ich dir später. Wo ist Mokuba hin?“

„Ich geh ihn mal suchen.“

Ich besah mir die geladenen Gäste etwas genauer; die Meisten kannte ich nicht. Es waren viele Kinder in Mokubas Alter dabei, aber auch Erwachsene. Vielleicht deren Eltern – die sich womöglich etwas von seiner Gunst abringen wollten.

Es standen kleine Bartische auf dem gepflasterten Vorhof und ein Buffet war an der Hauswand aufgestellt worden. Aber sonst erinnerte nichts an eine Geburtstagsfeier. War aber natürlich, denn diese Veranstaltung wurde ja als Gartenparty ausgegeben.

Die Stimmung war ausgelassen, aber vornehm, wie man es von einer Feier in diesem Viertel erwartete. Erst jetzt fiel mir auf, dass viele der Gäaste in Anzügen und Kleidern gekommen waren. Oh Mann, wie peinlich, dass ich in meinen normalen Klamotten gekommen war. Aber Anzu sah auch aus wie immer, also konnte ich nicht so sehr aus dem Rahmen fallen. Aber wieso machte ich mir darüber Sorgen?

Ehe ich das Buffet inspizieren konnte wurde ich von einem kleinen wuselnden Etwas stürmisch begrüßt. „Schön dass du gekommen bist Jou-chan!“, lachte er mich mit vor Aufregung gerötetem Gesicht an.

„Keine Ursache“, grinste ich zurück. „Hier, für dich Kleiner! Zum Geburtstag.“

Erstaunt nahm er die Blumen entgegen. „Woher weißt du das?“ Seine Stimme zitterte. Vor Aufregung oder Rührung konnte ich nicht sagen.

„Ich bin halt klüger als dein Bruder oft behauptet. Tut mir Leid, dass es nichts Großes ist.“

„Danke!“ Abermals wurde ich wild durchgeknuddelt, womit er mir fast die Luft abschnürte.

„Hör auf dich so peinlich zu benehmen Mokuba.“

Synchron drehten wir uns um.

„Tut mir Leid Onii-sama. Schau Mal, die hier hat Joey mir geschenkt!“

Eigentlich hatte ich etwas anderes erwartet. So etwas in der Art, dass du sie dir nicht einmal angesehen hättest oder dich darüber lustig gemacht hättest. „Hübsch. Gib sie einem der Kellner, die werden sie für dich in eine Vase stellen.“

Hüpfend verschwand das Geburtstagskind in der Menge.

Wir starrten uns wortlos an.

„Hallo Seto.“
 

Die geladenen Gäste laberten und quatschten ausgelassen.

Das bekam ich aber alles nicht mit, denn ich war damit beschäftigt die richtigen Worte zu finden um Kaiba eins reinzuwürgen. Mist, sonst ging das doch auch immer so gut! Aber ich brachte einfach nichts über die Lippen.

Und um es mir noch zu erschweren, schwieg der Braunhaarige ebenfalls. Schweigeduell statt Beleidigungsduell, wie es eigentlich der Fall hätte sein sollen.

Abwartend blickten mich seine Augen an. Grimmig schaute ich zurück.

Schließlich warst du gestern der Arsch, der mich weggeschickt hat!

„Was ist passiert?“ Deine Stimme war sachlich, aber jemand wie ich, der deine unzähligen verschiedenen Tonlagen schon kannte, merkte, dass da etwas mitfühlendes, wenn nicht sogar besorgtes drin war.

„Mein Abend war nicht so entspannt wie bei dir“, lachte ich wütend auf. „Daheim hockt noch mein Vater, der –“

„Joey!“ Ein besorgtes kleines Stimmchen umarmte mich kurz und schaute zu mir hoch. „Was ist denn jetzt schon wieder passiert? Anzu hat gesagt, ich sollte mir das mal angucken...“

Lächelnd legte ich Sturmfrisur die Hand auf die Schulter. „Nur ein paar Kratzer von gestern. So ein paar Typen wollten mir meine Karten klauen, da kam es zu ner Prügelei. Aber du weißt ja, dass ich mich wehren kann, Yuugi.“

Violette, große Augen starrten mich fest an, als würden sie meine Gedanken lesen wollen. „Ich hab mir Sorgen gemacht. Aber wenn es nichts Schlimmes war, ist das Ok.“ Seine Miene hellte sich auf. „Was machst du eigentlich hier?“

Lässig steckte ich meine Hände in die Hosentaschen. „Heute ist doch Mokubas Geburtstag, also bin ich zum gratulieren gekommen.“

„Schön, dass du dran gedacht hast. Eigentlich wollte ich dich noch mal dran erinnern, aber ich hab bei Mokuba übernachtet, da hab ich’s irgendwie vergessen…“

„Kein Problem, ich bin ja hier. Oh, ich glaube, Ryou ruft nach dir!“, deutete ich auf den winkenden Weißhaarigen, der sich reichlich am Essen bediente.

Erst als ich Yuugis verrückte Haare nicht mehr in der Menschenmenge sehen konnte, drehte ich mich wieder zu Kaiba um. Himmel, wie der mich ansah! Es war so eine seltsame Miene, die sagte: ‚Du bist ja echt ehrlich zu deinen Freunden, wo du doch ständig predigst, dass Freundschaft das Wichtigste ist.’

„Stolze Leistung seine Freunde anzulügen“, bemerkte er gleichgültig. „Von wegen Prügelei.“

„War aber so!“, raunzte ich ihn an. Wieso kaufte er mir das nicht ab?

„Pff. Du wolltest grad den wahren Grund nennen, bis wir unterbrochen wurden.“

„Und der wäre?“

„Dein Vater.“

Bitter schaute ich zu Boden. Gottverdammt, wie konnte ich mir so die Blöße geben? „Du hast dich verhört.“ Damit er mich nicht noch weiter bedrängen konnte, drehte ich mich um, um zu gehen. Mir war klar, dass er mich nicht aufhalten konnte, denn der große Kaiba konnte ja nicht seine Autorität untergraben, indem er einen kleinen, unbedeutenden Straßenköter aufhielt.

„Joey.“

Noch nie in meinem Leben hab ich so einen Schrecken bekommen, wie in diesem Augenblick. Vor Schreck war mein Magen auf die Größe eines Sesamkorns zusammengeschrumpft und alles Blut entwich meinen Gliedern. Und das alles wegen einem einzigen Wort.

Wieso hatte Seto Kaiba mich bei meinem Spitznamen genannt, bei dem mich nur meine Freunde riefen? Aber noch nicht genug: Sein Tonfall war eine Art Befehl gewesen, aber auch irgendwie eine halbe Bitte… Schwierig zu sagen. Wie konnte er das hinbekommen, mit einem Wort jemandem zu sagen, dass er bleiben solle?

Wütend biss ich die Zähne aufeinander, drehte mich aber noch nicht um. „Ja?“

„Wieso gehst du schon? Es ist“, er stockte nur für den Bruchteil einer Sekunde, „doch der Geburtstag meines Bruders. Es gehört sich nicht, direkt nach der Geschenkübergabe zu gehen.“

War ja klar. Er benutzte seinen Bruder als Vorwand, mich hier zu behalten. Wie feige. Aber andererseits konnte er den wahren Grund nicht vor so vielen Zeugen gerade heraus sagen. Mit aufgesetztem Lächeln drehte ich mich zu ihm um. „Ach stimmt ja. Wo sind nur meine Manieren geblieben?“

Seto hatte die Arme verschränkt und sah mich spöttisch an, nach dem Motto: ‚Seit wann hat ein Hund wie du Manieren?’

Ich war mir ziemlich sicher, dass er das dachte, also streckte ich ihm kurz die Zunge raus und stemmte die Hände in die Hüften. Mit einer hochgezogenen Augenbraue – wieder so typisch für ihn – und einem amüsierten Auflachen, mischte er sich wieder unter die Menge.

Zufrieden lächelte ich. Ja, ich hatte nachgegeben, aber nur, weil ich wusste, in welcher Lage er sich befand. Wir beide haben zwar einen Dickkopf, aber man muss auch nachgeben können. Vielleicht ist dies ja auch ein Schritt gewesen, dass wir uns besser verstehen, wer weiß… Denn anscheinend hatte ich Recht gehabt, was er gedacht hatte. Wenn man so drüber nachdachte, war das schon seltsam gewesen, unser stummer Streit.

„Hey Jou!“, schmatzte mich jemand von der Seite an. „Ich hab gehört, dass du Probleme mit ein paar Typen hattest wegen deinen Karten?“

Irritiert schaute ich Bakura an. Woher wusste er das? „Äh, ja. Woher weißt du das?“

Der Weißhaarige lachte auf. „Na, du hast doch Yuugi zu mir geschickt, obwohl ich dir eigentlich nur zu gewunken hab. Außerdem kann man deine dekorativen Pflaster ja wohl kaum übersehen.“ Genüsslich schob er sich ein weiteres Stück Brot in den Mund, ehe er weiter von seinem mitgebrachten Teller aß.

Ich fuhr mit meiner Rechten über mein lädiertes Gesicht. „Ist’s so schlimm?“

„Na ja, es geht“, murmelte er mit einem Stück Tomate im Mund und bedeutete mir, ihm zu einem freien Tisch zu gehen. Ryou stellte seinen überladenen Teller ab. „Bedien dich, ich hab’s wieder einmal übertrieben… Sag Mal, wo ist der Rest?“

Also dafür, dass ich mit Ryou eigentlich eher selten sprach, war er wirklich freundlich. „Irgendwo… Ah, da hinten ist Anzu mit Yuugi!“ Auf mein Winken hin kamen die beiden auch an unseren Tisch. „Ist Hiroto nicht mitgekommen?“, fragte ich meine Freunde.

Yuugi, der zu klein war um sich an Ryous Teller zu bedienen, deutete auf den Teller, während er erklärte, dass Hiroto mit meiner Schwester eine Spritztour auf seinem Motorrad machen wollte.

„Wie bitte?“, entfuhr es mir etwas lauter, sodass sich ein, zwei Leute zu mir umdrehten. „Wie kann er so etwas Gefährliches mit meiner kleinen Schwester machen? Mit dem muss ich noch Tacheles reden!“

„Komm, so schlimm ist das auch nicht“, verteidigte Anzu ihren Kumpel, „du kennst ihn. Er passt schon gut auf Shizuka auf.“

Ich brummte zustimmend. Sie hatte ja Recht. Auf Honda war Verlass. Momentchen – das konnte doch nicht wahr sein. Schon wieder ließ ich mich weich klopfen! Wieso wurde ich heute immer so leicht überredet? Aber, so schlimm war das auch nicht. Nur mit halbem Ohr hörte ich dem Gespräch meiner Freunde über die Wochenendplanung zu. Auch wenn es bei mir zurzeit nicht ganz glatt lief – meine Freunde waren da, um mich aufzufangen. Zum wiederholten Mal fiel mir auf, wie gut ich es doch hatte, solche Menschen zu kennen.

Doch ehe ich in Sentimentalität versinken konnte, fiel mein Blick auf die Szene ein Stück weiter weg: Das kleine Geburtstagskind blickte zu seinem Bruder hoch und unterhielt sich angeregt. Durch das Stimmengewirr konnte ich partout nichts verstehen, aber allein ihr Mienenspiel war mehr als informativ. Seto schien Mokuba anscheinend etwas zu fragen, woraufhin dieser nur fragend auf mich deutete und traurig nickte. Der Braunhaarige wandte sich ab, anscheinend nachdenkend.

War also klar wie Kloßbrühe, dass es um mich ging. Und Mokubas traurigem Gesichtsausdruck zu urteilen, um meine schlecht versteckten Wunden.

Aus reiner Neugierde trottete ich zu dem Schwarzhaarigen, der gerade von Roland gefragt wurde, ob er noch etwas benötigte. „Hey Moki, ich hab euch grad beobachtet, dich und deinen Bruder“, fing ich sofort an, „über was habt ihr gesprochen? Hatte das was mit mir zu tun?“

„Äh ja“, gestand er wie jemand, der sich für etwas schämte, „Seto wollte wissen, ob du Probleme daheim hast… Mit deinem Vater… Und ich hab halt gesagt, dass du es nicht so leicht hast… Hätte ich das nicht sagen sollen?“ Mokuba sah mit großen Kulleraugen an.

„Nee, alles Ok. Er hätte das eh irgendwann rausbekommen. Mal ne andere Frage: darf ich mich auch am Buffet bedienen?“

Ich kehrte mit gut gefülltem Teller zu unserem Tisch zurück und wir plauderten über dies und das, bis in den frühen Abend hinein, bis die ersten Gäste gingen. Alles war in Ordnung, wie es in diesem Moment war. Ich machte mir keine Gedanken über den Nachhauseweg oder über meinen Vater. Nur Seto mit seinen Gedanken an mich spukte noch in meinen Hintergedanken herum.

K&K - Kitsch und Krankenschwester

Ein großes DANKE an Kirby1985 - freut mich, dass dir die FF gefällt, trotz der OOCness.

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Die Uhr hatte 23:08 angezeigt, als ich das letzte Mal drauf geschaut hatte. Und das war, als mein Vater – oder besser, der Mann, der sich noch nicht einmal die Mühe gab, ein Vater zu sein – betrunken auf der durchgelegenen Couch eingeschlafen war.

Ich konnte an diesem Samstagabend gar nicht schlafen, also hab ich mir ein Glas Milch geholt und ein wenig im Schrank der Erinnerungen rumgewühlt – im wahrsten Sinne des Wortes. Denn in mitten im alkoholischen Dunst gehörte zu unserer Einrichtung auch eine große Kommode mit unzähligen Schubladen. Alles von Batterien über Briefe, bis hin zu uralten Fotos und verjährten Kontoauszügen war in das Möbelstück gepackt worden.

Jetzt hockte ich also in T-Shirt, Shorts und meinem Glas Milch auf dem Boden. Durchwühlte den Inhalt eines noch nicht inspizierten Fachs. Immer wenn ich nicht schlafen konnte, beschäftigte ich mich mit dem Schrank. Er kam mir vor wie eine Schatztruhe: Einen Füllfederhalter, Manschettenknöpfe und einige Fotos meiner Schwester hatte ich schon gefunden und selbst behalten. Dem Alten würde das sicherlich nicht auffallen.

„…Und hiermit wünschen wir dir herzlichen Glückwunsch und ein langes Leben! Deine Freunde, Keichi, Sakaki & Ki-chan“, las ich leise vor mich hin und klappte eine geschmacklose Geburtstagskarte an meinen Vater zu. Seltsam. Der Alte hatte damals Freunde gehabt?

Ich legte die Karte auf den Haufen der ‚uninteressanten Sachen’, zu gesammelten Geschenkschleifen und noch mehr Glückwunschkarten.

Nur das Rascheln meiner Suche und das nasale Schnarchen der Suffkirsche nebenan durchbrachen die nächtliche Stille.

Plötzlich knisterte etwas und ich hielt eine Klarsichtfolie in der Hand. Sie schützte einen Packen Briefe, deren Umschläge mit Blätterranken verziert waren. Wie kitschig. „’An meinen Liebsten’“, las ich verwirrt den Adressaten. Wie bitte?

Meine Neugierde war stärker als die Abneigung vor dem Kitsch, und so öffnete ich einen der Briefe.

Also, ich muss mich korrigieren: Der Briefumschlag war KITSCHIG, aber der Brief selbst war so SCHNULZIG, dass er schon regelrecht troff. Der Inhalt des Liebesbriefes – und es war ein Echter, das hätte auch ein Blinder mit nem Krückstock gesehen – war von der allerübelsten Sorte, was die unzähligen Rosenranken und Blümchen des Briefpapiers noch unterstrichen.

Ich kann es gar nicht aussprechen was da für Zeug drin steht… Aber sagen wir es mal so: Es war ein typischer Liebesbrief der ‚älteren’ Menschen.

Als ich bei der Abschiedsfloskel (‚In ewiger Liebe’) angekommen war, suchte mich eine Gänsehaut heim und ich faltete den Brief zusammen. Himmel, woher kam denn so ein Brief? Nachdenklich an meinem Milchglas nippend, starrte ich auf den verzierten Umschlag.

Ich musste sehr wahrscheinlich ziemlich dumm ausgesehen haben, wie ich mitten im Trinken stockte und wie gebannt auf diesen geschmacklosen Brief starrte, aber mich traf es in Wirklichkeit wie ein Schlag: Die Briefe waren von meiner Mutter an meinen Vater geschrieben worden!

Ungläubig fiel mein Blick auf die restlichen Umschläge. Das musste man sich mal antun!

Wahrscheinlich nur um mich zu vergewissern, schnappte ich mir das zweite Schreiben und entfaltete es. Mal abgesehen von den üblichen Verziehrungen stand ein etwas anderer Text drin; es schien ein Antwortbrief zu sein, denn es waren zusammenhanglose Sätze geschrieben worden. Am zweiten Schluss angekommen (‚Ich werde dich ewig missen’) wollte ich gar nicht erst noch die restlichen 18 Teile lesen… Das war dann doch zu krass.

Wow, dass der Alte solche Briefe aufgehoben hatte… Dass er überhaupt welche bekommen hatte, grenzt schon an ein Wunder. Wer würde sich denn schon in SO einen Arsch verlieben? Anscheinend ging es. Denn sonst gäbe es mich gar nicht und verknallt hätte ich mich auch nicht.

Gut, Kaiba war auch ein Arschloch, aber das war was anderes.

Zur Beruhigung leerte ich mein Glas, packte alles wieder zurück in den Schrank, räumte mein Glas weg und merkte, dass es schon 0:31 war.

Jetzt aber schnell ins Bett, damit ich ausgeschlafen genug war, um vor dem Alten aufzuwachen.
 

„Katsuya, Jounouchi. Wer ist da?“

„Hi Joey!“, zwitscherte mir eine bekannte Stimme ins Ohr.

„Morgen Moki. Seit wann rufst du mich an? Was gibt’s?“

„Tut mir Leid, dass ich mich schon so früh melde, aber ich dachte, sonst erwisch ich dich nicht mehr. Ich wollt mich noch Mal für die Blumen bedanken“, lachte der Kleine am anderen Ende des Hörers.

„Keine Ursache. Ich stehe immer früh auf. Aber weswegen rufst du wirklich an?“

„Äh, also… Gestern hab ich mit meinem Bruder was besprochen…“, druckste er rum.

Ich musste lächeln. „Es ging um mich, richtig?“

„Jops. Und wir hatten da so eine Idee…“ Seine Stimme wurde leiser, als ob er vom Telefon weggehen würde. „Warte, ich stell dich durch.“

Es piepte mehrmals, bis jemand wieder abnahm. „Katsuya?“

Ich brummte nur und warf einen Blick über meine Schulter. Der Möchtegernvater war aufgewacht und tapste ins Bad. Hoffentlich beeilte sich Kaiba.

„Ich hab von deiner Situation daheim gehört“, erklärte er sachlich und ich erinnerte mich an sein Gespräch mit Mokuba. „Und da ich auch so einiges über deinen Vater erfahren habe, will ich, dass du dort ausziehst.“

Was? Er WILL? Seit wann hat er denn über mich zu bestimmen? Obwohl es genau das war, was ich wollte. „Wie bitte? Ich… habe Sie nicht richtig verstanden“, antwortete ich, den Alten auf mich zukommen sehend.

„Du kannst nicht frei sprechen? Anscheinend ist dein Vater in der Nähe“, schlussfolgerte Kaiba richtig und dachte kurz nach. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass du auch von zuhause weg willst. Also bring es deinem Vater irgendwie bei, dass du ausziehen wirst. Ich hol dich dann mit deinem Gepäck heute Abend um sechs ab.“

Was ging denn jetzt ab? Natürlich will ich hier weg, aber – seit wann war er so fürsorglich? „Warte kurz.“

„Was ist? Hast du ein Problem damit?“

„Nein“, gab ich offen und ehrlich zu, „aber ich bin in einer halben Stunde unten, wenn’s nicht zu früh ist.“

„Um viertel nach zehn also? Gut, bis gleich.“
 

Mit einer inneren Zufriedenheit wie ich sie schon lange nicht mehr hatte (das letzte mal war in Kaibas Auto bis ich dann abserviert wurde), holte ich meine Reisetasche unter meinem Bett hervor.

„Was wird das? Wer war am Telefon?“

Ich hatte den Alten hinter mir her trotten sehen, also erschreckte mich sein harscher Ton nicht, als ich meine sieben Sachen zusammensuchte. „Ein Freund hat angerufen“, meinte ich mit einem Schulterzucken (ich nannte nie irgendwelche Namen meiner Freunde, es interessierte die Suffkirsche sowieso nicht, ob ich überhaupt Freunde hatte. Hauptsache ich war aus dem Haus). „Ich übernachte bei ihm.“

„Na dann.“

Er dackelte ab, was mir recht war. Der würde es eigentlich gar nicht bemerken, wenn ich ein paar Tage fehlen würde. Aber… ich wollte jetzt für immer gehen. Also brauchte es auch einen richtigen Abschluss. Hoffentlich verstand er es… Mein Vater war unberechenbar in manchen Dingen.
 

Ich stand komplett fertig an der Wohnungstür, die kalte Klinke schon in der Hand, als ich mich ein letztes Mal umdrehte. „Ich bin dann weg, O-too-san.“

Aus der Küche kam nur eine gegrunzte Antwort, die ich nicht verstand.

Wunderte es ihn nicht, dass ich mich verabschiedete? Okay, wenn das nicht als Zeichen reicht, muss man eben noch was drauflegen. „Ich geh zu meinem Freund.“ Das letzte Wort betonte ich sehr, damit auch jemand wie der Alte es verstand.

„Ja ja.“ Man konnte nur zu deutlich seine Gedanken erraten: ‚Geh endlich du Spacken und komm mit Geld wieder.’

Einmal tief durchatmen. „Ein angenehmes Leben noch. Ich gehe für immer. Ciao!“ Den Wink mit dem Zaunpfahl konnte er jetzt nicht überhört haben.

Glas zersplitterte auf dem Boden, ein Stampfen näherte sich –
 

Keine Ahnung, wo ich war.

„Roland, fahren Sie los.“

Keine Ahnung, wie ich hierher kam.

„Jounouchi, nicht bewegen.“

Keine Ahnung, was eigentlich los war. Ein weit entferntes Brummen und mein Gefühl, als wäre alles um mich herum aus Watte, ließen mich wegdösen.
 

Ein jäh brennender Schmerz durchzuckte meine Stirn.

„Argh!“ Verdammt, tat das weh!

„Huch!“

Verwirrt schaute ich in rehbraune Augen, die mich sorgenvoll musterten. Was war denn jetzt los? Hatte ich geschlafen? Wenn ja, wieso beugte dann dieses Mädchen über mir? „Äh…“ Tut mir Leid, dass ich nichts Sinnvolleres sagen konnte, aber jeder andere wäre genau so perplex gewesen wie ich.

Das Mädchen fing sich als Erste. „Hab ich dir wehgetan? Tut mir Leid, dass ich dich geweckt habe.“

Als sie mich freundlich anlächelte, fand ich meine Fassung wieder und setzte mich aufrecht hin. „Kein Problem… Was ist eigentlich los?“

Während die junge Frau mir erklärte, dass sie mich behandelte, bemerkte ich, wie ich auf einer Couch in einem noblen Schlafzimmer lag. Kaibas Schlafzimmer. (Diese Feststellung beruht nicht allein auf der Tatsache, dass alles reich und vornehm aussah. --- Okay. Doch.)

Unbewusst fuhr meine Linke an meine Wange. Wow, hatte ich da eine große Beule.

„Nicht anfassen“, rügte mich die junge Frau sanft, „ich hab noch nicht alles desinfiziert.“

Seufzend fiel ich in mein Kissen zurück und ließ sie ihre Arbeit machen. Ich sah, dass die Braunhaarige eine Krankenschwester war und jedem normalen Menschen wären die Augen rausgefallen, so knapp bekleidet sie rumlief. Tja, ich war halt nicht normal; ich wurde vom Vater aus dem Haus geprügelt, wurde des Öfteren als ‚Hund’ betitelt und war in das arrogante Arschloch Kaiba verliebt und demnach schwul. Wieso bin ich eigentlich noch nie als verrückt bezeichnet worden?

Nach einigen fiesen Desinfektionen später, verließ die Kleine den Raum und ich drehte mich auf die Seite, um den Raum zu überblicken.

Also das alles wesentlich größer als in meiner alten Wohnung war, muss ich glaub ich, nicht erwähnen. Ein breites Bett, davor ein weißer, riesiger, flauschiger Teppich (also direkt vor mir) und etwas abseits, vor den mannshohen Fenstern, ein kleiner Schreibtisch samt Schrank. Dieses Spartanische wunderte mich – schließlich war ein Schlafzimmer doch zum Wohlfühlen da – aber bei einem Typ wie Kaiba nicht ungewöhnlich.

Trotzdem gefiel es mir irgendwie… Ob es an der Stille oder der entspannten Atmosphäre lag?

Schritte näherten sich und jemand trat ein. „Oh, du bist ja wach.“

Ich brummte und setzte mich hin. „Meinst du etwa, ich wäre tot oder was?“

Der kleine Junge vor mir zog eine Schnute. „Nein, ich hatte nur vom Hörensagen mitbekommen das es dir echt dreckig gehen soll“, plauderte Mokuba, musterte mich dann aber mit ernster Miene. „Hatte mich auf ne Beule und ein paar Schrammen eingestellt, aber das… ist doch wirklich übel. Siehst kacke aus.“

„Na danke“, gab ich bissig zurück. Also, ich weiß ja Ehrlichkeit zu schätzen, aber… Wieder betastete ich mein Gesicht. Abgesehen von der Beule an meiner Wange fühlte ich eine aufgeplatzte Lippe. „Wetten ich sehe aus wie ein Penner?“

Mokuba legte den Kopf schief und ich bemerkte zum wiederholten Male, dass seine Haare unnatürlich lang waren. „Eher wie ein überfahrener Penner.“

„Noch so’n Spruch, Kleiner, und ich gehe.“

Momentchen, seit wann konnte Mokuba so gehässig grinsen? Hoffentlich hatte er das aus dem Fernsehen und nicht von seinem Bruder gelernt!

„Ich schätze, du wirst keine 20 Meter weit kommen. Das Personal hier hat die Order dich nicht gehen zu lassen.“

Wie bitte? Ich fühlte mich wie in einem Gefängnis. Einem vornehmen Gefängnis. „Dein Bruder braucht keine Angst zu haben, dass ich ihm weglaufe, ich fühl mich immer noch, als wäre ich vor eine Lokomotive gerannt.“

Mokuba verschränkte die Arme. „Du willst nicht abhauen? Und mit was hast du mir dann gerade eben gedroht?“

Grundgütiger, er schlug ganz nach Seto, nicht nur seine Haltung und der Tonfall… Der zukünftige Lebenspartner konnte sich bei dem Winzling schon Mal ne warme Socke anziehen.

„Hm, hast ja recht“, räumte ich ein. Ich hatte echt keinen Bock auf Diskussionen. „Bin müde, kannst du mich was allein lassen?“

„Geht klar. Ruf einfach, wenn du was brauchst. Gute Besserung!“

Der Kleine hatte es jetzt schon faustdick hinter den Ohren. Ob Seto früher auch so war…? Mit diesem und jenen Gedanken verfiel ich in einen erholsamen Schlaf.
 

Kennt ihr das? Man träumt irgendetwas total geiles, kann sich aber beim aufwachen nicht mehr daran erinnern? Aber wenn man dann irgendwann etwas Bestimmtes sieht, kommt die Erinnerung wieder. Genau das ist mir auch wieder passiert.

Ein leises Tippgeräusch hatte mich wach gemacht. Mein Unterbewusstsein wusste, was das war, aber dennoch blinzelte ich und sah mich um.

Kaiba saß im Schneidersitz auf seinem Bett und tippte auf seinem Laptop herum. Okay, das war gar nicht so außergewöhnlich, stimmt schon, aber… es war doch ziemlich merkwürdig. Ich rutschte ein bisschen weiter, um ihn besser ins Auge fassen zu können, konnte aber den Unterschied nicht wirklich ausmachen. Irgendwie schien ich noch nicht ganz wach zu sein… Da die Lehne mir im Weg war, rutschte ich noch ein kleines Stückchen und beobachtete ihn genauestens.

Gut, ich gebe zu, meine Aktion mit dem rumrutschen auf dem schmalen Sofa war ziemlich dämlich. Ich hätte mir eigentlich auch denken können, dann hätte ich mir die blauen Flecken vom Fall der Couch ersparen können, aber wie gesagt: Ich war noch nicht ganz wach.

„Verdammt…“, brummte ich und rieb mir den schmerzenden Ellenbogen, da hörte ich ein leises Auflachen aus Richtung Bett. Lachte er etwa? Das war verrückt. Vielleicht träumte ich ja noch.

Da ich ja eh schon auf dem Boden lag, blieb ich auch direkt sitzen und drehte mich um.

„Du hast mich die ganze Zeit beobachtet… Wie kann man da vom Sofa fallen?“, fragte Seto belustigt über den Rand seines Bildschirms hinweg.

„Weil ich einfach nicht genug von dir bekommen konnte“, grinste ich und bemerkte – jetzt da ich wach war – was so anders war: Der Brünette trug ne stinknormale Jeans und ein lockeres weißes Hemd, was nun aber wirklich verrückt war, denn exakt diese Situation hatte ich auch geträumt! Nur weiß ich nicht mehr, wie es weiter ging, denn da wurde ich ja durch sein Tippen geweckt.

„Scheinst ja wieder fit zu sein“, bemerkte er knapp und klappte nach ein paar Klicks den Laptop zu. „Und das, obwohl du echt was abbekommen hast.“

„Na ja, mein Abgang war zwar kurz, aber nicht wirklich schmerzlos“, murrte ich.

Seto setzte sich an die Bettkante. „Hast du ihm denn begreiflich gemacht, dass es endgültig ist?“

„Ich denke, verstanden hat er es… Aber er wird es nicht wahrhaben wollen.“ Ein genervter Seufzer entfuhr mir.

„Da musst du dir was einfallen lassen.“

„Ich hab schon eine Idee“, grinste ich siegessicher. Oh ja… Mein so genannter Vater würde sich für immer daran erinnern! „Du hast doch Papier und Stift zur Hand?“

F&F - Fallen²

Vielen lieben Dank für eure Kommis und Favos~ Ich freue mich, dass euch diese FF gefällt! Und nun geht's weiter =)

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Keiner von uns beiden sprach ein Wort. Und abgesehen von Setos erneutem Tippen und meinem kratzenden Stift war es still.

„Darf ich fragen, was du da machst?“

Blitzschnell verdeckte ich meinen Zettel mit dem Arm. „Geheim“, flötete ich fröhlich. Grummelnd tippte Seto weiter auf seinem PC rum. War ja schon süß, dass es ihn wurmt, nur weil ich es ihm nicht sagen will. Ich hatte es mir neben ihm auf dem Bett bequem gemacht und war in ganz viele Kissen gebettet worden, damit mir nichts mehr wehtat. Anscheinend hatte Kaiba auch eine fürsorgliche Seite… Bis vor ein paar Tagen wäre mir das unvorstellbar gewesen.

„Du, Seto?“

„Was ist?“

„Bekomm ich etwas zu essen? Hab irgendwie Hunger…“

„Was möchtest du haben?“ Seine Hand war schon am Haustelefon, als ich den Kopf schüttelte.

„Kannst du nicht gehen Ich hätte gern ein Brot mit irgendetwas drauf, mir egal.“ Ich lächelte ihn an.

Setos Augenbrauen zuckten misstrauisch. „Wieso? Willst du etwa abhauen oder geht es um dein Gekritzel?“

„In meinem Zustand soll ich abhauen? Dass ich nicht lache. Wieso tust du mir nicht einfach den Gefallen?“

Ein kurzer Blickwechsel und schon war er auf dem Weg zur Tür. „Wehe, alles ist gleich nicht mehr so wie jetzt“, drohte er und verschwand.

Mein Mund verzog sich zu einem breiten Grinsen. Ich hatte es geschafft! Ich hatte ihn wirklich dazu gebracht, etwas für mich zu tun und selbst Hand anlegen zu müssen! Gut zu wissen… Okay, ich halte meine sadistische Ader ein wenig zurück. Aber die Genugtuung ist einfach zu schön.

Es dauerte nicht lang und er kam zurück.

„Danke.“ Ich wollte mein Brot entgegennehmen, aber er zog es wieder zurück, als wolle er mich damit ärgern. Das war wieder einmal typisch.

„Du bekommst dein Brot, wenn du mir sagst, was du da schreibst“, grinste Seto.

„Du bist fies.“ Ich funkelte ihn böse an, aber das war nicht gewinnbares Duell. „Ja, gut“, räumte ich ein, „es ist der Abschiedsbrief für meinen Vater. Zufrieden?“

Das Brot wurde mir wie einem Kind hingehalten und ich biss ab. Was für ein Service. Ich könnte mich dran gewöhnen. „Und darum machst du so ein Geheimnis?“

Unwillkürlich musste ich schmunzeln. Er war echt einer, der alles wissen musste. Ein Kontrollfreak. Aber seine Art hinter die Geheimnisse anderer zu kommen war schon amüsant. Bestimmt merkte er es nicht einmal, dass er es immer tat.

„Es geht nicht unbedingt um den Inhalt, weißt du… Ich hab alte Liebesbriefe meines Vaters gefunden. Es war das hässlichste und altmodischste Briefpapier, was du jemals gesehen hast, glaub mir. Tja, und ich werde es genauso machen. Ich male in die Ecken Blümchen und Ornamente, damit er daran erinnert wird, dass ihn meine Mutter auch verlassen hat, aus demselben Grund.“

Seto zog die Augenbrauen hoch. „Die Strategie gefällt mir“, lächelte er und schob mir den letzten Happen in den Mund.

„Siehst du, nicht nur du kannst hinterhältig sein“, grinste ich und legte mein Schreibzeug neben mich auf die Decke. Doch er ging nicht auf meine Provokation ein. Schade eigentlich, denn ein kleiner Streit hätte mich von meinen Schmerzen – die ich jetzt wieder überall spürte – ablenken können.

Seto drückte mir eine Tablette und ein Glas Wasser in die Hand. „Die Schmerztablette musst du noch nehmen und dann schlaf, damit du morgen fit bist.“

„Seit wann so fürsorglich? Außerdem, wofür denn fit sein?“ Ohne zu Murren schluckte ich die weiße Tablette hinunter.

Er schnappte sich wieder seinen Laptop und fing an, seiner Arbeit nachzugehen. „Morgen ist wieder Schule und du bist noch nicht alt genug, dich selbst beurlauben zu können“, holte er mich auf den Boden der Tatsachen zurück. Ich hatte schon mit dem Gedanken gespielt, die nächsten Tage zu schwänzen und einfach nur faul in diesem wunderbar weichen und bequemen Himmelbett zu liegen… Ach Mensch.

Schmollend zog ich mir die Decke bis ans Kinn und drehte mich auf die Seite. Eigentlich hätte meine Wange schmerzen müssen, aber ich fühlte nichts. Wow, war das eine Wunderpille. Sie schien auch meine Gedanken zu vernebeln, bis ich nichts mehr wahrnahm.
 

Noch bevor ich meine Augen öffnete, versuchte ich mich zu erinnern, wo ich war. Es war alles so warm und weich… Ach ja, ich war in Seto Kaibas Bett.

Wie bitte? Mit einiger Mühe machte ich die Augen auf. Ein paar Mal blinzeln, damit mein Blick klar wurde und sofort mir rutschte das Herz eine Etage tiefer. Neben mir lag wirklich Seto Kaiba, die Gesichtszüge entspannt und friedlich schlummernd, aber trotzdem strahlte er ungeahnte Reize aus. Wie er so ohne Hemd da lag... Mein Körper wollte mir nicht recht gehorchen als ich mich aufsetzen wollte, also blieb ich liegen und versuchte ihn zu fixieren. Verdammt, wieso war alles nur so verschwommen?

Ach ja, richtig. Ich hatte so eine Schmerztablette bekommen. Am liebsten hätte ich gelacht, aber es ging nicht. Mann, hat die mich weggeknallt… Ein Wunder, dass ich überhaupt wach geworden bin. Dafür spürte ich keine Schmerzen, was einfach nur himmlisch war. Noch dazu lag Kaiba neben mir… Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen. War schon ein tolles Gefühl. Wenn da nicht dieses diffuse Blickfeld wäre… ich hatte das Gefühl, als sei die Wirklichkeit irgendwie entrückt worden.

„Was starrst du mich eigentlich die ganze Zeit an?“

Blaue Augen fixierten mich. Wann war Seto denn wach geworden? Verdammt, meine Konzentration war wirklich am Nullpunkt. „Tschuldige“, nuschelte ich.

Er stütze seinen Kopf auf seine Hand, wobei ihm die Decke über die nackten Schultern glitt. Am liebsten hätte ich jetzt keinen weißen Nebel vor meinen Augen gehabt, um ihn besser betrachten zu können, aber ich hatte in Zukunft immer noch dafür Zeit.

„Du siehst echt fertig aus“, bemerkte Kaiba und kam näher an mein Gesicht um meine Augen zu betrachten. „Eigentlich hätte dich das Schmerzmittel flachlegen sollen, aber du bist echt zäh… Warum sträubst du dich sogar gegen etwas, was dich gesund macht?“

„Bin halt ein Dickkopf“, meinte ich und atmete tief durch, um die Müdigkeit zu vertreiben. „Mann fühl ich mich gerädert…“

Plötzlich sah ich ein Grinsen über mir und spürte, wie sich warme Lippen auf meine legten.

„Was soll das?“, versuchte ich zwischen Setos Küssen hervorzubringen.

„Dir soll es doch schnell wieder besser gehen“, flüsterte er nah an meinem Ohr und entledigte mich meiner Decke und meinem Oberteil. Ich sah nicht, was alles geschah. Genüsslich schloss ich meine Augen, denn ich hätte ohnehin nicht viel erkannt. Nur Setos sanfte, liebkosende Berührungen hielten mich davon ab, wieder in einzuschlafen.
 

Ein Rumpeln weckte mich. Langsam machte ich die Augen auf.

„Was ist los…“, brummte ich und rieb mir das Gesicht. Wow, mir tat nichts mehr weh!

„Morgen“, kam es von links. Seto stand an einem kleinen Tisch an einer Kaffeemaschine. Er war schon tipptopp angezogen. Beim Anblick seiner Schuluniform zog ich eine Schnute. Heute war ja wieder Schule… „Na, wie geht’s? Besser?“

„Hm. Eigentlich geht’s mir richtig gut“, lächelte ich und setzte mich aufrecht hin. „AH!“ Ein stechender Schmerz zog sich meine Wirbelsäule hoch.

Kaiba drehte sich verwundert zu mir um. „Was ist? Hast du den Geistesblitz gehabt, dass heute Schule ist?“, stichelte er.

Wütend funkelte ich ihn an. „Du bist ein verdammter Grobian, weißt du das?“

Unschuldige Augen blickten mich an. „Nein, das wusste ich nicht. Was hast du denn?“

Dieser Heuchler! „Du hast mich in meinem wehrlosen Zustand flachgelegt, Alter!“

Kaiba zuckte teilnahmslos mit den Schultern. Hab ich’s doch gewusst! Ich konnte mich nicht mehr an letzte Nacht erinnern. Echt ärgerlich, mein erstes Mal mit dem reichen Pinkel und ich kann mich nicht mehr dran erinnern! So ein Müll.

„Mach dich fertig, du musst gleich los.“

Ich ignorierte den Schmerz und suchte nach einer Uhr. „Wieso nur ich? Ich denke, du nimmst mich mit?“

Da war sie wieder, Seto Kaibas hochgezogene Augenbraue. „Davon träumst du nachts. Meinst du etwa, ich posaune meine Beziehung zu dir in die weite Welt hinaus? Ist ja schon genug, dass du hier wohnst.“

Er hat es wirklich gesagt! Oh mein Gott! Er stand also wirklich dazu… Ich dachte anfangs immer, dass er es nur so dahin gesagt hatte, aber jetzt – jetzt hatte ich es mit eigenen Ohren gehört.

„Was hast du? Was guckst du so verzückt?“, fragte er mich misstrauisch und stellte seine Kaffeetasse ab.

„Ach, nichts“, grinste ich und schwang mich aus dem Bett.
 

Der Wind strich mir durchs Haar und ich holte zufrieden Luft. Nach ein paar Schritten waren auch die Schmerzen vergessen und ich holte mein Handy aus der Tasche. Niemand hatte mir geschrieben oder angerufen. Noch nicht einmal mein Vater. Ich hatte eigentlich Anrufe in Abwesenheit von ihm erwartet, wo er versucht hätte, mich zu beleidigen und sonst noch was.

„Umso besser“, seufzte ich leise. Ich war in diesem Moment einfach glücklich. Und ein bisschen freute ich mich auch schon auf Schule. Was die Hormone nicht alles bewirken können…
 

„Moin!“

Zwei von meinen drei Freunden waren schon da. Eigentlich war Ryu auch immer dabei, aber er war im selben Kurs wie Seto, dem ach so tollen Englischkurs für Fortgeschrittene. Wofür brauchte ich Englisch? Japanisch war schon schwierig genug. Und in unserem Anfängerkurs wurden einem eh viel sinnvollere Dinge beigebracht, wie „Hello, my name is Jounouchi and I’m from Japan. And you?“ – im Gegensatz zu diesem Streberkurs, die ellenlange Analysen auf Englisch schreiben mussten. Außerdem waren hier auch alle meine Freunde.

„Morgen, na, alles fit?“, begrüßend hob Honda die Hand und ich klatschte ein.

„Wie man’s nimmt“, lachte ich.

Da stand auch schon Anzu neben mir. „Hast du dich schon wieder geprügelt? Deine Wange sieht nicht gerade rosig aus.“

Ich winkte ab. „Ist nichts Schlimmes.“ Sie würden es später erfahren, hatte ich mir vorgenommen. Wenn Yuugi dabei war. Apropos, wo war der kleine Punk eigentlich?

Hiroto schien meinen Blick bemerkt zu haben und sah auf die Uhr. Es war schon seltsam, dass ich, der eigentlich immer kurz vor knapp im Klassenzimmer auftauchte, vor Yuugi da war. „Was ist denn mit Yuugi? Ist er krank?“, fragte Honda mit verwundertem Blick auf den freien Platz.

Ich zuckte mit den Schultern. „Hab nichts mitbekommen.“ Mein Blick fiel auf Anzu, die mysteriöserweise immer wusste, was mit Yuugi los war oder was er vorhatte. Nervös trommelte sie mit ihrem Finger auf den Tisch.

„Wo bleibt denn der Lehrer? Und Yuugi? Er kommt doch nie zu spät…“, murmelte sie vor sich hin.

„Bleib locker, Anzu“, lächelte ich sie an, „Sturmfrisur hat sicherlich nur verschlafen und wenn der Lehrer zu spät kommt, ist das doch umso besser, denn so ist die Englischstunde schneller vorbei!“ Dass ich mir Sorgen um meinen Kumpel machte, wollte ich nicht sagen, sonst hätte ich Anzu noch mehr aufgeregt. Sie hatte Recht. Selbst an den Tagen, wo Yuugi zu spät oder gar nicht gekommen war, hatte er uns allen vorher eine Sms geschickt. Aber wir hatten keine bekommen.

Plötzlich ging die Tür auf und der Lehrer trat herein. Alle huschten schnell auf ihre Plätze und ich bereitete mich schon mental auf eine Stunde dösen vor.

„Morgen“, begrüßte er uns, doch irgendetwas in seiner Stimme gefiel mir nicht, also sah ich ihn fragend an. Mit ernster Miene, die mich frösteln ließ, winkte er uns, aufzustehen.

Nicht nur ich war verwundert und verwirrt. Schnell wurden Blicke zwischen mir und meinen Freunden gewechselt. Was war los?

„Seid bitte still und hört mir zu“, mahnte unser Englischlehrer diejenigen, die zu tuscheln begonnen hatten. „Ich möchte eine Schweigeminute halten.“

Ein ungläubiges und erschrockenes Raunen ging durch die Kurs. Uns allen stand die Frage ins Gesicht geschrieben: Warum? Was war passiert?

Yuugi.

Nein. War ihm etwas zugestoßen? Wenn wir schon eine Schweigeminute hielten, dann musste – Halt, nein, Jounouchi, so darfst du nicht denken.

Unwillkürlich presste ich meine Kiefer aufeinander und mein Blick glitt zu Yuugis leerem Platz. Das durfte nicht wahr sein… Bitte, bitte nicht. Womit hatte ich nur so viel Pech verdient? Erst das mit meinem Vater und jetzt das. Ein bitterer Geschmack legte sich auf meine Zunge.

Ich zuckte leicht zusammen, als mein Lehrer wieder anfing zu sprechen. „Halten wir eine Schweigeminute für unseren Mitschüler Seto Kaiba, der bei einem Autounfall ums Leben kam.“

Ungläubig blinzelte ich. Irrsinnig langsam sickerte diese Tatsache in mein Bewusstsein. Was… Nein…

Ich bekam keine Luft mehr. Alles mich herum wurde dunkel.

Ich hatte das Gefühl zu fallen…
 

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So. Comment? Gern^^

Um noch einmal drauf hinzuweisen: Es ist noch NICHT zuende^^ Da kommt noch was.

Für diejenigen, die meinen, dass diese Storywendung viel zu überraschend und zügig kam, zitiere ich Dürrenmatt: "Die schlimsmtmögliche Wendung ist nicht vorraussehbar. Sie tritt durch Zufall ein." (aus 'Die Physiker' Eine Komödie)

O&O - Ohnmacht und Ornate Letter

Hi!

Vielen Dank an die Leute die an dieser FF dran geblieben sind =D

Hier ein neues Chapter.

Ich muss sagen~ An dieser FF arbeite ich schon 2 Jahre und ziemlich unregelmäßig. Und dieses Kapitel ist bisher das neueste, d.h. mehr hab ich noch nicht aufgeschrieben *drop*

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Vorsichtig blinzelte ich in die Sonne.

Es war so blendend hell… Und so unerträglich heiß. War schon wieder Sommer…?

Leise murrend kniff ich meine Augenlider wieder zusammen.

„Joey? Hey Joey!“

Was war denn jetzt schon wieder? Egal, ich hatte keine Lust zu reden.

Ich merkte, wie sich mir jemand in die Sonne stellte. „Jetzt mach die Augen auf.“

Warum ich dem Befehl folge leistete war mir selbst nicht ganz klar – ob es daran lag, dass mir die Stimme bekannt vorkam oder mein Verstand von der Hitze ganz duselig war? „Oh, hi Yuugi…“

Mein kleiner Freund glubschte mich mit seinen violetten Augen an. Besorgt. Doch er versuchte zu lächeln.

„Was ist denn los?“, murmelte ich und versuchte mich aufzurichten und merkte, wie meine Kleidung an der Haut klebte wie besonders fieser Kaugummi.

Yuugis kalte Hand drückte meinen Brustkorb wieder ins Bett. „Nicht, du überanstrengst dich sonst.“

„Ach was, ich hab schon Schlimmeres durchgemacht“, protestierte ich als ich das Gefühl hatte, mein Kopf würde in der Mitte gespalten werden. „Ah…“

„Ich sagte doch, mach langsam!“

Mann wie mich das ankotzte, wenn er so überfürsorglich war. Ich bin ja nicht schwerstverletzt! Obwohl mein Kopf mir da was anderes sagte. Er sagte mir, dass ich in der Wüste einen Marathon gelaufen wäre, einen Ritt auf einem Schwarm Kamele hinter mir hatte und am heißesten Tag mitten in Domino abgeladen worden war und zu allem Überfluss in einem -

„Krankenhaus?!“ Meine Augen weiteten sich und ich sah mich panisch um. Weiß. Gardinen, Stühle, Bettlaken.

„Ja, Joey. Du bist in einem Krankenhaus“, wiederholte Yuugi und sah auf den Boden. „Tut mir Leid.“

Mein pochender Kopf drehte sich ruckartig zu ihm. „Was geht hier ab? Und bitte in verständlicher Sprache!“

„Es tut mir Leid, dass ich nicht in der Schule war, als du zusammengebrochen bist.“ Yuugis Stimme klang brüchig, was mir einen Stich versetzte. Er brauchte sich doch nicht zu entschuldigen, es war ja nicht seine Schuld! Gerade als meine Erinnerung an diesen Tag zurückkam, riss Sturmfrisur mich aus meinen Gedanken: „Du bist durch den Schock zusammengebrochen… Du hast extrem hohes Fieber bekommen und immer wieder im Delirium Kaibas Namen vor dich hingemurmelt“, endete er und sah mich mit feuchten Augen an.

Eine Eiseskälte packte mich. Kaiba. Dieser Tag. Ich spürte, wie Panik in mir hochstieg und meine Temperatur noch weiter ansteigen ließ. „Was ist mit –“

„Da ist... du wissen… Joey. Kaiba…“ Ich sah, wie Yuugi seinen Mund bewegte, konnte aber nicht alles verstehen, was er sagte. Verdammte Kopfschmerzen, geht doch weg!

„Joey, hast… verstanden?“

Mein Blickfeld vernebelte sich. Ich wollte den Kopf schütteln, aber ich hab keine Ahnung, ob ich es geschafft hatte. Diese betäubende Hitze… Das letzte was ich sah, war Yuugis verzweifeltes Gesicht, wie er nach einer Krankenschwester rief.
 

„Nein…“

Er sah auf. Murmelte der Kleine etwa wieder im Schlaf?

„So meine ich das nicht! Ich… Lass…“

Seufzend stand er auf und schlenderte hinüber zum Bett, setzte sich auf die Bettkante um seinen Patienten zu betrachten. Katsuya sah wirklich krank aus, aber immer noch besser als vor zwei Tagen, wo er mit viel zu hohem Fieber im Krankenhaus gelegen hatte. Ein Wunder, dass er es überlebt hatte. Aber Jou war zäh. Er hatte immer angenommen diese Eigenschaft wäre lästig, aber dieses Mal war sie lebenswichtig gewesen. Immerhin war sein Fieber gesunken, weshalb er den Blonden mit nach Hause genommen hatte.

„Was… Vater, nicht…“

Schweiß rann dem Blonden über die Stirn in den Nacken. Vorsichtig strich er die verklebten Haare aus seiner Stirn.

„Uhm… Was…“, murmelte Joey und richtete sich langsam auf.

„Pscht. Leg dich wieder hin.“

„Seto…?“

„Stopp – ich will jetzt nichts von dir hören. Leg dich hin.“

Jou sah ihn verwirrt an. „Was – Was hören?“

Kaiba seufzte.

„Wo ist mein Dad?“

„… Ich weiß es nicht“, antwortete der Brünette wahrheitsgemäß, denn Jounouchi hatte nur geträumt.

„Oh…“ Joey sah mit leerem Blick zur Seite. „Ich bin bei dir zuhause, richtig?“

„Ja, mach dir keine Sorgen.“

Stille.

„Durst…“

Ohne Kommentar stand der junge Mann auf und goss etwas Wasser in ein Trinkglas. Joey trank es gierig leer und ließ die letzten Tropfen auf sein Gesicht fallen, um sich ein wenig Kühle zu verschaffen. Als Seto ihm ein weiteres Glas einschüttete, strampelte er die nervige Decke weg. Als ob es nicht so schon heiß genug war!

„Lass das, du musst viel schwitzen, damit du gesund wirst“, kam die Rüge vom Größeren.

„Mir ist aber viel zu heiß“, quengelte Jou.

Seto setzte sich wieder zu ihm. „Deck dich wieder zu oder du bekommst kein weiteres Glas.“

„Nix da.“ Er legte sich auf den Rücken und streckte die Arme aus, damit sein schweißdurchnässtes T-Shirt trocknete.

„Ich wiederhole mich nicht, Katsuya.“

Die Kühle genießend schloss Joey die Augen. „Nur kurz, ich warte nur, bis ich trocken bin.“ Er keuchte auf und zuckte zusammen, als spürte, wie Seto das restliche Wasser über seinen Körper goss. Es war die Art wie er es tat, einmal der Länge nach bis das Glas leer war, und darüber hinaus war es die Art wie Seto es mit ansah, die diesen Augenblick so intensiv machte. Der Brünette sah still zu wie das Wasser an Joeys Seiten herunter rann und sich dort sammelte, und Joey sah Seto an, unfähig etwas anderes zu tun.

Schließlich sagte er: „Das war… ein wenig kalt… Warum hast du das gemacht?“

Kaiba entschuldigte sich nicht. „Ich bin ein bisschen sauer auf dich.“ Seine Hand legte sich auf den Bauch des Blonden und spürte das Nass, welches aber schon warm geworden war.

„Ich liebe dich.“

Die Stirn runzelnd suchte Seto Kaiba den Blick des Blonden. „Warum?“

Sichtlich irritiert blinzelte Jou ihn an. „Weil du dich so um mich kümmerst.“

„Nein nein, das ist doch selbstverständlich. Ich meine eher: Wieso sagst du das?“ Er hatte schon länger darüber nachgedacht. Er kam einfach nicht auf den Grund, wieso Katsuya ihn liebte. Was an ihm konnte man denn lieben?

Joey setzte sich wieder aufrecht hin, um Seto in die Augen schauen zu können. „Muss Liebe Gründe haben?“

Seto sah ihn fragend an. Er schüttelte den Kopf; doch eine Antwort hätte er gern gehabt. „Nein… muss sie nicht“, murmelte der andere. „Jetzt schlaf, du musst dich erholen.“

Jounouchis Blick ging in weite Ferne und Kaiba bemerkte, dass er ihn nicht gehört hatte. „Habe ich denn dann je meine Familie geliebt…?“

„Du brabbelst schon wieder, leg dich schlafen.“

„Meine Liebe hat keine Gründe.“

Der Brünette antwortete nicht, sondern starrte nur gedankenverloren vor sich hin. Joeys Stimme schien wieder klar zu sein, als würde er wirklich meinen, was er da sagte. Er wusste nichts darauf zu antworten.

„Gründe…“, murmelte der Blonde mit schwerer Zunge. Kaiba sah hoch, umfasste das warme Kinn und sah in die fiebrigen Augen.

„Entspann dich.“

„Was –“, setzte Joey an, doch er stockte. Eine Hand fuhr zwischen durchnässtes Shirt und nasser Haut. Rollte es langsam hoch. Eine Gänsehaut fuhr ihm über die Haut, obwohl er Fieber hatte.

Seto zog ihm das haftende Oberteil über den blonden Wuschelkopf. „Dir war doch heiß, oder?“

Ein nervöses Nicken.

„Bist du benommen?“

„Nein.“ Das war eindeutig eine Lüge.

Braune, unkonzentrierte Augen versuchten in Blaue zu schauen. „Kannst du überhaupt geradeaus schauen?“

Joey schob Kaibas Hand weg. „Warum muss ich das denn?“

Kaiba hatte keine gute Antwort parat. „Übernimm dich nicht“, war das Einzige, was ihm einfiel.

„Heißt das, du willst aufhören?“

„…Nein.“
 

Ich wusste, dass es ein Traum war. Sogar noch bevor ich überhaupt die Augen öffnete.

Wie lange ich schon wach war? Keine Ahnung.

Warum ich wach war? Wegen diesem verdammten Fieber.

Ich roch überall Desinfektionsmittel. Meine Augen waren geschlossen – so brauchte ich wenigstens dieses dämliche Weiß des Krankenzimmers nicht mehr sehen.

Verdammt.

Verdammt!

Es konnte alles nicht wahr sein!

Verärgert rollte ich mich eingemummelt in meine Decke, auf die Seite, als ich etwas rascheln hörte. Es war, als ob etwas zu Boden gefallen war… Neugierig schlug ich die Augen auf, linste über die Bettkante.

Es war ein Brief.

Ein Brief mit Blumenornamenten.

Irgendwie war ich nicht mehr fähig, irgendetwas zu tun.

Von wem war der Brief?

Nur mein Vater und Seto wussten davon.

Ich schmiss die Decke zurück und angelte mir den Briefumschlag. Starrte ihn an, ohne ihn zu öffnen.

Wollte ich überhaupt lesen, was drin stand?

Vielleicht war es so etwas wie ein Entschuldigungsbrief von dem Alten. Oder ein Abschiedsbrief von Seto…?

Ich wollte beides nicht lesen. Noch mehr Schmerz würde ich nicht ertragen…

Ehe ich es bemerkt hatte, hatten meine Hände auch schon den Umschlag aufgerissen und meine Augen huschten über den Brief.

Nein…

Oh… mein Gott…

Ich spürte, wie eine ungewollte Träne meine Wange hinunterlief. Ein Schluchzen kam aus meinem Innern. Es musste einfach heraus.

Unzählige Tränen fielen auf den Brief und weichten ihn auf, doch es war mir egal. So was von egal. Denn ich wollte ihn nicht aufheben.

Wieso auch?

„Du Arschloch…“, schluchzte ich und sah, wie das salzige Wasser die Nachricht unlesbar machte:

>Wo bleibst du? Komm endlich nach Hause.<
 

-------------

Vielleicht habt ihr eine Ahnung wer den Brief geschrieben hat? ^^

Wie gesagt, ich muss noch überlegen was jetzt kommt und freue mich über ein paar ideen =)

P&P - Post mortem und Postkarte

Ich habe dieses Kapitel irgendwie zustande gebracht, keine Ahnung, wie, denn meine Laune ist am Tiefpunkt.

Hoffe, es gefällt euch trotzdem und hinterlasst Lob & Kritik!

Ich habe eine andere FF zu den beiden angefangen, wo Joey aber um 180° gedreht wurde... Habe kaum Kommis dazu bekommen und überlege mir noch, sie hier on zu stellen. Bei Interesse, fragt an!

Enjoy the Show!

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Ich musste noch ein paar Tage im Krankenhaus bleiben, ‘zur Beobachtung’ hieß es.

Körperlich fit und geistig ein bisschen aufgewühlt, versuchte ich die Zeit tot zuschlagen und nicht an den Brief zu denken.

Um ihn zu verdrängen rief ein paar meiner Freunde mit dem weißen, kalten Telefon neben meinem Bett an. Das Teil war auch desinfiziert wie alles in diesem Raum. Also echt, wieso musste man denn ein Telefon desinfizieren?

Doch die Gespräche mit Yuugi und Anzu oder die Spielrunden mit Hiroto waren meiner Ansicht nach viel zu kurz und heiterten mich nicht sonderlich auf.

Einmal kam auch meine kleine Schwester zu Besuch. Besorgt fragte sie, was los war, aber ich konnte ihr schlecht die Wahrheit sagen, weshalb ich immer noch so lädiert aussah. Aber genau so schlecht konnte ich ihr etwas vormachen. Also erzählte ich es ihr.

„Es wird wohl das Beste sein, wenn du keinen Kontakt mehr zu unserem Vater hast, so wie ich. Tja, jetzt haben ihn alle verlassen... Vielleicht lernt er ja daraus?“

Das bezweifelte ich stark, denn der Alkohol hatte ihn nicht verlassen, scherzte ich.

Ich war wirklich froh, dass sie gekommen war, sogar ohne meine Mutter. Weshalb sie nicht mitgekommen war, wollte ich gar nicht wissen, doch Shizuka erzählte es mir trotzdem: „Sie konnte nicht kommen, weil sie einen dringenden Termin hat. Aber sie wäre gern gekommen. Glaub mir.“

Skeptisch legte ich die Stirn in Falten. Aber ich musste lächeln. Zum ersten Mal seit Tagen. Es war ungewohnt. „Freut mich zu hören. Grüß sie von mir.“

Meine Schwester ging und im selben Moment kam eine Krankenpflegerin herein.

„Wie geht es Uns denn heute?“

„Nicht anders als gestern. Ich will endlich raus aus diesem muffigen Zimmer“, grummelte ich.

Die Dame lächelte während sie meine benutzten Handtücher austauschte. „Sie können jederzeit im Krankenhaus und im Park spazieren gehen, wenn Sie möchten.“

Ruckartig setzte ich mich auf. „Was? Wieso hat mir das keiner gesagt?“

Doch sie war schon aus meinem Zimmer verschwunden.

„Wie heißt es doch so schön: Wer nicht fragt, bleibt dumm“, murmelte ich und zog mir Pantoffeln an.

Auf dem Gang herrschte reger Betrieb.

Ärzte gingen im Eilschritt mit einer Krankenschwester an ihrer Seite an mir vorbei, Familienangehörige mit Präsenten suchten nach dem richtigen Zimmer oder erkundigten sich an dem Informationsschalter, Patienten wie ich vertraten sich die Beine.

Endlich mal wieder Anzeichen von Leben inmitten dieses hässlichen Weißtons des Krankenhauses.

Neugierig ließ ich meinen Blick hierhin und dorthin wandern.

Ein alter, buckeliger Mann sprach mit einer Schwester. „Krankenschwester, wo ist mein Zimmer?“ - „Wie heißen Sie denn?“ - „Das weiß ich doch nicht mehr!“ - „Aber Sie müssen doch wissen, wie Sie heißen!“ - „Mein Name ist Huuhei, wieso fragen Sie denn, junge Dame? Kenne ich Sie irgendwoher?“

Ein kleiner Junge lief an der Hand seines Vaters, der ziemlich orientierungslos umherschaute. „Papa, wo ist denn nun das Zimmer von Mama?“ - „Hier muss es irgendwo sein...“ - „Frag doch mal bei der Rezeption!“ - „Ich bin ja wohl alt genug um ein Zimmer zu finden, da brauche ich keine Hilfe!“

Schmunzelnd schlenderte ich mich durch die Leute, ziellos.

Ich genoss das Gefühl wieder unter Menschen zu sein. Stadtmenschen wie ich brauchten das anscheinend.

Ich zog mir am öffentlichen Wasserspender einen Becher und setzte mich auf eine Bank neben ein kleines Mädchen.

Ihre Glubschaugen fixierten mich und als ich ihren Blicke erwiderte, grinste sie. Sie hatte eine Zahnlücke. „Erforschst du auch das große weiße Haus? Hast du was gefunden?“

Unweigerlich musste ich auch grinsen. „Ja, aber ich habe bisher keinen Schatz gefunden. Du etwa?“

Sie schüttelte den kopf. „Aber ich glaub, ich weiß wo er ist“, murmelte sie und kniete sich auf die Bank, um die Hände an mein Ohr zu legen und zu flüstern: „Ich habe so böse Männer gesehen, die hatten schwarze Sachen an und bewachten eine Tür. Das sind bestimmt die Wächter vom Schatz.“ Sie ließ von meinem Ohr ab und wartete gespannt, wie ich auf diese Info reagieren würde.

„Ich glaub auch. Aber was willst du gegen die Wächter unternehmen?“

„Hm... Weiß ich nicht. Ich hab denen schon zugewunken, aber sie haben nicht reagiert. Sicher sind die aus Stein und werden lebendig, wenn man versucht, die Tür zu öffnen.“

Putzig war die Kleine ja. Zu viele Filme gesehen und verwechselte diese ‘schwarzen Wächter’ sicherlich mit - Mir kam eine Idee.

„Soll ich mir das mal angucken? Wo hast du die Tür denn entdeckt?“

Das Mädchen schaute mich misstrauisch an. „Du willst den Schatz doch nur für dich haben.“

Beschwichtigend hob ich die Hände. „Nein, ich habe schon einen Schatz. Es war auch sehr schwierig an den heran zu kommen. Und darum will ich dir helfen, deinen eigenen Schatz zu finden. Ich kann ja mal sehen, was ich gegen die Wächter tun kann.“

Sie war sofort einverstanden und führte mich zu besagtem Zimmer.

Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen, mein Verdacht hatte sich bestätigt. Die Wächter in Schwarz waren nichts anderes als Männer in Anzügen. Sehr wahrscheinlich Bodyguards.

„Okay, wir müssen sie ablenken“, schlug ich vor. Wir hatten uns hinter einer Ecke versteckt und beobachteten die beiden Männer.

„Und wie?“

Gerade als ich mir einen Schlachtplan überlegen wollte, sagte der Eine etwas zum Anderen und entfernte sich. Er musste anscheinend auf Toilette.

„Das ist unsere Chance.“ Ich drückte ihr meinen Wasserbecher in die Hand. „Schütte dem Kerl das ins Gesicht und renn so schnell du kannst! Lock ihn ganz weit weg und ich schleich mich rein, hole den Schatz und wir treffen uns danach wieder an der Bank, abgemacht?“

„Aber was wenn in der Höhle noch Monster lauern?”

Ich lächelte und machte eine Pose. „Darum gehe ich rein, denn ich bin stark und kann es mit jedem Monster aufnehmen!“

Meine Komplizin nickte eifrig. „Wir treffen uns dann bei der Bank.“ Sie flitzte los, klatschte dem Bodyguard das Wasser mit voller Wucht ins Gesicht, streckte ihm die Zunge heraus und nahm die Beine in die Hand, als er ihr wütend folgte.

Gut, ich gebe es zu: Ich wusste, dass es hinter der Tür keinen Schatz gab.

Warum ich ihr dann diese Idee nicht ausgeredet habe? Auf der einen Seite, weil ich ihr die Illusion nicht nehmen wollte. Auf der anderen Seite aus Eigennutz. Eine verrückte Idee hatte sich in meinen Kopf geschlichen.

Wenn vor einem Krankenzimmer Bodyguards standen, dann musste dort eine wichtige Persönlichkeit liegen. Und in Domino gab es nicht wirklich viele hohe Tiere. Diese eigentlich unerreichbaren Menschen hatten Informationen, die der normale Durchschnittsmensch nicht hatte.

Als ich die Türklinke herunterdrückte, hatte ich nur ein Ziel: Mehr über Seto Kaibas Tod zu erfahren.

Er konnte nicht einfach durch einen Unfall gestorben sein!

Zügig schloss ich die Tür hinter mir und fing sofort mit meiner Bitte an, denn der Wachmann konnte jederzeit wiederkommen. „Entschuldigen Sie die Störung. Ich weiß, ich darf hier eigentlich nicht herein und es tut mir auch Leid, aber ich habe eine dringende Frage an Sie. Es geht um -“

„Halt mal die Luft an.“

Ich war wie gelähmt. Kein einziges Wort bekam ich heraus, aber ich dachte auch nicht daran, irgendetwas zu sagen. Ich dachte gar nichts mehr.

Ich konnte gar nicht mehr denken, denn im Krankenbett lag Seto Kaiba, der ultrareiche und herrische Inhaber der Kaiba Corp.

Er wartete ab, wie ich reagieren würde, doch da er keine Reaktion von mir bekam, seufzte er. „Na, komm her.“

Ohne meinen Willen stolperte ich zu ihm und ehe ich mich versah, landete meine Faust in seinem Gesicht.

Der Schmerz in meiner Hand sagte mir, dass er mehr als real war und brachte mich wieder zur Besinnung. Ich war rasend vor Wut.

„Kaiba, du Scheißkerl!“

Ich holte aus, um ihm noch eine zu verpassen, aber da fielen mir die ganzen Schläuche auf, an denen er hing und ließ es bleiben.

Der im Bett Liegende rieb sich die Wange. „Das habe ich wohl verdient...?“

„Und ob!“, knurrte ich und mir juckte es in den Fingern, ihn am Kragen zu packen und zu schütteln. Ich wollte ihm so viele Fragen stellen, die mir auf der Seele brannten, aber nur eine war in diesem Moment am wichtigsten. „Wieso, zur Hölle noch mal, lebst du?!“

„Jetzt beruhige dich erst einmal, Katsuya!“ Unter Anstrengung setzte er sich aufrecht hin und zeigte auf einen Stuhl, auf dem ich rauchend Platz nahm.

Nur langsam registrierte ich, dass vor mir wirklich ein, nein, DER Seto aus Fleisch und Blut war.

Er lächelte bei meinem ungläubigen Gesichtsausdruck. „Du hast es aber erstaunlich leicht aufgenommen, dass ich lebe.“

Ich konnte meinen Blick einfach nicht von ihm lösen. „Ich habe gerade Mal angefangen es zu verdauen... Erklär es mir endlich oder ich stemple dich als eine meiner Halluzinationen und Träume ab.“

„Ich denke, ihr habt in der Schule erfahren, dass ich gestorben bin, richtig?“

Ein Nicken.

„Ich bin nicht direkt am Unfallort gestorben, sondern auf dem Weg zum Krankenhaus, wie der Arzt mir erzählte.“

„Der Arzt hat dich im jenseits besucht und dir gesagt, dass du im Krankenwagen gestorben bist?“, fragte ich zweifelnd.

Kaiba bedachte mich mit seinem typischen Blick, den er mir immer schenkte, wenn ich eine hirnrissige Frage stellte. „Natürlich nicht. Er hatte es mir gesagt als ich wieder wach war. Ich bin wieder belebt worden.“

Jetzt machte das Ganze auch einen Sinn. Gespannt hörte ich weiter zu und sagte nichts.

„Und nun liege ich hier.“ Seine tiefblauen Augen musterten mich. „Was tust du eigentlich noch hier?“

Hä? ‘Noch’?

Er hatte meine fragende Miene gesehen und zuckte mit den Schultern. „Ich weiß von Mokuba, was passiert ist. Aber ich hatte dir doch das Angebot gemacht, dass du zu mir kannst, schließlich bist du ja von Zuhause ausgezogen.“

„Das wusste ich gar nicht! Woher denn auch?“ Das war mir ja mal völlig neu.

„Ich hatte Mokuba doch gesagt, er soll dir einen Brief zukommen lassen und ihm ausdrücklich gesagt, dass er verziertes Papier nehmen soll, damit du es wieder erkennst.“

Zum zweiten Mal an diesem Tag wusste ich nicht, was ich sagen sollte.

„Sag bloß, du hast gedacht, der Brief wäre von deinem Vater.“

Ich kniff die Augen zusammen um seinen ‘Mein-Gott-bist-du-dumm’-Blick nicht ertragen zu müssen. „Woher sollte ich das denn auch wissen? Es stand kein Name darauf und außerdem warst du zu dem Zeitpunkt für mich gestorben! Wortwörtlich!“

Ein genervter Seufzer entfuhr meinem Gegenüber. „Der Brief war gedruckt, das heißt dein Vater kann es nicht gewesen sein, ihr habt doch keinen Computer. Und um dich noch einmal daran zu erinnern: Du wohnst bei mir, das heißt, du hast jetzt ein neues Zuhause.“

Na super. Nur wegen meinem Tunnelblick hatte ich an diese Sachen gar nicht gedacht.

„Ich darf noch gar nicht zurück, ich bin noch unter Beobachtung“, sagte ich zu meiner Verteidigung. Aber ich wusste, dass es eine schwache Ausrede war. Seto hatte mich schon durchschaut.

„Aber wie ich sehe geht es dir besser.“

„Dir aber nicht“, meinte ich und deutete auf die ganzen Kabel und Schläuche.

„Oh doch. Lieber ein paar Wochen an diesen Gerätschaften als gar nicht mehr hier zu sein.“

Ich nickte. „Ja, zum Glück bist du hier.“

Diese Worte versicherten mir endgültig, dass dies die Realität war und Seto wieder bei mir sein würde.

Wie er selbst gesagt hatte: Ich war bei ihm zuhause.

Ich hatte den Drang ihm etwas Bestimmtes zu sagen, aber das war für ihn sicherlich nur emotionaler Kram, also ließ ich es und setzte mich stattdessen wortlos neben ihn auf die Bettkante.

Seine blauen Augen durchleuchteten mich.

„Bitte komm mir jetzt nicht mit sentimentalem Gerede, Jounouchi.“

Ich grinste. „Du weißt auch so, dass ich dich liebe, oder?“

Lächelnd schüttelte er den Kopf. „Du bist unverbesserlich. Natürlich weiß ich das.“

Mit mir selbst zufrieden lehnte ich mich an ihn. „Und von dir weiß ich das auch. Hoffentlich weißt du, dass das für immer sein wird?“

„Das wäre gar nicht Mal so schlecht“, gab Seto zu. „Sag mal, hast du eigentlich noch andere Themen? Sonst gönn mir doch bitte etwas Ruhe.“

„Ein anderes Thema als dich gibt es für ich zurzeit gar nicht! Aber eine Frage hab ich noch: Wie lange bist du denn noch an dieses Bett gefesselt?“

„Das wüsste ich auch gerne...“

„Was hältst du davon, wenn wir was Schönes machen, wenn du wieder rauskommst?“

„Was stellst du dir darunter vor?“

Mit verschiedenen Möglichkeiten vor Augen sah ich zur Decke. „Wie wäre es mit... Urlaub?“
 

Ich war auf dem Weg nach Hause als der Regen endlich aufhörte.

Mit der Rechten kramte ich meinen Schlüssel heraus, während ich mit der freien Hand den Briefkasten öffnete.

Zwischen der ganzen Werbung war eine Postkarte.

Von meinem Bruder.

Bevor ich den Text las, drehte ich sie um, um mir das Motiv anzusehen.

Es war eine Fotopostkarte.

Darauf war ein langer Sandstrand und das kristallklare Meer funkelte in der gleißenden Sonne.

Jous braunes Gesicht grinste mich an, während im Hintergrund ein brünetter Mann unter einem Sonnenschirm lag und nicht gerade erfreut darüber war, dass er gerade fotografiert wurde. Das musste Kaiba sein. Hiroto und die anderen hatten mir schon diverse Geschichten erzählt.

Ich musste lächeln. Auch ohne den Inhalt der Karte zu lesen, wusste ich, dass mein Wunsch, den ich die ganzen Jahre über gehabt hatte, wahr geworden war.

Mein Bruder war glücklich.
 

~ Ende ~



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Kommentare zu dieser Fanfic (31)
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Von:  Lunata79
2013-08-21T17:05:00+00:00 21.08.2013 19:05
Schöne FF.
Das mit dem Brief war aber schon hinterhältig. XD
Gut geschrieben.

Lg
Lunata79
Von:  Akki
2012-11-06T18:48:58+00:00 06.11.2012 19:48
schöne FF. Ich mag deine Wortwahl *g* die ganze Geschichte hat so einen spritzigen Unterton, der mir gut gefällt. Allerdings sind diesem Stil wohl auch einige ausschmückendere oder erklärendere Szenen zum Opfer gefallen. Find ich persönlich jetzt nicht so schlimm, für ernstere Stories müsstest du allerdings manchmal mehr in die Tiefe gehen.
Danke für diese FF :)
Von: abgemeldet
2009-06-08T22:30:33+00:00 09.06.2009 00:30
Also vor ab möchte ich mich gerne bei dir bedanken. Ich weiß, dass das vielleicht ein wenig strange ist, aber ich liebe dieses Pairing einfach und es hat mir viel Freude gemacht, dass es in deiner Geschichte ein Happy End gab. Das mag jetzt vielleicht kindisch sein, aber trotzdem fand ich es schön.

Zu deiner Geschichte an sich. Ich habe dir ja schon in den vorherigen Kommis geschriebe, dass ich deinen Schreibstil einfach toll finde. Ich finde es auch nicht so schlimm, dass die ganze Geschichte nicht so emotional war. Die Menschen trauern halt verschieden und ich persönlich fand eigentlich die Beschreibung ihrer Beziehung, vorallem die Anfänge sehr gut. Ich kann mir einfach nicht vorstellen - zumindest nicht wenn du ic schreibst - das in einer Beziehung zwischen den Beiden aus Liebesschwüren und Gefühlsduseleien besteht. So viel zur Theorie. Also viele Worte kurzer Sinn: immer noch eine der besten FFs die ich bis jetzt gelesen habe.

LG -Run- ehemals Kirby1985
Von:  GeezKatsu
2009-06-08T14:05:46+00:00 08.06.2009 16:05
Hm, ich weiß nicht so recht, was ich genau schreiben soll.
Okay, der "TOD" von Seto ist daher verwirrend da Joey ja nun selbst nicht wusste, das er noch lebte und jetzt versteh ich auch den Sinn von dem Brief. Ich dachte es wäre eine makabere Nachricht seines Vaters, der mehr beinhaltete als das geschriebene Wort.

Aber ich muss auch mal ein wenig Kritik ablassen. Mir ist extrem aufgefallen, das es dir schwer fällt über gefühle zu schreiben. Vll ist es in deinem Kopf aber du schaffst es nicht es auf das Papier zu bringen. Wenn ich nicht felsenfest davon überzeugt wäre, das Joey Kaiba wirklich liebt, hätte ich geglaubt, die verarschen sich gegenseitig.
Ein einziges Mal zu schreiben, wie eine Träne mal hervor kommt, ist es aber noch keine Trauer die man zeigt, wenn man einen geliebten Menschen verloren hat. Er benahm sich einfach... zu normal.
Aufgrund des Inhaltes der Story, sollte es eine romatische Liebesgeschichte mit etwas Spannung sein, denn mehr kommt nicht drin vor. Aber für das ist viel zu wenig Gefühl drin. Alles wurde zu Oberflächlich erklärt und einfach weg gewischt. Das ist sehr schade. Denn sonst hätte die Story nur ein Wort gehabt: "fanthastisch"
Von:  GeezKatsu
2009-06-07T20:26:56+00:00 07.06.2009 22:26
Also ich bin mehr als verwirrt. ISt denn Seto nun tod? Der Brief ist ja selbstverständlich von seinem Vater. Hat er ihn denn umgebracht oder lebt der noch? Durch dieses ständige Träumerei und Realitätsgezwitsche komme ich völlig durcheinander. Hoffentlich bringt das nächste Cap Klarheit.

Diese FF hat es definitiv auf meine Favos geschafft und warte auf das neue Upload ;)
Von:  GeezKatsu
2009-06-07T20:18:10+00:00 07.06.2009 22:18
no comment. erst wird das nächste Cap gelesen bevor ich dich lünche
Von:  GeezKatsu
2009-06-07T20:10:01+00:00 07.06.2009 22:10
Das ist aber makaber.
Es wird ja immer komischer. Seto lädt ihn freiwillig zu sich in der Villa Kunterbunt ein? Wie verrückt xD Na dann muss man doch lesen, wie es weiter geht
Von:  GeezKatsu
2009-06-07T19:58:41+00:00 07.06.2009 21:58
Den stummen Streit hast du wirklich gut hinbekommen, da kann man glatt neidisch werden ;)
Hm, es wird gerade höchst interessant^^
Mich wundert es nur, das beide nicht mal eine Sekunde einen Gedanken an dem Kuss verschwenden. Ist es denn so normal, das zwei Männer sich küssen die vorher sich nur taxiert haben? Seltsam
Von:  GeezKatsu
2009-06-07T19:44:26+00:00 07.06.2009 21:44
Na hossa, da ist wohl was übergekocht, aber hat sich der Kaiba auch selbst eingebrockt. An seiner Stelle würde ich ihn jetzt aber aufhalten...

Habe ich schon erwähnt, das ich dein Schreibstil geil finde? xD
Von:  GeezKatsu
2009-06-07T19:33:45+00:00 07.06.2009 21:33
kicher* der Arme hat es echt nicht leicht. Aber wenn eine unerwartete Hand im Schritt abgetrifftet ist, würde sich jeder verschlucken *lach* echt genialer Einfall. Nur ich wundere mich, warum er das gemacht hat? *zwinker


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