Prolog
„Auch wenn die Zeit die Liebe heilte
Die Wunden die wir mir einst ins Herz schlugen
Werden für ewig bleiben…“
Das Rauschen des Meeres… hier oben auf den Felsen das einzige, was man neben dem säuseln des Windes noch hören kann.
Der Himmel ist so grau… doch trotzdem hat es seit Wochen nicht geregnet, nein, es hat hier noch nie geregnet. Es ist mehr wie ein graues, tristes Loch was am Himmel klafft.
Große Wellen zerschellen an den scharfkantigen Felsen, die sich unterhalb der Klippe befinden, an deren Rand ich sitze. Sie brechen daran, sie gehen kaputt und werden wieder Eins mit der endlosen Masse des Wassers.
Vor Jahren, so kommt es mir vor, hat man mich wie aus einer großen Masse herausgerissen.
Ich will zurück verdammt, endlich wieder zurück!
Was bringt es mir noch länger hier zu bleiben, so ganz allein.
Niemand ist mir mehr geblieben.
Sie ist tot.
Wieder einmal steigen mir Tränen in die Augen, wie so oft in letzter Zeit, und doch habe ich noch nicht das ganze Ausmaß der Situation begriffen…
Ganz alleine, in einer Welt die mir so befremdlich ist. Niemand ist da.
Das leise aufseufzen eines plüschigen, warmen Drachens, an den ich mich gelehnt habe will mir andeuten, dass ganz allein doch nicht die volle Wahrheit ist.
Doch was bringt mir ein ganzes Pack, eine ganze Insel, ja, eine ganze Welt voll befremdlicher Wesen, von denen nur die wenigsten nicht die Absicht haben, mich zu fressen?
Sie hat das früher alles so viel besser verstanden.
Verdammt, was hat sie sich eigentlich herausgenommen mich hier einfach im Stich zu lassen?
Deprimiert stehe ich auf, stehe direkt an der Spitze der Klippe.
Es wäre so einfach…
Meine langen Haare fliegen im kalten, salzigen Klippenwind.
Einen Schritt weiter und ich wäre wie einer dieser Zahllosen Wellen…
Einen Schritt weiter und ich wäre wie sie.
Das letzte an was ich mich erinnern kann, aus der Zeit, in der alles noch normal war, ist jener Blick.
Es war vor der Schule, meine üblichen sechs Schulstunden hatte ich erfolgreich abgesessen und wollte mir einen schönen Tag machen, als mich ihr Blick traf.
Ein Blick so seltsam und so… so bewölkt und grau wie diese Welt.
Jenen ‚schönen Tag’ konnte ich mir niemals mehr machen.
Wie eine Welle…
Wie eine Welle werde ich durch dieses Meer wandern.
Vielleicht finde ich dann ja wieder was ich einst verloren habe, was mir so am Herzen hing, was ich alles hinter mir lassen musste, ganz umsonst.
Ich habe keine Welt gerettet, ganz sicher nicht. Das ist es doch, was die Helden meiner Zeit immer tun.
In meinen Armen hab ich sie gehalten, in genau diesen Armen hab ich sie sterben sehen – nur weil wir dachten, dass es wirklich einen Weg heraus aus dieser Hölle geben würde.
Es ist hoffnungslos. Hier kommt niemand mehr heraus, hier kommt niemand mehr herein.
Vielleicht ist der einzige Ausweg doch der Tod.
Noch einen, einen einzigen Schritt –