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Kaleidoscope

kurz vort ostern kriegt irh auch noch das letzt kapitel ^__^ frohe ostern schon mal vorab
von

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Blind Date

Jetzt stand ich schon seit zwei Minuten am Eisstand und wartete auf einen Unbekannten. Niemals hätte ich gedacht, dass ich es nötig haben würde ein Blind Date zu haben, aber ich hab es trotzdem gemacht! Im Normalfall hätte ich alle ausgelacht, die das machten, aber leider hatte ich eine Wette verloren und musste somit hier stehen und auf mein Date warten. Vor Allem wusste ich nicht einmal, wie die Person sein würde. Die Leute, mit denen ich gewettet hatte, hatten einfach irgendwelche Eigenschaften angegeben und mir jemanden ausgesucht. Das hieß, dass ich nicht wusste, was die Person von mir erwartete.

In der rechten Hand hielt ich eine Packung Nesquik-Kakao. Das hatten meine Freunde, mit denen ich gewettet hatte, als Erkennungszeichen angegeben. Toll. Wie immer war ich viel zu früh und sah mich um. Ich hoffte, dass es keine alte Frau war oder eine mit nur einem Arm. Mir lief eine Gänsehaut über den Rücken, als ich daran dachte, dass eine Einarmige auf mich zukommen würde und sagen würde: „Du bist also mein Blind Date.“

„Pfui.“, flüsterte ich, als ich mir auch noch ausmalte, wie sie versuchen würde mich zu umarmen.

„Hi.“, sagte jemand neben mir. Ich sah die Person an: Ein schlanker, großer, wirklich hübscher Junge.

„Hi.“, sagte ich und musterte ihn von oben bis unten. Eine Nesquik-Packung! Mein Blind Date!!!

„Also… Mit jemandem wie dir hätte ich nicht gerechnet.“, sagte er.

„EIN KERL!!!“, dachte ich geschockt. „Hm… So leid es mir tut, aber ich muss mal kurz etwas klarstellen. Ich habe eine Wette verloren und muss mich deshalb mit dir treffen. Außerdem bin ich nicht und wirklich gar nicht schwul.“

„Ich auch nicht. Du siehst auch gar nicht wie jemand aus, der es nötig hat sich mit jemandem aus dem Internet zu treffen.“

„Wie meinst du das denn?“

„Naja. Ich denke das nun mal. Da kann ich ja auch nichts für.“

„Aber wie kommst du darauf?“

„Vielleicht weil Typen wie du eigentlich immer jemanden abbekommen. Vielleicht deshalb… vielleicht auch wegen anderen Dingen, die mir jetzt nicht einfallen wollen.“

Ich sah ihn verwundert an. `Komischer Kauz´, dachte ich und sagte dann: „Schön. Also… wie heißt du?“

„Wie heißt du denn?“

„Erst will ich wissen, wie du heißt.“

„Wenn das hier nicht deine Idee war, wieso zeigst du dann ein bisschen Interesse an mir?“

Der Typ war eindeutig eigenartig. „Weil wir jetzt ein Eis zusammen essen werden und ich werde dich bestimmt nicht die ganze Zeit über mit >Hey Du< ansprechen.“

„Wir wollen ein Eis essen, obwohl das hier gar nicht deine Idee war? Du hast doch schon gesagt, dass du bloß eine Wette verloren hast und deshalb hier stehst.“

Ich machte den Mund auf, schloss ihn dann aber wieder. Er hatte Recht. Ich brauchte wirklich nicht mit ihm zu essen.

„Ähm…“, sagte ich.

„Also? Wenn du mir sagst, wie du heißt, dann sag ich dir, wie ich heiße. Und dann kennen wir uns und somit ist dann auch beschlossen, dass wir ein Eis essen werden.“

„Ich heiße Hizumi.“

„Und ich Karyu.“

Schön… Jetzt hatten wir uns beide vorgestellt und standen einfach so herum. Er schien ein eigentlich recht netter Kerl zu sein, aber gewöhnungsbedürftig war er auch.

„Also? Wollen wir?“, fragte er nach einer Weile. Wir beide kauften uns ein Eis und setzten uns nach draußen unter einen riesigen Sonnenschirm. Ich schleckte an meinem Eis herum und warf ab und zu einen Blick auf Karyu. Er war eigentlich ganz hübsch… wenn er denn ein Mädchen wäre, was er leider nicht war. Leider? Wieso leider??? Ich überraschte mich selbst mit meinen Gedanken.

„Du guckst so überrascht. Was ist los?“, fragte Karyu. Er hatte mich also auch beobachtet! Was wenn er mich beim Beobachten erwischt hatte? Verdammt wäre das peinlich.

„Ich hab eben nur ein bisschen komisch gedacht. Das ist alles.“ Komisch gedacht? Ich verwirrte mich. Wieso dachte ich heute solchen absoluten Schwachsinn? Vielleicht, weil es mein erstes Blind Date war, das auch noch ungewollt war und vielleicht auch, weil ich ein Date mit einem JUNGEN hatte.

„Komisch gedacht?“, fragte Karyu und lachte. Ein wirklich sehr schönes Lachen. Eines wo man am liebsten mitlachen würde, aber ich konnte schlecht über mich lachen… dann würde er ja noch mehr denken, dass ich völlig bekloppt bin. „Hach ja… du scheinst ein wirklich netter Kerl zu sein.“, sagte er dann und sah mich lächelnd an.

„Denkst du?“

„Ja.“

„Wir kennen uns grad mal fünf Minuten und du denkst, dass du jetzt schon sagen kannst, dass ich nett bin?“

„Dann bin ich eben ein Menschenkenner. Magst du es nicht, als nett bezeichnet zu werden?“

„Naja… Das ist mir eigentlich so ziemlich egal.“

„Wieso beschwerst du dich dann?“

„Ich beschwere mich doch gar nicht!“

„Na das hat eben aber noch anders geklungen.“ Wieder lachte er und wieder wollte ich mitlachen, ließ es aber bleiben. „Ich hab mein Eis aufgegessen. Wie sieht’s aus? Wollen wir noch irgendwo hingehen? Oder ist unsere arrangiertes Blind Date gelaufen?“

„Hast du das eigentlich freiwillig gemacht? Du siehst nämlich auch nicht unbedingt so aus, als ob du das nötig hättest.“

„Tatsächlich hat meine Schwester das organisiert und hat gemeint, dass ich mein Date dann aber unbedingt nach Hause mitbringen soll. Sie fährt für den Abend auch weg, damit wir dann ganz dreckige versaute Dinge tun können.“

Ich verschluckte mich an meinem letzten Bisschen Eis und sah ihn mit großen Augen an. „Was hast du denn für eine Schwester? Ich hab auch eine und die sagt immer, dass Männer, die Männer mögen, einfach nur abartig sind. Sie bezeichnet auch schon Männer, die Labello benutzen als schwul. Und was sagen deine Eltern dazu?“

„Es wäre gruselig, wenn sie sich dazu äußern würden.“

„Wieso?“

„Ich denke mal, dass sie nur noch aus Knochen und lederartiger Haut bestehen.“

„Oh…“, sagte ich. Hatte ich ein Thema angeschnitten, dass ihn irgendwie verletzte oder sonst was?

„Was denn?“

„Ist kein besonders … tolles Thema. Sorry.“

„Wofür? Du bist ihnen auf der Autobahn nicht hinten reingerast oder? Na also. Man gewöhnt sich an alles. Besonders, wenn man so eine Schwester hat wie ich, die einfach nur bekloppt aber richtig nett ist.“

Ich wusste, dass eine peinliche Stille entstehen würde und jetzt war sie wirklich eingetreten. Ich wusste nicht, was ich jetzt noch sagen sollte.

„Wollen wir noch irgendwas machen oder nicht?“, fragte Karyu schließlich. „Ich meine… wir sind ja jetzt fertig mit Eis essen und sitzen einfach nur rum. Stattdessen könnten wir noch etwas machen oder wir gehen nach Hause und sehen uns wahrscheinlich nie wieder.“

„Also mir ist das wirklich vollkommen egal. Nie wieder sehen? Du übertreibst doch. Wir würden uns bestimmt wieder sehen. Ich lasse dich einfach entscheiden, ob wir noch etwas machen.“, sagte ich. Ich hasste es Entscheidungen zu treffen.

„Wir können doch wirklich zu mir.“, schlug er vor. Zu ihm? Beim ersten Treffen. Meine Alarmglocken läuteten, aber ich konnte mir auch nicht vorstellen, dass er mir irgendwas antun könnte. Dafür sah er viel zu nett aus.

„Was wollen wir denn bei dir?“

„Was weiß ich. Ich hab eine PlayStation und ein paar Spiele… War doch bloß ein Vorschlag. Schlag etwas Besseres vor.“

„Ähm.“ Ich wusste partout nicht, was ich hätte vorschlagen können, deshalb erklärte ich mich bereit mit zu ihm nach Hause zu gehen.

Bei Karyu zu Hause ^^

„Das ist mein Zuhause.“, sagte Karyu und zeigte auf ein kleines Einfamilienhaus. Er schloss die Tür auf und sofort kam ein Mädchen aus einem der Zimmer. „Hi!“, sagte sie und gab mir die Hand. „Ich bin Karyus Schwester und du bist sein Blind Date, richtig? Ich verschwinde dann mal, damit ihr ganz dreckige Dinge tun könnt.“ Sie grinste uns beide an und lief dann aus dem Haus.

„Ich sagte doch, dass sie verrückt ist.“, sagte Karyu grinsend. „Aber man gewöhnt sich an alles. Außerdem ist sie gar nicht mal so schlimm, wie sie jetzt vielleicht rüberkam.“

„Eigentlich frage ich mich nur, wieso meine Schwester nicht auch so … nett sein kann.“

Er lachte. „Wenn du meinst. Ist ja auch egal. Hast du Hunger? Möchtest du vielleicht etwas trinken?“

Ich schüttelte den Kopf. „Nein danke. Sag mir lieber, was wir jetzt machen.“

„Wir können SingStar spielen. Hat sich meine Schwester erst gestern gekauft. Hast du Lust?“

Wollte ich? Im Normalfall fand ich es nicht so besonders toll in Gegenwart anderer Menschen zu singen. Und doch zuckte ich mit den Schultern und sagte: „Meinetwegen.“

Ich sang als erstes und als ich mein Lied beendet hatte, sah Karyu mich mit offenem Mund an. „Was?“, fragte ich.

„Das war… genial! Du kannst aber toll singen! Klasse. Ich bin begeistert. Sing noch mal.“

„Nein.“

„Wieso? Bitte!!! Komm schon! Ich bitte dich! Ich find’s toll, wie du singst. Noch ein Lied, dann lass ich dich damit in Ruhe.“

Er war wirklich eigenartig. Knuffig aber eigenartig. Hübsch und knuffig, aber leider kein Mädchen. Verdammt! Wieder überraschten mich meine Gedanken. Wollte ich was von Karyu? Aber er war doch ein Junge! Ich schüttelte den Kopf und suchte mir ein Lied aus.

„Wieso schüttelst du den Kopf?“

„Wieso beobachtest du mich ständig?“ Das klang eindeutig zu zickig. Karyu sah mich erschrocken an.

„Sorry. Ich wusste ja nicht, dass es dich so stört, wenn dich jemand mal eine Minute lang ansieht.“

Ich seufzte. „Nein… Ist schon okay… Ich bin ein bisschen… überreizt… denke ich jedenfalls. Willst du nicht auch mal singen? Wir können ja ein Duett machen.“

„Ich hab eine andere Idee.“, sagte Karyu grinsend, stand auf und kam mit einer Gitarre wieder. „Lass uns mal ausprobieren, ob dein Gesang und meine Gitarren“kunst“ harmonieren.“ Er machte die PlayStation aus. „Such dir ein Lied aus.“

Wollte er ernsthaft, dass ich ihm etwas vorträllerte? „Also um mal ganz ehrlich zu sein: Ich find’s nicht so toll, jemandem etwas vorzusingen.“, sagte ich, denn ich hatte absolut keine Lust mich zum Affen zu machen. Eigentlich konnte ich – meiner Meinung nach - nicht einmal singen, aber das schien Karyu anders zu sehen.

„Ach komm schon! Ich bitte dich! Kann man dich irgendwie bestechen?“, bettelte er.

„Na gut.“ Mein Mundwerk war schneller als mein Hirn. Na toll. Jetzt hatte ich den Salat, obwohl ich doch gar keinen Salat mag. Am liebsten futtere ich Schokolade bis zum Abwinken. Ich stellte mir mein persönliches Schlaraffenland vor und vergaß Karyu völlig. Ich konnte nur noch an Schokoladenflüsse, -bäume, -wiesen und Gummibärchenbewohner denken. Hach, wie ich Naschi doch liebe.

„Hallo?“ Karyu riss mich aus meinen Fantasien. Fantasie? Da ist doch eindeutig eine „Fanta“ drin. Ich schüttelte den Kopf. „Du verdrehst mir den Kopf.“, sagte ich und kapierte erst dann, wie das geklungen haben musste. „Also nicht so den Kopf verdrehen, sondern anders. Also nicht, dass ich auf dich stehe oder so, aber irgendwie denke ich ganz komisch.“ Und wie immer, wenn ich versuchte mich zu rechtfertigen, sprach ich immer schneller und unverständlicher und setzte einen Satz aus irgendwelchen Wörtern zusammen, sodass er plötzlich keinen Sinn mehr ergab.

Karyu fing an zu lachen, als ich mitten im Satz aufhörte, weil es doch keinen Sinn ergab. Er verstand mich sowieso nicht.

„Also um ganz ehrlich zu sein, habe ich kein Wort verstanden, aber das klang wirklich genial.“, lachte Karyu. „War irgendwie…. Knuffig.“

Knuffig?! Ich war knuffig, wenn ich irgendwelche Wörter aneinanderreihte, die dann keinen Sinn mehr ergaben? Karyu war wirklich eigenartig. ‚Aber süß.’, sagte ein kleines Stimmchen in meinem Hinterkopf. ‚Gib’s zu! Du findest ihn toll!’, sagte es weiter. Das Stimmchen meldete sich nicht zum ersten Mal bei mir und dadurch wusste ich leider, dass es vielleicht Recht haben könnte.

Nachdem Karyu sich beruhigt hatte, sang ich, während er Gitarre spielte. Aber nur ein Lied! Auf ein zweites hatte ich keine Lust.

„Draußen wird es schon dunkel.“, bemerkte Karyu.

„Dann gehe ich mal nach Hause.“, sagte ich, stand auf und ging zur Haustür.

„Ich hätte nicht gedacht, dass es so viel Spaß machen würde.“, sagte Karyu, als ich mir die Schuhe anzog.

„Ich auch nicht. Aber so lustig war es nicht, dass ich singen musste.“ Karyu öffnete die Tür.

Was sollte ich sagen? Ciao bis morgen? Woher sollte ich denn wissen, wann ich ihn wieder sehen würde, beziehungsweise OB ich ihn überhaupt wieder sehen würde. Deshalb sah ich ihn eine Weile lang an und blickte dann auf meine Schuhe.

„Wir sehen uns.“, sagte Karyu und umarmte mich. Freundschaftlich… hoffte ich jedenfalls…

„Japp… Wir sehen uns.“ Er ließ mich los, ich winkte und ging dann nach Hause.

Dort angekommen, ließ ich mich auf mein Bett fallen. Ich hatte mich heute eindeutig bescheuert benommen. Ich sah die Decke an. ‚Gib’s zu! Du hast die Umarmung genossen!’, meldete sich das Stimmchen.

„Ach halt die Klappe.“

‚Du weißt, dass ich Recht habe! Du versuchst deine Homosexualität zu verleugnen!’

Ich setzte mich hin. Ich war eindeutig NICHT schwul… aber wieso fand ich Karyu doch ein bisschen Interessant? Hatte mein Stimmchen wirklich Recht? Wenn ja, dann würde ich ein paar Probleme bekommen. Meine Eltern, meine Schwester und alle meine Freunde hatten etwas gegen Schwule und Lesben. Wenn das wirklich so wäre und ich ertappt werden würde, dann wäre ich erledigt und bei allen unten durch.

‚Das ist dir doch völlig egal, wenn du dafür Karyu haben kannst. Hehehe.’ Am Liebsten hätte ich das Stimmchen umgebracht…

Hizumi ist krank!

Und mein Stimmchen behielt Recht. Fast einen Monat später waren Karyu und ich zusammen. Heimlich natürlich! Meine Familie durfte davon nichts wissen, also durfte ich ihn nicht mit nach Hause nehmen. Und wenn ich es doch mal tat, dann war er einfach ein Freund, wurde aber trotzdem von allen komisch angeguckt. Ganz anders ging es bei ihm zu Hause zu! Seine Schwester schwirrte um uns herum und bot uns was zu trinken, essen oder spielen an. Und dann verschwand sie wieder mit der Begründung, wir sollten etwas Dreckiges machen.

Ein Samstag fing schon mal völlig beschissen an, weil ich aufstand und mich völlig mies fühlte. Meine Nase war verstopft, mein Hals tat weh, genauso wie mein Kopf und dann bekam ich auch noch einen Hustenanfall, den meine Mutter gehört hatte und sofort zu mir ins Zimmer stürmte.

„Was ist los? Bist du krank?“, fragte sie und stopfte mir ein Thermometer in den Mund, riss es nach einer Weile wieder raus und schrie: „38, 6?! Das ist aber gar nicht gut. Du bleibst den ganzen Tag im Bett und trinkst Tee. Haben wir uns verstanden?“

„Ich fühle mich aber gar nicht krank.“, log ich krächzend.

„Das klingt aber anders. Du bleibst hier!“

„Aber ich bin verabredet.“

„Mit wem?“

„Mit Karyu.“

Meine Mutter machte ein Gesicht, als ob sie in eine wirklich sehr saure Zitrone gebissen hätte. Sie hasste Karyu. Ich verstand gar nicht warum, denn er war immer nett zu ihr gewesen und hatte ihr keinen Anlass gegeben ihn zu hassen.

„Dann ruf ihn an und sag ab! Du bleibst zu Hause! Und keine Widerrede.“, sagte sie und verschwand aus meinem Zimmer. Na toll. Ich nahm mein Handy in die Hand und rief Karyu an.

„Ja?“

„Ich muss absagen.“

„Hizumi? Du klingst aber beschissen. Also im Sinne von krank und so.“

„Deshalb sag ich ja auch ab. Aber du kannst vorbeikommen, wenn du willst.“

„Das erlaubt mir deine Mutter nie! Die schmeißt mich achtkantig wieder raus.“

„Dann kletterst du eben durchs Fenster.“

„Dann darf ich nie wieder zu dir.“

„Na und? Dann geh ich eben nur noch zu dir.“

Karyu lachte. Bei unseren Diskussionen zog er immer den Kürzeren! Ich war einfach zu gut! „Das heißt also, dass du jedes Mal meine Schwester um dich rumhoppeln lassen willst?“

„Macht nix. Ich überleb das. Kommst du vorbei?“

„Na ich weiß nicht. Bist du schlimm krank?“

„Nein.“

„Lüg nicht.“

Ich grummelte irgendwas vor mich hin. In dem Moment kam meine Mutter mit einer extrem großen Tasse Tee ins Zimmer.

„Mit wem telefonierst du?“

„Karyu.“

„Ach so.“, sagte sie und verschwand wieder.

„Wieso rufst du eigentlich immer von deinem Handy aus an?“, fragte Karyu.

„Wenn ich mit dem Haustelefon anrufen würde, dann könnte man in einem anderen Zimmer den anderen Hörer nehmen und zuhören. Deshalb.“

„Bereden wir denn irgendwelche geheimen Dinge?“

„Nichts Geheimes… Aber gewisse Sätze sollten unter uns bleiben.“

„Verstehe.“

„Komm vorbei!“

„Kurz.“

„Zwei Stunden mindestens.“

„Du hast nen Knall.“

„Und wenn schon? Dann liebst du eben jemanden, der nen Knall hat.“

„Stimmt… Was hab ich mir da bloß für eine Person ausgesucht?“ Er lachte. „Na gut. Ich komm für eine Stunde zu dir.“

„Zwei und mehr.“

„Wenn deine Mutter mich bis dahin nicht rausgeworfen hat, dann okay.“

„Super! Dann kannst du in… 20 Minuten vorbeischneien.“

„Mach ich dann. Bye.“

„Bis gleich.“

Weder er noch ich legten auf. Das war immer so das Problem bei unseren Telefonaten. Beide warteten auf DEN Satz.

„Wie ich diese Stille doch hasse.“, meldete sich Karyu und kicherte. „Na gut. Dann beende ich jetzt mal unser wirklich verrücktes Telefonat.“

„Mach das.“

„Ich mach das ständig.“

„Ich bin ja auch zu feige. Außerdem hab ich das auch schon oft gesagt.“

„Ich liebe dich.“

„Ich dich auch.“

„Schön.“

„Find ich auch.“

„Bis nachher.“

„Bye.“ Und tatsächlich legte er auf. Ich machte mich fertig und setzte mich dann wieder auf mein Bett. Den Tee hatte ich gar nicht angefasst, denn der sah eher aus, als hätte man Erde in Wasser aufgelöst… in viel zu wenig Wasser zu viel Erde. „Bäh!“, flüsterte ich der Tasse angeekelt zu.

‚Trink! Dann wirst du gesund und darfst wieder etwas mit Karyu machen!’ da war mein Stimmchen wieder. ‚Du willst ihn doch nicht anstecken oder? Oder ist es dein Traum zu ihm zu gehen, in einem wirklich hübschen Krankenschwesterndress? Muhahahaha!!!’ Ich schüttelte den Kopf, so wie ich es immer tat, wenn mir irgendwas nicht passte, was ich dachte.

„Hizumi? Du hast Besuch. Aber der darf nur eine Stunde bleiben! Haben wir uns verstanden?“, fragte meine Mutter - als sie mein Zimmer betrat – und sah mich böse an.

„Jaja.“

Karyu kam rein und meine Mutter ging raus.

„Du siehst ja schlimmer aus, als ich mir dachte.“, sagte Karyu, umarmte mich und setzte sich dann auf einen Stuhl.

„Danke schön. Du hast auch mal besser ausgesehen.“ Ich streckte ihm meine Zunge entgegen.

„Soll das eine Einladung sein?“, fragte er und sah mich ganz komisch an. So wie er mich noch nie angesehen hatte! Und dann lachte er. „War doch nur ein Witz. Schau mich nicht so erschrocken an.“

„Ich war grade nur ein bisschen … überrascht.“

„Hab ich gemerkt. Du musst doch nicht alles so ernst nehmen. Ich bin eben ein wenig bekloppt. Daran ist meine Schwester schuld.“

„Okaaaaay… Egal.“ Karyu stand auf und setzte sich zu mir aufs Bett. „Und was machen wir beiden Hübschen jetzt?“, fragte er dann.

„Ich weiß nicht.“

„Du könntest deinen Tee trinken.“

Ich verzog angewidert das Gesicht „Der ist aber eklig und kalt.“

„Gut.“ Karyu stand auf, nahm die Tasse und ging weg. Was wollte er? Wollte er mir neuen Tee holen? Wieso hatte er mich so komisch angeguckt? ‚Er wollte dir die Zunge in den Hals stecken, was denkst du denn? Also so blöd bist du dann auch nicht. Du willst es doch auch.’ Mein Stimmchen. Vielleicht hatte es (wie immer) Recht. Ich war schon fast zwei Monate mit ihm zusammen… Vielleicht wünschte Karyu sich wirklich, dass wir … ein bisschen mehr machten.

„So!“, sagte Karyu, als er mein Zimmer betrat. „Hier hast du einen neuen Tee. Sogar einen anderen.“

Ich nahm die Tasse in die Hand und dachte immer noch nach.

„Was ist los?“ Karyu setzte sich wieder neben mich.

„Nichts.“

„Lüg mich nicht an.“

Ich seufzte. „Ich denke nach.“

„Worüber?“

„Du hast mich so komisch angeguckt.“

„Das beschäftigt dich?“

„Ja.“

„Muss es aber nicht. Wie schon gesagt: meine Schwester steckt an. Du musst dich wirklich nicht wundern, wenn ich plötzlich irgendwelche komischen Dinge mache.“

„Bist du zufrieden, so wie es ist?“

„Bist du es nicht?“

„Doch schon… aber bist du es?“

„Natürlich. Ich bin zufrieden, wenn du es auch bist. Und wenn dich etwas stört, dann ändere ich es lieber, statt Gefahrzulaufen dich zu verlieren.“ Er lächelte mich an. Hach ja… er war so knuffig!

Gespräch mit der Mutter

In dem Moment wurde meine Tür aufgestoßen und meine Mutter sah uns beide schockiert und sauer an. „Wie bitte?!“, schrie sie und ihre Stimme wurde furchtbar schrill. „Was hast du da gesagt?“ Sie sah Karyu an, als ob sie ihm den Kopf abreißen wollte.

„Ähm… als Freund meinte ich natürlich.“, log Karyu.

„Und das soll ich dir glauben? RAUS!!! Aber sofort!“, schrie sie. Karyu ging Ärger immer aus dem Weg, deshalb stand er schnell auf, warf mir einen entschuldigenden Blick zu und verschwand. Meine Mutter hinterher. Was würde jetzt wohl passieren? Wahrscheinlich würde ich nie wieder irgendwo hingehen dürfen. Jedenfalls nicht alleine. Ich würde ihr sogar zutrauen, dass sie mitkommen würde. Ich hörte, wie die Haustür zugeschlagen wurde und meine Mutter zu meinem Zimmer trampelte. Sie betrat das Zimmer und sah mich böse und gleichzeitig enttäuscht an. Dann setzte sie sich auf mein Bett und sah mich traurig an. So sah sie mich fast eine ganze Minute lang an, ohne dass ich wusste, was ich hätte sagen können. Klar war sie sauer auf mich und bestimmt auch verwirrt. Vielleicht wusste sie selbst nicht, was sie sagen sollte. Sie sah mich einfach immer weiter so an.

„Ich glaube, wir müssen reden, mein Lieber.“, sagte sie endlich.

„Worüber denn?“

„Über… deine Vorlieben. Wir haben uns noch nie wirklich über das Thema „Liebe“ unterhalten. Und ich finde, dass ich das als Mutter mal mir dir besprechen sollte. Du hast also mehr Interesse an Jungen?“

„Nein, eigentlich nicht.“

„Und wieso bist du dann…“

„Weil es eben so kam.“

„Aber das muss doch einen Grund gehabt haben.“

„Dann ist es eben Zufall gewesen, okay? Ich hab wirklich keine Lust, mit dir darüber zu reden.“

„Ich denke aber, dass es meine Pflicht ist. Du weißt schon, dass man Aids und solche Sachen bekommen kann?“

Ich sah sie schockiert an. Das wollte sie nicht wirklich besprechen oder? Schon in der vierten Klasse hatten wir alle das Thema ausführlich besprochen und ein paar Jahre später hatte ich auch herausgefunden, wie und wann man Aids bekommen könnte. Ich hatte absolut keine Lust das mit meiner Mutter zu besprechen. „Ich weiß das doch alles.“

„Hast du denn schon mit ihm geschlafen?“

„Und wenn, dann würde ich es dir ganz bestimmt nicht erzählen!“

„Ich möchte es aber gern wissen.“

„Wieso?“

„Dann müssten wir zur Vorsorge zu einem Arzt gehen.“

„Lässt du mich jetzt bitte mit diesem Thema in Ruhe? Du hast jahrelang über nichts in der Art gesprochen. Da hab ich jetzt überhaupt keine Lust zu.“

„Gut. Ich möchte nicht, dass du dich noch einmal mit diesem Jungen triffst.“, sagte sie und stand auf.

„Du kannst das sowieso nicht überwachen.“

„Denkst du? Dann gehe ich eben überall mit dir hin. Ich bringe dich zur Schule und hole dich wieder ab. Und wenn du irgendwo hingehst, dann komme ich eben mit. Dann schnacke ich eben mal mit den Eltern deiner anderen Freunde.“

„Denkst du nicht, dass das ein bisschen peinlich für mich ist?“

„Daran hättest du denken sollen, bevor du dich auf diesen Jungen eingelassen hast.“

„Wieso lässt du mich nicht einfach selber entscheiden, mit wem ich zusammen sein will und mit wem nicht?!“ Tatsächlich… ich schrie meine Mutter an. Sie sah mich schockiert an.

„Du gehst heute nirgendwo mehr hin… schließlich hast du Fieber. Wir wollen doch nicht riskieren, dass es schlimmer wird. Du bleibst heute den ganzen Tag im Bett und niemand kommt zu dir. Dein Handy nehme ich mit. Du könntest schließlich einen Anruf bekommen, der dir etwas Schockierendes mitteilt. Das kann immer mal passieren. Auch heute, deshalb nehme ich das erst einmal mit.“ Sie nahm mein Handy und steckte es ein. „Du bekommst es wieder, sobald du gesund bist.“

Dass sie mein Handy mitnahm, verstand ich nicht. Den Grund hatte sie sich ausgedacht, weil sie bloß verhindern wollte, dass ich mit Karyu telefonierte.

Den ganzen Tag über, starrte ich die Decke an und musste Tee trinken und irgendwelche gesunden, ekelhaften Sachen essen. Ich hoffte, dass Karyu vielleicht doch an mein Fenster klopfen würde, doch er tat es nicht. Wahrscheinlich dachte er, dass meine Mutter sich wieder beruhigen würde, doch das bezweifelte ich. Wahrscheinlich dürfte ich ihn nie wieder sehen.

Hizumis Ausflug

Tatsächlich sah ich ihn einen ganzen Monat lang kein einziges Mal. Meine Mutter hatte ihre Drohung wahr gemacht und mich überall hin begleitet. Sie tauchte sogar in den Schulpausen auf, um nachzusehen, ob ich wirklich da war. Also langsam wurde es wirklich lächerlich und vor allen Dingen: peinlich.

Mein Handy hatte ich immer noch nicht wieder bekommen und meine Mutter hatte immer wieder versucht mir klar zu machen, dass es nichts bringt mit einem Jungen zusammen zu sein. Man würde keine Kinder bekommen und so niemals glücklich werden. Wenn man heiratete, dann würde das doof aussehen, weil beide einen Smoking tragen müssten. Und noch mehr solcher Sachen. Sie versuchte sogar, mich zu einem Arzt zu schleppen und mich auf Aids testen zu lassen.

An einem genau so langweiligen und peinlichen Tag wie alle anderen, lag ich auf meinem Bett herum. Aus Langeweile hatte ich sogar meine Hausaufgaben gemacht, was ziemlich selten vorkam. Es klopfte. Aber nicht an der Tür. Karyu winkte mir durchs Fenster zu. Schnell machte ich es auf und fing an zu strahlen.

„Hi.“, sagte Karyu und gab mir einen Kuss.

„Hey. Wie geht’s dir?“

„Wie soll es mir denn ohne dich gehen? Natürlich geht es mir mies und ich langweile mich zu Tode. Tatsächlich habe ich ab und zu versucht dich anzurufen, aber dein Handy ist aus und deine Mutter sagt immer, dass du unter der Dusche bist. Wie geht es dir?“

„Beschissen. Willst du nicht rein kommen?“

„Nee… lieber nicht. Wenn ich draußen bleibe, dann kann ich immerhin schnell verschwinden, falls deine Mutter reinkommen sollte. Und ich denke, dass das gesünder für mich wäre, weil sie mir bestimmt den Kopf abreißt, wenn sie mich hier sieht.“ Bei diesen Worten warf er einen ängstlichen Blick zur Tür. Leider musste ich ihm Recht geben… was ich eigentlich schade fand… eigentlich fand ich es doof, dass er draußen und ich in meinem Zimmer stand.

„Meine Schwester lässt fragen, ob du übers Wochenende nicht bei uns schlafen möchtest.“, sagte Karyu. Eigentlich war für mich die Antwort klar, aber ich musste leider eine andere geben: „Ich darf nicht.“

„Ich weiß. Aber ich wollte es dir trotzdem mal vorschlagen. War doch irgendwie klar, dass es rauskommen würde.“

„Ja, leider. Aber ich hätte nicht gedacht, dass meine Mutter so krass reagiert.“

„Ich auch nicht. Aber daran können wir auch nichts ändern, egal wie gerne wir es möchten.“ Er hatte vollkommen Recht. Schade.

Es klopfte an meiner Tür, Karyu und ich sahen uns erschrocken an. Dann lächelte er mich an und gab mir einen Kuss. „Ich komm dich noch mal besuchen.“, flüsterte er und lief weg. Genau in dem Moment machte meine Mutter die Tür auf.

„Wieso hast du das Fenster aufgemacht?“

„Weil es hier drin ziemlich warm ist.“

„Wir haben September. Und draußen ist es relativ kalt.“, sagte sie und kam zu mir. Dann sah sie aus dem Fenster und schien nach etwas zu suchen. Ahnte sie etwa, dass Karyu da gewesen war?

„Ich finde es ist warm. Was suchst du?“

Sie antwortete nicht sofort, sondern suchte immer noch. „Nichts.“, antwortete sie schließlich langsam. „Komm essen.“ Sie sah mich streng an und verließ dann das Zimmer. Zum Glück war Karyu schnell genug gegangen! Ich ging zum Essen und dachte über Karyus Angebot nach. ‚Hau heimlich ab.’ sagte meine Stimmchen. Die Idee war gar nicht mal so schlecht. Ich könnte mich nachts rausschleichen und früh morgens wieder kommen. Aber wozu würde ich dann überhaupt zu Karyu gehen? Um ein bisschen mit ihm zu quatschen, dann zu schlafen und dann wieder nach Hause zu gehen? Das würde sich nicht lohnen. Aber ich war mir sicher, dass mein bester Freund für mich lügen würde. Dann könnte ich doch mit ihm ausmachen, dass er sagte, dass ich bei ihm war. Meine Mutter würde bestimmt nicht auch dort schlafen. Dann könnte ich mittags zurück zu ihm und mich von dort aus von meiner Mutter abholen lassen. Brillant nicht wahr? Nein… es kam anders.

Ich rief – nachdem ich mich vergewissert hatte, dass meine Mutter etwas anderes machte und so nicht belauschen konnte, was ich mit meinem besten Freund Zero besprach – Zero an.

„Ja?`“, meldete sich Zero.

„Hi.“

„Hey. Was willst du?“

Ich erklärte ihm, was ich vorhatte. Eine Weile lang sagte er gar nichts. Dann fing er an zu lachen. „Du bist total verrückt nach dem Typen oder? Deine Mutter reißt dir und mir den Arsch auf, wenn sie uns erwischt.“

„Macht das was? Mir macht es nichts aus.“

„Denkst du mir??? Ich bin ja wohl eher derjenige von uns beiden, der Action braucht. Okay ich mach’s. Aber was ist, wenn deine Mutter abends anruft und dich sprechen will?“

„Dann sagst du, dass ich unter der Dusche bin.“

„Und wenn sie will, dass du sie zurückrufst?“

„Dann rufst du bei Karyu zu Hause an und sagst mir bescheid. Dann ruf ich sie von dort aus an.“

„Und du denkst wirklich, dass das funktioniert?“

„Ich hoffe es.“

„Gibt’s sonst noch Möglichkeiten, wie sie uns erwischen könnte?“, fragte Zero.

„Ich denke nicht. Aber ich bin mir sicher, dass du das schon alles hinbekommst.“

„Na klar! Ich bin schließlich der Intelligentere von uns beiden. Okay. Dann sehen wir uns am Samstag.“

„Ja.“

„Bye.“

„Tschüß. Und danke.“

„Kein Problem. Für dich mach ich das doch immer.“
 

Also packte ich am Samstag glücklich meine Sachen und setzte mich ins Auto, mit dem wir zu Zero fuhren. Dort stiegen meine Mutter und ich aus und verbrachten den Nachmittag bei Zero. Abends verabschiedete sich meine Mutter und eine halbe Stunde später ging ich zu Karyu.

Ich klingelte, seine Schwester öffnete die Tür.

„JAAA!!! Du bist doch da. Ich wusste, dass du kein Angsthase bist und dich irgendwie zu uns schmuggelst. Genau deshalb geh ich heute auch weg.“ Sie zwinkerte mir zu. „Ich will schließlich nicht stören. Karyu ist im Wohnzimmer und ich wünsche euch beiden seeeeeehr viel Spaß!“

Sie schob mich ins Haus, winkte mir dann zu und schloss die Tür. Ich zog meine Schuhe aus und wollte dann ins Wohnzimmer, doch Karyu kam mir schon strahlend entgegen.

„Hey!“, sagte er und nahm mich in den Arm. „Ich hab gehofft, dass du doch herkommen würdest.“

„Und ich hoffe, dass es auch gut gehen wird.“, sagte ich. Irgendwie glaubte ich nicht so richtig daran, dass alles glatt gehen würde. Doch ich verdrängte diese Gedanken und konzentrierte mich einfach auf die Zeit, die ich mit Karyu verbrachte. Diese Zeit dauerte jedoch nicht lange an. Schon um 21 Uhr klingelte Karyus Telefon. Er nahm den Hörer in die Hand. „Hallo?... Ja, der ist da. Ich geb’ ihn dir. Für dich.“, sagte Karyu und überreichte mir den Hörer.

„Ja?“

„Also! Kurzfassung: Deine Mutter ist auf dem Weg hierher!!!“, schrie Zero. „Du musst dich seeeeeeeeeehr beeilen, denn sie wird so in 10 Minuten da sein. Kletter durch ein Fenster. Am Besten ziehst du dir noch schnell deine Schlafsachen an. Beeil dich!!!“

„Okay.“ Ich legte auf und drehte mich zu Karyu um. „Ich muss weg.“

„War doch klar, dass es nicht gut gehen würde. Naja. Wir sehen uns garantiert noch.“, sagte er, während ich mir die Schuhe anzog. Ich wollte so verdammt gerne bei Karyu bleiben, aber damit würde ich wahrscheinlich riskieren, dass ich ihn wirklich niemals wieder sehen würde, und dass meine Mutter jede Minuten um mich herumwuseln würde.

Ich lief aus dem Haus und verfluchte bei jedem Schritt meine verdammte Mutter. Nach etwa 10 Minuten war ich dann bei Zero zu Hause. Er erwartete mich schon. „Beeil dich! Zieh dich um! Da kommt deine Mutter.“ Ich sprintete ins Haus und in Zeros Zimmer. Schnell zog ich mich um und hörte, wie er meine Mutter begrüßte. „Wollen Sie nicht vielleicht einen Tee? Wir haben ganz viele Sorten, deshalb müssten Sie mit in die Küche kommen und sich eine aussuchen.“, versuchte Zero meine Mutter abzulenken und mir somit mehr Zeit zu verschaffen.

„Nein danke. Ich möchte keinen Tee. Wo ist mein Sohn?“

„Ähm… in meinem Zimmer. Wollen Sie wirklich nichts? Wir haben ganz tolle Kekse, die noch besser mit Tee schmecken.“

„Ich möchte nichts. Danke.“ Ich hörte, wie sie mit sehr schnellen Schritten auf die Tür zukam. Wo verdammt noch mal war mein Schlaf-T-Shirt?! Ich kramte in meiner Tasche rum und verteilte die Sachen im Zimmer. Da wurde die Tür plötzlich aufgemacht und ich sah meiner anscheinend wütenden Mutter in die Augen.

„Wieso hast du nichts an?“, fragte sie schockiert.

„Ich hab doch was an.“

„Aber nicht oben rum.“

„Ja… hm… ich suche immer noch nach meinem T-Shirt.“

Ihre Augen wurden zu schmalen Schlitzen. „Aha. Du warst nicht zufällig draußen?“

„Nein.“ Ich lachte nervös. „Wie kommst du denn darauf?“ Woher sollte sie denn auch wissen, dass ich weg gewesen war? Sie hätte mich unmöglich sehen können. Schließlich bin ich eine halbe Stunde später als sie weggegangen.

„Ach ich habe so meine Quellen.“

„Was für Quellen?“

„Ist das nicht egal? Warst du weg oder nicht?“

„Ich hab doch schon gesagt, dass ich die ganze Zeit hier war.“

„Ich kann das bestätigen.“, meldete sich Zero, der hinter meiner Mutter stand.

„Du hältst dich da raus.“, fauchte meine Mutter. Zero hatte schon immer ein bisschen Angst vor meiner Mutter gehabt, deshalb sah er eingeschüchtert auf den Boden.

„Beweis doch, dass ich weg war.“, keifte ich.

„Das kann ich sogar.“ Ich sah sie erschrocken und gleichzeitig überrascht an.

„WAS?!“

Sie nickte. „Ganz zufällig wohnt eine Freundin von mir in der Nähe von hier. Und sie hat tierische Angst davor, dass sie jemand ausraubt, deswegen hat sie an jedem Fenster eine Kamera aufgestellt. So kann sie immer sehen, wer der Räuber ist. Und als sie heute aus dem Fenster geschaut hat, da hat sie dich weglaufen sehen. Wo bist du denn hingerannt?“

„Zur Haltestelle.“, meldete sich Zero, der anscheinend wieder ein bisschen Mut bekommen hatte. „Wir hatten nämlich vor einen Film zu gucken, aber wir hatten kein Knabberzeug. Ich war schon umgezogen, deshalb ist Hizumi losgelaufen. Sehen Sie? Da liegen die Chips, die er gekauft hat und da liegt der Film. Silent Hill wollten wir gucken. Ich hab sogar noch den Kassenbon von der Tanke.“

Wo bitte hatte er einen Bon her, von einem Einkauf, den ich nie gemacht hatte?

Zero quetschte sich an meiner Mutter vorbei ins Zimmer und gab ihr dann einen kleinen Zettel.

„20 Uhr. 33 Minuten. So um die Zeit ist er doch bestimmt gefilmt worden oder?“, fragte Zero.

Meine Mutter sah den Bon ungläubig an. „Du hast mich trotzdem angelogen! Du warst weg.“

„Ja schon, aber das hab ich doch total vergessen. Das war ne Sache von 5 Minuten.“ Am Liebsten wäre ich Zero um den Hals gefallen, für seine geniale Idee mich unschuldig darstehen zu lassen.

„Aber hier um die Ecke ist doch auch eine Tankstelle. Wieso bist du nicht dort einkaufen gegangen?“ Natürlich fand meine Mutter eine kleine Ungereimtheit in Zeros Story.

„Na weil es da nur Gummi-Chips gibt. Die sind mindestens vier Wochen alt.“, sagte Zero, obwohl er doch immer dort einkaufen ging, weil die Chips ganz besonders lecker waren. „Und wenn Sie sich jetzt noch fragen, warum er von Ihrer Freundin auf dem Rückweg nicht gesehen wurde, das kann ich Ihnen auch beantworten! Ich hab ihm eine Abkürzung gesagt, die man aber nur auf dem Rückweg nehmen kann, weil da so eine Stelle ist, wo man nur von einer Seite rein kann.“ Tatsächlich hatte ich diesen Weg zurück genommen. Zero war einfach genial! Und anscheinend ließ meine Mutter das durchgehen.

„Na gut.“, sagte sie und war sichtlich verärgert darüber, dass sie mich nicht gestellt hatte. „Ich schlafe heute hier.“ Meine und Zeros Kinnlade klappten gleichzeitig herunter. Das konnte sie doch nicht machen! Doch sie tat es trotzdem. Sie legte sich einen Schlafsack direkt vor Zeros Zimmertür.

Die Flucht

Zero erzählte mir, dass er selbst so gegen die 20:30 Uhr losgegangen war, weil er schon geahnt hatte, dass meine Mutter auftauchen würde.

„Jetzt schuldest du mir aber was. Ich hab mir fast in die Hosen gemacht, als sie mich so komisch angeguckt hat.“, flüsterte Zero mir zu. „Tut mir übrigens wirklich leid, dass es nicht geklappt hat. Ich organisiere aber mal ein Treffen für euch.“ Er zwinkerte mir zu. „Du weißt doch, dass ich genial bin und dich niemals hängen lasse.“

„Ja ich weiß tatsächlich, dass du mich nicht hängen lässt.“

„Genial bin ich aber auch.“

„Gute Nacht.“, sagte ich grinsend und legte mich hin.

„Findest du mich nicht genial?“ Einfach um ihn zu ärgern sagte ich nichts darauf. „Blödmann! Ist aber auch egal. Die Hauptsache ist doch, dass ich weiß, dass ich genial bin.“ Ich hörte, wie er sich in sein Bett legte. Wie gerne wäre ich in diesem Moment bei Karyu gewesen. Und wieder verfluchte ich meine Mutter und wünschte ihr – nicht zum ersten Mal – etwas sehr Böses.
 

Morgens um 6 Uhr kam meine Mutter ins Zimmer und weckte mich. „Wir fahren nach Hause.“

„WAS?!“, schrie ich und weckte Zero damit, der plötzlich kerzengerade im Bett saß und sich völlig verplant im Zimmer umsah. „Was? Wer? Wo?“, nuschelte er.

„Zieh dich an.“ Meine Mutter sah mich fies an. Völlig überlegen. Was sollte ich machen? Am Liebsten wäre ich abgehauen… ‚Das ist die Idee!’ Mein Stimmchen war anscheinend wieder da. Es hatte ja auch lang genug eine Pause eingelegt.

„Was is’n?“, fragte Zero.

„Ich muss nach Hause.“

Er sah auf die Uhr und seine Augen wurden ganz groß. „Um 6?! Sach mal, hast du nen Schuss?“

„Ich nicht, aber meine Mutter.“

„Boah, ist das krass. Wieso denn jetz’ schon?“ Er stand auf und zog sich an.

„Wieso ziehst du dich an? Du schläfst doch immer noch. Das ist übrigens dein Pulli, den du da versucht über die Beine zu ziehen.“

„Oh.“ Er sah an sich hinunter und zog den Pulli wieder aus. „Ich geh doch nich’ pennen, wenn mein bester Freund sich verkrümeln muss. Schlimm, wenn ich dich in Schlafklamotten verabschiede?“

Ich schüttelte den Kopf. „Du kannst auch liegen bleiben. Ich muss dich noch in meinen Plan einweihen. Dabei musst du mir nämlich helfen.“

„Alles klar. Wir sehen uns.“, sagte er und ließ sich aufs Bett fallen.
 

Zu Hause angekommen, ging ich gleich auf mein Zimmer und packte ein paar Klamotten ein. Dann ging ich in die Küche und holte mir ein bisschen was zu Essen und zu Trinken. Schließlich hatte ich keine Ahnung, wohin ich gehen sollte und wie lange ich wegbleiben würde. Eines stand fest: Meine erste Haltestation war Zeros Haus. Aber dort würde ich nicht lange bleiben können. Und bei Karyu konnte ich auch nicht bleiben, denn meine Mutter wusste, wo er wohnte. Ich vergewisserte mich, dass weder meine Mutter, mein Vater noch meine Schwester in der Nähe waren und bediente mich dann am Portmonee. Das alles versteckte ich in meinem Zimmer und legte mich aufs Bett. Ich würde auf jeden Fall nachts abhauen und ich musste Zero noch informieren. In Filmen sah das immer so leicht aus, also war ich gespannt, ob es wirklich so leicht werden würde.
 

Gegen Mitternacht war es im ganzen Haus still. Alle schliefen. Ich holte meine Tasche heraus und schlich mich ins Schlafzimmer meiner Eltern. Dort sah ich sofort das, was ich gesucht hatte: mein Handy! Ich schlich zum Nachttisch und nahm es mir. Dann ging ich zurück in mein Zimmer und kletterte da aus dem Fenster. Ich hielt mich die meiste Zeit über im Schatten, damit ich nicht zufällig von jemand bekanntem entdeckt werden würde.

Ich klopfte an Zeros Fenster, das beinahe sofort geöffnet wurde. Zero grinste mir entgegen.

„Wow. Du hast es tatsächlich durchgezogen.“, sagte er und machte Platz, damit ich ins Zimmer kommen konnte.

„Gut. Wie lange willst du bleiben?“

„Nicht lange.“, antwortete ich. Fragte sich nur, wohin ich danach gehen sollte. Zero schien meine Gedanken lesen zu können. „Wo willst du denn danach hin?“

Ich zuckte mit den Schultern. „Ich hab keine Ahnung.“

„Geh doch zu Karyu.“

„Da wird meine Mutter vermutlich sogar zu erst suchen.“

„Denkst du?“

„Ja. Hm…“

“Geh doch in ein Hotel. Oder arbeite irgendwo und frag, ob du da auch noch wohnen darfst. Schnorr dich irgendwo durch.“

„Ja … mal sehen. Ich schaff das schon irgendwie.“

Ich blieb fast eine Stunde bei Zero und verabschiedete mich dann von ihm. „Ich hau dann mal wieder ab. Ich ruf dich irgendwann mal an.“

„Okay. Bye und viel Spaß!“, sagte Zero und öffnete das Fenster, aus dem ich nach draußen kletterte.

Ich lief schnell einen anderen Weg als letztes Mal zu Karyu, weil mich ja sonst die Freundin meiner Mutter sehen würde. Ich klingelte an der Tür und nahm mir fest vor, nicht lange zu bleiben! Die Tür wurde geöffnet und Karyu strahlte mir entgegen.

„Hi!“, sagte er und ich betrat das Haus, wo ich sofort von Karyu umarmt wurde. „Was machst du überhaupt hier?“

Ich zog mir die Schuhe aus und grinste ihn an. „Ich bin von zu Hause abgehauen. Da fühlte ich mich mehr wie im Knast als zu Hause. Und meine Mutter hat die Rolle eines Drill-Sargents.“

„Hast du Hunger? Willst du vielleicht etwas trinken? Ich hab vorhin erst eingekauft. Einen Joghurt? Wackelpudding? Cola? Naschkram? Spaghetti? Pfannkuchen?“ Ich schüttelte den Kopf.

„Nein danke.“ „Gut… wie du willst. Dann setzt dich. Ich bring deine Tasche schon Mal hoch… Du willst doch hier schlafen oder?“ Natürlich wollte ich! Aber ich hatte mir doch fest vorgenommen nicht besonders lange zu bleiben! Aber mein Mundwerk war mal wieder schneller, als mein Hirn: „Ja, wenn ich darf.“ ‚Muhahaha! Und dann kannst du auch ganz dreckige Dinge mit ihm machen!’, sagte mein Stimmchen. Ich ignorierte es. „Wo ist eigentlich deine Schwester?“

„Bei einer Freundin.“

„Achso.“ ‚FREIE BAHN!!! Muhahaha!!!’ Ich schüttelte den Kopf. Das tat ich schon so oft, dass Karyu gar nicht mehr fragte, wieso ich das machte.

„Willst du wirklich nichts?“

„Ich möchte, dass du aufhörst mich zu fragen! Wenn ich etwas will, dann sag ich bescheid.“

„Okay.“, sagte er und setzte sich neben mich aufs Sofa im Wohnzimmer. Dann lächelte er mich an. „Ich bin froh, dass du da bist.“

„Ich auch.“ Ich lächelte zurück und schmolz innerlich. Dann lehnte sich Karyu zu mir und gab mir einen Kuss. Einen ganz normalen. So à la Lippen aufeinander legen. Und dann noch einen. Und dann noch einen, bei dem er aber leicht den Mund öffnete! Zu erst war ich überrascht, aber schlimm war es nicht, also ließ ich einfach auch mich zu kommen, was nicht vermeidbar war. Mein Glück! Es war klasse!

Danach lächelte Karyu mich wieder an. „Und? Wie sieht’s aus? Möchtest du jetzt vielleicht etwas essen?“

„Ich hab doch gesagt, dass du aufhören sollst zu fragen!“

„Ja schon… Aber ich will eben, dass du dich hier wohl fühlst. Und das geht nicht, wenn du hungrig oder durstig bist.“

„Weißt du was? Ich bin saumüde. Wieso bist du überhaupt noch wach?“

„Weil ich eigentlich immer lange wach bin. Also meistens gehe ich sowieso erst um 2 ins Bett. Oder um 1. Und weil es jetzt gerade kurz vor eins ist, können wir schlafen gehen.“ Gesagt, getan! Nur dachte ich, dass ich im Gästezimmer schlafen sollte. Deshalb verwirrte es mich auch, als Karyu und ich in sein Zimmer gingen und er sagte: „Okay. Mach’s dir bequem.“

„Und wo schläfst du?“ Ich hoffte genau auf die Antwort, die er mir gab: „Auch hier. Aber natürlich nur, wenn du nichts dagegen hast.“

„Wieso sollte ich etwas dagegen haben? Ich würde mich sogar sehr freuen.“, sagte ich und zwinkerte ihm zu, was ihn zum Lachen brachte. Wieder verflüssigte ich mich innerlich zu einer Hizumi-Pfütze. Aber das ließ ich mir natürlich nicht anmerken! Wir machten uns schlaffertig und legten uns dann hin. Das erste Mal, dass ich mit Karyu in einem Bett lag! Ich freute mich wie blöd, zeigte es ihm aber nicht! Was würde er wohl sonst von mir halten? Dass ich ständig in Gedanken war und ohne Grund meinen Kopf schüttelte, daran hatte er sich gewöhnt, aber so richtig bescheuert gefreut hatte ich mich noch nie. Ich war ihm zwar um den Hals gesprungen, als er mich fragte, ob ich vielleicht mit ihm zusammen sein wollte, aber mehr (außer zu grinsen) hatte ich nicht gemacht. Und jetzt hatte ich das Bedürfnis auf dem Bett rumzuhüpfen und Karyu zu knuddeln und abzuknutschen! Gut… ich hüpfte zwar nicht auf dem Bett herum, aber von den anderen beiden Sachen ließ ich mich nicht abhalten!

Der Minijob

Am nächsten Morgen sah ich zu erst auf die Uhr: 6:00. Pfui! Ich hasste es, so früh aufzuwachen! Und einschlafen konnte ich auch nicht mehr. Also? Was blieb mir übrig? Aufstehen wollte ich nicht, deshalb sah ich einfach Karyu beim Schlafen zu. Er sah so knuffig aus! Ich fragte mich, wie oft ich noch zu einer Pfütze schmelzen würde, wenn ich in Karyus Nähe war. Aber diese Frage verflog recht schnell, weil ich mich danach nur noch darauf konzentrierte Karyu zu zusehen.

Da fiel mir plötzlich ein, wieso ich eigentlich bei ihm war! Ich wollte doch eigentlich abhauen und weit weg gehen… aber ich wollte überhaupt nicht aufstehen und von Karyu weggehen wollte ich erst recht nicht. Das Doofe war natürlich auch, dass ich mich von ihm überreden lassen würde, bei ihm zu bleiben, aber das konnte ich nicht machen, dafür würde meine Mutter zu schnell auf die Idee kommen, dass ich hier war. Also war ich dazu gezwungen aufzustehen und mich klammheimlich aus dem Haus zu schleichen. Das Schwerste an der ganzen Sache war, Karyu nicht mehr anzusehen. Nicht mehr zu sehen, wie süß er aussah, wenn er so ruhig da lag. Ich machte mich fertig und ging dann zur Haustür. So gerne wäre ich in dem Augenblick zurück ins Schlafzimmer gegangen und hätte mich zu Karyu gelegt. Ich machte die Tür auf.

„Wolltest du dich gar nicht verabschieden?“, fragte Karyu, der plötzlich hinter mir stand.

„Eigentlich nicht.“ Ich drehte mich um, machte die Tür aber nicht zu! Denn das würde dann schon bedeuten, dass ich vorhatte zu bleiben.

„Hast du wenigstens gefrühstückt?“

„Nein?“

„Und wie wolltest du dann den Tag überleben? Mit leerem Magen ist es doch doof und nicht vorteilhaft wegzugehen.“

„Ich habe etwas zu Essen in meiner Tasche. Wenn ich Hunger habe, dann esse ich einfach etwas.“

„Du hast also keinen Hunger?“ Hunger hatte ich zwar nicht, aber ich wollte unbedingt bleiben!!! Aber das ging leider nicht.

„Nein. Naja… Ich geh dann mal.“

„Und wo gehst du hin?“

„Mal sehen.“

„Bist du denn erreichbar? Kann ich dich anrufen?“

„Wenn was ist, dann melde ich mich bei dir.“

„Okay.“ Es tat mir in der Seele weh, dass ich Karyu allein lassen musste. Und ich konnte ihm ganz deutlich ansehen, dass er mich am Liebsten auch dabehalten hätte. Er kam zu mir und nahm mich in den Arm. Und ich denke, dass wir beide in dem Moment hofften, dass dieser Moment sehr lange andauern würde. Doch er war viel zu kurz. Karyu ließ mich los und ich drehte mich um. Ich sah nicht zurück und ging einfach weg.
 

Ich stieg in mindestens zehn verschiedene Busse und hatte vier Stunden Fußmarsch hinter mir, bis ich irgendwo am Arsch der Welt bei einer Karaokebar ankam, wo ich fragte, ob ich nicht jobben könnte, weil mein Geld knapp wurde. Denn auf dem Weg hatte ich alles, was ich eingepackt hatte, aufgefuttert und mir neue Dinge gekauft. Der Barbesitzer meinte, dass er mich als Kellner einstellen könnte und dass ich sogar ein kleines Hotelzimmer zur Verfügung gestellt bekommen würde.

Am gleichen Abend erlebte ich die beste Überraschung, die man mir hätte machen können. Ich lief gerade von einem Tischchen zum anderen, als die Tür aufging. Auch wenn das nichts Außergewöhnliches war, so sah ich eigentlich immer hin, wer so die Karaokebar betrat. Doch dieses Mal kam jemand wirklich Außergewöhnliches herein: Karyu!!! Ich freute mich riesig, ließ alles stehen und liegen und lief auf Karyu zu. Dieser lächelte mir schon entgegen und streckte die Arme aus, um mich in die Arme zu nehmen. Hach ja, war das schön. Niemals hätte ich gedacht, dass ich ihn so schnell wieder sehen würde. Die einzige Frage die sich mir stellte, sprach ich natürlich sofort aus: „Was machst du hier?“

„Also eigentlich sind meine Schwester und ich hier Stammgäste. Auch wenn es ziemlich weit weg ist, so nimmt uns unser Onkel regelmäßig mit.“, sagte Karyu und zeigte auf einen Mann, der gerade aus einem Taxi ausstieg. „Und du? Was machst du hier?? Auch noch mit einer niedlichen Schürze.“ Tatsächlich war die einzige Schürze, die ich bekam, rosa.

„Ich jobbe hier. Und für die Schürze kann ich auch nichts.“ Ich streckte ihm die Zunge entgegen.

„Gut. Aber weißt du was?“

„Was?“

„Du gehst jetzt nach vorne“, sagte er und schob mich Richtung Bühne, „und dann singst du für mich ein kleines Liedchen.“

„Wieso denn? Ich muss arbeiten.“

„Macht nichts. Er hat nichts dagegen, wenn einer seiner Kellner mal ein Liedchen singt. Solange kann ja auch ein anderer Kellner einspringen. Außerdem kenne ich den Besitzer und der wird mir das ganz bestimmt verzeihen, dass ich dich gezwungen habe.“ Er stellte mich (mit meiner rosafarbenen Schürze) auf die Bühne, drückte mir das Mikro in die Hand und ging dann weg. Alle sahen mich erwartungsvoll an und schon fing die Melodie eines Liedes an.

‚Na los! Das schaffst du! Du hast deiner Mutter getrotzt und die Schule geschwänzt UND du bist abgehauen, dann wirst du das hier auch noch mit links hinbekommen.’, feuerte mich mein Stimmchen an. Gut… also sang ich los. Ich versuchte mich einfach auf den Text und nicht auf die Zuschauer zu konzentrieren. Mich erstaunte, dass das Lied ziemlich schnell vorbei ging und ehe ich mich versah, bekam ich auch schon Applaus. „ZUGABE!!“, schrieen ein paar Leute in den Raum und ich spürte, wie meine Wangen heiß wurden. Mir war es verdammt peinlich, dort auf der Bühne zu stehen. Ich ließ das Mikro aus Versehen fallen, hob es auf, legte es weg und rannte von der Bühne.

Karyu hatte sich mittlerweile an einen Tisch gesetzte und grinste wie ein Honigkuchenpferd. ‚Ob er wohl auch so süß wie Honig ist? Probier es aus!’, sagte mein Stimmchen. Ich setzte mich zu ihm.

„Möchtest du mir gar nichts zu Trinken anbieten? Oder fragen, was ich denn haben will? Ich meine… du bist doch Kellner.“, sagte Karyu und grinste mich immer noch an.

„Na gut: Was kann ich Ihnen denn bringen?“

„Hmm…“ Er tat so, als ob er angestrengt nachdenken würde. „Ich weiß nicht. Wie wäre es denn, wenn Sie sich mit Ihrer hübschen rosa Schürze zu mir setzen würden? Dann könnten wir ein bisschen plaudern.“

„Aber ich muss doch arbeiten.“

„Die sind alle schon bedient. Schluss mit den Scherzen! Deine Mutter war heute da.“

„Und? Was hat sie gesagt?“

„Sie hat mich lauthals beschimpft.“

„Wieso?“

„Weil sie der festen Überzeugung ist, dass ich dich zu einem schlechten Menschen gemacht habe. Sie hat sogar mein Haus durchsucht und mich gefragt, wo du bist. Als sie gegangen ist, hat Zero angerufen.“

„Und was hat er gesagt?“

„Das deine Mutter auch bei ihm war und dort tatsächlich gedroht hat. Wie, hat er nicht gesagt. Auf jeden Fall soll ich dich ganz lieb von ihm grüßen.“ Jetzt, wo Karyu von Zero sprach, da merkte ich, wie sehr er mir eigentlich fehlte. Im Normalfall sahen wir uns fast täglich und jetzt wusste ich, dass ich ihn erst einmal gar nicht mehr sehen würde. Karyu schien zu bemerken, dass irgendetwas nicht stimmte. „Was ist denn los? Du guckst so traurig.“

Ich seufzte. „Ich würde Zero gerne wieder sehen.“

„Verständlich… Hm… komm, lass dich drücken! Ich muss nämlich auch gleich weg.“ Und er musste nicht nur gleich, sondern sofort weg. Sein Onkel winkte ihn zu sich herüber. Also stand ich dann wieder allein da. Ohne Freund, ohne besten Freund.

Ich war froh, als ich Feierabend hatte. Vom ersten Tag, war ich völlig fertig und hatte nur noch Schlafen im Kopf. Ich schlurfte in mein Zimmer, machte mich dort fertig und legte mich hin. Ausgerechnet in dem Moment klopfte es an der Tür. Erst wollte ich gar nicht aufmachen, aber dieser Jemand vor der Tür hörte einfach nicht auf zu klopfen.

Also stand ich auf und machte die Tür auf. Meine Laune besserte sich sofort!

„Hallo, mein Schatz.“, sagte Karyu und lächelte mir entgegen. „Ich hab so nachgedacht und da ist mir aufgefallen, dass ich dich schon nach zehn Minuten vermisst habe und da hab ich eben beschlossen herzukommen. Beziehungsweise, ich war in der Bar und der Besitzer hat mir dann gesagt, wo du schläfst. Also? Darf ich bei dir schlafen?“

Ich konnte nicht anders, als zu lächeln. Er war ja soooooo süß!!!!!! Ich ließ ihn natürlich herein. Er gab mir ein Küsschen und dann noch eins. Ja… und dann einen Kuss. Einen ganz langen. Mein Stimmchen lachte ganz dreckig, Tja, leider halten solche Momente immer viel zu kurz und schon war es vorbei. Wir legten uns ins Bett, das eigentlich nur für eine Person gedacht war, deshalb war es unvermeidlich, dass ich mich ganz nah an Karyu herankuschelte.

Hizumi ist krank - 2

Als ich am nächsten Morgen aufwachte ging es mir irgendwie mies. Meine Nase war verstopft und es war höllisch warm unter der Decke. Ich stand auf und weckte Karyu dabei.

„Was ist los?“, fragte er. Seine Haare standen in alle Richtungen ab, was aber sehr süß aussah. Unweigerlich musste ich grinsen und dann niesen. „Hast du dich etwa erkältet?“ Er stellte sich vor mich und legte seine Hand auf meine Stirn. „Ja… du solltest dich wieder hinlegen, schließlich hast du Fieber. Und ich kann dich doch nicht krank rausgehen lassen.“

„Ich bin doch gar nicht krank.“, sagte ich und nieste.

„Na klar. Also: Ab ins Bett!“ Er schob mich zurück zum Bett.

„Aber da ist das so warm.“

„Das macht nichts. Du kriegst sowieso gleich einen Tee. Dann ist dir noch wärmer, aber weißt du was? Das ist mir total egal!“ Ich deckte mich zu, Karyu drehte sich um und ging aus dem Zimmer. Beim Verlassen des Zimmers musste ich Karyu auf den Hintern gucken. Wieso wusste ich selbst nicht genau… aber was ich sah gefiel mir!

Karyu kam mit einer riesigen Tasse dampfenden Tees wieder. Ich setzte mich hin und bekam sogleich die Tasse in die Hand gedrückt. „Mir ist etwas aufgefallen.“, sagte ich.

„Was denn?“

„Du hast gemeint, dass du Stammgast bist.“

„Na und?“

„Ich bin stundenlang Bus gefahren und gelaufen. Wie kannst du so weit weg Stammgast sein?”

Karyu sah ziemlich ertappt aus. „Na gut… Ich hab meinen Onkel gefragt, ob er dir nicht ganz langsam nachfahren kann. Ich hatte eben so ein bisschen Angst, dass ich dich vielleicht nicht mehr sehen würde.“ Gegen Ende des Satzes wurde er immer leiser und mein Grinsen immer breiter. Ich stellte meinen Tee auf den Nachttisch und drückte Karyu ganz fest an mich.

„Das ist ja so schnuckelig von dir! Wieso hast du mich denn angelogen?“

„Ist doch doof oder nicht? Jemandem nachzufahren...”

„Trotzdem hättest du mich nicht anlügen sollen.” Ich befreite Karyu aus meiner Umarmung und grinste ihn an.

„Jetzt trink deinen Tee, bevor er kalt wird. Und kalt bringt er gar nichts. Und wir beide wollen doch, dass du wieder gesund wirst. Oder etwa nicht?“

Ich überlegte kurz. „Nö.“

Karyus Blick war einmalig. „Nicht?“, fragte er erstaunt.

„Nein. So werde ich nämlich bedient und muss nichts machen! Außerdem werde ich auch noch verwöhnt und muss lieb behandelt werden, damit es mir auf jeden Fall gut geht.“

„Du bist unmöglich.“, lachte Karyu und gab mir einen Kuss auf die Stirn. „Ich geh etwas zu Essen einkaufen.“

„In deinen Schlafsachen?“

Karyu sah an sich hinunter. „Stimm ja… Naja… dann ziehe ich mich eben erst um.“ Ich fand’s schade, dass Karyu sich zum Umziehen ins Bad begab. Also schlürfte ich meinen Tee und verbrannte mir die Zunge.

„Also, Hizumi. Ich bin dann mal weg okay?“

„Nein.“

„Doch.“

„Na gut.“

Karyu fing an zu lachen. „Du hast nen Knall, Schatz.“ Er gab mir einen Kuss.

„Steck dich nicht an.“

„Mach ich schon nicht.“, sagte er dann, winkte mir zu und ging dann.

Erst dann merkte ich, dass ich „Schatz“ genannt worden war. Hehehe! Das war doch mal klasse. Ich ging zum Telefon und wählte Zeros Nummer, schließlich wollte er doch immer auf dem Laufenden sein.

„Ja? Zero am Apparat, ansonsten ist nämlich niemand da.“

„Mit dir wollte ich ja auch sprechen.“

„HIZUMI!!! Hey Alter, wie geht’s? Alles klar? Hat deine Entjungferung schon stattgefunden?“

O____O „WAS?!“

„Schrei nicht so! Das ist doch alles reines Interesse.“

„Das geht dich aber gar nichts an.“

„Doch, tut es! Ich finde so was interessant. Und wieso rufst du an? Du klingst aber schlimm. Bist du krank?“

„Ja. Darf ich meinen besten Freund plötzlich nicht mehr anrufen?“

„Doch, doch. Ich dachte, dass es vielleicht etwas Besonderes gibt.“

„Überlass das Denken denjenigen, die es können.“

„Haha… Lustig. Deine Mutter war da. Ich dachte, dass sie mich köpft, als ich gesagt habe, dass ich keine Ahnung habe wo du bist. Und sie hat mich beschimpft.“

„Hat Karyu auch schon erzählt. Und was genau hat sie gesagt?“

„Dass ich ein mieser kleiner Lügner sei. Sie hat mir nicht geglaubt, dass du nicht da bist. Und sie hat gedroht, dass sie mir den Kopf abbeißt, wenn ich ihr nicht sofort sage, wo du steckst. Tja, nur doof, dass ich echt keine Ahnung habe. Und wie geht’s dir so?“

„Den Umständen entsprechend.“

„Und wo bist du.“

Erst da fiel mir auf, dass ich keine Ahnung hatte, wo ich eigentlich gelandet war. „Joah… das ist eine gute Frage.“

„Du bist ein Trottel. Also wenn ich irgendwo hin gehe, dann will ich aber auch wissen wo ich bin.“

„Ich frag Karyu nachher.“

„Der ist bei dir?“

„Im Moment nicht. Aber er hat auch hier geschlafen.“

Zero fing an ganz dreckig zu lachen. „Ja klar. Er hat NUR bei dir geschlafen. Und das soll ich dir glauben? Alter, du bist 18 Jahre alt! In deinem Alter denkt man doch ausschließlich ans Vögeln.“

„Das stimmt doch gar nicht. Nur weil das deine einzigen Gedankengänge sind, heißt es nicht, dass alle so denken wie du. Wieso hältst du dich eigentlich nicht aus meinen Sachen raus?“

„Weil es meine Pflicht als bester Freund ist. Ich muss mich in alles einmischen und meinen Senf dazu geben. Sonst wäre es doch langweilig. Außerdem musst du ganz viel Wert auf meine Meinung legen.“

„Muss ich das?“

„Ja… Meine Eltern sind vom Einkaufen wieder da. Heißt also, dass ich Schluss machen und beim Auspacken helfen muss. Rufst du noch mal an?“

„Bestimmt.“

„Okay. Und dann sagst du mir, wo du steckst.“

„Mach ich.“

„Ich freue mich drauf wieder von dir zu hören. Und ich halte dich natürlich auf dem Laufenden was deine Mutter angeht.“

„Danke. Ciao!“

„Bye. Und viel Spaß noch mit Karyu.“, sagte Zero und lachte wieder furchtbar dreckig. Er konnte es fast genau so gut wie mein Stimmchen, das sich komischerweise seit Langem nicht gemeldet hatte. „Ach ja! Ich hab in einem Manga gelesen, was die beste Medizin ist.“

„Und was ist es?“

„Wollen wir Galgenraten spielen? Es hat drei Buchstaben und ein ‚X’. Bye.“ Er legte auf. Natürlich wusste ich sofort, was er meinte. Es war doch klar, wenn man denn wusste, an was Zero ohne Ende dachte. Mir fiel ein, dass ich in meinem Zustand gar nicht arbeiten konnte, also sagte ich ab und freute mich schon auf meine Freizeit.

Ich setzte mich aufs Sofa. Leider hatte ich keinen Fernseher, also blieb mir nichts Anderes übrig, als die Decke anzustarren. ‚Die Medizin hättest du doch gerne.’ Mein Stimmchen war wieder da. Unweigerlich musste ich daran denken, wie Karyu wohl so ganz ohne Klamotten aussah und schüttelte ganz schnell den Kopf. ‚Richtig so! Stell dir lieber nichts vor, sonst wirst du noch arg enttäuscht. Muhahahaha!!!’, lachte mein Stimmchen, das anscheinend meine perverse Seite darstellte. Ich merkte, dass ich überhaupt nicht abgeneigt von Zeros bester Medizin war. Jaaa… wieso eigentlich nicht? Ausprobieren konnte man es doch mal.

Die Tür wurde aufgemacht und Karyu kam herein. „Na? Alles klar? Geht’s dir besser?“ Ich nickte. „Leg dich wieder ins Bett. Ich mach so lange etwas zu Essen. Ich ruf dich dann, wenn es fertig ist.“

Eine knappe halbe Stunde purer Langeweile und komischer Gedanken später kam Karyu zu mir ins Zimmer.

„Und? Hast du Hunger?“, fragte er und setzte sich auf die Bettkante. Ich zuckte mit den Schultern. „Wie soll ich das denn jetzt definieren?“ Er lachte kurz und stand dann auf. „Na komm.“

Also stand ich auf und folgte ihm in die kleine Küche. Auf dem Tisch standen zwei Teller mit Spaghetti, bei denen ich sofort an Susi und Strolch denken musste. Doch leider war das in dem wirklich tollen Trickfilm nur ein Teller gewesen und nicht zwei. Schade eigentlich… das wäre bestimmt total toll geworden! Was aber wirklich toll war, waren die Spaghetti. Niemals hätte ich gedacht, dass man es schaffen würde dieses Gericht irgendwie anders zu machen, als alle anderen. Aber trotzdem schmeckte es eigenartig. Wirklich lecker, aber eigenartig.

„Du sprichst ja gar nicht.“, sagte Karyu. „Hast du keinen Hunger? Du musst nichts essen, wenn du nicht willst. Oder schmeckt es dir nicht? Willst du dich vielleicht lieber hinlegen?“

Ich schüttelte den Kopf. „Es ist alles in Ordnung, es schmeckt mir gut und hinlegen will ich mich auf keinen Fall, weil das nämlich wirklich richtig langweilig ist, wenn man alleine in einem Bettchen liegt und nichts zu tun hat.“

“Du musst ja nicht alleine da herum liegen.“

“Ich will jetzt aber essen! Und deshalb müssen wir uns auch keine Gedanken darüber machen, warum ich keine Lust auf herumliegen habe.“

Nach dem Essen schickte Karyu mich ins Bett mit dem Versprechen auch nachzukommen, jedoch müsse er vorher noch schnell abwaschen. Also legte ich mich hin und wartete. Karyu ließ nicht lange auf sich warten.

Er krabbelte zu mir unter die Decke und kuschelte sich an mich. „Daran könnte ich mich glatt gewöhnen.“, sagte er und grinste.

„Woran?“, fragte ich.

„Daran, mit dir meinen ganzen Tag zu verbringen... Das ist doch ungewohnt, etwas so Kitschiges von mir zu hören, oder? Also ich schaffe es wirklich, sogar mich selbst zu überraschen.“, sagte Karyu und kicherte. Auch wenn er es kitschig fand, so fand ich es wirklich klasse!

Ende gut - alles gut

Am nächsten Morgen wachte ich am späten Nachmittag auf. Natürlich war Karyu schon aufgestanden. Ich versuchte gerade richtig wach zu werden, als mein Handy klingelte.

„Ja?“, sagte ich.

„Hi. Zero hier. An deiner Stelle würd’ ich mich ganz schnell auf die Socken machen und irgendwo anders hingehen. Deine Mutter hat schon wieder herausgefunden, wo du steckst. Und ehrlich gesagt, habe ich keine Ahnung, wie lange sie es schon weiß, aber wenn man meiner Mutter glauben darf, dann ist sie wohl schon morgens losgefahren.“

Plötzlich war ich hellwach. Wie hatte sie es denn jetzt schon wieder herausbekommen, wo ich steckte? Das konnte doch gar nicht angehen. So viele Informationsquellen konnte sie doch gar nicht haben! „Und wo bitte soll ich jetzt hin?!“ Ich stand schnell auf und zog mich an.

„Naja… ich habe keine Ahnung. Versteck dich irgendwo… ich weiß es doch auch nicht, Hizumi.“

„Okay, ich muss jetzt Schluss machen, ich kann nicht telefonieren und mich gleichzeitig anziehen.“

„Ruf an, wenn du weißt, wo du erstmal hinfährst.“

„Okay, mach’ ich. Ciao.“

Ich verließ das Schlafzimmer und hatte eigentlich erwartet, dass Karyu vor dem Fernseher saß, doch da lag ich wohl falsch. Ich schaute in die Küche, doch da war er auch nicht. Vielleicht im Bad? Vorsichtig öffnete ich die Tür: Leer. Karyu war nicht da. Nicht einmal einen Zettel hatte er mir geschrieben. Ein bisschen beleidigt kramte ich einen kleinen Papierfetzen aus einer Schreibtischschublade hervor und schrieb: „Karyu: Ich musste wieder weg. Ruf an, wenn du das liest.“ Schnell zerknüllte ich den Zettel wieder, denn wenn meine Mutter hier tatsächlich auftauchen sollte und vielleicht sogar vor Karyu, dann würde sie alles lesen und mich wahrscheinlich auch noch anrufen.

Also ließ ich das mit dem Zettelchenschreiben sein und schlüpfte schnell in meine Schuhe und schnappte meine Tasche. Erst lauschte ich an der Tür, ob ich irgendwelche Schritte hören konnte, doch alles war ruhig. Ich öffnete die Tür einen Spaltbreit und verließ das Zimmer schnell und leise. Alles hatte so gut geklappt, da war es doch klar, dass etwas schief gehen musste. Ich lief auf die Straße und damit direkt in die Arme meiner Mutter. Sie sah mich an, als ob sie mir gleich den Kopf mit bloßen Händen abreißen wollte, packte mich am Arm und zerrte mich ins Auto. Beleidigt und zornig sah ich während der ganzen Autofahrt aus dem Fenster. Weder ich, noch meine Mutter sagten auch nur ein Wort. Das Donnerwetter würde mich wahrscheinlich zu Hause erwarten, wo wir auch – meiner Meinung nach - viel zu schnell ankamen. Mein Vater wartete schon vor der Tür. Er wartete ab, bis das Auto stand, riss dann meine Tür auf und zog mich am Arm hinter sich her ins Haus. Anschließend schob er mich ins Esszimmer und sagte: „Setz dich.“

Ich ließ mich auf einen Stuhl fallen, warf meine Tasche auf den Boden und starrte meine Eltern an, die einfach nur zurück starrten.

„Was?“, sagte ich schließlich genervt von der Stille. Ich sah, wie meine Schwester neugierig ins Zimmer blickte und fauchte: „Verschwinde!“ Sie warf mir einen Todesblick zu, verschwand aber tatsächlich.

„Anscheinend möchtest du nicht mehr zu Hause wohnen.“, sagte meine Mutter schließlich.

„Doch, will ich, aber nicht mit dir unter einem Dach.“

Sie ballte die Hände zu Fäusten und ich hätte es ihr zugetraut, dass sie mir im nächsten Moment eine saftige Ohrfeige gegeben hätte. Doch sie beherrschte sich und ging nicht weiter auf meine Antwort ein. „Da du nicht mehr zu Hause sein möchtest, haben wir dich an einem Internat angemeldet.“

Meine Kinnlade klappte herunter und ich sah meine Mutter ungläubig an. „Nicht im Ernst oder?“

„Doch.“, antwortete sie und ich meinte, eine Menge Schadenfreude in ihrem Blick zu erkennen.

Hilfesuchend sah ich meinen Vater an. „Es stimmt wirklich.“, sagte dieser.

„Das könnt ihr nicht machen!“, schrie ich und stand auf.

„Oh doch, das können wir. Das siehst du ja. Während deiner Abwesenheit haben wir das Anmeldeformular ausgefüllt und alles besorgt, was du brauchst.“
 

Ich hatte noch lange mit beiden gestritten, sie angeschrieen und überall die Türen zugeknallt, wo ich entlanggegangen bin. Einen ganzen Monat lang. Leider hörte ich den ganzen Monat lang auch nichts von Zero oder Karyu. Ab und zu hörte ich, wie jemand an der Tür läutete und nach mir fragte. Meistens war es Zero, doch meine Mutter schickte ihn immer wieder weg. Ich war in meinem Zimmer eingesperrt worden und auch mein Fenster schmückte jetzt ein riesiges Vorhängeschloss. Immer wenn Zero geklingelt hatte und abgewiesen wurde, kletterte er zum Fenster, winkte mir und gestikulierte, was er am liebsten mit meiner Mutter machen würde.

Karyu klingelte gar nicht und zu meinem Fenster kam er auch nicht. Natürlich machte ich mir Gedanken, ob er mich wohl gar nicht mehr sehen wollte und mich eiskalt abserviert hatte.
 

An meinem ersten Tag auf dem Internat hatte ich nicht besonders große Lust, mich mit den anderen Leuten zu unterhalten. Ich saß auf meinem Platz am Fenster und meine Gedanken schweiften immer wieder zu Karyu zurück und warum er nicht versucht hatte mich zu besuchen. Mein erster Tag war ein Freitag und so kam es, dass die Schüler am Wochenende entweder nach Hause oder aber in die nahe gelegene Stadt durften. Da ich auf den Tod nicht nach Hause wollte, ging ich in die Stadt, um ein bisschen in die Schaufenster zu schauen.

„HIZUMIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIII!“, schrie jemand nach einer knappen halben Stunde purer Langeweile. Ich drehte mich um und sah Zero strahlend auf mich zulaufen.

Ich grinste ihm entgegen. Endlich mal ein bekanntes und vor allem auch erwünschtes Gesicht. Er fiel mir um den Hals, ließ mich aber ganz schnell wieder los. „Sorry… das war so ’ne Kurschlussreaktion. Wollte ich eigentlich gar nicht tun. Das überlasse ich nämlich viel lieber jemand anderem.“, sagte Zero. „Und diesen Jemand wollte ich eigentlich mitbringen, aber er hat gesagt, dass er vormittags keine Zeit hat, also haben wir uns so abgesprochen, dass ich den ganzen Vormittag und einen Teil des Nachmittags was mit dir mache und dann kannst du deinen Spaß mit diesem Jemanden haben.“

„Wieso sagst die ganze Zeit über ‚dieser Jemand’? Denkst du nicht, dass ich schon ahnen kann, wer es ist?“

„Doch eigentlich schon, aber ich möchte gerne ein bisschen so tun, als wüsste ich etwas, was du nicht weißt… und wie es der Zufall so will, ist es tatsächlich so.“

„Wie?“

„Ich weiß etwas, was du NOCH nicht weißt.“, sagte Zero und grinste mich geheimnistuerisch an. „Aber eigentlich hatte ich vor, dich jetzt auf eine heiße Schokolade oder aber eine Cola einzuladen. Und dann könnten wir ja noch ein bisschen Schaufenster-shoppen, weil ich kein Geld für richtiges Shoppen habe. Na also! Da ist ja schon ein Cafe!“ Er zog mich am Arm hinter sich her, in ein kleines Cafe, wo wir uns an einen Tisch setzten, der (leider) genau neben dem war, wo drei Leute aus meiner Klasse saßen. Also sie Zero und mich herein kommen sahen, fingen sie an zu tuscheln.

„Also? Was kann ich dir ausgeben, mein Freund?“, fragt Zero und studierte die Getränkekarte.

„Ich möchte nichts.“

„Er sah mich erstaunt an und legte mir dann eine Hand auf die Stirn. „Also Fieber hast du jedenfalls nicht. Was ist los mit dir? Heiße SCHOKOLADE oder COLA! Sagen dir diese Göttergetränke nichts mehr, seit du auf dieser Gammelschule bist?“

„Ich habe einfach keinen Durst.“

„Das hat doch nichts mit Durst zu tun! So etwas trinkt man doch bloß aus Spaß oder um sich ein bisschen aufzuwärmen. Was ist los mir dir? Sag schon! Ich kriege es doch sowieso raus! Es ist also nur leichter für uns beide, wenn du es mir einfach sagst.“

Die Leute neben uns tuschelten immer noch und warfen ab und an Blicke zu Zero und mir herüber. Worüber sie wohl redeten?

„Kann ich dir jetzt nicht sagen.“, antwortete ich schließlich nach einer halben Ewigkeit.

„Und wieso?“

„Wegen denen.“, sagte ich so leise, dass nur Zero mich hören konnte. Er sah zum Nachbartisch hinüber.

„Was kann ich Ihnen bringen?“, fragte eine Kellnerin, die soeben an unseren Tisch gekommen war.

„Zwei heiße Schokoladen bitte.“, sagte Zero. Die Kellnerin verschwand, nachdem sie sich eine kleine Notiz auf ihren Zettel geschrieben hatte.

„Kennst du die Leutchen denn? Ärgern die dich? Ich mach die zur Schnecke, das weißt du!“

„Wieso denkst du, dass ich nicht allein mit denen klarkomme?“

„Hab ich das behauptet?“

„Ja, indirekt.“

„Dann tut’s mir leid. Aber ich weiß doch, wie zurückhaltend du immer bist und ich bin in solchen Dingen doch wesentlich offener als du! Ich spazier da rüber, wenn du bloß ein Wort sagst, das nicht gerade ‚nein’ ist.“

„Nein.“

Enttäuscht sah Zero auf die Tischplatte. Ich wusste genau, wie viel Spaß es ihm machte, immer wieder in irgendwelche Schwierigkeiten hineinzugeraten.

Die Kellnerin kam mit zwei dampfenden Tassen wieder und stelle sie vor uns ab. Als wir beide uns bei ihr bedankt hatten, schenke sie uns ein Lächeln und ging dann weiter ihrer Arbeit nach. Fast in dem selben Moment, wo sie uns den Rücken zugedreht hatte, standen die drei am Nebentisch auf und kamen auf unseren Tisch zu.

„Ist das dein Schwuchtel-Freund?“, fragte mich einer und sah dabei Zero an.

„Nein.“, antwortete ich. Im Gegensatz zu Zero, hatte ich keine Lust einen Streit anzufangen.

„Wieso sitzt du dann hier und trinkst mit dem da eine Schokolade?“

„Weil es auch NORMALE Freunde gibt, du Fisch!“, blaffte Zero.

Der Angesprochene schien tatsächlich verletzt durch diese „Beleidigung“. „Misch du dich mal nicht ein, du… du… Schwuchtel.“

Zero fing an zu lachen. „Ich? Ne Schwuchtel? Also das ist wirklich nicht nett. So etwas lasse ich mir von einem Hornochsen, wie dir, nicht sagen. Willst du Streit? Ich schon.“ Zero sah plötzlich vollkommen irre aus und grinste die drei psychopathisch an.

„Ich denke, wir sollten gehen. Sowas steckt vielleicht sogar an.“ Alle warfen Zero noch einen angewiderten Blick zu und verließen dann das Cafe.

„Du solltest wirklich aufhören ständig Ärger zu suchen.“, sagte ich, konnte mir aber ein Grinsen nicht verkneifen, weil ich immer noch an Zeros Psycho-Grinse denken musste.

„Als ob dich das so gestört hat.“

„Das habe ich doch gar nicht behauptet.“

Danach erzählte mir Zero nur noch Geschichten aus der Schule, von meiner Mutter und von den verrückten Plänen meiner Freunde, wie sie mich aus dieser Schule herausholen wollten.
 

Gegen 16 Uhr wurde Zero von seiner Mutter abgeholt, die mich auch noch fragte, wie es mir auf der Schule so ging. Ich beobachtete das Auto noch so lange, bis es schließlich in der Ferne verschwunden war. Was sollte ich denn auch sonst noch tun? Zurück in die Schule wollte ich nicht und hatte Zero nicht gesagt, dass Karyu mich noch besuchen wollte? Vielleicht war er schon da und fand mich einfach nicht, obwohl Zero mich doch auch gefunden hatte. Oder würde Karyu gar nicht kommen? Schließlich hatte er ja auch nicht versucht, mich zu Hause zu besuchen.

Plötzlich wurden mir von hinten die Augen zugehalten. Diese langen Finger erkannte ich natürlich sofort. „Karyu.“

„Woher weißt du das?“ Die Hände wurden weggenommen und ich drehte mich um. Karyu lächelte mir entgegen und nahm mich dann in den Arm.

„Das ist ja schon eine Ewigkeit her, dass ich dich gesehen habe.“, sagte er, als er mich losgelassen hatte. „Darf ich dich auf eine heiße Schokolade einladen?“

„Das hat Zero schon getan.“

„Oh. Was kann ich dir denn sonst noch Gutes tun?“

„Ich weiß nicht.“, log ich.

„Ach, ich habe dich ja noch gar nicht richtig begrüßt! Wieso meckerst du denn nicht mit mir?“ Karyu bückte sich zu mir herunter und gab mir einen Kuss.

Ich grinste ihn an. „Jetzt hast du ja doch gewusst, was du mir Gutes tun kannst! Und was machen wir Hübschen jetzt?“

Er zuckte mit den Schultern. „Ich hab keine Ahnung. Du könntest mir ja mal erzählen, wie es dir so auf der Schule gefällt und von deinen neuen Freunden kannst du mir auch ruhig erzählen! Aber ich würde jetzt einfach mal vorschlagen, dass wir uns irgendwo hinsetzen, wo ich mir nicht grad den Hintern abfriere.“

„Welcher Hintern?“, fragte ich grinsend.

„Ha ha. Ich lach später drüber.“, antwortete Karyu und streckte mir die Zunge entgegen. „Jetzt sag schon, wo wir uns hinpflanzen können.“

„Ehrlich gesagt kann ich dir gar nichts erzählen. Ich hasse die Schule und habe keine neuen Freunde.“

„Wieso das denn nicht?“

„Wieso sollte ich denn?“

Er zuckte mit den Schultern. „Ich dachte mir einfach, dass du kein Mensch bist, der gerne allein ist. Aber anscheinend habe ich mich da geirrt, was? Aber egal.“

„Du könntest mir etwas erklären.“ Mir war seit Karyus Ankunft entfallen, dass er mich gar nicht zu Hause besucht hatte und dass ich deshalb eigentlich sauer auf ihn war.

„Das tue ich doch gerne.“

„Das wage ich zu bezweifeln. Du sollst mir nämlich erklären, warum du mich nicht besucht hast, als ich zu Hause eingesperrt war und wieso du an dem besagten Morgen nicht da warst.“

„Wollen wir uns nicht lieber irgendwo hinsetzen?“

„Ich will es aber jetzt wissen.“

„Na gut! Ich war nicht da, weil ich etwas besorgen wollte. Und ich habe dich nicht besucht, weil ich sogar noch die Hoffnung hatte, dass deine Mutter dich wieder aus dem Haus lässt, sobald sie denkt, dass du nichts mehr mit mir zu tun hast. Da schien es mir eben am sinnvollsten zu sein, dass ich dich in Ruhe lasse und nicht bei dir auftauche.“

„Okay… das glaub ich dir jetzt. Aber was wolltest du denn besorgen?“

„Das sag ich dir nicht.“

„Wieso?“

„Weil du es früher oder später sowieso noch mitbekommen wirst.“

„Ich will es aber jetzt wissen.“

„Trotzdem werde ich es dir nicht sagen! Und jetzt hör auf weiterzufragen. Darf ich dich vielleicht auf ein Eis einladen?“

„Findest du es nicht zu kalt für Eis?“

„Dann eben was zu trinken. Wir könnten uns da reinsetzten.“, sagte Karyu und zeigte auf das gleiche Cafe, in dem ich schon mit Zero war. „Na komm schon.“ Er nahm meine Hand und zog mich ins Cafe auf einen freien Platz. Er setzte sich gegenüber von mir hin und zog die Jacke aus. Ich wollte aber immer noch wissen, was er gekauft hatte und ich hatte nicht vor lockerzulassen! „Jetzt sag schon was du gekauft hast.“

„Willst du nicht einfach aufhören zu fragen?“

„NEIN!“

„Jetzt schrei doch nicht so rum. Möchtest du einen heißen Kakao?“

„Ich will wissen, was du gekauft hast.“

„Also für dich einen Kakao. Wo läuft denn die Bedienung rum?“ Er sah sich um und überhörte mich einfach.

„Sag schon!“

Karyu seufzte. „Kann man dich nicht zum Schweigen bringen?“

„Nein.“

„Und du wirst nicht locker lassen?“

„Nein.“

„Ich wette, dass ich dir doch den Mund stopfen kann.“, sagte er und grinste genauso komisch, wie er es schon mal getan hatte.

„Wie denn?“

„Willst du es herausfinden?“

‚JAAAAAAAAAAA!!!’, schrie mein Stimmchen, das plötzlich wieder aufgetaucht war. Aber ich antwortete nicht, sondern sah Karyu einfach nur fragend an.

„Willst du mir denn nicht antworten?“, fragte er schließlich.

„Was kann ich Ihnen bringen?“, fragte die Kellnerin, die schon Zero und mich bedient hatte.

„Einen heißen Kakao und einen Tee, bitte.“, antwortete Karyu. „Also?“, fragte er, nachdem die Kellnerin weggegangen war.

„Ich werde dir nicht antworten, du tust es ja auch nicht.“

„Na gut! Dann eben ohne dein Einverständnis.“ Er stand auf und schob seinen Stuhl neben mich. Ich sah ihn verwirrt an, als er mich schon wieder so komisch angrinste und sich hinsetzte. „Kennst du hier irgendjemanden?“, fragte er und verwirrte mich damit noch mehr.

„Nein.“

„Du solltest aufhören, ein Neinsager zu sein. Das könnte sich schlecht auswirken.“

„Worauf?“

„Ist das nicht egal?“

„Nein.“

„Jetzt bin ich tatsächlich von meinem eigentlichen Vorhaben abgekommen. Das ist ja nicht zu fassen! Es ist gut, dass du hier niemanden kennst. Das könnte sonst zu peinlichen Fragen führen.“ Er beugte sich zu mir herüber und gab mir einen Kuss. Wieso dadurch peinliche Fragen entstehen könnten, wusste ich nicht.

„Wie? Das war’s?“, fragte ich.

Karyu lachte. „Das klang jetzt aber enttäuscht. Nein, das war nicht alles.“ Und wieder beugte er sich zu mir. Wieder gab er mir einen Kuss, wobei sich dieses Mal sein Mund öffnete und es natürlich kam, wie es kommen musste. Das „Entschuldigung?“ der Kellnerin war schließlich das Ende. „Ihr Bestellung.“, sagte sie und stellte ein Tablett auf den Tisch, wobei sie gezielt auf den Boden starrte und rosa angelaufen war.

„Vielen Dank.“, sagte Karyu und schenkte ihr ein wunderschönes Lächeln. Sie entfernte sich schnell.

„Zufrieden?“, fragte er mich.

„Womit?“

„Eben warst du anscheinend nicht zufrieden. Wieso sonst hättest du ‚Das war’s?’ gesagt? Ich muss übrigens gleich weg.“

„Schon?“

„Ja leider. Aber ich kann dich nächstes Wochenende wieder besuchen wenn du willst. Oder du kommst mal zu mir.“

„Das wird wohl kaum funktionieren. Komm du mich lieber besuchen.“

„Okay.“ Er bezahlte und wir verließen das Cafe.
 

Mitten in der nächsten Woche klopfte es im Matheunterricht an der Tür und eine Lehrerin betrat das Klassenzimmer. Sie sagte, ich hätte wichtigen Besuch und müsste diesen unbedingt sofort sehen. Anschließend führte sie mich zur Ausgang. „Er wartet draußen.“, sagte sie und ging weg. Ich verließ das Schulgebäude und konnte nicht glauben, wer da stand: Karyu.

„Hallo, mein Engel!“, sagte er und nahm mich zur Begrüßung in den Arm. „Hier ist der Plan:“, er holte tief Luft, „Wir verschwinden.“

„Wohin?“

„Ach ich habe da so eine Tante, die letzte Woche verstorben ist und mir ihr Haus drei Städte weiter vererbt hat. Meine Schwester und Zero, die übrigens das perfekte Chaos-Duo sind, packen gerade deine Koffer und müssten gleich hier sein. Da kommen sie ja schon.“

Wieder fiel Zero mir um den Hals. „Alter, das ist die krasseste Sache, die wir jemals durchgezogen haben! Sobald du offiziell ausgezogen bist, kann dich deine Mutter nicht mehr zurückholen! Und wir haben dich und Karyu als Besitzer des Hauses angemeldet, also bist du jetzt offiziell ausgezogen! Und deine Mutter hat keine Ahnung, weil sie doch denkt, dass du in dieser Gammelschule rumhängst!“, schrie er. „Und das Beste kommt noch! Boah! Dein Gesicht würde ich in dem Moment zu gerne sehen, aber Karyu hat gesagt, dass er sich nicht traut, wenn er nicht ganz allein mit dir ist und niemand zusieht.“

„Ich versteh kein Wort.“, sagte ich wahrheitsgemäß.

„Macht nichts! Da ist meine Mutter mit dem Auto. Steig ein! Wir fahren!“



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Kommentare zu dieser Fanfic (21)
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Von: abgemeldet
2010-08-19T20:15:18+00:00 19.08.2010 22:15
Eine wirklich tolle Geschichte! :DDD

Hat sehr viel Spaß gemacht sie zu lesen!!! ^^

...aber ich kann mich den anderen nur anschließen...
ich finde den Schluss etwas plötzlich... ;)
Von: abgemeldet
2008-06-27T03:06:29+00:00 27.06.2008 05:06
abgeschlossen?? x_x
*verwirrt*
schaaaaaaaade ;O;
wenn du doch eine fortsetzung schreiben wirst sag mir bescheid! ><
ich find die story voll süß weil das so locker zwischen hizumi und karyu abläuft~ also so noch mit abstand aber trotzdem voll niedlich :3
und Zero ist so ein geiler chara! xDDDD
ich fand das chaos-duo auch eine echt geniale idee :D
Von:  Himena
2008-04-13T19:09:06+00:00 13.04.2008 21:09
wie süüüß >//<
und.. schon vorbei? ;_;
willst du nicht noch eine fortsetzung schreiben? -^_^-
wär cuul ^^
Von:  Eri-chama
2008-03-24T21:02:14+00:00 24.03.2008 22:02
das kapitel war total knuffig
hoffe du schreibst schnell weiter!!

Von:  QueenLuna
2008-03-23T18:58:18+00:00 23.03.2008 19:58
wie jetz?
aber es geht weiter oder?
Von:  _Jiye_
2008-03-21T23:11:42+00:00 22.03.2008 00:11
woa~
toll!*-*
und ich kann mir sogar schon denken,was Karyu vor hat!^^
zumindest hoff ich mal,dass er das vor hat!
freu mich schon auf's nächste kapitel^-^
Von: abgemeldet
2008-03-21T15:16:11+00:00 21.03.2008 16:16
o.o
man war das ein kapi,
das war so TOLL und LANG xD~
man bin ich gespannt ob die aktion nicht auch in die hose geht^^
schön weitermachen so^^
Von: abgemeldet
2008-03-08T16:47:30+00:00 08.03.2008 17:47
*-*
wie toll,
ich mag das stimmchen von hizumi xD~
weiter so^^
*kekse dalass*
Von:  Himena
2007-12-21T16:41:17+00:00 21.12.2007 17:41
Hizu in rosa schürze oO?
das ist bestimmt ein anblick für die götter xD
*auch sehen will*
freu mich schon aufs nächste kap! ^^/
weiter sou~!!
Von: abgemeldet
2007-12-20T15:33:47+00:00 20.12.2007 16:33
hizumi in rosa schürze <3
gott, einfach zu niedlich.
und schön das die beide die nacht auch zusammen verbringen können^^
weiter so
*keks schenk*


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