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Dark Age of Camelot

Licht und Schatten
von

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Ein Tag zu zweit

Das Angebot nahm Alazais gerne an. Mit Cryptica an seiner Seite fühlte er sich schlagartig sehr viel sicherer. "Und er?" fragte der Magier und deutete auf den bewusstlosen Velandral. "Ach, natürlich," erwiderte Cryptica und gab seinem durchscheinenden Diener einen Wink. Salmakis ging in die Hocke und warf den Frostalf wie einen Kartoffelsack über seine Schulter. Aus einem bestimmten Blickwinkel betrachtet sah es aus, als schwebe Velandral nun frei hängend in der Luft und Alazais sah dem Geisterkrieger nach, wie er seinen noch lebenden Artgenossen fortbrachte.

Schließlich machten sich die beiden Elfen auf den Weg nach Vasudheim und Cryptica schwieg dabei nachdrücklich. Eine ganze Weile folgte Alazais seinem Beispiel, doch dann nahm die Neugier Überhand. "Wo wart Ihr die ganzen Wochen?" fragte er zögernd. "Ich habe Euch nirgendwo gesehen." Der Geisterbeschwörer warf ihm einen spöttischen Blick zu. "Du wolltest doch nicht mehr mit mir lernen und viel Auslauf lässt dein Herrchen dir nicht gerade." Alazais' gerade wieder aufgebaute Zuversicht stürzte zusammen wie ein Kartenhaus. Stumm sah er nach vorne. "Ich habe verschiedene Dinge geregelt," erklärte Cryptica knapp. "Nach mehr als drei Jahren des Herumreisens in Aegirham sind unsere Prinzessin und ihr künftiger Gemahl vor zwei Wochen wieder hierher zurück gekehrt." Alazais musterte ihn neugierig, hatte aber jegliche Lust verloren, noch eine Frage zu stellen, denn der fremdartige Elf genoss es anscheinend, ihn aus der Fassung zu bringen und nutzte fast jede sich bietende Chance dazu.

"Wenn du Glück hast, wirst du bei der Feier dabei sein können," fuhr Cryptica fort. "Das wird das größte und bedeutendste Ereignis seit langem werden." Alazais nickte vage. Eigentlich verspürte er nur wenig Lust, Zeuge zu werden, wie ein junges Paar den Grundstein für den Fortbestand der midländischen Herrschaft legte, aber es wäre grob unhöflich gewesen, das auszusprechen. Nach einer Weile tauchten vor den Beiden die ersten strohgedeckten Häuserdächer auf. "Hattest du schon Frühstück?" wollte Cryptica wissen. "Nein," erwiderte der Mentalist und spürte bei dem Gedanken ein kurzes, nachdrückliches Hungergefühl.

"Schön, ich auch nicht. Lass uns erst eine Kleinigkeit essen, danach suchen wir diesen vermaledeiten Stellan." Cryptica hielt zielstrebig auf eine Taverne zu und stieß die schwere Holztür auf. Alazais folgte ihm und rang den Drang nieder, angewidert die Nase zu rümpfen. Offenbar hatte man nach der letzten durchzechten Nacht vergessen, wenigstens ein wenig zu lüften- die Luft war so dick, dass man sie mit etwas Mühe bestimmt hätte schneiden können und der Geruch nach alten Zwiebeln, schalem Bier und säuerlichen Schweiß senkte sich wie ein schweres Tuch auf die beiden Elfen herab. Der Geisterbeschwörer war gegen solcherlei Sinneseindrücke wahrscheinlich schon immun und trat an den Tresen heran. Die wenigen Besucher, die um diese Zeit schon hier waren, drehten die Köpfe und für einen Moment wurde es sehr still.

"Wie kommt's eigentlich, dass hier immer mehr Blattfresser frei durch die Gegend laufen?" fragte eine rotwangige Zwergin laut in den Raum hinein. Cryptica warf ihr ein schmallippiges Lächeln zu und bedeutete Alazais, der unsicher an der Tür stand, ihm zu folgen. "Ein großes Mundwerk für so eine kleine Frau," bemerkte er und während die Zwergin empört den Mund aufriss, brachen ein paar der übrigen Gäste in leises Gekicher aus. Alazais ließ sich neben dem anderen Elfen auf einem dreibeinigen Holzhocker nieder und blickte sich verstohlen um. Der Raum war rustikal, grob und im typisch nordischen Stil gehalten. Der Wirt, ein Nordmann, der den braunen Bart zu einem Zopf geflochten trug, wandte sich ihnen zu und rieb mit einem nur mäßig sauberen Tuch einen gewaltigen Humpen aus. "Was soll's sein?" fragte er kurz angebunden. "Brot, Käse und Wein, sofern der nicht so verwässert ist wie das Gebräu, das du letzte Woche ausgeschenkt hast," erwiderte Cryptica. "Ich schau mal, was ich finde," brummte der Wirt und verschwand in einem angrenzenden kleinen Raum.

Alazais hatte sich eine Weile schweigend umgesehen, und als der Milesier ging, um sich um die Bestellung zu kümmern, wandte er Cryptica abermals den Blick zu. "Wegen Stellan," begann er und verschränkte die Hände auf der fleckigen Theke, "glaubt Ihr, dass er...nun ja...vielleicht tot sein könnte?" der weißhaarige Elf stützte lässig das Kinn in eine Hand und zuckte kurz mit den Schultern. "Ich würde ihm keine Träne nachweinen, aber er hat das Glück des Teufels. Bau da lieber nicht drauf." Alazais betrachtete ein gewaltiges Elchgeweih an der Wand und schüttelte sachte den Kopf. "Ich würde nur gerne wissen, was passiert, sollte er diesmal kein Glück gehabt haben," murmelte er. "Tja, in dem Fall wirst du vermutlich zu den Arbeitern in die Gruben gesteckt," erwiderte Cryptica trocken. "Oder getötet, weil du nicht gerade wie jemand aussiehst, der schwer schleppen kann. Oder es findet sich jemand wie Stellan, der dich haben will. Ich denke, das Angebot würde guten Anklang finden." Alazais starrte ihn an, wortlos und betroffen. Es war demütigend, wie gedankenlos der andere Elf über ihn sprach- auch ihm würde er keine Träne nachweinen, davon war auszugehen.

Der Wirt kehrte zurück und brachte ein Holzbrett mit geschnittenem dunklen Brot, Ziegenkäse und einen Krug Wein sowie zwei Becher. Cryptica ignorierte Alazais' beleidigte Blicke, griff in die Taschen und reichte dem Nordmann ein paar Münzen, um sich dann seelenruhig ein paar dünne Käsescheiben auf ein Stück Brot zu legen. "Nimm," forderte er den anderen auf und begann zu essen. Alazais knirschte lautlos mit den Zähnen. Es widerstrebte ihm, von Cryptica etwas anzunehmen, aber sein leerer Magen gab ihm knurrend zu verstehen, dass er für kindischen Stolz gerade nichts übrig hatte. Seufzend nahm er sich selbst von Käse und Brot und vertilgte dieses weitaus schneller als der Geisterbeschwörer, um das Ganze mit zwei Bechern Wein nachzuspülen. "Sei bloß vorsichtig damit," warnte ihn der ältere Elf verhalten grinsend. "Das Zeug ist ziemlich stark."

Soll mir recht sein, dachte Alazais bissig. Dann bekomme ich von all dem hier wenigstens nichts mehr mit. Doch auch diesen Gedanken sprach er nicht laut aus und knabberte an einer zweiten Brotscheibe. Als sie ihr Mahl beendeten, übergab Cryptica dem Wirt noch einen kleinen Zettel und schlenderte dann zur Tür. "So, wie willst du das handhaben?" fragte er, als sie wieder draußen standen und Alazais die kalte, süß-frische Winterluft begierig einsog. "Willst du dich mitten auf den Markt von Jordheim stellen und jeden ansprechen, der vorbei kommt, oder hattest du eine bestimmte Idee? Vasudheim ist ein bisschen zu klein, um Stellan zu verstecken." Sein Sarkasmus ärgerte den jungen Mentalisten, gleichzeitig erdrückte er auch dessen ohnehin nur sehr spärlich gesäten Optimismus. "Ich weiß es nicht," erwiderte er wahrheitsgemäß und blickte sich unzufrieden um. Cryptica beobachtete ihn, wie eine Katze wohl ein verlockendes Vögelchen im Käfig fixiert hätte. "Wir können den Tag auch gemeinsam verbringen," schlug er vor. "Ich habe wegen der Hochzeit noch sehr viel zu tun und könnte ein wenig Hilfe gut brauchen. Wenn Stellan bis heute abend nicht wieder auftaucht, melde ich das Björn." Björn war der Anführer der Gruppe, die Alazais nach Midgard verschleppt hatte, und er schickte regelmäßig Berichte an König Eirik von Jordheim.

Alazais ließ sich den Vorschlag einen Moment lang durch den Kopf gehen und nickte dann zögernd. Cryptica erwiderte das Nicken kurz angebunden. "Schön. Wir gehen nicht zu mir, ich denke, wenn Stellan kommt und du bist nicht da, gibt es wieder Ärger, den wir beide uns ersparen können. Komm."
 

Die beiden Elfen machten sich auf den Rückweg zu Stellans abgelegener Hütte. In der Zeit erzählte Alazais dem Geisterbeschwörer von dem nächtlichen Angriff. "Hm," machte Cryptica. "Das war auch ein Askheimer. Ich weiß nicht, warum sie derzeit so aggressiv sind, normalerweise verlassen sie die Wälder nicht. Wir sollten das beobachten, wenn sie häufiger auftauchen, müssen sich ein paar Jäger darum kümmern." Der weißhaarige Elf betrachtete sich die lädierte Tür, als sie die Hütte erreicht hatten. Ein Stirnrunzeln überflog sein Gesicht, als er seinem Begleiter mit einer Handbewegung den Vortritt bot. Alazais trat an ihm vorbei und hauchte seine kalten Finger an. "Hier wird es nicht mehr warm," stellte er mit einem Blick auf das Fenster fest. "Ich kümmere mich darum," erwiderte Cryptica. "Mach du das Feuer an."

Der Junge gehorchte, während sich Cryptica an den Pergamentbahnen zu schaffen machte. "Hat Stellan etwas zum Schreiben im Haus?" fragte er durch das Fenster. "Ich schaue nach." Alazais erhob sich und durchsuchte die Regalbretter. Tatsächlich fand er auf einem einen zerknitterten, unbeschriebenen Haufen von Blättern und ein Tintenfass mit einer etwas abgenutzt wirkenden Gänsefeder. "Hier," meinte er, drehte sich um und zuckte zusammen, als Cryptica genau vor ihm stand. Der ältere Elf bewegte sich nahezu lautlos und nun musterte er ihn mit einem Ausdruck, der dem von Stellan gar nicht so unähnlich war. Alazais schluckte und hob beinahe schutzsuchend die Blätter vor die Brust. "Ich...ich denke, die könnt Ihr verwenden," sagte er und hielt sie seinem Gegenüber hin. "Ja. Gleich," erwiderte Cryptica uninteressiert, nahm dem Mentalisten die Pergamentbögen ab und ließ sie achtlos fallen. Alazais folgte den zu Boden flatternden Blättern mit angespannten Blicken und zwang sich dann, dem anderen Elfen wieder ins Gesicht zu blicken. "Was ist denn?" fragte er und bemerkte selbst, wie dünn seine Stimme klang. "Bitte...," fügte er ohne ersichtlichen Grund hinzu. Bitte tut nicht...das, hätte er sagen können. "Mhm?" machte Cryptica mit leicht gerunzelter Stirn. "Keine Sorge, ich habe nicht vor, dir weh zu tun." Er neigte den Kopf und sein Atem, der noch schwach nach Wein roch, strich warm über Alazais' Gesicht. "Bitte, an was Ihr auch denkt, tut es nicht. Bitte." Der Junge bemühte sich krampfhaft, seine Stimme ruhig und gefasst klingen zu lassen.

"Du hast durch Stellan und die anderen ein völlig verdrehtes und falsches Bild vor Augen," meinte Cryptica mit leisem Spott. Sanft strich sein Daumen über die Unterlippe des jüngeren Magiers. "Denkst du nicht, es würde sich lohnen, einmal ein paar angenehme Seiten kennen zu lernen?" Alazais sah ablehnend zur Seite. "Nein," sagte er leise, aber bestimmt. "Hm," machte Cryptica und schob seine weiche Daumenkuppe ein winziges Stück zwischen des anderen Lippen. "Das ist sehr bedauerlich. Aber vielleicht änderst du deine Meinung noch einmal." Damit zog er die Hand zurück, bückte sich, hob die fallen gelassenen Blätter auf und trat demonstrativ zwei Schritte zurück. Alazais seufzte lautlos und entspannte sich zögerlich. "Darf ich Euch etwas fragen, ohne, dass Ihr wütend werdet?" Cryptica sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. "Versuch's," schlug er vor. Der jüngere Elf verschränkte schutzsuchend die Arme vor der Brust. "Warum werde ich nur auf diese eine, widerwärtige Sache reduziert?" fragte er fast flüsternd. Unter anderem Umständen hätte er sich geschämt, so eine Frage überhaupt zu stellen, aber die dumpfe Verzweiflung blendete für den Moment jegliches Schamgefühl aus. Der Geisterbeschwörer maß ihn mit schwer deutbaren Blicken, sah stumm an ihm auf und ab und Alazais unterdrückte das Bedrüfnis, vor Verlegenheit von einem Fuß auf den anderen zu treten. "Gibt es denn noch etwas anderes, das dich interessant macht?" fragte Cryptica schließlich mit scheinbar ernster Stimme.

Alazais presste die Lippen zusammen, aber ein kurzes, verräterisches Schluchzen konnte er nicht verhindern. Sein Artgenosse legte den Kopf schief. "Das ist mein Ernst. Sag es mir, wenn dir was einfällt, vielleicht sehen wir das einfach nicht." Sein eiskalter, sorgsam dosierter Hohn traf Alazais wie ein Haufen vergifteter Nadeln. Schweigend wischte er sich die Tränen, die zögerlich über seine Wangen liefen, mit dem Handrücken ab und reichte seinem Gegenüber das Tintenfass. Cryptica nahm es entgegen und ging an dem Jungen vorbei, zog den hölzernen Schemel, der neben dem Bett stand, mit einem Fuß heran und ließ sich dann mit einer eleganten Bewegung darauf nieder. Ohne Alazais anzusehen, meinte er: "Wenn du noch eine zweite Feder findest, wäre ich dir sehr verbunden." Der Mentalist wandte sich stumm dem Regal zu, wobei er sich immer noch bittere Tränen aus den Augenwinkeln blinzelte. Er kam gar nicht auf den Gedanken, dass er Cryptica beleidigt hatte, indem er nicht auf dessen Annäherungsversuch eingegangen war. Der nordische Elf verteilte seine Grausamkeit viel subtiler als Stellan, und damit umzugehen, war weitaus schwieriger, als wenn er einfach nur brutal geworden wäre.

Tatsächlich fand Alazais eine zweite Feder und Cryptica reichte ihm ein paar Blätter. "Schreib diesen Text dort ab, auf jeden Bogen einmal." Er sah den Jüngeren dabei immer noch nicht an und Alazais gehorchte stumm. Er fühlte sich so schlecht wie selten zuvor und am Liebsten wäre er gegen jede Vernunft erneut fort gelaufen, Hauptsache raus aus diesem kranken Land mit seinem grausamen, gedankenlosen Bewohnern.

Aber die Arbeit, so eintönig sie auch war, lenkte zumindest ein wenig ab und Alazais kopierte den midländischen Text, von dem er den Großteil nicht einmal verstand. Am Nachmittag ließ ihn Cryptica für eine Stunde alleine, um in Vasudheim ein paar persönliche Angelegenheiten zu klären. Er kam mit zwei warmen Pasteten und frischer Milch wieder, aber Alazais verspürte seit ihrem Gespräch keinen Appetit mehr. Er aß eher sporadisch, um Cyptica nicht zu verärgern, danach führte er wortlos weitere Arbeiten auf, die der andere ihm auftrug.

Irgendwann, als die Sonne schon wieder untergegangen war, lehnte sich der Geisterbeschwörer zurück und streckte sich, dass seine Gelenke leise knackten. "Das war gut, wir haben viel geschafft. Ich werde jetzt gehen, morgen kommt ja Zacharel." Er stand auf und betrachtete Alazais kurz. "Weißt du, du solltest aufhören, dich jedes Mal in deinem Selbstmitleid zu suhlen." Der Mentalist sah ihn schweigend an und Cryptica wandte sich mit einem leicht verächtlichen Blick zur Tür. "Was ich dir damals sagte, meine ich ernst. Entweder, du lernst, mit diesen Umständen zu leben, oder du wirst irgendwann verrückt. Weit entfernt bist du davon nicht mehr, was?" Alazais ließ sich auf der Bettkante nieder. "Ich will das nicht hören," beschied er leise, aber mit überraschend kalter Stimme. Der nordische Elf blinzelte kurz und lächelte dann für eine Sekunde beinahe anerkennend, doch der Junge sah ihn nicht an und bemerkte die kleine Geste nicht. Er reagierte auch nicht, als ihm Cryptica einen guten Abend wünschte und ging. Tatsächlich fühlte er sich so niedergeschlagen, dass er nicht zum ersten Mal daran dachte, warum in Danas Namen er das alles eigentlich noch freiwillig mitmachte.

Deprimiert legte Alazais noch ein wenig frisches Holz in den Kamin und kehrte zum Bett zurück. Von Stellan fehlte weiterhin jede Spur und der Mentalist war sich schon fast sicher, dass der Berserker wohl nicht mehr am Leben sein würde. Seufzend stieg er aus den Stiefeln, breitete die Decke über sich aus und schloss die Augen.



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