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Der Fall Caitlin: Gefährliche Leidenschaften

Eine Navy CIS-FF [letztes Kap&Epilog lädt]
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Der Engel des M.D.P.D.

.:Kapitel 8 – Der Engel des M.D.P.D. :.
 

Hinweis: dies ist KEINE Crossover-Fanfiktion. Jedwede Namensgleichheit zu Personen anderer Fernsehserien sind durchaus beabsichtigt, dennoch wird keiner der Charaktere als agierende Figur auftreten.
 

~HAMLET. [...] Sei du ein Geist des Segens, sei ein Kobold,

Bring Himmelslüfte oder Dampf der Hölle,

Sei dein Beginnen boshaft oder liebreich,

Du kommst in so fragwürdiger Gestalt~ (William Sheakespeare, „Hamlet“)
 

Eine ganze Weile verharrten sie so, dann fiel Gibbs etwas ein. Er angelte aus seiner Jackett-Tasche einen Computerausdruck, der wie eine Broschüre gefaltet war und überreichte diesen Ziva.

„Hier, ich glaube, das sollte Ihnen etwas helfen, sich auf Ihren Auftrag vorzubereiten.“ Schweigend hob sie ihren Kopf wieder von seiner Schulter und nahm das Faltblatt entgegen. Nach kurzem Überfliegen meinte sie empört: “Hey, das ist ja unfair, da steht, dass Mütter Bonuspunkte bekommen.“

„Ziva, Sie sollen nicht teilnehmen um zu gewinnen, sondern um herauszufinden, ob eine der Verdächtigen auch die Mörderin ist!“

„Boss, denken Sie doch mal nach! Frauen sind immer etwas eigen, man kann sich innerhalb von Minuten mit ihnen anfreunden oder innerhalb von Jahren. Und selbst vor Freundinnen hat man gewisse Geheimnisse, zumindest, wenn man sie erst seit wenigen Tagen kennen. Was ich sagen will, ist, ich werde leider versuchen müssen, solange wie möglich im Rennen zu bleiben.“

„Nun, wenn wir noch neun Monate Zeit hätten, hätten wir die Bonuspunkte sicher einkassieren können, aber so...“

„WIR? Ich hoffe, das war ein Scherz. Wenn nicht, dann hätte ich jetzt aber ein Problem.“

Gibbs ließ das Lächeln sehen, dass er immer zeigte, wenn er gerade einem seiner Mitarbeiter verbal eins ausgewischt hatte. Dummerweise konnte Ziva gar nicht lachen und fragte nur leise: „Aber Boss... wenn ich alleine hinfahre, könnte dann mein Tarnung nicht auffliegen? Was mir Sorgen macht, ist, was passiert, wenn ich einer ihrer Ex-Frauen begegne. Die merken doch sofort, wenn ich nicht genügend ’Insiderwissen’ besitze!“

„Wenn meine Frauen mich je verstanden hätten, wäre ich dann drei Mal geschieden? Außerdem würden die da bestimmt nicht aufkreuzen, glauben Sie mir.“

Daraufhin konnte sie einfach nichts mehr erwidern, weil es in jenem Tonfall gehalten war, der signalisierte, dass die Diskussion hiermit beendet sei. Gibbs kramte erneut in seinem Jackett herum und holte diesmal den weißen Umschlag hervor, den ihm die ’mysteriöse Rothaarige’ überreicht hatte.

„Da wir gerade beim Thema Exfrauen sind... ich glaube, ich hätte da etwas, das Sie gebrauchen könnten. Geben Sie mal ihre Hand her.“ Sie tat, wie geheißen und ihr Vorgesetzter holte aus dem Kuvert einen schmalen Goldring, den er mit äußerster Behutsamkeit an ihren rechten Ringfinger gleiten ließ. Die Jüngere hingegen zog die Stirn kraus. „Er ist zu groß. Nicht viel, aber ein klein wenig... außerdem ist das Mattgold, also passt er nicht zu meiner Kette. Ein Ehemann würde auf so etwas achten! Zumindest wenn er seine Frau liebt.“

Jethro stöhnte genervt auf. Er wusste absolut nicht, was schlimmer war: dass sie so akkurat sein konnte und dass sie immer recht damit behielt oder dass genau das sie zu so einer guten Agentin machte und er diese Eigenschaft daher sowohl bewunderte als auch verachtete. Plötzlich klingelte sein Handy.

Mit einem vorwurfsvollen Blick aus ihren braunen Augen taxierte Ziva ihren Chef, dann ebbte das ab und sie fing an zu lachen. Daran hätten sie aber auch gleich denken können.

„Gibbs.“, meldete sich der Ältere zu Wort, nicht ohne seine schmunzelnde Kollegin mit einem bösen Blick zu strafen, „Horatio, was gibt’s? ... Nein, habe ich nicht ... So ziemlich jedes Mitglied meines Teams, warum? ... Kommt nicht in Frage, ich kann nicht noch jemand gebrauchen, der...“ Abrupt hielt er das Telefon von sich weg und beäugte es misstrauisch wie einen Fremdkörper. „Aufgelegt. Das wird noch ein Nachspiel haben.“

„Boss, wer war das?“

„Jemand, der mir nicht sagen wollte, was er von mir will, stattdessen schickt er uns ein Mitglied seines Teams.“ Gibbs wählte eine neue Nummer und während er das Mobiltelefon wieder an sein Ohr hielt und dem Freizeichen lauschte, versuchte er das Gespräch, dass er gerade geführt hatte, einzuordnen. Das M.D.P.D. schickte also seinen Engel höchstpersönlich. Für gewöhnlich keine besondere Sache, aber diesmal hatte man ihm keinen Grund genannt. Und das bedeutete, dass die Botschaft, die Horatio Caines Schützling bringen würde, nichts Gutes verhieß.

Eine Stimme meldete sich am anderen Ende der Leitung.

„DiNozzo, der verdammte Lift ist stecken geblieben, schick gefälligst jemanden, der sich darum kümmert. Und sei morgen früh gefälligst pünktlich, wir kriegen Besuch vom CSI in Miami.“
 

~*+*~

Eine Viertelstunde später funktionierte der Lift endlich wieder und Ziva musste Tony ausweichen, der schon die ganze Zeit neugierig vor den Türen gewartet hatte, nur um mit Agent Cassidy eine Diskussion zu führen, die sie die letzten Minuten mit Gibbs geführt hatte und bei der sie einfach zu keinem Ergebnis gekommen waren. Der Italienisch-stämmige fing derweil Gibbs ab.

„Besuch, Boss?“ Die unverhohlene Freude stand DiNozzo ins Gesicht geschrieben. Wenn jemand aus Miami zum NCIS kam, dann meistens wegen einem Fall, der beide Institutionen betraf und das hieß, wenn er Glück hatte durfte er nach Miami fliegen. Ins sonnige Florida, wo es Bikini-Schönheiten und Latinas en masse gab.

„Officer Luke Skywalker wird irgendwann morgen Vormittag hier eintreffen. Also kratz den letzten Rest Manieren zusammen, den deine Mutter dir beigebracht hat, ansonsten darfst du dich bald nach einem neun Job umsehen.“

Das Grinsen gefror auf dem Gesicht des Jüngeren, der den Namen nicht richtig einordnen konnte. „Luke Skywalker? Das ist doch ein Witz, oder?“

„Sehe ich so aus, als mache ich Witze, DiNozzo?“

„Nein, Boss.“ Tony war das Lachen vergangen. Sein Boss war offenbar alles andere als erfreut darüber, dass sich noch jemand einzumischen drohte oder zumindest die Fallklärung behinderte.

„Hast du noch etwas brauchbares, dass du mir mitteilen möchtest, oder bewunderst du gerne den Teppich?“

„Nein, Boss. Das heißt, ja, Boss. Das heißt...Ich habe die Hälfte der Restaurants gecheckt und offenbar ist unser Toter in keinem sonderlich aufgefallen, weil er irgendwelche Streits mit seinen Freundinnen provoziert hätte.“

„UND WARUM SITZT DU DANN NICHT AN DEINEM TISCH UM DIE ANDERE HÄLFTE ZU ÜBERPRÜFEN?!“

Der Brünette sah zu, dass er Land gewann. Gibbs hingegen wandte sich, seinen Agent noch mit einem Kopfschütteln bedenkend, den beiden Frauen zu. „Wie sieht es aus?“

Es war Paula, die antwortete: „Ich muss zugeben, es ist vielleicht wirklich ein Risiko für Miss David, Kate mitzunehmen, aber wenn sie keiner der Frauen je begegnet ist, stehen die Chancen gut, dass sie niemand wieder erkennt. John war nicht gerade der Typ, der vor jeder Frau mit dem Foto seiner Tochter rumgewedelt hat, wissen Sie. Die Sache ist die, wird müssen die Kleine ja nicht als ihr Kind ausgeben. Ich könnte mich genauso gut als freiwillige Helferin anmelden und Kate mitnehmen. So stehe ich Ihnen nicht ständig im Weg und sie haben jemand, der Ihren Agent unterstützt.“

„Na schön. Tun Sie mir gefälligst den Gefallen, das Kind zu fragen, ob sie da mitmachen will. Und Ziva, machen Sie sich endlich auf den Weg zu Abby.“

„Boss? Da gibt es noch etwas, das ich Sie fragen muss. Bezüglich der Tarnidentität.“

„Was denn noch?“

„Darf ich meinen Nachnamen behalten? Nehmen Sie es mir nicht übel, aber ’Ziva Gibbs’ klingt... unstimmig. Es passt einfach nicht zueinander.“

Er stutzte erst. Über was Frauen sich Gedanken machen konnten... dann zuckte Jethro gleichgültig mit den Schultern. „Meinetwegen. Solange Sie nicht auf die alberne Idee kommen, mir Ihren Nachnamen aufzuzwängen.“

Mit einem knappen Nicken brach die Israelin auf, um sich ein neues Leben zuzulegen, während DiNozzo, der gerade darauf wartete, verbunden zu werden, laut dachte. „Leroy Jethro David... klingt gar nicht mal so blöd für jemanden, der unter dem Pantoffel steht.“

Die Antwort darauf war ein Klaps auf den Hinterkopf.

/Wenn das so weiter geht..../, dachte Gibbs bei sich, /wird mir in wenigen Tagen die Hand weh tun./

Und es würde so weiter gehen.

Wie er Luke kannte, würde es vielleicht sogar noch schlimmer werden.
 

Ziva betrat Abbys Labor und musste feststellen, dass die Forensikerin eine ziemlich kurze Geduldsspanne aufwies: Aus lauter Langweile hatte sie angefangen, ihrem Assistenten beizubringen, wie man sein eigenes Parfum kreiert.

„Yo, das wird aber auch Zeit, Lady! Lässt man in Israel die Leute auch so gerne warten?“

„Der Fahrstuhl hat mich aufgehalten.“

„Na schön, dann wollen wir mal...“ Die Gothic schmiss sich auf einen ihrer Stühle und begann, wie wild auf der Tastatur herum zu tippen. „Den Namen sollten wir beibehalten. Ich meine, ’Ziva Gibbs’, das klingt doch voll daneben, oder?“

Ziva lächelte säuerlich und erwiderte nur: „Ja, das haben wir auch schon festgestellt.“ Die Israelin rieb sich nervös den Ringfinger an der Stelle, wo der Ehering sich befunden hatte. Er befand sich wieder im Besitz ihres Vorgesetzten, aber das ungute Gefühl blieb. Der Ring passte nicht, die Namen passten nicht und obwohl Ziva nicht an Omen glaubte, konnte sie sich des Gefühls nicht erwehren, dass sich die gesamte Welt gegen sie gestellt hatte und dass das ein Zeichen war, dass jegliche Beziehung zwischen ihr und Gibbs fürchterlich scheitern würde. Nein, das traf es nicht ganz... es war nicht ihre Beziehung, die unter einem schlechten Stern stand. Es war dieser Auftrag.
 

Als die Agentin aus Abbys Labor zurückkehrte, war sie noch immer Ziva David, allerdings von Beruf her Laborangestellte eines Pharmakonzerns (Spezialisierung auf die Produktion von Aspirin, wenn’s beliebt) und seit ungefähr einem Jahr in Amerika ansässig, seit anderthalb Monaten verheiratet mit einem gewissen ehemaligen Marine, mit dem sie die Flitterwochen in Paris verbracht hätte. Wo auch sonst, immerhin war es eine Stadt, die sowohl sie als auch Gibbs zur genüge kannten. Ein etwas überflüssiges Detail anhand der Tatsache, dass ihr geschätzter ’Ehemann’ nicht einmal mitkommen würde, aber sie würde von tratschenden Frauen umgeben sein. Und das hieß, es war absolut nichts ungewöhnliches, wenn sie die anderen Löcher in den Bauch fragte, solange es sich nur nicht wie ein Verhör anhörte und sie sich ebenfalls ausquetschen ließ. Aber genau da fingen die Probleme schon an, mit Fragen wie ’Wie lernt man als Angestellte eines Pharmakonzerns einen NCIS-Agent kennen?’. Sie würde sich den Rest der zwei Tage, die noch blieben, bis der ganze Spaß auch schon anfing, hinsetzten, sich alte Fälle ansehen und sich in irgendeinem als Augenzeugin einbauen, sich im Internet irgendwelche sinnlosen Tagebücher von Frauen, deren Männer in der Marine sind, durchlesen dürfen, nur um ein Gespür zu bekommen, wie man sich als stolze amerikanische Ehefrau zu fühlen habe.

Denn das machte ihr am meisten Sorgen: Dass es eine Art Vorauswahl gab. Einen Einstellungstest (es war Paula Cassidys Aufgabe die Inhalte heraus zu finden) und daraufhin eine Art ’Interview’ in dem laut Broschüre “die Einstellungen und Träume unserer geschätzten Teilnehmerinnen in Erfahrung zu bringen“.

Um ihr dabei zu helfen, hatte Tony ihr zusätzlich noch geraten, sich den Film “Miss Undercover“ anzusehen und sich letztendlich tierisch über seinen eigenen Vorschlag amüsiert mit Bemerkungen wie: „So ahmt das Leben die Kunst nach.“ Dann hatte der Brünette noch nebenbei die Anmerkung fallen lassen, dass er aus einer ziemlich sicheren Quelle wisse, dass McGee besagten Film als DVD besitze.

„McGee?“

Der Agent saß gerade wieder an seinem Computer und war am verzweifeln. „Ist das denn zu fassen? Das Einzige, was ich finde, wenn ich nach unserer verschlüsselten Botschaft suche, sind Gedichte und Sachen über Stephen King.“

„Ich weiß. McGee, darf ich heute Abend mit Kate bei Ihnen vorbeikommen und mir diesen Film, ’Miss Undercover’, bei ihnen ansehen?“

Zu ihrer Überraschung griff Tim in eine Schublade, holte den Film heraus und reichte die DVD der Jüngeren. „Sie können ihn auch jetzt gleich bei Abby über den Computer sehen, ihr ist ziemlich langweilig. Eigentlich wollte Tony den sich heute ansehen... Was meinten Sie damit, ’Sie wissen’?“

„Stephen King hat einen Gedichtkomplex von T.S. Eliot als Inspiration für seinen dritten Roman aus dem Zyklus des Dunklen Turm genommen. Die Zeile steht dort fast überall.“

McGee fielen vor Empörung fast die Augen raus. „Warum haben Sie denn nichts gesagt?“

„Ich wollte ihre Autorität nicht untergraben, außerdem bringt es uns kein Stück weiter. Und stellen Sie sich mal vor, was Gibbs Ihnen darauf geantwortet hätte.“

Eine von McGees interessanten Eigenarten war, dass er immer genau das machte, was man ihm sagte, deshalb wurde er bleich bei dem Gedanken, wie sein Vorgesetzter ihn aufgrund einer überaus unwichtigen Information durch den Reißwolf drehte. „Oh, stimmt. Aber was könnte es damit auf sich haben? Es klingt wie eine Drohung. Oder eine Ankündigung. Oder eine Herausforderung.“

„Das lässt sich erst sagen, wenn wir mehr über den Fall wissen, fürchte ich.“
 

~*+*~

Gelangweilt drehte Tony sich in seinem Bürostuhl hin und her, während er die Melodie zu „I don’t like Monday“ vor sich her pfiff. Normalerweise hätte er sich freuen können, denn ausnahmsweise kam Gibbs mal zu spät, an diesem denkwürdigen Montag Morgen. Director Shepard hatte zwar die Auskunft gegeben, er müsse Besorgungen bezüglich des Falles machen, jedoch hatte McGee geschworen, er habe den Senior Special Agent am heutigen morgen in einer Einkaufspassage gesehen.

Der Fall ging auch eher stockend voran. DiNozzo hatte Gibbs gestern nur noch so viel sagen können, dass Brianna Paxton, die als letzte eine Beziehung mit dem Toten gehabt hatte, mehrmals in einem der Restaurants mit dem Petty Officer Peter Whiley gesehen worden war. Dann hatten er und McGee noch aufbrechen müssen, um sich in den Nachbarschaften der verdächtigen Frauen umzuhören. Die wiederum konnten sich daran erinnern, dass es im Haus von Sharon Rowland zu einem sehr lauten Streit gekommen sein soll... aber das war nichts neues. Da wurde es immer laut, die Frau war offenbar genauso temperamentvoll wie ihr Vater, der Admiral.

„Acht Uhr morgens und noch nirgends eine Spur von diesem Typ Jedi-Typen... und Gibbs schnauzt UNS voll, wir sollen pünktlich sein.“, Tony seufzte, aber dadurch wurde es auch nicht gerade spannender.

„Du meinst, Officer Skywalker. Du solltest dir nicht gerade den Schnitzer leisten, ihn mit komischen Bemerklungen wegen seinem Namen auf den Keks zu gehen, Tony.“ Das kam von McGee. Der war auch nicht gerade der beste Gesprächspartner und Ziva war nicht da zum ärgern. Sie saß mit Klein-Katie in der Bibliothek und informierte sich über die Hintergründe und Geschichte der US Navy, für den Fall, dass das in diversen Einstellungstests abgefragt wurde.

„Wann lasse ich schon mal irgendwelche unangebrachten Kommentare fallen, hä? Bambino, geh mir einen Kaffee holen.“

„Wieso ich? Geh doch selber!“

„Weil ich der dienstälteste Agent hier bin und damit habe ich das Sagen, solange Gibbs nicht da ist.“

Murrend aber treu wie ein Hündchen trottete der Jüngere Richtung Cafeteria.

Keine zwei Minuten später war Tony eingedöst.
 

„Sir?“ Ein vorsichtiges Tippen an seiner Schulter weckte DiNozzo und er fiel fast vom Stuhl, als er sah, WER für die Störung verantwortlich war. Gewissermaßen geriet er von einem Traum in den nächsten.

Die junge Frau, die da an seinem Tisch stand, war vielleicht Mitte zwanzig, kaum merklich kleiner als Ziva. Was ihm jedoch als erstes auffiel, waren ihre großen... Augen. [^^] Vor ihm stand das wohl einzige weibliche und attraktive Wesen, bei dem er gar nicht anders konnte, als ihr auf Anhieb nur in die Augen zu sehen.

Der gebräunte Hautton, der so regelmäßig aussah, dass er ganz offensichtlich angeboren war, die mahagonifarbenen, gewellten vorderen Haarsträhnen, die das Gesicht bis zum Kinn umrahmten, dann gestuft länger wurden, eingebunden in einem Knoten am Hinterkopf und die Sommersprossen auf der Nase... all das bekam Tony nur am Rande mit, genau wie den NCIS-Besucherausweis, der an dem eng anliegenden ärmellosen Top prangte oder das silberne Kreuz um ihren Hals. Nein, sein Blick fiel allein auf ihre Augen.

Die meisten Menschen bezeichneten sie als zweifellos hübsch, wenn sie auch irritiert waren. Weil durch einen harmlosen Gendefekt ihre beiden Augen unterschiedliche Farben hatten: das Linke in einem kalten graublau, das Rechte in einem umso wärmeren goldbraun. Normalerweise dachte man bei solch einem Phänomen an Huskys, aber ihr Lächeln hatte mehr etwas katzenhaftes an sich, genauer gesagt erinnerte es an Raubkatzen. Das genügte um Tony in Flirtlaune zu bringen und nun endlich auch zu bemerken, dass ihre Statur nicht zu verachten war. Etwas zierlich und oben rum hätte es schon etwas mehr sein können, aber man nahm, was man kriegte.

„Sir?“, fragte sie noch einmal vorsichtig, „Ich würde gerne mit Special Agent Gibbs sprechen. Es ist wichtig.“

„Der ist gerade nicht da. Aber stattdessen können Sie mit mir reden. Ich bin praktisch sein Stellvertreter.“

Die Fremde beäugte den Agenten mit skeptischen aber nicht gerade abgeneigten Blick. „Tut mir Leid, aber es ist etwas Privates. Mein Name ist übrigens Alecia.“ Sie tippte nervös mit den Fingernägeln auf dem Plastikdeckel ihres Pappbechers herum. Scheinbar war sie vorher noch in der Cafeteria gewesen und hatte sich einen Kaffee geholt.

Tony grinste und ließ all seinen Charme versprühen, da er seine Chancen steigen sah. Sie hatte sich nur mit dem Vornamen vorgestellt, scheinbar war es ihr also Recht, wenn er sie auch nur mit selbigen ansprach. Alecia setzte sich ihm gegenüber auf Zivas Schreibtisch und stellte den Becher neben sich, während sie ihn neugierig beäugte. Dabei fiel dem Italienisch-stämmigen auf, dass sie am Fußknöchel eine Rosenranke eintätowiert hatte, mit burgunderfarbenen Blüten. Durch die weißen Flip Flops an ihren Füßen, die perfekt zum gleichfarbigen Minirock passten, war das Tatoo gut zu sehen. Er hatte das Gefühl, den Jackpot gerade zu gewinnen: denn Frauen mit Tätowierungen...

„Ist es den meisten Frauen nicht unangenehm, wenn Sie sie so ansehen?“

„Ich weiß nicht. Ist es Ihnen unangenehm?“

Alecia lächelte mysteriös und schwieg sich über die Antwort aus. „Könnten Sie mir vielleicht sagen, wann genau Agent Gibbs wieder kommt? Ich hatte einen anstrengenden Flug hinter mir.“

„Das hat er nicht gesagt...Woher kommen Sie denn, Alecia?“

„Miami.“

„Lassen Sie mich raten: Ihre Mutter ist eine Latina. Deshalb sind sie auch so schön braun.“

„Nicht ganz. Mein Vater war Inder. Halbinder, um genau zu sein.“ Tony fühlte sich etwas vor den Kopf gestoßen. Mit diesem kleinen Fehltritt hätte er sich alles versauen können... aber die junge Frau lächelte noch immer, wenn auch nicht mehr so neugierig. Das hieß, seine Chancen bei ihr waren noch nicht ganz verpufft. Und da war ja noch etwas mit Miami...

„Kennen Sie zufällig einen Luke Skywalker?“

„Soll das ein Witz sein? Wer kennt ihn nicht? Gut, ich mochte Obi-Wan immer viel lieber, aber...“

„Nein, nein, ich meinte einen Polizeibeamten.“

Alecia setzte zu einer Antwort an, als mit einem leisen ’Pling’ die Fahrstuhltür sich öffnete. Aber es war wider Erwarten nicht Gibbs, der ausstieg, sondern ein afroamerikanischer Zwei-Meter-Hüne, mit kurz geschorenen schwarzen Haaren, die um die Schläfen herum schon ein gutes Stück ergraut waren. Er trug eine Navy-Uniform, die ihn deutlich als Admiral E. Rowland auswies und seine wutverzerrte Miene kündigte großen Ärger an. Der sich vor allem gegen den einzigen anwesenden Special Agent richtete.

„SIE! Sind Sie der Idiot, der in den Akten meiner Tochter rumgeschnüffelt hat? Was soll, das, hä? Haben Sie noch nie was von Vertraulichkeit und Privatsphäre gehört?“ Brüllend bahnte der Koloss sich immer mehr den Weg durch den Raum, und DiNozzos klägliche Versuche, sich ihm in den Weg zu stellen, blieben erfolglos. Das war also anscheinend der Vater von Sharon Rowland... nur wie war er an die Information gekommen, dass der NCIS ihre Daten überprüft hatte?

„Hören Sie, Mister... das, ähm... ist ein Missverständnis. Bitte beruhigen Sie sich, Sie machen die Lady noch ganz nervös.“

Tatsächlich war Alicia alarmiert von Zivas Schreibtischplatte gerutscht und näherte sich den beiden Männern nun, entschlossen einzugreifen, sollte es von Nöten sein. Das musste Tony ihr lassen, mutig war sie. Vielleicht etwas lebensmüde, aber immerhin mutig.

„Ich soll mich beruhigen? Jetzt reicht es aber! Meine Tochter wird entführt und zwei Tage später kramen Sie in ihren Akten herum, was soll ich bitte davon halten? Und jetzt schreiben Sie mir auch noch vor, was ich zu tun habe!“

Der Brünette blickte ehrlich geschockt drein über die Information, dass die Verdächtige entführt worden sei, aber ihr Vater sah das wohl eher als Bestätigung seiner Worte. Und bevor auch nur ein klärendes Wort fall konnte, machte Tony auch schon Bekanntschaft mit der Faust des Admirals. Und schlagartig wurde es schwarz um ihn.
 

Als er wieder aufwachte, dachte für einen magischen Moment, er habe nur einen Traum im Traum gehabt... doch dann kam das Brennen in seinem linken Auge hinzu und gleichzeitig etwas Kühles, das darauf lag, auch wenn er nicht genau sagen konnte, was. Als der Special Agent sich aufrichten wollte, wurde er sanft wieder auf den Boden gedrückt.

„Nicht. Bleiben sie liegen, das ist besser für ihren Kopf. Sie können von Glück sagen, dass meine Mutter ohnehin heute Abend grillen wollte, Agent DiNozzo.“ Alecia hatte ihm ein Steak auf das getroffene Auge gelegt, damit dort kein Veilchen entstand. Aber so wie die Sternchen um Tony herum schwirrten, würde das auch nicht helfen. Außerdem konnte er sich partout nicht daran erinnern, ihr seinen Namen genannt zu haben...

„Hat der Kerl Sie auch geschlagen?“ In der Hinsicht war er ein Gentleman: Er mochte es ganz und gar nicht, wenn man Frauen schlug oder tötete. Es war ein Kapitalverbrechen an der Schönheit. „Sie bluten,“ stellte er mit einiger Sorge fest. Die junge Frau blickte fragend auf ihn herunter, dann bemerkte sie selbst das Blut, dass ihr aus der Nase lief. Sie stoppte es provisorisch, indem sie ihren Handrücken davor hielt.

„Nein, schon gut, das passiert mir öfters. Ich habe den Admiral überreden können, sich erst mal in die Cafeteria zu setzen. Ihr Kollege, Agent McGee redet gerade mit ihm. Warten Sie hier, ich bin gleich wieder da.“

Sie lief davon, wahrscheinlich, um ihre Blutung zu stoppen. Auch gut. Der Schmerz in DiNozzos Auge klang langsam ab zu einem unangenehmen Druck, aber auch damit ließ sich auskommen.

Er sollte also warten. Blieb ihm etwas anderes übrig?

Ganz kurz trauerte er dem verlorenen Tag hinterher. Es hätte so schon werden können, kaum Arbeit, reichlich Möglichkeiten, McGee zu ärgern (verdammt, er hatte ihm doch noch die Sache mit Ziva erzählen wollen, das hätte Bambino sicher nicht gefallen. Tim hatte eine Schwäche für Ziva, vielleicht nicht so sehr, wie für Abby, doch das reichte schon) und nicht zu vergessen er hätte mit einer absoluten Spitzen-Frau flirten können... die ihn jetzt wohl ewig als den Kerl in Erinnerung behalten würde, der auf dem Boden befördert wurde, mit einem Steak auf dem Auge. Jetzt hatte sie garantiert Mitleid mit ihm. Toll, das zog vielleicht, wenn man sich eine Ehefrau angeln wollte, aber nicht, wenn man mit der Frau ins Bett wollte.

Konnte es noch schlimmer werden?

Und wie es das konnte.
 

„Macht es dir Spaß, auf dem Boden zu liegen und Lebensmittel zu verderben, DiNozzo?“ Gibbs hatte seine kleine Shoppingtour anscheinend beendet und war gar nicht mit dem zufrieden, was in den Büroräumen vor sich ging. Einer seiner Agenten faulenzte auf dem Boden rum und der andere war nirgends zu sehen. „Ich hoffe, dafür gibt es eine plausible Erklärung.“

„Boss, der Vater von einer unserer Verdächtigen ist hier. Er hat mich geschlagen.“

„Dann sollte ich ihm wohl ein Dankeskränzchen schicken, was?“

Tony sah drein wie ein Kind, den man gerade seinen Lutscher geklaut hatte und stand entgegen Alecias Rat auf, wobei er sich allerdings anstellte wie ein Invalide. Mit äußerster Vorsicht setzte er sich an seinen Schreibtisch und legte das Steak auf die Tischplatte. „Der Kerl meinte, seiner Tochter sei entführt worden.“

Gibbs blickte alarmiert drein. „Hat er etwas über die Umstände gesagt?“

„Danach muss ich wohl vergessen haben zu fragen, als ich bewusstlos war“, erwiderte der Jüngere gekränkt.

Ohne nach dem Eigentümer zu fragen, griff Jethro nach dem Pappbecher auf Zivas Tisch. Nach solchen Neuigkeiten hatte er erst mal einen Kaffee bitter nötig. Doch schon nach den ersten Schlucken spuckte er die Flüssigkeit wieder in den nächsten Papierkorb. Nach dem, was Tony gesehen hatte, war es eine klare, gelblichbraune Flüssigkeit und der Geruch nach Apfel breitete sich aus: Tee.

„Wer zur Hölle hat den dieses Gesöff...“ in den Augen des Älteren blitzte Erkennen, gemischt mit wachsendem Unmut auf und er brüllte einen Namen so laut auf, dass er wohl im ganzen Hauptquartier zu hören gewesen sein durfte.

„LUKE!“
 

Nur Sekunden darauf rannte Alecia an, in freudiger Erwartung. „Gibbs, was für eine Freude, deine angenehme Stimme zu hören...“, meinte sie vergnügt und schien gar nicht zu bemerken, dass ihr Gegenüber fast vorm explodieren war.

„Wie oft habe ich dir gesagt, du sollst einen Biohazard-Aufkleber auf deine Getränke machen, wenn du sie schon achtlos stehen lässt.“

„Und wie oft habe ich dir schon gesagt, du sollst nicht immer anderen Leuten ungefragt den Kaffee klauen. Das ist Mundraub. Nebenbei erwähnt ist das ganze Koffein ohnehin schlecht für dich.“

“Junge Dame, was schlecht für mich ist und was nicht, kann ich noch immer selbst entscheiden. Und bei Gott, zieh dir gefälligst was anständiges an, es existiert eine Kleiderordnung in diesem Gebäude.“ Alecia verdrehte die Augen wie ein Kind, holte dann hinter Zivas Schreibtisch einen roten Rucksack hervor, aus dem sie ein eng geschnittenes, nachtblaues kurzärmeliges T-Shirt fischte, dass sie sich prompt überzog. Auf dem Rücken stand in weißer Schrift „MDPD“ kurz darunter „Forensics“ und als sie sich wieder zu Tony umdrehte, erblickte er an der Vorderseite die Aufschrift „CSI“.

Er fühlte sich geschlagen, desorientiert, ignoriert und zutiefst verwirrt. Und das war ziemlich viel für jemanden wie ihn. Schon fast zu viel. Warum war dieses bildhübsche Mädchen von der Polizei, trug aber keine Dienstmarke? Welche Verbindung bestand da zwischen ihr und diesem Skywalker und vor allem woher nahm sie sich die Courage, so mit Gibbs zu reden?

„Jetzt zufrieden, Big Boss?“

„Nein. Warst du schon bei Ducky oder Abby?“

„Noch nicht. Aber keine Sorge, selbst wenn, hätte ich ihnen noch nichts gesagt. Du weißt doch, du stehst auf meiner Prioritätsliste ganz oben. Genau wie auf Mum’s. Apropos... taucht sie hier eigentlich immer noch jeden zweiten Tag auf?“

„SIE sind die Tochter der mysteriösen Rothaarigen?“, platzte es plötzlich aus Tony heraus. Alecias verschiedenfarbige Augen richteten sich schlagartig auf ihn.

„Oh. Sie hätte ich beinahe vergessen. Darf ich mich Ihnen erneut vorstellen, Tony? Ich bin Officer Alecia Lukretia Skywalker-Caine, vom Miami Dade Police Department.“ Sie hielt ihm freundlich die Hand hin. „Aber die meisten nennen mich Lecia oder Luke. Und, ja, die Person auf die Sie sich beziehen, ist meine Mutter, aber ich glaube, sie bevorzugt es, über ihre Arbeit beim Judge Advocat General definiert zu werden.“

Der Brünette schüttelte der jungen Frau ungläubig die Hand. Der Engel des M.D.P.D. war offensichtlich ganz unbemerkt gelandet.

*****

Muharrharr! Alecia ist Luke Skywalker! Wer außer mir hätte das gedacht? (Cookie, weil ich meine Klape net halten konnte)

Ich sehe in letzter Zeit auch immer regelmäßiger J.A.G. Wärt ihr nie drauf gekommen, ne, besonders nicht wegen der letzten Worte von Lecia/Luke.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  swansongs
2006-08-29T15:46:46+00:00 29.08.2006 17:46
geil XD
mirv gefällts!!

darcu~
Von: abgemeldet
2006-07-21T20:02:59+00:00 21.07.2006 22:02
Also Schwesterchen...Alecia ist Luke, hätte ich nie für möglich gehalten *hust*

Hach die Frau ist einfach mal toll, hat Gibbs gegenüber eine große Klappe, arbeitet mit Horatio zusammen und sieht super aus. Was will man mehr?^^

Ja und die mysteriöse Rothaarige…die sollte ich vielleicht auch mal einbringen…irgendwann später *gg*

Also, ich warte auf Kapitel 9…^^

Dein Keks


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