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Des Feuervogels Glut I

von

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Hinter den Kulissen

Tokio, Stadtzentrum, Ende November
 

Erstmals seit Wochen war Nachts wieder freie Sicht auf den Mond möglich.
 

Kai bemerkte es, als er in eine Pfütze trat und sein helles Abbild verschwamm. Silbrige Spritzer landeten auf dem kalten Asphalt und auf seiner Hose. Er trug ein schwarzes Seidenhemd, das nur zum kleinsten Teil zugeknöpft war. Seine Hand schmückte ein großer Totenkopfring.

Seine Narben hatte er mit Camouflage abgedeckt, die Augen schwarz geschminkt.

Bereits von weitem hörte er die laute Musik aus der Untergrundszene. Eine klare Bezeichnung gab es nicht, denn eine solche Musikrichtung war hier nur sehr selten anzutreffen.

Es war kurz vor 11, als er den Club erreichte. Ohne Mühe lies man ihn an den Türstehern vorbei. Man kannte ihn persönlich.

Es begrüßten den jungen Halbrussen ohrenbetäubend laute Musik und gleißendes Blitzlicht, als er das menschengefüllte Gewölbe betrat. Blaue Neonröhren erleuchteten die Treppe hinunter in die von lebendigen Sillhouetten angefüllten Katakomben.

Der DJ spielte einen Remix von Depeche Modes "A Pain that I'm Used To" und setzte die Menschenmasse in Extase. Selbstsicher drängte er sich durch die tanzenden Massen zu einem etwas ruhigeren Eck und orderte etwas zu Trinken. Nach ein paar Drinks schloss er die Augen und ließ die Musik auf sich wirken.
 

Der junge Mann wurde von einer Gegenwart in seiner unmittelbaren Nähe gestört. Jegliche Geräusche wurden von den anästhesierenden Beats verschlucht und so hatte es etwas gedauert, bis er sie bemerkt hatte.

Als er ein Auge öffnete, erblickte er vor sich eine weibliche Gestalt, die, höchstens einen Meter von ihm entfternt, auf einem Podest an einer Stange tanzte.

Interessiert baute er Blickkontakt zu der Schönen auf, beobachtete sie, studierte ihren nur von schwarzen Netzen und ein paar blickdichten Elementen bedeckten Körper.

Alles, was Kai sehen konnte, kam ihm vor wie einzelne Momentaufnahmen. Nur einen Sekundenbruchteil lang blickte er in ihr wohlgestaltetes Gesicht. Dann umgab sie komplette Dunkelheit, kurz bevor der Raum wieder von gleißendem Schein geflutet wurde. Alles lief wie in Zeitlupe ab.

Doch es bestand kein Zweifel, als er die junge Frau erkannte. Er war ausgerechnet in diesem Club auf Schatten getroffen, die direkt vor ihm ihren halbnackten, makellosen Körper zur Musik bewegte - nur für ihn.

Insgeheim hoffte Kai, dass das Camouflage seine erröteten Wangen verbarg. Doch wurde seine Aufmerksamkeit sofort wieder ins Hier und Jetzt gezogen.

Die Schönheit beugte sich zu ihm vor, kniete sich neben ihm auf die lederne Sitzgarnitur und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Ihr Atem ließ ein Kribbeln durch seine Haut jagen, den Hals hinunter bis über seine Lenden.

Es dauerte einen Monent, bis er wirklich verstanden hatte, was ihm Schatten gesagt hatte. Doch es verlor direkt jegliche Bedeutung. Es war nichts Wichtiges.

Die ohrenbetäubenden Klänge ließen ihm alles vorkommen wie ein Traum oder irgendeine Fantasie in seinen Gehirnwindungen. Nichts von alledem schien mehr real zu sein. Für ein paar Sekunden verlor er sich in dieser Überzeugung und somit alle Macht über sich.

Als Schatten vorsichtig begann, seinen Hals anzuknabbern, gingen letzte Kontrollimpulse in der lauten Musik unter. Der Alkohol in seinem Blut übernahm den Rest. Er bekam nur noch mit, dass ihn die junge Frau in einen der Privaträume zerrte.
 

Geweckt wurde er von Stimmen und dem klirren von Gläsern.

Vorsichtig öffnete Kai ein Auge und begegnete unangenehm hellem Tageslicht, das durch ein Kellerfenster in den Raum schien. Sein Kopf dröhnte so stark, dass er nicht aufstehen konnte.

Perplex blickte er sich um. Er lag auf dem Boden eines kleinen Raumes, in dem unter Anderem Werkzeug und zahlreiche Kartons gelagert wurden. Die Wände bestanden aus nacktem Beton, genauso wie der kalte Fußboden.

Kai setzte sich auf, bereuhte den Entschluss aber sofort wieder. Seine Kopfschmerzen brachten ihn beinahe um.

Er versuchte, sich an den gestrigen Abend zu erinnern, doch stieß er auf einen kompletten Filmriss, der seine pochenden Schmerzen noch verstärkte.

Frustriert blickte der junge Mann an sich hinunter. Seine Hose war offen und sein Hemd weg. Den Ring hatte er jedoch noch an. Was war passiert?
 

In Bruchstücken kehrten ein paar Erinnerungen zu ihm zurück. Und ausnahmsweise mal nicht die, die ihn sonst belästigten.
 

Schatten war gestern bei ihm gewesen. Nicht bei ihm zuhause, sondern in einem Club.

Jetzt fiel Kai wenigstens ein, wo er sich befand. Er überlegte weiter.
 

...und erschrak. Eine geöffnete Packung Preservative, die er in einer Ecke liegen sah, bestätigte seine Befürchtungen. Bei näherer Betrachtung stellte er fest, dass die fast leer war.

"Na toll...und ich kann mich noch nicht mal daran erinnern...", dachte er. "Aber wenigstens war sie hübsch..."
 

Mit einem Ruck stand er auf, schloss seine Hose und torkelte auf die Tür zu. Unterwegs kreuzte ein kaputter Spiegel seinen Weg. Zunächst hielt er was er da sah nur für Einbildung, doch nach längerem Zögern fuhren seine Fingerkuppen über seine Halsschlagader. Die Bissmale waren echt. Jedoch nur oberflächliche Kratzer.

Dennoch zuckte Kai zusammen. Nur hinderte ihn sein dröhnender Schädel daran, dessen Herkunft und Bedeutung zu hinterfragen. Er wollte bloß nach Hause ins Bett.
 

Irritiert musterten ihn die Barkeeper, die gerade aufräumten, als Kai mehr tot als lebendig an ihnen vorbeitaumelte. Ihre nicht einzuordneten Blicke fraßen sich durch seine Kopfschmerzen. Abfällig erwiderte er ihren Augenwink und schritt auf den Ausgang zu.
 

Allmählich, nach ein paar Stunden Schlaf und einigen Aspirin, kamen alle oder zumindest die meisten Erinnerungen zu ihm zurück. Er wusste nicht, ob er diese Nacht bereuen oder sich gerne an sie entsinnen würde.
 

Denn noch konnte Kai nicht ahnen, dass es beiweitem nicht die letzte solcher Nächte sein würde. Ein regelrechter Heißhunger würde ihn verbrennen, nur bei dem Versuch, seine innere Leere mit etwas zu füllen.
 

Allerdings würde es die einzige mit Schatten bleiben.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2008-02-26T19:56:02+00:00 26.02.2008 20:56
so en bissel spät dran, aber habs doch noch geschfft zu lesen XD
und ich muss sagen, auch wenn es so lange gedauert hat mit schreiben, werden deine kapitel nach und nach immer spannender und freu mich schon wenn es weiter geht ^^
also schreib schnell weiter
Von:  sweetangle
2008-02-22T21:32:54+00:00 22.02.2008 22:32
ui wie geil^^
Das hat mir gefallen.
Bin mal gespannt wann Kai und Schatten wieder aufeinander treffen werden. ^^

schreib schnell weiter.

bussi sweety
Von: abgemeldet
2008-02-22T21:18:36+00:00 22.02.2008 22:18
Wow, jetzt legst du aber ganz schön an Tempo zu! Schön! =D
Das Kapitel gefällt mir gut. Ich glaube, bei jemandem, der nicht schreiben kann, würde es absolut lächerlich erscheinen, eine Person 'Schatten' zu nennen; aber bei dir klingt es vollkommen selbstverständlich, und das zeugt meiner Meinung nach von Talent. Ich mag einfach diese Art, wie du es verstehst, den Leser direkt in die Szenerie zu befördern und ihn praktisch neben der Handlung stehen lässt. Ich find die FF einfach nur klasse. Mach weiter so!


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