Zum Inhalt der Seite

Loki: Versklavt!

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Unerwarteter Besuch

Tony fühlte sich unbehaglich. Er redete sich ein, das Richtige zu tun, und spottete sogar ein paar Mal über Lokis plötzliche Gefügigkeit (so brav heute Morgen..?), aber eigentlich war er mit sich selbst alles andere als im Reinen.
 

Hinzu kam, dass er genau wusste, dass er Loki eigentlich zu weitaus Besserem brauchen konnte als dazu, seine ohnehin immer blank geputzten Räume sauber zu halten. Er wusste von Thor, welch kluger Kopf sein Bruder war, und es gab durchaus die eine oder andere Sache, wo Loki ihm vermutlich sogar eine grosse Hilfe sein konnte. Schliesslich hatte er ihn nun mal hier… da konnte sich der Kerl ja genauso gut richtig nützlich machen.
 

Doch was Tonys Unbehagen eigentlich auslöste war die resignierte Haltung seines ‘Sklaven’. Bis gestern hatte Loki auf ihn – trotz allem – nicht wirklich den Eindruck eines gebrochenen Menschen (pardon: Asgardianers) gemacht, aber heute Morgen kam er ihm so vor. Stark hätte sich zwar gerne eingeredet, dass es wegen dem war, was er gestern mit ihm angestellt hatte, doch er ahnte, dass dem nicht so war. Denn in diesem Fall hätte er ja bereits gestern so reagiert. Nein, irgendetwas musste in der Nacht geschehen sein, aber Tony konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, was…
 

Er überliess Loki seiner Arbeit und ging ein paar Stockwerke höher in sein geräumiges Büro. Dort setzte er sich an den Monitor und liess das Video der Überwachungskamera laufen, die – wie überall im Gebäude – natürlich auch in Lokis Kammer eingebaut war. Zunächst zeigte sich nichts Aussergewöhnliches, sah man davon ab, dass Loki nicht wirklich schlief, sondern sich stöhnend auf dem Bett hin- und herwälzte. Starks Augen verengten sich: der Kerl wusste nichts von der Kamera, und die Linse war derart versteckt eingebaut, dass er sie eigentlich auch unmöglich bemerkt haben konnte. Was also bedeutete, dass er nichts vorspielte…
 

Kleine Schweisstropfen bildeten sich auf Tonys Stirn, als er die Szene verfolgte. Gestern war er noch halbwegs überzeugt davon gewesen, dass Loki ihn zu täuschen versuchte – oder dass die Schmerzen, die er noch empfand, höchstens halb so schlimm waren, wie er ihn glauben machen wollte. Aber wenn er sich die Überwachungsvideos jetzt anschaute, zeichnete sich ein ganz anders Bild. Tony spürte plötzlich ein sehr flaues Gefühl im Magen.
 

Ein Gefühl, das noch intensiver wurde, je länger er zusah. Loki schien sich offensichtlich gegen das Einschlafen zu wehren, doch irgendwann driftete er dann doch weg. Etwa zehn, fünfzehn Minuten lang lag er ruhig da, atmete so lautlos, dass man ihn fast für tot hätte halten können, wenn nicht das Heben und Senken des Brustkorbs gewesen wäre. Doch dann wurde sein Schlaf auf einmal unruhig. Zunächst wälzte er sich bloss wieder hin und her, doch nach wenigen Minuten begann er zu stöhnen, und seine Finger krallten sich in die Matratze. Auf einmal öffneten sich auch seine Augen, doch Tony erkannte, dass er nicht wach war: er schien jedoch, als sei er in einer Art Trance.
 

Iron Man kniff die Augen zusammen und rutschte beinahe in den Bildschirm hinein. Dieser Ausdruck auf Lokis Gesicht… Eine eisige Faust griff auf einmal nach seinem Herzen, und er fühlte, wie ihm beinahe schwindlig wurde.
 

Nacktes Grauen spiegelte sich auf Lokis Zügen, und in seinen Augen stand blanker Horror. Sein Atem ging rasch und stossweise, fast wie bei einem schwerverwundeten Tier. Und dann setzte Tonys Herzschlag plötzlich einen Moment lang aus, denn jetzt verfärbte sich Lokis Haut langsam…
 

…und wurde blau!
 

Tony blinzelte. Narrten ihn jetzt seine Sinne? Aber nein, was er da sah, war echt: Loki wurde auf einmal blau, und auf seinem Gesicht zeichneten sich feine, gleichmässige Linien ab. Den grössten Schock jedoch versetzten Stark seine Augen: eben noch blau-grün, verfärbten sie sich zu einem leuchtenden Rot.
 

Iron Man blieb beinahe die Luft weg – doch dann erinnerte er sich plötzlich daran, dass Thor ihnen erzählt hatte, dass Loki eigentlich aus Jotunheim stammte. Er hatte zwar nicht erwähnt, wie die Bewohner dieses Planeten aussahen (es hatte ihn auch keiner danach gefragt), aber das musste dann wohl die Antwort darauf sein…
 

Das Ganze dauerte fast eine Stunde. Eine lange, schreckliche Stunde, in der Loki den fürchterlichsten Alptraum zu haben schien, den man sich nur denken konnte. Sofern es denn überhaupt ein Traum war… Denn irgendwie gewann Tony Stark den Eindruck, dass Loki weitaus mehr erlebte als nur einen grässlichen Traum.
 

Dann aber wurde er langsam wieder ruhiger, und sein Äusseres verwandelte sich auch zurück in das bekannte Gesicht eines Asgardianers. Sein Atem ging wieder ganz ruhig – bis er nach einigen Minuten aufwachte. Zitternd fuhr er sich über die Stirn, und dann winkelte er die Beine an, umschlang sie mit den Armen und vergrub den Kopf im Schoss.
 

So blieb er für den Rest der Nacht sitzen.
 

Auch Tonys Hand zitterte jetzt, als er den Monitor ausschaltete. Du meine Güte: was immer das in dieser Nacht gewesen war – es hatte Loki fertig gemacht! Kein Wunder, dass ihm heute Morgen die Kraft für zynische Sprüche gefehlt hatte…
 

Gerade als er sich noch den Kopf zermarterte, was er jetzt tun sollte, wurde er durch das Schrillen der Haustürglocke aufgeschreckt. Wer mochte das sein? Er erwartete niemanden.
 

«Clint!» rief Stark überrascht aus, als Hawkeye alias Clint Barton von Jarvis in sein Büro geleitet wurde. «Was führt dich denn zu mir?» Während er sprach, warf er einen nervösen Blick zur zweiten, hinteren Bürotür.
 

«Das ist leider mehr als nur ein reiner Freundschaftsbesuch, Tony.» sagte Clint und liess sich in einen der bequemen Stühle fallen. «Wir haben Lokis Zepter gefunden.»
 

«Lokis Zepter?» Tony warf einen weiteren Blick zur Tür und hoffte inständig, der eben Genannte würde nicht plötzlich unerwartet auftauchen.
 

«Ja. Es ist in einer alten Hydra-Basis in der Nähe von Sokovia. Wir müssen es uns unbedingt holen.» Clint schlug die Beine übereinander. «Das Team steht schon bereit. Bis auf Thor... der wollte eigentlich dabei sein, doch sein Vater hat wichtige Dinge für ihn in Asgard zu erledigen. Er ist aber zuversichtlich, dass wir es auch ohne ihn schaffen.»
 

«Warum sollten wir nicht?» fragte Tony zerstreut.
 

«Naja... Thor meinte, das Zepter berge ein gefährliches Geheimnis. Er wollte uns gerade berichten, worum es dabei ging, wurde aber mitten im Satz unterbrochen.» Clint erzählte von Thors überraschendem Auftauchen vor zwei Tagen, der Info, die er ihnen geliefert hatte bezüglich Aufenthaltsort des Zepters und dann der plötzlich eintreffenden Delegation aus Asgard, die ihn umgehen – umgehend! – zurückbeordert hatte. Thor hatte nicht mal ausreden können... Die Krieger aus Asgard waren in derart heller Aufregung gewesen, dass sie ihn fast mitgeschleift hatten. «Keine Ahnung, was bei denen los ist,» schloss Clint seinen Bericht. «Aber auf alle Fälle konnte Thor uns nur sagen, dass wir das Zepter unbedingt sicher verwahren müssen, bis er zurückkommen könne, um es nach Asgard zu bringen.»
 

«Verstehe...» Tonys Blick huschte noch immer zwischen der Tür und Hawkeye hin und her. «...und was willst du nun von mir?»
 

Clint starrte ihn verblüfft an. «Na, du wirst uns doch sicher begleiten, oder..?»
 

«Wie..? Äh, na klar.» Stark lachte nervös auf. «Entschuldige, ich war grad ein wenig...»
 

«...mit deinen Gedanken woanders?» half ihm Hawkeye nach, als er abbrach. «Was ist los, Tony?»
 

«N..nichts. Hab nur schlecht geschlafen, das ist alles.» Tony schwang sich auf und schob den Freund langsam Richtung Ausgang. «Wann geht’s los?»
 

«Morgen früh, acht Uhr. Wir treffen uns beim Hauptquartier.»
 

Tony nickte. «Ich werde da sein.» Er lächelte Clint bekräftigend zu und wünschte ihm dann noch einen schönen Tag.
 

Hawkeye, der noch nie so schnell von Tony Stark hinausbugsiert worden war, warf ihm einen letzten irritierten Blick zu, ehe er verschwand.
 

Als er draussen war, fiel Tony kraftlos zurück in seinen Stuhl. Du meine Güte – Lokis Zepter!
 

Das Ding, mit dem Loki aus Clint, Selvig und vielen anderen willenlose Marionetten gemacht hatte... Und das, Thor zufolge, ein Geheimnis barg.
 

‘Was für ein Geheimnis denn noch ausser dem, dass es offenbar hypnotisieren kann?’ fragte sich Tony zynisch. Dann verschränkte er die Finger ineinander, so fest, dass es weh tat, und versuchte, eine Entscheidung zu fällen...
 

Thor konnte nicht dabei sein – na gut.
 

Aber der wurde auch nicht unbedingt gebraucht...
 

Denn schliesslich hatte Tony den Experten in Sachen Zepter hier!
 

Die Frage war nur: sollte er Loki davon erzählen? Und die weitaus grössere Frage: würde der ihm überhaupt antworten?
 

«Sir.» erklang Jarvis Stimme aus dem Hintergrund. «Sie wissen sicher, dass Loki ihnen die nötigen Informationen über das Zepter liefern kann, nicht wahr?»
 

Tony lachte kurz und trocken auf. «Ja Kumpel, das weiss ich.»
 

«Worauf warten sie dann noch?»
 

Gute Frage... Tony zog sich hoch. «Hast Recht: schauen wir mal, was mein Sklave dazu zu sagen hat.» Er betonte das Wort ‘Sklave’ mit beissendem Sarkasmus. Doch während er nach unten ging, wurde ihm bewusst, dass er in Loki vieles sehen konnte...
 

...aber so etwas wie einen Sklaven gewiss nicht.
 

Ja, wenn er ganz ehrlich sein wollte, fühlte er sich ihm nach wie vor hoffnungslos unterlegen. Und das in jeder Hinsicht.
 

Stark straffte sich und atmete tief durch. Sei’s drum: er durfte einfach nicht den Fehler begehen, Loki seine Unsicherheit merken zu lassen. Solange es ihm gelang, den Überlegenen zu spielen, würde schon alles gut gehen.
 

Zumindest hoffte er das!



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück