Rot wie Blut von abgemeldet (Die Legende der Shichinintai) ================================================================================ Kapitel 19: Der Koloss aus dem Wald ----------------------------------- „Hör zu“, raunte Bankotsu Mukotsu zu, nachdem sie dem Hünen eine Weile gefolgt waren. „Ich will es allein mit ihm aufnehmen. Du greifst nur dann ein, wenn ich so verletzt bin, dass ich nicht mehr aufstehen kann oder ohnmächtig bin. Nicht, dass ich damit rechnen würde, aber ich muss alle Eventualitäten einbeziehen.“ „Ich habe rein gar nichts dagegen einzuwenden“, murmelte der Giftmischer, dem schon beim Anblick dieses Berges von Mann die Knie schlotterten. Nein, er war wahrlich kein Krieger und wollte das auf seine alten Tage auch nicht mehr werden. So blieb er in sicherer Entfernung zurück, während Bankotsu aus dem Dickicht trat, und die Zeit beschloss er damit zu nutzen, seine Gifte etwas zu verstärken, denn je größer ein Lebewesen, desto größer musste die Menge des Giftes sein. Höchstwahrscheinlich war sein Eingreifen ohnehin nicht nötig, aber sicher war sicher. Wie Bankotsu gesagt hatte – man musste alle Eventualitäten einbeziehen. Der Hüne hatte sich inzwischen niedergelassen und beschlossen, sich eine Mahlzeit zu genehmigen. Beim Näherkommen bemerkte Bankotsu angeekelt, dass er irgendeinem toten Tier, einem Reh vermutlich mit bloßen Zähnen das rohe Fleisch von den Knochen riss. Dabei blitzten hin und wieder unnatürlich spitze Zähne auf. Doch ein Dämon? „He du!“, machte Bankotsu sich schließlich bemerkbar, als er so nah, wie es die Sicherheit erlaubte, an den großen Mann herangetreten war und dieser ihn immer noch nicht bemerkt zu haben schien. Mit einem überraschten Grunzen wandte der Mann sich um, nur um Bankotsu zu erblicken, welcher im Gegensatz zu ihm unglaublich klein und zerbrechlich wirkte. Ein Grinsen schlich sich auf das Gesicht des Riesen. Eine Schönheit war der wirklich nicht, dachte Bankotsu mit ausdrucksloser Miene. „Was willstn du jetz, Bürschchen?“, schnaufte er dabei und warf einen fast amüsierten Blick auf das außergewöhnlich große Schwert, welches Bankotsu im Anschlag hatte. „Ist dir bewusst, dass du hier Wälder zerstörst, die im Eigentum des Daimyo Kashiwagi stehen?“ „Jup, is mir bewusst. Bist du einer von seinen Soldaten? Junge, denen gehen wohl langsam die Männer aus, wenn die jetzt schon Kinder in ihre Dienste nehmen.“ Bankotsu war erst irritiert über dieses gleichmütige Zugeständnis, dann wütend, dass man ihn schon wieder als Kind bezeichnete. Anders jedoch als früher ließ er sich nicht dazu hinreißen, auszurasten und alles kurz und klein zu schlagen, auch er hatte dazu gelernt. „Ich bin keiner von seinen Soldaten, nein“, erwiderte Bankotsu ruhig, „ich stehe vorübergehend in seinen Diensten.“ „Söldner also, huh? Na dann guten Tach, Herr Kollege, aber ehrlich jetzt mal, wen willst du Floh denn beeindrucken, der nächste stärkere Windhauch weht dich doch fort.“ Auch auf diese Provokation ging Bankotsu nicht ein, auch wenn es ihn doch ein wenig überraschte, dass der Fremde auch ein Söldner war. „Für wen arbeitest du?“, forderte Bankotsu in einem scharfen Tonfall zu wissen. Der andere grinste. „Verrat ich nicht.“ Jetzt war es Bankotsu, der grinste. „Oh, das ist aber schade, dann muss ich dich wohl leider ohne diese Information pulverisieren.“ „Junge, bring mich nicht zum Lachen“, erwiderte der Große, welcher inzwischen von dem Reh abgelassen und sich zu voller Größe aufgerichtet hatte. Ein klein wenig mulmig war Bankotsu schon zumute, so einem riesigen muskelbepackten Menschen hatte er noch niemals gegenüber gestanden. Allerdings war seine Miene beherrscht, nichts von der leichten Unsicherheit drang nach außen. „Gut, Kleiner, du scheinst es ernst zu meinen“, grunzte der Große dann, „Ich mach dir einen Vorschlag. Wir kämpfen miteinander und wenn du danach noch am Leben bist, kriegste alle Informationen, die du haben willst, wie klingt das?“ „Ich würde sagen, wir haben eine Vereinbarung“, erwiderte Bankotsu, dem die Kampfeslust schon in den Fingern kribbelte. Der würde sich noch wundern. Er war ja nicht der erste, der Bankotsu aufgrund seiner Größe gewaltig unterschätzte.   ~*~ Über Goro Fujisakis Kindheit gab es nicht allzu viel Tragisches zu berichten. Nun gut, er hatte seine Eltern nicht gekannt und war in einem Waisenhaus aufgewachsen, wo er schon früh hatte lernen müssen, sich durchzubeißen (was ironischerweise ganz buchstäblich später zu seinem Markenzeichen werden sollte) aber da er schon als Kind sehr groß gewesen war, mit Abstand immer größer als seine Altersgenossen, hatte er auch nie etwas zu befürchten gehabt. Er selbst war derjenige, der Kleinere gerne schikaniert und herumgeschubst hatte, einfach nur aus purer Langeweile und Demonstration seiner enormen Kräfte. Kaum hatte er die 15, das Alter der Volljährigkeit erreicht, war man im Waisenhaus froh, ihn auf die Straße setzen zu können und da hatte er sich dann mit Gelegenheitsarbeiten das Brot verdient, dann auf dem Feld oder in den Mühlen da gab es für kräftige Burschen immer etwas zu tun. Er tat beinahe alles, nur stehlen, das tat er nicht, das ging ihm gegen seinen Stolz. Mit den Jahren begann Goro sich bald wieder zu langweilen und er dachte daran, was ein Mann wie er sonst tun konnte als das was er bisher getan hatte. Wie nun der Zufall oft spielt, gab es bald Krieg im Land und man suchte überall nach starken Kriegern aus dem Volk und er meldete sich, ganz begierig darauf, seine ungeheure Kraft, die sich im Lauf der Jahre noch gestählt hatte, einmal richtig zeigen zu können und diese Kraft beeindruckte nicht nur seine Soldatengefährten. Irgendwann war auch dieser Krieg vorbei und anders als die Männer, die traumatisiert und zerstört zu ihren Frauen heimkehrten, hatte er Gefallen am Töten gefunden. Und so wurde er zu einem Söldner, der sich auf Auftragsmorde spezialisierte. Sein Ruf war in gewissen Reihen bald hinreichend bekannt und er genoss das Gefühl, dass sie ihn fürchteten. Und das Blut, das er zurück ließ. Er mordete auf keine diskrete Weise, er hatte Genuss daran, den menschlichen Körper so zu zerstören, dass nichts als ein Haufen aus Knochensplittern und Gedärm übrig blieb. Schließlich ließ er sich die Zähne im Mund spitz feilen, um die imposante, furchterweckende Erscheinung zu vervollkommnen und bald glaubten die Menschen, er sei ein Dämon und deshalb machten sie keine Jagd auf ihn und er konnte recht gut leben. Doch es war ihm immer noch nicht genug. Er wollte mehr.   ~*~ Ein Knall, dessen Schall sich durch den ganzen Wald verbreitete, kündete davon, dass soeben Banryu und Morgenstern aufeinander gekracht waren. Zu Goros Überraschung hatte der kleine Kerl, der ihm da so frech die Stirn bot, mehr Kraft als er ihm zugetraut hätte und so musste er, um sein Gleichgewicht nicht zu verlieren, einige Schritte zurück weichen. Das schien wohl etwas interessanter zu werden als er erwartet hatte. „Respekt“, meinte er daher grinsend, „das hat schon lang keiner mehr geschafft-“ Bankotsu jedoch hatte nicht vor, während diesem Kampf eine sinnlose Unterhaltung zu führen – als er merkte, dass der andere schon aufgrund seiner Körpergröße viel mehr Kraft von oben auf ihn hinunter wirken konnte, zog er in einer geschickten Drehung seine Waffe weg – und sprang im nächsten Moment um dem Morgenstern auszuweichen, welcher sich dort, wo er eben noch gestanden hatte in den felsigen Erdboden fraß. Für den Bruchteil einer Sekunde konnte Bankotsu die Tatsache nutzen, dass sich der Arm des anderen Söldners noch in einer Abwärtsbewegung befand und nutzte selbigen als Sprungbrett. Goro drehte sich, aber nicht schnell genug und so traf Banryu ihn mit voller Wucht in den Rücken – seine Rüstung sprang dabei und nur der Eile der Situation war es geschuldet, dass es ihn selbst nicht entzwei gehauen hatte. Abermals korrigierte der Riese sich. Er hatte den Kleinen nicht nur ein bisschen, sondern ganz gewaltig unterschätzt. Der Kampf begann langsam, ihm zu gefallen. Sie lieferten sich eine Weile einen erstaunlich ausgeglichenen Schlagabtausch – der aber nur so ausgeglichen war, weil Bankotsu seine ganzen antrainierten Bewegungsabläufe quasi über den Haufen werfen konnte, da der Körperumfang dieses Mannes ganz andere Kräfte und Bewegungen erforderten. Bankotsu begann zu schwitzen und er merkte, wenn er es nicht bald schaffte, den Riesen zu bezwingen, dann würden ihn früher oder später die Kräfte verlassen; Der andere Söldner drosch immer wieder von oben auf ihn ein, die Schwerkraft wirkte sich sehr begünstigend auf die Schlagkraft aus. Und da passierte es einen winzigen Moment, dass Bankotsu nicht schnell genug war. Der Morgenstern des anderen streifte ihn nur, doch dieser Streif riss ihm eine schmerzhafte Fleischwunde in den Oberarm – gerade so konnte er sich noch auf den Beinen halten; Hätte er in so einem Kampf das Gleichgewicht verloren, wäre das sein Ende gewesen. Auf dem Gesicht des Hünen machte sich ein siegesgewisser Ausdruck breit und er setzte nach um Bankotsu endgültig zu zermalmen, der jedoch mobilisierte seine Kräfte, versuchte dabei den pochenden Schmerz zu ignorieren und führte indem er sich eine niedrige Felsgruppe als Sprungbrett erkor, in der Luft einen Schlag aus, der Goro so unerwartet heftig traf, dass dieser das Gleichgewicht verlor und aufgrund der Fliehkräfte einige Meter über den Boden geschleudert wurde. Bankotsu kam auf dem Boden auf und nahm sich keine Zeit, zu verschnaufen, wie ein Pfeil schoss er in Goros Richtung, der gerade dabei war, sich aufzurappeln und ließ ihn erneut Banryus Zorn spüren; Und er hatte Erfolg – er riss dem Riesen eine nicht unerhebliche tiefe Schnittwunde in den Rücken und Goro, der noch nie zuvor Schmerz gekannt hatte, brüllte überrascht und wütend zugleich auf. Bankotsu grinste siegessicher, als er ihm abermals nachsetzte, bereit, ihm den Todesstoß zu versetzen, doch da hatte er die Rechnung ohne die erstaunliche Widerstandsfähigkeit des Hünen gemacht. Goro machte sich nicht einmal die Mühe, hochzukommen, das hätte zu viel Zeit gekostet, sondern schmetterte den Morgenstern blindlings gen Bankotsu.  Und Bankotsu wurde mit voller Wucht in die Brust getroffen wurde, sodass ihm einen fatalen Moment schwarz vor Augen wurde; Der Schlag war so gewaltig gewesen, dass Bankotsu nicht nur für eine Sekunde die Kraft verließ, Banryu zu halten, sondern er reichte auch dazu, ihn mindestens 30 Meter durch die Luft zu schleudern und nur seinen von klein auf antrainierten Reflexen war es zu verdanken, dass sein Schädel nicht an einem der scharfkantigen Felsen zerschmettert wurde, sondern er sich gerade noch so abrollen konnte. Nach einem Moment der Dunkelheit riss Bankotsu die Augen wieder auf. Und sah in einen strahlend blauen Himmel. Er bekam schlecht Luft. Was für ein unglaublich schöner Himmel, das hätte Jakotsu sicher auch gefallen. Er stand unter Schock und das nicht nur, weil mehrere Dornen des Morgensternes seinen Brustharnisch durchbohrt und gefährliche Fleischwunden geschlagen hatten, sondern auch von der Tatsache, dass es einen Mann gab, der so stark war, dass er für Bankotsu zu einer ernsthaften Bedrohung wurde. Wenn er doch nur wieder Luft bekäme. Japsend drehte Bankotsu den Kopf, nur um zu bemerken, dass seinem Gegner die ihm beigebrachte Verletzung von Banryu wohl doch etwas mehr zu schaffen machte, als er anfangs befürchtet hatte. So blieb ihm ein wenig Zeit, um auf die Beine zu kommen, ehe es der andere schaffte. Panik stieg auf. Er musste hoch. JETZT. Das konnte nicht das Ende sein, das durfte nicht das Ende sein! Nicht so, nicht ehe er der gefürchtetste und der berühmteste Mann Japans geworden war. Nicht hier, wo niemand ihn sterben sah und nicht ehe er seinem Makoto gesagt hatte, was er wirklich für ihn empfand. Abermals verschwamm Bankotsu die Sicht und einen Moment mobilisierte er alle Energie und Willensstärke, die er noch hatte. Und er kam in die Höhe, gerade als der andere auf ihn zustürzte um zum Todesstoß anzusetzen. Und dann traf Bankotsus Faust, in der dessen gesamter Zorn, all seine Entschlossenheit lagen, ihn so hart in den Magen, dass es ihm die Sinne raubte und noch während er ohnmächtig wurde, das erste Mal in seinem Leben in einem Kampf, dachte er staunend, was für ein Mann das sein mochte, der es schaffte, ihn mit seinen bloßen Fäusten zu besiegen. Der Körper des Riesen lag reglos vor ihm, ein flüchtiges Grinsen huschte über sein Gesicht und auch ein Anflug von Genugtuung. Da bemerkte er die Nässe, die unter dem zerstörten Brustharnisch seine Haut entlang kroch und den Stoff seiner Hose bereits so durchtränkt hatte, dass das eine Hosenbein an seiner Haut klebte. Bankotsu sah auf die tiefe Röte auf dem blütenweißen Stoff, beinahe so, als gehöre das alles zu einem Fremden, nicht zu ihm, denn er konnte ja unmöglich so bluten, oder? Denn daran konnte er sterben und er starb nicht so einfach. Er schluckte trocken, seine Sicht verschwamm und er bemerkte die sich rasch nähernden kurzen Schritte seines Gefährten nicht, der ja auf seinen Befehl hin dort oben ausgeharrt hatte. Aber ja. Jetzt konnte er ihm ja helfen, denn jetzt hatte er den Koloss besiegt. Er hatte triumphiert. „Bankotsu!“, schrie der Giftmischer ihm im Laufen entgegen und er wandte sich um, um einen Schritt in seine Richtung zu tun, doch da versagten ihm endgültig die Beine und lediglich Mukotsus schnellem Reflex war es zu verdanken, dass er nicht hart auf dem Boden aufschlug. „Du liebe Zeit“, zischte der Kleinere heiser, „Warum hast du mich dir nicht früher helfen lassen, ich hätte das verhindern können!“ „Ist schon … ist schon gut…“, murmelte Bankotsu, während er, mehr auf Mukotsu gestützt als selbst gehend sich von diesem zu jener Stelle führen ließ, wo sie die Pferde zurück gelassen hatten. Mukotsu lief bald der Schweiß in allen Strömen – nicht, dass Bankotsu selbst viel Gewicht gehabt hätte, aber seine Rüstung wog und der unebene Weg die Böschung hinauf hatte es in sich. Bankotsu schloss die Augen als Mukotsu ihm geholfen hatte, sich an einen Baum zu lehnen. Mehr abwesend registrierte er, wie Mukotsu hektisch an seinem Brustharnisch herumfummelte, um diesen zu entfernen – er stieß einen zischenden Schmerzenslaut aus, als er ihm den Harnisch fortriss, da sich das Metall nach innen gebogen und auf eine äußerst gemeine Weise ins Fleisch gefressen hatte. „Tut mir leid“, murmelte Mukotsu verbissen und ließ den Blick besorgt über die Verletzungen seines Anführers gleiten. Das sah nicht gut aus. Das sah verdammt nochmal gar nicht gut aus und vor allem musste er diese Blutung stillen, die nicht von selbst versiegen wollte, sonst wäre Bankotsu verblutet, ehe er ihn nachhause geschafft hatte. Und er erbleichte als er den angesplitterten Knochen des Brustbeines durch das Fleisch hindurchschimmern sah. Kurzentschlossen und weil er sich nicht anders zu helfen wusste, entledigte er Bankotsu des blutigen Oberteiles und machte sich in Windeseile daran, es in einen langen Streifen zu schneiden. Er war kein Bader, aber sogar er wusste, dass so eine Verletzung auf keinen Fall offen liegen durfte. Er überlegte kurz, zog dann einen unbenutzten, sauberen Stoff hervor, der aufgrund seiner Struktur normalerweise von ihm zum Feinstzerstäuben seines Giftes verwendet wurde, faltete diesen provisorisch, sodass er fester wurde und presste diese selbstgebastelte Kompresse dann auf die Verletzung des Jüngeren, welcher daraufhin ein leises gepeinigtes Stöhnen von sich gab. „Den Ritt gleich, den kann ich dir nicht ersparen, Bankotsu-san“, murmelte Mukotsu, während er den Verband provisorisch um Bankotsus Oberkörper wickelte, sodass die Kompresse recht fest saß. „Wird schon gehen…“, murmelte der mit geschlossenen Augen. Nachdem er es irgendwie geschafft hatte, Bankotsu so auf das Pferd zu bekommen, dass dieser vor ihm saß und er ihn so stützen konnte, trieb er das Tier in den Galopp. „Banryu…“, war das letzte, das Bankotsu murmelte, ehe die Schwärze endgültig über ihn kam.   ~*~ „Ist es etwas besser?“, erkundigte sich Suikotsu nach seinem Patienten. Er hatte ihm eine Paste aufgetragen, die den Heilungsschmerz etwas betäubte, zumindest in den ersten paar Tagen. „Ja, stinkt zwar wie Hölle das Zeug, aber es hilft“, erwiderte Jakotsu lächelnd. „Große Anstrengungen solltest du dennoch erstmal vermeiden“, mahnte der Arzt, der schon bemerkt hatte, wie Jakotsus Augen ums ein und andre mal zu Yukata und dem Harnisch aus Drachenschuppen, den er immer darunter trug, geglitten war. Jakotsu zuckte ertappt zusammen. „Aber mir ist jetzt schon langweilig!“, beschwerte er sich. „Bedank dich bei Bankotsu“, erwiderte Suikotsu gleichmütig, „aber du kannst wieder in deine eigenen Gemächer ziehen, dein Fieber ist fort und die unmittelbare Gefahr vorüber.“ „Na immerhin etwas“, murmelte Jakotsu. „Apropos, sind Bankotsu und Mukotsu immer noch nicht zurückgekehrt?“ „Nein, aber Aufträge wie dieser können durchaus mal ein wenig dauern, ich glaube nicht, dass du dich sorgen musst.“ „Ich sorg mich gar nicht, es ist nur…“ Er biss sich auf die Unterlippe, gab dann nach. „Na gut, ich sorge mich doch. Ich habe ein seltsames Gefühl." Dabei blickte er nachdenklich aus dem Fenster, wo die Sonne schon als roter Ball am Himmel stand und versinken wollte. Suikotsu sparte sich einen Kommentar hierzu. Im Grunde konnte es ihm egal sein, er musste Jakotsus Launen nicht verstehen; Im einen Moment war er noch todeswütend auf Bankotsu – was nachdem was passiert war, mehr als verständlich war, im nächsten zerging er sich in Sorge um selbigen. Mit miesepetrigem Gesichtsausdruck und leicht den Kopf schüttelnd, machte er sich daran, einige Salben neu herzustellen, die ihm in den letzten Tagen ausgegangen waren, und dachte daran, wie jung Bankotsu und Jakotsu eigentlich beide noch waren und dementsprechend ungestüm zuweilen in Liebesdingen. Und er fühlte sich plötzlich alt. Mit einem gediegenen Aufseufzen widmete er sich seiner Arbeit und versuchte, die Gedanken auszuschalten. So bekam er auch nicht mit, dass Jakotsu ihn fragte, ob es ihm recht war, dass er etwas hinunter ging um sich auf die Terrasse zu setzen. Er bräuchte frische Luft. Nachdem Jakotsu ein paar Mal vergeblich versucht hatte, den Arzt anzusprechen, zuckte er mit den Schultern und versuchte, vorsichtig aufzustehen. Nur um scharf die Luft einzuziehen als der Schmerz der heilenden Wunden ihn durchzog. Abgeschwächt natürlich durch Suikotsus Wundersalbe und er wollte gar nicht wissen, wie es ihm ohne die ergangen wäre. Mit vorsichtigen Schritten, um seinem Körper nicht zu viel zuzumuten, tapste er aus dem Zimmer hinaus. Ginkotsu saß ebenfalls draußen im Gras und freute sich wie es schien am Leben. Jakotsu musste schmunzeln als er den verträumten Gesichtsausdruck des Freundes sah. „Hey Gin“, sprach er ihn an. Auf den metallverstärkten Lippen breitete sich so etwas wie ein Lächeln aus. „Geht es Jakotsu wieder gut?“, erkundigte er sich. Jakotsu ließ sich vorsichtig auf die Kante der Terrasse sinken und lehnte sich seitlich ein wenig an. „Etwas besser, ich hab so gut wie kein Fieber mehr“, antwortete er sanft und schloss die Augen, um ein wenig die letzten Sonnenstrahlen zu genießen. Eine Weile saßen sie da so in stiller Gesellschaft – bis Jakotsu plötzlich von einem Schmerz durchzogen wurde, der nicht von seinen Rückenverletzungen herrührte. Sofort riss er die Augen auf, sein Atem ging schnell. „Takeshi…“, murmelte er, dann starrte er zum Horizont, versuchte, in der Ferne etwas zu erkennen, doch da war nichts. Er hatte unbewusst die zur Faust geballte Hand aufs Herz gepresst. „Etwas nicht in Ordnung?“, wollte Ginkotsu besorgt wissen. Jakotsu schüttelte langsam den Kopf. „Ich weiß nicht, mir war irgendwie als ob… ach vergiss es, war wohl nur Einbildung.“ Jakotsu wollte schon Anstalten machen, aufzustehen, um wieder ins Haus zu gehen, da sich sein Magen langsam bemerkbar machte, als ihn ein Geräusch innehalten ließ. Auch Ginkotsu schien es gehört zu haben und so starrten sie beide in dieselbe Richtung, bis sie einen Punkt am Horizont erkennen konnte, der sich bei raschem Näherkommen als Pferd mit Reiter herausstellte und bei weiterem Näherkommen konnte Jakotsu feststellen, dass es sich dabei um eines ihrer Pferde handelte und dass Mukotsu und Bankotsu auf seinem Rücken saßen. Da sie jedoch die Sonne im Rücken hatten, konnte er nichts Genaueres erkennen. Erst als sie bei ihnen angelangt waren und das Pferd empört schnaubend, weil es von Mukotsu so harsch am Zügel gerissen wurde, zum Stehen kam, bemerkte Jakotsu den Zustand seines Anführers. „Helft mir mal!“, herrschte Mukotsu die beiden mit heiserer Stimme an und Jakotsu war so geistesgegenwärtig, Bankotsu aufzufangen, als dieser vom Pferd glitt, denn Mukotsu selbst hatten nun auch die Kräfte verlassen und er war nicht länger fähig ihn zu halten. „Gin!“, schrie Jakotsu gestresst und genervt darüber, dass dieser so schwer von Begriff war. „Bankotsu!“, rief er dann entsetzt und umgriff die Hüfte des anderen, damit er ihm nicht entglitt, doch sein Anführer schien mehr bewusstlos als wach zu sein. Da war Ginkotsu da und kam ihm zur Hilfe, indem er Bankotsu einfach mit sicherem und vorsichtigem Griff hochhob, um ihn zum Haus zu tragen. „Jakotsu lief an ihm vorbei und schrie schon im Treppe hochsprinten nach Suikotsu. Der riss genervt über die Störung die Türe auf und wollte ihm schon einen wüsten Fluch entgegenbellen, weil er all seine Warnungen bezüglich der Verletzungen in den Wind geschossen zu haben schien, aber als er Ginkotsu mit dem bewusstlosen Bankotsu in den Armen die Treppe hinter Jakotsu hergestapft sehen kam, schaltete er sofort. Bankotsu wurde auf einen sterilen Futon gebettet, welcher nah am Fenster war – das hatte Suikotsu so eingerichtet, damit er beim Arbeiten im Ernstfall genügend Licht hatte. Der Arzt verschaffte sich einen Überblick und sah im blutdurchtränkten Verband die größte Priorität. „Schere!“, bellte er und Jakotsu beeilte sich mit dem Kasten, indem Suikotsu seine wichtigsten Werkzeuge aufbewahrte, herzukommen. Den fummelte er mit zitternden Fingern auf, und drückte dem anderen dann das Gewünschte in die Hand, welcher sofort begann, den Verband der Länge nach aufzuschneiden. Als das geschehen war, stieß er einen Fluch aus und Jakotsu schlug die Hände vor den Mund. „Ist das ist das ein Knochen?“, japste er. „Ist es. Er hat irgendwas abbekommen, was es geschafft haben muss, durch den Brustharnisch zu dringen.“ „Ein Morgenstern“, kam es plötzlich von der Tür, in welcher ein ziemlich heftig keuchender und nassgeschwitzter Mukotsu stand. „Das war … ein riesiger Morgenstern, ein Wunder, dass er ihn nicht in tausend Stücke gehauen hat…“ Das war schonmal, wenn auch sehr beunruhigend, eine wertvolle Information. Suikotsu schob sich ein Gestell auf die Nase, welches einer Brille ähnelte, an der man vorne nochmal zwei Verstärkungsgläser angebracht hatte. „Da sind minimale Metallsplitter in der Wunde, die muss ich entfernen sonst könnte er eine Vergiftung erleiden und sterben“, erklärte er sachlich, während er hastig begann, alle Instrumente aus dem Kasten zu sortieren, die er nun brauchte, „am besten, du holst mir Renkotsu her, ich brauche einen Assistenten.“ „Renkotsu? Niemals! Ich werde dir helfen!“, widersprach Jakotsu mit solch einer Vehemenz, dass es Suikotsu nichtmal in den Sinn kam, ihm zu widersprechen und eine grauenvolle Angst um Bankotsus Leben umkrallte sein Herz.   ~*~ Als Bankotsu wieder zu sich kam, war Suikotsu gerade dabei, die Metall- und Knochensplitter aus seiner Wunde zu entfernen. Jedesmal, wenn er eines erwischt hatte, spürte Bankotsu ein kleines, reißendes Ziehen. Naja. Das war doch gar nicht so schlimm, oder? Er schaffte es nicht so ganz, den Blick zu fokussieren, so schloss er die Augen wieder und lauschte stattdessen auf die Stimmen um sich herum. So ganz verstand er nicht, was hier vorging. Er musste doch noch einen Auftrag erfüllen. Aber er spürte seinen Körper nicht, er spürte nur ein dumpfes Pochen, das von seinem Zentrum auszugehen und sich irgendwie auszubreiten schien. „Ich muss den Knochen gerade rücken“, hörte er eine Stimme verschwommen erklären. „Das kann ich aber nicht im Liegen machen. Hilf ihm sich aufzusetzen.“ Aus irgendeinem Grund griffen ein paar Arme nach ihm und zogen ihn in die Höhe – ein dumpfer Schmerzenslaut entwich ihm, doch dann sank er zurück in etwas Warmes, Weiches. Der Duft von Ylang Ylang umschmeichelte seine Nase und ein leicht dümmliches, weggetretenes Lächeln machte sich auf seinem Gesicht bemerkbar. Süßer, lieblicher Makoto. Das war der Duft, den er schon immer gehabt hatte. Als sie sich das erste Mal getroffen hatten, da war ihm dieser Duft auch so sinnlich in die Nase gestiegen und seitdem war er sein ständiger Begleiter gewesen. Er sollte Makoto eines dieser teuren Öle schenken, die er so mochte. Ein plötzlicher Schmerz ließ ihn mit einem qualvollen Aufschrei die Augen aufreißen und für einen Moment sein volles Bewusstsein zurück erlangen als Suikotsu den Knochen wieder an seinen Platz schob, damit er richtig zusammenwachsen konnte. „Schhh“, erklang von irgendwoher eine tröstende, beruhigende Stimme, „Es ist gleich überstanden, Lieber. Finger geisterten streichelnd über seine Stirn und der Schmerz ließ langsam nach. Das war ja gar nicht so schlimm gewesen. „Ich muss die Wunde ausbrennen“, schwebte eine Stimme durch den Raum. Ausbrennen? Wieso denn ausbrennen? Der Schmerz war doch fast wieder weg. „Können wir ihm das nicht ersparen?“ Warum klang Makotos Stimme denn so bang? Er wollte ihm sagen, dass es ihm gut ging, doch nur ein entkräftetes Stöhnen verließ seine Lippen. „Ganz ruhig“, schwebte abermals Makotos Stimme an sein Ohr, diesmal so nah, dass er seinen Atem meinte spüren zu können und Makotos Hand lag auf seiner Stirn, leicht in seinem Haaransatz, irgendwie streichelnd, tröstend. Er spürte einen Kuss auf der Schläfe und in seinem Inneren wurde es ruhiger. Doch er sollte nicht in einen erlösenden Schlaf abdriften dürfen. Etwas Nasses wurde ihm zwischen die Lippen geschoben, ein widerlich bittersüßer Geschmack breitete sich in seinem Mund aus und stieg ihm bald zu Kopf. Das war schön. Wie als war man betrunken. Jetzt konnte er sicherlich schlafen. „Er wird trotzdem noch Schmerzen spüren“, erklärte Suikotsu nachdem er Bankotsu den in Opium getränkten Schwamm in den Mund geschoben hatte Jakotsu ruhig, der während der ganzen Zeit weder gejammert, noch geweint hatte, wie er es eigentlich von ihm erwartet hatte. „Du musst ihn jetzt sehr festhalten, es wird dauern und er wird sich vom Schmerz wegbewegen wollen. Traust du dir das zu?“ Jakotsu, wenn auch bleich, nickte tapfer, den Kiefer so fest zusammengebissen, dass schon die Wangenmuskulatur leicht hervortrat. Was redeten die da nur? Bankotsu schwirrte der Kopf im Delirium, die betrunken machende Süße in seinem Mund, Jakotsus Körper, an den er so wohlig gepresst lag und der süße Duft, der manchmal sogar in seine Träume drang… Und dann durchfuhr der gleißende Schmerz des Ausbrenneisens seinen Körper – er schien fast von seinem Herzen auszugehen und er bäumte sich auf und schrie vor Schmerz, der einfach kein Ende nehmen wollte, während Jakotsu ihn eisern hielt und Jakotsu traten Tränen in die Augen, weil dieses qualvolle Geräusch, das Bankotsus Kehle verließ das schlimmste war, was er je gehört hatte und es tat ihm ganz tief in seiner Seele weh. Unbewusst verstärkte er seinen Griff und ihm begannen schon die Muskeln zu schmerzen, die Wunden der Peitschenhiebe pochten die ganze Zeit empört vor sich hin, doch er schenkte ihnen keine Beachtung, sie waren nicht wichtig und sie würden nie wieder eine Wichtigkeit einnehmen, wenn er Bankotsu nur jetzt nicht verlor. Und dann war es überstanden. Bankotsu lag ohnmächtig in Jakotsus Armen, deren Griff sich während der ganzen Zeit kein einziges Mal gelockert hatte. Nachdem Suikotsu eine Brandsalbe auf das verödete Fleisch aufgetragen hatte, gönnte er sich zum ersten Mal eine kurze Pause. Das Schlimmste war vorüber. Und er hatte sehr gründlich gearbeitet. Während er die Instrumente fort räumte, um sie später selbst im Feuer zu desinfizieren, wanderte sein Blick hinüber zu Jakotsu. Der saß nun neben ihrem Anführer und streichelte diesem immer wieder zärtlich übers Haar. Und er sah plötzlich die so tiefgehende Leidenschaft, die zwischen ihnen lag. Das war ein Problem. Nicht allein aus dem Grund, dass er Jakotsu so nicht mehr in sein Bett bekam, mehr deshalb, weil Gefühle einem in einem Kampf auf Leben und Tod sehr im Wege stehen konnten. Er würde das im Auge behalten. Nun galt es jedoch erst einmal darauf zu vertrauen, dass Bankotsu genug Lebenswillen in sich trug, um die nächsten Tage zu überstehen.   ~*~ Bankotsu wurde in den nächsten Tagen von Fieberkrämpfen geschüttelt und war mehr im Delirium als wach. Er sah den Mann, gegen den er gekämpft hatte, sah das Grinsen, das seine spitzen Zähne entblößte und er versuchte, ihn niederzustrecken, doch immer, wenn er ihn gerade erreicht hatte, löste er sich in Luft auf und fing irgendwann an, zu schreien, vor Wut und Verzweiflung und dieser Schrei drang sogar eines nachts aus seinem Schlaf nach draußen. Jakotsu, der die ganze Zeit bei Bankotsu ausharrte, fuhr auf, als er den Schrei hörte, bemerkte jedoch bald, dass es nur einer dieser grässlichen Fieberträume war. Bankotsu hatte die Augen aufgerissen, stierte mit glasigem Blick panisch in der Gegend umher, bis Jakotsu zu ihm glitt; Er ergriff seine Hände und hielt sie in seinen, damit er sich beim um sich schlagen nicht noch verletzte, dann legte er sich neben ihn, um ihn spüren zu lassen, dass er nicht alleine war und er wisperte ihm beruhigende Worte zu, küsste ihn auf die bebenden, spröden Lippen und Ruhe kehrte zurück. Bankotsus Hände erschlafften in seinen und Jakotsu küsste sie, ehe er sie an Bankotsus Seiten bettete. Dann legte er sich neben ihn, um ihn seine Anwesenheit spüren zu lassen und er war müde, so unendlich müde, doch er würde keinen Schlaf finden, ehe er nicht wusste, dass Bankotsu überleben würde. Er wollte ihn beschützen, so wie Bankotsu immer ihn beschützt hatte. Er wollte stark sein, jetzt wo Bankotsu geschwächt war. Und er würde durchhalten. Die nächsten Fieberträume waren anders. Der Duft von Ylang schlich sich wieder in sie hinein und eine zuckersüße Stimme lockte ihn. Im Kamin, da brannte ein Feuer und die Stimme lockte ihn dorthin und als er näher trat, näher an die Hitze, die ihn zu verbrennen drohte, da sah er Jakotsu in den Flammen, das lange Haar offen und fließend, glänzend schwarz wie Rabengefieder, verführerisch, bewegte er sich mit den Flammen, flackerte, löste sich auf, nur um an anderer Stelle wieder zu erscheinen. „Makoto…“, murmelte er und ging auf das Feuer zu, „Makoto…“, wisperte er, als er die Flammenhand ergriff und sich in das Feuer ziehen ließ und dann umfingen versengende Hitze und gleichsam das sachte Streicheln der Flammen ihn. „Makoto…“, murmelte Bankotsu abermals und Jakotsu sah sorgenvoll auf sein Antlitz herab. "Ich bin hier...", wisperte er beschwichtigend. „Sein Fieber ist gestiegen“, stellte Suikotsu missbilligend fest. „Das ist nicht gut.“ „Was bedeutet das?“, wollte Jakotsu bang wissen, doch Suikotsus Schweigen war ihm Antwort genug. „Er stirbt…“, beantwortete er sich selbst die Frage und sein Blick wurde glasig. „So etwas kommt vor“, erklärte Suikotsu sachlich und mit einem Mal hasste Jakotsu ihn dafür, dass ihn das so kalt zu lassen schien. „Verschwinde“, brachte er gepresst hervor. „Bitte?“ „RAUS HIER!“, schrie Jakotsu mit sich überschlagender, hysterischer Stimme und Suikotsu beschloss, dass es wohl in diesem Fall besser war, sich aus seinen eigenen Räumlichkeiten hinaus werfen, als sich auf eine Diskussion mit einem emotional aufgelösten Jakotsu einzulassen. Er würde Jakotsu von Bankotsu fort holen, wenn diesen selbst die Kräfte verließen, denn Jakotsu hatte seit Tagen kaum geschlafen und das würde früher oder später seinen Tribut fordern. Als er nach unten in den Wohnraum kam, begegneten ihm die schweigenden Blicke seiner Kameraden, die eine Erklärung wünschten. „Bankotsu wird vielleicht sterben“, begann Suikotsu dann, genauso kühl, wie er vorhin mit Jakotsu gesprochen hatte. Es war nicht so, als hätte er Bankotsus nahenden Tod nicht bedauert, aber er würde darüber hinwegkommen. Anders als Jakotsu vermutlich. „Das habe ich mir schon gedacht“, antwortete Renkotsu nachdenklich und Ginkotsu schaute traurig drein und sagte gar nichts. „Aber was wird dann aus uns?“, wollte Mukotsu wissen, der sich unter Bankotsu als Anführer eigentlich recht gut aufgehoben gefühlt hatte. „So wie ich das sehe, bleiben uns zwei Möglichkeiten“, führte Renkotsu aus, „Entweder, wir lösen uns auf oder wir erwählen einen neuen Anführer.“ „Denkst dabei an dich, was?“, giftete Suikotsu. „Wäre eine Möglichkeit. Wir sollten das in Ruhe besprechen, wenn-“ Doch weiter kam er nicht, da ihn eine schneidende wütende Stimme unterbrach. „Ich glaub nicht, was ich da höre!“, fauchte Jakotsu, welcher gerade herunter gekommen war, um frisches Wasser zu holen, „wie könnt ihr nur so reden als wäre er schon tot! Ihr solltet euch schämen und zwar alle! Einen neuen Anführer wollt ihr schon erwählen. Wisst ihr wie man solche wie euch nennt? Verräter!!!“, spie er hinterher und sein Gesicht war solch eine verzerrte, vor Zorn überschäumende, gefährliche Fratze, dass keiner von ihnen es wagte, auch nur ein Wort des Widerspruchs zu äußern. Nichtmal Renkotsu war danach, sich mit Jakotsu anzulegen und Mukotsu blickte ein wenig verwirrt und eingeschüchtert drein. „Jakotsu weiß nicht, was er sagen tut in Schmerz“, kam es leise von Ginkotsu, als wolle er Jakotsu in Schutz nehmen, obgleich keiner einen Vorwurf ausgesprochen hatte. Geladen stapfte Jakotsu nach draußen, um Wasser aus dem Brunnen zu ziehen. Trotz dass er eigentlich sehr erschöpft war, verlieh ihm die Wut gerade unheimliche Kräfte und er zeigte auch beim zweiten und dritten Eimer keine Müdigkeit. Auch nicht, als er sie alleine die Treppe hochschleppte – überraschenderweise war es tatsächlich Renkotsu, der ihm seine Hilfe anbot, doch Jakotsu fuhr ihn nur an, dass er das allein könne, sie glaubten ja alle nicht einmal daran, dass Bankotsu es überhaupt schaffen würde. Als er die Wassereimer oben im Zimmer hatte, kramte er aus Suikotsus Vorrat einige dickere Binden hervor. Schließlich begann er behutsam, Bankotsu auszuziehen und dabei spürte er das Fieber, das in ihm wütete. Dann griff er nach den Verbänden und tauchte sie gänzlich in das Wasser, um Bankotsu damit Wickel zu machen. Er wusste, dass sowas bei Fieber half. Es musste helfen. Er musste doch irgendetwas tun. Während er Bankotsus Beine sorgsam mit dem nasskalten Stoff umwickelte, weinte er lautlose Tränen, doch im nächsten Moment wischte er sie wütend fort wie eine lästige Biene. Er fuhr fort auch Bankotsus Arme einzuwickeln und es gab ihm einen Stich ihn so zu sehen, er wirkte so schmal, so zerbrechlich und jung auf seinem Krankenlager, dass Jakotsu beinahe schon wieder die Tränen kamen. „Du bist stark“, flüsterte er und er wusste ob er zu Bankotsu oder sich selbst sprach, "du bist stark. Du darfst nicht sterben, was mach ich denn ohne dich?“, sprach er leise weiter, „was soll denn dann aus mir werden?“ Und weil Jakotsu die Stille nicht ertrug, „Wo immer du auch bist, du musst … meiner Stimme folgen, hörst du…? Gib dich nicht der Dunkelheit hin, bitte…“ Und weil er dann nichts mehr zu sagen wusste, sang er leise ein Lied, eines von vielen das man ihm damals im Bordell beigebracht hatte, um zu unterhalten, doch jetzt gab es ihm selbst Trost.   „Schwimm zu mir durchs blaue Meer… Nutz die Strömung und den Wind, Bald schon riechst du nahes Land, Duftend süß nach Hyazinth. Sterne weisen dir den Weg Tausend Meilen sind nicht weit Mitternacht rückt nah heran Doch dir bleibt genügend Zeit   Komm in meinen Schlaf…   Komm in meinen Schlaf…   Trockne meine Tränen,   Komm in meinen Schlaf…“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)