Schlaflos von GingerSnaps ================================================================================ Kapitel 43: Insomnia -------------------- Nachdem sich Scott noch einmal hinlänglich darüber beklagt hatte, dass er nicht von Anfang an in Stiles Plan eingeweiht worden war, stellte er endlich die Frage, auf die sein Freund gehofft hatte: „Also gut, Bro, wie kann ich helfen?“ Stiles zuckte mit den Schultern: „Im Augenblick können wir noch nicht viel tun, schätze ich. Morgen suche ich dir und mir erst einmal ein neues Apartment. Das gehört auch zu unserem Plan, damit Kate mich nicht mehr so leicht ausfindig machen kann. Mit anderen Worten: Allison darf die Adresse nicht erfahren. Kriegst du das hin? Ansonsten könntest du ja auch einfach hier bleiben und ich ziehe allein um?“ schlug er vor. Scott verschränkte entrüstet die Arme: „Ich soll dich allein lassen. Hast du den Verstand verloren. Und wer soll dann auf dich aufpassen. Kommt überhaupt nicht in Frage.“ „Mach´ dir um mich keine Sorgen, ich habe meine Bodyguards. Garret und Violet werden immer irgendwo in meiner Nähe sein und mich beschützen. Darauf hat Derek bestanden, also sei ganz beruhigt.“ versicherte Stiles ein wenig kleinlaut. „Also willst du mich loswerden, weil du denkst, ich könnte meine Klappe nicht halten?“ erkundigte sich Scott stirnrunzelnd: „WAAS? Nein, natürlich nicht!“ beeilte sich Stiles zu versichern und umklammerte den Freund so fest er konnte mit beiden Armen: „Ich will dich immer bei mir haben. Und besonders jetzt brauche ich dich, Scotty, aber ich will doch Allison und dir auch nicht Weg stehen.“ Scott boxte ihn leicht: „Wie kann jemand, der so schlau ist wie du nur so einen Bullshit reden? Du und ich für immer! Das ist der Plan!“ erklärte er fest. Stiles kamen ein wenig die Tränen und er wischte sich Augen und Nase an Scotts T-Shirt ab: „Du Sau!“ lachte Scott, drückte den Freund zurück in die Matratze und legte sich auf ihn, wie eine Henne auf ihre Brut. Dann kam ihm eine wirklich gute Idee: „Wir machen es so: Ich werde diese Wohnung behalten, für die Tage an denen ich mich mit Allison treffe. Ansonsten bin ich aber hier bei dir. Sollte Allison also wirklich mit dieser Kate über dich sprechen, wird diese den Eindruck gewinnen, du wärst mittlerweile vollständig abgeschnitten von Derek und deinen Freunden und ganz allein. Dadurch wirst du vielleicht sogar noch weniger bedrohlich und irgendwann höchstwahrscheinlich völlig uninteressant für sie und bist in Sicherheit.“ Stiles hoffte, dass Scott damit Recht hatte, denn er wollte sich endlich wieder einmal völlig frei und sicher fühlen, doch irgendetwas sagte ihm, dass Kate nicht der Typ war, der gut mit losen Fäden leben konnte. Sicher würde sie am Ende lieber reinen Tisch machen wollen, was in diesem Fall bedeutete, dass sie erst zufrieden wäre, wenn Stiles ein sehr langes Nickerchen sechs Fuß unter der Erde hielt. Doch weil er daran lieber nicht denken wollte, befreite er sich so weit aus Scotts Umklammerung, dass er Blättchen und Tabakbeutel aus seinem Nachttisch holen, Malias Geschenk aus seiner Hosentasche fischen und einen großen Joint für sich und Scott drehen konnte. Vorerst ließ innerer Frieden sich wohl bloß mit ein wenig chemischer Hilfe herstellen. Hoffentlich kamen bald wieder bessere Tage. Chris Argent vertilgte sein Entrecote mit großem Appetit, während Derek eher lustlos an dem Stück Fleisch, welches vor ihm lag herumsäbelte. Als sein Freund schließlich aufgegessen hatte, legte auch er seine Serviette über den, noch immer beinahe unberührten Teller, als Signal, dass er fertig war. „Also? Warum hast du mich denn nun hergebeten?“ wollte Chris wissen, nachdem sein Magen angenehm gefüllt war: „Du wolltest doch sicherlich nicht einfach bloß den Schlüssel zurückgeben und ein wenig plaudern, richtig?“ Derek schüttelte den Kopf und blickte sich noch einmal im Restaurant um. Sie hatten zwar einen abgelegenen Tisch gewählt, wo niemand sie hören konnte, dennoch machte diese ganze Sache ihn scheinbar irgendwie ein wenig paranoid, ganz so, als könnten irgendein Klatschreporter, oder gar Kate selbst jeden Augenblick hinter einem dem großen Blumenkübel hervorspringen, die hier im Restaurant aufgestellt waren. Derek rief seine überspannte Fantasie zur Ordnung und begann, von dem Plan zu berichten, den er und Stiles entwickelt hatten: „Wir haben beschlossen, Stiles ein wenig aus dem Schussfeld zu holen, indem wir so tun, als hätten er und ich uns getrennt. Nur Scott und jetzt eben auch du wissen, dass dies eine Lüge ist. Ich werde unterdessen Kontakt zu Kate aufnehmen, versuchen herauszufinden, was sie vorhat und Beweise dafür zu finden, dass sie hinter den Angriffen auf Stiles steckt.“ Chris zog überrascht die Augenbrauen hoch, sagte jedoch vorerst nichts dazu. Weil Derek nicht wusste, was er von diesem Blick halten sollte, beeilte er sich zu sagen: „Ich schwöre Chris, sollten wir Kate zu Unrecht beschuldigen, dann werde ich liebend gern vor ihr im Staub kriechen, aber ich muss endlich Gewissheit haben. UND ich muss endlich mal wieder das Gefühl haben, selbst etwas zu unternehmen, anstatt immer nur passiv auf die nächste Katastrophe zu warten.“ „Ich verstehe dich.“ versicherte Chris: „Und wenn ich ehrlich bin, dann würde ich für meinen eigenen Seelenfrieden selbst gern wissen, wie weit meine Schwester zu gehen bereit, beziehungsweise ob sie zu einem Mord fähig ist. Nachdem, was ihr mir vor ein paar Tagen eröffnet habt, bin ich ganz schön ins Grübeln gekommen und ich habe mir die Dinge, derer sie bereits in der Vergangenheit bezichtigt worden ist, noch einmal durch den Kopf gehen lassen. Wir haben Kate damals stets beschützt, weil sie eben ein Teil der Familie ist, aber vielleicht war das ein Fehler? Vielleicht hätte sie längst psychologische Hilfe nötig gehabt?“ Derek zuckte unbehaglich mit den Schultern, weil er nicht wusste, was er dazu sagen sollte. Gerade war der Blick von Chris noch nachdenklich ins Leere gegangen, doch nun richtete er seine stahlblauen Augen direkt auf seinen Gesprächspartner: „Sei bitte vorsichtig, Derek!“ forderte er eindringlich: „Kate ist sehr schlau. Sie ist nicht leicht zu täuschen und wenn sie mitbekommt, dass du versuchst, sie hereinzulegen, dann wirst du am Ende vielleicht sogar selbst zum Ziel ihrer Feindseligkeit?“ Derek nickte: „Ich weiß, mein Freund. Ich werde sehr vorsichtig sein.“ versicherte er: „Aber ich muss das tun; für Stiles, für mich selbst und für unsere Zukunft. Und ich habe die Hoffnung, dass Kate meinem Theater glauben wird, einfach weil sie mir glauben WILL.“ „Ich verstehe!“ versicherte Chris Argent: „Und nun sag schon! Wie kann ich helfen?“ „Das weiß ich leider selbst noch nicht so ganz genau. Sei einfach wachsam und lass´ es mich wissen, falls Kate etwas über mich sagt. Und vielleicht kannst du den Kontakt zu ihr initiieren, doch damit will ich lieber noch ein paar Tage warten. Wenn ich es überstürze, dann wird das bei Kate nur Misstrauen wecken.“ erwiderte Derek. Chris versicherte Derek noch einmal seiner Unterstützung und als für´s Erste alles gesagt war, orderte Derek die Rechnung. Statt nun direkt nachhause zu fahren, fuhr Derek noch eine Weile ziellos in der Stadt umher. Als er sich selbst dabei ertappte, wurde es ihm klar, dass er scheinbar keine große Lust verspürte, in ein leeres Haus zurückzukehren. Kurz dachte er sogar darüber nach, sich irgendwo ein Hotelzimmer zu nehmen. Andererseits war es immer noch möglich, dass irgendein neugieriger Journalist ihm auflauerte und hinter den hohen Mauern seines Anwesens war er einfach sicherer. Schweren Herzens fuhr er also nachhause. Er ließ sich in seinem Wohnzimmer nieder, schenkte er sich ein Glas Whiskey großzügig voll bis zum Rand, setzte sich in einen Sessel und begann zu nippen, während ihm klar wurde, dass er eigentlich so gut wie gar nicht mehr getrunken hatte, seit er und Stiles ein Paar geworden waren. Irgendwann kam Greenburg in den Raum, räusperte sich leise, um auf seine Anwesenheit aufmerksam zu machen und erkundigte sich dann unaufdringlich: „Guten Abend, Sir! Was soll ich dem Koch sagen, was sie zum Abendessen wünschen? Und wird der junge Herr später auch noch kommen?“ „Ich habe bereits auswärts gegessen. Und Mr. Stilinski ist in diesem Haus nicht mehr willkommen!“ hörte Derek sich sagen und erschrak beinahe selbst davor, wie hart und harsch seine Stimme klang. Gänzlich konnte Greenburg scheinbar seine Bestürzung über diese Neuigkeiten nicht hinter einer professionellen Miene verstecken. Er nickte und erwiderte in bemüht nüchternem Tonfall: „Verstanden, Sir. Ich werde in der Küche Bescheid sagen!“ Nein, Stiles würde er nun eine ganze Zeit lang nicht sehen, wurde Derek in diesem Moment schmerzlich klar. Er stürzte den Inhalt seines Glases hinunter und schenkte sogleich nach. Nach dem dritten Glas stellte er bedauernd fest, dass der Alkohol heute keinen Trost für ihn hatte. Eigentlich schmeckte er wie Gift! Angewidert stellte er die Flasche wieder zurück ins Kabinett. Derek begab sich in den Garten, um im Dunkeln einen ausgiebigen Spaziergang zu machen. Anschließend ging er in den Keller des Hauses, um ein wenig Zeit mit seinen Schlangen zu verbringen und schließlich kehrte er in sein Wohnzimmer zurück und schaltete den Fernseher an. Er zappte durch die Kanäle, blieb hier und da eine Weile hängen und so vergingen die Stunden. Irgendwann fiel es Derek sogar schwer, noch die Augen offen zu halten und wie ein Blick auf die Uhr zeigte, war es da bereits drei Uhr am Morgen. Dies alles kam Derek nur allzu bekannt vor. Er mied sein Bett! Das hatte er auch damals schon getan, als seine Schlaflosigkeit ihn beinahe umgebracht hätte. Damals, bevor er Stiles gefunden hatte. Derek biss also die Zähne zusammen, erhob sich und ging hinüber ins Bad, um sich die Zähne zu putzen und seinen Pyjama anzuziehen. Dann betrat er sein Schlafzimmer und warf einen missmutigen Blick auf sein Bett, ehe er sich hineinlegte. Kaum dass er lag, war Derek wieder hellwach. Das durfte doch einfach nicht wahr sein! Er ballte die Fäuste vor Zorn und Verzweiflung. Dies war der Aspekt ihres Plans, den Derek absichtlich ausgeblendet hatte in seinem Wunsch, seinen Geliebten zu beschützen: Die Befürchtung, dass ohne Stiles alles von vorne beginnen würde und er ein weiteres Mal durch die Hölle seiner Schlaflosigkeit gehen müsste. Derek atmete einige Male tief durch, betete zu einer Gottheit, an die er nicht glaubte und rief sich Stiles liebes Gesicht vor Augen, wie er ihn voller Zärtlichkeit anblickte. Dann schloss er die Augen. Wenige Minuten später war er eingeschlafen. Derek hatte einen Traum, den er schon viele Male zuvor gehabt hatte. Er war auf der Beerdigung seiner Familie. Da waren hunderte von Menschen, doch Derek kannte eigentlich keinen von ihnen, was bewirkte, dass er sich noch bedeutend einsamer fühlte, als wäre er ganz allein dort. Dann kam der Moment, als der Geistliche die Anwesenden dazu aufrief, nach vorn zu kommen, um den Verstorbenen die letzte Ehre zu erweisen. Das war der Augenblick, vor dem Derek sich jedes Mal fürchtete. Alle erhoben sich und drängten nach vorn. Derek wurde einfach von der Herde mitgerissen, dabei wollte er die verkohlten Leichen doch überhaupt nicht sehen. Viele lieber wollte er seine Lieben doch so in Erinnerung behalten, wie er sie gekannt hatte! Das versuchte er den Trauergästen zu erklären, doch man erhörte ihn nicht. Doch etwas war dieses Mal anders. Vorn in der Kapelle stand dieses Mal nur ein einziger Sarg. Derek wollte es eigentlich nicht und dennoch musste er hinschauen. Aber nein, in dem Totenschrein lag kein Mitglied seiner Familie. Es war Stiles! Und seine Haut war ebenso weiß, wie der edle Seidenanzug, den sein Leichnam trug. Dereks Mund öffnete sich zu einem stummen Schrei, als der Tote mit einem Mal die trüben, milchigen Augen aufschlug und ihn anklagend anblickte, weil er darin versagt hatte sein Leben zu schützen. Als Derek erwachte, war sein Leib bedeckt mit eisigem, klebrigem Schweiß. Er knipste rasch das Licht an, um den Horror zu vertreiben, welchen er empfand. Am Liebsten hätte er nun zu seinem Telefon gegriffen und Stiles angerufen, um ihm zu sagen, dass er ihn brauchte und um diese ganze Sache anzublasen. Das einzige, was ihn davon abhielt, war die Angst, dass sein Alptraum durch eben diese Schwäche zur Wirklichkeit werden könnte. Derek hatte nicht lange geschlafen wie ein Blick auf die Uhr zeigte. Es war kurz vor halb fünf und die Vögel vor dem Fenster erwachten soeben. Derek schlurfte hinüber ins Bad, duschte sich kurz ab, zog einen frischen Schlafanzug an und kehrte dann zum Bett zurück, fest entschlossen, sich dieses Mal nicht unterkriegen zu lassen. Zu viel war in den vergangenen Monaten geschehen. Er war nicht mehr derselbe Mann wie damals, und darum würde er es auch dieses Mal schaffen, zu schlafen. Energisch schüttelte er sein Kopfkissen auf, doch darunter kam unvermutet etwas zum Vorschein, was ein Lächeln auf sein Gesicht zauberte. Stiles und seine Unordnung! Sein Liebster hatte offensichtlich eines seiner Schlaf-T-Shirts hier vergessen. Derek nahm es hoch, wie eine Kostbarkeit, presste es gegen sein Gesicht, sog den vertrauten, geliebten Duft ein und ein Zettel fiel heraus. Da zeigte sich, dass das Shirt nicht nur aus Achtlosigkeit hier geblieben war. Nein, Stiles, der ihn besser kannte, als irgendwer sonst auf der Welt; Stiles, der ihn liebte, hatte es dort versteckt, wie ein Osterei, gemeinsam mit einem wundervollen Liebesbrief. Derek las die Worte und seine Augen wurden feucht: „Hallo mein Großer, kannst du nicht schlafen? Wusste ich es doch! Und darum bitte ich dich jetzt, tu es für mich, damit ich dich ganz bald gesund und munter wiederbekomme! Bitte vergiss´ nicht, egal wo ich bin und was auch geschieht: Ich gehöre zu dir und ich liebe dich! Das Schicksal hat uns gegen jede Wahrscheinlichkeit zusammengeführt und und keine Macht der Welt kann uns nun noch trennen! Ich zähle die Stunden, bis wir wieder beieinander sind. Dein auf ewig! Stiles“ „Ich liebe dich!“ flüsterte Derek in die Stille seines Schlafzimmers, legte den Brief auf den Nachttisch, legte sich wieder hin und schlief, das T- Shirt fest umklammernd, abermals ein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)