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Schlaflos

von

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Privat-Eye

Vorwort:

Und? Wer hat Lust auf eine Fortsetzung??? ;-)
 

____________________
 

Es war eigenartig, wie viel Zeit man zu haben meinte, wenn man ein unausweichliches Unglück auf sich zukommen sah.

Stiles ging im Kopf ganz kühl und sachlich die Optionen durch, die er nun noch hatte:
 

Er konnte ungebremst in seinen Vordermann hineinrasen, in diesem Fall eine Mutter mit zwei Kindern in einem Kombi, was mit Sicherheit beide Parteien auf die vor ihnen liegende Kreuzung und damit in den Verkehrsstrom treiben würde, der gerade grün hatte.

Nein, das konnte er nicht tun!
 

Er konnte das Steuer vollständig herumreißen, was den Jeep vermutlich ins Trudeln geraten ließe und möglicherweise sogar dafür sorgen mochte, dass er sich überschlug und von Autos gerammt würde, die hinter ihm kamen und nicht rechtzeitig bremsen könnten.

Das war also auch keine Option.
 

Er könnte die Handbremse anziehen, was bei seiner gegenwärtigen Geschwindigkeit vielleicht gar nichts bewirken würde, oder es würde so gut funktionieren, dass er zu abrupt stoppen und sich ebenfalls überschlagen und die Kontrolle über den Wagen verlieren würde.

Er war sich nicht sicher, denn so etwas hatte er natürlich noch nie versucht, also ließ er es lieber bleiben.
 

Er könnte nach rechts ausscheren, was ihn unmittelbar in den Gegenverkehr befördern würde, also entschied er sich dagegen.
 

Und er könnte nach links ausscheren, genau in eine riesige, alte Palme, welche dort am Straßenrand stand.

Innerlich sprach Stiles eine kleine Entschuldigung an den unschuldigen Straßenbaum, denn das war genau das, was er jetzt tun würde, weil er auf diese Weise wenigstens keine anderen Menschenleben, außer seinem eigenen riskieren würde.
 

Stiles betete traurig, dass es heute bitte noch nicht geschehen mochte, weil er doch gerade eben erst die Liebe gefunden hatte, nach der er sich so sehr gesehnt hatte und weil er so gern noch ein wenig glücklich mit ihm gewesen wäre!

Dann betete er, wenn seine Stunde nun wirklich schon gekommen sein sollte, dass dann wenigstens jemand für Scott und Derek da sein möge, der ihnen über den Verlust hinweghelfen konnte.
 

Und schließlich blieb ihm bloß noch, seine Entscheidung in die Tat umzusetzen und tatsächlich das Steuer nach links zu drehen.
 

Er schloss die Augen, aus welchen nun zwei kleine Tränen kullerten und er machte innerlich seinen Frieden mit der Welt und jedem, der ihm je Unrecht getan hatte. Er wusste, so wie er in diesem Augenblick, mussten sich auch seine Eltern in den letzten Sekunden vor dem Unfall gefühlt haben, welcher ihnen das Leben genommen hatte.

Und vielleicht würde er ihnen ja in wenigen Augenblicken schon nachfolgen?
 

Als Greenburg Besuch ankündigte, hoffte Derek selbstverständlich darauf, dass es Stiles sein möge, doch tatsächlich war es Deucalion, der ihm seine Aufwartung machten:

„Was willst du hier, Deuc!“ knurrte der Hausherr übellaunig und kniff die Augen zu wütenden Schlitzen zusammen: „Wenn es hier schon wieder um Kate gehen soll, dann will ich wirklich nichts davon wissen, du hast nämlich überhaupt keine Ahnung, was gespielt wird und was sie mir angetan hat!“
 

„Es geht aber nicht um Kate, Derek!“ unterbrach ihn der Ältere: „Es geht um deinen kleinen Freund! Da gibt es einiges, was du wissen solltest und dann wirst du hoffentlich endlich einsehen, dass ich mit meinen Befürchtungen von Anfang an Recht gehabt habe.“
 

„Na, da bin ich aber gespannt!“ erwiderte Derek mit finsterer Miene, setzte sich auf die Couch und bedeutete seinem Freund, ebenfalls an Platz zu nehmen.
 

Mit einer Aura der Selbstwichtigkeit hockte Deucalion sich also neben ihn und begann mit seinem Bericht:

„Mir hat das Ganze große Sorge bereitet, weshalb ich einen Privatdetektiv angeheuert habe und der hat wirklich ganz unglaubliche Dinge über deinen sogenannten `Freund´ herausgefunden.“

Er machte eine dramatische Pause, doch als von Derek nichts weiter, als ein genervtes Augenrollen kam, fuhr er einfach fort:

„Sein richtiger Name ist überhaupt nicht Stiles. In Wirklichkeit heißt er Mieczyslaw Stilinski. Die Familie, von der er uns erzählt hat, dieser Sheriff und seine Frau, sind beide längst tot. Und er ist auch kein Student an der UCLA , wie er behauptet hat, Derek. Dieser Junge ist eine MÄNNLICHE HURE! Ich hoffe wirklich, dass du immer darauf geachtet hast, ein Kondom zu verwenden. So einer kann dir doch sonst etwas anhängen! Und nun sag´ mir noch mal, dass dieses Früchtchen nicht bloß hinter deinem Geld her!sei Ich weiß nämlich zufällig, dass er monatlich von dir Dreißigtausend bekommt und dass du für ihn eine Wohnung gemietet hast. Aber ich hoffe, dir ist klar, dass er dort mit einem anderen Mann lebt, der ebenfalls ein Callboy sein soll? Und wie ich erfahren habe, ist dieser Mann hinter unserer kleinen Allison her. Aber ich habe das arme Mädchen bereits über alles in Kenntnis gesetzt. Das Vermögen der Argents werden sich diese beiden Halunken nämlich nicht auch noch unter den Nagel reißen, solange ich das verhindern kann!“
 

Derek hatte sich das Alles in Ruhe angehört. Nun schloss er die Augen und zählte innerlich bis zehn, um den Impuls niederzuringen, seinem Freund eine reinzuhauen. Stattdessen sagte er betont ruhig:

„Ich wünschte wirklich, das hättest du nicht getan, Deuc! Der arme Scott hat nichts Unrechtes getan und er liebt Allison wirklich. Nun hast du völlig unnötiger Weise großes Unglück über diese beiden jungen Leute gebracht und dem Jungen die Chance genommen, Allison selbst die Wahrheit zu sagen, sobald er dazu bereit gewesen wäre.“
 

Deucalion riss überrascht die Augen auf und polterte los:

„Sag´ mal hast du mir nicht zugehört? Diese Zwei sind Hochstapler! Sie sind nichts weiter als Abschaum von der Straße, Derek!“
 

„Jetzt halt doch einfach mal dein dämliches Maul, Deuc! Du kennst die beiden doch überhaupt nicht und hast kein Recht, in dieser Weise über sie zu urteilen!“ pöbelte Derek zurück: „Das Geld für den Privatdetektiv hättest du dir sparen können. Niemand hat versucht, mir etwas vorzumachen. Ich weiß genau, was Stiles ist, beziehungsweise war. Was glaubst du denn, wie ich ihn überhaupt kennengelernt habe. Ja, ich habe ihn auf der Straße aufgelesen und zwar, weil ich verzweifelt war! Aber Stiles hat mir nie irgendetwas verschwiegen, mit Ausnahme seines richtigen Vornamens, weil er den nämlich hasst. Und ja, er ist ein Stricher! Na und? Macht ihn das etwa zu einem schlechten Menschen? Er war ein verzweifelter Junge, der aus heiterem Himmel von einem Tag auf den anderen seine Eltern und sein Heim verloren hat. Und weil er nichts mehr auf der Welt hatte, hat er eben seinen Körper verkauft, um zu überleben. Wen juckt´s? Wir verkaufen uns doch alle auf die eine, oder andere Art und seine ist eben eine ehrlichere.“
 

„So, wie du das sagst, klingt es ja, als sei er bloß ein armes, kleines Opfer. Nimmst du ihm diese Nummer etwa ab?“ fragte Deucalion fassungslos:
 

„Nein, Stiles ist kein armes, kleines Opfer, du mieser, zynischer Bastard. Was er in Wirklichkeit ist, ist der verdammt nochmal beste Mensch, den ich je getroffen habe und höchstwahrscheinlich verdiene ich ihn und das, was er für mich getan hat überhaupt nicht.“
 

Deucalion blickte ihn verständnislos an:

„Ich begreife dich nicht, Derek? Einer wie du hat es doch nicht nötig, sich die Gesellschaft eines Menschen zu ERKAUFEN? Du siehst aus, wie ein Disney-Prinz, bist gebildet und reicher als Gott. Jeder, egal ob Mann oder Frau würde sich glücklich schätzen, mit dir zusammen zu sein.“
 

„Ich habe Stiles damals ja auch nicht mitgenommen, weil ich unbedingt ein neues Boy-Toy wollte, Deuc. Es ging niemals ums Vögeln, denn danach stand mir damals wirklich nicht der Sinn!“ erwiderte Derek frostig.“
 

„Warum geht es dann? Bitte erklär´ es mir, Junge, denn ich komme da echt nicht mehr mit!“ bat Deucalion nun mit Kreide in der Stimme:
 

„Vorher will ich, dass du weißt, dass ich nicht einmal mit dir sprechen würde, wenn Stiles nicht gewesen wäre, Deuc. Ich war so wahnsinnig wütend auf dich und hätte dir ohne sein gutes Zureden schon längst die Freundschaft gekündigt. Ich weiß nämlich, dass du ihm eine Menge Geld geboten und sogar sein Leben bedroht hast, um ihn loszuwerden. Und wag´ es nicht, das zu leugnen!“
 

„Ich hätte ihm doch nicht wirklich etwas angetan. Wofür hältst du mich denn? Ich wollte ihn doch lediglich vertreiben und das habe ich bloß getan, um auf dich aufzupassen, weil du mein Freund bist und ich dich liebe wie ein Vater, oder ein großer Bruder!“ erwiderte der Ältere unerwartet sanft:
 

„Ja, das hat Stiles auch gesagt, aber weißt du, was mich dabei wirklich ärgert, mein `Freund´? Dass du scheinbar vergessen hast, dass ich ein erwachsener Mann bin, der selbst weiß, was er tut!“ knurrte Derek:
 

„Aber nach dem Tod deiner Familie warst du doch ein Wrack! Du warst verletzlich und beeinflussbar!“ entgegnete Deucalion vorsichtig:
 

„Ich mag verletzlich gewesen sein, jedoch war ich immer noch Herr meiner Sinne!“ hielt der Jüngere gereizt dagegen: „Und gerade weil ich in so einem schlechten Zustand war, habe ich Stiles gebraucht. Er hat geschafft, was kein Arzt, kein Therapeut, kein Guru und keine Pille vermocht haben: Er hat mir meinen Frieden wiedergegeben und gemacht, dass ich endlich wieder schlafen konnte!“
 

„Und wie hat er das geschafft?“ wollte sein Freund wissen:
 

„Wenn ich es dir erzähle, dann nur, wenn du versprichst, aufgeschlossen zu bleiben. Beim ersten Wort gegen Stiles fliegst du raus!“ stellte Derek seine Bedingungen:
 

„Versprochen!“ erwiderte der Ältere, lehnte sich zurück und setzte eine neutrale Maske auf.

Derek kannte dieses Gesicht gut, aus den zahllosen geschäftlichen Verhandlungen, die sie bereits gemeinsam geführt hatten.
 

Eine ehrliche und offene Miene wäre Derek lieber gewesen, doch er erkannte an, dass sein Freund sich wenigstens bemühte und so begann er einfach zu erzählen. Er berichtete davon, wie er in einer verzweifelt schlaflosen Nacht, einer von so vielen, die er seit dem Feuer gehabt hatte, mit seinem Wagen ziellos durch die Straßen gefahren war und dann einfach einer Eingebung folgend Stiles aus einer ganzen Horde von Strichern erwählt und mitgenommen hatte, ohne selbst recht zu wissen, was er eigentlich von ihm wollte und wie dieser wildfremde Straßenjunge sich dann wie ein Freund um ihn gekümmert und ihn festgehalten hatte und es seither auch in beinahe jeder Nacht tat:

„Er hat ganz einfach gewusst, was zu tun war, Deuc und er hat im Grunde nichts dafür verlangt. Ich bin auf die Idee gekommen, ihm ein Festgehalt zu zahlen und ihm ein Zuhause zu geben, weil er vorher in einer abrissreifen Ruine gehaust hat und dabei habe ich lediglich an mich selbst gedacht. Ich wollte erreichen, dass er zur meiner Verfügung steht, wenn ich ihn brauche, denn mit dem, was er für mich getan hat, hat er mir vermutlich sogar das Leben gerettet. Ich glaube nicht, dass du auch nur die geringste Ahnung hast, wie schlecht es wirklich um mich stand, aber Stiles war da. Stiles hat mich gerettet, verstehst du mich?“
 

„Also seid ihr Zwei gar kein Paar? Was sollte dann das ganze Theater?“ fragte Deucalion verwirrt:
 

„Das war meine Idee und vermutlich eine meiner schlechtesten. Ich hatte einfach die Schnauze voll davon, dass Erica und du ständig versucht habt, mich zu verkuppeln. Ich wollte meine Ruhe, also habe ich Stiles gebeten, diese kleine Scharade mit mir aufzuführen.“ Derek zögerte kurz und fügte dann hinzu: „Nur dass es mittlerweile keine Scharade mehr ist. Seit ein paar Tagen sind wir wirklich ein Paar und das macht mich sehr, sehr glücklich.“
 

„Dir ist aber klar, was passiert, wenn die Presse davon Wind bekommt, oder?“ fragte sein Gesprächspartner vorsichtig: „Man wird dich und den Jungen nicht mehr in Ruhe lassen. Die Medien werden wochenlang kein anderes Gesprächsthema haben! Du bist ein Mann der Öffentlichkeit, Derek.“
 

„Du weißt doch, dass ich mich aus der Öffentlichkeit lieber fernhalte, so gut ich kann. Ich hatte nicht die Absicht, es irgendwem zu verraten, aber selbst wenn es rauskommt: Ich liebe ihn und darum ist es mir egal! So ein Medienrummel ist wie ein Unwetter; er geht wieder vorbei! So war es nach dem Tod meiner Familie und so wird es auch dann wieder sein.“
 

Deucalion nickte bedächtig und versicherte sich noch einmal:

„Es ist dir also absolut ernst damit, richtig Junge?“
 

„Vollkommen!“ bestätigte Derek und so versicherte sein Freund:
 

„Dann werde ich von jetzt an voll und ganz hinter dir stehen und versuchen, deinen Wunderknaben besser kennenzulernen, um irgendwann vielleicht das zu erkennen, was du in ihm siehst; also gesetzt den Fall, er gibt mir dazu nach allem, was vorgefallen ist noch die Chance dazu?“
 

„Also ich an seiner Stelle würde dich zur Hölle schicken, aber Stiles ist nicht so. Ich bin ziemlich sicher dass er, wenn du ihm eine Hand reichen würdest, sie auch ergreifen würde.“ gab Derek zurück.
 

Deucalion nickte und wollte dann wissen:

„Verrätst du mir nun noch, wie Stiles es denn eigentlich geschafft hat, dass du wieder Schlaf finden konntest? Es muss doch mehr nötig gewesen sein, als bloß ein warmer Körper an deiner Seite, sonst hätte es doch schließlich jeder für dich tun können?“
 

Darüber musste Derek eine Weile nachdenken. Schließlich antwortete er:

„Ich denke, er hat es einfach verstanden, was es war, das mir den Schlaf geraubt hat, immerhin hat auch er seine Familie verloren, aber er hat nie eine große Sache daraus gemacht. Er hat mir das Gefühl gegeben, dass ich bei ihm in Sicherheit bin und das alles irgendwie wieder gut werden kann. Aber es waren ja auch nicht bloß die Nächte. Mit ihm zusammen zu sein ist schön! Er ist lieb, lustig, unerwartet, interessant... ! Er...“ Derek suchte nach den richtigen Worten: „... er ist einfach voller Liebe und Licht!“

Er senkte beschämt den Kopf, weil er sich wie ein sentimentaler Trottel vorkam, aber es war nun einmal die Wahrheit.
 

Überraschender Weise lächelte Deucalion nun und sagte:

„Ich denke, ich verstehe dich, Junge. Wenn ich Worte finden müsste für das, was er Erica für mich bedeutet, dann würde ich wohl ebenfalls Liebe und Licht wählen.“
 

Derek atmete erleichtert auf.

Er wollte etwas erwidern, doch in diesem Augenblick klingelte sein Telefon.
 

Derek vermutete, dass es Stiles sein würde, um Bescheid zu geben, dass er sich verspätete, doch zu seiner Überraschung erschien die Nummer von Scott auf seinem Display. Er ging also an den Apparat und verspürte sofort eine gewisse Unruhe.
 

Scotts Stimme war schrill, er röchelte, schniefte und war kaum zu verstehen. Mit Mühe konnte Derek schließlich die entscheidenden Begriffe heraushören: Stiles, Unfall, White Memorial Hospital, Notaufnahme.

Derek wurde ganz schlecht:

„Ganz ruhig Scott!“ brachte er gepresst hervor: „Warte vor eurer Tür auf mich. Ich bin in fünfzehn Minuten bei dir!“

Er legte auf.
 

„Ich muss weg!“ teilte er Deucalion mit. Sein Blick war glasig und ins Leere gerichtet.
 

„Was ist los, Junge? Du bist ja weiß wie eine Wand!“ stellte der Ältere fest, doch da hatte Derek sich bereits seine Jacke geschnappt und zum Gehen gewandt.
 

Deucalion hielt ihn am Arm fest und forderte:

„Sag´ mir erst, was du vorhast! Ich lasse dich so nicht gehen. Du stehst unter Schock!“
 

„Lass´ mich los, Deuc!“ forderte der Jüngere: „Stiles braucht mich. Er hatte einen Unfall.“
 

„War er das gerade am Telefon?“ wollte sein Freund wissen: „Dann kann es doch gar nicht so schlimm sein.“

Derek schüttelte ungeduldig den Kopf, riss sich los und marschierte weiter in Richtung Ausgang:
 

„Ich werde dich fahren, Junge! Wenn du dich so ans Steuer setzt, dann bist du gleich der Nächste, der einen Unfall hat!“ entschied Deucalion und folgte ihm.
 

Sie fuhren mit Deucalions Auto am Wohnhaus von Stiles und Scott vor. Letzterer wartete bereits vor der Haustür und war ein absolutes Nervenbündel. Er war verheult, zappelig und hatte offensichtlich gerade einen Asthmaanfall, den er mit einem Aspirator in den Griff zu bekommen versuchte.

Er sprang hinten in den Wagen und sofort überfiel Derek ihn mit Fragen, darüber, was denn überhaupt passiert sei und wie es Stiles gehe.
 

Scott brach augenblicklich wieder in Tränen aus, seine Atmung verschlechterte sich und er drohte nun beinahe zu ersticken:
 

„Nun lass´ doch den Jungen in Ruhe, Derek!“ forderte Deucalion: „Woher soll er das denn alles wissen? Die Krankenhäuser sagen einem so etwas doch nicht am Telefon. Wir sind ja gleich da und dann werden wir sehen, wie ernst es ist.“

Kaum war der Wagen geparkt, stürzten Derek und Scott auf die Notaufnahme zu, Letzterer schwer atmend und am Empfangsschalter forderte Derek zu wissen, wie es dem Patienten Stiles Stilinski gehen würde, der heute hier eingeliefert worden war.
 

Die Schwester warf einen skeptischen Blick auf Scott, der sich röchelnd bog und in den letzten Zügen zu liegen schien:

„Sollten wir uns nicht vielleicht zuerst um ihn kümmern?“ fragte sie sorgenvoll und obwohl Scott heftig mit dem Kopf schüttelte und zu Protest anhob, kam sie hinter ihrem Tresen hervor und nahm dem Asthmakranken sein Spray aus der Hand und stellte schnell fest:

„Das ist ja leer?“

Sie wies eine der Schwesternhelferinnen an, ihr einen neuen Zerstäuber aus der Apotheke zu besorgen, setzte Scott dann auf eine der Wartebänke, ließ ihn den Kutschersitz einnehmen, gab ihm Atemanweisungen und versuchte, mit beherzten Handgriffen den verengten Brustkorb des Leidenden wieder ein wenig zu weiten. Irgendwas an dieser Frau, mit den schönen schwarzen Locken erinnerte Scott an seine leibliche Mutter, die er ja bereits als Kleinkind verloren hatte und er musste schon wieder weinen.
 

Derek hatte unterdessen einen Arzt gefunden und verlangte von diesem, endlich nachzusehen, wie es Stiles denn nun ginge. Er warf dabei all seine Autorität als erfahrener Geschäftsmann in die Waagschale und tatsächlich ließ sich der überarbeitete Mediziner dazu herab, kurz für ihn im Computer nachzusehen und verkündete dann:

„Der junge Mann wird noch untersucht. Ich kann ihnen nichts Genaues sagen. Warten sie hier. Man wird ihnen Bescheid geben, wenn eine Diagnose vorliegt. Wer sind sie denn überhaupt? Sind sie mit dem Verletzten verwandt?“
 

„Mein Name ist Derek Hale. Ich bin sein Partner.“ gab Derek matt zurück.
 

Der Arzt nahm ihn genauer in Augenschein und dann trat ein Ausdruck des Erkennens in seinen Blick: „Nehmen sie Platz, Mr. Hale. Ich bin sicher, meine Kollegen tun ihr Bestes!“

erklärte der Halbgott in Weiß halbherzig und dann hastete er auch schon weiter, zu seinem nächsten Einsatz.
 

Derek hockte sich neben Scott, der mittlerweile wieder normal atmete, aber immer noch leise schluchzte:

„Sie untersuchen ihn noch.“ ließ er den Jüngeren wissen:
 

„Was, wenn er zu schwer verletzt ist?“ fragte Scott elend und wischte sich mit dem Ärmel über das Gesicht.

Derek zuckte ratlos mit den Schultern und zog den Jungen in seine Arme.
 

„Ich wollte vorhin Allison anrufen und ihr erzählen, was passiert ist, aber sie drückt mich immer weg!“ murmelte Scott unglücklich gegen Dereks Schulter: „Ich wünschte, sie wäre jetzt hier!“
 

Deucalion der sich das ganze Geschehen bislang lediglich von der Seitenlinie beobachtet hatte, hatte zumindest den Anstand, in diesem Augenblick beschämt dreinzuschauen und Derek erwiderte:

„Ich denke ich weiß, was da los ist, aber darüber sollten wir uns jetzt keine Gedanken machen. Jetzt ist erst mal bloß Stiles wichtig und dass er wieder gesund wird.“
 

Scott runzelte die Stirn, doch dann nickte er. Wahrscheinlich war er in seiner Sorge einfach zu überwältigt, um sich zu fragen, wie Dereks Worte zu verstehen seien.
 

„Ich werde euch Kaffee besorgen!“ verkündete ein schuldbewusster Deucalion aus dem Hintergrund: „Wollt ihr auch etwas zu essen?“
 

Die beiden Angesprochenen schüttelten den Kopf, doch Derek bestätigte:

„Kaffee wäre gut!“
 

Sie warteten beinahe zweieinhalb Stunden, bis endlich ein Arzt zu ihnen kam und erklärte:

„Der Patient wird nun auf sein Zimmer gebracht. Wenn sie möchten, dürfen sie ihn kurz sehen.“
 

Und ob sie das wollten! Sie beeilten sich so sehr das Zimmer mit der angegebenen Nummer zu erreichen, dass sie sogar noch vor dem Patienten dort eintrafen. Dieser wurde jedoch wenig später mitsamt seinem Krankenbett von einer Schwester hereingerollt.
 

Derek und Scott stockte der Atem, als sie ihn sahen: Eine kleine, frisch genähte Schnittverletzung an der linken Wange, eine Halskrause, ein Arm in Gips und blaue Flecken am ganzen Körper
 

„Jetzt schaut doch nicht so! Mir geht es blendend!“ behauptete Stiles, doch die Krankenpflegerin schüttelte energisch mit dem Kopf und berichtigte streng:
 

„Glauben sie ihm kein Wort. Mr. Stilinski ist bis zum Stehkragen vollgepumpt mit Schmerzmitteln. Er hat ein schweres Schleudertrauma, drei gebrochene Rippen, leichte Quetschungen am Brustkorb und der rechte Arm ist gebrochen. Es geht ihm also NICHT gut, allerdings muss man andererseits sagen, dass er unverschämtes Glück gehabt hat, denn sein Wagen hat einen Totalschaden erlitten und die Feuerwehr musste ihn dort herausschneiden.“

Als Stiles die besorgten Gesichter seines Liebhabers und seines besten Freundes sah, erklärte er rasch munter:

„Ich muss also eine paar Wochen mit links onanieren. So schlimm ist das nun auch wieder nicht. Jetzt guckt doch nicht so!“
 

„Oh, halt die Klappe, du Trottel!“ schimpfte Scott zärtlich, als einmal mehr an diesem Tag bei ihm die Tränen flossen und Derek murrte:
 

„Ich habe doch gewusst, dass diese verdammte Karre eine Gefahr für Leib und Leben ist! Ich hätte nicht auf dich hören und dir stattdessen lieber ein vernünftiges Auto kaufen sollen!“
 

„Ach was, ihr Zwei! Und jetzt kommt her und gebt der Mami einen Kuss!“ erwiderte er flapsig und streckte stöhnend seine Arme nach ihnen aus.



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