Schlaflos von GingerSnaps ================================================================================ Kapitel 2: Kein Anschluss unter dieser Nummer --------------------------------------------- Der große Haufen Geld brannte Stiles beinahe ein Loch in die Tasche. Er konnte noch immer nicht recht fassen, was letzte Nacht geschehen war: Er hatte eine großartige Mahlzeit genossen, hatte eine Nacht in einem komfortablen Bett zugebracht, noch dazu neben einem wahnsinnig attraktiven Fremden, musste nicht den Arsch hinhalten und war dafür auch noch überreichlich bezahlt worden? Er schob zur Sicherheit noch einmal die Hand in die Hosentasche und befühlte die Scheine, welche bewiesen, dass er das Ganze nicht einfach bloß geträumt hatte. Stiles fragte sich, ob er den Fremden, welcher ihm ja nicht einmal seinen Namen verraten hatte, wohl wirklich wiedersehen würde. Je näher Stiles seinem eigenen, heruntergekommenen Wohnviertel kam, umso nervöser wurde er. Als ob man ihm ansehen könnte, dass er eine Summe mit sich führte, welche in dieser Gegend bereits ausreichend war, um dafür über den Haufen geschossen zu werden. Er war froh, als er bei seiner eigenen Behausung ankam. Er kletterte durch das zerbrochene Seitenfenster in das abrissreife Haus hinein, stieg über einen Haufen Schutt und Sperrmüll und ging dann hinüber zu jenem Zimmer, welches er mit Scott bewohnte. Sein Freund saß aufrecht auf ihrer Matratze und blätterte in einer zerfledderten Zeitschrift. Als er ihn hereinkommen hörte, hob er den Kopf und begann gleich zu schimpfen: „Scheiße, Alter! Wo warst du? Danny hat mir erzählt, dass du gestern mit irgendeinem komischen Kerl mitgefahren bist und danach hat dich niemand mehr gesehen. Ich habe mir sonst was ausgemalt!“ Stiles schloss die Tür, hockte sich neben seinen Freund und drückte ihm strahlend einen lauten Schmatzer auf die Wange: „Entschuldige, Bro! Aber mir geht’ s super! Die letzte Nacht war ein Volltreffer!“ Er zog die Geldscheine aus der Tasche und ließ es über Scott und sich selbst schneien. Seinem Freund fiel die Kinnlade herunter: „Verdammt! Was ist das denn?“ stieß er hervor, sammelte das Geld ein und begann zu zählen: „Hast du jemanden umgelegt, oder was?“ Scott blickte ihn scharf an: „Was musstest du für so einen Haufen Schotter tun? Bist du in Ordnung? War es etwas Schlimmes?“ Stiles grinste: „Überhaupt nicht!“ versicherte er und begann, zu berichten. „Du erzählst mir doch ein Märchen!“ sagte Scott skeptisch: „Was ist wirklich passiert?“ „Genau so war es; ich schwöre!“ entgegnete Stiles. Dann schaute er Scott prüfend an: „Wie geht es dir denn überhaupt. Schon ein bisschen besser?“ Sein Freund zuckte mit den Schultern: „Ja sicher!“ behauptete er. Stiles runzelte die eigene Stirn und streckte unterdessen seine Hand nach der seines Freundes aus: „Bullshit!“ rief er aus: „Du hast Fieber! Ich ziehe jetzt gleich los und besorge dir Medizin! Und etwas richtig Gutes zu essen. Was willst du?“ „Mir geht’s gut!“ behauptete Scott ein weiteres Mal: „Hab´ drüber nachgedacht, heute wieder zu arbeiten.“ Stiles schüttelte den Kopf, drängte Scott in die Matratze und nagelte ihn dann mit seinem Körper dort fest: „Das wirst du schön bleiben lassen, Mister!“ befahl er streng: „Wir haben jetzt ein bisschen Geld und du kannst entspannt hier liegen bleiben, bis du wieder ganz gesund bist. Und vielleicht bucht der Kerl mich ja sogar noch einmal? Immerhin hat er noch zweihundert draufgelegt, auch wenn ich keine Ahnung habe, wieso. Ich gehe jetzt in die Apotheke und besorge einen Haufen Pillen für dich, die dich kurieren werden. Und außerdem werde ich zum `Green Apple´ gehen, um dir dort die scharfe chinesische Hühnersuppe zu besorgen, die du so magst!“ Er senkte seinen Kopf und verteilte kleine Küsse auf Scotts Gesicht. „Du wirst dich noch anstecken. Dann werden wir hier beide verrecken und man findet unsere modernden Kadaver, sobald wir anfangen zu miefen!“ brummte Scott verdrießlich. Stiles kicherte und drückte seinem Freund einen Kuss auf die Lippen: „Macht nichts!“ behauptete er: „Ist doch romantisch! Du und ich? Brüder, vereint noch im Tod!“ „Runter von mir, du Spinner! Geh´ und besorg´ mir meine Suppe!“ schimpfte Scott scherzhaft. Und so machte sich Stiles lachend auf den Weg. Derek hatte im Hotel ein ausgedehntes Frühstück eingenommen und plötzlich kamen ihm die Ereignisse der vergangenen Nacht vollkommen irreal vor. Er hatte einen Stricher von der Straße aufgelesen und mit ihm Seite an Seite geschlafen? Welcher Teufel hatte ihn denn da bloß geritten? Es hätte doch schließlich sonst etwas passieren können! Dieser Junge hätte ihn im Schlaf abstechen können! Und wer wusste schon, welche Krankheiten so jemand wie er hatte? Aber eines musste Derek zugeben: Er fühlte sich heute morgen beinahe so, als könne er Bäume ausreißen! Er war einem Impuls gefolgt, als er den Jungen aufgelesen hatte. Irgendwie hatte er das Gefühl gehabt, dass es richtig wäre. Aber vielleicht forderte der Schlafmangel ja auch ganz einfach seinen Tribut und er verlor langsam, aber sicher seinen Verstand? Aber jetzt war er ja endlich wieder einmal richtig ausgeruht und klar im Kopf. Und wahrscheinlich lag dies gar nicht an diesem Jungen. Vielleicht war es ja das Hotelbett? Es war wirklich komfortabel und ein vollkommen unbelasteter, praktisch jungfräulicher Ort; anders als sein Bett zuhause, welches ihn schon viel zu viele Nächte wachend und sich hin- und herwälzend erlebt hatte, dass mittlerweile ja schon praktisch ein Fluch auf ihm lag. Zur Sicherheit würde er das Zimmer für eine weitere Nacht reservieren und am Abend hierher zurückkehren. Den Zettel mit der Telefonnummer des Jungen mit dem eigenartigen Namen knüllte er achtlos in seine hintere Gesäßtasche. Stiles hatte zweihundert Dollar mitgenommen. Und weil es schon so eine Ewigkeit her war, dass er Geld in der Tasche gehabt hatte, hatte er diesen Betrag im wilden Kaufrausch auch beinahe vollständig ausgegeben. Zunächst hatte er in der Apotheke richtig zugeschlagen. Er hatte die gesamte Palette an Erkältungsmedikamenten erstanden und überdies eine Großpackung Kondome und mehrere Tuben von dem GUTEN Gleitgel. Dann war er im Supermarkt gewesen, um ihre Vorräte an Konserven und anderen haltbaren Lebensmitteln aufzustocken. Und weil er schon ewig keine mehr gehabt hatte, sie im Angebot waren und er einfach nicht widerstehen konnte, packte er auch noch mehrere Päckchen `Reese´s´ ein. Seine letzte Station war dann, wie angekündigt das, `Green Apple´, wo Stiles es nicht bei der versprochenen Hühnersuppe beließ; nein sie brauchten auf jeden Fall auch die Saté-Spieße, die Mini-Frühlingsröllchen, die Fünf Kostbarkeiten und die Sesam-Reis-Bällchen mit frittierten Bananen zum Dessert. Beladen wie ein Alpaka auf einer Anden-Expedition kam er wieder nachhause und genoss, wie Scott beinahe die Augen übergingen. Erst verabreichte er seinem Freund Aspirin, Hustensaft und einen Haufen anderer Segnungen der modernen Pharmazie und dann stopfte er ihn und auch sich selbst erbarmungslos mit asiatischem Essen voll. Und weil sie anschließend das Gefühl hatten, gleich aus allen Nähten zu platzen, machten sie nun erst einmal ein ausgedehntes Nickerchen: „Ich hab´ dich lieb, Bro!“ murmelte Scott im Einschlafen noch zufrieden und kuschelte sich eng an Stiles. Als sie wieder erwachten, war bereits früher Nachmittag und die Sonne schien golden durch die schmutzige, gesprungene Fensterscheibe. Stiles nahm das Handy zur Hand und warf einen Blick auf das Display. Keine verpassten Anrufe und auch keine Textnachrichten! Aber der Akku ließ langsam nach, wie er mit ein klein wenig Besorgnis registrierte, denn ihre Bleibe verfügte ja nicht über Strom. „Wie fühlst du dich jetzt, Kumpel?“ wollte er von Scott wissen. „Besser!“ versicherte dieser: „Was hältst du dann davon, wenn wir uns in den Bus setzen, zur Strandpromenade fahren, dort ein bisschen bummeln, damit du frische Luft bekommst? Auf dem Rückweg könnten wir dann ja bei Malia reinschauen,unsere Schulden begleichen, ihre Steckdose benutzen, vielleicht etwas rauchen... ?“ „Klingt gut! Also bis auf das Rauchen. Ich habe mit meinem kratzigen Hals keine Lust zum kiffen.“ erwiderte Scott. An der Promenade tobte wie immer das Leben: Straßenmusikanten, Künstler, die versuchten, ihre Werke an den Mann zu bringen, Schmuck-, Getränke und Imbissstände strahlten um die Wette. Stiles hatte aus gutem Grund das Geld, welches er vergangene Nacht verdient hatte, zuhause in ihrem Versteck; einem kleinen Loch im Mauerwerk hinter der Fußleiste gelassen, weil er nicht in Versuchung geraten wollte, es hier für irgendeinen Blödsinn auszugeben, oder schlimmer noch, es sich von einem der Taschendiebe abnehmen zu lassen, die hier in großer Zahl herumliefen. Er hatte nur die hundert Mäuse dabei, die er zurückzahlen wollte und sonst nichts. Scott und er setzten sich eine Weile auf die Kaimauer, blickten über den Strand und ließen sich die Sonne auf den Pelz scheinen: „Was hast du denn immer mit diesem Telefon? Wieso starrst du andauernd drauf?“ wollte Scott irgendwann wissen: „Hoffst du, dieser Kerl ruft an? Vergiss´ es! Das wäre doch zu schön, um wahr zu sein! Der wird sich nicht wieder melden!“ Stiles zuckte mit den Achseln und schob das Telefon zurück in seine Hosentasche: „Wie auch immer! Halb fünf!“ stellte er fest: „Malia könnte mittlerweile wach sein?“ Malia war ursprünglich bloß eine Freundin von Scott gewesen, doch inzwischen verstand Stiles sich auch recht gut mit ihr. Er hatte einfach eine Weile gebraucht, um sich mit ihrem, manchmal etwas ruppigen Wesen anzufreunden und hinter die Fassade zu blicken. Sie war im selben Alter wie Scott und Stiles und wenn man Malia fragte was sie beruflich tat, antwortete sie bloß, sie sei eine Geschäftsfrau. Konkret hieß das, wie Stiles mittlerweile wusste, dass sie einerseits von dem Vertrieb von Marihuana lebte und zum anderen ein Studio für Männer mit besonderen Wünschen und Vorlieben in ihrer Wohnung betrieb: „Das solltet ihr zwei euch auch mal überlegen!“ hatte sie einmal zu den beiden Jungs gesagt: „Diese Typen zahlen auf jeden Fall mehr, als das bisschen Spielgeld, dass ihr verdient, wenn ihr eure Ärsche an der Straßenecke anbietet!“ Leider ahnte Stiles, dass ihm jedes Talent dafür fehlte, diese Dienstleistung anzubieten und Scott erst recht, mit seinem lammfrommen Wesen. Malia allerdings war wie gemacht für diese Tätigkeit. Als sie die Tür öffnete, schien sie sich wirklich zu freuen, die beiden Freunde zu sehen. Und als Stiles ihr den Geldschein entgegenstreckte, hob sie staunend eine Augenbraue: „Die Kohle hatte ich ehrlich gesagt schon abgeschrieben. Ich kenne euch zwei Habenichtse doch. Was ist passiert? Is´ Oma tot? Habt ihr geerbt, oder wie?“ „Großzügiger Freier!“ sagte Stiles betont gleichgültig: „In den Stiles sich verliebt hat!“ fügte Scott lachend hinzu: „Lass´ ihn um Himmels Willen eine deiner Steckdosen benutzen, ehe dem Handy der Saft ausgeht und er für ihn nicht mehr erreichbar ist.“ „Schnauze McCall! Du bist doch nur neidisch, weil ich Ein-Zwei für´s schlafen und essen bekommen habe! Und nur zu eurer Information: Der Kerl war heiß! Nicht nur gemessen an unserem bescheidenen Standard, sondern WIRKLICH heiß! Hollywood-heiß!“ „West-Hollywood?“ fragte Malia spöttisch. Stiles zuckte mit den Schultern: „Keine Ahnung, ob er schwul ist. Als ich nackt vor ihm herumgesprungen bin, hat sich bei ihm jedenfalls nichts gerührt und ficken wollte er mich auch nicht. Also vielleicht ist er ja auch straight?“ „So ein Pech!“ zog ihn Malia auf: „Ich bin nicht verliebt!“ knurrte Stiles: „Scott redet Müll. Ich bin doch nicht bescheuert, mich in einen Kunden zu verlieben. Abgesehen davon habe ich an dieser ganzen Sache überhaupt kein Interesse. Ich habe echt andere Sorgen!“ „Welche Sache?“ wollte Malia wissen: „Liebe etwa!“ „Ja, richtig, DIE Sache!“ brummte Stiles: „Ich habe nie verstanden, was das ganze Theater deswegen soll.“ „Armes Baby!“ lachte Malia: „Du versäumst was! Liebe hat was! Ehrlich!“ „Na, du musst es ja wissen!“ gab Stiles zurück: „Wo ist denn eigentlich deine Freundin. Oder ist mal wieder Schluss?“ „Geht dich gar nichts an!“ murrte Malia: „Das mit Lydia und mir brennt eben ein bisschen heißer, als bei den meisten Leuten. Da fliegen dann halt manchmal die Fetzen!“ Malia brühte soeben einen Tee der besonderen Art für sie alle auf: „Eigener Anbau! Ich nehme nur die Blätter. Ganz mild! Und gut gegen deine Erkältung, Scott!“ behauptete sie: „Ich verzichte! Das letzte Mal, als ich deinen Tee getrunken habe, habe ich hinterher stundenlang meine eigene Hand angeglotzt und `Let the sunshine in´ gesungen.“ erklärte Scott fest. „Ich passe auch! Vielleicht ruft der Typ ja doch noch an und dann will ich klar im Kopf sein!“ erklärte Stiles. „Mehr für mich!“ sagte Malia schulterzuckend und schenkte den beiden stattdessen eine Cola ein. Die Drei machten es sich auf Malias großem Futon mit den unzähligen Wurfkissen gemütlich und ihre Gastgeberin wollte wissen, ob ihre Besucher Lust zum Fernsehen hätten. Die beiden Jungs, die dazu nicht allzu oft Gelegenheit hatten nickten begeistert. Malia spendierte eine Runde Lakritzschnüre und ließ einen japanischen Horrorfilm laufen, der Scott und Stiles das Blut in den Adern gefrieren ließ: „Pussies!“ spottete sie mit einem amüsierten Seitenblick auf die Zwei: „Wir sind nun mal nicht alle so tough und butch wie du, Baby!“ erwiderte Scott daraufhin achselzuckend und mit einem schiefen Grinsen. „Wohl wahr!“ bestätigte die junge Frau lachend. Es war bereits dunkel, als der Film aus war und Malia schlug vor: „Wenn ihr wollt, könnt ihr heute Nacht hier bleiben. Ihr habt doch jetzt ein bisschen was auf der hohen Kante und müsst nicht unbedingt raus. Und für Scott und seine Grippe wär´s vielleicht ganz günstig, mal eine Nacht nicht in eurem zugigen Rattennest, sondern in einem richtigen Bett bei Zentralheizung zu schlafen. Ich habe nachher noch zu arbeiten, aber das muss euch nicht stören. Ihr werdet gar nichts davon mitbekommen.“ Weil die beiden Freunde nicht wirklich Lust dazu hatten, zu dieser Stunde noch durch die halbe Stadt zu fahren und weil Scott wieder ein bisschen Temperatur bekommen hatte, nahmen sie das Angebot an und machten sich auch gleich zum schlafen bereit. Malia würde noch lange nicht zu ihnen ins Bett kommen. Sie war ein echtes Nachtschattengewächs und die Jungs hatten schon manches Mal spekuliert, ob sie wohl ein Vampir wäre. Für gewöhnlich stieg sie nämlich erst am frühen Abend aus dem Bett und blieb dafür aber die ganze Nacht auf. Vom Schlafzimmer aus konnten die beiden nun hören, wie die junge Frau ihren Geschäften nachging. Zuerst füllte sie kleine Tütchen mit Gras, welches die gesamte Wohnung mit seinem würzigen Geruch erfüllte. Dann führte sie ein paar Telefonate; kurze und knappe mit ein paar Käufern, die eigentlich nur aus Zahlen bestanden, nämlich Grammzahlen, Preisen und Uhrzeiten, zu denen das Zeug abgeholt werden konnte. Anschließend sprach Malia ganz offensichtlich mit einigen Freiern. Die beiden Freunde konnten nicht alles verstehen, doch das, was sie mitbekamen ließ ihnen die Kiefer herunterklappen und färbte ihre Ohren rot. Und irgendwann klingelte es dann an der Tür und Malia nahm einen Gast mit in ihr Spielzimmer. „Gott, meinst du, dabei wird es immer so laut? Oder legt Malia sich einfach nur heute besonders ins Zeug weil sie weiß, dass wir nebenan sind und weil sie uns ein bisschen schockieren will?“ fragte Stiles in die Dunkelheit hinein: „BIST du denn schockiert?“ fragte Scott mit einem Grinsen in der Stimme: „Weiß nicht? Ein bisschen vielleicht!“ gab Stiles zurück. Dann herrschte plötzlich Stille nebenan: „Oh, Gott, denkst du, Malia hat ihn gekillt?“ wollte Stiles wissen. Sein Freund kicherte: „Das bezweifle ich! Vielleicht bekommt er jetzt seine Belohnung, weil er so tapfer durchgehalten hat, oder so!“ spekulierte er. Stiles schüttelte sich, um die Bilder loszuwerden, die daraufhin in seinem Kopf entstanden. Nach einer Weile hörte er an dessen Atem, dass Scott eingeschlafen war. Stiles selbst bekam hingegen kein Auge zu und nach einer Weile realisierte er auch mit einigem Ärger, woran das lag: Er lauschte immerzu auf das verdammte Telefon, das einfach nicht läuten wollte. Er war ja so ein verdammter Idiot! Stiles drehte sich nach links; er drehte sich nach recht, rollte sich auf den Bauch, dann wieder auf den Rücken und wenn er damit fertig war, dann begann er wieder von vorn. Währenddessen lauschte er auf Malia und ihre nächtlichen Verrichtungen. Eigenartiger Weise hatte sie nun den Staubsauger angestellt, dabei hatte Stiles ihren Kunden noch gar nicht gehen hören? Und da ging ihm ein Licht auf. Möglicherweise war sie es gar nicht selbst, die das Haushaltsgerät betätigte? Das würde jedenfalls erklären, warum es bei ihr immer so pieksauber war, obwohl Stiles sie eigentlich noch nie einen Handschlag im Haushalt hatte tun sehen. Stiles fuhr damit fort, schlaflos im Bett herumzuwühlen und schließlich wurde Scott davon wach: „Kannssu nich schlafen, Kumpel?“ nuschelte er benommen: „Hm!“ machte der Angesprochene bloß und ließ damit Raum für Spekulationen. Scott wälzte sich halb auf den Freund und... hey, moment mal! Was machte seine Hand denn da? „Wie wär´s mit ein bisschen Hilfe unter Brüdern. Wenn du willst, kannst du dabei ja an Mr. Hollywood denken. Und ich wette, hinterher schläfst du wie ein Baby!“ murmelte Scott verschlafen und machte sich mit geschickten Fingern ans Werk. Stiles hielt kichernd Scott Hand fest und entgegnete: „Danke, geht schon, Bro! Und Malia ist bestimmt nicht begeistert, wenn ich ihre lesbischen Laken vollsaue.“ „Lesbische Laken?“ brummte Scott noch, ehe er auch schon wieder eingeschlafen war; mehr auf, als neben Stiles liegend. Und weil sein Freund so schön warm war und wie zuhause roch, beschloss Stiles das blöde Handy endlich zu vergessen. Er legte die Arme um Scott und war bald darauf eingeschlafen. Derek war hochzufrieden. Nach einer Ewigkeit war er endlich mal wieder voller Tatkraft gewesen, hatte in seinem Unternehmen Präsenz gezeigt und das war auch höchste Zeit gewesen, denn gewisse Mitarbeiter hatten in der Zwischenzeit scheinbar vergessen, wer hier der Boss war. Aber er hatte Ennis tüchtig den Arsch aufgerissen und im gezeigt, wo sein Platz war! Was eine Nacht voller Schlaf alles ausrichten konnte, dachte er verwundert, denn er hatte endlich mal wieder das Gefühl gehabt, ganz er selbst zu sein! Und von jetzt an würde alles anders werden! Er saß in seinem Hotelzimmer und war guter Dinge. Gerade hatte er sein Abendessen eingenommen und war nun müde genug, um sich schlafen zu legen. Er kuschelte sich ein, reckte sich noch einmal genüsslich, schloss die Augen und war wenig später eingeschlafen. Und eine halbe Stunde später erwachte er schreiend und verschwitzt aus demselben Alptraum, der ihn bereits seit einer Ewigkeit quälte, nur dass nun alles noch viel schlimmer war, denn er war in einem fremden Zimmer, es war dunkel und er war ALLEIN! Und nun meinte sein verschlafenes Nachtbewusstsein die Präsenz und die Anklage seiner toten Familie zu spüren und er war wie erstarrt. Es dauerte eine ganze Weile, ehe er wieder soweit bei Verstand war, dass er sich traute, die Hand unter der Bettdecke hervorzustrecken, um nach der Nachttischlampe zu tasten. Mit Licht sah die Welt schon wieder ein kleines bisschen besser aus. Er stand auf, schlüpfte in den Bademantel des Hotels, richtete sich auf dem bequemen Sessel ein und schaltete die Glotze ein. Es lief nichts Gescheites, aber das war vollkommen gleichgültig, denn Derek brauchte lediglich das Geräusch der Stimmen. Er rief den Zimmerservice und orderte ein Flasche Bourbon und als er sie dann hatte, machte er sich gar nicht erst die Mühe, das bereitstehende Glas zu benutzen. Er setzte ganz einfach die Flasche an und trank, bis er den Boden sehen konnte! Danach schlief er nicht, sondern fiel eher in eine Art Bewusstlosigkeit. Aber das war auch okay, denn es war besser als die Träume! Am nächsten Tag erwachte Stiles mit mieser Laune. Er warf einen Blick auf das Display seines Handys, schmiss es dann knurrend auf´s Bett und tapste hinüber ins Bad. Während er seine Blase entleerte, fasste er einen Plan. Er würde auf Mr. Hollywood pfeifen und heute Überstunden schieben. Er würde einfach jeden Kerl mitnehmen, der ihn haben wollte. Er konnte auch so einen Haufen Kohle verdienen. Er würde sich dafür bloß ein bisschen mehr anstrengen müssen! Scott und er machten sich noch rasch einen Kaffee. Als sie Malia allerdings fragten, ob sie auch welchen wolle, wurden die beiden angeknurrt, sie sollten sie gefälligst nicht zu nachtschlafender Zeit stören, denn sonst würde sie ihnen nämlich die Eier abreißen. Sie verschwanden anschließend grußlos, aus Angst um ihre Testikel und Stiles brachte Scott zunächst zurück in ihr ärmliches Zuhause und verordnete ihm einen weiteren Tag Bettruhe, ehe er seinen Plan für den heutigen Tag in die Tat umsetzte. Seine ersten Kunden waren die Übriggebliebenen von letzter Nacht, die von der gestrigen Party immer noch betrunken genug waren, dass sie nicht mehr richtig rechnen konnten, was sich für Stiles am Ende auszahlte. Gegen Mittag waren es dann die Geschäftsleute, was bedeutete schnelle Blowjobs im Auto. Später ging Stiles in einem Obdachlosenasyl duschen, aß etwas, wusch seine Kleider und suchte sich in der Kleiderspendenbox etwas Neues zum Anziehen, ehe er sich wieder an die Straße stellte. Sein blödes Handy hatte während der ganzen Zeit geschwiegen. Dummerweise endete Stiles Erfolgskurs am Nachmittag nun auch noch abrupt, was seine Laune weiter verdunkelte. Bis zum Abend hielt kein einziger Wagen für Stiles und wenn doch, dann kam ihm einer der anderen Jungs zuvor. Es dämmerte bereits als sich endlich ein Kerl seiner erbarmte. Er war Ende fünfzig, untersetzt und hatte fiese, kleine Augen, die Stiles mit einem Blick musterten, dass es diesem eiskalt den Rücken herunterlief. Unter normalen Umständen würde er auf seine Instinkte gehört haben und wäre mit diesem Kerl nirgendwo hingegangen, doch er war irgendwie wütend und trotzig und darum ignorierte er das kleine Stimmchen, dass ihn warnte. Der Kerl war ein Geizkragen, der die Kosten für das Zimmer sparen wollte und Stiles deswegen aufforderte, ihm in eine Gasse zu folgen. Dort wollte er dann plötzlich über den Preis verhandeln: „Ich geb´ dir dreißig für´s Ficken. Ich bezweifle, dass du mehr wert bist!“ sagte der Freier verächtlich. Stiles schnaubte und verdrehte genervt die Augen: „Weißt du was Alter? Vergiss´ es? Das ist mir echt zu doof!“ erklärte er und wendete sich zum Gehen. Doch plötzlich wurde er roh von hinten gepackt und gegen eine Hauswand geschleudert: „Wag´ es nicht, einfach abzuhauen, du dreckige, kleine Nutte!“ brüllte der Kerl. Stiles war immer noch ein klein wenig benommen, da wurde er auch schon wieder gepackt und der Kerl bellte: „Ich muss dir auch überhaupt kein Geld geben, sondern kann mir ganz einfach nehmen, was ich will!“ Und da machte er auch schon Anstalten, seinen Worten Taten folgen zu lassen, indem er sich an Stiles Hosenknöpfen zu schaffen machte. `Scheiße, NEIN! Das würde er nicht zulassen!´, schoss es dem verängstigten Stiles durch den Kopf. Er holte mit dem Ellenbogen aus und dann hörte er, wie er damit dem Kerl hinter sich die Nase brach. Gut! „Fuck!“ brüllte der Freier versuchte, mit einem Ärmel die Blutung zu stoppen: „Na warte, du kleines Miststück! Dafür mache ich dich fertig!“ Er prügelte mit Fäusten auf Stiles ein, welchem es nicht immer gelang, allen Hieben auszuweichen. Schließlich ging der in die Knie. Sein Angreifer trat noch ein paar mal nach, ehe er sich umdrehte und wegrannte. Und als Stiles keuchend und stöhnend in der Gosse lag, klingelte plötzlich sein Handy. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)