Erinnerungen an ein Palastleben von C-T-Black ================================================================================ Kapitel 39: Licht und Schatten ------------------------------ Der verlassene Tempel, der als Unterschlupf für schwache und verletzte Yōkai diente und den Fuyu als ihre geheime Wirkungsstätte betrachtete, lag eine halbe Stunde zu Fuß nordöstlich von Heian-kyōs Stadtrand entfernt. Nicht weit vom Fluss entfernt lag die Anlage, versteckt vor menschlichen Augen, in einem dichten Mischwald. Die Yōkai die hier her kamen kannten den Ort vom Geflüster ihres gleichen. Und so mancher Mönch, der sich auf den Exorzismus des Bösen spezialisiert hatte, oder Yōkai-Jäger hatte diesen Ort bereits vergeblich gesucht. Auch Rin hätte den Standort dieser Anlage übersehen, wären ihre Kräfte nicht so ausgeprägt und Sesshōmaru nicht an ihrer Seite gewesen. Es fühlte sich an wie ein Lufthauch, in der drückenden Schwüle der dichten Bäume. Eine willkommene Briese, die angenehm über die Haut strich. Sesshōmaru blieb stehen, als er es spürte und sah tiefer in den Wald hinein. Rin folgte seinem Blick, konnte jedoch nichts erkennen. Dafür spürte sie die Barriere aber umso deutlicher. „Wir haben es gefunden!“ Rin konnte ihre Freude darüber nicht zurückhalten und sprang aufgeregt von einem Bein aufs andere. Als sie Sesshōmarus kritischen Blick bemerkte, blieb sie jedoch stehen um ihn besser ansehen zu können. „Was ist los?“, fragte sie besorgt. „Wir können immer noch nach Hause zurückkehren.“ Seine Worte überraschten Rin und dass er sie dabei nicht ansah, sagte ihr noch viel mehr. Ihre Hand glitt wie selbstverständlich in seine und ihre Finger verschränkten sich mit seinen. Sie schmiegte sich an seinen Arm und sah zuversichtlich zu ihm auf. „Das können wir jederzeit. Aber gibt dem Ganzen eine Chance. Das Treffen mit Michihito haben wir schon so lange geplant. Und es sind nur drei Tage, in denen wir umringt von Freunden sein werden. Es wird also nichts passieren.“, versicherte sie ihm. Langsam ließ Sesshōmaru seinen Blick vom Wald zu Rin gleiten. Er drückte ihre Hand, um sich zu vergewissern, dass sie wirklich da war, bevor er seine freie Hand an ihre Wange legte und seine Lippen auf ihre. Rin erwiderte den Kuss sofort, der sie atemlos zurück ließ. Sie würde alles tun, um Sesshōmaru Frieden zu bringen. In den letzten Monaten war er oft rastlos und angespannt. Immer wieder hatte er nachts nicht schlafen können und verschwand Stundenlang irgendwo hin. So dass Rin ihn nicht finden konnte. Manchmal ging er ihr auch Tagelang aus dem Weg, nur um dann panisch zu ihr zurückzukehren. Mit der Angst, dass ihr etwas passiert sein könnte. Sie hatte versucht mit ihm zu reden, doch was die Zeit ihrer Trennung anging, sprach er kein Wort mit ihr. Es war schwierig, doch Rin würde nicht aufgeben. Sie hatte beschlossen einfach da zu sein und wenn Sesshōmaru bereit war, dann würde er mit ihr sprechen. Dessen war sie sich sicher. „Diese schwache Barriere wird niemanden, der es wirklich will, daran hindern diese Anlage zu finden.“, stellte Sesshōmaru fest, als er sich widerstrebend von Rin löste. „Daran lässt sich sicher noch etwas ändern. Ich kann sie mir später noch ansehen. Aber jetzt sollten wir erst einmal Hallo sagen, bevor wir hier alles umändern.“ Sesshōmarus Schweigen zu diesem Thema zählte Rin als Zustimmung, weshalb sie ihn mit ihrer verschränkten Hand mit sich zog. Durch die Barriere hindurch und auf einen großen Platz, unterhalb der Tempelanlage. Wie zu erwarten war, verbarg die Barriere sowohl die Individuen in seinem Inneren, also auch die baulichen Gegebenheiten. Sie täuschte Passanten den perfekten, leeren Wald vor, obwohl sich vielleicht nur Zentimeter von ihnen entfernt ein Yōkai befinden konnte. Eine ähnliche Barriere hatten sie auch um ihren ehemaligen Winterpalast errichtet, doch ebenso wie diese hier, war ihre am Ende nicht stark genug gewesen. Dennoch konnte man die Barriere ohne Gewalt nur mit der Erlaubnis der Errichter betreten. In diesem Fall stellte ihre Eintrittskarte ein Brief dar, den Rin in einer Tasche ihres Kimonos trug. Versehen mit einem Siegel, welches von der Barriere erkannt wurde und ihnen erlaubt die Barriere zu durchschreiten. Der Platz hinter der Barriere war leer. Er war groß genug um vernünftig trainieren zu können und Rin konnte sich nur zu gut vorstellen, wie Kazuma hier die Yōkai für ihre Rettungsmission trainiert hatte. Aber er war auch groß genug, um Feste abhalten zu können. Eine Funktion, wofür er wohl ursprünglich einmal gedacht war und wohl noch hauptsächlich benutzt wurde. „Rin! Du bist endlich da!“ Kazumas Stimme ließ Rin auf sehen. Auf der gegenüberliegenden Seite des Platzes, am Kopf einer großen Treppe stand Kazuma und winkte aufgeregt. Als sich ihre Blicke trafen breitete sich automatisch ein breites Lächeln auf Rins Gesicht aus und sie winkte sofort zurück. „Kazuma!“, rief Rin fröhlich. Kazuma eilte die Treppen herunter und auch Rin machte einen Schritt auf ihn zu. Doch dann fiel ihr wieder ihre Hand ein, die immer noch Sesshōmarus hielt. Sie machte sich sorgen, ihn einfach hier zurück zu lassen, doch er löste seine Finger von ihren und nickte ihr leicht zu. „Geh ruhig. Es ist alles in Ordnung.“, erklärte er sich und als Rin immer noch zögerte, gab er ihr einen kleinen Schubs. „Ich vertraue diesen Brüdern von dir, dass sie auf dich aufpassen können.“ Sesshōmaru hatte immer noch nicht damit aufgehört, das Wort Brüder auszusprechen, als wären sie eine lästige Plage. Doch mittlerweile ließ dass Rin nur noch Lächeln. Insgemein war er etwas eifersüchtig auf ihre Brüder. Das wusste sie ganz genau und es war der Beweis, wie sehr Sesshōmaru an ihr hing, wenn er so etwas fühlte. So von ihrer Sorge befreit lief Rin Kazuma entgegen und sie fielen sich auf halber Strecke in die Arme. „Imōto-chan! Es ist sooo lange her.“, beklagte sich Kazuma und rieb seine Wange über ihr Haar. Für einen Moment fragte sich Rin, ob er vor lauter Freude weinte, doch dann drang eine weitere Stimme an ihr Ohr und sie konnte Kazuma nicht mehr fragen. „Kazuma! Willst du sie etwa erdrücken? Lass ihr doch bitte etwas Raum zum Atmen!“ Über Kazumas Schulter hinweg sah Rin, wie Benjiro auf die Treppe trat. Die Hände in die Seiten gestemmt wirkte er eher wie ein Bär, als ein graziler Wolf. „Damit du sie mir wegnehmen kannst? Ich kenne deine Tricks, Wolf! Lass mich also in Frieden damit. Meine kleine Schwester gebe ich nicht her.“, fauchte Kazuma zurück und versuchte Rin vor seinen Blicken zu verstecken. Bevor Rin komplett hinter Kazumas breiter Brust verschwand, sah sie noch, wie Benjiros Ader am Hals zu pulsieren begann. Das war kein gutes Zeichen und Rin versuchte die Wogen etwas zu glätten. „Onii-chan, ich werde nicht sofort wieder verschwinden. Und ich verspreche dir, dass ich dir alles erzählen werde, was seit unserem letzten Treffen passiert ist und ich dir nicht schon geschrieben habe. Aber dafür musst dich mich auch die anderen begrüßen lassen.“ Kazumas Griff um sie wurde nach ihren Worten jedoch nur noch fester. „Das ist so unfair. Warum müssen die anderen auch hier sein? Sonst interessiert es sie auch kaum, was hier vor sich geht. Aber wenn du zu Besuch kommst, springen sie plötzlich alle hier herum. Das ist einfach nur gemein. Gemein und ungerecht. Ich wollte dich ganz für mich allein haben!“, jammerte Kazuma wie ein kleines Kind, was Rin nur losprusten ließ vor Lachen. „Schluss jetzt mit dem Theater. Immerhin bist du kein Einzelkind!“ Benjiros Handkante traf mit voller Wucht auf Kazumas Schulter. Genau auf die Stelle, in der der Hals in die Schulter überging. Rin hatte nicht gesehen, wann er zu ihnen getreten war, doch seine Worte und seine Taten trafen Kazuma so hart, dass er in die Knie ging und seinen Griff um Rin lösen musste. Noch bevor Kazuma vollständig zu Boden gegangen war, hatte Benjiro Rins Handgelenk ergriffen und sie an seine Seite gezogen. Bevor er sie ganz in eine Umarmung zog, ließ er seinen Blick einmal prüfend über sie gleiten. „Es tut gut dich wieder hier zu haben, Imōto-san.“ „Es freut mich auch. Auch wenn du ruhig etwas behutsamer mit Kazuma umgehen könntest.“ „Ich weiß nicht was du meinst. Der Kleine hat es gar nicht anders verdient.“, entgegnete Benjiro trocken. Sie beide sahen hinab zu Kazuma, der sich mit einer Hand die getroffene Stelle rieb und dabei Benjiro mit seinen Blicken tötete. „Es ist doch immer das Gleiche mit euch: Kaum seht ihr unsere geliebte Schwester, vergesst ihr jegliche gute Erziehung. Es würde mich nicht wundern, wenn sie euch deswegen irgendwann nicht mehr sehen will.“ Beim Klang dieser Stimme sah Rin erneut auf und ein Lächeln breitete sich auf ihren Lippen aus. „Keiji!“ Es tat so gut ihn zu sehen. Mit einer gesunden Gesichtsfarbe und neuem Lebensmut in den Augen. Keiji war wieder auf dem richtigen Weg ein großartiger Hauptmann und ein Lebensbejahender Mensch zu werden. Auch wenn es noch dauern würde, aber Rin konnte spüren, dass es in die richtige Richtung ging. Sie löste sich von Benjiro und trat zu Keiji. „Nii-san…“ Jetzt war es Rin, die die Tränen nicht unterdrücken konnte. „Es ist so schön dich zu sehen.“, sagte sie und breitete die Arme aus. Mit einer schnellen Bewegung seiner Hand zog Keiji sie an sich und sie umarmten sich herzlich. Es tat so gut wieder bei ihren Brüdern zu sein. Ihr Herz fühlte sich gleich viel leichter an und sie konnte nicht aufhören zu Lächeln. Genau so wenig, wie sie jetzt noch die Tränen am überlaufen hindern konnte.     Ihre Begrüßung war lang und tränenreich. Auch als sie Fuyu und ihre Schwestern wieder sah. Sie alle waren gekommen um Rin willkommen zu heißen. Und der Trubel um ihre Person stieg noch einmal, als der Rest ihrer kleinen Reisegesellschaft eintraf. Inklusive ihres kleinen Sohnes Akatsuki. Rin war mit Sesshōmaru nur voraus gegangen, um einen Moment mit ihren Brüdern zu haben, doch jetzt wollten sie alle ihren Sohn sehen und halten und alles über ihn erfahren. Und so redeten sie bis spät in die Nacht über alles, was sie voneinander verpasst hatten. Bis sie sich schließlich alle zum Schlafen zurückzogen. Für die Zeit ihres Aufenthaltes würden Rin und ihre Familie hier im Tempel bleiben, denn sie hatte es niemandem zumuten wollen, in dem kleinen Haus ihrer Brüder zu wohnen. Außerdem war es Sesshōmaru lieber, etwas abseits der Menschen zu bleiben. Da Rin hier blieb, hatten sich auch ihre Brüder kurzentschlossen dafür entschieden hier zu bleiben. Es war also fast wieder wie in den Tagen, in denen sie mit ihren Brüdern durchs Land gezogen war. Alle waren sie vereint an einem Ort.     Der Mond kletterte gerade über den Horizont, als sich Sesshōmaru neben Rin auf die Engawa vor ihrem kleinen Zimmer setzte. Ihr Sohn schlief friedlich in ihren Armen und Rin genoss, eingepackt in einer warmen Decke, die kühle Nachtluft und die Stille. „In unserem Palast ist es nie so vollkommen still wie hier… Ich konnte Stille noch nie leiden, weil ich dann zu viel Zeit hatte um nachzudenken. Aber hier finde ich sie irgendwie tröstlich. Hier könnte ich sicher irgendwann vergessen, was alles geschehen ist.“ „Und deine Brüder wären nie weit weg.“ Seine Worte ließen Rin leise Lachen. „Es gibt absolut keinen Grund eifersüchtig zu sein. Du und unser Sohn werdet für mich immer an erster Stelle stehen. Aber du hast Recht. Es würde mich freuen, wenn ich meine Brüder öfter sehen könnte. Sie liegen mir wirklich sehr am Herzen.“ Einen langen Moment herrschte Schweigen zwischen ihnen, bevor Sesshōmaru einen Arm um Rin legte und sie an seine Brust zog. „Ich habe bereits über einen neuen Winterpalast nachgedacht… Du brauchst die Möglichkeit mit Deinesgleichen normal leben zu können. Ich kann dich nicht für immer über den Wolken einsperren-“ „Wag es nicht von unserem Sommerpalast als ein Gefängnis zu sprechen. Es gibt keinen Ort an dem ich jemals Glücklicher war. Der Palast über den Wolken ist mein geliebtes Heim. Unser Zuhause. Ich habe es nie als Gefängnis angesehen und werde damit auch nicht anfangen!“ Den Blick, den Sesshōmaru ihr auf ihre Worte hin zuwarf, konnte Rin nicht lesen. Doch sein folgendes, resigniertes Seufzen kannte sie nur zu gut. Sie hatte gewonnen und er würde einlenken. Etwas, dass er in den Jahren ihres Zusammenlebens gelernt hatte. „Wie dem auch sei. Wenn ich den richtigen Ort gefunden habe, will ich noch einmal einen Palast errichten. Stärker als der vorherige, damit du tun kannst, was eine normale Frau tun würde.“ Als wäre sie eine normale Frau! Fast hätte Rin das laut gesagt, doch sie war schon froh, dass Sesshōmaru seine Ängste so weit in den Griff bekommen hatte, dass er über die Möglichkeit eines neuen Palastes auf der Erde nachdachte. Da wollte sie ihn nicht zu sehr mit ihren Worten überfordern. Also antwortet sie nur: „Das klingt nach einer wundervollen Idee.“     Das Splittern von Holz riss Rin aus dem Schlaf. Verschlafen rieb sie sich die Augen und blinzelte mehrmals, bis sie klar sehen konnte. Das Licht des hoch stehenden Vollmonds ermöglichte es ihr auch ohne Lampe etwas zu sehen und so fiel ihr sofort auf, dass Sesshōmaru verschwunden war. Die Tür nach Draußen stand offen und sie konnte über ein Stück Rasen bis in den nahen Wald sehen. Einige Äste waren gebrochen und hingen in seltsamen Winkeln von den Stämmen der Bäume. Als hätte etwas ziemlich großes eine Schneise durch sie hindurch geschlagen. Rin ahnte sofort, was los war, stand auf und warf sich einen leichten Kimono über. „Lady Rin.“ Lautlos landete Jiyū neben Rin, als diese hinaus auf die Engawa trat. Sicher hatte Sesshōmarus Flucht sie geweckt und sie hatte ein Auge auf die Geschehnisse geworfen. Nur um sicher zu gehen, dass Rin nichts geschehen war. „Könntest du bitte auf Akatsuki aufpassen? Ich werde nach Sesshōmaru sehen.“, erklärte sich Rin. „Selbstverständlich.“, entgegnete Jiyū sofort und neigte respektvoll den Kopf. Manchmal wusste Rin nicht, was sie ohne Jiyū tun würde. Erleichtert darüber, dass sie auf ihren Sohn achten würde, macht sich Rin auf den Weg in den Wald. Es war nicht schwer Sesshōmarus Spur zu folgen. Die abgebrochenen Äste gaben seine Richtung nur zu deutlich preis. Bis sie nach einiger Zeit auf eine weitläufige Wiese stieß. Sie konnte Sesshōmaru nicht sehen, ging aber noch einige Meter weiter. Wenn er sich von hier aus zu weit weg bewegt hatte, würde sie ihn nicht mehr aufspüren können. Dann hätte sie ihn wieder verloren, so wie all die Male zuvor, wenn er mitten in der Nacht verschwand. Doch auch wenn sie ihn nicht sehen konnte, hatte sie das Gefühl, dass er nicht weit weg war. Weshalb sie sich auf einen nahen Stein setzte und ihren Blick über den Horizont gleiten ließ. Es war eine angenehm laue Herbstnacht und der Vollmond tauchte die Welt in schimmerndes Silber. Ein wunderschöner Anblick. Der noch schöner wurde, als der Mond auf Sesshōmarus silberweißes Fell fiel. „Es ist alles in Ordnung, Sesshōmaru. Niemand wird uns hier etwas tun.“, sagte Rin leise in die Nacht. Der Schweif seiner Yōkai-Form zuckte einmal, bevor sie seine große Schnauze an ihrem Arm spüren. Sie hob ihre Hand und streichelte über seinen großen Kopf. „Von hier aus kann man bis zum Horizont sehen. Keine Mauern und Grenzen, die einen Einsperren könnten. Keine Menschen, die böse Absichten verfolgen. Es ist einfach nur friedlich hier. Das finde ich sehr schön.“ Seine Gestalt veränderte sich unter ihrer Hand und dann saß er als Mann direkt hinter ihr und verschränkte die Finger seiner Hand mit ihren. „Manche Nacht kann ich geschlossene Räume nicht ertragen. Wenn die Wände immer näher kommen und du so still neben mir schläfst. So still als… Ich ertrage das einfach nicht… Sie- Sie hatten einen deiner Kimonos in diesem Kerker. Voller Blut. Im Rausch der Steine haben sie mir gesagt, dass sie dich gefangen und getötet hätten. Sie haben mir sehr deutlich beschrieben was sie vor deinem Tod mit dir getan hatten und mit meinen benebelten Sinnen, habe ich es nur zu deutlich vor mir gesehen. Ich habe es ihnen geglaubt und ich habe sie dafür gehasst. Doch ich konnte nichts tun…“ Rin wand sich zu Sesshōmaru um. Noch nie hatte er darüber gesprochen was seit dem Vorfall in ihm vorging. Was er erlebt hatte. Und die Qual in seiner Stimme schnürte ihr die Brust zu. Was sie Sesshōmaru angetan hatten war grausam und unmenschlich gewesen. Das er entkommen und trotzdem so normal sein konnte, war Rin immer wie ein Wunder vorgekommen und jetzt konnte sie erahnen wie sehr er für diese Normalität jeden Tag kämpfte. Wie sehr er sich täglich anstrenge, um vor Rin stark zu erscheinen. Damit sie sich nicht sorgte. Sie wussten genau, dass das sein Beweggrund war und hasste sich dafür, dass er es ihretwegen für Notwendig erachtete. Deshalb wollte sie ihm wenigsten so weit helfen, wie sie konnte. Sie hob seine Hand an ihren Hals und führte seine Finger an die Stelle, an der er ihren Puls spüren konnte. „Spürst du das? Mein Puls schlägt kräftig. Wenn du Angst hast, dass mir etwas passiert sein könnte, dann fühl ihn einfach. Das ist mein Leben, das durch meine Adern fließt. Solange du das spüren kannst, ist alles in Ordnung. Solange bin ich hier bei dir.“ Sesshōmarus Finger glitten vorsichtig ihren Puls entlang und verharrten dann an der Stelle unterhalb ihres Kieferknochens. „Und wenn du willst, können wir immer ein Fenster oder die Tür offen lassen. Dann kannst du sehen, dass dich nichts hält. Nichts auf dieser Welt könnte dich halten. Das hast du bereits bewiesen. Aber ich kann es dir gerne immer wieder sagen.“, fuhr Rin fort. „Ich weiß nicht, was ich getan hätte, hätten ihre Worte der Wahrheit entsprochen…“ Noch nie hatte Rin so viel Liebe und so viel Schmerz auf einmal gespürt. Und sie wusste sich nicht anders zu helfen, als Sesshōmaru an sich zu ziehen und einen Kuss auf seine Lippen zu hauchen. „Ich bin am Leben und du bist es auch, Sesshōmaru. Alles was dir diese verabscheuungswürdigen Menschen gesagt haben, waren Lügen. Das darfst du niemals vergessen. Du bist der Einzige, der mich besser kennt als ich mich selbst. Und du bist auch der Einzige, der weiß wie Stur ich wirklich sein kann. Also weißt du ganz genau, dass ich zu keiner Zeit einfach so den Platz an deiner Seite aufgeben würde. Weder Freiwillig noch unfreiwillig.“, erklärte sie an seinen Lippen. Eine Hand an seine Wange gelegt, sah sie Sesshōmaru tief in die Augen, während sie sprach und aus dem Funken Verzweiflung, wurde ein kleiner Funken der Hoffnung. „Ja, das weiß ich.“, bestätigte er ihr. „Sehr gut. Und solltest du das jemals vergessen, werde ich dich mit Freuden wieder daran erinnern, dass du der mächtigste Yōkai bist, den ich kenne und dass dich nichts aufhalten kann!“ Mit einem Lächeln hauchte sie Sesshōmaru einen weiteren Kuss auf die Lippen und diesmal schlang er seine Arme um ihre Taille und zog sie fest an sich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)