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Die Wiese

Die Wiese
 

Voller Erwartung ist der Blick auf die Wiese gerichtet, verführerisch weht sie im Wind, leise hört man ihn durch die Halme säuseln. Müdigkeit überfällt dich schlagartig, als sie sich biegen und einladen, komm, flüstert der Wind, komm und leg dich in die Sonne. Und man steht da und starrt auf die Wiese und wünscht sich nichts weiter, als sich hinzulegen, einzutauchen in die Welt, die einem die Wiese öffnet. Stille, man kann sie hören, sie ist da und wenn man ganz genau hinhört, dann hört man sie. Du vergisst, die Gedanken zerrinnen, versuch nicht, sie festzuhalten. Du machst den ersten Schritt und betrittst die Wiese, das Gras kitzelt deine Füße und du musst lächeln. Vergessen, lass mich vergessen, denkst du bei dir. Inmitten der Wiese steht er, ein mächtiger Baum, uralt und doch wunderschön, an ihn trittst du heran. Ja, du hast den rechten Platz gefunden, Sonne und Schatten vereint, an dieser Stelle, wunderbar. Du drehst dich einmal, die Arme weit von dir gestreckt, die Stille genießend, alles um dich herum ist so, wie es sein sollte. Alles um dich herum ist herrlich, du blickst an die Stelle, wo du sie gehalten hast, ihr zauberhaftes Gesicht kommt dir in den Sinn, in Gedanken küsst du sie noch einmal, wie damals, als sie dich noch verstand. Wieder säuselt das Gras, doch du bist zu tief in Gedanken, als dass du die Worte verstehen könntest. Zaghaft setzt du dich und lehnst dich an die Stelle, eure Stelle. Immer wieder saugst du, prüfend die Luft durch die Nase, in der Hoffnung, ihren Geruch noch einmal riechen zu können, doch er ist nicht da. Müde schließt du die Augen, der Tag war zu anstrengend und du wünschst dir, nie wieder einen so anstrengenden Tag zu erleben, doch du weißt, dass er wiederkommt, morgen oder übermorgen. Und du küsst sie erneut, zwar nur in Gedanken, doch es ist dieser eine wunderschöne Kuss, wahrscheinlich wirst du ihn nie vergessen können. Dann siehst du das Gesicht deines Vaters, er will dich aufmuntern. "Auch andere Mütter haben schöne Töchter.", sagte er, doch das ist dir egal, du willst nur sie. Als du die Augen öffnest, zischelt das Gras wieder, doch so sehr du dich anstrengst, du verstehst es nicht. Das Blau des Himmels ist wunderschön und als du hinaufblickst, wünschst du dir, darin zu versinken, einfach wegzufliegen, in das blaue, hinter den Horizont, dorthin, wo dir niemand folgen kann. Die Wolken würden mit dir ziehen und du würdest auf ihnen rasten, wenn du müde wärst. Nun lehnst du nicht mehr an dem Baum, du hast dich im Gras ausgebreitet, und wartest auf die Sterne, auch wenn sie noch Stunden von dir entfernt liegen, doch du wirst auf sie warten, und dann, wenn die Sterne da sind, dann wirst du sie bewundern und auch den Mond, besonders dann, wenn es ein Vollmond ist, der ist am allerschönsten. Eine Heuschrecke hüpft dir ins Gesicht und du versuchst sie zu erhaschen, doch erwischt nur deine Nase. Deine Hände riechen nach den süßen Plätzchen, die deine Mutter gebacken hat, und von denen es dir verboten war, zu essen, doch du hast es getan. Ja, sie wird dich wieder schimpfen, du hättest sie dir nicht nehmen dürfen. Doch du hast es getan, sie schmecken einfach zu gut. Eine Wolke über dir verformt sich und sie sieht jetzt aus wie ein Ring. Und dir fällt deine Schwester ein, sie würde jetzt bald ihren Freund heiraten, den großen, schwarzhaarigen, den du nicht leiden kannst, diesen groben und unhöflichen Kerl. Aber was willst du schon machen, es ist ihr Leben und nicht deines. Wie sagte Großvater immer? Du kannst nur dein Leben leben, nicht das von anderen, du kannst sie nur beraten und hoffen, dass sie es richtig machen. Aber was ist schon richtig, denkst du dir. In der heutigen Welt ist es schwer zu sagen, was richtig und was falsch ist. Du setzt dich auf, das Gras kitzelt zu sehr. Und ihr Gesicht taucht wieder vor dir auf, das lässt sich nicht vermeiden, dieser Platz ist voller Erinnerungen an sie. Niemals komme ich wieder hierher, denkst du dir, doch gleichzeitig weißt du, dass du morgen ohnehin wieder kommen wirst. Es sei denn, es regnet, dann würdest du nicht kommen, denn bei Regen ist es nicht schön hier. Aber Regen wäre recht nützlich, sonst verdorrt den Bauern die Ernte. Ich werde niemals ein Bauer, denkst du dir. Warum solltest du auch, du willst doch etwas anderes werden, etwas Wichtiges. Doch was kann man auf dem Land schon machen, geht es dir durch den Kopf. Vielleicht wirst du ein Vertreter, der in die Stadt fährt, um die Bauern zu vertreten, aber niemals würdest du ein Bauer werden. Du weißt den Grund nicht, warum du es nicht werden willst, wahrscheinlich hast du Angst, dass es zu anstrengend für dich ist. Ja, jetzt säuselt das Gras wieder und du verstehst es. Genieße dein Leben, hörst du es flüstern. Du lebst nur einmal. Langsam stehst du auf, du willst weg, bevor die Erinnerung an sie wieder kommt. Während du die Wiese langsam hinunter steigst, überlegst du, was du heute noch machen wirst. Vielleicht dem Vater bei der Arbeit helfen oder Großvaters Grab auf dem Friedhof besuchen. Ja, bei Großvater warst du schon lange nicht mehr, denkst du dir, während du fast über einen Stock im Gras stolperst. Großvater war ein netter Mensch, immer wenn du Bilder gezeichnet hast, hat er dich gelobt, während Vater immer verächtlich geschnaubt hat. Aber Großvater war ja auch nicht der Vater von deinem Vater, er ist ja der Vater von deiner Mutter gewesen. Und er sagte immer: "Mein Junge, du bist begabt, wie alle in der Familie deiner Mutter, das wird dir im Leben noch einmal nützen." Dann warst du immer glücklich und hast gestrahlt, aber immer nur so lange, bis der Vater gesagt hat: "Du bist ein Denker, kein Arbeiter. Und Denker braucht die heutige Welt nicht, die heutige Welt braucht Arbeiter."

Dann hast du oft geweint, denn du weißt ganz genau, dass du kein Arbeiter bist. Du bist am Rand der Wiese angekommen und betrittst den steinigen Feldweg. Zum Abschied küsst du sie noch einmal, streichelst über das Graß, bedankst dich und wendest dich zum Gehen. Und du weißt ganz genau, dass du wieder kommst.

Mechanik der Gefühle

Es ist interessant, sie mit meinem besten Freund zu sehen, offiziell haben sie ja nichts mehr miteinander, aber da lodert die Flamme noch so heftig, dass selbst ein Blinder geblendet wäre. Ich empfand einmal etwas für sie. Und dann lange nicht mehr. Und jetzt wieder. Wieso? Wieso ist das so? Schicksal? Vorherbestimmung? Es ist einfach nur traurig. Jedes Wort, dass sie mit ihm spricht, jedes Mal, wenn sie ihn berührt, wenn sie ihn umarmt, jedes Mal, wenn sie ihn anlächelt, dann kommt es mir, als würden mich duzende glühende Klingen zerschneiden, getrieben von der Gier auf mein, von Trauer getränktes Blut, welches sie begierig zu trinken wünschen. Und jedes Wort, das sie mit mir wechselt, entflammt ein Feuer der Begierde, nach Freundschaft, nach Kontakt, nach Berührung, all das, was er von ihr erhält, all das, was sie ihm gibt, aber mir nicht.

Und er würdigt es nicht. Er schwärmt von ihr, sagt mir, sie sei etwas besonderes, ohne zu wissen, was ich fühle. Ist wahrscheinlich meine Schuld, doch reden werde ich mit ihm nicht, nicht jetzt, vielleicht nie.

Ich weiß, dass es nicht funktionieren würde, dass wir zu verschieden sind, sie ist so anders als ich, etwas besonderes, und ich weiß, dass es nie klappen könnte. Doch mein Gefühl ist dagegen. Wie kann etwas, wo ich so etwas fühle, wie kann so etwas falsch sein? Wie kann das sein? Schicksal? Eine Strafe, die mir auferlegt wurde? Wenn ja, was habe ich verbrochen, so bestraft zu werden, ich würde es gerne wissen. Mein Verstand gegen mein Herz, ein Kampf, der einem Kampf zwischen Göttern gleichkommt, zwei unsterbliche Hünen, die sich bekriegen und keiner könnte je gewinnen, denn beide sind sie ja unsterblich.

In meinem Kopf sehe ich sie und mein Verstand, der erscheint vor mir und die Worte, die er spricht, sie sind klar und deutlich: Vergiss es, gib es auf, es würde nicht funktionieren.

Doch dann meldet sich mein Herz zu Wort und zerschmettert die Argumente, die mein Verstand so mühsam zusammengewälzt hat, mit einem einzigen Satz, den es nicht einmal ausspricht, sondern mir einfach nur ihr Bild in mein Gedächtnis ruft. Und dann, dann stehe ich da, so klug wie vorher. Was soll ich denn tun?

Weiter für sie schwärmen, sie ausführen, sie vergöttern und bewundern, eine Freundschaft aufbauen, eine Beziehung vielleicht, die dann von ihr zugrunde gerichtete wird, da es nicht funktioniert.

Oder soll ich sie aufgeben? Ja, das sollte ich, ganz klar sollte ich das, nur wie? Indem ich sie ignoriere, über ihre Schönheit hinwegsehe, ihre Eleganz ignorieren, alles an ihr übersehen, was ich an ihr doch so liebe? Wie soll das gehen? Soll ich mir etwa in Ekstase die Augen herausreißen, in der Hoffnung, sie dadurch nicht mehr sehen zu müssen, meine Nerven lahm legen, um ihre Berührung nicht mehr spüren zu müssen? Oder soll ich mein Herz ausschalten, in der Hoffnung, so auch das Gefühl an sie auszuschalten?

Ja, in unserer mechanischen Welt, da wünscht man sich einfach, auf einen Knopf drücken zu können, um alles auszuschalten. Das wäre nicht schlecht, die Menschen irren herum, als gefühllose Wesen, ohne zu fühlen, um nicht enttäuscht, um nicht gedemütigt zu werden, von der Liebe, der irgendwann doch die Enttäuschung folgt?



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Kommentare zu dieser Fanfic (2)

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Von:  sunshishi
2006-04-22T13:44:53+00:00 22.04.2006 15:44
Also, am Anfang war ich ein bisschen überwältigt von dem Umfang, aber ich hab`s ganz durchgelesen^^ Die Bilder, die du mit Worten schaffst sind sehr lebendig und erstaunlicherweise sind deine Gedanken meinen oft sehr nah. Ich hab zwar noch nie so etwas geschrieben, aber ich konnte mich gut hinenversetzen^^
Von:  sunshishi
2006-04-22T13:42:44+00:00 22.04.2006 15:42
Wow, du schreibst wunderschön^^ Die Worte haben mich tief berührt und ich musste fast weinen, weil ich deinen Schmerz förmlich spüren konnte...


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