Neon Genesis Evangelion - Die Nebenwelt von Wo_Anders ================================================================================ Kapitel 1: Die eigentliche Geschichte ------------------------------------- "Fiep, Fiep, Fiep" Der Wecker auf dem Schlafschrank sandte sein monotonen Weckruf durch das Zimmer, um den Jungen, der sich unter der Bettdecke eingemummelt hatte, zu wecken. "Rmm....." knurrte es aus dem Bett. Mühsam kämpfte sich ein Arm unter der Decke hervor und griff in Richtung des Schränkchens neben dem Bett, erreichte es jedoch nicht. Einige vergebliche Versuche später gab er es auf sank zu Boden, wobei eine Leitung die Finger streifte. Die Hand umschloss den Strang und mit einem wohldosierten Ruck zog sie den Stecker, der an der Leitung hin, aus der Steckdose, woraufhin sich das lästige Gefiepe verabschiedete und dem Kreischen der Möwen Platz machte. So hing der Arm noch ein, zwei Minuten über der Bettkante, ehe der zugehörige Körper sich aufmachte, die Decke vom Gesicht zu ziehen. Das Gesicht eines Jungen kam zum Vorschein, etwa 14-15 Jahre, mit schwarzen Haaren und dunklen, braunen Augen. Er hatte dünne Arme und war auch so von schmächtiger Statur, was ihn irgendwie feminin wirken ließ. Er drehte sich auf den Rücken und betrachtete kurz die Decke. Der Raum, in dem er lag war klein, wie es in japanischen Wohnungen üblich war, und durch eine Schiebetür vom Flur abgetrennt. Ein Schrank mit einem Wecker stand neben dem Bett, farblich passend zu einem anderen, Größeren, der daneben stand. Vor einem Fenster, neben der Balkontür, stand ein Schreibtisch mit Stuhl, beides mit allem möglichen Zeug zugestellt. Fenster und Tür waren mit einer Jalousie verhängt, die nur an den Seiten Licht ins Zimmer ließ. Sein Blick wanderte dorthin, als sich mit einem Mal die Jalousie öffnete und grelles Sonnenlicht den Raum durchflutete. Der schwarzhaarige Junge stöhnte kurz und richtet sich dann auf. Verschlafen stand er auf und ließ die Decke auf dem Bett zurück, da mittlerweile die Heizung angesprungen war. Seine Augen kniffen sich zusammen, damit er gegen den hellen Himmel das Meer sehen konnte. Es lag ruhig in der kühlen Herbstsonne und strömte sachte in Richtung der naheliegenden Bucht. Unbewusst schlussfolgerte er, dass jetzt gerade die Flut kam. Er schlüpfte in seine Sandalen und machte sich auf, in die Küche zu gehen, wobei er versuchte, sich den Schlaf aus den Augen zu reiben. "Morgen" entfuhr es seiner Kehle und der Duft von frischgekochtem Kaffee drang in sein Bewusstsein. "Morgen!" Seine Mutter begrüßte ihn fröhlich wie eh und je, von seinem Vater, der sich hinter seine Morgenlektüre zurückgezogen hatte, konnte er nur zustimmendes Murren hören. Die Küche war nicht gerade groß zu nennen, aber ausreichend für einen Vier-Personen-Haushalt. "Kommt heute nicht die neue Schülerin in eure Klasse, Shinji?" Zeit seines Lebens wusste Shinjis Mutter immer, wenn etwas neues in der Umgebung passiert, woran das lag, konnte er sich auch nicht erklären. "Ja, ich glaub schon." Er setzte sich im Unterzeug an den Frühstuckstisch und füllte sich etwas Reis auf. "Iß Achuka chon fetich mit icher Morgenwäche?" fragte Shinji zwischen zwei Happen. Yui drehte sich von den Onigiri, die sie gerade für das die Bento machte, um und warf ihrem Sohn einen wissenden Blick zu. "Du kennst sie doch....!" Ihre Antwort brachte es mal wieder auf den Punkt. Shinji wusste zwar nicht, wie das bei anderen Mädchen ist, aber Asuka brauchte immer eine Ewigkeit im Bad, und wenn er an der Reihe war, musste er sich immer beeilen damit er nicht zu spät kam. Und das, obwohl sie 'bloß' adoptiert worden wahr! Oder vielleicht gerade deshalb? Nun, welcher Junge weiß das schon! Allerdings hatte es auch seine guten Seiten, er konnte länger schlafen. "Shinji-chan, du kannst jetzt!" Asukas Tonfall widersprach ihrem Charakter total. Sie war... schwierig. Und jähzornig, aufbrausend, kompromisslos, dominant und gewaltbereit. Darum war der liebliche Klang, mit dem sie ihn gerufen hatte, das komplette Gegenteil ihrer Art. Ihre Haare waren noch offen, aber gekämmt, und hingen in ihrer roten Pracht bis zur Taille hinunter. Ihr Schlafanzug war aus einem Kunststoff der aussah wie Satin und bunte Sterne und Monde glitzerten auf dem beigen Material. Obwohl er weit geschnitten war, konnte man erkennen, dass sie keinen BH trug. Resigniert passierte er sie in der Tür zum Bad und würdigte sie bewusste keines Blickes. "Hey! Kriege ich etwa kein 'Guten Morgen, liebe Asuka, wie geht es dir denn? Kann ich irgendwas für dich tun?'" Sein Kopf drehte sich zur Seite, so dass er ihr direkt in die Augen schauen konnte, immer noch den resignierten Blick aufgesetzt. "Und was soll dieses Gesicht jetzt schon wieder? Keep Smiling!" Bei diesen Worten griff sie nach seinen Mundwinkeln und zog sie nach oben. "Wei du soiso gehaden bis wie imma!" antwortet er auf ihre Frage. Sie schaute ihn mit den hoch gezogenen Mundwinkeln kurz an und musste dann loslassen um sich schlussendlich den Bauch zu halten vor Lachen. Diese Gelegenheit nutzte Shinji und verkrümelte sich ins Bad, um seine Morgenwäsche zu erledigen. Das Bad war ziemlich klein und enthielt eine Dusche und Wanne, die beide gegenüber der Tür standen, und eine Toilette und Waschbecken, die sich leicht versetzt an den Seitenwänden gegenüber standen. Asuka klopfte kurz an die Badtür, ihrer verzehrten Stimme nach zu urteilen immer noch mit einem Grinsen auf dem Gesicht. "Shi.. Shi.. Shinji, egal was du machst, du bist immer zum Schießen!" Ihr 'Bruder' putzte sich gerade die Zähne, so dass er nicht antworten konnte. Sie schaute kurz auf ihre Armbanduhr. "Ach, Shin-chan," Kam es ihm nur so vor, oder wollte sie ihn wirklich ärgern, sei es nun durch die Nachsilbe oder die Anspielung, die eher ihr zu Gemüte stehen würde? Er hatte inzwischen fertig geputzt, so dass er antworten konnte. "Lass das Shin-chan, einfach Shinji reicht!" Wenn sich schon mal so eine Gelegenheit bietet, wer an Asukas Stelle hätte diese nicht ausgenutzt, um ihn aufzuziehen? Niemand! Und demgemäss... "Shin-CHAN, wenn du dich nicht beeilst, kommst du noch zu spät!" Das musste SIE ihm sagen.... "Und wenn du dich nicht beeilst, dann musst du im Schlafanzug zur Schule!" Diese Argument zog bei ihr, denn nach einer kurzen Selbstbetrachtung merkte sie, dass sie wirklich noch ihr Nachtzeug anhatte. Ihr entfuhr ein kleiner Schreckensschrei und sie rannte schnell in ihr Zimmer, um sich umzuziehen. Shinji konnte, als er das Bad verließ, nur noch sehen, wie die Tür zugeschoben wurde. Er trottete derweil in aller Ruhe in sein Zimmer und zog seine Schuluniform, bestehend aus schwarzer Hose und weißem Hemd unter einer schwarzen Jacke, an. Danach nahm er seine Schultasche und ging in die Küche, um sein Bento noch einzupacken. "Bis später!" Mit einem letzten Blick auf die Uhr wollte er gerade die Tür zumachen, als noch Asuka hinter ihm herstürmte, ihr Bento schnell in ihre Tasche stopfte und an ihm vorbei sprintete. Zuerst wunderte er sich, wieso sie es so eilig hatte, doch dann erst realisierte er die Uhrzeit. Kaum fünf Minuten bis Unterrichtsbeginn! Selbst wenn er sich beeilte, würde es knapp werden! Seine Mutter rief ihnen noch ein "Passt auf euch auf" hinterher, aber das war kaum noch an sein Ohr gedrungen, denn er rannte sofort los. "ASUKA!!!!!" Ihm war klar, wer das gewesen sein musste. Wieso war es ihm bloß nicht eher aufgefallen? Die Jalousien gingen doch immer erst beim Umziehen auf! "ASUKA! Was hast du gemacht?!" Unten aus dem Treppenhaus konnte er nur noch Lachen und dann das Knallen der Haustür hören. Also machte er sich auf, um nicht zu spät zu kommen und seine Adoptivschwester wenn möglich noch vor der Schule zur Rechenschaft zu stellen. Jetzt konzentrierte er sich aber erst einmal darauf, schnell zu rennen. Erst um diese Ecke, dann um jene.... "Ich much mich beeil, ich much ich beeil, ich much mich beeil, verda't! Ich komme noch schuu spät!" Das Mädchen keuchte diese Phrase immer wieder wie ein Mantra beim Laufen vor sich her, um sich zum Weiterlaufen anzustacheln. Dass das Toast in ihrem Mund dabei hinderlich war, bemerkte sie gar nicht; es wippte im Takt ihres Laufschrittes mit und sie musste mehrmals aufpassen, dass sie sich nicht verschluckte beim Rennen. Mitten im Lauf holte sie ein neues aus der Tasche und steckte es sich in den Mund, den Mantra dabei immer noch auf den Lippen. Ihre blauen Haare flatterten im Wind und ihre blau-weiße Schuluniform blieb mehrmals fast an der inzwischen kahlen Hecke hängen, die den Bürgersteig zur Häuserreihe an ihrer Rechten abgrenzte. Sie dachte, sich daran zu erinnern, dass sie bei der Ecke dort vorne links rum musste. Also würde sie den Zebrastreifen über die Straße nehmen, es kam ja schließlich kein Auto. Dummerweise konnte sie über ihr Keuchen nicht das eines anderen hören und so kam es, wie es kommen musste.... "AAAAAAAAAAAAAAAAAAHHHHH!!!!" Erscholl es wie aus einem Munde und Shinji und das Mädchen mit dem Toast waren ineinandergerannt. "Auaaa.." Sie hielt sich den Kopf und Shinji die Nase, welcher ein genäselten "Autsch.." entfuhr. Er schaute nach, in was er da hinein gerannt war und wurde erst mal Rot, denn er konnte das Höschen seines 'Hindernisses' sehen. Schnell bemerkte sie es und ihr entfuhr ein erschrockenes, kurz angebundenes Kreischen. Shinji winkte sofort mit den Händen ab und beteuerte, er habe nichts gesehen. "Wer's glaubt...." Ein Blick, der selbst einen Wachhund eingeschüchtert hätte, stach aus ihren Augen, bis ihr der Grund für ihre Eile wieder einfiel und sie sich ihre Tasche mit Toast schnappte. Anschließend sprang sie auf und rannte sofort wieder los. Shinji konnte noch hören, wie sie kurz fluchte und dann ihren Mantra wieder fortsetzte. Schließlich fiel es auch ihm wie Schuppen von den Augen und er krallte sich seine Tasche, um in die gleiche Richtung wie das Mädchen zu sprinten.... Gerade noch geschafft! Shinji hatte sich kaum auf seinen Platz gesetzt, als es zur ersten Stunde klingelte. Keuchend ließ er seinen Kopf auf das Pult sinken und versuchte, seinen Atem zu beruhigen. Ein gehässiges Kichern ließ ihn seinen Kopf zur Seite wenden, wo Asuka saß. Sie schien zwar auch außer Atem zu sein, aber bei weitem nicht so wie er, und sie hatte auch schon ihre Sachen ausgepackt gehabt. "Duu, Duuuu, ...." Seine Stimme vibrierte vor Verachtung seitens ihrer Niederträchtigkeit, doch dann stöhnte er nur kurz auf und setzte sich ordentlich hin, als sich die Tür zum Klassenzimmer öffnete. Katsuragi-sensei betrat den Raum, was schlagartig zu Ruhe im Klassenzimmer führte. Katsuragi Misato war die Klassenlehrerin in Shinjis Klasse und unter den Jungs, gelinde gesagt, beliebt, denn sie war jung, sexy und hatte eine recht unorthodoxe Weise sich zu kleiden, oder zusammengefasst, sie war eine 1a-Schnecke, mal abgesehn von ihrem Alter. Wenn ihr langes, glattes Haar über die Schultern fiel und sie sich über den Lehrertisch beugte, dann konnte man den männlichen Teil beinahe sabbern hören, denn zu sehen war's problemlos. "Guten Morgen alle beisammen!" Die Klasse antwortete sporadisch mit einem simplen "Morgen", wie sie es sonst immer tat. Doch dieses Mal setzte die Lehrerin ein betrübtes Gesicht auf. "Hey, was soll der Schwermut, habt ihr etwa vergessen, heute kommt eine neue Schülerin in unsere Klasse! Ihr solltet sie ein weniger melancholisch und ein bisschen mehr enthusiastisch begrüßen!" Wieder kamen sporadische Bestätigungen der Aufforderung ihrer Klassenleiterin, dafür erhob sich aber ein allgemeines Gemurmel, was es nun mit der neuen Schülerin auf sich habe. Katsuragi-sensei schien das Gemurmel nicht so recht zu gefallen, also ging sie zur Klassentür, öffnete sie und sprach mit jemandem draußen auf dem Flur. Herein kam ein junges Mädchen, so in etwa 14 bis 15, also im Durchschnittsalter der Klasse. Dort löste sie verhaltene Begeisterungsstürme aus, als die Jungs ihre Stimme hörten, Shinji jedoch fiel aus allen Wolken. Dieses Mädchen das da vorne stand und sich gerade vorstellte war dasselbe, in das er heute in aller Eile reingerannt war! Sie machte sich unterdessen als Ayanami Rei bekannt und Katsuragi-sensei bat sie, sich einen Platz zu suchen. Als ihr Blick durch den Raum streifte, taxierte sie auch sofort Shinji, den sie nach kurzem Zögern wiedererkannte. "Aaah! Der Perverse von heute morgen!" Die Lehrerin wusste vor Schreck gar nicht zu reagieren und warf einen verwirrten und erschrockenen Blick zu Shinji. Dieser stand auf und wedelte mit den Armen als Geste der Ablehnung. "Eeeeh? Ich bin nicht pervers! Ich habe dein Höschen gar nicht gesehen!" Rei wurde auf Anhieb rot, was Asuka auf den Plan rief. "Shinji! Was hast du jetzt schon wieder gemacht?" Die Neue unterbrach sie, bevor sie noch weiteres sagen konnte. "Also hast du es doch gesehen! Und dann auch noch meine Tasche!" Mit diesen Worten schleuderte sie ihre Tasche in seine Richtung und die Wucht ließ ihn zurückstolpern. "Natürlich habe ich deine Tasche gesehen! Aber was soll ich jetzt damit?!" Sie ballte die Fäuste. "Du sollst mir natürlich meine Tasche zurückgeben!" Verwirrt wusste Shinji nicht was er tun sollte und blickte verzweifelt zu seiner Klassenleiterin. "Sensei! Helfen sie mir! Bitte?!" Diese hatte sich unterdessen ihren Stuhl genommen und sich ans Fenster gesetzt. Mit verschränkten Armen und einem verschmitzten Lächeln antwortete sie: "Hm, wieso denn? Ich würde genauso gerne wie die Klasse wissen, was hier gerade passiert bzw. passiert ist." Bei diesen Worten nickte die ganze Klasse und spaltete sich schon in Gruppen auf, die Shinji umlungerten und fragten, welche Farbe Reis Höschen hatte (männlich) oder ihn bedrängten, die Tasche wieder zurückzugeben (weiblich). Andere scharten sich um Rei, um mehr über sie zu wissen (männlich) oder in diesem Streit für sie Partei zu ergreifen (weiblich). Shinji, der gar nicht wusste, was denn nun passiert sein solle, schaute auf die Tasche, die in seinen Armen lag, öffnete sie und bemerkte, es war seine! Aber dann musste die, die er neben sich stehen hatte ja.... Ihm ging ein Licht auf, dass es nun auf Leuchtkraft zu prüfen galt. Er bückte sich, antwortete dabei auf alle Fragen mit "Weiß ich nicht," und schaute in 'seine' Tasche. Dort blickte ihn zwei knuffige Plüschgefährten an, die irgendwie nach Mecha aussahen. Schon bei diesem Anblick wurde ihm klar, das es nicht seine Tasche sein konnte, aber sein Blick wanderte tiefer in die Tasche, sei es nun einfach ohne nachzudenken oder aus Neugier, wo er einen Zettel mit Herzchen und Skizzen drauf sah. Leicht verwirrt schlug er die Tasche zu und drängte sich durch seine Mitschüler(-innen) zu Rei. "Hier, wir müssen wohl aus Versehen unsere Taschen bei den Zwischenfall heute morgen vertauscht haben." In Begleitung dieser Worte langte er mit der Tasche in seiner Hand durch die Meute und reichte sie seiner neuen Mitschülerin. Diese wurde rot und stammelte nur ein "Äh, umm, danke....," ehe sich Katsuragi-sensei sich aufmachte, um wieder Ruhe zu schaffen. "Okay, okay, der Spaß ist vorbei! Alle bitte wieder auf ihre Plätze! Und seid dabei ruhig!" Nachdem sich alle wieder gesetzt hatten, bot sie Rei an, sich hinter Shinji zu setzen, was sie an sich wohl vermieden hätte. Da dies jedoch der einzige freie Platz im Klassenraum war, blieb ihr nichts anderes übrig als zu nicken und sich unter dem Gemurmel ihrer neuen Mitschüler hinzusetzen. Danach packte sie ihre Sachen aus und schaute starr zum Lehrerpult. Asuka beugte sich zu Shinji rüber und drängte ihn: "Zu Hause erzählst du mir alles, klar?" Und da war er wieder, dieser warme Tonfall, hinter dem das Grauen lag. Er seufzte nur noch einmal und konzentrierte sich dann auf den Unterricht. Nachdem diese Unterrichtsstunde durchstanden war und es zur Pause klingelte, stürmten fast alle Schüler(-innen) hinüber zu Rei und rannten Shinji dabei fast über den Haufen. Hikari versuchte noch, sich als Klassensprecherin etwas Gehör zu verschaffen, aber alle waren darauf versessen soviel wie möglich über und von der Neuen zu erfahren. "Woher kommst du? Warum bist du hier? Wie gefällt es dir in Neo-Tokio 3?" Mit lauter Fragen solcher Art wurde sie bestürmt, gab jedoch nur spärlich Antwort. Sie erwiderte einfach immer wieder: "Das werdet ihr noch erfahren, immer mit der Ruhe!" Und so war es denn auch. Wie sich im Laufe des Tages herausstellte, mochte sie den Andrang einfach nicht, aber antwortete stattdessen wenn man nur zu dritt oder viert war ohne sich zu zieren. Also fiel es Asuka und Shinji zu, sie über ihre Vergangenheit auszuquetschen und diese dann den Mitschülern mitzuteilen. Hikari hielt sich während dessen immer die Ohren zu, da sie solch eine Vorgehensweise weder tolerieren noch verbieten konnte, weswegen sie auf Durchzug schaltete. Ihre Meinung war, wenn sich ihre Mitschüler schon nicht anständig verhielten, so wollte sie doch wenigstens ihr Gewissen mit Unwissen beruhigen. Stück für Stück, Schulstunde um Schulstunde verging der Tag und es näherte sich die letzten paar Minuten Unterricht. Schlussendlich läutete die Schulglocke und verkündete den Unterrichtsschluss. Normalerweise wären jetzt die Klubaktivitäten an der Tagesordnung gewesen, aber in dieser Woche wollten sich die Clubs vorstellen, besser gesagt sollte dies am morgigen Sonnabend geschehen und die meisten Clubleiter hatten ihren Kameraden frei gegeben, um sich auf den kommenden Tag vorzubereiten und sich noch etwas Ruhe zu gönnen, ehe die Hektik losginge. Dementsprechend gelöst war auch die Stimmung der Schüler, nur die, die normalerweise auch keiner AG angehörten, verhielten sich normal. Da sein Klassenzimmer im dritten Stock lag, musste Shinji um in seine Straßenschuhe zu wechseln erst mal nach unten gehen, um zu den Schuhschränken zu gelangen. Eigentlich waren die Schuhschränke an seiner Seite unbenutzt, umso mehr überraschte es ihn, als er dort ein Mädchen herumwerkeln sah. Er beschleunigte seinen Schritt und schlängelte sich durch die ganzen anderen Schüler, die teilweise in seine, teilweise in die entgegengesetzte Richtung stürmten, entschuldigte sich bei den Sempai, die er anrempelte und wurde entschuldigt, als er ein paar mal von Kompai tangiert wurde. Erst ein paar Meter vor seinem Schränkchen erkannte er, dass es Rei war, die sich dort an der Metalltür zu schaffen machte. "A..Ayanami-kun?" Leicht aufgeschreckt, dass sie so unvermittelt angeredete wurde, schaute sie ihn an, die Hand immer noch an dem Türschloss. "Äh.. Ich bekomme die Tür nicht auf.. Könntest du..?" Sie weiste mit ihrer Hand auf den Schrank neben seinem. Er grinste nur, schob seinen Fuss unter die Tür, hob sie leicht hoch und zog dann an ihr. Sie öffnete sich mit einem leichten Ruck und schwang ein bisschen hin und her. "Hier, bitte sehr." Rei lächelte ihn an und bedankte sich um danach in ihre Straßenschuhe zu schlüpfen. Anschließend griff sie nach ihrer Tasche und ging los in Richtung der Tür. Shinji hatte sich unterdessen ebenfalls Straßenschuhe angezogen und seine Tasche gekrallt, um sich in Richtung Ausgang aufzumachen. Er konnte Rei noch sehen, ihre blaue Haarfarbe war ja auch recht auffällig in dem Schwarz-Braun japanischer Haare. Das er sie vorhin nicht an ihren Haaren erkannt hatte, wunderte ihn zwar im Nachhinein, aber er tat es mit einem unbewussten Handwink beiseite und holte Rei schnellen Schrittes ein, ging jedoch ein paar Meter hinter ihr. Als er ihr nach mehreren Straßen immer noch folgte, wurde Rei langsam stutzig, drehte sich um und fragte: "Sag mal du Perverser, wieso folgst du mir eigentlich? Was hast du im Sinn, hä?" Als spontane Reaktion klappte ihm erst mal die Kinnlade runter und machte große Augen, allerdings fasste er sich kurz danach wieder. Mit einem Kopfschütteln über den Schreck der Anschuldigung antwortete er: "Hey, ich bin nicht pervers! Es war wirklich ein Unfall! Außerde-" Ayanami unterbrach ihn heftig. "Also gibst du es zu! Du hast es gesehen!" Shinji merkte, dass er so langsam in eine Zwickmühle geriet und fing an zu stottern. "Eh.. Ah.." Er gab es auf und zu. "Okay, vielleicht ein bisschen. Aber nur ein winzig kleines Bisschen! Ehrlich!" Sie warf ihm einen misstrauischen Blick zu, der langsam in Ekel und Arroganz überging. 'Ehe sie noch etwa dieser Art loslassen wolle', sagte sich Shinji, 'werde ich lieber das Thema wechseln.' "Äh, außerdem verfolge ich dich nicht, ich gehe nach Hause! Ich kann ja auch nichts dafür, dass wir bis jetzt den gleichen Heimweg haben." Er wollte noch ein 'Tut mir leid' hinterherschicken, wurde jedoch von einem Plagegeist unterbrochen. "Ach hier bist du, Shinji! Und ich habe mich schon gefragt, wo du dich nun schon wieder hinverkrochen hattest, dabei bist du schlimmer Finger hier und versuchst, Rei-chan zu verführen! Tsk, tsk, tsk.... " Wie vor den Kopf geschlagen taumelte Shinji ein paar Schritte zurück, eher er sich zu eine Antwort aufrappeln konnte. "Eehh?! Was erzählst du da? Wie haben nur rein zufällig den gleichen Weg!" Doch Asuka hörte ihm gar nicht mehr zu, sondern hatte Rei schon einen Arm um die Schulter gelegt und flüsterte ihr die schlimmsten Dinge ins Ohr. Doch trotz ihrer gedrückten Lautstärke wehte der Wind ein paar Worte zu ihm rüber, jedoch meist tadelhafter Natur. So konnte er beispielsweise Worte wie "Verführer", "Berüchtigt" und "Ruf" vernehmen, wobei sie immer wieder zu Shinji blickte, um ihn als Opfer ihrer Anschuldigungen auch wirklich festzunageln. Unfähig, etwas an seiner Lage zu ändern ließ er demonstrativ den Kopf hängen, ging an den beiden vorbei, wobei er Asuka am Kragen packte und schlenderte in Richtung Heim. Asuka schrie natürlich Zeter und Mordio, aber Shinji sagte einfach stur "Ja, mach das. Ja sicher. Ja, geht klar." Nichts desto Trotz folgte seine Adoptivschwester ihm und tobte um ihn herum. Rei blieb derweil völlig verblüfft dort stehen, wo Asuka sie beschworen hatte und wusste nicht so recht, was zu tun sei. Nach ein paar Minuten stand sie vor ihrem Haus, oder besser vor dem Wohnblock, in dem sie wohl einige Zeit verbringen würde. Daheim in Neo-Tokio 2 sah es irgendwie genauso aus wie hier in 3, bemerkte sie verwundert. Sie erklärte es sich damit, dass die Architekten oder sogar die ganzen Pläne die gleichen sein mussten, was ja auch eine einleuchtende Entscheidung wäre, man würde nicht wenig Geld dabei sparen. Mit der ID-Karte, die man ihr gereicht hatte, öffnete sie die Eingangstür und arbeitete sich danach Pö a Pö nach oben zu ihrer Wohnung durch. Dort angekommen ließ sie die Karte abermals in den dafür vorgesehenen Schlitz gleiten und das Schloss öffnete sich wie von Geisterhand. Zufrieden betrat sie IHRE Wohnung, wurde allerdings dann auch sofort von der herrschenden Atmosphäre erschlagen. Es wirkte so kalt und leblos wie eine Betonwüste, das einzige Anzeichen von Leben bildeten die paar Umzugskartons, die im Flur standen. Sie seufzte kurz und ging dann in ihr Schlafzimmer, das einen Balkon mit Meeresblick hatte. Dort standen bereits ein, zwei Schränke, aber ansonsten war es ziemlich leer und klein. Ihr entfuhr abermals ein Seufzer und sie öffnete die Jalousie. Sofort schien die Nachmittagssonne in das Zimmer und beleuchtete die Wand über ihrem Bett. Man konnte sehen, wie der Staub durch die Luft kreiste, langsam fiel und dann angetrieben durch das Sonnenlicht wieder aufstieg. Rei betrachtete ein paar Minuten dieses Schauspiel und öffnete danach die Balkontür, damit frische Luft ins Zimmer und auch die ganze Wohnung käme. Eine leichte, aber kalte Meeresbrise schlug ihr entgegen, man konnte das Salz förmlich schmecken. Ihr wurde wieder bewusst, dass ihre neue Heimatstadt am Meer lag und sie von ihrem Zimmer aus in ein paar Kilometern Entfernung das Meer selber sehen konnte. Oder besser die Bucht NT3, ein besserer Name war denen damals noch nicht eingefallen, hatte der Second Impact doch auf der ganzen Welt für verheerende Überschwemmungen und andere Naturkatastrophen gesorgt. Heute, 15 Jahre danach, hatte sich die Menschheit aufgerafft und diese Prüfung überstanden. 5 Jahre Volksunruhen auf der ganzen Welt hatten bei allen Narben hinterlassen, außer bei denen, die den Impact nicht erlebt haben, wie Reis Jahrgang. Über drei Milliarden Menschen starben am Second Impact und dessen Folgen, doch eine halbe Generation an schweißtreibender Aufbauarbeit hatte nicht nur die Welt, sondern auch die Menschheit verändert. Wo früher die Menschen sich als Herren der Welt sahen, sehen sie sich nun als Bewohner und nicht Zweck der Erde. Es mag dereinst eine Zeit kommen, in der der Mensch dieses Bewusstsein verlieren wird, doch das Anliegen dieser Generation, die jetzt lebt und lernt, wird es sein, dies zu Verhindern und das Andenken jener zu wahren, die ihr Leben für diese neue Welt gaben. Nachdem Shinji und Asuka nach Hause gegangen waren, verlief der Tag an sich recht ruhig. Shinji ging wie er es sich in den Ferien angewöhnt hatte auf den Balkon um die Nachmittagssonne zu genießen. Er lehnte sich an die Brüstung, legte seinen Kopf schräg und schloss die Augen. Eine kühle Brise wehte immer wieder durch seine Haare, dennoch stand er bestimmt 10 Minuten, eher er Geräusche von nebenan hörte. Verwundert öffnete er seine Augen, denn eigentlich wohnte in der Wohnung neben seinem Zimmer niemand und umso überraschter war er, als er dort Rei erblickte, die ihre Nase gerade in den Wind steckte und die Seeluft genoss. Sie schien ihn nicht zu bemerken, also machte er auch nicht auf sich aufmerksam und betrachtete sie, gespannt was sie tun würde. Interessanterweise schien sie nichts Großartiges zu machen, sondern stand einfach auf dem Balkon, hielt ihre Nase in die Luft und genoss sie ebenso wie warmen Sonnenstrahlen. Sollte er etwa auf sich aufmerksam machen? Nee, lieber nicht, vielleicht denkt sie ja über etwas nach.... Als sie nach 5 Minuten immer noch so dastand, entschied sich Shinji dazu, doch etwas zu sagen. "Bist du meine neue Nachbarin?" Erschrocken fuhr Rei zusammen und schaute sich um, wer denn da geredet hatte. Verblüfft stellte sie fest, wer es war. Sie zeigte mit dem Finger auf ihn und rief: "Aah! Der Perverse!" Als sie dann Shinjis überraschtes und zugleich wütendes Gesicht sah, fing sie an zu lachen. "Ha ha ha, das ist lustig, das ist lustig!" Ein bisschen veralbert kam er sich schon vor, er fragt sie ganz höflich etwas und sie beleidigt ihn und lacht ihn aus. Irgendwo konnte das einen schon herunterziehen.... Zynisch kommentierte es das Geschehen, indem er anfing, mit sich selbst zu reden. "Ja, hallo Ikari-kun, schön dich zu sehen! Sind wir etwa Balkonnachbarn? Das ist ja ein komischer Zufall!" Er wechselte von der hohen Stimmlage wieder in seine normale und sprach: "Oh, also das ist wirklich kurios. Was es doch für Zufälle gibt! Und, wie gefällt s dir in Neo Tokio 3?" Diesmal erhöhte er seine Stimme nicht nur um eine Oktave, nein, er wechselte sogar den Platz, an dem er stand und stellte sich an die Wand, die zu Reis Balkon hin grenzte. "Ach, weißt du, ich bin gerade neu hier und ehe ich etwas dazu sage, will ich mich erst mal umschauen." Ruckartig sprang er an die Stelle, wo sein imaginäres Ich stand. "Hm, Ayanami, da kommt mir eine Idee! Wie wäre es, wenn ich dich ein bisschen herumführe? Na, wäre das was oder nicht?" Er machte sich gerade daran, den nächsten Akt seines inzwischen in die Selbstironie gewechselten Stückes vorzutragen, als Rei ihm dazwischen funkte. "Hm, wenn du schon so 'lieb' fragst, warum nicht?" Sein Gesicht, das nun folgte, ließ sie wieder lachen. Der nächste Tag verlief fast im selben Trott wie der bisherige, nur irgendwie entspannter. Es gab drei, vier Stunden Unterricht und bis zur Mittagspause wurde die Zeit den Klubs eingeräumt, die letzten Vorbereitungen für das Werben neuer Mitglieder unter den neuen Mitschülern zu treffen. Auch Shinji machte sich nach dem Unterricht auf den Weg zum Raum seiner Astronomie-AG. "Hoi! Ist noch irgend etwas zu erledigen, was wir nicht schon gemacht haben?" Shinji konnte und wollte sich einfach nicht daran gewöhnen, dass Horaki die Präsidentin des Klubs war. Sicher, sie dirigierte sie einfach perfekt herum, aber was sie hierher geführt hatte, war ihm völlig schleierhaft. "Nein, nichts großartiges. Wir müssen nur noch die Sternendecke dort oben anbringen, die Fenster verdunkeln und das Mobiliar arrangieren, das wäre dann aber auch alles." Sie taten wie ihnen geheißen und innerhalb einer Stunde waren sie fertig, so dass ihnen noch eine halbe Stunde bis zur Mittagspause blieb. Wie er es gewohnt war, machte sich Shinji auf, um das Bento seiner Mutter auf dem Schulhof zu verzehren und dabei das Wetter zu genießen, selbst wenn es langsam kälter wurde. Also ging er den hellgrau gestrichenen Flur entlang in Richtung Hintertür. Draußen angekommen trabte er noch ein paar Meter weiter und setzte sich hinter dem Schulgebäude hin. Das Gute an dieser Wiese war, sie lag leicht erhöht zum Schulpool, so dass man ohne Problem den Klassen bei Schwimmunterricht zuschauen konnte, wenn man das Verlangen danach hatte. Zu dieser Jahreszeit dampfte der Schulpool meist, da es draußen mittlerweile schon ziemlich kalt war, doch bisher hatte man immer genug Strom durch Sonnenkollektoren gewinnen können, als dass der Schwimmunterricht doch noch statt finden konnte. Da es aber Sonnabend und Klubvorstellung war, fand heute kein Schwimmunterricht statt, sondern stattdessen die Vorbereitungen des Schwimmklubs, schließlich wollte man die Tradition fortführen und weiterhin die bewiesenermaßen schwimmstärkste Schule der Präfektur sein! Und ein Glücksgriff hatten sie mit Asuka gemacht, die wirklich eine bewundernswerte Sprinterin war. Ob sie heute wieder beinahe von Briefen erschlagen worden war, die in ihren Spint gesteckt wurden? Wahrscheinlich, denn sie war ziemlich beliebt bei den Jungs, und nicht nur bei denen ihres Semesters. Bei dem Gedanken ließ Shinji sich nach hinten fallen und musste lächeln. Doch dank seiner schon länger geschlossenen Augen hatte er gar nicht bemerkt, dass sich jemand hinter ihn gesetzt hatte und deswegen fuhr er auch erschrocken rum, als sein Kopf nicht auf dem weichen Boden, sondern auf Slippern landete. Den einen Taiyaki noch halb im Mund verschluckte er sich erst mal, ehe er etwas zu der unerwarteten Gesellschaft sagen konnte; es war Rei. Doch sie fing ohnehin ein Gespräch an, so dass er sich darauf konzentrieren konnte, nicht zu ersticken. "Also irgendetwas kann wirklich nicht stimmen, dass wir uns ständig über den Weg laufen...." Als Shinji auch noch Tränen in die Augen traten und er anfing zu erblassen, wurde es Rei langsam unheimlich. Sie war davon ausgegangen, der er sie ein bisschen necken wolle, doch langsam wurde er ihr unheimelig. "Lass den Mist, das ist nicht witzig..," schalte sie ihn besorgt. Als seine Gesichtfarbe jedoch ein ungesundes Blau-Lila annahm und er verzweifelt auf seinen Rücken deutete und keuchte, da rutschte sie schnell von ihren Händen auf denen sie saß ein Stück nach unten und drückte ihn mehrmals ruckartig an sich, bis er das Teig-Stückchen hervorgewürgt und ausgespuckt hatte. Er holte tief Luft, als wolle er die ganze Welt auf ein Mal einatmen, beruhigte sich dann jedoch langsam. Beide blieben noch ein paar Sekunden so sitzen, ehe sie ihre 'Positionen', er praktisch in ihrem Schoß, realisierten und sofort verlegen auseinander gingen. "Ähh.. Äh.. Danke," stammelte Shinji verlegen, um sich dann noch mal energischer und mit vielfacher Verbeugung, nachdem er aufgestanden war, zu bedanken. "Danke, hab vielen, vielen Dank!" Sich seiner Schuld bei ihr bewusst wurde ihm etwas unwohl, denn er wusste nichts, was diese Hilfe ihrerseits wieder gutmachen könnte, doch dann viel es ihm ein. "Hm, Ayanami? Du batest mich doch, dass ich dich durch Neo Tokio 3 führe, nicht wahr?" Sie lächelte kurz und erwiderte "Wie man's nimmt, ich habe einfach die Gelegenheit ergriffen.^^;" Leicht aus dem Konzept gebracht fuhr er trotzdem fort. "Also kann ich dir meinen Dank erweisen, indem ich nun dieses Angebot aufgreife und verwirkliche?" Sie überlegte kurz und nickte dann auf ihre mütterliche Art. "Lass uns das weitere heute Abend besprechen, okay?" Zuerst wusste er nicht, was sie damit meinte, aber dann erinnerte er sich daran, dass sie ja 'Nachbarn' waren. Er murmelte zustimmend und ging dann wieder in die Schule, da die Mittagspause fast vorüber war. Was die beiden aber nicht bemerkt hatten, war dass sie von Asuka, die sich hinter einer Hausecke versteckt hatte, beobachtet worden war. Sie fuhr sich mit ihren Fingern übers Kinn und sprach mit sich selbst "Interessant, interessant....", wobei sie das Polaroid-Foto umherschwenkte. Anschließend lief sie in die Schule, das Bild, auf dem Shinji in Reis Armen liegt, in ihrer Hand. Jetzt, wo normalerweise der Nachmittagsunterricht stattfand, waren die Klubvorstellungen. Shinji sprintete schnell zu seinem Klubraum, denn er musste sich doch noch umziehen! Auf dem Weg dorthin sah er, wie schon die ersten Klubs ihre Türen öffneten und bereits lautstark ihre Vorzüge verkündeten. "Hey, Shinji!" Der Rennende machte eine Vollbremsung und blieb direkt vor dem Armeeotaku stehen, der ihn gerufen hatte. Seine komplette Kleidung bestand aus Tarnsachen, sein Gesicht war sogar dementsprechend angemalt, und er trug ein Gewehr auf seinem Rücken. "Was ist denn, Aida-kun, Ich habe es eilig!" Aida zeigte dieses komische Ich-weiß-was-du-schlimmes-getan-hast Gesicht, was ihn sofort stutzig werden ließ. "Was.. ist..", fragte Ikari langsam, aber bestimmt. Aida hob nur eine Augenbraue, was sein Gesicht nur noch verdächtiger erschienen ließ. "Hast du dieses 'Bild' schon gesehen? Ich wusste ja nicht, dass du so schnell bist...." Seine Mund verbreiterte sich bei jedem Wort und das Grinsen wurde immer fieser. "Aber wie heißt es so schön: Stille Wasser sind tief .. und schlammig." Mehr wollte Shinji gar nicht wissen, er wusste zwar nicht, welches Bild Kensuke meinte, aber es konnte ja nicht so wichtig sein, also rannte er weiter, die zwei Stockwerke zum Astronomieklub hoch. Kurz bevor er um die Ecke bog, kam ihm Suzuhara-kun entgegen und dieser nahm ihn auch sofort in den Schwitzkasten. "WAAS HAAST DUU GEETAAAAN?!" Ein Röcheln entfuhr dem Gequälten, woraufhin Touji sofort den Griff löste, sich mitten auf den Gang setzte und Shinji zwang, die gleiche Sitzposition ihm gegenüber einzunehmen. Er war in keinem Klub, wurde aber meist von den Sportclubs umworben, da er ziemlich gut war, was so was anbelangte. Er legte ihm freundschaftlich den Arm um die Schulter und sprach in einschmeichelndem Ton: "Stille Wasser sind tief .. und schlammig! Aber wie hast du das in kaum zwei Tagen geschafft? Ich meine, sie ist doch erst gestern gekommen und schon heute lagst du in ihren Armen! Hast du kein Schamgefühl? Also, wie hast du das geschafft?!" Langsam wurde dem Bedrängten klar, worum es ging. Er wechselte in einen triefig-schleimigen Ton und fragte: "Kann ich das Bild denn mal sehen? Wir wollen ja nicht, dass wir aneinander vorbeireden, oder?" Touji zuckte mit den Schultern. "Musste du Soryu fragen, sie hat mir das Bild nur gezeigt, aber nicht gegeben. Aber um zum Thema zurückzukommen: Wie hast du das gemacht?" Shinji stand ruckartig auf und klopfte seinem Freund auf die Schulter. "Es ist anders als du denkst, glaub mir...." Mit diesen Worten verabschiedete er sich auch wieder und bog um die Ecke zum Astronomieklubraum, wo er sich schnell umziehen wollte. Seine Gedanken beschäftigten sich aber mit Asukas Missetat und in sich versunken lief er beinahe an der Tür vorbei. "Tut mir leid, ich bin zu spät, aber ich wurde aufgehalten." Horaki, gekleidet in einen schwarzen Mantel, auf dem Sternenbilder gestickt waren, bedachte ihn eines kalten Blickes und warf ihm dann sein Kostüm zu. "Hier, zieh dich an, und danach stellst du dich hin und machst den Ausrufer." Verblüfft von dieser Ankündigung entgegnete er "Eeh? Wieso ich? Ich habe gedacht, dass sollen die Kompai machen!" Sie schnaubte nur kurz. "Ich habe mich anders entschieden, und damit basta!" Nun war Shinji vollkommen davon überzeugt, dass sie auch dieses vermeintlich Bild gesehen haben musste, denn warum sonst solle er diese Aufgabe übernehmen? Nun denn, wie auch immer, jedenfalls machte sich Ikari daran, sich in seinem Kostüm vor die Tür zu stellen, Flugblätter auszuteilen, und dabei irgendwelche Reden zu improvisieren, schließlich hatte er nicht den Werbetext auswendig lernen müssen. "Hey, ihr, äh, Sternenfreunde dort auf dem Gang! Oder in der Nähe. Äh, schaut euch an, was wir bieten! Lasst, äh, uns euch die Sterne etwas näher bringen! Ääh, macht mit beim SETI-Programm! Sucht mit nach Aliens!!" Shinji untermalte dies mit ein paar theatralischen Gesten, die zur Komik verkümmerten. Horaki stöhnte nur und ließ ihren Kopf in ihre Hände fallen. "Oi?! Habt ihr drei nichts zu tun?" Rief sie den Unterschülern in ihrer AG zu, woraufhin sich diese schnurstracks ein paar Flugblätter krallten und versuchten, diese unters Volk zu bringen. Rei spazierte unterdessen seelenruhig übers Gelände und schaute den Klubmitgliedern zu, wie sie ihre Stände aufbauten und sich präsentieren wollten. Noch war sie aber unschlüssig, in welche AG sie eintreten wolle, wenn überhaupt, weswegen sie ziemlich neugierig alle unter die Lupe nahm und sich die Vor- und Nachteile der meisten Gemeinschaften erläutern ließ. Da war zum Beispiel der Schwimmclub, dem Asuka angehörte, der Armeeclub, dessen Oberhaupt Aida Kensuke war, der Schachclub, der sich aus den nicht ganz so guten Mathematikern rekrutierte, oder auch der Astronomieclub, dessen Mitglieder des öfteren auf Exkursionen gingen. Für welchen würde sie sich wohl entscheiden? Einerseits wäre ein Wahl mit einem Gebiet, in dem sie ohnehin gut war, vorzuziehen, da sie ihre Stärken ausbauen könnte, andererseits sollte man ja etwas tun, was einem gefällt! Sie überlegte angestrengt und kaufte sich geistesabwesend einen Muffin von einem Mitglied des Kochclubs, die alle überall Kuchen und Leckerein verkauften, wobei sie sich auf eine Bank setzte. Dieser Klub hatte den beständigsten Umsatz, während der Schwimmclub den Unbeständigsten hat, da er sich auf Preisgelder stützte. In Gedanken versunken bemerkte sie gar nicht, wie sich Touji neben sie setzte. Als er sie ansprach schreckte sie auf. "Äh.. Ähh.. Ssss-" Er erkannte ihren Missstand und ergänzte "Suzuhara!" Erleichtert und mit einem verlegenen Lächeln sagte sie "Suzuhara-kun!" Dabei sprach ihre Stimme wider ihres Gesichtsausdrucks, denn in ihr lag dieser Ton, als hätte sie seinen Namen gewusst und ihn bloß auf die Probe gestellt, ob er ihn auch wüsste. Leicht resigniert entgegnete er "Ja, das bin. Und, hast du schon einen Favoriten oder wirst du genauso frei bleiben wollen wie ich?" Eine Wahrsagerin passierte die beiden und verkündete laut ihre Künste und die Vorzüge des Astrologieklubs. "Hmm..... Kann es sein, dass alle anderen Angst vor dir haben und du deswegen in keiner AG bist?" Diese Informationen hatte Rei von ihren Klassenkameradinnen bekommen, man muss ja schließlich die Gefahren im Schulalltag kennen. Sie schaute ihn verdächtigend and und er warf ihr einen genauso entrüsteten wie wütenden Blick zurück. "Hey! Ich bin nicht gefürchtet, das nennt man Respekt! Außerdem, wer hat dir das gesagt?!" Sie musste sich zwar ein Schmunzeln verkneifen, aber sah es ein. "Okay, Suzuhara-kun, ich werde mit meinen eigenen Augen schauen, warum du 'respektierst' wird, und du sagst mir jetzt, was du eigentlich wolltest, einverstanden?" Das sie dabei seine Frage ignorierte, kam nicht von ungefähr. Dennoch reichte sie ihm die Hand als Zeichen der Abmachung. Er beäugte sie kurz misstrauisch, schlug dann aber ein. "Abgemacht, du schaust, wie ich mich benehme UND sagst mir den Eindruck davon und dafür frage ich dich jetzt, was ich fragen wollte. Also:" Touji wurde etwas verlegen und errötete leicht im Gesicht. "Nun, äh, weißt du, ich habe da ein Bild gesehen, bei dem, äh, du und, äh, Ikari-kun, wie soll ich sagen, euch in den Armen liegt?! Und..." Während Rei immer blasser wurde, sprach Touji immer schneller. "Ich wollte fragen, was es damit auf sich hat. Und?!" Er bemerkte ihre Gesichtsfarbe und ihm wurde mulmig. "Nicht gut?" Er schaute sich nervös um. "Soll ich dich zur Krankenschwester bringen?!" Sie schüttelte den Kopf, um den Kopf klar zu kriegen und auch als Antwort auf seine Frage. "Nein, ist nicht nötig, aber ich muss jetzt gehen. Ich werde dir später eine Antwort geben, okay?" Sie stand auf und zwang sich, den Platz ruhig zu verlassen, den verdutzten Touji hinter sich lassend, bis sie aus seiner Sicht war und anfing zu rennen. Sie wusste nicht wohin sie rannte, sie wusste nur weg, so weit weg, wie es gerade ging. Stück für Stück schaffte Shinji es, sich aus Horaki's Nähe zu stehlen, bis er endlich außerhalb ihrer Reichweite war und sich daran machte, Asuka zu suchen. Wie konnte sie es sich erlauben, Fotos von ihm zu machen ohne ihn zu fragen, hat er denn keine Privatsphäre? Wütend rannte er die Treppen hoch aufs Dach und schleuderte die Flugblätter in den Wind, so dass sie ihrer ursprünglichen Bedeutung zukamen und flogen. Anschließend stampfte er wütend hinunter, mit den Augen ständig hin- und herhuschend einen Hinweis auf seine Schwester zu erhaschen. Seine Augen überflogen die Spintreihen im Erdgeschoss, wo Asukas Schrank war und verfluchte gleichzeitig innerlich, alle Blätter weggeworfen zu haben. Wütend vor sich hinmurmelnd erzeugte er einen Freiraum um sich, da die Mitschüler seine Stimmung fühlten und aus Rücksicht ihm Platz machten. Erst als er direkt im Foyer stand, bemerkte er den Auflauf vor dem schwarzen Brett. Abgelenkt und neugierig bahnte er sich Schritt um Schritt eine Platz ganz vorne und schaute sich nach dem Grund für diese Menschenmenge um. Schockiert erkannte er ihn in Form eines Polaroids, dass ihn und Ayanami mehr oder weniger umarmt zeigte. Mit einem verächtlichen Schnauben für die Blicke der Schulkameraden riss er es vom Brett, wobei der gelbe Pin auf den Boden fiel. Eine große Frau bückte sich und wies darauf hin "Man sollte nicht einfach solche spitzen Dinge fallen lassen, man könnte sie sich eintreten!" Die 'Fremde' entpuppte sich als Katsuragi-sensei, die zu allem Unglück Shinji auch gerade noch gefehlt hat. Er kannte sie recht gut, zumindest dachte er es, doch seine Vorstellungen wurden eines besseren belehrt, als sie ihre Stimme erhob und im Lehrerton rief "Los, hier gibt es nichts zu sehen, geht weiter, Kinder, schau euch um, in welchen Club ihr wollt, oder habt ihr euch schon entschieden?! Seht ihr, ihr seid euch noch nicht sicher, also ab mit euch, habt euren Spaß solange ich noch gut gelaunt bin!" Bei dem letzten Satz wurde ihre Stimme freundlicher und sie lächelte. Aber nicht nur zu den Schülern, die sich langsam in kleine Gruppen auflösten und fortgingen, nein, auch zu ihm, doch das Irritierende daran war die Art wie sie lächelte. Wissend. Sie hatte ihn mit einer Hand auf der Schulter zu einem leeren Klassenzimmer geführt, obwohl er fast so groß war wie sie, als wolle sie ihn freundlich, aber bestimmt, nicht gehen lassen. Er setzte sich auf einen Stuhl in der vorderen Reihe, während sich Katsuragi-sensei an die Lehne des Lehrertisches lehnte. Hinter ihr auf der Tafel waren farbenbunte Bilder mit den zur Zeit angesagtesten Charakteren aus diversen Anime zu sehen, unter anderem fläzte sich ein leicht bekleidetes Catgirl am unteren Tafelrand in verführerischer Pose. Ihre Augen zwinkerten ihm zu, was seine Lehrerin jedoch nicht zu bemerken schien. "Keine Sorge Shinji, weder will ich dir Böses, noch das Foto, ganz im Gegenteil. Weißt du, mir liegt meine Klasse sehr am Herzen und deswegen will ich auch kein Mobbing, selbst und auch gerade weil es nur 'unter Geschwistern' ist. Ich selbst hatte zwar keine Geschwister, aber nichts desto Trotz weiß ich als Lehrerin, dass eine gewisse Rivalität meist mindestens ansatzweise vorhanden ist, allerdings kann ich solche Veröffentlichung von Streiterein nicht dulden. Deswegen wollte ich fragen, ob du mir wohl hilfst, Asuka zu finden, damit sie ihrer gerechten Strafe zukommt. Wahrscheinlich werde ich euch auch besuchen kommen deswegen, mal sehen. Also?" Shinji war erst mal sehr überrascht, hatte sie ihn soeben nicht nur vor dem Spott der Anderen bewahrt, nein, sie wollte ihm jetzt sogar helfen! Nun ja, oder er ihr, was in diesem Fall jedoch auf das Gleiche raus kam. So viel Reife hatte er ihr gar nicht zugetraut! Er hoffte seine Freude verbergen zu können, aber Katsuragi-sensei ließ nicht durchblicken, ob ihm dies nun gelang oder nicht, also stimmte er relativ tonlos zu. "Gut. Ich denke du weißt nicht, wo sie sich gerade befindet, oder?" Er schüttelte den Kopf, woraufhin sie schwunghaft mit dem Finger schnippte. "Dacht' ich mir schon." Sie überlegte und fällte dann eine Entscheidung, wobei sie mit der rechten Faust auf die linke Handfläche klatschte. "Es wird wohl am Besten sein, wenn wir getrennt nach ihr suchen. Pass auf, du nimmst dir die oberen beiden Stockwerke vor und ich die beiden unteren, okay? Und wenn du fertig bist, kommst du wieder in diesen Klassenraum, ich werde dann alsbald auch da sein. Also, viel Glück!" Mit diesen Worten hatte sie sich schon aus dem Zimmer geschwungen und schritt aufmerksam durch den Flur, beobachtend und schauend, ob sie irgendwo Asukas Haare oder etwas anderes von ihr erblicken könne. Langsam, Sekunde um Sekunde, beruhigte sie sich und konnte fühlen wie ihr Puls immer normaler wurde bis er schließlich auf ein ertragbares Maß zurückgesunken war. Ihr Blick ging in den Spiegel, der über dem Waschbecken hing auf das sie sich stütze. Fast schon automatisch ließ sie sich die Hände voll kalten Wassers laufen und warf es sich danach ins Gesicht, um die blasse Gesichtsfarbe loszuwerden, die durch ihre blauen Haare auch noch unterstrichen wurde. Erleichtert stellte sie fest, dass ihr Blut im Gesicht wieder anfing zu pulsieren. Ihre Hand griff nach einem der Papierhandtücher, die man nur einmal benutzen konnte und so aussahen, als wären sie schon hundert mal recycelt worden und wischten sich übers Gesicht. Sie wollte es nicht schon wieder haben, nicht schon wieder durch andere 'Mit'-Schüler terrorisiert werden, wie es in Neo Tokio 02 der Fall gewesen war. Letztes Mal waren ihre blauen Haare der Anlass gewesen, weswegen sie keine Freunde fand, zumindest keine richtigen, sollte sie etwa diesmal aus Angst vor Ijime freiwillig keine Freundschaften knüpfen dürfen? Nein, soweit konnte sie es diesmal nicht kommen lassen, soweit durfte es nicht gehen! Entschlossen riss sie die Tür auf und stampfte auf den Flur hinaus, mit ihrem harten Schritt den unteren Schülern Angst machend, auf der Jagd nach dem Foto. Als sie durch das Haus marschierte, bemerkte sie die gelegentlichen verwirrten Blicke, die sie gedanklich beiseite fegte, sich auf ihre Verfolgung konzentrierend. In ihrem Jagdrausch überrannte sie fast die kleine Menschenmenge, die sich vor dem schwarzen Brett eingefunden hatte und gespannt auf irgendetwas, das dort hing, starrte. Neugierig und dem unterbewussten Herdentrieb folgend, versuchte sie einen Blick auf das Objekt der Aufmerksamkeit zu werfen und vergaß dabei ihr eigentliches Hauptziel. Doch plötzlich griff eine Hand nach dem, wie sie mit Erschrecken feststellen musste, Foto, wobei die Reiszwecke auf den glatten Fliesenboden herunterfiel. Voller Panik wegen der Aufnahme, die sich einer der Schüler vorne gekrallt hatte, versuchte sie sich nach vorne zu kämpfen, erkannte jedoch kurz darauf die Zwecklosigkeit dieses Unterfangens. Zuerst resigniert, dann mit wachsender Freude, wurde ihr bewusst, dass sich ihre Lehrerin den Jungen mit dem Bild geschnappt hatte, eine kleine Rede an die anwesenden Schüler hielt und anschließend ging, um kurz darauf wie ein geölter Blitz aus dem Raum zu schießen, wo sie sich mit dem Jungen unterhalten hatte. Das Befremdliche an diesem war, dass er irgend so eine Kutte getragen hatte, mit lauter Punkten drauf, die eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Nachthimmel hatte. Gespannt, wer so scharf auf dieses Foto gewesen sein mag, betrat sie den Raum, den Katsuragi-sensei kurz zuvor verlassen hatte. Überrascht, musste sie feststellen, dass es Shinji war. "Perverser?!" Zuerst erschrocken von den Worten ließ er kurz darauf seinen Kopf fallen, als er erfasste, wer ihn eben so genannt hatte. "Ikari Shinji, Ayanami. Das ist mein Name. Nicht Perverser, Ferkeltasche oder sonst was, einfach Ikari Shinji." "Was machst du den hier?" Seine Antwort kam prompt. "Das Bild." Nun, es mag an ihrer Aufregung liegen, dass sie völlig vergessen hatte, wer neben ihr noch auf dem Foto zu sehen war. "Oh.. Mein Fehler, ich hat's glatt vergessen." Gleich darauf bedeutete der Ausdruck, den sein Gesicht überzog, dass sie allem Anschein etwas Falsches gesagt hatte. "Ähm, tut mir leid, wenn ich dich jetzt irgendwie gekränkt habe, Ikari-kun, aber ich bin wegen dem Foto einfach ein bisschen aufgewühlt." Nun ja, wenn man bedenkt inwieweit sich ihre Stimme zu Ende des Satzes in die Höhe zog so bekam das Wörtchen leicht doch eine völlig andere Bedeutung. Verständnisvoll sah er sie an. "Das gleiche ist es ja bei mir, Ayanami, aber ich denke wir sollten uns auf die Suche nach Asuka machen, die irgendwo auf dem Schulgelände fröhlich Gerüchte über uns verbreitet, nicht wahr?" Seine Unsicherheit, ob sie überhaupt in der Lage waren, seine Schwester zu finden, versuchte er durch eine feste Stimme zu kaschieren, was bei ihm allerdings ins Lächerliche abrutschte. Zu seinem Glück bewirkte dies aber ein leichtes Lächeln Reis, wodurch sie sich sichtlich entspannte. "Ja, ich denke du hast recht." Selbstzufrieden erzählte er ihr, dass er die oberen Etagen durchschauen sollte, während Katsuragi-sensei sich die Unteren vornahm. "Hm.. Dann wäre es wohl am Besten, wenn ich mich draußen umschaue," dachte sie laut, und, gesagt - getan, hatten sich die beiden aufgeteilt, um die Unholdin zu suchen. Misato war natürlich als erste fertig, schließlich hatte sie ja auch als erste die Suche begonnen, weshalb sie nun auch auf Shinji warten musste. Wie üblich vertrieb sie ihre Zeit damit, in einem Automagazin die Anzeigen nach Ersatzteilen für ihren Wagen zu suchen, welcher sozusagen ein Hobby von ihr war. Jedoch wurde sie schon nach ein paar Seiten erfolglosen Suchens durch Shinji unterbrochen, der betrübt den Raum betrat und die Tür hinter sich schloss. "Darf ich aus deinem Gesichtausdruck schließen, dass du sie nicht gefunden hast?" Missmutig blickte er seine Lehrerin an und nickte. "Bingo!" Ein Seufzer entfuhr ihr. "Das Gleiche bei mir, unten war sie auch nicht." Betrübt gingen sie zu den Fenstern und verfolgten desinteressiert das Getümmel. "Es kann doch nicht sein, dass sie-" Er wurde durch einen kleinen Stoß in die Rippen unterbrochen und durch die Hand seiner Lehrerin auf eine ungewöhnliche Farbkombination hingewiesen. "Was ist denn? Da sind doch bloß ein blauer und ein roter Haarsch.." In seinem Kopf formte sich allmählich die Erkenntnis, wem die beiden Köpfe dort draußen gehören könnten. "...opf!" Wie ein Shinkansen war Shinji, nachdem die Erkenntnis Gestalt angenommen hatte, durch die Tür gerast und sein Umhang flatterte dabei wild hinter ihm her. Er wusste zwar wenig über Rei, aber soweit er wusste, war sie nicht diejenige, die sich gerne Streit lieferte, sondern wohl eher das Gegenteil, was man wiederum von Asuka nicht sagen konnte. Seiner festen Überzeugung nach war sie der Übeltäter, pardon, die Übeltäterin, welche diese Auseinandersetzung vom Zaun gebrochen haben musste. Die Annahme, dass so etwas gerade zwischen den Beiden statt fand, folgerte einfach aus der Tatsache, dass Rei mit Asuka über etwas sprechen musste und er sich der Machtpositionen hierbei durchaus bewusst war. Der Hof wurde durch die drei Schulgebäude und den Sportplatz mit Schwimmbad eingekreist, so dass er ein in sich geschlossenes Areal mit einigen Bäumen und Wiesen sowie Wegen bildete, die sich durch die leichten Hügel schlängelten. Man hatte diese kleinen Erhöhungen angelegt, um ein naturnahes Aussehen zu erreichen, was dem Architekten auch durchaus gelungen wäre, wären da nicht die naheliegenden Plattenbauten der Schule. In einer Senke dieser Landschaft stritten sich Asuka und Rei, so dass Shinji, nachdem er das leicht erhöhte Schulgebäude verlassen hatte, erst einmal auf eine Kuppe steigen musste, um die beiden zu finden. Zum Glück waren die Bäume schon ziemlich kahl, weshalb er sie sofort entdeckt, da ansonsten die triebreichen Stämme die beiden Kontrahenten wohl verdeckt hätten. Nachdem er sie entdeckt hatte, nutzte er das Gefälle um auf Geschwindigkeit zu kommen und raste anschließend auf den Kieswegen zu ihnen hin. Als er ankam, musste er irritiert feststellen, dass das Zwiegespräch der beiden ziemlich ausgeglichen war, was umso beeindruckender war, wenn man bedachte, wie die Charaktere sich üblicherweise verhielten. Shinji schlussfolgerte, dass Rei ziemlich aufgeregt sein musste, wenn sie es schaffte Asuka Paroli zu bieten und sie sogar zu bedrängen! "Ich weiß gar nicht, wieso du dich immer noch aufregst! Es war doch bloß ein Witz!" Obwohl seine Schwester voll in Fahrt war, verteidigte sie sich, anstatt anzugreifen. "Ich habe mich doch bereits entschuldigt!" Die Empörung in Asukas Stimme war problemlos herauszuhören, und ebenso ihre Aufregung, und doch... "Weil ich es leid bin! Ich will so was nie wieder sehen und werde es nie wieder dulden, erst recht nicht bei mir! Weißt du überhaupt was ich durchgemacht habe? Hast du auch nur die geringste Vorstellung davon? Nein, also tu es nie wieder!" Sie atmete schwer und die Aufregung war ihr sichtlich anzumerken, nicht nur durch ihre mehr als gesunde Gesichtsfarbe. Beide registrierten ihn zur gleichen Zeit und sprachen ihn an. "Shinji/Ikari-kun, tu doch was," erscholl es im Chor. Danach funkelten sich die Mädchen wütend an, man konnte die Blitze zwischen ihren Augen förmlich hin- und herrasen sehen. Unschlüssig stand er nun vor den Beiden und wusste weder ein noch aus, bis plötzlich etwas geschah. Eine einzelne Schneeflocke segelte zwischen den beiden Streithühnern sanft zu Boden. Doch dies war nur der Vorbote, denn kurz darauf folgten Hunderte, nein Abertausende von diesen kleinen Eiskristallen und fielen zu Boden. Obwohl sich die meisten Schüler über den Frost in letzter Zeit und die tiefen Temperaturen beschwert hatten, freuten sie sich jetzt alle über die weiße Pracht, die liegen blieb, und tollten im wahrsten Sinne des Wortes herum wie die Schneekönige. Verschwunden war der Streit zwischen den Mädchen zwar nicht, aber aufgeschoben, denn sie wollten zwar nicht so herumtollen wie die Frühsemester, aber dennoch ihren Spaß an dem Flockenwirbel haben. Unbehaglich war ihm schon zumute, wie sie drei so nach Hause gingen, was auch nicht ungewöhnlich war, schließlich befand er sich genau zwischen den beiden Kriegskandidaten. Einige scheue Seitenblicke verrieten ihm jedoch zum Glück, dass keine Kampfeslaune vorhanden war. Irritiert von dem doch überraschenden Gesinnungswechsel versuchte Shinji, ein Gespräch aufzubauen. "Schönes Wetter, nicht?" Innerlich verfluchte er sich dafür, so ein belangloses Thema angeschnitten zu haben. Von beiden folgte zustimmendes Brummen, was ihn auch nicht gerade ermunterte. Verzweifelt ringte er mit sich selbst, um ein anderes aber neutrales Thema aufzugreifen. Im letzten Moment, kurz bevor er aufgeben wollte, fiel ihm eins ein. "Rei, hast du dich jetzt eigentlich schon entschieden, ob du einem Klub beitreten willst, oder überlegst du noch?" Aus den Gedanken gerissen trat sie aus Versehen in eine Schneewehe und versank knöcheltief im Schnee. Sie grummelte leise, als sie ihren Fuß herauszog und antwortete: "Hm, ich habe ein paar AGs ins Auge gefasst, aber sicher bin ich noch nicht. Da jetzt Wochenende ist, werde ich mir wohl etwas Zeit nehmen, darüber nachzudenken." Asuka lauschte neugierig, doch nicht aus rachsüchtigen Gedanken, sondern aus einem eher positivem Interesse heraus. "In was für einem Club bist du eigentlich?" Langsam aber sicher wich die Anspannung aus Reis Stimme, wie Shinji zufrieden feststellte. "Ähm, Ich bin im Astronomieclub, wieso? Hast du den etwa in deine Überlegungen mit einbezogen?" Irritiert winkte sie ab. "Nein, tut mir leid, habe ich nicht, ich wollte es bloß wissen. Was machst du da eigentlich?" Enttäuschung war aus seiner Stimme zu hören. "Ach, das Übliche, Sterne anschauen, Planetenbahnen berechnen, halt was man so mal macht. Ab und zu suchen wir auch Kometen, aber das ist eher selten." Einem Schnauben zu seiner Linken folgte eine Entgegnung Asukas. "Ja, dafür, dass ihr ab und zu nur nach den Eisklumpen sucht, habt ihr der Schule aber schon einen großen Dienst erwiesen." Verwundert dreht sich Rei zu der Anderen. "Wie meinst du das?" Erfreut über ihre neue Machtposition antwortete sie. "Na unser kleiner Kepler hier hat mit seinen Freunden einen Kometen entdeckt, den sie nach der Schule benannt haben. Dies wiederum hat unseren Direx beeindruckt, weshalb er ihnen mehr Gelder zugewilligt hat. Aber wir im Schwimmclub kriegen natürlich nichts!" Ihrem Bruder entfuhr ein Seufzen. "Du pauschalisierst. Tatsache ist, dass ihr als Schwimmclub den Hauptteil eures Geldes selbst durch Preisgelder einholt, weshalb ihr einfach nicht in dem Maße durch die Schule gefördert werden braucht wie wir. Ihr solltet euch sogar freuen, ihr erringt Prestige und Geld für die Schule, während wir nur ideelle Werte hervorbringen." Dazu konnte Asuka erst mal nichts sagen, hatte Shinji ihr ihre Argumente doch schon vorweggenommen und auch eingesehen, worin sie bestanden. Nun ja, das ist auch nicht weiter verwunderlich, war sie doch schon seit fast zehn Jahren seine Adoptivschwester. Da war es halt nötig zu wissen, mit wem er es zu tun hat und logischerweise auch wie er reagieren muss. Nach dieser Argumentation murmelte Rei "vielleicht sollte ich in den Schwimmclub gehen..." Da Shinji direkt neben ihr ging, schnappte er dies auf und fluchte in sich hinein, dass er das mit den AGs erwähnt hat. "Und wieso," fragte er scheinheilig. Die Entgegnung kam prompt. "Oh, das hattest du gehört? Nun ja, ich schwimme gern und bin es gewohnt, alleine für mich zu sorgen, unabhängig zu sein, du verstehst?" Er nickte. "Deshalb dachte ich mir, dass der Schwimmclub vielleicht nicht schlecht wäre." Verständnisvoll beglückwünschte er sie. "Da kann ich ja nur dein Bestes hoffen, denn du hast in dem Fall eine hartnäckige Gegnerin." Er verwies auf Asuka, so dass Rei geradeheraus in ihr siegesgewisses Grinsen ebenso wettkampfbereit zurück schauen konnte. Unsicher versuchte er die beiden ein bisschen zu zerstreuen. "Ihr wisst, dass ihr dann in dem gleichen Team seid, oder? Das heißt ihr müsst euch wohl zusammenraufen, ansonsten hat es sich mit der Unabhängigkeit." Beide nickten, wobei ihre kampfeslüsterne Grinsen immer breiter wurden. "Ich muss dich warnen, ich bin die beste Schwimmerin an dieser Schule!" Unverkennbar prahlte Asuka mit ihren Leistungen. Umso knapper fiel die Entgegnung Reis aus. "War." Gerade dies regte seine Schwester nur wieder auf, doch irritierender Weise kühlte sie sich auch wieder ab, sich auf ihr Können besinnend. "Wir werden ja sehen, nicht wahr?!" Na wenn das mal keine Herausforderung war! Als Asuka an diesem Abend feststellte, dass Rei ihre Nachbarin war, war sie zum Einen komplett aus dem Häuschen und zum Anderen bat sie Shinji, mit ihr über den Balkon in seinem Zimmer reden zu dürfen, oder mit anderen Worten, sie befahl es ihm. Etwas verärgert stimmte er zu. Blieb ihm etwas anderes übrig? Bei solch einer dominanten Schwester wohl kaum, doch zu seinem Glück hatte sie ein gutes Gedächtnis, was Gefallen anging, selbst wenn sie sie nie in ähnlichem Ausmaße erfüllte wie er. Als die beiden dann aber gut eine Stunde da draußen auf dem Balkon bei dieser Eiseskälte miteinander redeten, wurde ihm doch mulmig, da es in dieser Höhe immer windig war und es daher schon ein ziemlich fesselndes Gesprächsthema sein musste, wenn sie sich immer noch miteinander unterhielten. Als er dann schließlich wieder sein Zimmer betreten konnte, welches nun die gleiche Temperatur hatte wie draußen, konnte er sich nicht eines misstrauischen Seitenblicks zu seiner Schwester erwehren, welcher ihn noch skeptischer bezüglich des Gesprächthemas machte, denn sie sah zufrieden aus. Nicht etwa so selbstzufrieden, wie sie es normalerweise tut, sondern irgendwie beängstigend glücklich, und zwar auf eine normale Art! Einer Antwort unbefriedigt ließ sie ihn in seinem Zimmer stehen, wo er hastig die Fenster schloss und die Heizung aufdrehte, so dass es zumindest noch bis zum Schlafen wärmer werden wurde. Anschließend setzte er sich an seinen Schreibtisch und begann, seine Hausaufgaben zu machen. Wie sich herausstellte, trat Rei, angestachelt durch Asuka, wirklich in den Schwimmclub ein, und schon bald fand der Wettbewerb zwischen den beiden zumindest auf privater sportlicher Ebene statt. Sie hatten es sich ausgemacht, sich bei Sonnenuntergang vor der Sporthalle zu treffen und so geschah es auch. Wiederum völlig perplex musste Shinji feststellen, dass die beiden sich zwar auf den Wettstreit freuten, aber diesmal nicht den aggressiven Unterton in ihrem Handeln hatten. Dieser war durch einen Art von Freundschaft ersetzt worden, welche Angesichts Asukas Charakter mehr als unerwartet kam. Als er einige Zeit neben den Beiden so her ging, auf dem Weg zum Turnier, da konnte er es sich einfach nicht verkneifen. "Wieso seid ihr eigentlich so gut gelaunt? Ich verstehe das nicht, vor ein paar Tagen hattet ihr euch aus gutem Grund angekeift, selbst wenn ich diese Initiative nicht von Rei erwartet hatte, und mit einmal seid ihr wie die besten Freundinnen, als hättet ihr euch irgendwie ausgesprochen oder so!" Unwillig schüttelte er den Kopf über das Verhalten der Beiden. Mit einem wissenden Lächeln antwortete seine Nachbarin: "Du hast dir die Antwort eben selbst gegeben!" Er überflog in Gedanken kurz, was er gesagt hatte. Nervös blickte er zu seinen Mitschülerinnen. "Ihr... habt.. eine Aussprache gehalten?!" Wo er zuerst noch gezögert hatte, waren die letzen Worte regelrecht aus ihm herausgesprudelt. "Nun ja,", entgegnete Asuka, "so kann man es bezeichnen, ja." Seine Verwirrung stieg immer mehr. "Aber gerade du, Asuka, du! Du kannst doch nicht.. du darfst doch nicht.. Wieso.." Er gab es auf. "Wie auch immer, eure Art werde ich sowieso nie verstehen, ich kann bloß hoffen, dass ich irgendwann mal den Grund für euren offensichtlichen Sinneswandel erfahren werde." Verschmitzt antwortete Rei. "Wer weiß, wer weiß..." Wer sonst als Shinji sollte wohl den Schiedsrichter machen, war er doch die den beiden am meisten vertraute Person und auch gerade deswegen auf ein faires Urteil bedacht. Das Wasser war durch den Schneefall schon ziemlich kalt, knappe 15° C über dem Gefrierpunkt, dennoch ließen die 20° Unterschied zur Außentemperatur ihn bedächtig vor sich her dampfen, sehr zum Wohlgefallen von Pen², der im frischen Wasser umhertauchte. Obwohl dieser Warmwasserpinguin eine Neuzüchtung war, oder gerade deswegen, war er ungemein intelligent, so dass er in Anbetracht der Größe des Schwimmbeckens sogar so was wie 'stubenrein' war. Voller Freude bemerkte er, dass Besuch zu kommen schien, als das Vordertor zum Schulgelände geöffnet wurde und Schritte immer näher kamen. Voller Entzücken durfte er feststellen, dass gerade die beiden besten Schwimmerinnen der Schule in die Sporthalle gingen, um sich umzuziehen. Und wozu wohl sonst als zum Schwimmen? Desgleichen hatte er ja schon öfters erlebt, dennoch nie zu solch kalter Jahreszeit. Trotzdem freute er sich, waren sie in ihren Bewegungen zwar nicht so grazil wie ein zum Schwimmen geborenes Wesen wie er, erreichten dessen ungeachtet aber eine Grazilität, die man diesen Landläufern gar nicht zutrauen würde. Sicherlich, er war auch zu einem gewissen Teil einer ihrer Art, konnte er sich auf dem Land fortbewegen, aber im Herzen war er ein Lebewesen des Wassers und das konnte ihm keiner streitig machen. Gespannt, was der komische Junge hier auch noch zu tun hatte, wartete er, bis die beiden Menschenweibchen aus den Umkleideräumen kamen. Schauer umfingen sie, obwohl sie sich schon in dicke Bademäntel und Badelatschen gekleidet hatten. Pen² musste sich erst einmal wieder vergegenwärtigen, dass Menschen ja sehr kälteempfindlich sind und deswegen immer irgendwas über die Haut ziehen. Ach, genau! Deswegen sah der Menschenjunge so komisch aus, er hatte bestimmt irgend eine "Kleidung" an! Das erklärte natürlich, wieso er so aussah wie ein Kegel auf dem Kopf. Ein Geräusch erregte seine Aufmerksamkeit und er wandte sich um. Das Fallen der Bademäntel ließ aber nicht nur den Pinguin seine Aufmerksamkeit wechseln, sondern auch Shinji abklappen. Sein Blutdruck war wegen dem Wetter sowieso im Keller, was in Anbetracht seines Eisenmangels ohnehin schon schlecht war, aber der Anblick der beiden Mädchen hatte ihm wohl den Rest gegeben. Erschrocken drehte sich Rei nach ihm um, nur um von Asuka beruhigt zu werden. "Keine Bange, das passiert manchmal im Winter, wenn er zu sehr aufgeregt ist, ist so eine Angewohnheit von ihm, nicht weiter tragisch, er kommt gleich wieder zu sich. Man kann schon fast die Uhr danach stellen, wann er wieder aufwacht." Insgeheim fragte sie sich, ob es Auf- oder Erregung war, die ihn abklappen ließ. Zudem hatte sie noch in Gedanken die Sekunden gezählt, die seit dem dumpfen Ton, den sein Körper erzeugt hatte, verstrichen waren. "..., vier, drei, zwei, eins, jetzt!" Shinji fing an sich zu bewegen und richtete sich langsam auf. Nach einer kurzen Orientierungsphase hatte er sich soweit beisammen, wieder aufzustehen. "Siehst du, Rei, ich habe doch gesagt, wenn er mal abklappt, dann ist er pünktlich wieder da." Sie drehte sich zu ihrem Bruder um. "Hey, Shin-chan, geh zum anderen Ende des Pools und messe unsere Zeiten, kapiert? Ich will wissen, ob ich unsere neue Freundin hier in Bestzeit schlage oder nicht!" Rei errötete bei der Bezeichnung Freundin leicht, nicht wegen dem Eindruck, den man im Bezuge zu Shinji sehen könnte, sondern aufgrund der Wortwahl, denn Freundin hatte sie schon lange niemand mehr genannt. Ein bisschen verlegen machte sich Shinji zum Ende des Schwimmbeckens auf, während Pen² sich zu den beiden Schönheiten auf einen dritten Startblock gesellte. Kampfeslüstern schaute Asuka zu dem Schulmaskottchen und warnte es. "Tja, ich muss wohl aufpassen, dass ich dich nicht schlage, sonst würde ich wohl der Glücksbringer der Schule werden, und das wollen wir beide wohl nicht, oder?" Verständnislos blickte er sie an, ohne Ahnung dessen, was dieses junge Menschenweibchen eben gesagt hatte. Nach einer kurzen Wartezeit hörte sie auf, auf eine Antwort zu hoffen und begann ebenso wie Rei ihre Aufwärmung. Da sie aber nur einmal kurz schwimmen wollten, waren beiden schon nach kurzer Zeit fertig und stellten sich startbereit auf ihre Startblöcke. "Auf die Plätze," erhob Shinji zaghaft seine Stimme, bei jeder Silbe lauter werdend. "Fertig!" Pen² imitierte die Haltung der beiden Wettstreiterinnen. Nach einer geregelten Sprechpause erfolgte der finale Ruf: "LOS!" Bei diesem Wort lösten beide ihre Anspannung und sprangen absolut grazil ins Wasser, so dass kaum Wasser aufspritzte. Getoppt wurde diese Leistung nur durch das Schulmaskottchen, der fast ohne Wellen zu werfen entspannt ins Wasser glitt. Er hielt natürlich spielend mit, wo sich die beiden Kontrahentinnen abrackerten ihre Position zu halten bzw. auszubauen. Rei war zwar wesentlich weiter getaucht als Shinjis Adoptivschwester, diese jedoch holte mit jedem Schwung immer ein Stück auf. Der Schiedsrichter schätzte kurz ihre Geschwindigkeiten ab, um sich dann verärgert für ein Fotofinish vorzubereiten. Er stellte sich gespreizter Beine zwischen zwei Startblöcke und drehte den Fotoapparat auf Panorama, so dass er beide Gegnerinnen auf dem Foto würde bannen können. Wenn es doch nicht zu einer Entscheidung per Foto kommen würde, dann hätten sie zumindest ein eindrucksvolles Bild vom heutigen Tage. Sie näherten sich mit einer ihm unerreichbaren Geschwindigkeit, während Pen² fröhlich ihre Bahnen schnitt und durch das Wasser glitt, als wäre es Luft, wobei er auch einige Luftsprünge vor und über den Mädchen machte. Mit einem Blick von der Kamera stellte Shinji fest, dass die Widersacherinnen kaum noch zehn Meter entfernt waren. Schnell justierte er die Schärfe noch mal nach, um schließlich beim abgeschätzten Eintreffen der beiden den Auslöser zweimal zu drücken, sicher war bekannter Weise sicher. Dabei vergaß er zwar die Zeit zu messen, aber er war sich sicher, der Sieg war seiner Schwester lieber als die Zeit, die sie geschwommen war. Als er von der Kamera aufschaute und sie ihn beide erwartungsvoll anschauten, konnte er sich eines winzigen Gedanken, für den seine Schwester ihn sofort einen "Ecchie" oder schlimmer nennen würde, nicht erwehren. "Äh.. nun ja, ich habe nicht wirklich mitgekriegt, wer von euch gewonnen hat, deswegen habe ich ja auch den hier mitgenommen." Er schwenkte zum Beweis mit dem Fotoapparat. "Ihr ward beide so dicht beieinander, dass ich nicht mitbekommen habe, wer gewonnen hat, also habe ich es fotografiert, so dass wir nach der Entwicklung des Films nachschauen können." Asuka ließ sofort ihren Kopf hängen um dann mit einer Tirade an Beleidigungen auf Shinji fortzufahren, Rei jedoch lächelte. Ob sie es nun aus Siegesgewissheit oder aus Spaß an der Freude tat, wusste er nicht, aber er war sich ziemlich sicher, dass er es heute Abend erfahren würde. Während seine Schwester ihn weiter verfluchte, gingen die beiden nassen Mädchen in die Umkleide. Nun, Mann, aber besonders auch Frau, kennen das Problem der trocknenden Haare, was vor allem Dingen bei Asuka mit ihrer hüftlangen, rotblonden Mähne zu Buche schlägt. Und gerade deswegen wurde Shinji, nachdem er sich in der Hundekälte draußen wohl bald die Zehen abgefroren hätte, durch Rei, deren Haare schon trockener waren, nach zehn Minuten mit in die Umkleide gerufen. Mit klappernden Zähnen folgte er ihrem Angebot und betrat die Sporthalle, oder besser gesagt den Eingangsraum, der sich in drei Gänge, zwei zu den Umkleiden und einen in die Halle, aufteilte. Aus Gewohnheit heraus ging er erst einmal in den Umkleideraum der Jungen, wo er niemanden vorfand, um dann in die Halle zu gehen. Zum Glück hatte man den Schülern die Nutzung von Schuleigentum im Allgemeinen bis 21.00 Uhr erlaubt, so dass noch Licht brannte. Dennoch war auch hier keine Menschenseele zu sehen. Verwundert schaute er sich noch mal genauer um, um sicherzugehen, dass er die Beiden nicht übersehen hatte, stellte aber fest, dass dem nicht so war. Irritiert setzte er sich auf eine der Sportbänke, die an den Wänden standen. Nach kurzer Zeit schaute Asuka in die Halle, sichtlich verärgert. "Wo bleibst du denn? Wir warten schon die ganze Zeit auf dich!" Aus seinem Gesicht konnte sie zwar seine Verwirrung herauslesen, ging aber nicht darauf ein sondern winkte ihm nur. "Folge mir einfach." Mit diesen Worten hatte sie sich ihrem Bruder auch schon abgewandt, der aufsprang um ihr auf den Fersen zu bleiben. Mit einem leichten Anfall an Nervosität stellte er fest, dass sie zu der Mädchenumkleide abbog. "Äh.." versuchte er sich zu einer Entscheidung durchzuringen, doch da war es schon zu spät, er stand mitten in der Umkleidekabine und schaute sich hektisch um. Dass dieser Raum fast genauso aufgebaut war wie das männliche Äquivalent beruhigte ihn dabei kein bisschen. Sicher, die Mädchen waren schon angezogen und hatten sich Handtücher über die Köpfe gelegt und um die Haare gewickelt, damit diese schneller trockneten, aber trotzdem war diese Situation ihm völlig ungewohnt. Aus bekannten H-Spielen wusste er zwar, was in solchen Situationen passieren konnte, aber Geschehnisse dieser Art hielt er eher für unwahrscheinlich, trugen diese Games doch nicht umsonst das Kürzel H in ihren Namen. Mit dem Gefühl, etwas Verbotenes zu tun, setze er sich auf die gegenüberliegende Seite, damit er seinen Gesprächsparterinnen in die Augen schauen konnte. In Anbetracht der Stimmung, in der Asuka aufgrund eines mangelnden Siegesbeweises war, machte er sich lieber auf eine Konfrontation mit ihr gefasst und lehnte sich zurück, wobei er die Arme verschränkte. Doch unerwarteter Weise übernahm Rei die Gesprächsführung, was zu einer sichtlichen Entspannung seinerseits führte. Sie rieb sich nervös die Hände. "Nun, uns kam eben eine Idee, wie wir unseren Sieg und Freundschaft feiern könnten und zugleich auch die Schule dafür zahlen lassen würden. Ich denke, das wäre nicht nur für die Schule ziemlich beeindruckend, sondern auch von symbolischen Wert." Verwirrt schüttelte Shinji den Kopf. "Wovon redest du?" Leicht aus dem Konzept gebracht fragte Rei: "Was?" "Äh, du hast mir noch nicht gesagt, worum es eigentlich geht. Also?", fragte Shinji. Ein böser Seitenblick huschte in Richtung Asuka, die sich am Türrahmen gelehnt eins ins Fäustchen lachte, dann fuhr sie fort. "Wir beide haben uns überlegt gehabt, ob wir nicht das Prestige der Astronomie-AG und die Leistungen des Schwimmclubs kombinieren könnten, wenigstens um damit ein Symbol für Zusammenhalt und Zusammenarbeit zu schaffen. Der Hintergrund liegt aber eigentlich darin, dass wir zu einem großen Onsen in den Bergen fahren wollen. Pro für uns: Eine große Schwimmanlage. Pro für euch: Zivilisationsfern und hoch in den Bergen, d.h. ihr habt wesentlich bessere Beobachtungsbedingungen als an euren üblichen Standorten. Diese Idee ist Asuka gekommen, als ich ihr von dem Schwimmbad erzählt habe, in dem ich mal in den Ferien war. Ihr ist dann das mit euch eingefallen." Irritiert von dieser Offenbarung schaute er zweifelhaft zu seiner Schwester. "Wie auch immer. Und, weiter?", hakte er nach. "Na du sollst die frohe Kunde deinen Leuten überbringen und sie von unsere Idee überzeugen." Er überlegte kurz, ehe er weiterbohrte: "Und was springt für mich dabei raus?" Durch die Fragerei ihres Bruders genervt fuhr Asuka auf. "Shin-chan, denk nach: Ihr habt optimale Bedingungen für eure Beobachtungen UND verschiedene Onsen UND dieses riesige Schwimmbad, in dem ihr herumtollen könnt. Was willst du mehr?!" Das sie auf diese Frage keine wirkliche Antwort wollte, war mehr als offensichtlich, weshalb Shinji seine Bemerkung lieber runterschluckte. Stattdessen lehnte er sich zurück und legte seine Stirn in Falten, damit es ausschaute als ob er über ihr Angebot nachdächte. Selbstverständlich hatte er seine Entscheidung schon vorher getroffen, als sie ihm von den Inhalten des Unternehmens erzählte, allerdings wollte er seine Adoptivverwandte noch einige Zeit hängen lassen, dafür dass.. nun ja, sie hatte ihm schon soviel 'angetan', dass er sich einen Scherz mit ihr einfach nicht verkneifen konnte. Ihm kam zwar der Gedanke, dass er damit Rei auch treffen könnte, überzeugte sich aber dann damit, dass er ihr von seinem Streich erzählen würde in der Annahme, sie würde mitmachen. "Lass mich überlegen, okay? Ich werde ein, zwei Nächte darüber schlafen und euch dann meine Entscheidung mitteilen. Dann kann ich zwar immer noch nichts versprechen, aber sobald ihr meine Zustimmung habt setze ich mich natürlich auch dafür ein." Der folgende Gesichtausdruck der Rothaarigen entschädigte ihn für vieles. Als er nach zwei Tagen seiner Schwester seine Teilnahme gegeben hatte, schien sie nicht sehr überrascht zu sein sondern es eher als Anstandshandlung von ihm zu sehen. Irgendwie wurde er das Gefühl nicht los, dass Rei, welcher er seine Entscheidung noch am gleichen Abend erzählt hatte, ihm mit der Nachricht zuvorgekommen war. Jetzt bereitete er sich darauf vor, seinen Klubmitgliedern den Reisevorschlag zu unterbreiten. Er erwartete angesichts des Angebotes keinen wirklichen Widerstand, allerdings war er sich ziemlich sicher, dass Horaki wohl mit irgendwas dagegen argumentieren würde, und wenn es dabei auch bloß um ihren Ruf oder ihr Gewissen ging. An und für sich war er sicher, dass seine Klassensprecherin auch zustimmen würde, und gemäß des Falles dass sie es nicht täte, hatte er schon einen Plan... Wie er es vermutet hatte, legte sie wirklich pro forma Widerspruch ein, allerdings waren fehlende Schulstunden kein wirklich stichhaltiges Argument. Dennoch konnte Shinji es sich nicht verkneifen, auf ihre eigene Regel der Mehrheitsbestimmung zu pochen. "Also, da wir hier keine einstimmige Entscheidung habe, schlage ich das Wahlverfahren vor. Wer für die Exkursion ist, hebe bitte die Hand." Fast alle Hände gingen nach oben. "Wer dagegen ist, hebt seine Hand bitte jetzt!" Nicht ein Arm bewegte sich. "Die enthaltenden Stimmen melden sich bitte!" Horakis Hand hob sich zaghaft. Mit einem mentalen Grinsen über beide Ohren, dass in der Realität kaum die Mundwinkel streifte, notierte er das Ergebnis. "Okay, damit ist die Reise mit sieben zu null Stimmen bei einer Enthaltung angenommen. Noch Fragen?" Mittlerweile wich das Lächeln nicht mehr von seinem Gesicht und breitet sich von Augenblick zu Augenblick mehr aus. Die anderen freuten sich selbst sichtlich und das die Präsidentin nicht dagegen gestimmt hatte, war fast so was wie ein 100%er Sieg. "Gemäß den Statuten der Schulordnung wird die Planung und Beantragung durch die Präsidenten und die Personen des Vorschlags vorgenommen." Dies ließ ihn bitter aufstoßen, denn zum Einen schloss ihn das ein, zum Anderen Horaki, und zu guter Letzt auch noch seine Schwester, die den Vorschlag im Schwimmclub getätigt hatte, sowie deren Präsident. Dort war das Ergebnis nicht so gut ausgefallen, weil der Trip teilweise aus der Klubkasse bezahlt wurde, aber es gab dennoch eine überwiegende Mehrheit. Die Organisation war eine Qual, den es mussten die Erlaubnisse der Schule, der Eltern und noch ewig weitere besorgt werden. Die vier Orgas hatten jedes Wochenende vollauf zu tun, fehlende Zettel von den teilnehmenden Schülern einzusammeln, Anträge vorzubereiten, doch auch diese hässliche Arbeit konnte Shinji die Vorfreude nicht nehmen, erst recht nicht weil er ansehen durfte, wie seine Schwester die gleichen Qualen durchmachte. Dies war auch der Grund, warum die Lagetreffen immer in der Wohnung der Ikaris stattfanden. Es war bei einem solcher Treffen, es wurde gerade der Fahrtweg besprochen, als Shinji genervt verkündete, er gehe auf Toilette. Natürlich hatte er nicht vor, dorthin zu gehen sondern in sein Zimmer auf den Balkon, frische Luft schnappen, hätte er das aber so gesagt, dann hätte es bestimmt missbilligende Blicke mit der Nachricht "Wir leiden, also leidest auch du!", gegeben. Er zog die Tür zur Küche am Ende des Flures neben der Haustür zu und schlich langsam den Weg bis zum Ende mit seinem Zimmer entlang. Ganz bedächtig öffnete er die Tür, um ja kein Geräusch zu verursachen und schlüpfte durch den Spalt, kaum dass er groß genug dafür war. Mit einem Stoßseufzer der Erleichterung ließ er sich an der Tür herunterrutschen, um dann gleich wieder aufzustehen und auf den Balkon zu gehen. In dem Moment, in dem die Tür öffnete, zog ihm ein kalter Wind ins Gesicht und jagte eine Gänsehaut über seinen Rücken. Schützend verschränkte er die Arme und stellte sich an die Brüstung mit dem Blick aufs Meer. Die steife Brise ließ die Stimmen, die aus der Küche herüberschallten, nahezu verschwinden. Er war sich ziemlich sicher, dass man ihn in der Küche nicht würde hören, wenn er jetzt etwas sagte. "Guten Abend, Shinji." Zuerst dachte er sich verhört zu haben oder das der Wind ihm irgendwas ins Ohr getragen hatte, aber als er sich umdrehte, sah er wie Rei eingemummt in eine Decke am Geländer stand. Ihre Haare flatterten wild im Wind und ihre roten Augen strahlten wie eh und je. "Keine Lust?", fragte sie provisorisch. "Keine Lust.", entgegnete Shinji. Sie grinste schadenfroh. "Mir scheint es, ich komme bei dem ganzen noch am Glimpflichsten davon, ich hatte Anteile an der Idee, muss sie aber nicht ausführen." Ihr Lächeln stand in hartem Kontrast zu der sie umwehenden Kälte und wäre es möglich, dann hätte sie spontan einen persönlichen Beitrag zur Erderwärmung geleistet. "Aber ich denke, du solltest langsam wieder zu deinem Team stoßen, ansonsten wird deine Ausrede ziemlich unglaubwürdig. "Mit einer Mischung aus Warnung, Hinweis und Mitgefühl wies sie mit ihrer Hand um die Ecke auf seine Balkontür. "Na, ich geh dann mal,", gebot ihm seine Vernunft zu sagen, "wir sehen uns spätestens in der Schule, Nacht!" Sie winkte ihm zu und beugte sich dann wieder zurück, so dass er sie nicht mehr sehen konnte. Mit einem leichten Schaudern ging er wieder ins Zimmer und schlich sich anschließend zum Bad, um danach normal in die Küche zu gehen. Das Gerede dauerte noch lang in die Nacht hinein und als die Gäste endlich verabschiedet waren, fiel Shinji schon ins Bett und schlief auf der Stelle ein. Als der Bus ankam, war es bereits mittags, obwohl die Gruppe schon früh am Morgen in Neo-Tokio 3 aufgebrochen war. Der Ort ihrer Wahl lag am Fuße des Fujisan, welcher bedrohlich über ihnen aufragte. Dennoch waren sie stolz, diesen symbolträchtigen Berg aus so unmittelbarer Nähe zu sehen, denn schließlich hatte dieser erloschene Vulkan einen großen emotionalen Wert für die Japaner. Ihre Herberge war in altjapanischer Tradition eingerichtet und hatte selber eine heiße Quelle, so dass sie auch am Ausgangsort ihrer Tagesreisen für den Fall der Fälle eine heiße Quelle hätten. Der Schnee hatte das Dach der Häuser, die in weiter Flur einsam dastanden, weißgefärbt, da es aber immer noch schneite, würde der Schnee bald anfangen hinunterzurutschen. Durch das Halten des Busses wurde Shinji aufgeweckt. Verschlafen murmelte er etwas Unverständliches und renkte sich den Hals wieder ein, der sich bei der langen Fahrt total verspannt hatte. Als er dann mit den anderen Reisekameraden ausstieg, war er noch mehr als diese von dem An- und Ausblick fasziniert, hatte er doch den letzten Teil der Anfahrt verschlafen. Er war noch nie so nah am Fuji gewesen und hatte ihn, wenn überhaupt, nur aus der Ferne bei klarstem Wetter sehen können. Jetzt, wo er so dicht war, wirkte er noch bei weitem monumentaler als aus hundert Kilometern Entfernung. Seine schneebedeckte Kuppe war mehr als eine Wonne, sondern wirklich ein Anziehungspunkt fürs Auge. Natürlich stand den Orgas nach Katsuragi-sensei die Ehre der ersten Schritte zu, so dass Shinji nach Horaki aus der Bustür trat und erst einmal mehr als knöcheltief im Schnee versank. Von der Hohe des Schnees geschockt, taumelte er erst mal ein bisschen, was durch seine nachhängende Schläfrigkeit noch verstärkt wurde. "Shinji, unser Trunkenbold." Dieser Kommentar Asukas wurde sofort durch einen scharfen Blick der Lehrerin gerügt, welche auf sie seit dem Foto sowieso was Ärgern betraf nicht gut zu sprechen war. Allerdings kam ihr dann der Gedanke von Sake im Onsen, was sie in Verzückung mit einem Lächeln erstarren ließ. Shinjis Taumeln hatte aber auch etwas Gutes, es war Platz zum Austreten für die Horde geschaffen worden, welchen diese auch sofort nutze. Innerhalb von Sekunden war der vormals tiefe Schnee auf ein paar Zentimeter niedergetrampelt worden. Während alle ihre Taschen aus dem Bus holten, ging Katsuragi-sensei in die Herberge, um ihre Ankunft zu verkünden. Weil Shinji keine Lust auf diese Ellenbogenaktionen unter seinen Mitschülern hatte, folgte er seiner Klassenlehrerin einfach in Richtung Eingang. Nachdem sie das hölzerne Tor in der Steinmauer durchquert hatten, mussten sie noch ein, zwei hundert Meter gehen, ehe sie das Landhaus erreichten. Dort angekommen klopften sie erst einmal ihre Schuhe ab und schoben dann die Tür auf. Dort erst bemerkte sie, dass ihr ein Schüler gefolgt war. "Was willst du denn hier, Shinji? Willst du nicht deine Sachen holen?", fragte sie. Er schüttelte den Kopf. "Nein, wenn ich mich jetzt da durchboxen müsste, dann würden vielleicht noch unsere Geräte kaputtgehen, und daran will ich nicht schuld sein." Sie nickte verständnisvoll, schwenke aber sofort in ein hinterhältiges Grinsen über. "Das soll doch nicht heißen, dass du wirklich in die Sterne beobachten willst?" "Natürlich," bemerkte er, "wenn ich schon die Gelegenheit habe die Sterne so gut beobachten zu können, dann will ich diese doch nicht ungenutzt lassen!" Wieder bekam er dieses Grinsen. "Jetzt hör schon auf die offizielle Variante zu erzählen, gib doch zu, dass du dich auf die Onsen und das Schwimmen freust!" Langsam wurde er ärgerlich. "Okay, das ist ein Grund, aber ein Anderer ist wirklich das Beobachten! Außerdem müssen wir der Schule ja Beweise für den Nutzen unserer Reise vorlegen, so dass wir so etwas wieder machen können." Er hoffte, mit dem letzten die Gedankengänge seiner Lehrerin soweit zufrieden gestellt zu haben. Manchmal fragte er sich wirklich, wie alt sie war, denn ihr Verhalten war schon recht sprunghaft im Reifegrad. Allerdings war sie ja auch noch ziemlich jung, so Mitte bis Ende zwanzig, und konnte sich solche Scherze leisten, doch trotzdem fragte er sich, wie es wohl rüberkommen würde, wenn sie ein paar Jährchen mehr auf dem Buckel hätte. Seine Vorstellung einer vierzigjährigen Misato wurde unterbrochen, als der Hausherr endlich an der Rezeption auftauchte. "Sie wünschen?" Sofort hatte sie wieder die Verantwortungsvoller-Lehrer-Maske aufgesetzt. "Wir sind die Klasse aus Neo-3," kürzte sie den Stadtnamen ab. "Ach, genau!" nickte der ältere Herr verständnisvoll. Eine Frau fortgeschritteneren Alters kam durch den Flur auf ihn zu und fragte: "Sind das die Kinder?" "Ja, mein Schatz, hast du schon alles vorbereitet?" Es war offensichtlich, dass die Beiden ein altes Ehepaar waren. Der Mann reichte ihr einen A4 Bogen. "Hier ist die Hausordnung, und die Zimmer sind alle in dem Flur da vorne." Er verwies in den Flur, aus dem seine Frau gekommen war. "Die Schlafenszeiten sind Standard, Bettruhe ab 22 Uhr und Ruhe ab 23 Uhr, allerdings habe ich auch gegen länger Aufbleiben nichts, da meine Frau und ich in einem separaten Haus schlafen und unsere nächsten Nachbarn rund 3 Kilometer weit weg wohnen. Die Bezahlung wurde ja schon geregelt, und von daher.. Wollen sie die Kinder nicht hereinholen, es ist doch schrecklich kalt draußen!" Die Lehrerin nahm den Bogen Papier entgegen. "Okay." Sie wollte gerade noch nach Essenszeiten und dergleichen fragen, fand aber nach kurzem Überfliegen alles auf den Zetteln. Anschließend verneigte sie sich höflich. "Vielen Dank, dass sie uns aufnehmen.", sagte sie förmlich. Er entgegnete ebenso förmlich, aber mit Entzückung im Gesicht: "Die Ehre liegt in ihrer Bewirtung!" Sowohl Lehrerin als auch Schüler ließen den sichtlich erfreuten Hausherrn an der Theke stehen und gingen zur Tür, um die Schüler zusammenzurufen. Es war klar, dass es einige Streiterein geben würde um die Zimmeraufteilung, denn es gab nur Zwei- und Drei-Futon-Zimmer, allerdings wurden die meisten Streitigkeiten schnell beigelegt oder durch einen schnelle Partie Stein-Schere-Papier entschieden. Glücklicherweise gab es in jedem Zimmer einen Kotatsu, so dass nicht noch ein Streitgrund gefunden wurde. Katsuragi-sensei hatte sich natürlich das Einzelzimmer am Ende des Flures gegönnt, das Einzige mit einer Scharniertür, während die anderen alle in Zimmern entlang des Ganges ihre Heimstätten hatten. Durch einen Wink des Schicksals lag Shinjis Zimmer wieder neben dem von Rei und Asuka. Der erste Tag stand genauso wie der Letzte zur freien Verfügung, was auch viele nutzten, um im Schnee herumzutollen und eine Schneeballschacht zu veranstalten. Stück für Stück gab es aber immer weniger Teilnehmer, zuerst die Kleineren, die nicht so viel Ausdauer hatten, und dann auch die Älteren, welche nicht ihre ganze Kraft auf das Schneeballwerfen vergeuden wollten. Shinji, dem die undankbare Aufgabe des Schleppens der Astronomiegeräte zukam, nahm zuerst gar nicht teil, denn durch das Tragen der schweren Fernrohre war er schon mehr als ausgelaugt. Er schwitzte nicht gerade, es kam selten vor, dass er sich außer im Sport so sehr bewegen musste, deshalb hatte ihm die Schlepperei ganz schön zu schaffen gemacht. Ob der Schneeball, der ihn im Gesicht traf, nun willkommen oder nicht war, auf jeden Fall ließ er ihn seine müden Muskeln vergessen und sich auch ins Getümmel stürzen. Übrig blieben zum Schluss nur noch Asuka, Rei und Shinji, die sich alle drei gegenseitig und ohne Zusammenhang lachend bewarfen. Mit der Zeit hatte sich auch die Dämmerung über den Tag gelegt, um der Nacht ein Bett zu bereiten und so war es schließlich die Dunkelheit, die die Drei ihre Schlacht beenden ließ. Mit geschundenen Knochen schleppten sie sich gegenseitig stützend ins Haus. "Freu ich mich auf die Quellen! Ah, all den Schmutz des Tages loswerden und sich so schön entspannen!" Die Geschwister stimmten ihrer Kameradin zu, die in der Mitte ging. "Sag mal, sind die Onsen hier eigentlich gut? So richtig schön warm?", fragte Shinji, doch bevor sie antworten konnte, kam schon die nächste Frage von ihrer anderen Seite. "Ich hoffe doch, die Bäder sind geschlechtergetrennt, oder? Weil ansonsten können sich ein paar von den Halbstarken schon warm anziehen..." glitzerte Asuka vorfreudig. Rei griff ein, ehe Shinji mit einem Kommentar seine Schwester sticheln konnte. Sie hatte inzwischen mitgekriegt, dass das Hobby ihrer besten Freunde das gegenseitige Piesacken war, und zwar ohne Unterlass. "Ja, die Quellen sind sehr warm und es ist geschlechtergetrennt. Ich wage es allerdings zu bezweifeln, dass wir noch einen guten Platz erwischen, so spät wie wir sind." Sie schaute sorgenvoll zum Himmel, der durch ein paar Wolkenlücken den Blick auf vereinzelte Sterne fallen ließ. "Aber ich glaube, das wird schon, es dürften auch schon einige die Quellen wieder verlassen haben." Wie es sich herausstellte, waren es mehr als einige, nämlich fast alle. Da es aber noch eine gute Stunde bis zum Abendessen war, war noch genug Zeit, um sich im Wasser zu aalen, und wie es so schön heißt: Gesagt - getan! Shinji ging in sein Zimmer und krallte sich seine Badesachen. Wahrscheinlich war sein Zimmernachbar wieder mal bei einer Partie Shôgi, dachte er sich. Ihm kam der Gedanke, wie seine Lehrerin haushoch gegen ihn verlor, aber tat ihn beiseite, bloß um ihn nach einem Blick in den Gesellschaftsraum bestätigt zu sehen. Katsuragi-sensei verlor tatsächlich! Entweder hatte sie einen schlechten Tag, oder keine Ahnung, oder das wohl Zutreffendste: Sie war betrunken. Nach einer kurzen Beurteilung ihrer Flüche über das Spiel und sonstiger Anzüglichkeiten entschied er sich für die dritte Variante und schlich sich von dannen, um einer eventuellen Saufpartie von ihr zu entkommen. Er wusste zwar, dass es an und für sich illegal war, Minderjährige zu Alkoholkonsum zu verführen, aber er war sich ebenso sicher, dass sie das nicht das Geringste stören würde. Anschließend wanderte er zum Umkleideraum der Männer und zog sich aus. Als er danach die Tür öffnete, stellte er erschreckt fest, dass die Onsen im Freien waren! Zudem würden aus der Mehrzahl einer, der durch eine Bambuswand, die über zwei Meter aus dem Wasser ragte, getrennt wurde. Resigniert hockte er sich in eine Waschecke, um sich einzuschäumen. Nachdem er das getan hatte, nahm er einen Bottich und füllte ihn mit warmen Wasser, womit er sich anschließend abspritzte. Nachdem er dies noch ein paar mal wiederholt hatte und sämtliche Seifenreste verschwunden waren, ging er schnell zu dem Rand der Quelle, der dem Einfluss am Fernsten war. Irgendwo hatte seine Schwester zwar recht, wenn sie sagte, er sei ein Warmduscher, allerdings duschte er nicht in der Temperatur, in der das Quellwasser einströmte! Stück für Stück arbeitete er sich aber durch das Becken bis zum Bambus gegenüber des Einflusses vor und lehnte sich entspannt dagegen. Die Trennwand war an sich zwar nicht sehr dick, aber stabil und vor allem, nicht zu durchschauen. "Hey! Ich dachte, die Wand sei stabil? Ich lehne mich dagegen und kurz darauf, lehnt sie sich zurück! Ja gibt's denn so was?" Verwundert rieb sich Rei den Rücken. Erschrocken wich Shinji von dem Bambus zurück. Er hatte zwar eine Reaktion, ein leichtes Durchbiegen erwartet, aber nicht das! "Äh.. Rei?", fragte er bedächtig. Sie blickte ebenso erschrocken zur Trennung zwischen den beiden Teilen des Bades. Obwohl sie ihn nicht sehen konnte, riet sie "Shinji? Was machst du hier?!" Er suchte verzweifelt nach einer Antwort, die ihn nicht in irgend eine missverständliche Lage manövrieren würde, wurde aber dann glücklicherweise unterbrochen. "Wasislos? Wäischda?" Selbst oder gerade an dem lallenden Ton erkannte er seine Schwester, die sich gerade wusch. Anscheinend war sie nicht so glimpflich vor Katsuragi-sensei davongekommen. Allerdings fragte er sich, ob sie es auch ernsthaft versucht hatte. Ohne Bedenkzeit entschied er sich einstimmig, dass sie es nicht getan hatte. "Hallo Asuka. Wieder zuviel getrunken? Du weißt doch, dass du fast kein Stehvermögen hast, was Alkohol anbelangt!", freute er sich schadenfroh. "Sihst du, ischabfasskeins, abaduübahautnisch!" In sich hinein knurrend verkniff er sich einen weiteren Kommentar. Na, zumindest versuchte er es. "Bier macht fett!" Resigniert stellte die Freundin der Beiden fest, dass sie ihr schönes Spiel wieder begonnen hatten. "'s wa Szaaahaake! Nisch Bia!" Rei entschied sich, dazwischen zu gehen und ein Geräusch in der Nähe gab ihr den passenden Anlass. "Was war das?", fragte sie, womit sie die Aufmerksamkeit der Beiden auf das Rascheln lenkte. Ein bisschen Schnee fiel von einem nahestehenden Rhododendron und begrub etwas unter sich. Durch die fehlende Deckung begraben konnten alle drei sehen, was diese Geräusche verursacht hatte. Ein kleiner Schneehase kam zum Vorschein, und schüttelte sich kräftig, um den Schnee aus dem ebenso weißen Fell zu kriegen. Nachdem er dies größtenteils erledigt hatte, fing er an sich ohne Scheu zu putzen. Rei stieß leicht gegen den Bambus, um Shinjis Aufmerksamkeit zu haben, "Siehst du ihn auch? Wie es scheint, kommt er öfters hierher, sonst wäre er nicht so zutraulich.", flüsterte sie. Obwohl sie es nicht sehen konnte, nickte er. Er tauchte bis zur Nasensitze unter Wasser und schlich ganz langsam zum Einfluss, was bei Temperatur des Wassers schon eine ganze Menge forderte. Dort angekommen, sich soweit wie möglich vom heißen Rohr fernhaltend, streckte er eine Hand nach dem kleinen Tierchen aus. Erstaunlicherweise flüchtete es nicht, wie man es auch von Tieren gewohnt war, die nahe bei Menschen lebten, sondern hoppelte ganz im Gegenteil auf seine Hand zu. Der Busch war ganz nah am Beckenrand und Shinji hatte nicht realisiert, dass die Trennwand kurz vorm Einfluss aufhörte, so dass er jetzt von der holden Weiblichkeit betrachtet werden konnte. Beide schauten interessiert zu, Asuka, weil sie seinen Tritt ins Fettnäpfchen sehen wollte und Rei, weil sie den Hasen, und Shinji mit seinem Fettnäpfchen nicht verpassen wollte. Doch plötzlich stürzte das Kaninchen wie wild weg, als wäre es erschreckt worden, obwohl kein Grund ersichtlich war. Enttäuscht ließ Shinji sich nach hinten fallen, bloß um anschließend in einem Aufschrei anzufangen loszutanzen, wobei er das heiße Wasser verfluchte. Es war zwischen seiner dritten und vierten Umdrehung, als er erfasste, dass er sich auf die weibliche Seite des Bambus getanzt, oder besser gesagt geflucht, hatte. Starr vor Schreck hielt er inne, mit dem Rücken zum Haus und drehte ganz langsam seinen Kopf. Mit trockenen Lippen stellte er fest, wo er sich befand. Froh, dass er noch ein Handtuch anhatte, wurde er zwar rot wie der Sonnenuntergang, aber war trotzdem froh, dass er sich nicht komplett zum Affen gemacht hatte. Er bemerkte auch die nunmehr sehr gesunde Gesichtsfarbe von Rei, die bis zur Nase im Wasser war, einige Meter hinter ihm, noch neben dem Bambus. Ebenso erfasste er seine Schwester, die, mit übereinandergelegten Beinen im Wasser, am Quellenrand auf den Steinen saß. Als er sich umwandte, um wieder auf seine Seite zu gehen, griff er nach dem Handtuch, dass er auf dem Kopf zusammengefaltet hatte, und fuhr sich damit übers Gesicht. Moment mal, das Handtuch war auf seinem Kopf? Mit was... ? Es dämmerte ihm, warum seine Schwester dermaßen vergnügt dagesessen hatte, und warum Rei über alles Rot wurde. Er war bei seinem Tanz schlichtweg nackt gewesen! Blitzschnell hielt er sich sein Handtuch vor den Schritt und ließ sein Gesicht einen Farbton annehmen, wogegen der vorige eine Leichenblässe darstellte. Er wechselte vom schnellen Gang, den er vorher hatte, zum Sprint und ließ dabei das heiße Wasser, das auf seiner Haut brannte und den Wind, der sein Gesicht erfrieren ließ, völlig außer acht. Voller Scham rannte er aus dem Wasser, gefolgt von dem schadensfrohen Lachen seiner Schwester. Völlig überflutet von seinen Gefühlen vergaß er fast sich anzuziehen und scheltete sich mental dafür. "Beinahe wäre das Gleiche noch mal passiert!", fluchte er in Gedanken. Er merkte, wie sich im Nebenzimmer jemand umzog und flüchtete nach dem Umkleiden in seinen Raum, um einer möglichen Konfrontation mit Asuka zu entgehen. Seine nassen Haare klatschten in den Nacken und ließen kaltes Wasser seinen Rücken hinunterlaufen, doch er ging einfach weiter und warf sich, nachdem er die Tür hinter sich zugeschoben hatte, auf seinen Futon. Unterbewusst bewunderte er die ausgelegten Tatami für ihre Weichheit, dass sie seinen Sprung so gut abgefederte hatten, dachte aber nicht weiter darüber nach. Stattdessen kramte er nach einem Handtuch und legte es sich auf die Haare. Anschließend nahm er seine Jacke und öffnete die Zimmertür nach draußen. Zum Glück hatte jedes Zimmer eine eigene Tür nach draußen, so dass er unbemerkt auf den überdachten Teil der Terrasse trat, sich ein Kissen, dass er sich noch gekrallt hatte, unterlegte und dann mit der Jacke auf den Schultern in den Himmel schaute. Zu seinem Glück war es nicht allzu kalt, so dass der Schnee schön flockig und die Nächte halbwegs angenehm waren. Er fluchte kurz, als die Tür des Nachbarzimmers aufgeschoben wurde. "Es.. tut mir leid." Das hatte er nun nicht erwartet. Es hatte zwar vergessen, dass die beiden Mädchen im Nachbarzimmer schliefen, aber dennoch hatte er nicht mit so einem Kommentar gerechnet. Weniger überraschte es ihn, so etwas von Rei zu hören. "Es war ja nicht deine Schuld. Ich hätte nicht einfach so..." Ihm fiel kein passendes Wort ein. "Tanzen sollen.", ergänzte seine Gesprächspartnerin mit einem Lächeln. Er musste bei ihrer Ergänzung unwillkürlich lachen. "Tanzen, das ist gut! Wirklich gut.." Seine Stimme war zum Schluss hin immer leiser geworden, bis sie kaum noch zu hören war. Er schaute sehnsüchtig zu den Sternen und verfolgte ihren Lauf. Mit Gedanken rechnete er ihre grobe Position aus (er hatte ein gutes Augenmaß), während sie da so beide schwiegen. Ein Gerumpel ließ sie aus ihrer Tagträumerei bei Nacht erwachen. "Und, wie wäre es, gehen wir wieder rein?", fragte Rei. "Es scheinen mit einem Mal weniger dort geworden zu sein und du willst doch nicht mit komplett leeren Magen zu Bett gehen, oder?" Er schüttelte missmutig den Kopf und zwang sich zu ein Lächeln. Kurz darauf gingen beide hintereinander durch sein Zimmer zum Ende des Flures und öffneten die Tür zum Aufenthaltsraum. Als dort Shinji, und anschließend Rei, den Raum betraten, lallten Katsuragi-sensei und Asuka gemeinsam zu ihnen rüber: "Ia sei dih näästn!", wobei Katsuragi-sensei auf Rei und Shinji zeigte, und Asuka auf einen Mistelzweig, der über der Tür hing. Kapitel 2: ...und der Epilog dazu (1. Epilog) --------------------------------------------- Die Beiden schauten sich erst einmal verdattert an. "Wie jetzt," fragte Shinji, "wir sind die Nächsten bei WAS?" Seine Begleitung nickte zustimmend und fragend zugleich. Asuka machte sich auch gleich daran, ihnen den Hintergrund zu erzählen, bloß lallte sie auf deutsch, womit den meisten Anwesenden herzlich wenig geholfen ist.. "Ähh, könntest du das bitte noch mal auf japanisch wiederholen?" Zuerst blickte seine Schwester die Beiden genauso an wie es vor ein paar Minuten andersrum der Fall war, dann zuckte sie mit den Schultern und erklärte: "Da isn Brauh in Deuschlan, wenn man sisch undee de Misseln küsst, da isman sisch versprohen, kwasi verloohoobt!" Bei den letzen Worten wurde ihr Grinsen immer breiter und schließlich lachte sie los. Shinji warf ihr einen grimmigen Blick zu, der sich aber in Gedanken verlor. Rei kam ihm zuvor: "Die Nächsten? Wer hat sich denn außer uns darunter ,geküsst'?" Aida antwortete betrübt, aber immer noch halbwegs nüchtern. "Horaki und Touji natürlich! Sie hat mir meinen besten Freund gestohlen.." schniefte er. Shinji allerdings war sich ziemlich sicher, dass das nicht der einzige Grund für die Trauer seines Kumpels war, da er aber momentan nicht in der Laune dazu war, hakte er nicht weiter nach. "Na, immerhin bleibe ich dir erhalten, Kensuke-kun, denn wir wollten uns nicht küssen, oder Ayanami?" Ihr Blick wanderte verängstigt von der einen Ecke des Raumes zur anderen, ohne dabei wirklich etwas zu sehen und ihre Finger spielten verlegen an dem Yukata, den sie trug. Sein dunkles Blau passte wunderbar zu ihren Haaren, deren Farbe in Blüten, gestickt auf dem Yukata, wiedergespiegelt wurde. Ihre verwirrten roten Augen waren etwas heller als der gleichfarbige Obi, der um sie herum gewickelt war. "Ähm.. wenn du nicht willst, dann müssen wir ja nicht.. oder?" Er fiel aus allen Wolken, hatte sie das eben ernst gemeint? War dies überhaupt real? So was kam doch sonst nur in den H-Games von Touji und Kensuke vor! Aber Moment, es waren nirgends Felder zu sehen, aus denen er sich eine Antwort auswählen konnte, also MUSSTE es wahr sein! Unterdessen hatte sich das Hauptaugenmerk der Übrigen wieder auf den Sake und das Bier gerichtet, womit ihnen das verlegene Gestotter der Beiden entging. "Nun.. also.. eeto.." stammelten sie, ohne wirklich zu einem Ziel zu kommen. Als sie dann durch Asukas und Katsuragi-sensei's manisch betrunkene Gelächter wieder in die Gewässer der Realität zurückgeholt wurden, entschieden sie stillschweigend, dass ganze etwas zu vertagen. "Gute Nacht, Rei" wünschte Shinji holprig, als er wieder zurück in den Flur und auf sein Zimmer ging. "Ja, dir auch angenehme Träume, Ikari-kun!" Sie trank nur schnell ein bisschen Tee, der seltsamerweise auch auf dem sonst rein alkoholischen Tisch stand, und ging dann selber zu Bett. Erst auf dem Weg dorthin fiel ihr auf, wie sie Shinji genannt hatte. "Rei.." sagte sie zu sich selber mit einem Lächeln, ehe sie einschlief. Kapitel 3: 1. Zwischenspiel --------------------------- Das Nichts. Unendliche Weiten, wir schreiben die Ewigkeit und schauen ins Nichts. Das regte gewisse deutschstämmige Personen natürlich ungemein auf... "GRAAAAA!! ARNE!! Mach hier irgendwas! Diese Leere macht einen wahnsinnig!" Der Angesprochene schüttelte nur bedauernd den Kopf. "Du solltest es besser wissen, Kleine. Wie heiße ich?" Ihr Augen sprangen ihr wie Toasts aus den Höhlen. "KLEINE?! Du ---" (aus Jugendschutzgründen werden die Beleidigungen und Beschimpfungen durch seichte Musik überblendet). Wieder schüttelte er nur den Kopf. Rei, die neben ihm stand, schaute ihn emotionslos an. "Arne-san, wie lautet ihre korrekte Bezeichnung?" Ihre Frage hatte wie fast alles was sie sagte einen Gefühlstiefe wie ein Wasserfleck. Unglücklicherweise hatte sie auch die gleiche Lautstärke, doch die Nähe hatte ihn sie verstehen lassen. "Arne, Rei. Ich bitte darum, den Suffix beiseite zu lassen, ja?" Ihre Antwort bestand darin wieder ihre Augen aufs Nichts zu richten. Eigentlich befand sich Shinji im Weg, aber wenn man dessen Selbstwertgefühl in Betracht zieht ist der Unterschied nur mit sehr viel Freundlichkeit marginal zu nennen. Dieser wiederum fühlte sich unbehaglich unter ihrem Blick. Nun gut, unbehaglich nicht, aber ihm war nicht wohl. Auch dabei hätte er wohl gerne widersprochen, allerdings konnte er auch kein besseres Wort finden. Ihm gefiel, dass er in ihrem Blick stand - er hätte Aufmerksamkeit gesagt gehabt, aber es war wirklich bloß ihr Blickfeld - und doch machte es ihn nervös. Wir sind ja nichts so, ne? "Ähm... Äh... Also... Äh... Rei... Nun..." Die leichte Hintergrundmusik löste sich in Nichts auf (ziemlich frech, was?), dementsprechend hatte Asuka wohl ihre Tirade beendet, denn ihr neues Opfer hieß Shinji. "Baka! Lass dir ein verdammtes Rückgrat wachsen und rede ordentlich mit ihr, wenn du schon reden musst!" Mit einem kaum merklichen Nicken stimmte Rei ihr zu. "Soryu hat Recht. Deine Sprache ist ineffizient, Ikari-kun." Nach einer merklichen Pause - Gibt es Zeit in der Ewigkeit? - die Asuka genutzt hatte den Jungen runterzuputzen, fuhr Rei fort. Eigenständig. Von ihr aus. "Ich könnte dir linguistischen Unterricht geben." Dass Rei sprach komm durchaus vor, wenn auch selten und leise. Dass dies auch noch von ihr geschah, war unter diesen seltenen Gelegenheiten eine Rarität. Und dass sie einem Hilfe anbot, dehnte die Grenzen der Wahrscheinlichkeit um ein nie gekanntes Maß. Und damit war die Wahrscheinlichkeit erreicht, dass ich wieder mit der Geschichte fortfahre ^__^... Kapitel 4: Leben für Anfänger: Das kleine Alphabet -------------------------------------------------- Das Erwachen in einer unbekannten Umgebung verstörte Rei zuerst und führte zu einem starken Unwohlsein. Erst die Erinnerung und die Vergegenwärtigung ihres Umfelds ließ das blauhaarige Mädchen sich entspannen. Als sie sich aufrichtete, rutschte der Oberteil ihres Futons herab und entblößte etwas viel Haut, denn durch den unruhigen Schlaf war ihr Yukata ziemlich verrutscht. Ein Schatten, gefolgt von einem Klopfen, kündigte Besuch an, weswegen sie sich schnell wieder zuband und anschließend "Herein" bat. Jetzt, wo es ihm erlaubt war, trat Shinji ein. Er hatte keinen traditionellen Schlafanzug wie sie, sondern trug nur ein weißes T-Shirt und dunkelbraune, fast schwarze Boxershorts. Seine Haare waren trotz ihrer Kürze noch wild durcheinander vom Schlaf, und das er sich verlegen mit der Hand durchfuhr, verbesserte ihr Aussehen auch nicht gerade. "Tut mir leid, wenn ich dich geweckt habe," versuchte sich Shinji zu entschuldigen, "aber ich soll dir sagen, dass es in Kürze Frühstück gibt." Ein kleiner Seitenblick versicherte ihm, dass der rote Dämon noch schlief. "Vielleicht kannst du ja meine Schwester auch dazu aufraffen, obwohl sie mit einem Kater eigentlich noch unausstehlicher ist." Er wies dabei auf das rothaarige Mädchen, das in schwarzen Top und weißen Hot Pants in einem völlig zerwühlten Futon ihr Kissen voll sabberte. Wie aufs Stichwort griff sich Asuka murrend unter unters Hemd und kratzte sich den Bauch. Verlegen schaute Shinji wieder weg. Es war zwar nicht so, dass er die adoptierte Deutsche noch nie nackt gesehen hätte, aber zum Einen war es Jahre her und zum Anderen war sie nun wesentlich anders, um nicht zu sagen besser proportioniert als damals. "Sonst noch was?" Rei stützte sich auf ihren linken Arm und lag nun seitlich, wobei trotz Festigung der Yukata wieder ein Stückchen herunter rutschte und schneeweiße, runde Haut offenbarte. Gefangen von diesem Anblick und mit sichtlicher Rötung verneinte er ihre Frage und wollte gerade gehen, als er sich schließlich doch dazu überwand, es ihr zu sagen, "Rei... dein Yukata," stotterte er halb verlegen. Verwirrt schaute sie an sich herunter und bemerkte den großen Ausschnitt Busens, den sie zu Markte trug. Sie spürte wieder diese Wut in sich aufkommen, die sie auch bei dem einen 'Gespräch' mit Asuka hatte. Eigentlich entsprach so ein Ausbruch gar nicht ihrem Typ, stellte sie bereits damals fest und so schaffte sie es, sich zu beruhigen. 'Ruhig, ganz ruhig, er hatte keine böse Absicht. Die Jungs in Neo-Zwo hätten einfach weitergestarrt gehabt, ohne auch nur ein Wort zu sagen, und ich hätte es wahrscheinlich nicht einmal bemerkt. Dann hätte mich jeder zu allem Unglück wohl auch noch "Luder' genannt gehabt... Aber nein, Shinji hat mich darauf hingewiesen. Ich sollte ihm danken, aber wie nur?' Fast zu spät kam ihr doch noch der rettende Einfall. Shinji hatte unterdessen genug Muße gehabt, Reis Wechsel der Gesichtsausdrücke zu bewundern. Die anfängliche Scham wurde von verhohlener Wut abgelöst, die schließlich in angestrengtes Überlegen überging. Obwohl er einige weibliche Züge hatte, Asuka zog ihn trotz des guten Geschmacks immer wegen seines Kochfaibles auf, verstand er sie natürlich völlig falsch und deutete die gekräuselte Stirn der Blauhaarigen als Auswahl der Strafe, die er für seine Unverfrorenheit würde erleiden müssen. Dieser Fehleinschätzung muss man aber zu Gute halten, dass 10 Jahre schlechten Einflusses durch Asuka tiefe Spuren in seinem Interpretationsvermögen weiblicher Körpersprache hinterlassen haben. Dementsprechend verfiel er auch in eine Handlungsweise, die ihm bei der rothaarigen Zimmergenossin immer geholfen hatte: der organisierte Rückzug, gemeinhin als Flucht bezeichnet. Das gerade diese den rettenden Einfall für seine Belohnung brachte, nennt man wohl Ironie des Schicksals. "Bis dann, Ayanami," wollte sich Shinji gerade verabschieden, aber als er die Tür hinter sich schließen wollte, wurde er durch die Stimme seiner Gesprächspartnerin unterbrochen. "Ähm, du kannst mich ruhig wieder mit Rei ansprechen, wenn es dir nichts ausmacht. Ich benutze ja schließlich auch immer deinen Vornamen..." schloss das Mädchen immer leiser werden. Es folgten einige Sekunden der Stille, deren einzige Unterbrechung das Geräusch von den Ästen fallender Schnee war, sowie in einiger Entfernung Vogelgesang. "Bis dann, Rei." Shinji kostete die bewusste Benutzung ihres Vornamens aus und wog ihn auf seiner Zunge hin und her, bis er abgelenkt wurde und die Tür hinter sich schloss. Als Katsuragi-sensei aus ihrem Zimmer kam, bemerkte sie zwar noch unbewusst, wie eine naheliegende Tür zugeschoben wurde, verfolgte den Gedanken aber nicht weiter. Müde trottete sie ein paar Schritte nach vorne, wandte sich nach rechts und versuchte verzweifelt den Kühlschrank zu öffnen. 'Komisch,' dachte sie, 'seit wann haben wir einen Kühlschrank mit Schiebetür?' Erst der verwirrte Blick von Rei ließ sie soweit wach werden, dass ihr die Reise wieder in Erinnerung kam. Frustriert schaute sie sich um und kratzte sich dabei am Kopf. Ein Gefühl sagte ihr zwar, das außer der Neuen noch jemand in der Nähe war, aber der Anblick des Flurendes, und damit die Erinnerung an das Wohnzimmer einschließlich Kochnische und biergefüllten Kühlschranks, lenkte sie freudig ab, so dass sie müde in Richtung Tür platschte. Als sie diese aufschob, sah sie zwar das Chaos des gestrigen Saufgelages, realisierte es aber im Gegensatz zur Küche nicht. Mit wirren Haaren schlurfte sie in Richtung der Kochecke, öffnete den Kühlschrank und suchte nach einem Bier oder etwas anderem Alkoholischen, bis sie es in Form eines dieser überzuckerten Mischgetränke fand. Die erste Flasche leerte sie in einem Zug und rülpste danach völlig undamenhaft. "Viel zu süß," grummelte sie, was sie aber nicht davon abhielt noch zwei weitere Flaschen zu trinken, ehe sie sich ihre insgesamt Vierte nahm und an den Tisch setzte. Erst jetzt, mit einem gewissen Alkoholpegel im Blut, wurde sie sich der Unordnung Gewahr und runzelte die Stirn. Unordnung war nicht wirklich zutreffend, geordnetes Chaos traf es eher. Der Tisch war schon mit Tellern, Tassen und etc. gedeckt, während die Lebensmittel noch fehlten. Dafür waren die Überreste der durchzechten Nacht überall im ganzen Raum aufgestellt worden. 'Die Hausherren?' Diese Annahme lehnte sie fast schon aus Prinzip ab, ins Besondere weil der alte Mann sich so über die traditionelle Begrüßung gefreut hatte. Das bedeutete, dass das eine Schülerin gemacht haben musste, denn kein Junge stand in den Ferien so früh auf, um so viel Arbeit zu verrichten. Strategisch, aber langsam dachte sie über jedes einzelne Mädchen nach, musste jedoch feststellen, dass es keine wirklichen Kandidaten gab. 'Horaki ist zwar fürsorglich, aber diese Flaschen passen nicht zu ihr. Ikari weiblich ist zu... sehr sie selbst; Nana? Auch nicht wirklich.' So ging es ihr bei fast allen, und obwohl sie ein paar Treffer beim Herrichten des Tisches ausmachen konnte, kam doch keiner für die Restestapelei in Frage. Dann kam ihr ein neuer Gedanke: Die Neue! 'Hm, von der weiß ich kaum etwas,,, Ich muss wohl Magi befragen.' Magi, oder besser die Einheit aus Melchior, Balthasar und Caspar, war der Supercomputer von Neo-Tokio 3, der alle Daten über seine Einwohner, Tätigkeiten, und dergleichen erfasste und verarbeitete. Alle Magi-Einheiten, fast jede größere Stadt hatte eine, basierten auf der Urkonstruktion, die Naoko Akagi entwickelt hatte und ohne deren Hilfe die Jahre nach dem Second Impact für Japan wohl nicht ganz so glimpflich abgelaufen wären. Während dieser Zeit hatte er sämtliche Rettungs- und Aufbauarbeiten koordiniert und aufeinander abgestimmt. Mittlerweile steht dieser im wahrsten Sinne des Wortes 'Muttercomputer' in einem öffentlichen Museum, wo er aber nach wie vor arbeitet und Verwaltungsaufgaben übernimmt, denn durch die von der Entwicklerin erfundenen Techniken der Erfahrungsextrapolation besaß er nicht nur eine künstliche Intelligenz, sondern hatte auch während und nach der Krise eine immense Erfahrung angesammelt, die man einfach nicht verschwenden konnte. Mit ihrem Entschluss befriedigt machte Katsuragi-sensei sich daran, die ganzen Schüler zu wecken. Auf dem Weg zum Flur achtete sie darauf, keine Flaschen oder Dosen umzukippen, denn sie musste zugeben, dass diese Aufstellung neben der Ästhetik einen gewissen Eindruck erzeugte, einen Hauch von unterschwelliger Schuld, den sie den Anderen, die gestern mitgetrunken hatten, nicht vorenthalten wollte. Klopfend an allen Türen ging sie durch den gang und rief dabei immer wieder: "Aufstehen, hopp hopp hopp! Es gibt gleich Frühstück und wer zu spät kommt, den bestraft das Leben! Wir wollen ja heute schließlich auch noch Baden gehen, also kommst aus den Puschen!" Shinji, der sich schon fertig zum Waschen gemacht hatte, rüttelte Aida und Suzuhara, damit diese wach wurden, was sogleich von einem Murren quittiert wurde. "Falls was ist, ich bin zu Morgenwäsche," sagte er noch, ehe er den Raum verließ. Zur Antwort wurde nur ein Arm gehoben, wessen, das war in dem Deckengeknäuel nicht zu erkennen. Als er den Flur entlang ging, konnte er aus allen Zimmern, obwohl die Türen geschlossen waren, erste Anzeichen von Aktivität erkennen. Auf dem Rückweg von der Morgenwäsche kamen ihm schließlich auch die ersten Mitschüler schlaftrunken entgegen und murmelten ihm ein formlosen "Morgen" zu. Am Frühstückstisch ging es relativ gesittet zu, obwohl es gelegentlich betretene Blicke zu den leeren Flaschen gab, die überall herum standen, während die Wenigen, die nicht mit getrunken hatten, einfach nur den Kopf schüttelten. Als die Gastgeber kamen und sahen, dass die Gäste bereits aßen, eilten sie sofort zu Katsuragi-sensei und baten mit tiefen Verbeugungen um Entschuldigung. Die Lehrerin winkte dies einfach ab und beteuerte, sie müsse sich dafür entschuldigen, dass sie ihren Tagesplan dem älteren Paar nicht mitgeteilt habe. Als dieses Thema abgehandelt worden war, schaute sich der Herr um und fragte leicht verwirrt, was es mit den Flaschen auf sich habe. "Also waren sie das wirklich nicht?" Beide schüttelten ihre Köpfe. "Habe ich mir auch so gedacht... Dann war es wahrscheinlich einer von uns, der sich einen Scherz erlaubt hat." Alle Schüler aßen in Ruhe weiter, als hätte niemand etwas gesagt, wobei die Meisten aber dem Gespräch der Lehrerin gelauscht hatten, denn sie interessierte diese Flaschensache mindestens genauso stark. "Werden sie nach uns bitte abdecken und aufräumen? Wir erwarten nämlich in Kürze unseren Bus, so dass wir das nicht selber machen können," bemerkte die Lehrerin mit einem Blick auf ihre Uhr. Wie angekündigt fuhr dann auch der Bus vor, während sich die Sonne langsam über den Horizont schob und ein Glitzern auf den Schnee zauberte. Der Bus, der etwa 50 Sitzplätze umfasste, hatte ein ähnliches Weiß wie seine Umgebung, ging jedoch noch einen Stich ins Gelbe über. Die verdunkelten Fenster bildeten dazu einen starken Kontrast, obwohl sie nach oben hin durchsichtiger wurden. Als einer der ersten hatte Shinji freie Platzwahl und nahm einen Doppelsitz in der Mitte der hinteren Hälfte in Beschlag. Diese Besetzung konnte er sich genehmigen, da es ohnehin weniger Schüler als Plätze gab. Nachdem er sich ans Fenster gesetzt hatte, stellte er seinen Rucksack auf den Nebensitz und lehnte seinen Kopf anschließend gegen die Scheibe. Mit einigen anderen Schülern, die genauso wie er bereits gestern gepackt hatten, kam auch Rei, die den Platz auf der anderen Seite von ihm nahm. Als sie sich über den Gang hinaus zu ihm rüber beugte, fragte sie "Ist der Platz noch frei," wobei sie mit ihrer Hand den Platz mit seinem Rucksack berührte. "Schon, aber wolltest du nicht neben Asuka sitzen?" Nach einem kurzen Moment des Überlegens entschied sie, seinem Vorschlag zu folgen, aber dennoch ihrer rothaarigen Freundin entgegen ihrer Gewohnheit den Fensterplatz zu überlassen. Somit wirkte sie als Puffer zwischen den beiden Ikari-Geschwistern, bis der männliche Teil resignierte, sich seinen SDAT schnappte und Musik hörte. Mit dem Eintreffen von Touji, wie üblich der Letzte, konnte der Bus schließlich auch seine Fahrt beginnen. Die Fahrt an sich verlief relativ ruhig, Shinji schlummerte vor sich hin, Asuka belagerte Rei um Informationen über das Schwimmbad und Suzuhara wurde von Horaki wegen seiner ständigen Verspätungen ausgemeckert, eine ganz normale Busfahrt also. Shinjis Erwachen gestaltete sich als etwas unsanft, denn durch das ruckartige Bremsen auf dem völlig schneefreien Parkplatz war sein Kopf nach vorne gegen den Vordersitz gerutscht. Wütend rieb er sich über die Stelle und stand auf, um aus dem Deckenfach ebenso wie seine Mitschüler seine Tasche und Jacke zu holen, damit er draußen nicht erfrieren würde. Eigentlich gab es dort zwar keine Temperaturen, als dass man Gefahr laufen würde, Erfrierungen zu erleiden, aber sicher ist nun mal sicher. Als er aus dem Bus trat, schaute er noch verblüffter als die anderen, denn er hatte auf der Fahrt gedöst gehabt, weswegen ihn der Anblick dieser hohen und steilen Hügelwände noch mehr verblüffte. Es war fraglich, ob man da überhaupt noch von Hügeln sprechen durfte, denn ihre Spitzen schienen sich trotz eines sehr steilen und teilweise felsigen Anstiegs ein-, zweihundert Meter über der Erde zu befinden. Außerdem verwirrten ihn die Geräusche einer Brandung, zu der er jedoch offensichtlich kein Meer entdecken konnte. Gemeinsam mit seinen Schulkameraden folgte er seiner Lehrerin, die trotz dieser Kälte in einem kurze Rock mit hohen Strümpfen, dafür aber dicker Jacke gerade wie ein Lot auf ein Haus zumarschierte. Als sie es betraten, wurde auf Anhieb klar, dass das Haus sich teilweise im Berg befinden musste, denn es war im Verhältnis zu seiner äußerlichen Breite ungleich tiefer. Trotz dieses beeindruckenden Anblicks stieg bei fast allen Ekel auf, denn obwohl der Boden gefliest war, steckte überall in den Fugen der Dreck. Wahrscheinlich müsste man nur noch ein paar Tage warten, und man könnte sehen, wie er sich von den Fliesen abhöbe und anfinge durch die Tür zu krabbeln. Einen ähnlichen Anblick bot die Rezeption, an der bis auf die Mitte der Flächen die Farbe schon überall eingerissen oder abgebröckelt war, abgepult durch Generationen von gelangweilten Kleinkindern. Irritiert musste Shinji aber feststellen, dass nirgends Staub lag, nicht mal in den hintersten Ecken. Unterdessen hatte Katsuragi-sensei alles mit der Frau an der Rezeption geklärt, woraufhin sie ihre Untergebenen zu einer großen feuerfesten Stahltür führte, in deren Mitte ein großen Schild mit den Buchstaben "PULL" prangerte. Trotz ihrer Masse ließen sich die beiden Flügeltüren relativ leicht öffnen, wobei die Scharniere nicht das geringste Quietschen erzeugten. Nachdem alle Schüler den halbkreisförmigen gefliesten Gang betreten hatten, schloss ihre Lehrerin den Eingang hinter ihnen und setzte sich anschließend an die Spitze der Gruppe. Mit dem Geräusch, das ihre hochhackigen Schuhe erzeugten, wies sie, zusätzlich zum Licht am Ende, den Weg. Der Tunnel war zwar beleuchtet, aber das Licht reichte kaum aus, um sich nicht auf die eigenen Füße zu treten. Rei, anstatt der Schuluniform in einem dunkelblauen Sommerkleid und mit passenden hellen Schuhen, wurde durch die beiden Ikari-Geschwister flankiert. "Hübsches Kleid," bemerkte Shinji, als er sich die Ohrstöpsel herauszog und zusammen mit dem SDAT im Rucksack verstaute. Der schwarzhaarige Junge hatte seine übliche Kleidung an - helles T-Shirt mit dunkler Hose - die aber dieses Mal seine eigenen Sachen waren. "Es steht dir." Dieser Kommentar Horaki's kam unerwartet, denn normalerweise war sie im Gegensatz zu Asuka nicht ein Modemensch. Trotzdem nickte die Rothaarige dem Mädchen mit lockeren Jeans und Blouson mit Unterhemd zu. Sie trug sehr zu Freude der Jungs, die hinter ihr gingen, enge Jeans und ein ähnliches Oberteil wie die Klassensprecherin, jedoch in anderen Farben. Eigentlich war diese Art Kleidung nicht ihr Standard, aber aufgrund ihrer wilden roten Mähne stand ihr dieses maskuline Outfit nicht schlecht. Einzig ihre Schuhe, die direkt Alice im Wunderland gehören könnten, stachen sich ziemlich mit dem Rest, wurden aber glücklicherweise durch die roten Haare etwas abgemildert. Der schwach beleuchtete Gang führte immer tiefer in den Berg hinein. Mittlerweile hatten sich unter den Anderen Zweifel breit gemacht, ob Reis Vorschlag wirklich so gut war. Diese nahm das mit Bedauern und Befürchtungen zur Kenntnis. 'So fing es auch damals an...' erinnerte sie sich, wurde jedoch durch das Staunen ihrer Mitschüler unterbrochen. Ihnen bot sich ein Panorama, das einfach unfassbar war. Mit einem Lächeln auf den Lippen fragte sie scheinheilig "Na, habe ich euch zu viel versprochen?" Katsuragi-sensei war ebenso verblüfft wie der Rest. Direkt vor ihr tat sich eine gigantische Kuppel auf, die von einem Berg gefüllt wurde . Wasserrutschen umschlungen und durchdrangen diesen ebenso wie die Pflanzen, die auf ihm wuchsen. Zu seinen felsigen Füssen lag ein Schwimmbecken, das durch einen wegführenden Anstieg den Eindruck erweckte, der Berg stünde als Insel in einem Meer. Ein paar Meter von der Wasserlinie entfernt standen Tische, Stühle und Liegesitze, die sich sichelförmig um das Minimeer schlossen und durch die Kuppelwand nach hinten abgegrenzt wurden. Ein vertrautes Aroma in der Luft ließ vermuten, dass das Wasser salzig war. Der besondere Clou an der Promenade aber war der durchsichtige Boden. Durch ihn konnte man auf das Meer schauen, dass sich unter dem Boden brach und teilweise mit den künstlichen Wellen über ihm schnitt. Mattdurchsichtige Stützpfeiler sicherten dabei ab, dass die Kuppel nicht abstürzen würde. Diese Mattheit durchzog auch den Boden in Richtung Berg, wobei sie allerdings bereits bei knietiefem Wasser keine Durchsicht mehr erlaubte. Erst als sie das gerundete Meer passierten und sich Stühle und Liegen suchten, konnte man an dem Berg vorbei einen Imbisstand sehen, der in der Mitte zwischen dieser und einer weiteren, kleineren Kuppel stand. "Rei," stammelte Shinji, "du bist eine Wucht." Freudestrahlend bedankte sie sich für dieses Kompliment, was irgendwie den Bann löste, in dem alle gefangen gewesen waren. Sie stürmten sofort auf ihre Mitschülerin zu, um sich ebenfalls bei ihr zu bedanken, denn mittlerweile hatte es die Runde gemacht, dass sie die Idee zu dieser Fahrt und zu diesem Schwimmbad gehabt hatte. Nachdem sich alle etwas beruhigt hatten, zeigte Ayanami auf zwei Türen neben dem Gang, aus dem sie gekommen war. "Dort befinden sich die Umkleiden." Der Ansturm, der anschließend in diese ergoss, war maßlos. Bis auf Rei, Shinji und Katsuragi-sensei waren alle fort. Das mit der Lehrerin erklärte sich schnell, denn sie machte sich zu einem Erkundungsspaziergang Richtung Imbiss auf, aber das Verbleiben des Jungen war der Blauhaarigen ein Rätsel. "Shinji-kun?" Erschrocken stellte sie fest, dass sie ihn mit seinem Vornamen angesprochen hatte. "Oh, tut mir leid, ich wollte nicht unhöflich sein. Ikari-kun?" Er schaute sie mit krauser Stirn an. "Du hast mich fast immer Shinji-kun genannt, also kannst du auch ruhig beständig dabei bleiben." Verwundert stellte sie fest, dass er recht hatte und sie ihn wirklich fast immer bei seinem Vornamen angesprochen hatte. Früher hatte sie das nie gemacht, selbst nicht bei den Leuten, die sie als 'Freunde' ansehen konnte, doch bei ihm war es irgendwie natürlich, ihn beim Vornamen zu nennen. "Seltsam," stellte sie halblaut fest. "Gut. Shinji...kun? Willst du nicht auch wie die Anderen Baden gehen?" Bis auf die Unterbrechung eben hatte er durchweg den Berg angestarrt, doch jetzt wandte er seine Aufmerksamkeit Rei zu. "Wie? Ach so, nein, doch, schon, aber... das ist einfach klasse. Unglaublich." Offensichtlich war er immer noch völlig verblüfft, sehr zur Freude von Rei. "Nicht wahr? Das alles wurde von einem exzentrischen Alten errichtet, der früher mal auf irgendwelchen Pazifikinseln gelebt hat. Ich glaube er hieß Kiel Lorenz oder so... Wie auch immer, er hatte Sehnsucht nach dieser Zeit, aber sein Körper konnte solche Reisen nicht mehr verkraften, weswegen er dieses Schwimmbad entwerfen und bauen ließ. Ich glaube, mit der Zeit ist er senil geworden, denn er ließ in jeden Arbeitsvertrag einfügen, dass über dieses ganze Projekt Stillschweigen bewahrt werden müsse. Dieser Klausel unterliegen übrigens auch alle Gäste, die hierher kommen. Der entsprechende Vertrag wird bei der Abreise unterschrieben werden müssen, zumindest musste ich das damals." Jetzt war Shinji klar, warum sie nie etwas genaueres über dieses Schwimmbad gesagt hatte. Er wollte gerade fragen, wieso sie aber dann hier seien, als sie ihm bereits mit der Antwort zuvor kam "Außenstehenden darf man zwar nichts sagen, aber...," ein neckisches Grinsen überzog ihre Lippen, "es steht nichts von Mitbringen im Vertrag! Soll heißen, solange eine Person einer Gruppe bereits hier gewesen war, konnte man ohne Probleme mehr mitbringen, man durfte bloß nichts sagen!" Zufrieden lehnte sie sich zurück und schaute zu, wie die Ersten sich in die Fluten stürzten. "Aber wieso hat er dann nicht den Vertrag geändert," fragte Shinji. Dies wurde mit einem Schulterzucken Reis quittiert. "Keine Ahnung. Ich glaube aber, trotz seiner Senilität mag er Kinder und so. Ansonsten hätte er wohl kaum diese Wasserrutschen mit eingeplant. Und davon abgesehen," sie wies mit einer Hand hinter sich zu dem Grat der Minibergkette, die die Kuppel umgab und einen Einbruch zum Meer hin hatte, "soll er angeblich dort hinten wohnen." Katsuragi-sensei war inzwischen zurück und ließ sich desillusioniert auf einen Stuhl fallen. Gedankenverloren zog sie sich die Schuhe aus und fing an zu reden. "Dort hinten sind noch zwei Hallen, eine mit Wettkampf- und Tauchbecken und die andere mit lauter Fitnessgeräten." Shinji stand wortwörtlich der Mund offen, was Rei sichtlich amüsierte. "Wa-wa-was?!" Dieses Stottern regte sie zu ein paar Gedanken an. 'Ob ich damals auch so ausgesehen habe?' Leider erinnerte sie sich aber auch an ein paar schlechte Dinge aus ihrer Vergangenheit. 'Maruko.' Schnell verdrängte sie den Gedanken und kam auf ihre ursprüngliche Frage an Shinji zurück. "Also, kannst du nicht schwimmen, oder warum bist du noch hier?" Verlegen schüttelte er den Kopf. "nein, ich kann schwimmen, ich war bloß so... fertig von dem Anblick." Sie stand auf. "Na dann bist du ja jetzt wieder normal, oder?" Er gesellte sich zu ihr, woraufhin sie ihn zu den Umkleiden drängte. Auf dem Weg fragte sie "wartest du auf mich? Ich meine, wenn ich etwas länger brauche..." Ohne Zögern stimmte ihr dunkelhaariger Begleiter mit einem Nicken zu. Interessiert hatte Katsuragi-sensei den Teil des Gespräches verfolgt, den sie gehört hatte und schnappte sich danach ihre Badesachen. 'Diese Beiden... ich frage einfach mal Ayanami.' Mit diesen Gedanken trat sie zu dem Mädchen in die Umkleide. Rei stand an einem Spind und verstaute gerade ihre Sachen darin, wobei sie sich mit einem Handtuch umwickelt hatte, damit sie nicht völlig nackt dastand. Katsuragi-sensei machte es ihrer Schülerin nach und hatte sich kurz darauf ihres Minirocks mit schwarzem Hemd unter roter Weste entledigt. "Sag mal, Ayanami... irre ich mich, oder läuft da etwas zwischen dir und Ikari?" Die Angesprochene hielt beim Anziehen ihres schwarzen Badeanzugs kurz inne und schaute misstrauisch über ihre linke Schulter. "Er ist nett," entgegnete sie kalt. "Ach, so nennst du das? Zu ihm warst du aber irgendwie freundlicher." Ihre unausgesprochene Frage wurde mit einem Schulterzucken entgegnet. "Was ich mache ist meine Sache und geht sie nichts an." Sie schloss die weiße Metalltür und wollte mit dieser Feststellung die Lehrerin stehen lassen. "Wieso so sauer," fragte diese mit verhohlener Wut. "Ich habe keine guten Erfahrungen mit Lehrern gehabt, darum. Sie entschuldigen?" Ohne eine Antwort abzuwarten ging sie durch den Zwischenflur und trat in die Kuppel hinaus. Shinji war unterdessen wirklich als Erster fertig geworden und hatte sich an die Mauer gesetzt. Die Sonne schien auf die oberen Teile der Kuppel und brach sich in den durchsichtigen Kuppelwänden, was dort Lichteflexionen erzeugte. Er betrachtete diese ohne tiefere Gedanken, bis schließlich Kensuke mit klitschnassen Haaren auf ihn zukam. "Was machst du denn hier?" Shinji blickte ihn an, wobei der die Augen wegen der Reflexionen zusammenkneifen musste. "Auf Rei warten, sie zieht sich gerade um." Touji, der dem Militärfreak gefolgt war, fragte hintergründig "Rei...? Bist du sicher, dass du ihr nicht helfen sollst?" Er grinste schelmisch. Shinji antwortete stirngekräuselt "Hör auf, Dummkopf." Der Kräftigere der beiden konnte da natürlich nicht zurückstecken und nahm seinen schmächtigen Freund am Arm, um ihn ins Wasser zu zerren. "Na warte, das wirst du büßen..." grinste er, während Shinji immer tiefer ins Wasser gezogen wurde. Aida, wie immer unbeteiligt und vor allem unschlüssig, konnte nur zusehen. Schließlich schaffte Touji es, seinen Schulkameraden unterzutauchen. Unglücklicherweise kam Rei gerade in diesem Moment aus der Umkleide und konnte Shinjis Rache an Suzuhara mit ansehen. 'Er sagte, er würde auf mich warten...' dachte sie leicht betrübt. Aida-kun, der von der Abmachung wusste, versuchte Ayanami zu beruhigen. "Es ist nicht wie du denkst, Shinji wollte nicht...", doch Rei wischte seine Einwände mit einer Handbewegung weg und stampfte gesenkten Blickes die Sichel in Richtung des Imbisses entlang. Sie war ohnehin schon sauer wegen der Neugier der Lehrerin und das hatte dem Topf nun den Deckel aufgesetzt. Trotz des gegnerischen Enthusiasmus' hatte Suzuhara leichtes Spiel mit seinem Gegner und gewann, als Shinji endlich aufgab und nach Atem rang. Kaum musste er sich nicht mehr darauf konzentrieren über Wasser zu bleiben, fiel sie ihm ein. "Ayanami!" Doch sein Rufen blieb unbeantwortet. Als seine Augen die Eingänge der Umkleiden absuchten, entdeckte er nur den Jungen in Tarnshorts. "Aida, hast du Rei gesehen?" Er hoffte, er hatte es sich hiermit nicht verscherzt und würde sie weiterhin bei ihrem Vornamen nennen dürfen, obwohl er gerade eben erst gemerkt hatte, dass er es noch nicht gewohnt war. "Ja, sie schon weg, aber an deiner Stelle würde ich ihr folgen," wollte der braunhaarige Jungen seinem Gegenüber raten, doch durch das Zeigen einer Richtung hatte er Shinji keinen längeren Grund zum Verweilen gegeben. Er rief nur noch ein kurzen "Danke" über die Schulter zu, als er in seinem Lauf immer wieder die Wasserlinie schnitt und das feuchte Element dementsprechend hoch spritzte. Katsuragi-sensei hatte sich mittlerweile fertig umgezogen und trug einen verführerischen grün-gelben Zweiteiler, deren Teile durch Ringe an den Seiten verbunden waren. Als sie sah, wie der schwarzhaarige Hobbyastronom wie ein geölter Blitz rannte, wusste sie, hinter wem er her sein würde. "Nett, so so..." Als er den Imbiss erreichte, erkannte er, dass seine Lehrerin recht gehabt hatte. Direkt vor ihm befand sich der Eingang zu einer weiteren, wenn auch kleineren Kuppel, in der sich zwei Schwimmbecken befanden. Da er von hier aus nicht weiter wusste, hörte er auf zu laufen und ging in die Halle. Erst als er das eine Becken zur Hälfte zurückgelegt hatte, hatte er das Mädchen gefunden, nach dem er gesucht hatte. Sie stand am Anfang eines 10m Brettes und schien sich gerade sprungbereit zu machen. Shinji bekam ein mulmiges Gefühl und beschleunigte seine Schritte. "Rei! Pass auf," rief er ihr besorgt zu, aber entweder wollte oder konnte sie ihn nicht hören, denn sie trat gerade zurück, um Anlauf zu nehmen. Von einer bösen Vorahnung erfüllt, fing Shinji an zu zum Sprungturm zu laufen, doch kaum hatte er begonnen, lief auch Rei los. Ohnmächtig sah Shinji zu, wie sie in ihrem schwarzen Einteiler sprang. Mit Kopf voran blieb sie gut eine Sekunde in der Luft, bis sie endlich ins Wasser tauchte. Obwohl sie von so hoch gesprungen war, schlug sie kaum Wellen. Der unfreiwillige Betrachter löste sich schließlich aus der Starre und sprang ohne nachzudenken vom Beckenrand hinterher. Das Wasser war kalt und tief, aber immerhin auch klar, so dass Shinji noch verschwommen den weißen Blasenvorhang erkennen konnte, den Rei bei Eintauchen ebenso wie er erzeugt haben musste. Aber wo war sie? Wild strampelte er immer tiefer, ohne auf den Druck in seinen Ohren zu achten. Nachdem er einige Sekunden an der Stelle, wo die Spitze des Vorhanges gewesen sein musste, sich umgeschaut hatte, bemerkte er seine Selbstüberschätzung. Ihm wurde mehr und mehr schwarz vor Augen, während er verzweifelt versuchte an die Wasseroberfläche zu gelangen. Schließlich stieß sein Körper in einem letzten verzweifelten Aufbäumen die Luft aus seinen Lungen und füllte sie mit Wasser. Ohne einen letzen klaren Gedanken zu fassen, verabschiedete sich sein Bewusstsein und sein Aufwärtstreiben wandelte sich in ein Abwärtssinken. Was war das für ein Gefühl? Hatte er sich verschluckt? 'Aber warum sehe ich dann nichts,' fragte sich Shinji. Mit einem Mal bewegte sich das Verschluckte und er spürte irgendwie einen undefinierbaren, zyklischen Druck. 'Wieso sehe ich nichts?' Ratlos versuchte er sich zu bewegen, jedoch ohne Erfolg. Es war nicht so, dass er sich nicht bewegen konnte, weil er irgendwie daran gehindert wurde, nein, er hatte einfach kein Gefühl, nichts. Nur sein Verstand lag da und versuchte zu begreifen, warum er außer diesem Verschlucken nichts spürte. 'Doch, jetzt, da war was!' Es hatte ein zweites Gefühl gegeben, als hätte etwas in ihm Blasen geschlagen. Verzweifelt bemühte er sich, mehr zu spüren. 'Verzweifelt?' Das was das falsche Wort, dringend, konzentriert trifft es besser, denn "Fühlen" konnte er nicht. 'Nur spüren?' Logisch fragte er sich, was mit ihm passiert sei, während er wieder Blasen schlug. Ehe er zu einer Antwort kommen konnte, konnte er etwas anderes spüren. Licht. 'Wenn das Licht war, dann bin ich im Dunkeln...?' Sein Verstand war verwirrt. Was geschah hier? Er konnte sich zwar erinnern, das etwas fehlte, aber bis auf den Fakt an sich fiel ihm nichts ein! Wieder wurde er unterbrochen in seinen Überlegungen, als ein Hauch von Wärme in der Nähe der Blasen zu spüren gewesen war. Er schlussfolgerte, dass er sich in der Kälte befand und demzufolge auch kalt war. Aber diese Wärme war angenehm gewesen... ein Gefühl, nicht einfach das Spüren, nein, wieder konnte er Wärme spüren, und es fühlte sich angenehm an. Mit einem Mal traf ihn die Erkenntnis. 'Ich bin tot!' Diese stellte er voller Schrecken, wahrem Schrecken fest. 'Ich will nicht tot sein! Ich will leben!' Genau in dem Moment, in dem er das gedacht hatte, ging es wie in einer Explosion. Wärme. Wärme war Leben. Er konzentrierte sich darauf, die Wärme zu verstärken und schaffte es auch. Ruckartig floss sie, Stoß für Stoß und zog überall Bahnen. Zuerst große, die sich immer mehr und mehr verzweigten, bis sie schließlich an Grenzen traf. 'Mein Körper' stellte Shinji unterbewusst fest. 'Ich spüre, ich fühle meinen Körper!' Doch mitten in seinem Netz der Wärme hatte dieses kalte Zeug, das gelegentlich Blasen schlug. Kurz bevor dies wieder geschah, spürte er, wie etwas Stellen an seinem Körper leichtverformte und wie die Blasen das Zeug langsam nach draußen beförderten, wo oder was auch immer das sein mag. Er konzentrierte sich darauf, das Zeug rauszukriegen. Schließlich fand er eine Methode, oder besser gesagt, wandte er eine an, ohne zu wissen wie oder was er tat. Schlagartig wurde ihm bewusst, dass es kalt war, wo unten war, dass er lag. All dies geschah innerhalb von Bruchteilen eines Gedanken und schließlich öffnete er seine Augen, rollte sich zur Seite und spuckte Wasser. Er nach einigen Sekunden war der Anfall vorbei, obwohl sich sein Hals und seine Lunge nach wie vor kratzig anfühlten. Mit einiger Kraft schaffte er es sich aufzurichten, bloß um sofort von einem blauhaarigen Mädchen wieder zu Boden befördert zu werden. "Gott sei Dank, du lebst! Du lebst...!" Ihre Stimme brach und Tränen tropften zu Boden. Ein Husten seinerseits ließ sie die Umarmung lösen. "Komm mit," sagte sie, nahm ihn unterm Arm und zog ihn hoch, "du solltest dich besser hinlegen und erholen." Kraftlos ließ er sich von Rei helfen, als sie ihn in die andere Kuppel schleppte. Kaum hatte Katsuragi-sensei die beiden hereinkommen sehen, fing sie an wie ein alter Seebär zu fluchen und rannte ihnen entgegen. "Was zum Henker ist passiert?" Rei fing an zu erklären. "Ich bin tauchen gewesen, hinten beim Sprungturm, und anscheinend ist Shinji mir hinterher gesprungen, denn als ich mich langsam ans Auftauchen machte, trieb er mir mit glasigem Blick und offenem Mund entgegen. Ich habe ihn natürlich sofort an den Beckenrand gezogen und rausgehievt, damit ich Erste Hilfe leisten konnte. Als er dann wieder anfing zu atmen, habe ich ihn hierher geschleppt." Misato's Gesicht hatte während der kleinen Ansprache einen Gefühlswandel durchgemacht, der mit Furcht und böser Vorahnung beim Sprungturm begann, Bestürzen beim Absinken einschloss und mit vollkommener Erleichterung bei der Rettung endete. Während Ayanami erzählt hatte, war der entkräftete Junge durch Mitschüler übernommen und auf einen Liegestuhl gelegt worden. "Geht es dir auch wirklich gut," fragte die lilahaarige Lehrerin nochmals, "Liegst du auch bequem?" "Ja. ja, mir geht es gut. Was ist eigentlich passiert?" Natürlich wollten alle, die Rei zugehört hatten, die Frage gleichzeitig beantworten, doch Katsuragi-sensei beruhigte die Meute mit einem Blick, der eigentlich die Luft vereist hätte, und erzählte ihm die Kurzfassung. Nachdem er im Bilde war, sagte er nur "Gute Güte! Das war knapp!" Seine Mitschüler stimmten ihm lauthals zu. Als er allerdings gefragt wurde, wieso er überhaupt ins Wasser gesprungen war, konnte er nur den Kopf schütteln. "Keine Ahnung, ich erinnere mich nur daran, dass ich Rei gesucht hatte, aber ab der zweiten Hälfte der 100m Bahnen erinnere ich mich an nichts mehr. Wisst ihr...?" Sehr zu seinem Bedauern mussten seine Kameraden das verneinen. "Ayanami?" Seine Frage in den Raum hinein hatte zur Folge, dass die Angesprochene vor ihn trat. Unschlüssig fing Shinji an. "Ich... ich... ich weiß nicht, wie ich es dir danken kann, dass du mich schon wieder gerettet hast. Ich hoffe, das wird nicht zur Gewohnheit." Sein letzter Kommentar erntete ein paar Lacher, doch es war klar, dass er noch etwas sagen wollte. Als er dennoch beharrlich schwieg, schickte Katsuragi-sensei alle außer den Beiden weg in der Ahnung, dass er seiner Retterin etwas unter vier Augen sagen wollte. "Ayanami..." fing er an, bloß um von ihr unterbrochen zu werden. "Rei." Wohlwissend schob er ihren Einwand beiseite und begann von neuem. "Ayanami, ich weiß, Rei wäre dir lieber, aber ich... ich stehe tief in deiner Schuld." Seine Augen wanderten kurz unstet umher, bis sie ihre Füße fixierten. "Ich verdiene dich nicht, jetzt insbesondere nicht. Du verdienst etwas besseres, jemand der deiner wert ist. " Während der gebrechliche, blasse Junge seine Rede hielt, wurde ihr klar, was er damit gemeint hatte. Alte Werte. Tränen rannen ihr übers Gesicht, sammelten sich an der Nase, Lippe, Kinn. Seltsam. Ihre letzten Tränen waren Jahre her gewesen, in den Anfängen von Neo-Zwo, als sie noch nicht so hart gewesen war, doch dieser Junge hatte sie an diesem heutigen Tage schon zwei Mal zum Weinen gebracht. Einmal vor Freude und einmal vor Trauer. Als eine Träne auf ihre Füße und damit in sein Gesichtsfeld fiel, schaute er verwirrt zu ihr hoch. Sie hätte ihm vergeben können, dass er nicht auf sie gewartet hatte. Zu dem Zeitpunkt, als sie ihre Lippen auf seine drückte und Luft in seine Lungen presste, hätte sie ihm für sein Leben alles vergeben können, doch jetzt kam ihr nur ein Wort über die bebenden Lippen, kalt. "Blödmann." Der restliche Tag verlief relativ trist, sowohl für Shinji, als auch für Rei. Beide schauten sich gelegentlich an, da Rei aber im Taucherbecken und Shinji in der Sichelkuppel war, bemerkten sie das nicht. Erst als Asuka von dem Vorfall hörte, wurde die Umgebung des Jungen farbiger, was zu nicht zu unterschätzenden Teilen ihrem Wortschatz zu verdanken war. Nachdem sie sich etwas abgeregt hatte, also nur noch jedes zweite Wort zensiert werden müsste und sich ein tatsächlicher Inhalt herauskristallisierte, war der dem Tod Entronnene um einige derbe Flüche reicher. Eigentlich eine Schande, dass er eher der ruhige Type war, der sein Wissen in diesem Fall kaum anwenden würde. "Du Chaot kommst auf Ideen..." schnauzte sie ihn an, "als müsste Rei aus einem Schwimmbecken", sie warf vor Wut die Arme hoch, "gerettet werden, und das auch noch ausgerechnet von dir, gerade dir! Sie kann sehr gut auf sich selbst aufpassen, wenn es ums Schwimmen geht, da brauchst du sie nicht zu 'retten', erst recht nicht, wenn du anschließend von ihr gerettet werden musst!" "Aber," wehrte sich Shinji," sie tauchte gar nicht mehr auf" Und bei dem, was vorher gewesen war, war ich mir nicht sicher, ob sie nicht vielleicht etwas dummes vorgehabt hätte..." Asukas Gesichtszüge entglitten wie ein Zitronenfalter in einer Herbstböe. "Wie, 'bei dem, was vorher gewesen war', was soll das heißen? Bist du wieder mal mit dem Kopf voran in das kleinste Fettnäpfchen gehechtet, das man in der ganzen Stadt finden konnte?" Er schüttelte den Kopf, schwieg aber, weswegen ihn die rothaarige Furie zu einem Geständnis antrieb. "Nun," druckste er rum, "Wir hatten abgemacht, uns vor den Umkleiden zu treffen, aber Touji hatte mich ins Wasser gezogen gehabt und ich habe mich wohl etwas hinreißen lassen..." Das sie ausgemacht hatten, auf den jeweils Letzten beim Umziehen zu warten verschwieg er ihr aus einem unbestimmten Gefühl heraus lieber, wer weiß, was sie daraus wieder deuten würde. Ungewöhnlicherweise hakte sie nicht weiter nach, sondern ließ ihn mit einem verwirrten Gesichtsausdruck sitzen, während sie nachdenklich davon schlenderte, eine bei ihr quasi nicht vorhandene Tätigkeit - Nachdenken. Zumindest hatte er sie das letzte Mal so nachdenklich gesehen, als sie sich vor vier oder fünf Jahren zwischen zwei Sorten Eiscreme hatte entscheiden müssen. Sie könnte im Zusammenhang mit ihrer Vergangenheit wirklich auf dumme Gedanken gekommen sein, dachte Asuka, als sie Shinji im Regen stehen und ihn damit Touji und Suzuhara wieder überließ. Aber nein, beruhigte sie sich selbst, sie ist das viel zu sehr gewohnt, als dass sie sich das hätte mehr zu Herzen genommen als ohnehin notwendig. Aber vielleicht sollte ich mal nach ihr schauen und das klären, außerdem will ich wissen, wieso sie das bei Shinji so angefressen hatte. Kaum war sie beim Tauchbecken, folgte sie der blauhaarigen Schönheit auf den 10-Meter Turm, um anschließend mit einem plumpen Kopfsprung ins Wasser zu tauchen. Sie hatte einfach nicht das Können, um ihrer Vorgänger mit einem verschraubten Salto und anschließendem Kopfsprung zu folgen. Sicherlich beherrschte sie alle Elemente dieses Sprungs, aber sie gleichzeitig zu kombinieren traute sie sich bei allem Geltungswahn und übersteigertem Ego doch nicht zu. Rei hatte unterdessen Wasser getreten und auf ihre Freundin gewartet. Als diese neben ihrem Kopf auftauchte, kam ihr auch gleich eine Frage entgegen. "Schwimmen wir ein paar Runden?" Wer von beiden die gewandtere im Wasser war, hätte ein Blinder mit Krückstock sehen können, aber da sie diesmal nicht konkurrierten, durchglitten sie gemächlich das Becken. Gemächlich in ihrem Sinne, denn auch ein geübter Schwimmer hätte zwar mithalten, aber sich dabei wohl kaum auch noch unterhalten können. "Wirklich kein Wunder, dass du mich damals im Pool geschlagen hattest," gestand Asuka, "aber ich danke dir, dass du so getan hast, das es wie ein Fotofinish aussah. Ich glaube nicht, dass mein Selbstbewusstsein damals eine so offensichtliche Niederlage einfach weggesteckt hätte. Du kennst mich ja..." Rei quittierte das mit einem Nicken, wobei die beiden gerade ihre zweite Runde beendeten. "Hast du deinen Abzug eigentlich noch," fragte Rei zwischen zwei langen Zügen, woraufhin ihre Begleiterin nickte. "Aber du weißt," fuhr sie fort, "dass das wirklich nicht böse gemeint gewesen war, oder? Und so leicht zu schlagen wie du meinst, warst du auch gar nicht gewesen. Und naja, PenPen," bemerkte sie, "ist jawohl eine Klasse für sich," woraufhin beide lachen mussten. Der Warmwasserpinguin hatte bei ihrem kleinen Wettkampf ständig ihre Bahnen gekreuzt und sie übersprungen, als würde er sagen wollen "warum seid ihr denn so langsam? So schnell wie ich macht das erst richtig Spaß!" "Es steht neben meinem Bett, in einem dieser Glasrahmen. Aber um mal von was anderem zu sprechen, was war das mit Shinjji? Wir wissen beide, dass du sonst nicht so empfindlich auf solche... Dinge reagierst..." Verlegen wusste Asuka sich nicht richtig auszudrücken und ihr fielen keine passenden Worte ein, bis Rei es auf den Punkt brachte. "Ijime. Sag es wie es ist." Sie schaute dabei sehr... falsch aus, als trüge sie eine Maske. Asuka kannte sie noch nicht lange genug, um ihren wirklichen Gemütszustand zu erraten, aber sie wusste, dass ihr das Thema unangenehm war. Wie hätte es auch anders sein können! Jahrelanges Mobbing und Schneiden in ihrer früheren Klasse hat nicht nur körperliche, sondern auch seelische Furchen gezogen. Als ihr wieder der Grund für Reis Maske einfiel, wandelte sich ihr Mitgefühl in Wut, die sich auf ihren Bruder richtete. Sie begann schon ihn zu verfluchen, als sie einen großen Schluck Wasser in die Lunge bekam und die beiden Freundinnen erst mal Wasser treten mussten, damit die Vierteldeutsche sich erholen konnte. Allerdings lenkte sie das ganze Unterfangen auch so sehr ab, dass ihr der vorwurfsvolle purpurne Blick auffiel, mit dem ihre Freundin sie bedachte. Sofort wechselte sie in die Defensive. "Ist doch klar, dass ich so reagiere, wir sind ja quasi Geschwister," startete sie ihre Verteidigung, doch der Blick blieb weiter auf ihr haften, so dass sie sich für weitere Argumente entschied. "Er hat es verdient, weil er ständig nervt und so lieb und nett ist, dass es mir praktisch den Verstand raubt! Er sollte sich wirklich mal ein Rückgrad wachsen lassen." Obgleich diese Feststellung nicht gerade schmeichelhaft war, benickten beide sie. "Außerdem bringt man sein Leben nicht so einfach in Gefahr. So wie ich ihn kenne, würde er wahrscheinlich sogar für eine Ziege sein Leben aufs Spiel setzen - nichts für ungut, Rei." Mit einem Mal fiel Asuka ein, dass die Wassernixe in spe von ihrem Aneinanderraten mit Shinji gar nichts wissen dürfte, schließlich war sie ja direkt danach zu diesem kleinen Gespräch aufgebrochen. Sie unterstellte ihrer Freundin zwar keine Spionage, aber spanisch kam es ihr trotzdem vor. Das Rei die Unterhaltung umgedreht hatte und selbst die aktive Stellung übernommen hatte, schob Asuka einfach auf das rhetorische Talent ihrer Freundin. "Was ich ursprünglich fragen wollte, wieso hattest du so aggressiv reagiert, als Shinji dich quasi versetzt hatte," lenkte die adoptierte Ikari das Gespräch ohne jede logische Verbindung wieder auf den ursprünglichen Gesprächsanlass zurück. Verlegen schwamm Rei ein paar mehr Züge als notwendig um den nötigen Atem zu sammeln. "Ich bin mir nicht sicher," druckste sie herum, während sie an einem Ende des Beckens anschlug und mit einer Rolle wendete, "aber irgendwie hat mich das mehr getroffen als ich es vermutet hätte. Vielleicht," spinnte sie den Gedanken weiter, "weil ich ihm so etwas nicht zugetraut hätte." Da ihr auffiel, wie unangenehm das Thema war, stellte Asuka die unvermeidliche Frage: "Wollen wir aufhören?" Das Mädchen in dem schwarzen Einteiler benickte beide Fragen - sowohl die nach dem Schwimmen, als auch die nach dem Thema. In einem stillen Kompromiss beschlossen sie, die ganze Problematik erst mal ruhen zu lassen und sich Gedanken darüber zu machen, ehe man in einem Gespräch wieder darauf zurückkommen wolle. Sie schwenkten rüber zur Kuppel mit den Trainingsgeräten, da sie noch ein strapazierendes Workout hinlegen wollten, ehe sie sich zu den anderen beim Rutschen und Dösen gesellen wollten. Neben dem Effekt, ihre Muskeln zur Abwechslung mal auf volle Leistung zu bringen, war die Anstrengung an sich, die alle Gedanken schnell erstickte, eine willkommene Abwechslung von den trüben Gedanken, die den Beiden wie eine dunkle Aura folgten. Unterdessen hatte Shinji sich soweit erholt, dass er unter Katsuragi-sensei's Aufsicht wieder ins Becken durfte - natürlich Nichtschwimmer - und als einer, der vorzugsweise dem Bewegungsmangel seine Aufwartung erwies, hatte er es sich dementsprechend auf einer rosa Luftmatratze breit gemacht und ließ ein Bein lose mitsamt entgegengesetztem Arm leicht rudernd im Wasser baumeln. Langsam drehte er sich dabei auf der Stelle. Seine Lehrerin hatte es sich unweit gemütlich gemacht und ließ sich die frühe Nachmittagssonne auf den Bauch scheinen. Nichts desto Trotz warf sie immer wieder prüfende Blicke auf ihren abgesoffenen Schutzbefohlenen. Nie im Leben würde sie so etwas noch mal geschehen lassen! Zumindest nicht während ihrer Schicht... Träge ließ er seine Gedanken ohne festes Ziel und Weg einer Feder im Wind gleich gleiten. Gelegentlich tauchten vor seinem geistigen Auge Bilder auf, die ihn zum Schmunzeln brachten oder auch Furchen in seine Stirn trieben. Eine dieser Momentaufnahmen war Reis gesplitterter Gesichtsausdruck, als sie ihn 'Idiot' genannt hatte und obgleich ihm dieser Anblick in der Seele weh tat, verweilte er bei ihm. Wieso hatte sie das gesagt? Was hatte er getan, dass sie ihn beleidigte und - viel schlimmer - Dabei diesen Blick drauf hatte? Peux a Peux versuchte er diese Sekunde in Worte zu fassen. Ihre Stimme war zwar kalt gewesen, aber nicht herzlos, sondern vielmehr wie kristallklares Eis in Watte gepackt, wenn es zerscholl. Und dieses Licht in ihren Augen, in ihrem Gesicht, es war irgendwie trocken, leer, als würde etwas fehlen, das einem erst bei genauerer Betrachtung auffiel. Wie destilliertes Wasser zum Beispiel, Man sah nicht, dass es destilliert war, aber wenn man es probierte fehlte das typische Wasseraroma. Ihr Körper hatte ausgesehen, als wäre ein stickstoffgekühlter Eispickel direkt oberhalb ihres linken Schulterblattes in ihren Körper gerammt worden... Zusammengefasst fiel Shinji nur eine passenden Wortgruppe ein, die er dann auch leise flüsterte: "siedend kalt erstochen." Für den schwarzhaarigen Jungen war diese Formulierung von Gefühlen sehr wichtig, denn zwar spielte er ziemlich gerne Cembalo, aber gerade durch diese musikalische Ader fühlte er sich sprachlich nicht so begabt. Erst diese sprachliche Ausformulierung erlaubte ihm einen präzise Einordnung in Kategorien, mit denen er Vergleiche ziehen konnte. Spräche man von Musik, so würde man sagen, er suchte diese eine bestimmte Melodie, die seinem Gefühl Ausdruck verleihen konnte als einzige unter abertausenden, dafür aber mit einer kaum zu greifenden Präzision. Nun, da er den Klang ungefähr einordnen konnte, beunruhigte er ihn viel mehr als diese Unbestimmtheit, die ihn vorher so gestört hatte. Er brauchte Ablenkung, doch woher sollte er hier ein Cembalo bekommen? Also blieb ihm nur eines: Ans Ufer paddeln und den guten alten SDAT nehmen. Und wie üblich führte ihm sein kleiner Musikfänger in einen trägen, dämmrigen, gedankenlosen Halbschlaf. Die Sonne hatte den Zenit schon eine gewisse Zeit überschritten gehabt, ehe Wellenbewegungen seiner Insel dem Schwarzschopf vermittelten, nicht mehr der einzige Besetzer des Nichtschwimmerbeckens zu sein. Diese Erkenntnis dämmerte aber nur trübe am Rande seines Unterbewusstseins entlang, ohne sich ihm wirklich zu offenbaren. Zwar hörte er gelegentlich das eine oder andere leise Kichern, dennoch verharrte er in seiner traum- und gedankenfreien Welt. Erst als seine Unterlage massiv schief lag, begleitet von einem Wasserschwall, schlug es ihn ruckartig in die Realität zurück. Mit seinem Kopf halb unter der Oberfläche und vor Schreck weit geöffneten Augen schaute er in Reis Gesicht, dass die gleiche Fratze zeigte die er sich zuvor immer wieder ins Gedächtnis gerufen hatte. Ihr Verhalten im Gegenzug war alles andere als angemessen - sie sprang und tauchte voller Leben um ihn herum, trotz dieses Blickes und begann anschließend mit Asukas Stimme zu sprechen, immer wieder den gleichen Satz: "Bis du blöd?!" Mit einem Gefühl nicht der Herr über seinen Körper zu sein schaute er sich um, und kurz darauf folgte auch sein Kopf der gedachten Bewegung. Das Mädchen, dem die Stimme eben ursprünglich gehörte, räkelte sich gerade lasziv auf seine Insel. "Du wirst dir nicht deine Augen ausstechen müssen. Zeiten ändern sich!" Erhob sie sich, stellte sich hin und wuchs in den abendroten Himmel hinein, die Füße am Rande eines unter ihr liegenden Schwimmbeckens, dass sich bis in die abendrote Unendlichkeit erstreckte, nur begleitet von seiner Insel, die unter ihr trieb. Sein Blick verstört wandernd hatte er im Rücken das gleiche zu erwarten, bloß mit Rei anstatt Asuka als Rhodos. Beide hatten ihnen typische Posen angenommen, Asuka fordernd die Hände in die Hüften gestemmt, während Rei halb abgewendet ihn siedend kalt stechend anschaute. Ein zehengroßer Pen² kreiste zwischen den beiden Titanen hin und her und jedes Mal, wenn Shinji nicht hinsah, schien er sich vervielfältigt zu haben, aufgeregt mit sich selbst schnatternd. Die Verzögerung seiner Handlungen zu seinen Gedanken ließ ihm klar werden, dass er träumte. Und natürlich dieses stechende Gefühl in den Rippen. Schlagartig zerfloss sein Traum in der Hitze seines Bewusstseins... "Wasnlos?" murmelte er die Störung an. Ihm wurde erst nach einigen gewechselten Worten klar, wer da überhaupt gerade sprach. "Was du gesagt hattest, geht mir nicht aus dem Kopf und einige Dinge sind mir gerade erst verständlich geworden..." Ihre Geschwindigkeit steigerte sich immer mehr, "und ehe ich es mir anders überlege, ich will, dass alles wieder wie vorher ist, wie vor dieser Rettungsaktion!" Abrupt hatte sie aufgehört und sich mit halbrotem Kopf etwas abgewandt. Allein dieses Verhalten hätte jedem anderen in der Klasse umgeworfen, denn außer zu den beiden Ikari-Geschwistern war sie schlichtweg sehr emotionslos, doch Shinji als einer der Wenigen, denen sie gegenüber offener war, bekam ebenso selten diese Seite von ihr zu sehen und dementsprechend fiel ihm auch nichts gescheites ein, was er erwidern sollte. Er zerbrach sich eine halbe Minute den Kopf darüber, was sie mit vorher meinen könnte, ehe es ihm einfiel. Sicherlich würde ihm es gefallen, wenn er sie wieder Rei nennen dürfte, doch irgendwie fühlte es sich für ihn unangemessen an, als würde er einen Samurai-Haushalt mit einer 5000 Watt Bassanlage beschallen. "Aber, weißt du..." begann er, "es fühlt sich falsch an. Du rettest mir das Leben und ich soll so tun als wäre nichts geschehen? Für mich ist das irgendwie... respektlos!" Seine Verteidigung machte Sinn, traf bei ihr jedoch auf keinen fruchtbaren Boden. Mittlerweile hatte sie auch wieder ihre natürliche Gesichtsfarbe, die in etwa den Fliesen in den Duschen an Blässe gleichkam. "Deine Art der Respektsbekundung ist falsch," reagierte sie. "Wir sind Freunde, gute Freunde meine ich sogar, also zeige deinen Respekt indem du dieses Band nicht zerschneidest. Bitte!" Wieder schaute sie leicht verlegen, wandte dieses Mal den Blick jedoch nicht ab sondern blieb bei direktem Augenkontakt, dem Shinji sich auch nicht entziehen konnte. Scharlachrote Augen können ungemein fesselnd wirken. Erst als sie nach einer Ewigkeit zwinkerte, löste sich der Bann und ihre Haltung verkrampfte sich, doch war ihm eines durch diesen langen Blickkontakt klargeworden: ihre Position zu dem Thema war absolut und jede Zuwiderhandlung würde Folgen nach sich ziehen, die zumindest nicht Lust hätte auszuleben. "Ähm," stolperte in gewohnter unbeholfener Weise vorwärts, "aber du nimmst es mir wirklich nicht übel?" Die Antwort kam prompt. "Nein, werde ich nicht." Erst jetzt fiel Shinji ein Stein vom Herzen, dessen er sich gar nicht bewusst gewesen war. Er war wirklich froh, dass alles beim Alten bleibe würde, auch wenn es ihm zu einen gewissen Teil einen Stich versetzte. "Dein Wort in mein Ohr," bestätigte er ihr damit, doch hängte er diesmal ihren Vornamen hinten dran, so dass sie sich entspannte und man ein hauchzartes Lächeln über ihr Gesicht ziehen sehen konnte. "Gut, jetzt da das geklärt ist, willst du noch lange hier rumbaumeln oder erlaubt Katsuragi nicht mehr?" Er benickte ihre Frage. "Sie hat gesagt, ich soll mich erst mal hier aufhalten, bloß um sicherzugehen. Ist aber irgendwie auch langweilig so alleine umherzutreiben." Beinahe hätte er sie gefragt ob sie nicht auch auf seine Insel mittreiben wolle und nebenbei zusammen Musik zu hören, aber anscheinend war sein Ego noch nicht so groß, als dass es seine Mauer der Schüchternheit und Zurückgezogenheit so einfach hätte überwinden können. "Was ist dir denn erlaubt?" "Sie hat sich direkt gegen das Sichelbecken ausgesprochen und das ganze mit ,Rückfallwahrscheinlichkeit' begründet," er beugte sich zu ihr um ihr zuzuflüstern, "aber ich glaube sie will einfach nicht viel Stress haben, sie hat wohl noch einen Kater von gestern." Rei kam mit einer möglichen Alternative auf. "Wir könnten auch in die Salztherme gehen, die ist kaum knietief, da besteht nun wirklich keine ,Rückfallgefahr'." Nach kurzem Für und Wider stimmte ihre Lehrerin zu. Die Salztherme befand sich neben den Umkleiden und sah aus wie ein flacher kreisrunder Whirlpool, der für etwa ein halbes Dutzend liegender Menschen ausgelegt war. An dem Beckenrand befanden sich ergonomische weiche Nackenkissen für jene, die sich noch zwischendurch unterhalten wollten, aber selbst wenn man komplett im Wasser trieb, berührte man sich kaum an den Füßen. In Kopfnähe konnte man sogar getrost die Arme leicht abwinkeln und es befand sich noch genug Raum zum Nachbarn. Shinji wurde fast von der schwülen Hitze erschlagen, als er durch die milchigen Doppeltüren ging, zwischen denen zwei Duschen standen. Mit einem Seufzen stieg er ins Becken und legte sich mit dem Nacken in einem der Kissen hin, Rei kurz hinter ihm folgend. Das Wasser war sehr warm, fast heiß zu nennen. "Bist du ganz sicher?" Rei rollte mit den Augen, obwohl er das nicht sehen konnte. "Zum letzten Mal, ja!" Allmählich verging die Zeit und der Schweiß lief ihm über die Stirn. Die schwere Luft tat ihr Übriges und er sank - wieder mal - in einen leichten Dämmerzustand. Wenn man es sich recht bedachte, schlief er durchschnittlich wahrscheinlich mehr als so mancher Schwarzbär während des sibirischen Winters. Allerdings war der ja auch nicht mehr, was er mal war, Dank des Second Impact. Es mag an der Hitze gelegen haben, oder an der Luft, aber in seinem Dämmerzustand fragte er einfach. "Hast du schon mal geküsst?" Nur eine Veränderung der Atemfrequenz ließ auf eine Anspannung Reis bei der Frage schließen. "Wie kommst du darauf," fragte sie ihn vorsichtig. Sein Schulterzucken trieb einige Wellen zu ihr rüber, die leicht gegen ihr Gesicht schwappten; sie trieb im Gegensatz zu Shinji ohne Stütze im Wasser. Wie sollte er darauf antworten? Er wusste es ja auch nicht wirklich. Und diese Luft... Träge antwortete er. "Keine Ahnung, nur so. Ich wollte nur mal wissen, wie das so ist, und man sagt ja, dass Mädchen in solchen Dingen weiter sind als Jungs." Nach einer kurzen Pause fuhr er fort. "Kensuke und Touji gehören auch nicht zu den Frühreifen, die so was schon gemacht haben, und ich, hm..." Jetzt hatte er ungewollt Reis ganze Aufmerksamkeit. Obwohl auch sie leicht benommen war, wirkte sich das Alles doch nicht so sehr auf sie aus wie auf ihn. Wollte er sie einfach fragen, oder hatte er das ganze unbewusst gesagt, weil er sie küssen wollte? Es könnte aber auch sein, dass ihn das Küssen an sich interessierte und er sie einfach fragte, weil sie ein Mädchen war. Aber soweit sie wusste, gab es schon ein paar Jungs aus seiner Klassenstufe, die er so was hätte fragen können! Also wieso fragte er sie... "...mich hat das alles eigentlich nicht so wirklich interessiert. Ich meine, ich interessiere mich schon für Mädchen, aber, irgendwie war das ganze bisher nicht so wichtig. Obwohl manche aus dem Küssen und so wohl was Großes machen." Nun gut, das schloss einiges aus. Anscheinend wollte er wohl wissen, was die andere Seite vom Küssen hält. Nach einer längeren Pause raffte Rei sich zu einer Antwort auf. "Ich glaube, du hast eine Ahnung davon, wie es mir in Neo-Zwo ging, oder?" Ohne auf eine Antwort zu warten, redete sie weiter, als sie sich wieder zurück ins Wasser gleiten ließ. "Ich hatte wohl kaum die besten Freundinnen. Und Jungs, die waren damals meine geringste Sorge, zumindest aus dieser Sicht. Dieser Eine war zwar ganz süß," stoppte sie abrupt. Hatte sie das eben wirklich gesagt? Es war zwar so gewesen, dass er süß war. Außerdem hatte er sie wirklich im Gegensatz zu den meisten Anderen nicht schikaniert, obwohl die Jungs sich sowieso meist aus den ,Weibergeschichten' rausgehalten hatten. Vieles war für sie einfach zu subtil geschehen, oder sie haben es nicht im ganzen Ausmaße erfasst gehabt. Wenn die Mädchen, vor allem Maruko, bei ihr eine Vorliebe oder sogar Gefühle für ihn bemerkt hätten... zum Glück ist es nie dazu gekommen. Zu dem Zeitpunkt hatte sie ihre Maske, Rolle und Rüstung schon soweit perfektioniert, dass niemand mehr von außen etwas erkennen konnte, was in ihr vorging. "Aber darum konnte ich mir damals keine Gedanken machen," gratulierte sie sich innerlich für diese tolle Weiterführung. Shinji murmelte anschließend etwas vor sich hin und bemerkte dann, dass er sich kalt abduschen wolle. "Ich komme mit," schloss sie sich ihm an. Geschockt von der Kälte sprang er kurz aus dem Strahl, trat dann aber wieder hinein. Nach einigen Sekunden Berieselung drehte er sich um und fuhr sich mit den Händen durch die Haare. Als er anschließend die Augen wieder aufmachte, bemerkte er an Rei, dass das Wasser wirklich kalt war. Froh darüber drehte er sich schnell wieder zur Wand hin, um eine eventuelle Reaktion bei ihm nicht zu zeigen, obwohl das Wasser wie gesagt wirklich kalt war. Anscheinend ging ihm das Interesse am anderen Geschlecht doch nicht vollkommen abhanden. Bei diesen Männerliebegeschichten, die Asuka ab und zu las, schüttelte es sich ihm sowieso, aber man kann ja nie sicher genug gehen. "Wie steht's, noch mal in die Therme?" Shinji verneinte mit einem Nicken. Ihm war schon viel zu warm, selbst unter dem kalten Duschstrahl, außerdem war er der Meinung genug ausgeschwitzt zu haben. Rei quittierte das mit einem Schulterzucken, während sie wieder durch die Sichelkuppel in Richtung der Liegen gingen. "I-ich habe nachgedacht, Rei," begann er stotternd und humpeln zu fragen. "Also, äh, wenn du nichts dagegen hast, dann könnten wir ja, ähm, heute Abend zusammen die Sterne beobachten...?" Schnell fuhr er fort, um einen Grund mitzuliefern. "Ich meine, es ging ja schließlich auch darum, den Himmel zu beobachten, weil es hier so wenig störendes Licht gibt!" Nach einem kurzen Moment des Überlegens fragte sie sicherheitshalber noch mal nach. "Du meinst doch sicherlich auch mit den anderen, oder? Hikari und der restlichen Astronomie-AG?" "Klar, natürlich!" Bestätigte er ihr unumwunden. Mit einem kaum merklichen Seufzer quittierte sie seine Antwort. Woher sollte er auch wissen, dass sie gerne mit ihm alleine in die Nacht geschaut hätte? Es war irgendwie seltsam. Früher, als sie noch in Neo-Zwo gewesen war, da hatte sie sich vor allem geschützt, was mit anderen zu tun hatte, schließlich ist sie fast immer irgendwie gemobbt worden. Wegen ihres Aussehens, wegen ihrer Leistungen, wegen ihres Wesens. Die anderen Schüler haben einfach nie eingesehen, dass sie den Grund für ihre Haarfarbe nicht kannte, aber das war denen egal gewesen. Solange sie jemanden zum rumhacken hatten, waren sie alle glücklich. Und sie war halt prädestiniert dafür gewesen, damit hatte sie sich schon vor Ewigkeiten, sogar noch im Heim, mit abgefunden. ,Der Mensch ist dem Mensch ein Wolf.' Niemand hatte diese Weisheit so sehr verinnerlicht wie sie. Sie bemitleidete sich auch nicht, da hätte sie sich genauso gut vom nächsten Haus stürzen können. Und ihr war mehr als nur der Gedanke gekommen. Wie oft hatte sie oben auf dem Schulgebäude gestanden? Hunderte Male? Tausende? Sie hatte nie gezählt, sondern sich einfach an den Drahtzaun gelehnt gehabt, der immer gute drei Meter über sie hinaus geragt hatte. Sicher, ihre wäre es ein leichtes gewesen darüber zu klettern und mit einem dumpfen ,Fump' ihrem Leben ein Ende zu setzen, aber irgend etwas hatte sie immer davor bewahrt. Also hatte sie ihre Pausen einfach immer so auf dem Dach verbracht, weit weg von Maruko. Dass diese ihr nie gefolgt war, war ihr unbegreiflich gewesen, schließlich wusste sie doch, dass sie ihre Zeit immer dort oben verbrachte, hatten sie das doch eine zeitlang zusammen getan. Aber vielleicht hatte sie einfach jeden Tag aufs neue gehofft, dass es heute so weit sein würde. Dass sie heute das ,Fump' vernehmen würde. Nach ihrem Verrat, war es nie wieder so wie früher gewesen. Vertrauen stellte für sie ein Fremdwort dar. Wenn sie danach überhaupt auf etwas vertraute, dann auf die Berechenbarkeit ihrer Peiniger. Jeden Morgen Reißzwecken in den Slippern. Jeden Tag die obligatorischen frischen Kaugummis an der Lehne, egal wo sie gerade Unterricht hatten. Die erste Zeit hatte sie die immer übersehen und war anschließend immer mit mindestens einem der Kaugummis im Haar herumgerannt. Diese Schikane hat sich erst gelegt gehabt, als sie ihre Haare von Hüft- auf Halslänge gekürzt hatte. Selber, aus Angst, dass sie in der Stadt beim Friseur einen aus der Schule treffen könnte. Und da haben sich alle gewundert, dass sie so gut war in der Schule, wo sich doch fast ihre ganze Freizeit in ihren Schulbüchern zugebracht hatte. Erst, als sie das Schwimmbad entdeckt hatte und zufällig erfuhr, dass Maruko Schwimmen verabscheute, hatte sie ein Hobby gefunden, dass ihr zusagte und das sie bis zum Exzess betreiben konnte, ohne in Gefahr geraten zu müssen SIE zu treffen. Da ist es kaum erwähnenswert, dass sie das dann auch tat. Im Laufe der Zeit, nach dem jahrelangen Umgang mit immer der gleichen Problematik - wie entkomme ich meinen Peinigern, wie verringere ich meine Angriffsfläche - war ihre Maske perfekt geworden. Alles glitt an ihre herab wie an Öl. Sie umging die ständigen, regelmäßigen Angriffe, und flüchtete vor den gelegentlichen unregelmäßigen. Also, wieso berührte es sie jetzt, dass andere mit dabei waren? Sie wusste, dass Shinji ihr nicht wehtun würde, nicht auf die Art, die ihre frühere ,Freundin' vorgeschwebt hatte. Sie durfte sich einfach nicht auf ihn einlassen, nicht auf freundschaftlicher Ebene, dann würde er sie gar nicht verletzen können. Und trotzdem gab e schon Kontakt. Sie führte jeden Abend kleine, belanglose Gespräche mit ihm über, wie man so schön sagt, Gott und die Welt. War das nicht schon Freundschaft? Lächelte sie nicht gelegentlich? Schon, aber sie fühlte, dass es ein abwehrendes Lächeln war, ein leeres. Ein intrigantes. So sehr es ihr gegen den Strich ging, so hatte sie doch einige Eigenschaften ihrer Widersacher übernommen. Sie plante, schätzte, überlegte was andere tun würden als Reaktion auf ihr Verhalten. Allein deswegen hatte sie sich ursprünglich mit den Ikaris angefreundet gehabt. Eine Gruppe lässt sich schwerer drangsalieren als eine Einzelperson. Doch irgendwann während der letzten Wochen hatte es einen Rutsch gegeben. Nicht, dass sie die Kontrolle verloren hätte, aber die Ebene ihrer Freundschaft hatte sich geändert. Die beiden hatten ihr Herz erreicht. Nur darum hatte sie ihre Vergangenheit zumindest teilweise Asuka anvertraut gehabt. Shinji gegenüber hatte sie sich dies betreffend immer ausweichend verhalten. Vielleicht war es Zeit, ihre Gefühle richtig zu zeigen, nicht immer so falsch oder halbherzig-versteckt wie bisher. Vielleicht sollte sie auf ihr Herz hören, das tief verstaut, abgeschlossen hinter hohen Mauern, ihr immer wieder etwas zaghaft zubrüllte. Vielleicht war es Zeit, diese Mauern abzutragen. Auf dem Weg zu den Liegen und danach hatte er Rei mehrmals ein paar schnelle Seitenblicke zugeworfen, aber er wurde nicht schlau aus ihr. Seit seiner Frage war sie immer tiefer in sich gesunken und starrte jetzt stur auf einen Punkt jenseits der Kuppel über sich. Hatte er etwas falsches gesagt gehabt? Ihre kurze Unterhaltung in der Therme hatte er nicht wirklich im Gedächtnis, da war er irgendwie weggenickt, aber die von eben haftete noch frisch in seinem Kopf. Stück für Stück überlegte er, was er falsch getan haben könnte. Leise summte er eine Melodie vor sich hin, während er nachdachte. Nach einigen Momenten, welche die Musik brauchte, um bis zu ihr durchzudringen, sagte Rei geistesabwesend "Ode an die Freude, Beethoven." "Hm?" Sie wandte sich ihrem Nachbarn zu. "Du summst da gerade die Ode an die Freude von Ludwig van Beethoven. Die mag ich." Nun richtete sich auch Shinji auf. Anscheinend hatten sie sich gegenseitig aus den Gedanken gerissen. "Na ja, ich musste das lernen, weil ich die Begleitung spiele, aber die Melodie gefällt mir. Hast du schon mal die Version vom Londoner Symphonieorchester mit Chor gehört? Da jagt es dir Schauer über den Rücken!" Nun war er in seinem Element, der Musik. Er spielte gerne Cello, der getragene Klang gefiel ihm, außerdem konnte er so im Hintergrund wirken aber trotzdem seinen Teil zu einer Aufführung leisten. Sie schüttelte den Kopf. "Nein, habe ich nicht. Ich habe aber mal eine Version gehört, bei der ein Sopran unter Solistenbegleitung gesungen hat. Ich fand das auch sehr schön." Neugierig legte sie den Kopf leicht schräg. "Magst du etwa Klassik?" "Ja." Antwortete er mit einem breiten Grinsen. "Aber eigentlich mag ich so ziemlich jede Musik. Ich kann sogar manchem Schlager etwas abgewinnen!" Verlegen lachte er. "Aber frag mich nicht von wem ich das habe. Papa ist... schwierig könnte man sagen, oder auch einfach nur still. Und Mutti, sie ist halt Professorin an der Uni. Sie sieht es lieber wissenschaftlich." Im Inneren verfinsterte sich Reis Blick, nach außen hin, ließ sie sich aber nichts anmerken. Glaubte sie, denn Shinji war durchaus ein trauriger Zug auf ihrem Gesicht aufgefallen, ehe es wieder nichtssagend-freundlich wurde. "Magst du etwa keine Musik? "Ich weiß nicht..." "Hast du denn irgendwelche Vorlieben? Irgend einen Lieblingskünstler?" Das kam unerwartet. Sie hatte kein Radio gehabt, von einem Player ganz zu schweigen. Logischerweise war sie nur in der Schule in Kontakt mit Musik gekommen, also was konnte sie mögen? Sie kannte diverse Komponisten und Künstler, Mozart, Beethoven, Wagner aus der Klassik, Louis Armstrong aus dem Jazz, Buddy Holly, John Lennon Jimmy Hendrix aus dem Rock. Meinte er zeitgenössische Musik? Alte? Neue? Unsicher antwortete sie. "I-ich weiß nicht... Wagner war Antisemit, Hendrix drogenabhängig... Kann man solche Menschen mögen?" Trantüte! Wie konnte sie ihm so was sagen! Denk nach! Aber nicht zu lange... Ihr Gedankengang wurde durch Shinji unterbrochen. "Aber ihre Eigenschaften haben doch nichts mit der Musik zu tun! Na gut, eigentlich schon, aber du musst doch nicht die Musik mögen, die von Leuten gemacht wurde, die du magst." Er überlegte sich kurz ein Beispiel. "Denke nur mal an, sagen wir, Kurt Cobain. Der hat das Koks bald geatmet, aber seine Musik ist immer noch klasse! Und davon abgesehen, hat er sich auch erschossen... Oder denke mal an van Gogh. Na schön, er ist kein Musiker, aber das ist nur ein Beispiel. Der war halb wahnsinnig und hat sich das Ohr abgeschnitten, aber seine Bilder sind wunderschön - meiner Meinung nach." "Welche Musik magst du denn besonders?" Sie versuchte das Thema schnell von abgeschnittenen Ohren abzulenken, bei Blut wurde ihr, selbst wenn es bloß in einer Geschichte vorkam, immer übel. Verlegen fuhr er sich durchs Haar. "Wie gesagt, vieles. Ich höre gerne alte Musik, also Klassik, aber auch neuere, bis zum Impact. Danach ist die Musik irgendwie anders geworden. Ich meine, sie ist schön und fröhlich, aber auch aufgesetzt. Ihr fehlt das Herz. Früher wurden die einzelnen Spuren noch von Hand eingespielt, aber heute mit den ganzen Computern... Wenn die Idols und Stars ein Konzert geben, dann singen sie nur noch, und tanzen, und wechseln ständig ihre Kostüme. Ihnen geht es nicht mehr um die Musik." Da kam ihm ein Gedanke, den er im Fluss des Erzählens einfach sagte, ohne großartig darüber nachzudenken. "Wenn du nichts dagegen hast, Rei, dann kann ich dich ja mal eine Bar zeigen, in der richtige moderne Musik gespielt wird!" Sie war über sein Angebot genauso überrascht wie er, denn gleichzeitig weiteten sich ihre Augen und blickten erschrocken drein. Sie wollte gerade zu einer Antwort ansetzen und ihr Mund öffnete sich bereits leicht, als er ihr in die Parade fuhr. "Äh, Entschuldigung, das kommt ein bisschen plötzlich. Ich weiß nicht..." Er rang sichtlich mit den Worten. Wollte er etwa seine Offerte zurücknehmen? "Also... natürlich nur wenn ich dir damit nicht auf die Nerven gehe." Sie schüttelte kurz den Kopf, um seine Bedenken zu zerstreuen. "Lass mich darüber nachdenken, ja? Wie du gesagt hast, das kommt wirklich plötzlich." Sie entschuldigte sich und ging anschließend in Richtung der Wasserrutschen. Ihr voraus fiel ihr Schatten, der in der Nachmittagssonne wirklich lang geworden war. Shinji hätte am liebsten seinen Kopf gegen irgend etwas hartes gestoßen, aber der Liegestuhl musste genügen. Wie konnte er so etwas unverblümt fragen? Jetzt wird sie bestimmt ablehnen! Es kam ja nicht oft vor, dass er einfach so etwas hinausposaunte, was ihm gerade einfiel, aber anscheinend immer zum unmöglichsten Zeitpunkt. Gut, seine Eltern haben ihm damals das Fahrrad gekauft gehabt, aber das hätte auch schlimmer kommen können... Wie dem auch sei, gesagte Worte kann man nicht zurücknehmen, und mehr als Nein kann sie auch nicht sagen. Gut, sie könnte ihn wegen seiner Unverfrorenheit hassen und schlimmeres, aber er schätzte sie nicht so ein. Er hoffte bloß, dass ihn dieses Mal seine Menschenkenntnis nicht so sehr täuschte. Asuka hinterlässt halt Eindrücke. Rei hatte eine Abzweigung bei einem der Anstiege zu den Wasserrutschen genommen und sich in eine kleine Aussparung mit einem Tisch und drei Stühlen gesetzt. Die Bank war in den Fels eingelassen und zu der Hügelkette hin ausgerichtet, so dass die Sonne sie gerade so noch erreichen konnte. Noch einige Minuten und sie würde hinter dem Berg untergehen, aber hier würde sie noch für eine gute Stunde reinscheinen. Das war ihr Hort gewesen, als sie das letzte Mal mit ihrer Klasse aus Neo-Zwo hier gewesen war. Sie ließ einen tiefen Seufzer fahren, der sich seit Shinjis Frage in ihr angebahnt hatte. Wenn man es genau sah, hatte er sie um ein Date gebeten. Sie musste nicht mal überlegen, wusste, dass es ihr erstes sein würde. Und das er der erste war, der sie um eines bat. Aber sah er es genauso? Schnell ließ sie einige Szenarien durch ihren Kopf gehen, und in keinem konnte sie sich realistisch vorstellen, dass er sie irgendwie mobben würde. Er trug sein Herz zwar nicht auf der Zunge, wie man sagte, zumindest nicht immer, aber doch am rechten Fleck. Wenn sie sich nicht wieder täuschte, wie bei Maruko. Aber es schien surreal, ihm irgend etwas in der Richtung unterstellen zu wollen. Ein Date. Klar, sie hatte davon gehört, aus dem Getuschel ihrer Mitschüler. Sie hat es damals gelernt gehabt, ihre Umgebung sehr aufmerksam zu beobachten und zuzuhören, ansonsten hätte sie wohl ihre Schultage als sabberndes Wrack auf dem Pult zugebracht. Langeweile hat manchmal solche Auswirkungen. Mit einem Jungen ausgehen, Essen oder Kino beispielsweise. Dabei konnte man sich kennen lernen, die Beziehung vertiefen, oder das ABC lernen. Was mit letzterem gemeint gewesen war, war ihr nach wie vor nicht klar, es hat immer nur geheißen ,Und? A, oder B? Doch nicht etwa C?' Beim C sind die anderen immer lachend und kichernd rot angelaufen. Wahrscheinlich wollte er sie besser kennen lernen. Wollte sie das? Wollte sie, dass er sie besser kennen lernte? Dann müsste sie ihre Geheimnisse teilen. Und diese waren nicht umsonst geheim. Aber es wäre schön, sich jemandem zu öffnen, wie damals. Ein Runzeln flog über ihre Stirn, verzog sich aber bald wieder. Patschende Füße mit einem anschließenden Scharren und Plumps zeigten ihr, dass sie Besuch bekommen hatte. Und den Geräuschen nach zu urteilen, war es Asuka. Keine Gefahr. "Hi." "Hi... Sag mal, mich wurmt da etwas. Woher wusstest du, dass ich mich mit Shin-chan gestritten hatte? Du warst doch in einem ganz anderen Becken gewesen." Rei tippte mit immer noch geschlossenen Augen auf ihr rechtes Ohr. "Ich habe Ohren. Solltest du vielleicht auch mal benutzen. Sofern du dich nicht schon selbst taub gebrüllt hast." Früher hätte sie sich nie solche Spitzen erlaubt, bzw. zu sehr versteckt, als dass sie entdeckt worden wären. Doch bei ihr wusste Rei, dass sie unter den Tisch fallen würden. Asuka legte ein Verständnis für ihre Vergangenheit an den Tag, dass sie ihr, dass niemand ihr wohl zugetraut hätte. "Ich kann ja nicht in allem die Größte sein." Mit einem verschmitzen Grinsen fügte sie noch etwas hinzu. "Aber ich kann's versuchen!" Ein leichtes Lächeln fand seinen Weg auf Reis Gesicht. Sie konnte sich eine schnippische Antwort nicht verkneifen. "Aber nicht beim Schwimmen." "Natürlich! Irgendwann werde ich dich schlagen, verlass dich drauf!" Mit scheinbar entsetztem Gesicht entgegnete sie. "Ich? Wer redet von mir? Ich meine Pen²!" Beide mussten lachen, ein herzliches Lachen, auch bei ihr. "Sag mal... was..." Unschlüssig fiel sie ins Stocken. "Was macht man bei einem Date?" Das brachte ihr einen abschätzenden Blick Asukas ein, ehe diese sich vorlehnte und ihr Gesicht auf den Händen abstützte. "Du stellst Fragen... Darf ich wissen wer?" Das blauhaarige Mädchen schüttelte den Kopf. Asuka seufzte und überlegte eine Weile, dann fing sie an. "Na gut, dann also was allgemeines. Bei einem Date geht es darum den Partner besser kennen zu lernen. Dazu kann er dich in ein Cafe ausführen, oder ins Kino, oder sonst wohin, Hauptsache, es gefällt dir. Wenn er nett und du interessiert bist, solltest du ihm zeigen, falls er sich einen falschen Ort ausgesucht hast. Es sollte sich mit dir unterhalten und über Themen reden, die dich oder euch beide interessieren. Falls alles gut läuft, sollte er die Rechnung bezahlen und gelegentlich ein paar Komplimente and dich einstreuen. Das ist der Idealfall, allerdings," sie zog eine Grimasse, die Rei bitter erschien, " es ist nicht wirklich die Regel. Wie es üblicherweise abläuft: Er fragt dich, ob du zu einem bestimmten Ort mitkommen möchtest. Dabei geht ihm darum, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: dich kennen zu lernen und diesen Ort zu besuchen. Das kann eine Bar sein, oder ein Kinofilm den er schauen möchte, den er aber zu weiblich hält. Deswegen braucht er eine Ausrede, dass er ihn schaut, da kommst du dann gerade recht." Die Bitterkeit in ihrer Stimme hatte sich verstärkt, sie winkte aber einen fragenden Blick Reis ab. "Später, ja? Also, er wird nicht zwangsläufig für dich bezahlen, es sei denn, er hat wirklich ,ich lade dich ein' gesagt. Ansonsten gibt er dir vielleicht ein, zwei Getränke aus, je nachdem wie spendabel er ist und wie sehr er dich mag. Daran kannst du übrigens auch erkennen, was er von dir will. Wenn er geizig ist, aber dir den ganzen Abend spendiert, liegt ihm was an dir, wenn er aber verschwenderisch ist und du trotzdem gelegentlich selbst zahlen musst, dann will er dich bloß als Trophäe haben, oder er geht aus irgend einem anderen unwichtigen Grund aus, zum Beispiel um seine Freundin eifersüchtig zu machen. Pass bloß auf, dass du nicht an so einen gerätst!" Rei war sich sicher, dass Shinji nicht in die Kategorie Trophäenjäger fiel, aber wie es um seine Großzügigkeit bestellt war, wusste sie nicht. Trotzdem schüttelte sie energisch den Kopf. "Ich glaube nicht, dass er so ein Mensch ist." Obwohl sie bisher mehr Erfahrungen mit solchen gemacht hatte, wie sie betrübt feststellte. "Und weiter?" "Also, wenn ihr dort fertig seid, bringt er dich nach Hause. Je nachdem, wie viel dir an ihm liegt oder wie fordernd er ist, kommt es zu einem Kuss oder nicht. Üblicherweise beim zweiten oder dritten Date, denn nach dieser Anzahl weiß du wahrscheinlich, was er von dir hält. Aber selbst wenn es dazu kam, dann kannst du immer noch Schluss machen. Du musst bloß sagen, dass du dir nicht sicher warst, das hält die meisten von Schnellschüssen ab." Rei nickte. Soweit hatte sie es verstanden, nur eines fragte sie sich noch. "Und was soll dieses Alphabet sein?" Verdutzt starrte Asuka sie an, ehe es bei ihr Klick machte, dann musste sie erst mal lachen. "Tut mir leid, das war einfach zu schön, die Frage und dein Blick. Tut mir leid, ehrlich!" Sie wischte sich kurz übers Gesicht. "Hm, tja, wie sag ich das? Egal, einfach anfangen." Sie drückte den Rücken durch und richtete sich auf. "Man spricht von ABC, nicht Alphabet. A ist Händchen halten und Kuscheln und so, B ist Küssen, und C..." Sie fuhr sich nervös durch die Haare, eine Geste die offensichtlich beide Ikaris teilten. Ebenso wie die Röte, wenn bestimmte Themen angeschnitten wurden. "Äh, C ist... mehr. Die Jungs sagen dazu Fummeln. Quasi alles vorm Sex. Muss ich mehr sagen?" Gnade heischend schaute sie Rei an und sah, dass diese den Kopf schüttelte. Erleichtert ließ sie einen Stoßseufzer los und murmelte etwas auf deutsch. "Wie bitte?" "Hm? Ach so, ich habe eben meiner ehemaligen Direx gedankt." Rei nickte. "An welcher Schule warst du denn hiervor?" Es wunderte sie schon, dass sie überhaupt an einer anderen Schule gewesen war, schließlich waren die genau zugeteilt. War sie etwa schon mal umgezogen gewesen? "Nein, nicht... ja eigentlich schon. An der Käthe-Kollwitz-Schule in Wilhelmshaven." Verdutzt schaute sie die Halbdeutsche an. "Keetekoluritsu-Schule in Hilumentsuhafun? Wo liegt das? In Deutschland?" Wieder musste Asuka grinsen, diesmal wegen der japanisierten Aussprache ihrer ersten Schule. Sie wiederholte den Namen noch mehrmals und Rei versuchte ihn zu imitieren, bis sie es fast richtig hin bekam. "Genau, das war meine Schule in Deutschland. Zum Glück lag sie innerhalb der Kuppel, wäre schade um das Haus gewesen. Es war schön da..." Sie schwelgte kurz in ihren Kindheitserinnerungen. "Auf jeden Fall hat meine damalige Direktorin mir das damals so in etwa erklärt, wie ich es dir gerade gesagt hatte. Sie hatte wohl keine Ahnung, wie es in Japan mit der Kultur steht. Deutschland war zu der Zeit sehr Amerikafixiert, und da man dort solche Erfahrungen schon früher macht - nicht so früh, das war bloß zu Sicherheit!" Warf sie schnell nach einem Seitenblick auf Rei ein, die sie skeptisch von der Seite beäugte. " - Hat sich mich kurz vor meiner Abreise beiseite genommen und mich aufgeklärt. Als erste in meiner Klasse überhaupt!" Die Skepsis blieb in ihrem Blick vorherrschend. "Und wie alt warst du da?" Voller Stolz stand sie auf, stemmte ihre Fäuste in die Hüften und antwortete. "Sechs Jahre!" Ungläubig harkte Rei nach. "Und du hast das damals alles verstanden? Mit dem Sex und so?" Und wieder antwortete Asuka voller Stolz. "Kein Stück!" Dann fiel ihr auf, was sie gerade zugegeben hatte. "Grar! Du machst mich fertig!" Schmollend verschränkte sie die Arme und ließ sich wieder in den Stuhl fallen. Kurz darauf entspannte sie sich wieder. "Wirst du es mir sagen?" Sie wählte die gleiche Antwort, die sie zuvor bekommen hatte. "Später, ja." Der Tag neigte sich nun merklich dem Ende zu, nur noch die Kuppelspitze mit ihren merkwürdigen Reflexionen fing die letzten Sonnenstrahlen ein. Die allwissende Asuka hatte dem Ganzen natürlich wieder einen deutschen Namen verpasst, Arupunguruhen oder so, aber da außer ihr niemand deutsch konnte, konnte ihr natürlich auch niemand sagen, dass sie sich das ausgedacht hatte. Wovon die meisten ausgingen. Und natürlich waren wieder die meisten erschöpft und wollten entweder ins Bett oder gleich nach dem Essen ins Bett. Manche wollten auch noch andere Dinge zuerst tun, aber das Bett kam trotzdem verflixt oft vor. Ach ja, die Phantasie der Jugend... Die war es auch gewesen, die aus manchen Vorstellungen die Betten rausgestrichen und andere Örtlichkeiten dafür eingesetzt hatte. Doch da die Gedanken nur einem selbst gehören, belassen wir es einfach dabei... Kapitel 5: 2. Zwischenspiel --------------------------- Asuka brummte nur. "Ecchie." Edao hob die Finger in einer angedeuteten Schnippbewegung, woraufhin Asuka sich deutsch fluchend und beleidigend hinsetzte. "Muss ich erwähnen, dass auch meine Muttersprache deutsch ist?" Asuka fluchte noch mehr, allerdings auf englisch, und drehte sich Richtung Nichts um. "Auch Englisch spreche ich fließend..." Die Halbdeutsche warf mit einem lauten ,Grarg!!' die Arme in die Luft und fing an zu schmollen. Shinji wollte rettend eingreifen, oder zumindest zur Schadensbegrenzung. "Ähm, äh, Edao-san... Sie sollten Asuka nicht so sehr ärgern." Er fuhr flüsternd weiter fort. "Sie könnte sonst, na ja, etwas brutal werden, verstehen sie?" Asuka warf den Kopf in den Nacken und starrte den Jungen böse an. "Das habe ich gehört! Du weißt was das bedeutet..." Ruckartig drehte sie sich um und ging katzenartig mit dämonisch leuchtenden Augen auf ihr Opfer zu. Dass sie ihre Finger dabei wie Klauen vorstreckte, unterstütze den Effekt nur. Zu schade, dass sie nicht allein war... Nach einem leisen ,Plop' fühlten sich ihre Finger komisch an. Sie allgemein fühlte sich komisch an. Irgendetwas fuhr ihr da gewaltig gegen den Strich. Normalerweise hatte sie dieses Gefühl nur, wenn der Wind von hinten kam, aber um es noch mal zu erwähnen, sie waren im Nichts. Im Nichts kann auch kein Wind sein (wer mir jetzt mit mathematischer Logik kommt... siehe unten). Sie wischte das Gefühl mit einem Schwanzschlag beiseite und kauerte sich noch näher an den Boden, während sie sich weiter an ihr Opfer heranpirschte. "Ah..." Zu einer intelligenteren Aussage war Shinji nicht im Stande, nicht nachdem sich Asuka mit einem leisen Geräusch in eine rot-rot getigerte Europäisch-Kurzhaar verwandelt hatte. So ganz ohne Verwandlungssequenz oder Transformation, vollkommen effektlos (das ,Plop' ist das nachströmende Nichts, als sie ihre Masse und Volumen reduzierte. Jap, da war einen kurzen Moment weniger als Nichts, bis es durch das Nichts gefüllt würde. Ziemlich beunruhigend, oder?). Irgendwie kam ihm der Gedanke, dass sie sich vor allem wegen dem Effektlosen aufregen würde und weniger wegen dem Körper. Rei, die neben ihm stand, nahm das ganze teilnahmslos zur Kenntnis. Teilnahmslos für jeden unbeteiligten Betrachter, aber da wir göttliche Einsicht haben, tauchen wir einfach mal in ihre Gedankenwelt ein, als sie die Verwandlung sieht. "Bwahahahahahahahahahahahahahahahahahahahahahahahahahahahahaha!" Okay. Gut. Nie wieder. Wenn ich noch mal auf die Idee komme, mir Reis Gedanken außerhalb einer meiner Geschichten anzusehen, erschießt mich. Anschließend vierteilen, vergiften, erhängen und in einen Hochofen schmeißen. Die Schlacke, da werde ich wohl hinzugehören, anschließend mit der Rakete zur Sonne schießen. Es gibt Dinge, für die ist der Mensch nicht geschaffen. UND DAS GEHÖRT DEFINITV DAZU! (Sorry, das musste sein, manchmal muss ich mich einfach entspannen und durchdrehen ^^;;) Kapitel 6: Schritt um Schritt aus dem Tritt ------------------------------------------- Shinji war als einer der Wenigen noch längere Zeit wach. Eigentlich hatten sie ja geplant heute nacht den Himmel zu beobachten und mit ein bisschen Glück den einen oder Asteroiden zu finden, aber das fiel wohl aufgrund der allgemeinen Müdigkeit und Unlust aus. Allerdings hätte er auch keine Probleme damit, nur mit Rei zusammen zu schauen. Zugegebenermaßen war er in ihrer Gegenwart manchmal etwas nervös, aber nicht immer. Eigentlich nur, wenn sie auf bestimmte Themen zu sprechen kamen, zu denen er nicht sagen wollte oder konnte. Das ließ ihm eigentlich nur zwei Gesprächsthemen offen, bei denen er sich sicher war, mitreden zu können: Musik und Astronomie. Hoffentlich mochte sie zumindest eines davon! Rei andererseits lag auf ihrem Futon und dachte nach. Sie hatte nicht gezählt, wie viel sie geschwommen war, aber rein überschlagen kam sie nur auf eine fast zweistellige Kilometerzahl. Und die Salztherme, so gut sie auch tat, hatte sie auch noch ausgelaugt. Mit einem Schmunzeln ob ihres Wortspiels kam sie auch auf ihr eigentliches Thema zurück: Shinji. Er verwirrte sie. Und sie konnte sich nicht darüber klar werden, ob das gut oder schlecht war. Sie wusste, was sie für ihn empfand. Zumindest glaubte sie es zu wissen, doch man konnte ja nie wissen. Außerdem vertraute sie nicht mehr wirklich darauf, was ihr ihre Instinkte sagten. Natürlich waren sie eine Entscheidungshilfe, aber keine ausschlaggebende. Mit einem Seufzer drehte sie um, musste aber sofort einen halben Meter zurück schrecken, um nicht von einem schwingenden Arm Asukas erschlagen zu werden. Der Rotschopf war definitiv ein kräftiger Schläfer und strahlte selbst im Land der Träume noch vor Tatendrang. Nach der Ablenkung fand sie nur träge zu ihrem ursprünglichen Gedanken zurück. Wollte er nicht heute noch was? Na egal, wenn es wichtig war, dann konnte er es ihr auch morgen sagen. Mit diesem Gedanken warf sie sich die Decke über und schlief kurz darauf ein. Besagter Sternengucker schaute nun zum wiederholten Male auf seien Uhr. Er war wirklich als Einziger übrig geblieben und hatte trotzdem sein Fernrohr aufgebaut, um in den Himmel zu schauen. Leise murmelte er die Sternzeichen vor sich her, als er im Kopf seine Position überschlug. Er wusste, dass früher viele Seefahrer einen Sextanten dabei hatten, um ihre ungefähre Position zu bestimmen, aber den brauchte er nicht. Über die Winkel seines Teleskops konnte er auch die Sterne anpeilen, und die notwendigen Berechnungen konnte man nach ein bisschen Übung auch im Kopf machen. Nachdem er das getan hatte, visierte er diverse Planeten und deren Monde an. Mars - Phobos und Deimos, die Kartoffelmonde. Wenn er auf die Seite des Mondes schaute, die gerade im Erdschatten lag, dann blendete das Licht auch nicht zu sehr, so dass er die Krater sehr gut sehen konnte. Für die Mare hätte er ein viel schwächeres Teleskop nehmen müssen, die waren viel zu groß für seine Skala. Nach einem kurzen Blick in seinen Sternenatlas zoomte er in die Richtung der großen Planeten, Jupiter und Saturn, mir ihren Galileieschen Monden - Io, Europa, Ganymed, und Kallisto. Ein Blick auf seine Uhr bestätigte das Datum. In ein paar Monaten würden wieder die ersten Sonden zu den äußeren Planeten fliegen, um dort wissenschaftliche Bohrer und Fahrzeuge abzusetzen. Er freute sich schon auf die neuen Bilder. Schließlich hatte er sich ein Areal herausgesucht, dass er untersuchen wollte. Ihm war da ein Punkt aufgefallen, der dort eigentlich nicht hin passte, also schnappte er sich den Fotoapparat, legte den Film ein und belichtete anschließend mehrere Sekunden, ehe er ein Quäntchen nachkorrigierte, nachbelichtete und das ganze etwa eine Stunde lang wiederholte. Dadurch waren die Bilder zwar leicht unscharf, aber dafür von starker Helligkeit, so dass er Bewegungen leichter Erkennen konnte, wenn er mehrere Aufnahmen überlappte. Man konnte heutzutage kaum noch Asteroiden auf herkömmliche Weise finden: Starren, bis sich etwas bewegt. Mit gemischten Gefühlen hörte er nebenbei Musik über seinen SDAT. Eigentlich hatte er doch Rei angeboten mit ihm zu schauen, aber wahrscheinlich war sie genauso geschafft wie der Rest. Die Uhr bestätigte seinen Verdacht und er gähnte hinter vorgehaltener Hand. Nachdem die Stunde vorbei war, baute er den Fotoapparat vom Okular ab und schaute wieder zu den Sternen hoch. Es war hier wirklich überaus dunkel, das musste er ja der Gegend lassen. Und dadurch, dass sie einige Kilometer vom Meer weg waren, senkte sich auch die Streuung durch Wasserdampf auf ein annehmbares Maß, Nicht vernachlässigbar, aber doch annehmbar. Müde machte er sich an den Abbau des Teleskops und fiel nach vollbrachter Arbeit in den Futon. Kraftlos zerrte er sich aus den Klamotten und schlief bald darauf ein. Verschlafen richtete sie sich auf und schaute sich um. Ach ja, der Ausflug, fiel es ihr nach einem Moment ein. Stirnrunzelnd schaute sie sich um. Hatte sie sich gestern nicht andersrum schlafen gelegt? Sie wischte den Gedanken mit einer Handbewegung beiseite und rappelte sich mühsam auf und streckte sich. Sie achtete mit einem Seitenblick darauf, nicht auf ihre kurzzeitige Zimmergenossin zu treten und taumelte anschließend in Richtung Bad. Dort füllte sie sich ein Glas mit warmen Wasser und leerte es in einem Zug. Mit einem wohlig kuriosen Gluckern im Bauch platschte sie wieder in ihr Zimmer und ließ sich in den Futon fallen. Ein Fluch kam ihr über die Lippen, dass das verdammte Ding nicht auf einem Bett lag, wie es sich gehörte, aber kurz darauf war sie wieder eingeschlafen. Asuka war wahrscheinlich die einzige Person auf der Welt, die im Schlaf verdursten könnte, weil sie sich zu viel bewegt. Rei hatte sich nicht ohne Grund im Schlaf an eine Wand gekauert und ihr den Rücken zugewendet. Shinji, nach dem man in seinem Ordnungswahn eine Uhr stellen konnte, stand kurze Zeit später auch auf, wusch sich, und zog sich anschließend an. Wie immer war er einer der Ersten, die in der Küche waren, und definitiv der Erste, der fertig für den Tag war. Seelenruhig setzte er Kaffee auf, schob Milch in die Mikrowelle, Brötchen in den Backofen und war gerade dabei, den Tisch zu decken, als die Vermieter kamen und ihm die Arbeit abnahmen. Als sie nach dem Pling der Mikrowelle aus dieser die Milch heraus holten, schauten sie etwas befremdlich drein. Er stellte schnell klar, dass einige seiner Klassenkameraden Kakao mochten und schüttete die Milch in eine bereits vorbereitete Kanne, in der nach einigem Rühren eine blassbraune Flüssigkeit trieb. Klar, manche mochten ihren Kakao so dunkel wie Edelbitterschokolade, aber man konnte ja immer noch etwas Pulver nachkippen, während das Raussieben sich ein bisschen schwieriger gestaltete. Da er nichts besseres zu tun hatte, half er den Gastgebern noch weiter beim Aufdecken, ehe diese sich unter dem eindringlichen Hinweis verabschiedeten, dass sie selber nach dem Essen aufräumen würden. Shinji bedankte sich in alle Höflichkeit, ehe er sich seinen SDAT schnappte und dick angezogen auf die Dachterrasse stieg. Leise wählte er ein Klassikstück aus, setzte sich auf einen der Stühle, nachdem er ihn vom Schnee befreit hatte, befreite anschließend auch die restlichen Stühle und fegte die Terrasse, um sich dann doch wieder hinzusetzen und leise in Gedanken seine Cellogriffe für dieses Stück zu üben. Wie gesagt, Ordnungswahn an der Grenze zur Zwanghaftigkeit. Wahrscheinlich wich eher eine Armbanduhr von ihrer Zeit ab als Shinji von seiner täglichen Agenda. Nachdem sich Rei ebenfalls fertig gemacht hatte, ein gutes Stück früher als der Rest - außer Shinji vielleicht - ging sie mit einem seltsamen Gefühl auf die Dachterrasse. Sie wusste, dass er dort oben war -sie konnte sein Summen hören - und doch zögerte sie. Zum Einen wollte sie ihn nicht in seiner Konzentration stören, und zum Anderen wahr ihr unwohl bei dem Gedanken, dass sie sich bei ihm entschuldigen wollte. Sie hatte sich früher schon oft, viel zu oft, für Dinge entschuldigen müssen, an denen sie gar keine Schuld hatte sondern die man ihr einfach in die Schuhe geschoben hatte. Und trotzdem war ihr jetzt mulmig. Sie fühlte sich schuldig und ihr Gewissen redete ihr immer wieder ein, dass sie sich entschuldigen müsse und ihm sagen, dass es ihr Leid täte. Und das Beunruhigende daran war, dass sie es aus freien Stücken wollte und nicht musste, weile es von ihr erwartet wurde. Ganz im Gegenteil, man hätte Verständnis gezeigt, dass sie einfach eingeschlafen war, bei dem Aktivitätspensum, dass sie alle gestern an den Tag gelegt hatten. Mühsam ging sie weiter. Für andere mag es bloß ausgesehen haben, als habe sie kurz gezögert, aber sie wusste es besser. Sie stemmte sich gegen jeden Schritt, und doch tat sie jeden, bis sie vor ihm stand. Offensichtlich hatte er sie nicht bemerkt, denn er summte nach wie vor leise vor sich hin und fuhr dabei mit der einen Hand durch die Luft, während die Finger der Anderen schnell hintereinander in verschiedene Positionen glitten. "Shinji?" Erschrocken blickte dieser auf. "Ja?" Offensichtlich hatte er sich wieder mal im Klang der Musik treiben lassen und dabei den Rest, sprich Welt, vergessen. Das blauhaarige Mädchen schaute ihn an und er glaubte, dass sie ihm etwas sagen wollte, konnte aber nicht sagen, woher dieses Gefühl kam. Zumindest auf ihrem Gesicht zeigte sich kein Grund, also fragte er einfach. "Was ist?" Mit einem unterdrückten Seufzer rang sie sich durch. "Ich wollte mich entschuldigen. Es tut mir leid, dass ich unser Treffen gestern Nacht vergessen habe." Sie wollte ihm nicht sagen, dass sie einfach zu müde gewesen war, das hätte auch nur teilweise gestimmt gehabt. Sie hatte es vergessen gehabt, oder sie hatte Angst davor mit ihm alleine zu sein. Und wenn sie seinen Blick gerade richtig deutete, völlig unbegründete Angst. "Kein Problem, du warst ja müde." Strahlte er sie an. "Ich bin es ja gewesen, der sich kaum verausgabt hatte, weil... du weißt ja. Danke noch mal, danke, danke, danke!" Das kam unerwartet für sie. Sie versetzte ihn und er bedankte sich? Zugestanden, nicht direkt, aber man hätte es schon falsch verstehen können! "Das war doch selbstverständlich, schließlich ist es dazu gekommen, weil du mich retten wolltest. Und wenn man es so betrachtet, müsste ich mich bei dir entschuldigen, weil ich dir solche Sorgen bereitet haben..." Innerlich drehte sie bald durch. Der Junge brachte sie dazu Dinge zu sagen, an die sie nicht im Geringsten gedacht hatte! "Nein!" Dementierte er geschockt. "Es war nicht deine Schuld! Ich sollte nicht immer das Schlimmste annehmen, die Schuld liegt bei mir! Es tut mir schrecklich leid!" So ging es noch eine kurze Zeit weiter mit den gegenseitigen Entschuldigungen, bis eine allen wohlbekannte Stimme eine Shinji wohlbekannte Phrase auf deutsch brüllte: "FUDDERN!!" Das brachte sie aus ihrer Möbiusschleife und den Jungen auf eine Idee. "Sagen wir einfach, wir sind quitt, okay?" Er stand auf und packte seine Kopfhörer weg, die er schon beim Anfang der Unterhaltung aus den Ohren gepult hatte. "Es ist alles vergeben und vergessen, ja?" Sie schaute auf die ihr hingereichte Hand. Sie wusste zwar nicht, was Asuka da eben geschrieen hatte, aber wahrscheinlich hatte es etwas mit dem Duft von frischen Brötchen, Kaffe und Kakao zu tun, der gelegentlich in ihre Nase stieg. Sie griff nach der Hand und schüttelte sie. "Es ist alles vergeben, aber vergessen... sagen wir, als ob, ja?" Er nickte ihr zu. "Komm, es gibt Essen." Und führte sie nach unten. Mit ihrer Hand in seiner. Glücklicherweis fiel Rei ein sie zu lösen, wer weiß was Asuka sonst wieder gesagt hätte nach der Sache mit dem Mistelzweig letztens. Der Schreihals hatte sich offensichtlich zu früh gefreut, denn Katsuragi-sensei hatte darauf bestanden gehabt, dass der Großteil der Schüler am Frühstück teilnimmt, und die, die nicht gleich mit anfingen spätestens 5 Minuten später dazu stoßen würden. Und sehr zu Shinjis Leidwesen waren es gerade Aida und Suzuhara die noch fehlten, um den Teil zum Großteil werden zu lassen. Asuka hatte natürlich keinerlei Probleme damit die Schuld dafür auf ihn zu schieben. Offensichtlich Geschwisterliebe, die dazu führte dass er mit den beiden einen Schnellwaschgang durchführte, bloß um die Tigerin in Spe zu beruhigen. Kaum hatte sich das Idiotentrio also jeweils einen Stuhl geschnappt, da brüllte sie schon "Guten Appetit!" und fing an ihr Essen zu atmen. Ein normaler Mensch würde sich vielleicht wundern, wo sie das alles hin steckte bei ihrer Figur, aber ein normaler Mensch würde bei diesem Wildfang auch wahnsinnig werden. Shinji dankte und verfluchte Gott jeden Tag dafür, dass er anscheinend nicht normal war. Nach dieser erholsamen Mahlzeit wollten sich ein paar Mitschüler ans Abräumen machen, aber Shinji sagte denen schnell, um was die Hausbesitzer gebeten hatten. Er erntete zwar bloß Kopfschütteln, aber es wurde immerhin nicht weiter abgeräumt. Die folgenden Tage verliefen ähnlich, nur dass Shinji auch wieder in die Schwimmerbecken durfte. Nach dem ersten Tag im Schwimmbad hatte der Präsident des Schwimmclubs aber mal auf den Putz geklopft, so dass die meisten Schüler einen guten Teil ihrer Zeit mit Schwimmtraining verbrachten. Rei, unschlagbar in allen Disziplinen, wurde zwar halbwegs freigestellt, aber aus Kameradschaft machte sie trotzdem mit. Zumindest schien es so nach außen hin, aber zu einem gewissen Teil machte sie das auch, um möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten, falls man sich wieder gegen sie wenden würde. Gute Planung ist bekanntlich die halbe Miete. Und zu einem gewissen Teil natürlich auch, um nicht ihre Schärfe als Schwimmerin zu verlieren. Außerdem hatte sie dadurch eine gute Ausrede, um nicht mit zum Planeten gucken zu kommen. Sie mochte Shinji zwar, da gab sie sich gar keinen Illusionen hin, aber sie war sich nicht sicher genug, um eventuell stundenlang neben ihm zu stehen. Worüber sollten sie reden? Sie konnte nur über Schule und Schwimmen reden, von sehr viel mehr hatte sie nicht wirklich viel Ahnung. Es ging ihr gewaltig auf die Nerven, dass alles so kompliziert war. Als sich nach kurzer Zeit dann auch noch Schuldgefühle hinzugesellten, weil sie nach wie vor nicht seiner Bitte nachkam, da war es um sie geschehen. Zumindest in der letzten Nacht würde sie mit dem Astronomieclub zu den Sternen schauen! Und da der Rest von seinen Mitgliedern auch dabei sein würde, könnte gar nicht viel passieren! Doch das Leben spielt einem schon die seltsamsten Streiche. Der Schwimmclub absolvierte auch am letzten Tag sein Training, erst gegen Ende hin ließ der Präsident seine Schützlinge, denn er war zugleich ihr Trainer, in Ruhe und sich entspannen. Ausgleichenderweise hatte er sich zuvor aber noch härtere Übungen einfallen lassen als die Tage zuvor, so dass alle trotzdem nur noch ans Schlafen dachten. Rei andererseits hatte sich geschont gehabt, weil sie in dieser Nacht mit Shinji Sterne schauen wollte. Dessen Mitstreiter dachten aber mit dem Gedanken, dass es der letzte Tag war, gar nicht daran und verausgabten sich noch mehr als sonst. Schlussendlich standen also nur noch Shinji, Rei und Hikari auf dem Dach vor zwei Teleskopen, und die Klassensprecherin unterdrückte gerade ein Gähnen hinter vorgehaltener Hand. "'Tschuldigung." Sie beugte sich wieder über ihr Teleskop und schaute sich den Ausschnitt an, den sich Shinji ausgesucht hatte. Anschließend ließ sie Rei hindurchschauen, während sie zu ihrem Stellvertreter in der AG ging. "Ich weiß nicht, wieso du dir gerade den Quadranten ausgesucht hast. Ich sehe da nichts besonderes oder abweichendes." Sie unterdrückte ein weiteres Gähnen. Dieser Suzuhara hatte es aber auch nicht sein lassen können, sie zu ärgern! Die ganze Zeit hin und herjagen, sowohl im Wasser wie auch an Land... Na ja, aber zugegebenermaßen, es hatte Spaß gemacht. Er fuhr sich wieder verlegen durchs Haar. "Also in der ersten Nacht war da noch etwas gewesen..." Sie zuckte mit den Schultern. "Dein Teleskop ist eh besser als mein Schulteleskop." Mit ihren zwei Schwestern hatte sie es nicht leicht. Ihre Mutter war von morgens bis abends auf Arbeit um Geld zu verdienen, während Hikari für Nozomi und Kodama immer Essen machte und den Haushalt schmiss. Sicher, ihre ältere Schwester Nozomi war selbst schon fast flügge, aber sie schaute doch noch ziemlich häufig vorbei. Und da sie noch nicht genug verdiente um komplett auf eigenen Beinen zu stehen, half ihr ihre Mutter natürlich finanziell unter die Arme. Da war es klar, dass sie sich im Gegensatz zu Shinji kein halbprofessionelles Teleskop leisten konnte. "Galilei wäre vor Freude über dein Teleskop im Kreis gesprungen!" Schmunzelte er. Kurz darauf gesellte sich Rei zu ihnen. "Ich sehe da auch nichts. Vielleicht solltest du mal schauen?" Shinji stimmte dem Vorschlag mit einem Nicken zu und schaute durch Hikaris Fernrohr. Stirnrunzelnd überprüfte er die Ausrichtung, um anschließend sein Auge ein weiteres Mal ans Okular zu pressen. "Das ist komisch. Ihr habt Recht, da ist nichts mehr... Zumindest eine Unschärfe sollte zu sehen sein." Er justierte nach, während er weiterhin hindurchschaute. Rei und Hikari wechselten zweifelnde Blicke. Hatte er vielleicht die letzten Nächte über Dreck auf der Linse fotografiert? Summend nestelte er weiter an dem Gerät herum, kam aber zu keinem Ergebnis. Verwirrt richtete er sich auf und starrte auf sein Teleskop. "Ich muss da mal was überprüfen..." Er ging rüber und schraubte den Fotoapparat vom Okular ab, um anschließend selber hineinzuschauen. Auch jetzt war nichts zu sehen, und das auch bei Hikari nichts zu sehen gewesen war musste bedeuten, dass sich das Ding definitiv bewegt hatte, und zwar über eine nicht unbedeutende Strecke. Er tauschte das Okular aus und stellte anschließend wieder scharf, führte winzigste Abweichungen an der Justierung durch, bis er den dunkelgrauen Punkt wieder entdeckt hatte. Müde rieb er sich die Augen. "Hab ihn. Er hat sich bewegt, ein ziemliches Stück. Entweder das Ding ist dichter als gedacht oder verdammt fix!" Beide Mädchen schauten durch und nach einigen Hinweisen, wo genau er liegen würde, fanden beide ihn. "Bist du sicher, dass das kein Fleck ist?" Wieder unterdrückte sie ein Gähnen. Sie winkte schnell ab. "Tut mir leid, ich bin einfach zu müde. Ihr entschuldigt?" Auf Shinjis Nicken hin ging sie, blieb aber auf der Treppe noch mal stehen. "Packst du bitte nachher mein Teleskop mit ein?" "Klar doch! Gute Nacht!" Geschockt verfolgte Rei, wie ihr Puffer auf der Treppe verschwand. Was sollte sie nun tun? Schnell überschlug sie Asukas Kommentar. Das hier hatte etwas von einem Date! Das gefiel ihr nicht... Hatte Asuka nicht gesagt, dass nach dem zweiten oder dritten Date ein Kuss kommt? Das wäre also dann wohl bei der Bar! Aber, halt, beruhige dich. Niemand zwang sie dazu, alles lag bei ihr. Es musste zu keinem Date kommen, zu keinem Kuss, kein ABC solange sie nicht wollte. Shinji hatte unterdessen von ihrem inneren Disput nichts bemerkt sondern sich einfach daran gemacht, das Teleskop nachzujustieren und für die nächste Aufnahme fertig zu machen. Das hieß aber noch lange nicht, dass ihm wohl dabei war. Auch er machte sich Gedanken. Ihm gefiel Reis Gegenwart, besonders ihre Balkongespräche mochte er. Und sie war auf jeden Fall leichter zu ertragen als Asuka! Gedanklich strafte er sich. Bei ihr ging es nicht um ertragen, sondern um... um was ging es bei ihr? Helfen? Verstehen? Er wusste, dass in ihrer Vergangenheit irgend etwas schlimmes passiert war. Seine Schwester hatte ihm zwar nichts gesagt gehabt, aber soviel hatte er doch noch durch Gesprächsfetzen und ihr Verhalten mitbekommen. Und tief in ihm drin verlangte etwas danach sie zu verstehen und besser kennen zu lernen. Und er wusste, dass das nicht einfach werden würde. Da fiel ihm etwas ein... "Du hast mir noch nicht gesagt gehabt, welche Musiker du magst." Alles war besser als dieses angespannte Schweigen, und da konnte er genauso gut über etwas reden, wovon er immerhin ein bisschen verstand. Ihre Entgegnung war fast bissig. "Keine Ahnung, ich habe mich mit Musik nicht wirklich beschäftigt!" Da war es wieder, sie sprach ohne nachzudenken, wie sie das hasste! Der Junge brachte sie noch um den Verstand, wenn er so weiter machte! Und wieder füllte sich die Luft mit angespanntem Schweigen. Betreten schaute er zu Boden, und änderte auf Geheiß seiner inneren Uhr hin wieder die Justierung des Teleskops. Er fragte sich, ob sie ihn hasste. Wohl nicht, wenn sie nicht einfach ging, aber mögen schien sie ihn auch nicht so recht. Mit einem Seufzer raffte er sich zu seinem letzten Versuch auf. Wenn sie dann nicht würde reden wollen, oder sich zumindest die Atmosphäre änderte, würde er sie fragen, ob sie nicht lieber auch schlafen gehen wolle. "Welches Sternzeichen bist du?" Eigentlich interessierte er sich nicht für Astrologie, aber Mädchen taten das meist, und wenn es ihm einen Ansatz liefern sollte, dann war es ihm nur Recht. "Löwe." Sie reffte sich die Jacke noch weiter zu, die Luft hatte sich für die Nacht wohl vorgenommen zu gefrieren. Nach einer Weile harkte sie nach. "Wieso?" Er verstaute seine Finger wieder in den Taschen, schaute in den Himmel und versuchte die Sterne zu finden. Anschließend ging er zu ihr rüber und zeigte sie ihr. "Dort, siehst du diesen Stern? Er ist nicht besonders hell, aber weißt du welchen ich meine?" "Diesen unter der kleinen Gruppe?" Sie wunderte sich, worauf er hinaus wollte. "Genau, das ist die Schnauze des Löwen. Und wenn du diesen, diesen und diesen," er zeigte nacheinander auf naheliegende Sterne, "verbindest, dann hast du schon den Rücken. Dort ist der Schwanz, und das da sind die Beine." Verblüfft schaute sie auf die Sterne, die er ihr gezeigt hatte. "Das sieht nicht sehr löwenartig aus..." Er war wieder ans Nachstellen gegangen, während er ihr weiter erklärte. "Du darfst dir die Sterne nicht als Begrenzung vorstellen, sondern als Zentrum. Der Stern, der die Schnauze ist, ist nicht der Punkt an der seine Nase sitzt, sondern eher die Zähne. Das Gleiche gilt für den Kopf und so. Und dann brauchst du nur noch etwas Phantasie." Sie kniff die Augen zusammen, um das Tier zu erkennen, dass es sein sollte. "Mit viel guten Willen kann man ihn erkennen, ja. Der Griechen war wohl langweilig, wenn sie die ganze Zeit in die Nacht gestarrt haben, bis sie da oben Tiere sahen." Er schüttelte den Kopf. "Sie haben da oben ihre Götter gesehen. Da hinten ist Zeus, dort Ares, für Aphrodite ist es zu spät. Und nur die Götter waren die Planeten, die sich wie wild durch die Sterne pflügen konnten, während die Sterne selbst fest waren. Das da hinten ist Orion, und dort ist der große Wagen. Wenn du seine Vorderachse um drei, vier Längen nach oben ziehst, dann hast du den Polarstern." Sie schaute mit neuem Respekt nach oben und versuchte die Gestalten zu erkennen, die Shinji ihr nebenbei immer beschrieb. Einige konnte sie nachvollziehen, bei anderen hatte sie aber keine Ahnung, wie man auf diese Figur gekommen war. Die gelegentliche Stille, die jetzt auftrat, war nicht mehr von Spannung erfüllt, sondern von Neugier. "Magst du Delphine? Das dort ist nämlich ihr Sternbild." Die Sterne, die er ihr zeigte, erinnerten sie zwar zuerst an eine Schlange, aber schließlich sah sie doch einen Meeressäuger darin. "Wie viele Sternenbilder gibt es denn?" Da musste er den Mund verziehen. "Meinst du offiziell oder anders?" "Gibt es denn etwas anderes als offiziell?" Ein Schmunzeln schlich sich in sein Gesicht, welches er dadurch tarnte, dass er wieder nachjustierte. "Natürlich! Jedes Volk hatte seine eigenen Sternzeichen. Es gibt zwar eine offizielle Festlegung von 88, aber man kann die Sternbilder sehen, die man will." Nach kurzem Überlegen zeigte er auf eine Handvoll Sterne. "Die da könnten zum Beispiel ,Schneemann' heißen, wenn du einen Schneemann darin sehen willst, oder auch Pen². Die Wahl liegt ganz bei dir. Hier dürftest du grob zwei- bis dreitausend Sterne sehen können, du kannst du ja die Kombinationen ausrechnen." "Zweitausend?! Das sind aber eine Menge... So viele sieht man doch nie in Neo Tokio 3!" Das provozierte ihn zu einem Schnauben. "Kunststück. So hell erleuchtet wie die Stadt ist, kann man froh sein wenn man auf Ein- oder Zweihundert kommt. Aber meine Mutter hat gesagt, früher konnte man noch weniger sehen, im alten Tokio. Bloß ein paar Handvoll." Allein bei dem Gedanken jagte es ihm ein Schauer über den Rücken. Der Second Impact hatte großen Einfluss auf die weltweite Lichtverschmutzung gehabt, war ein Großteil davon doch in den riesigen Hafenstädten begründet gewesen. Damals konnte man froh sein, wenn man irgend etwas am Himmel gesehen hatte, das kein Flugzeug oder sonstiges künstliches Himmelsobjekt war. Heute gestaltete sich das, makaber wie es ist, einfacher. Es sei denn, man lebt in einer der Kuppelstädte, dann kann man keine Sterne sehen, zumindest nicht wirklich, aber dafür hat jede der Städte einen für sich einzigartigen Himmel. Er entschied sich genug Fotos gemacht zu haben und begann sein Teleskop zusammenzubauen, ebenso wie Hikaris, wobei er nebenbei immer wieder auf ein paar Sternbilder zeigte und versuchte Rei zu erklären, warum sie bloß so zu sein schienen. Schon nach wenigen Minuten hatte sie es verstanden und half ihm ein bisschen beim Aufräumen. Als er sich anschließend gegen die Brüstung der Dachterrasse lehnte, folgte sie ihm nach kurzem Zögern zu seiner Linken. "Ich könnte Stunden damit zubringen in den Himmel zu schauen." Seine Augen glitzerten vor Freude während sich seine Lippen mit einem leichten Lächeln kräuselten. Den Kopf im Nacken blickte er beständig in den Himmel zu Punkten, die Sterne zu sein schienen aber Galaxien waren, oder überschlug wo die Planeten in einigen Monaten stehen würden. Sie stimmte mit einem leichten Murmeln zu. Als sie wieder aufschaute, hatte er immer noch dieses Glitzern in den Augen. Sie war nicht dumm, sie konnte mit dem Ausdruck etwas anfangen, aber betrübt fragte sie sich, ob sie auch schon Mal etwas so fasziniert und glücklich angeschaut hatte. Irgendwo in ihrem Unterbewusstsein wünschte sie sich vielleicht auch, dass er sie so ansehen würde, aber das konnte wohl kaum stimmen, oder? "Shinji? Bist du glücklich?" "Hm?" Er wandte seine Augen von den Sternen ab. "Ja, ich glaube schon. Und wenn nicht glücklich, dann doch ziemlich zufrieden." Er wunderte sich kurz, woher ihre Frage wohl kam. "Und bist du es?" Sie schaute kurz betrübt zu Boden, ehe sie mit einem winzigen Leuchten in den Augen antwortete. "Ich war schon unglücklicher... Aber ich denke, dass es mir hier und jetzt doch recht gut geht." Leise fügte sie hinzu: "Sehr viel besser als früher..." Durch diesen letzten Kommentar war die Stimmung leicht gekippt und er wusste nicht, wie er daran etwa ändern sollte. Ein scheinbar unauffälliger Seitenblick auf die Uhr ließ ihn zu einer Entscheidung kommen. "Es ist spät. Ich denke wir sollten zusammenbauen und Schluss machen, oder was meinst du?" Noch in Erinnerungen versunken nickte sie. Kapitel 7: 3. Zwischenspiel --------------------------- "Träume sind etwas, was nur wenige Menschen wirklich schätzen," las Shinji vor. "Den Meisten blieben sie nur wenige Sekunden nach dem Erwachen im Gedächtnis hängen, um anschließend wieder in den unermesslichen Tiefen des Unterbewusstseins zu verschwinden. Einige Wenige schenkten ihren Träumen Aufmerksamkeit, verfolgten sie noch einige Augenblicke weiter während sie erwachten. Für sie waren es schöne Alternativen, Bilder aus einer Welt die schöner oder schrecklicher als die Eigene war. Nur in den seltensten Fällen verbrachte ein Mensch sein Leben in den Träumen, oder träumte sein Leben. Kanntet ihr eine solche Person? Und falls, was empfandet ihr darüber? Ward ihr neiderfüllt, dass jemand nicht mehr träumen musste, sondern dass es für ihn wahr geworden war? Ward ihr des Stolzes, dass ihr jemanden kanntet, der für seinen Traum gekämpft hat, bis er wahr geworden war? Ward ihr traurig, dass nicht ihr es ward? Oder ward ihr dessen Traum, dessen Leben? In dem Fall freue ich mich aufrichtig für euch. Ich werde weitersuchen nach meinem Traum, nach meinem Glück und nach meinem Frieden und wünsche euch für eure Suche alles Gute." "Miau!" Rei streichelte die rotgetigerte Katze, die auf ihrem Schoß festhielt. Sie hatte sich am Anfang natürlich gewehrt gehabt, allerdings hatte ein Blick aus den roten Augen gereicht gehabt, um sie zu paralysieren. Und als sie in dem Schoß aus ihrer Trance erwacht war, hatte der schraubstockartige Griff um ihren Hals jeden Gedanken an Flucht bereits im Keim erstickt. Ironischerweise stellte Asuka damit erst ziemlich spät fest, dass Rei, obgleich sie so flüchtig wie Zucker auf hoher See wirkte, in Wirklichkeit mehrfach gehärteter Edelstahl war. Ihr Blick wanderte von der Katze zu ihrem Begleiter. Dieser schaute sie verunsichert an, nachdem er anscheinend alles vorgelesen hatte. "W... Was soll das heißen?" Seine Frage war überflüssig, denn die Antworten waren offensichtlich. Wahrscheinlich war das wieder ein Versuch Konversation zu betreiben. "Der Autor verlangt von uns eine Selbstüberprüfung nach folgenden Gesichtspunkten: 1. Kennen oder kannten wir jemanden, der wahrhaft glücklich ist. 2. Falls wir ersteres bestätigen können, inwiefern können wir den Weg, den diese Person zu ihrem Traum gewählt hat, auf uns anwenden. 3. Die Einsicht, dass man diesen Weg nicht algorithmisch auf sich selbst übertragen kann und daher selbst ein Weg finden muss. 4. Findet euren Weg." Ikari starrte sie mit offenem Mund an, und sie war sich sicher, wären Katzen zu Gesichtsausdrücken fähig, so würde Langley jetzt lauthals lachen. Das kehlige Geräusch aus ihrem Schoß ließe sich zumindest so interpretieren. Resigniert formulierte sie ihre Analyse um. "Anders ausgedrückt: ,Findet das, was euch glücklich macht. Anschließend strebt danach es zu erreichen.' " Sie konnte an seinem Gesichtsausdruck erkennen, dass er anscheinend verstanden hatte. Ein Teil ihres Verstandes fragte sich, ob ihr Gesicht auch so leicht zu lesen sein war wie seines, verwarf den Gedanken aber nach etwa 0,2 Sekunden. Eine Veränderung des Nichts ließ sie ihre Aufmerksamkeit jenseits von Shinji richten. "Wo warst du?" Die Frage ging über Shinjis Kopf hinweg, der sich dennoch angesprochen fühlte. "Ähm, also..." stammelte er, "eigentlich war ich die ganze Zeit hier... oder?" Der starre Blick Reis hatte ihn nicht bemerken lassen, wie sich der Zettel in seiner Hand auflöste. Die Stimme hinter ihn ließ ihn aufschrecken. "Überaus wahrscheinlich, habt ihr doch keinen Zugriff auf die Deus Ex Machina." Der Autor machte ein paar Schritte um Shinji herum und setzte sich dann. "Das bringt mich dazu, womit habe ich mich angekündigt, Rei?" Seine Anwesenheit hatte einen beruhigenden Effekt auf Rei. Klare Frage, die man präzise beantworten konnten. Ikari hingegen... er beunruhigte sie nicht, allerdings strapazierte es sie, ständig andere Formulierungen finden zu müssen, welche die Präzision ihrer Antworten herabsenkten. "Das ,Nichts' hatte sich geändert." Ein Kopfnicken seinerseits bestätigte, dass er verstand. "Ich denke, ich muss noch ein bisschen an ihr arbeiten, obgleich ich bis dato recht zufrieden mit ihr war." Mit einem Fingerschnippen bekam Asuka wieder ihre menschliche Form zurück, die sofort losdonnerte. "Du elendiger kleiner Hur- - -" Ein zweites Schippen ließ sie ihn einer anderen Sprache weiterfluchen, obwohl sie das anscheinend nicht bemerkte. Shinji glotzte sie ungläubig an, als... na ja, in diesem Fall war sein Glotzen wohl berechtigt. "Weißt du, Rei... obwohl du nicht nie hieran erinnerst wirst, weil ihr alle nur Bestandteile meines Verstandes seid... Wenn du eine Fremdsprache lernst - außer Englisch natürlich - empfehle ich dir Französisch oder Italienisch. Bei Französisch klingt alles wie eine Delikatesse, oder eine Verführung, ein Kompliment, das man seiner Liebsten, oder in deinem Fall deinem Liebsten, ins Ohr flüsterst. Seide auf der Zunge. Italienisch, ich kenne keine geeignetere Sprache für Gesang, ständig singen die Menschen, einfach wunderbar. Wogegen ich mich ausspreche ist Deutsch und Russisch oder klanglich nahe Sprachen. Selbst die wichtigsten Worte klingen so, als würdest du deinem gegenüber den Schlimmsten aller Tode an den Hals wünschen. Eisenspäne gurgeln klingt wahrscheinlich romantischer." [ooc] Wie ihr sehr spiele ich gerne mit den Fähigkeiten, die ein Autor hat... mal sehen, vielleicht kommen im nächsten Zwischenspiel ein paar Outtakes (Omake), mal schauen. Wer mag, kann mir auch was über PN/eMail schicken... Kapitel 8: Dämmerung -------------------- Tempus fugit, und so hatte sich der Tag der Abreise mit gigantischen Schritten näher geschlichen, bis er schließlich mit einem lauten Klonk in dem Bewusstsein aller aufgeschlagen war. Touji mäanderte halb betrübt durch den Onsen, aber auch halb entspannt. Asuka war vielleicht nicht ganz so aufgekratzt wie sonst – sprich: sie achtete nicht mehr darauf, ob sie ignoriert wurde. Rei genoss die letzten Stunden mit einem Blick auf die Landschaft, und Shinji, na ja... er ignorierte Asuka, die ihn wegen ihrer Langeweile nervte, bis er sie fragte, ob sie ihre Sachen schon gepackt hatte. Missmutig trottete sie anschließend von dannen. „Kinder, kommt aus dem Wasser, wenn ihr noch Abendbrot haben wollt!" Katsuragi schüttelte den Kopf. Sie konnte die Laune ihrer Schützlinge verstehen, sie würde auch bei weitem lieber ihre Zeit mit Dösen, Bier und einem knackigen Hintern verbringen, aber man kann nicht sein ganzes Leben studieren. Das ist auch ungesund, wenn man eine verrückte Wissenschaftlerin als Mitbewohnerin hat... Mit einem Kopfschütteln entledigte sie sich ihrer Tagträumereien und hob ein weiteres Mal die Stimme an. „Abendbrooot!" Stück für Stück trudelten die Schüler ein und setzten sich an ihre Plätze. Suzuhara hatte sich anscheinend dazu entschlossen lieber noch etwas Zeit im Onsen zu verbringen anstatt etwas zu Abend zu essen. Ein Blick zur Seite verriet ihr, dass Horaki das ebenfalls bemerkt hatte und eine kleine Extraportion beiseite stellte. Die Klassensprecherin würde es wohl noch nicht zugeben, aber in Misato's Augen hatte sie an dem Möchtegernrebellen einen Narren gefressen. Während die Lehrerin beobachtete, wie ihre Tischnachbarin einen liebevollen Imbiss zusammen stellte, kam ihr der Gedanke, dass vielleicht noch andere an diesem Tisch mit Gedanken bei bestimmten Personen waren. Bei den meisten Gesprächen und Blicken handelte es sich um unbedeutendes Geplänkel und nichts sagende Gespräche, aber der Ikarijunge war heute anders. Sie konnte sich nicht genau festlegen inwiefern, aber da war etwas, er schien zufriedener als sonst zu sein - obwohl leichte Ringe unter seinen Augen lagen. Er hatte doch nicht etwa...? Nein, dafür war er definitiv nicht der Typ. Und mit wem hätte er denn schon? Ayanami würde sich anbieten, sie ist neu in der Klasse und anders. Sie wusste aus Erfahrung wie anziehend exotische Partner sein konnten... Ein Grinsen schlich sich bei dem Gedanken auf ihre Lippen. Aber um bei dem Thema zu bleiben, auch der Blauschopf hatte eine Veränderung durchgemacht. War sie am Anfang überschwänglich gewesen, so hatte sich das nach einigen Tagen bereits gelegt und... Mit einem Seufzen dachte sie weiter. Es war definitiv ein Rollentausch, ein Wechsel der Masken, die sie zur Schau trug, aber sie war unentschlossen, ob die Lebhafte näher an ihrem Wesen lag oder die Verschlossene. Vermutlich Letztere, denn der Abbau der Maske war schnell vonstatten gegangen, als wäre sie so etwas nicht gewohnt. Ihm ging es einfach gut. Er kannte zwar keinen genauen Grund, aber wieso sollte man sich darüber den Kopf zerbrechen, wenn man den Abend genießen konnte? Mitleidig schaute er zu seinen Mitschülern in die Runde. Wirklich alle schienen niedergeschlagen zu sein, dass sie schon morgen wieder abfahren würden, aber das war noch lange kein Grund, warum man die Reise mit Trübsal abklingen lassen sollte. Jetzt musste ihm nur noch ein Weg einfallen, wie er sie aufmuntern konnte und dabei die letzten Stunden mit Spaß zu füllen. Da gab es das Onsen, aber er hatte für die nächste Zeit genug heiße Quellen gehabt, um seine Energie aufzufüllen – sein grinsendes Gesicht schien das nur zu bestätigen. Was blieb sonst noch? Früher Schlaf wäre eine Möglichkeit, aber dann wäre man die ganze Busfahrt über wach. So langweilig wie die immer waren, wäre es wohl besser, wenn sie heute lange auf bleiben und dafür morgen müde aufbrechen würden. Feiern schloss er von vorn herein aus, er wollte weder mit einer verkaterten Asuka zu tun haben, noch mit einem voll gebrochenen Bus. Konsequenterweise blieben dann nur noch Gesellschaftsspiele übrig, die sollten in einer Herberge schon vorhanden sein. Während er nach den letzten Bissen sein Geschirr wegräumte und sich dazu zwingen musste es nicht gleich abzuspülen, schaute er sich um und erspähte sie in einem Regal. Es gab die üblichen klassischen Spiele wie Go und Shōgi, aber auch neuere. Er selbst hatte sie nie wirklich für eines der Beiden begeistern können, aber war dennoch mit den Regeln vertraut. Als er Katsuragi einen Spielabend vorschlug, stimmte diese zusammen mit einigen Schülern, die zugehört hatten, zu. „Ich hasse dich!“ Shinji quittierte das Meckern seiner Schwester mit einem verlegenen Grinsen. Sie konnte es einfach nicht verkraften zu verlieren, erst recht nicht gegen ihn. Und mit ihrer Dickköpfigkeit verlangte sie natürlich wieder eine Revanche – die mittlerweile fünfte oder sechste an diesem Abend. „Ich wette du trainierst heimlich! Bloß um mich zu ärgern, das würde ich dir zutrauen!“ Die Seitenblicke ihrer Nachbarn sprachen bei dem Kommentar Bände. „Also, alles oder nichts!“ „Aber Asuka, wir spielen doch um gar nichts. Oder?“ „Hm, noch nicht... und wo zum Teufel ist das Bier?! Ich wette mit ein wenig Alk im Blut würde ich alle deinen ausgeklügelten Strategien völlig durcheinander bringen. Misato!“ Mit einem nassen Flatschen klatschte der Lappen in das rotgerahmte Gesicht. Bei Asuka würde man erwarten, dass das Wasser bei ihrem gelegentlichen Jähzorn innerhalb von Augenblicken verdampfen würde, bloß um anschließend in Folge ihres kalten Blickes wieder auszukondensieren, aber glücklicherweise ist das hier kein B-Movie. „-san.“ Mit einem Grinsen schaute sie weiter ungerührt auf das Blatt, das vor ihr lag. Die noch feuchte Hand machte ein Daumen-hoch-Zeichen, als Asuka die Anrede wiederholte. Sie hatte bereits eine Vier und ein Ass liegen. Sollte sie von Aida, dem der Lappen die Haare aus der Stirn gewischt hatte, noch eine Karte verlangen? Und wieso zum Teufel kannte der Junge die Croupier-Regeln für Black Jack? „Warum gibt es heute kein Bier?“ „Noch eine,“ sagte sie zu Aida. Sie bekam eine fünf, während Suzuhara neben ihr mit zwei Zehnen trotzdem noch einen Punkt dichter war als sie. Er sah natürlich, dass sie zwar ein gutes Blatt, er aber ein besseres hatte, und erhöhte noch mal. Um was sie spielten? Monopolygeld. Nachdem Horaki alle Mitspieler innerhalb weniger Runden ums Spielbrett in den Ruin getrieben hatte, hatte niemand mehr Lust auf dieses Brettspiel. Katsuragi fuhr sich mit den Händen durch die Haare. Mit zusammengekniffenen Augen knurrte sie. „Noch eine.“ Und wie hätte es anders sein sollen, sie bekam eine Drei. Eine Zwei oder ein Ass wären annehmbar gewesen, aber genau ab der Drei war es vorbei. Mit einem Grinsen nahm sich Suzuhara den Pott und begann zu zählen, während sich seine Lehrerin Asuka zuwandte. „Was ist denn?“ „Warum gibt es heute kein Bier, Misato-san?“ „Weil ich bis morgen nüchtern wäre, ihr aber nicht,“ antwortete sie trocken. Asuka wollte schon zu einem schnittigen Kommentar ansetzen, verkniff es sich nach kurzem Überlegen aber. Wahrscheinlich würde sie erst halbwegs regelmäßig voll wie ein Matrose sein müssen, ehe sie es mit Katsuragi aufnehmen konnte. Es störte sie ein bisschen, dass sie von ihrer Lehrerin so ohne weiteres unter den Tisch getrunken werden konnte, obwohl sie als Deutschstämmige eigentlich mit dem Gebräu hätte aufwachsen müssen. Rei hatte eine zeit lang die Partien der Ikaris verfolgt, während sie mit einigen anderen zusammen Karten gespielt hatte. Als sich Asuka dann vom Tisch machte und sie selbst zufällig gerade fertig wurde, bedankte sie sich fürs Spiel und ging zu Shinji hinüber. „Hi,“ setzte sie sich etwas schüchtern ihm gegenüber auf den noch warmen Platz. „Magst du eine Runde spielen?“ Da er schon viele Runden gespielt hatte, lag ihm ein ‚Eigentlich nicht’ auf der Zunge, aber ehrlich gesagt konnten diese Scharlachaugen einen schon überzeugen, sogar ohne einen bestimmten Blick zu benutzen. „Ja, gerne. Du kennst die Regeln? Gut. Wir spielen erst mal ohne Handicap, ja?“ Sie nickte und nahm sich eine Handvoll Gosteine. Nachdem Shinji auf ungerade getippt hatte, hatte sie weiß und begann somit. Auf dem kleinen Brett war ein Spiel schnell entschieden, und nach mehreren Partien stellte sie fest, dass sie anscheinend ein gewisses Faible für dieses Spiel hatte. Shinji musste immer länger überlegen, während sie selbst immer geschicktere Züge machte. Wenn man in Betracht zog, dass sie kaum alle Regeln kannte, war das eine beachtliche Leistung. Nachdem sie zwei oder drei Runden am Stück gewonnen hatte, schlug Shinji vor ein größeres Brett zu nehmen. Schnell bemerkte sie, dass es auf dem 13x13 Feld schwerer war, da es ungleich mehr Möglichkeiten gab. Dennoch entschied sie auch hier nach einigen Eingewöhnungspartien immer mehr für sich. „Wie oft spielst du Go?“ Er persönlich spielte zwar nicht leidenschaftlich, aber alle paar Monate mit seinem Vater – er verlor immer haushoch, vielleicht ein Grund, dass es bloß im Halbjahresrhythmus war – und glaubte daher zumindest einige ihrer Züge wieder erkennen zu können. „Nein. Wahrscheinlich haben wir heute mehr gespielt als ich in meinem ganzen Leben zuvor,“ sagte sie, nur um nach kurzem Zögern noch hinzuzufügen: „Wieso?“ Er erzählte ihr von einigen Spielen mit seinem Vater und deutete kurz darauf auf einen bestimmten Schnittpunkt. „Wenn du hier beispielsweise schaust,“ er wies auf eine Gruppe weißer Steine, die stark von Schwarz umlagert wurden, welche wiederum von Weiß umschlossen waren, „Ich konnte hier gerade so meine Gebiete schützen – lächerlich wenig, wenn du mich fragst – aber du hattest währenddessen woanders bereits gewerkelt und nebenbei noch um meine Gebiete gekämpft. Und falls es dir nicht aufgefallen ist, Die Differenz zwischen dir und mir hatte sich immer weiter zu mir verschoben. 5; 3; 2; 0,5; -1; -1; -4. So viele Punkte hatte ich am Schluss vor dir. Wenn du nicht bereits in der Schwimm-AG wärst, würde ich dir raten Mal in der Go-AG vorbei zu schauen.“ Sie schüttelte den Kopf und setzte den letzten, finalen Stein, der eines seiner – er dachte sicheren – Gebiete attackierte. Finster betrachtete er ihren letzten Zug, fuhr sich mit der Hand durchs Haar und gab dann auf. Beide machten anderen Willigen Platz, schnappten sich etwas zu trinken und setzten sich an eines der Fenster. Nach einigem Nippen setzte sie ihr Gespräch fort. „Ich bin mit meiner jetzigen AG ziemlich zufrieden, da brauche ich nicht noch eine weitere. Aber vielleicht werde ich mal rein schauen... irgendwie hat mir das Spiel ja Spaß gemacht.“ Sie verbrannte sich fast die Zunge an ihrem Tee, als sie zwischendrin noch einen kleinen Schluck nehmen wollte. „Und hast du daran gedacht, wie es in der Go-AG wäre?“ Eigentlich konnte sie sich die Antwort schon denken, bei dem Blick den er zu den Sternen richtete, aber vielleicht irrte sie sich ja auch. „Hm, also... eigentlich nicht. Ich habe noch nicht Mal an die Möglichkeit gedacht, aber jetzt, da du es sagst, könnte ich ja darüber nachdenken.“ Und wieder hatte er es geschafft, sie aus dem Konzept zu bringen. Anstatt von seiner Liebe zu den Sternen zu erzählen, erwog er lieber etwas zu tun, worin sie ihn anscheinend jederzeit schlagen konnte. Das sprach nicht gerade von Durchhaltevermögen. „Also ich finde, dass das lieber bei der Astronomie bleiben solltest. Dort hast du schon Erfahrungen, und auch Erfolge. Wenn du jetzt zu Go wechseln würdest, müsstest du quasi von Null anfangen – keine rosige Aussicht.“ Er überlegte kurz. „Also das wäre nicht so prall. Apropos, normalerweise beginnen die professionellen Go-Spieler auch noch früher als in unserem Alter mit dem Spielen. Klar, die Wenigsten schaffen es mit vierzehn zu einem Titel, aber das heißt noch lange nicht, dass es noch nicht vorgekommen ist. Aber die Astronomie macht mir eh mehr Spaß,“ strahlte er sie an, „bleibe ich lieber dabei!“ „Wie weit hast du denn schon in deine Zukunft geplant? Ich kann mir dich nicht als unentschlossenen vorstellen, der erst zwei Monate vor dem Abschluss sich auf die Schnelle für etwas entscheidet.“ Diese Annahme hätte ihn kränken können, aber er sah es lieber als Kompliment. „Na ja, Katsuragi-sensei sagt immer, dass die Zukunft so unbestimmt ist wie der Weg einer Bierdose von der Fabrik. Ehrlich gesagt nicht eine ihrer besten Metaphern, aber sie ist irgendwie hängen geblieben. Was ich damit sagen will: Natürlich habe ich Pläne für die Zukunft. Und natürlich sind in diesen Plänen auch Ausweichmöglichkeiten um auf diverse ungeplante Dinge zu reagieren, aber ein wirkliches Ziel habe ich nicht. Nächstes Ziel ist natürlich immer der nächste Test, und auf höherer Ebene das Bestehen mit einer möglichst guten Note, aber danach? Ich denke schon, dass ich gerne studieren würde... Zumindest kann ich mich kaum als Handwerker sehen.“ Sein Blick ging dabei auf seine dünnen blassen Finger. „Aber ansonsten habe ich mich noch nicht festgelegt. Es sind ja auch noch ein paar Jahre bis dahin.“ Nach einigen Momenten Stille fragte er schließlich, was sie für die Zukunft plane. Sie schaute etwas beiseite, diese Frage war ihr offenbar unangenehm. „Ich habe auch Pläne für die Zukunft, aber die sind noch unausgereift. Mich würde Studieren zwar auch reizen, aber ich kann mir nichts vorstellen, was ich werden könnte. Tierärztin? Psychologin?“ Shinji setzte in Gedanken noch ‚Modell' hinzu, sagte aber nichts. „Diese typischen Fächer sind nicht so toll. Ich weiß es ehrlich nicht.“ „Du könntest auf eine Sportuniversität gehen und dort versuchen professionelle Schwimmerin zu werden,“ versuchte er sie mit aufzumuntern. Kopfschüttelnd winkte sie ab. „Du hast doch gesehen, wie nah deine Schwester und ich bei unseren Leistungen sind. Das heißt doch eigentlich, dass es noch sehr viel bessere Schwimmerinnen geben muss, wenn schon zwei einigermaßen Gute so schnell aufeinander treffen.“ Ihm fielen dazu die Trophäen von Asuka und ihrer Schwimm-AG ein, bei deren Erhalt er genötigter Weise öfter anwesend war. Er würde zwar nie von sich behaupten, dass er ihre Leistungen im großen Rahmen einordnen könnte, aber er war nicht mit Blindheit geschlagen. Er wusste, dass Rei gegen Asuka hätte gewinnen können und sie es absichtlich nach einem unentschieden hat aussehen lassen. Und genauso wusste er, dass ‚der rothaarige Wasserteufel‘ kein Spottname war, den seine Schwester auf diversen Turnieren errungen hat. Viele ihrer Mitstreiter und auch Gegner hatten vor ihrem Können Respekt und würden den auch Rei antragen, wenn sie diese im Wettkampf sehen würden. „Ich glaube du unterschätzt dich, und das absichtlich. Du könntest Asuka wahrscheinlich problemlos schlagen, wenn es notwendig wäre.“ Sie wusste seine Worte zu schätzen und konnte die Wärme, die diese in ihr hervor riefen, nicht ignorieren, aber sie selbst war sich da nicht so sicher wie Shinji es augenscheinlich war. Für den Moment beließ sie es aber dabei. „Wie auch immer, falls du doch noch mit den Anderen spielen willst, werde ich dich nicht aufhalten, aber ich werde langsam Schluss machen für heute.“ Sie stand auf und verabschiedete sich mit einem allgemeinen Gute-Nacht-Gruß aus der Runde, die sich im Verlauf des abends schon etwas ausgedünnt hatte. Kaum war Rei an der Tür zu den Zimmern, hatte Touji einen Stuhl umgedreht und sich direkt vor Shinji‘s Gesicht gesetzt. „Also Mister Playboy, was läuft da eigentlich zwischen dir und Ayanami?“ Wie aufs Stichwort – genau genommen war es ‚Mister Playboy‘ gewesen, was seine Ohren gespitzt hatte – gesellte sich sofort Kensuke hinzu. „Genau, das sah mir nach einer Mega-Playboy-Action aus!“ Er stieß dabei betonend Touji in die Rippen und grinste selbstgefällig. „Haha, ich kann mich kaum halten vor Lachen. Und wenn ich an Horaki denke, wäre ich an deiner Stelle ganz still, Touji.“ Und wieder griff die alte Regel: Will man nicht genervt werden, sucht man sich ein besseres Opfer. Dummerweise hatte sich Shinji dafür den Schulschläger ausgesucht. „Was,“ fragte Touji rotwerdend, „willst du damit sagen, hm?“ Halb freundschaftlich, halb ernst hielt er ihm dabei die Faust unters Kinn. Ein kurzer Blick haschte durch den Raum und er stellte fest, dass für das Empfinden seines Freundes wohl noch zu viele Klassenkameraden anwesend waren. „Komm, ich erzähle es dir draußen, wenn du noch Lust auf einen Spaziergang hast.“ Zufrieden richtete er sich nach dem zustimmenden Nicken auf und kurz darauf war das Idiotentrio an der frischen Luft. Der Onsen dampfte in der kühlen Nacht noch stärker als am Tag und die aufsteigenden Schwaden fielen durch die schwache Beleuchtung noch umso mehr auf. Der Wind fuhr durch die umliegenden Büsche, die von kahlen Bäumen überragt wurden und sorgte für ein gelegentliches Rascheln. Nachdem er sich auf einen Stein gesetzt und die Hände ineinander gefaltet hatte begann Shinji. „Auch wenn ich manchmal unsicher bin – na gut, ziemlich oft, zufrieden? – bin ich nicht so blind zu sehen, dass du sie magst. Stopp, nicht gleich wütend werden! Sehe es doch mal so: Sie macht dir regelmäßig Bentos, hilft dir im Unterricht und wenn du so weiter machst, lässt sie dich sogar abschreiben. Sie, Klassensprecherin Horaki Hikari!“ Aida nickte zustimmend. Verlegen fasst sich Touji an den Nacken. „Wenn du's so sagst, haste wohl recht, aber was, wennse einfach Mitleid mit mir hat? Du weißt, dass meine Familie nich gerade reich is...“ Man merkte Touji an, dass ihm das Thema unangenehm war, aber er hatte es eben selbst zur Sprache gebracht und es damit legitimiert. „Das ist Unsinn, und das weißt du. Schätzt du wirklich Horaki als so einen Mensch ein?“ Touji konnte nur den Kopf schütteln. „Und außerdem, wie lange sind wir jetzt schon mehr oder weniger in der gleichen Klasse? Ich meine, soweit ich weiß wart ihr doch sogar auf der gleichen Grundschule, oder nicht? Und selbst wenn, sie hatte mehr als genug Zeit deine Fassade als Rabauke zu durchschauen und den Softie dahinter zu sehen.“ Nun ja, Toiji's Blick nach hätte Shinji wohl lieber den letzten Satz weglassen sollen, aber seit wann konnte man gesagtes zurücknehmen? Epilog: Behind the Scenes ------------------------- Ganz banal: Ich habe Notizen gefunden. Ich schreibe sie einfach mal hier hin, damit meine Zwangsstörung sich befriedigt sieht und ich die Blätter wegwerfen kann. * Kaji und Misato sind ein Paar Misato: Vater Polarforscher Mutter Lehrerin 1986 Geboren in Japan 1991 Einschulung in Japan 1998 Mutter bei Autounfall gestorben (übernächtigter LKW-Fahrer) 2000 Vater nimmt Misato mit zum Nordpol Vater stirbt, Misato (14) einzige Überlebende Misato spielte in Nähe der Rettungsinseln Vater hatte ihr Gebrauch erklärt mehrere Inseln mit Flüchtenden ins Wasser Alle besetzten bis auf Misatos zerstört katatonisch bis Sommer 2003 2008 Schulabschluss nachgeholt Studium Soziologie & Politikwissenschaften auf Lehramt Lernt Kaji kennen 2012 Abschluss Studium Unterrichtet an verbundener Schule 521 in Neo-Tokio ab April 2013 Kaji: Vater Büroangestellter (Salaryman) Mutter Büroangestellte (Office Lady) 2 Brüder (1 Jahr älter, 2 Jahre jünger) 1984 Geboren in Japan 2000 Second Impact Mutter & Brüder tot Auswanderung Teilnahme an diversen militärischen Konflikten 2003 Vater stirbt 2003 Eintritt in UNO-Streitkräfte bis 2009 Aufstieg in den aktiven Einheiten 2009 Stationierung in Japan, Einteilung zu Sicherheitskräften Lernt Misato in Rekrutierungsstation kennen --> Liebe 2010 Einsatzbefehl Afrika Kontaktabbruch zu Misato Einreichung der Versetzung nach Japan 2012 Antrag auf Offizierslaufbahn (+ Studium) stattgegeben Versetzungsantrag (2010) stattgegeben Studium Diplomatie & Völkerkunde an UNO-Uni 2015 trifft Misato wieder, Beziehungswiederaufnahme, ziehen in gemeinsame Wohnung Beziehungsdiagramm Zur Erklärung: Die Charaktere haben entweder durch ihre Ausrichtung oder einfach Sympathie oder Erfahrungen die Möglichkeit, einen anderen romantisch oder platonisch mögen. Genauso können sie aus gleichen Gründen einen Charakter nicht mögen oder hassen. Das Beziehungsdiagramm ist also teilweise Möglichkeit und teilweise stand zu Beginn der Geschichte. 6 Shinji  sympatisch/romantisch Rei Shinji  sympatisch/platonisch Asuka Shinji      kennt nicht      Kaworu Shinji      kennt nicht      Maruko Rei     sympatisch/romantisch Asuka Rei     sympatisch/romantisch Kaworu Rei    asympatisch/platonisch         Maruko Rei     sympatisch/romantisch Shinji Asuka       kennt nicht       Kaworu Asuka       kennt nicht       Maruko Asuka   sympatisch/romantisch Shinji Asuka   sympatisch/platonisch Rei Kaworu sympatisch/platonisch Maruko Kaworu     kennt nicht       Shinji Kaworu sympatisch/platonisch Rei Kaworu     kennt nicht       Asuka Maruko     kennt nicht       Shinji Maruko asympatisch/Hass      Rei Maruko     kennt nicht       Asuka Maruko  sympatisch/platonisch Rei Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)