Balance von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: ----------- "Bitte Takeo, ich will nicht länger der Außenseiter sein!" "Es tut mir ja leid aber...." "Jedes Mal sagst du das, jedes Mal!" "Dann kennst du die Antwort doch, wieso fragst du mich dann immer und immer wieder?" "Weil...weil...ist doch egal, kannst du nicht ein Auge zudrücken?" "Aiji, wie oft soll ich es noch sagen? Du musst es dir erst noch verdienen!" "Wie denn? Das geht einfach nicht!" "Kirito und Kohta haben es sich auch hart erarbeiten müssen!" "Die hatten es auch einfach, sie waren die ersten, da war niemand der immer schon vorher alles erledigt hat. Sie lassen mir keine Chance mich zu beweisen, immer wenn ich sie bitte zu warten bis sich für mich eine Gelegenheit bietet..." "Warten ist das letzte was ihr euch leisten könnt! Euer Auftrag hat absolute Priorität!" "Ich weiß, ich will ihn doch auch schützen! Mehr als alles andere will ich in der Lage sein ihn zu schützen..." "Aiji, mach nicht den Fehler und lass persönliche Interessen an ihm zu!" "Pfft, was meinst du was Kohta und Kirito an ihn bindet..." "Pflichtbewusstsein." "Ha, wers glaubt..." "Aiji, entweder du findest dich damit ab dass du noch zu schwach bist um dein Siegel zu brechen, oder du strengst dich einfach etwas mehr an. Ich werde dir deine Kräfte nicht geben, bevor du sie dir nicht verdient hast." "Besten Dank, großer Obermeister. Ich hoffe ich werde nie so ein Arsch wie du wenn ich mal in deiner Position bin." "Was das angeht brauchst du dir ja dann keine Gedanken zu machen, du wirst nie in meine Position kommen wenn du nicht einmal diese einfache Beförderung schaffst." Aiji schlug die Türe zu Takeos Wohnung lautstark zu und trat noch ein Mal kräftig dagegen. Warum hasste ihn dieses Leben so? ~ Ein seltenes, zwar wunderschönes aber ebenso unheilverkündendes Lächeln stahl sich auf seine Lippen. Wunderbar! Aus dieser Situation ließ sich doch sicher etwas machen... Dieser Aiji schien so verzweifelt zu sein, dass es ein Leichtes werden würde ihn zu beeinflussen. Er würde schnell zum Werkzeug werden, da bestand kein Zweifel. Das Problem war nur, ihn von den anderen drei weg zu bekommen und lange genug zu trennen. Wachsame Augen beobachteten jeden Schritt des jungen Wächters, es war geradezu nervtötend. Manas perfekte Maske aus emotionsloser Gleichgültigkeit ließ nicht erkennen was in seinem Inneren geschah. Die rasenden Gedanken und der unstillbare Hunger, der ihn schon seit Jahren quälte und nicht nachlasen würde. Das war der Preis für seine Macht, er brauchte viel Nahrung. Aber nicht irgendwelche... Nein, erbrauchte etwas, besser gesagt, jemand ganz bestimmtes. Jemand, dessen Seele mit Abstand die reinste war, die ihm je begegnet war... ~ Der Lichtschalter war noch immer kaputt! Verärgert ließ Jun seine Jacke einfach im Flur fallen und tastete sich in der Dunkelheit vorsichtig nach vorne. Einmal wäre er fast über seine Schuhe gestolpert, doch er konnte sich noch rechtzeitig an der Komode festhalten. Jetzt noch zwei Schritte nach vorne, einen nach links, den Arm ausstrecken... Ah! Das Licht im Wohnzimmer ging flackernd an und erhellte den kleinen Flur gut genug um halbwegs sehen zu können. Seufzend ließ Jun den Blick durch seine recht unordentliche Wohnung schweifen. Auf dem Sofa lag ein schwarzes Fellknäuel und schlief tief und fest. "Schon gut, du brauchst mich nicht so stürmisch zu begrüßen, ich weiß auch so, dass du mich liebst." Goldene Augen sahen ihn kurz an, dann schlief Rill weiter. Jun seufzte und tapste durch das Wohnzimmer, hob hier und da ein Buch oder Notenblätter auf, doch die Motivation hier Ordnung zu schlafen ließ recht schnell wieder nach. Immer fielen ihm Sachen ein die eigentlich wichtiger waren und unbedingt jetzt sofort gemacht werden mussten... Als er die Balkontüre öffnete um warme, saubere Frühlingsluft in das Zimmer zu lassen, stockte er. Da war wieder diese Krähe... jeden Abend saß sie hier, sie schien auf ihn zu warten. Sie sah ihn aus tiefschwarzen Augen wissend an. Unheimlich... Unheimlich und vor allem lächerlich. Wahrscheinlich hatte sie bloß ihr Nest hier irgendwo in der Nähe, das war sicher der Grund warum sie Abend für Abend hier saß. Und doch... warum duldete Rill die Gegenwart des schwarzen Vogels einfach so? Eigentlich war sie recht angriffslustig wenn es um alles ging was flatterte und fliegen konnte. Vor ein paar Wochen war einmal ein Spatz auf dem Balkon gelandet, er hatte eine Verletzung am Flügel und konnte nicht mehr fliegen. Rill hatte einen höllischen Lärm gemacht und wäre fast durch die Glastüre gesprungen. Der kleine Vogel war vor Schreck vom Balkon gefallen. Es hatte Jun fast das Herz gebrochen als er den toten Körper unten auf der Straße aufgelesen hatte. Doch jetzt lag sie da und schlief ganz ruhig. Schultzerzuckend ließ Jun die Türe einen Spalt aufstehen und verschwand kurz in der Küche, holte einen kleinen Teller mit Milch und ein paar Kekse, die er zerbröselte und auf den Balkon hinaus legte, neben die Milch. Ob die Krähe das mochte? Geduldig hockte Jun sich vor die Türe, halb vom Vorhang verborgen, und beobachtete den schwarzen Vogel. Er rührte sich nicht. Er bewegte sich keinen Millimeter, und kurz fragte Jun sich ob das Tier überhaupt noch lebte. Zum ersten Mal sah er sich die Krähe genauer an. Sie war ungewöhnlich groß, selbst für eine Krähe. Der Schnabel glänzte im Mondlicht und ließ sie sehr gefährlich aussehen, die Krallen sahen aus als wären sie nicht nur verdammt scharf sondern auch sehr sehr stark. Doch das beängstigende an dieser Krähe waren ihre Augen. So schwarz dass es fast so aussah als hätte sie gar keine Augen, und würde sich nicht der Mond in ihnen spiegeln hätte Jun gedacht er würde in leere Augenhöhlen starren. Diese Augen... sie sahen ihn an! Er war sich sicher, dieser Vogel beobachtete ihn. Der Blick der Krähe verfolgte ihn, sah ihm direkt in die Augen, durchbohrte ihn... Jun schauderte. Es war wirklich unheimlich... Langsam stand er auf, drehte sich zögerlich um. Er konnte den Blick der Krähe spüren... sie beobachtete ihn. Kurz schoss Jun der Gedanken an einen amerikanischen Film in den Kopf, den er vor lange Zeit einmal mit Kirito gesehen hatte. Nach diesem Film hatte Kirito angefangen sich das Auge zu schminken... Vielleicht war die Krähe so was wie in diesem Film... "Blödsinn..." Kurz lachte er sich selbst aus, dann zog er den Vorhang einfach zu und wandte sich Rill zu. Die Katze schlief noch immer tief und fest. Er sollte auch versuchen zu schlafen, morgen früh musste er arbeiten bevor er zur Probe ging. Er hasste seine Arbeit aber irgendwoher musste er ja Geld bekommen... Gähnend schlurfte er ins Bad, den schwarzen Vogel schon beinahe vergessen. Beinahe... ~ "Yoshiki, ich habe hier die Akten die du haben wolltest..." "Danke Toshi, leg sie einfach da hin, ich kümmere mich drum..." "Viel zu tun?" "Ja, leider... es tut sich was." "Schon wieder jemanden verloren?" "Ja..." Seufzend lehnte er sich zurück und hob den müden Blick. Toshi musterte ihn mit besorgter Miene. Er würde ihn gleich daran erinnern dass er schlafen sollte, dass die Welt sich auch weiterdrehen würde wenn er ein paar Stunden davon keine Notiz nahm und dass er Ruhe brauchte. "Yoshiki, du solltest dich hinlegen, auch du brauchst mal Ruhe, weißt du?" "Ich weiß, ich weiß... ich leg mich gleich hin. Wirklich!" "Ich glaub dir kein Wort... leg dich hin, und wenn's nur eine Stunde ist. Ich tipp die Berichte für dich ab. In Ordnung?" "Okay... aber achte darauf dass..." "Hey ich weiß, das ist mein Job okay? Mach dir nicht immer zu viele Gedanken!" Natürlich wusste Toshi was er tat, mehr noch als er selbst... Mit einem dankbaren Nicken stand er auf und verschwand ohne seinen Freund noch ein mal anzusehen im Nebenzimmer. Eine eigene Wohnung hatte er zwar auch, aber dort war er schon seit Wochen nicht mehr gewesen. Er schlief - wenn er denn überhaupt schlief - hier im Büro, auf der Couch. Das reichte, lange würde er sowieso keinen Schlaf finden. Die Alpträume würden ihm keine Ruhe lassen... "Ob es allen so geht die beinahe erfroren wären?" Leise sprach er mit sich selbst, der beste Weg die verhasste Stille in Schach zu halten. Seufzend legte er sich hin, zog die dünne Decke über sich. Sobald er lag kamen die Gedanken wieder... Gedanken an die Vergangenheit, an den Verlust und die unsterbliche Angst, die er seit jener Zeit in sich einschloss und mit sich herumtrug. Ob das jemals aufhören würde? Kurz bevor er einschlief machte er sich im Geiste eine Notiz, es war wieder einmal Zeit sich mit einem sehr gute Freund zu unterhalten. Er würde ihn morgen anrufen... ~ Routiniert und beinahe lautlos rasten Toshis Finger über die Tastatur. Immer wieder schnellte sein Blick vom Bildschirm zu dem Papierstapel und dann zu der Türe, hinter der sein Freund und Boss schlief. Ob er wirklich schlief? Wenn ja dann sicher nicht lange, er schlief nie lange. Ein trauriges Lächeln quälte Toshis Lippen als er den Bericht überflog den er gerade abtippte. Es waren schon wieder welche erfroren... Sie hatten schon wieder ein paar wertvolle Schätze an Mana verloren. Angewidert verzog Toshi das Gesicht, wenn er auch nur an Mana dachte wurde ihm schlecht. Er hatte große Angst vor ihm, wie beinahe jeder der um seine wirklich Macht wusste. Sogar Yoshiki, dessen Macht nicht geringer war, fürchtete ihn. Dann wiederum hatte er Dinge erlebt und mit ansehen müsse, die Toshi sich nicht einmal vorstellen wollte. Das was er von ihm erfahren hatte war nur ein Bruchteil der wirklichen Geschehnisse von damals, da war er sich sicher. Das was Toshi wusste reichte aus, um ihm einen Schauer über den Rücken zu jagen. Yoshiki war einer der ersten gewesen, die die wahre Natur und die Absicht jener erkannt hatte, die wie Mana unerkannt auf Erden lebten und das Unglück für jene bedeutete, die sich ihnen zu sehr näherten. Diese Schicksalhafte Begegnung vor so vielen Jahren hatte Yoshikis wahre Kräfte entfesselt und ihn seiner Bestimmung zugeführt. Toshi war sich sicher dass Yoshiki nichts mehr hasste, als seine Bestimmung... die Pflicht sich um die zu kümmern, die nicht einmal wussten wie wichtig sie waren. Yoshiki rettete täglich so viele Leben, er trug die Verantwortung beinahe vollkommen alleine, ob die Welt in Dunkelheit versinken, oder weiterhin in einem Wechselspiel aus Schatten und Licht existieren würde. Er war es, der verhinderte dass Manas Macht weiterhin wuchs indem er dafür Sorge trug, dass alle die ihm als Nahrung dienen würden geschützt wurden. Früher war es och einfach, ein Schutzgeist pro reiner Seele, kein Problem. Aber nach und nach... Mana wurde stärker, mit jeder Seele die er bekam, und so mussten auch mit der Zeit mehr und mehr Schutzgeister zugeteilt werden, um die Seelen zu schützen. Mehr Arbeit für Yoshiki, mehr Sorgen, weniger Zeit... Zeit... Zeit war etwas, das niemand von ihnen hatte. Für Mana schien sie still zu stehen, er hatte das Talent immer im richtigen Moment zuzuschlagen, immer am richtigen Ort zu sein. Für Yoshiki raste die Zeit dahin, ließ ihm keinen Platz zum Atmen, trieb ihn an... Oft fragte Toshi sich wie lange er das noch durchhalten würde. Ob damals ein großer Teil seiner Seele wirklich verloren gegangen war, ob die Traurigkeit und der ruhelose Ehrgeiz der traurige Rest der einst so strahlenden Seele waren, oder ob es noch da war, das Licht dass Yoshiki früher einmal ausgestrahlt hatte... ob es noch da war, gut behütet und geschützt in seinem Inneren. Laut aufseufzend drückte er die Entertaste und speicherte die Berichte in den Archiven, lehnte sich zurück und schloss für einen Moment die Augen. Ein kurzer Moment Ruhe, so viel konnte er sich gerade gönnen. Nicht viel mehr jedoch, die Zeit drängte, wie sie es immer tat. Noch hatte Toshi keine Vorstellung davon, wie sehr die Zeit wirklich drängte... ~ Normalerweise beruhigte ihn die Musik, heute nervte sie ihn. Ungewöhnlich... Unkonzentriert zupfte er an den Saiten herum, den Blick ins Leere gerichtet. Die Unterhaltung mit Takeo ließ ihn nicht los. War er wirklich so schwach? War er wirklich nicht stark genug um zum Wächter zu werden? War er wirklich nicht würdig ihn zu schützen? "Aichu, was ist los?" Heute nervte ihn sogar der liebevolle Spitzname, mit dem ihn Kirito ansprach. Nervte ihn heute alles? Wahrscheinlich. "Nichts. Wie war die Nachtschicht?" "Ereignislos. Er hat versucht mich zu füttern... mit Keksen und Milch." "Und, hast du ihn beim duschen bespannt?" "Nein." "Hm. Hätte ich gemacht." "Vielleicht bist du deshalb nicht..." "Was, sprich es ruhig aus, zu schwach? Noch nicht erwacht? Nicht in der Lage das Siegel zu brechen? Los, sag es schon!" Abwehrend hob Kirito die Hände. So hatte er Aiji schon lange nicht mehr erlebt. Es hatte keinen Sinn mit ihm zu reden wenn er solche Laune hatte. Wahrscheinlich war er wieder einmal bei Takeo gewesen und hatte ihn genervt bis der stille Meister selbst die Geduld verloren und ausfallend oder beleidigend geworden war, so wie immer. Aiji konnte sich nicht damit abfinden dass seine Zeit noch nicht gekommen war. Er nahm es beinahe persönlich dass Kirito ihn noch nicht als Wächter ansehen konnte und ihn nicht alleine mit ihm ließ. Es war zu riskant, er würde es nicht schaffen sich zu verteidigen. "Sorry, hab verschlafen und bin zu spät zur Arbeit gekommen und musste dann länger machen, und dann war da noch so ein dummes Kind auf dem Fahrrad und..." "Hi Jun... beruhig dich, mein dummer Bruder ist auch noch nicht da." Aiji begrüßte Jun nur knapp, wandte sich dann wieder seiner Gitarre zu. In letzter Zeit konnte er nicht wirklich mit Jun reden oder ihn ansehen. Zu groß war die Frustration darüber, dass er nicht dazu beitragen konnte ihn zu schützen... Jun kam zu ihm und setzte sich neben ihn, Aiji zuckte zusammen. Die Präsenz dieser reinen Seele war sogar für ihn spürbar, obwohl er technisch gesehen nur ein normaler Mensch war, zumindest bis er endlich die Kraft gefunden hatte sein Siegel zu sprengen und seine Macht freizusetzen. Wie verlockend musste das reine Prickeln, dass er in seiner Gegenwart verspürte erst für jemanden sein, der bereits seine Kräfte entfesselt hatte? Oder... jemanden wie Mana? Kurz wanderte Aijis Blick zu Jun, er betrachtete sein Gesicht von der Seite ganz genau und eindringlich. Die Vorstellung, was mit ihm geschehen würde wenn die Wächter versagten, verursachte eine Gänsehaut bei Aiji. Nicht auszudenken... "Schön dass du endlich auch zu uns stößt, geliebter Bruder." In Kiritos Stimme war kein Bisschen Humor zu hören, er starrte Kohta strafend an und schüttelte tadelnd den Kopf. Der Bassist senkte kurz den Blick, begrüßte dann jeden mit einem knappen Kopfnicken und beeilte sich sein Instrument anzuschließen. Kohta kam immer zu spät, das war normal. Nein, nicht zu spät... immer später als Jun. Egal wann Jun ankam, Kohta kam ein paar Minuten später. Jun war zu verträumt um etwas zu merken. Er war noch nie misstrauisch geworden, hatte nie gemerkt dass er nie unbeobachtet blieb. Das erleichterte den Wächtern die Arbeit ungemein. Aiji hob kurz den Blick, Takeo saß schweigend am Schlagzeug, den Blick konzentriert auf Kohta gerichtet. Ab und zu zuckten seine Lippen, er sprach sicher wieder mit dem Bassisten. Aiji spürte wieder dieses zornige Gefühl, die Enttäuschung und die Eifersucht. Er hatte diese Macht auch, er wusste nur nicht wie er sie befreien musste! Die anderen drei sprachen unentwegt in Gedanken miteinander, er konnte genau so wenig hören wie Jun. Aber er würde es irgendwann auch können. Er musste einfach! "Aiji-kun, träumst du? Hey!" "Uhm, sorry... was hast du gesagt?" "Ne ganze Menge..." "Das denk ich mir schon." Er wollte nicht mit Jun reden, jede Sekunde in seiner Gegenwart, jedes Wort das er sagte, alles erinnerte ihn daran dass er nicht in der Lage war seine Pflicht zu erfüllen, dass er ihn nicht schützen konnte. "Fangen wir an? Takeo, gibst du den Einsatz?" ~ Mit langsamen und fließenden Schritten ging Mana den langen Gang hinab, den Kopf hoch gehoben und die Lippen fest aufeinandergepresst, zu seinem charakteristischen Schmollmund, der ihn ebenso anmutig wie unheilvoll wirken ließ. Sich der Präsenz zu seiner Rechten stets bewusst drehte er den Kopf ein wenig in diese Richtung, ohne seinen Gang zu verlangsamen. "Was weiß er?" "Das Nötigste." Közis sanfte Stimme versicherte ihm alles was er wissen wollte. Er verabscheute es, Gedanken zu lesen, obgleich er diese Fähigkeit besser beherrschte als irgendjemand sonst. Deswegen hatte er Közi diese Stimme gegeben, damit er mit ihm sprach. Doch nicht nur das Geschenk einer Stimme an den ehemals stummen Gefährten band ihn an seinen Herrn, es war ein Bund auf Leben und Tod, entsprungen aus Liebe und resultierend in unendlicher Loyalität. Mit einer ausladenden Bewegung öffneten die beiden gesichtslosen Diener die große Flügeltüre und gaben den Weg in das Audienzzimmer frei. Mana und Közi betraten es, die Türen schlossen sich wieder. Auf einem kunstvoll gearbeiteten Sessel saß ein junger Mann, der die beiden frech angrinste und ihnen zum Gruß zuzwinkerte. "Hi! Du bist Mana? Wow, krasses Kleid!" Auf dem porzellangleichen Gesicht ließ sich keine Reaktion erkennen. Mit beherrschten Bewegungen setzte sich Mana ihm gegenüber an den Tisch, Közi blieb neben seinem Herrn stehen. "Sie sind mit den Fakten vertraut? Hier sind die Daten." Közi schob einen dünnen Ordner über den Tisch um seine Aussagen zu kräftigen. "Wenn sie ihn öffnen sehen sie sämtliche Daten über die Zielperson. Lebenslauf, biologische Daten, alles was sie wissen müssen um..." "Um den Kerl her zu bringen, is schon klar." "Sie missverstehen uns. Sie haben nicht die Mittel seine Wächter zu besiegen, sie werden ihm nicht nah genug kommen. Ihre Aufgabe ist es..." "hehe, Momentchen mal! Was soll das heißen, traust du mir das nich zu? Klar schaff ich das! Das sind doch nur ein paar Aushilfswächter!" "Nein." Zum ersten Mal erklang Manas Stimme, und brachte Miyavi augenblicklich zum Schweigen. "Selbstüberschätzung führt zwangsläufig immer zum Tod." In Manas Stimme lag stechende Endgültigkeit. "Wenn sie die nächste Seite aufschlagen würden..." Schweigend tat er was Közi sagte, hörte aufmerksam zu und stellte seinen Mittelungsdrang vorerst zurück. Vielleicht war es doch gar nicht so schlecht erst einmal zu zuhören was diese seltsamen Typen von ihm wollten. Eigentlich wusste er kaum etwas über seine neuen Aufraggeber, außer eben dass sie ziemlich wichtig und einflussreich zu sein schienen. Dieser Mana war eine ganz große Nummer, was der genau konnte und tat wusste Miyavi nicht, er hatte aufgehört zuzuhören als sicher war dass er verdammt viel Geld dafür bekommen würde wenn er den Auftrag erledigte den er bekommen würde. Zuerst hatte er damit gerechnet dass er einfach jemanden umlegen oder entführen musste, ein Kinderspiel. Aber etwas an Manas Worten hatten seinen selbstsicheren Eifer gezügelt. Vielleicht sollte das doch etwas schwieriger werden als zuerst angenommen... "Haben sie soweit alles verstanden?" "Hm, ich denk ma schon... bis auf den Teil mit diesem komischen Aili." "Aiji." "Ja von mir aus... also ich soll immer dann auftauchen wenn er da is, ja?" "Richtig." "Und ich soll mich besiegen lassen? Aber möglichst nich dabei abkratzen?" "Richtig." "Und das soll ich ein paar Mal machen und bekomm für jedes Mal Kohle?" "Richtig." "okay... sonst noch was?" "Das wäre es soweit. Sie bekommen alles an Ausrüstung was sie benötigen. Unternehmen sie was getan werden muss, aber enttäuschen sie uns nicht." "Nene, ich mach meine Arbeit meistens recht gut..." "Das hoffe ich für Sie." "Okay, dann geh ich mal wieder... irgend ein Zeitlimit?" Mana erhob sich langsam, den eiskalten Blick auf Miyavi gerichtet. "So schnell wie möglich." Damit drehte er sich um und überließ es Közi sich um den Kopfgeldjäger zu kümmern. Unterdämonen... normalerweise gab er sich niemals mit solch niederen Geschöpfen ab, aber die Situation erforderte es nun mal. Nirgends sonst hätte sich jemand auftreiben lassen, der zwar gut, aber nicht zu gut kämpfte, nicht nachfragte was er überhaupt tat und nicht zuletzt einfach aus dem Weg zu räumen war. "Eine kleine Schabe, wann hast du vor sie zu zertreten?" "Wenn ihr Verfallsdatum abgelaufen ist. Was hast du herausgefunden?" Mana sah sich nicht um, wenn Juka nicht gesehen werden wollte dann war selbst er nicht in der Lage ihn zu enttarnen. Der Spion bewegte sich ungesehen neben ihm her, leise flüsternd. "Bedauerlicherweise nicht... fest steht nur, dass der Junge absolute Priorität hat." "Selbstverständlich hat er das. Was ist mit dem Elitecorps?" "Noch keine Kontaktaufnahme, dein Gegenstück scheint unentschlossen zu sein, aber sein Schoßhund ist wachsamer denn je." Mana nickte nur. Auch wenn er Juka nicht sehen konnte, er wusste dass der Spion ihn unentwegt beobachtete. Es lag in seiner Natur, genau wie die Angewohnheit, die Personen nicht bei ihren Namen zu nennen. Zu Anfang war es beinahe unmöglich gewesen zu verstehen von wem er sprach, mittlerweile jedoch verstand Mana sehr gut von wem er redete. "Schickst du deinem Gegenstück noch immer süße Träume?" "Dazu besteht keine Notwendigkeit. Er träumt von selbst." "Oh, wie überaus amüsant!" "Geh jetzt, ich habe zu tun." "Welch abrupter Abbruch eines erheiterndes Gespräches...." "Erheiternd für dich, ermüdend für mich." Die Stille um ihn herum veränderte sich, Juka war tatsächlich verschwunden. Obwohl er außer der Fähigkeit, beinahe unsichtbar zu sein für jene, von denen er nicht gesehen werden wollte, keine anderen Kräfte besaß machte er Mana von Zeit zu Zeit nervös. Es lag eine gewisse Bedrohung in der Art wie er sprach und einfach zu verschwinden vermochte. Kurz blieb Mana stehen und atmete tief durch, stützte sich an der kalten Marmorwand kurz ab. Das Schwindelgefühl verschwand schnell wieder, aber der brennende Hunger blieb wie immer bestehen. Er hatte zu lange auf süße Kost verzichten müssen. Es war ihm zuwider, unwürdige Seelen zu fressen, er wollte nur die reinsten aller Seelen. Aber im Moment blieb ihm nichts anderes übrig, irgendwie musste er überleben. Nur kurz seiner natürlichen Eleganz beraubt schritt er weiter, in seine Gemächer. Er würde Közi anweisen ihm eine Seele zu besorgen damit er zumindest den gröbsten Hunger stillen konnte. Später, jetzt hatte er wichtigeres zu tun. ~ Überrascht öffnete Gackt die Türe ein Stück weiter und ließ seinen Überraschungsgast eintreten. "Ich habe nicht damit gerechnet dass du heute kommen würdest, schön dich zu sehen!" Eine kurze freundschaftliche Umarmung, ein reservierter Händedruck. Widersprüchliche, jedoch perfekt zusammen passende Handlungen. "Komm rein... setz dich. Ein Glas Wein?" "Gern..." Kurz ließ Yoshiki den Blick durch die Wohnung seines Freundes schweifen. Schlicht, leblos, steril. Die wenigen Dinge, die Leben in dieses Zimmer brachten waren ohne Zweifel von jemand anderem hierher gebracht worden... "Wo ist You?" "Er kommt gleich zurück, er holt Zigaretten." Nickend nahm er das Weinglas an, der gleiche Wein wie immer, roter französischer Jahrgangswein. Teuer, selten, abscheulich. Eine Weile saßen sie schweigend nebeneinander, dann trafen sich ihre Blicke. Traurige, von Verlust gezeichnete Augen blickten in ihr perfektes Gegenstück. Yoshiki wandte den Blick schnell wieder ab, er konnte Gackt nie lange ansehen. Das Loch in seiner Seele war noch zu frisch, es schmerzte diese Wunde so klar zu sehen. Wie You das wohl immer aushielt? "Was führt dich zu mir? Du sieht besorgt aus... ist alles in Ordnung?" "Sähe ich dann besorgt aus?" "Nein..." Er verkniff sich den Kommentar, dass Yoshiki eigentlich immer besorgt aussah. "Ich weiß nicht weiter... ich verliere." "Was meinst du?" "Ich verliere, Stück für Stück. Er wird immer stärker, ich verliere immer mehr Seelen, die Kräfte meiner Wächter und meine eigenen schwinden immer mehr." "Du redest von Mana?" "Ja..." "Dann red nicht weiter, du weißt ich helfe dir gern, ich bin dir vieles schuldig. Aber... ich will diesen Namen nie wieder hören." "Ich weiß... verzeih." Langsam hob Yoshiki den Blick wieder. Gackt hatte den Kopf gesenkt, er war sicher wieder in alte Erinnerungen versunken. Sein Ausdruck war wieder so trüb... wie damals als Yoshiki ihn gefunden hatte, ihn im letzten Moment mit Yous Hilfe hatte retten können, bevor Mana auch den letzten Rest aus ihm heraus saugen konnte. Es war schon so lange her, trotzdem war noch viel zu tun. Und so wie es aussah leistete You gute Arbeit, er schien es irgendwie zu schaffen ihn ganz langsam wieder aufzubauen. Kein Wunder eigentlich, You war einer der besten und mächtigsten Wächter. Mana hatte es aufgegeben nach Gackt zu jagen, nicht weil er ihn bereits einmal kosten durfte, sondern weil er einfach keine Chance hatte an ihn heran zu kommen. Yoshiki entkam ein leiser Seufzer. Hätte er doch mehr Wächter wie You, dann bräuchte er sich nicht so oft Vorwürfe zu machen wenn er wieder einen reinen Menschen an Mana verlor. Aber außer You gab es nur noch fünf weitere, die den Rang eines Meisters trugen. Das Elitecorps... "Du denkst schon wieder zu viel nach." "Genau wie du..." "Ja... du hast recht..." "Ich denke immer noch darüber nach..." "Ob es deine Schuld war?" "Ja." "Es war nicht deine Schuld. Du hast... wir beide haben gedacht er könnte mich schützen. Und er hat sein bestes getan." Die Erinnerung an seinen alten Wächter schmerzte zwar immer noch, aber mittlerweile konnte er mit einer gewissen Ruhe an Kami zurück denken. Gackt hob sein Glas und sprach leise. "Auf dich, wo immer du auch bist..." "Auf euch beide..." Fügte Yoshiki leise hinzu und Gackt nickte. Beide tranken schweigend ihren Wein, ab und an brachen sie die Stille um kleine, belanglose Gespräche zu führen, nichts von Bedeutung. Yoshiki wusste, dass You seit geraumer Zeit vor der Türe stand. Er spürte ihn, redete kurz in Gedanken mit ihm. Doch You ließ sich nicht dazu überreden herein zu kommen. "Es ist in Ordnung, ich denke es ist gut wenn du mit Gackt allein bist. Er braucht das sicher einmal, ich weiche auch so nicht von seiner Seite." "Ich weiß...sonst würde er hier nicht mehr sitzen." "Doch, dann hätte er nur einen anderen Wächter." Ein sanftes Lächeln schob sich auf Yoshikis Lippen. Typisch You... er trug nicht einmal das Meistersiegel. Es bedeutete ihm überhaupt nichts, er sah sich genau so wie alle anderen Wächter. Ohne Titel, ohne Ruhm. "Weißt du... ich wünschte ich könnte dir helfen. Aber ich kann nicht..." Gackts Stimme unterbrach die stumme Unterhaltung von You und Yoshiki. "Doch, das tust du schon... wirklich. Weißt du wie lange es her ist dass ich mein Büro verlassen habe und einfach so mit jemandem gesprochen habe?" "Und da fiel dir niemand sonst ein?" "Nein." "Hm... was ist mit Toshi?" "Er macht sich sowieso schon zu viele Gedanken. Und er versteht mich nicht." "Denkst du wirklich? Ich denke schon... warum sollte er nicht. Meinst du, es verstehen dich nur die, die in deiner Situation waren? Wenn du ihm das sagst wird er sich den nächstbesten dieser Wichser suchen und sich freiwillig in deine Situation bringen." "Was willst du mir damit sagen?" "Dass du auch ohne mich nicht allein wärst." "Da irrst du dich, ich bin sogar mit dir allein." "Meinst du nicht dass er wütend wäre wenn er das hören würde was du da von dir gibst?" "Toshi weiß dass..." "Ich rede nicht von Toshi. Ich rede von hide." "Ich dachte es mir schon." "Lügner. Du verdrängst doch die Gedanken an ihn. Ich hoffe ich sterbe nicht vor dir, ich will nicht auch zu jemandem werden, an den man ums verrecken nicht denken will." Getroffen senkte er den Kopf, Gackt hatte das Talent einem immer wieder unsanft vorzuwerfen was man für Fehler machte. Das Schlimme daran war, dass er Recht hatte. Yoshiki verdrängte die Gedanken an seinen alten Freund wirklich, aus Angst alte Bilder sehen zu müssen, die ihm das Herz wieder in kleine Fetzen reißen würden. "Ich glaube ich gehe besser..." "Bleib." Gackt sah ihn an, und kurz glühte ein Stück seines alten selbst in ihm auf. "Ich denke dass You bald zurück ist, wir wollten zusammen essen. Er hat gekocht, willst du auch mitessen?" "Sehr gern." ~ "Jun!" Alarmiert schnellte Kohtas Blick zu seinem Bruder. "Ist er in Gefahr?" "Takeo sagt er hat eine verdächtige Präsenz in Juns Nähe entdeckt. Komm..." "Ich komme mit!" "Aiji, du weißt genau dass..." "Na und? Gib mir ne Chance, ich komme mit!" Kohta sah seinen Bruder kurz an und nickte. "Lass ihn mitkommen, wie soll er sonst eine Möglichkeit finden seine Kräfte zu entfesseln?" "Ja in Ordnung...ausnahmsweise." Gemeinsam machten sie sich auf den Weg, Kirito wusste wohin sie mussten. Takeo hatte Jun begleitet, es war seine Schicht. Zu dumm, dass gerade in seiner Schicht etwas geschehen musste, Takeo hatte kaum Kräfte. Jedenfalls keine, die zum Kampf oder zur Verteidigung viel taugten. Weder herrschte er über ein Element, noch teilte er seine Seele mit einem Tier. Dafür waren seine Sinne um einiges ausgeprägter. "Ich fahre... Aiji du sitzt hinten." "Warum? Ich will..." "Hinten sag ich!" Kopfschüttelnd stieg Kohta neben seinem Bruder in den Wagen. Immer wenn es um Aiji ging wurde sein Bruder unausstehlich. Kohta wurde das Gefühl nicht los, dass es nichts damit zu tun hatte, dass Aiji vielleicht eine Gefahr sein oder im Weg herumstehen könnte wenn sie Jun schützen mussten, sondern viel mehr damit, dass er selbst in Sicherheit war. Kirito hatte ein Talent dafür ihn immer wieder aus der Schusslinie zu ziehen. Der Nebeneffekt war eben das Problem, dass Aiji noch keine Chance gehabt hatte sich zu beweisen. "Da hinten, da ist Takeo." "Ich sehe es." "Entschuldige, ich will nur helfen!" "Lass das mit dem Helfen bis du wirklich in der Lage dazu bist!" Verletztes Schweigen war die Antwort auf diesen Kommentar. Kirito verstand es wirklich, Salz in Wunden zu streuen. "Du bleibst im Auto." Aiji hatte keine Zeit zu protestieren, Kirito war bereits ausgestiegen und hatte die Türe lautstark hinter sich zugeschlagen. Kohta folgte ihm, warf Aiji aber noch einen mitleidigen Blick zu. Takeo kam ihnen mit hastigen Schritten entgegen. "Du hast Aiji mitgeschleppt?" "Ja. Und?" "Nunja... er ist nicht gerade eine Hilfe oder?" "Na und? Lass ihn doch wenigstens dabei sein." Hört hört, schoss es Kohta in den Kopf. Wenn Aiji nicht dabei war wurde er in Schutz genommen. Typisch für seinen Bruder, bloß das Gesicht wahren. "Also. Die Präsenz ist fremd, die Kraft dahinter kann ich nicht gut einschätzen. Ich habe schon ein Kraftfeld errichtet, es reicht um dieses Gebäude, Jun ist da drin. Ich werde zu ihm gehen und ihn davon abhalten heraus zu kommen, bis ich von euch Entwarnung bekomme." "Irgendwelche Risiken?" "Das übliche... er kommt aus de Luft, am besten ihr fangt ihn auf dem Dach ab." "In Ordnung. Kohta, sagst du Aiji bescheid?" "Klar. Gehst du schon mal in die Luft?" "Sehr witzig." Mit ein paar Blicken nach links und rechts verschwand Kirito in einer Seitenstraße, keine zehn Sekunden später flog eine schwarze Krähe aus dem Schatten und jagte mit großer Geschwindigkeit auf das Dach des Einkaufszentrums zu. "Viel Glück..." "Danke, dir auch..." Ein freundschaftliches Nicken, dann verschwand Takeo in dem Gebäude, Kohta ging zum Auto zurück. Aiji hatte in der Tat geduldig dort gewartet. "Und? Was ist los?" "So genau weiß ich das nicht, ich weiß nur dass ich mich meinem Bruder widersetzen werde und dich einfach mitnehme. Wir müssen auf das Dach. Am besten wir nehmen die Feuertreppe, das ist schneller als drinnen nach dem Notausgang zu suchen. Kommst du?" Erfreut lächelnd stieg Aiji aus dem Wagen. Jetzt bekam er endlich seine Chance! Endlich würde er eine Möglichkeit bekommen, seine Kräfte unter Beweis zu stellen, er würde eine Hilfe sein! Er würde Jun schützen können! "Komm schon, schnell...halt dich aber im Hintergrund bis klar ist was da vor sich geht. Wir wissen nicht was auf uns zukommt. Verstanden?" "Klar." ~ Er spürte deutlich die Gegenwart einer immensen Kraft, noch konnte er die Quelle aber nicht sehen. Der Umriss des Gebäudes wurde immer größer je näher er kam, bald würde es so weit sein. Ein erregtes Beben durchfuhr seine Angespannten Muskeln, bis in die Fingerspitzen und die letzten Nerven seiner Flügel. Wo waren die Wächter? Er wusste dass sie da waren, außerhalb des starken Kraftfeldes, das leicht bläulich schimmernd verbarg was auch immer sich in dem Gebäude befand. Es war nicht von Bedeutung, alles was zählte war sein Auftrag. Ein kleiner schwarzer Schatten tauchte auf dem Dach auf. So unscheinbar, jeder andere hätte ihn übersehen. Eine schwarze Krähe saß dort und starrte ihn geradewegs an. Das musste einer von ihnen sein. Die Aura die diesen kleinen Vogel umgab war ungeheuer stark, Miyavi erschauderte. Das würde sicher lustig werden! Aber er musste noch warten, das eigentliche Ziel fehlte noch. Er nahm eine weitere Präsenz wahr, doch sie war noch etwas weiter entfernt und somit noch nicht im Radius des Interessanten. "Sieh an, ein Piepmatz!" Lachend zog er die Flügel ein und ließ sich die letzten Meter auf das Dach fallen, wie eine Katze auf allen vieren landend. "Is das nich irgendwie peinlich? Ich mein, wenn ich dir einen Flügel stutze, fliegst du dann im Kreis?" Langsam richtete er sich auf und stemmte eine Hand in die Hüfte, ein freches Grinsen auf den Lippen. Die Krähe sah ihn weiterhin nur an. "Sag mal, kannst du auch irgendwas? Oder glotzt du nur doof?" Die Krähe rührte sich nicht, auch als Miyavi einen Schritt auf ihn zu tat. Kurz packten ihn Zweifel, war das wirklich ein Wächter oder sprach er hier peinlicherweise mit einem Vogel? "Hey, also wenn du weiterhin da rumhocken willst okay, mach du mal. Ich bin eh nich wegen dir hier, dummes Federvieh." Miyavi schritt an ihm vorbei, als er ihm nur kurz den Rücken zudrehte hörte er ein leises Rascheln, und im nächsten Augenblick spürte er das elektrische Knistern in der Luft, das immer kam wenn Elementarenergie gesammelt wurde. Er schaffte es gerade noch bei Seite zu springen und der geballten Energie aus Luft und Blitzen auszuweichen. "Ohaaa, du kannst ja doch was! Oh Gott bist du hässlich, wärst du doch besser ein Hähnchen geblieben." Kirito sah ihn nur ruhig an und versuchte die Kräfte seines Gegners systematisch abzuschätzen. Wie viel wirklich hinter der kessen Fassade steckte konnte er nicht sagen, aber es war auf jeden Fall Grund zur Vorsicht. Immerhin hatte er ihn sofort erkannt und war seinem Warnschuss perfekt ausgewichen. In Gedanken drängte Kirito seinen Bruder zur Eile. "Also, was kannst du noch? Kannst du auch reden? Oder machst du nur so... ,krah krah'?" Kirito schwieg, er hatte so das Gefühl dass dieser kleine Unterdämon eine recht kurze Geduldspanne hatte. "Haloohooo, is da jemand zu hause? Oder is dein Kopf nich nur hässlich sondern auch noch leer? Sag mal was!" "Er redet nur wenn der andere das wert ist." Ruckartig drehte Miyavi den Kopf zur Seite. Verdammt, er war unaufmerksam gewesen. Er hatte nicht gespürt wie sie sich ihm genähert hatten. Ein Lächeln verzog sein Gesicht zu einer frechen Fratze. Da standen also noch zwei Wächter. Den einen erkannte er sofort. Ein junger, schlanker Mann mit großen dunklen Augen und aufmerksamem Blick, hinter dem eine ungeahnte Kraft ruhte, die entfesselt werden wollte. Neben ihm stand ein großer, weiß - grauer Wolf, der den Blick auf Miyavi gerichtet hatte. Eine Gänsehaut lief ihm den Rücken hinab, dieser Wächter hatte genau so viel Kraft wie der andere... vielleicht würde das doch etwas schwerer als gedacht. "Oh wie süß, ein Hund. Und du, was kannst du? Wirst du auch ein Tier? Zeig mal was!" Aiji hielt seinem Blick stand und rührte sich nicht. Der Wolf löste sich von seiner Seite und ging mit langsamen, kraftvollen Schritten auf den Unterdämonen zu. "Oh Mann, recht schweigsame Truppe, was? Ist ja langweilig... na ja, ich hab eh eigentlich keine Zeit. Mein Boss wartet, der will jemanden haben der... ach jetzt hab ich doch glatt den Namen vergessen... Jun oder so, ne? So ein hässlicher kleiner Gnom, hat ne ziemliche Hackfresse und..." Die zwei Sekunden, in denen er den Blick wieder auf Kirito gerichtet hatte, wurden ihm beinahe zum Verhängnis. Erneut das elektrische Knistern, dann fegten abertausende, winzig kleine, nadelfeine Geschosse an ihm vorbei. Miyavi musste sich ziemlich anstrengen um dem Eisregen zu entkommen, doch es gelang ihm schließlich. "Cool, du kannst Eis zaubern? Is im Sommer sicher nützlich!" Kohta ließ die Hand langsam sinken, ließ Miyavi keine Sekunde aus den Augen. "Uärks, du bist ja noch hässlicher... hey, seid ihr verwand oder so?" "Gut geraten." Auf ein unsichtbares Signal, dass nur die drei zu sehen vermochten, entbrannte ein heftiger Kampf. Aiji stand da und beobachtete wie Eis und Wind gemeinsam gegen pure Dunkelheit kämpften. Immer und immer wieder sah es so aus, als würden Kohta und Kirito Miyavi mit Leichtigkeit ausradieren können, doch der kleine Dämon schien immer wieder Asse aus dem Ärmel zu ziehen, er schien niemals müde zu werden, bombardierte die beiden nicht nur mit geballter dunkler Energie, sondern auch noch äußerst nervtötend mit dummen Sprüchen. Aiji ließ den Blick zwischen den dreien hin und herrasen. Wenn er nur wüsste wie er sich einbringen konnte, irgendwie musste er doch eingreifen und helfen können! Aber wie? Ein lauter Schrei riss ihn aus seinen Gedanken. Kirito kniete am Boden, aus einer dunkel ölenden Wunde an seinem Bein tropfte Blut. "Oh, der Spatz hat das Füßchen verletzt!" Der Laut der Kohtas menschlicher Kehle entkam hätte genau so gut von seiner Wolfsgestalt stammen können. Er stürzte sich auf Miyavi und riss ihn zu Boden, beide rangen nun miteinander ohne ihre Kräfte einzusetzen. Aiji trat zögerlich nach vorne. Vielleicht war das seine Chance... "Aiji, bleib wo du bist!" Kirito stand wankend wieder auf und warf Aiji einen warnenden Blick zu. "Misch dich nicht ein! Hörst du?" "Genau, misch dich nicht ein, Menschlein!" Miyavis lachende Worte beschämten ihn. Menschlein... nicht einmal ein Unterdämon hatte seine versteckte Kraft gesehen... plötzlich schoss ihm ein Gedanke in den Kopf, den er bisher noch nie gehabt hatte. Vielleicht... war er ja wirklich nichts anderes als ein normaler Mensch? Vielleicht hatte er keine Kräfte? Ein paar Sekunden vergaß er sich auf das Geschehen zu konzentrieren, und diese paar Sekunden reichten vollkommen aus. "Aiji!" Ein Strahl aus purer Energie schoss auf ihn zu, traf ihn mitten in die Brust und schleuderte ihn ein paar Meter weiter nach hinten, gefährlich nah auf den Rand des Daches zu. Geblendet von Schmerz und Schreck schloss er die Augen, griff nach irgendetwas um sich fest zu halten und kauerte sich auf dem Boden zusammen, die Hand fest um die Geländerstange der Feuerleiter gekrallt. Übelkeit stieg in ihm auf, seine Brust schmerzte und fühlte sich nass an. Dumpfe Geräusche drangen an sein Ohr, wütende Stimmen, lautes Knurren, immer und immer wieder das knarrende Zischen von Eis, sausendes Surren von Luft und scharfes Knallen von Miyavis schwarzer Energie. Eine Weile hörte er nur diese Geräusche, während er dagegen kämpfte das Bewusstsein zu verlieren, dann verstummte der Kampflärm. Einen Moment hatte er das Gefühl, einen kleinen Schatten zu sehen der davonflog, doch er verließ sich nicht auf seine Augen. "Aiji, bist du in Ordnung? Aiji!" Kohta kniete auf einmal neben ihm, zog ihn an den Schultern vom Abgrund weg, löste seine krampfhaft festgekrallte Hand von dem Geländer und drehte ihn auf den Rücken. "Lass die Augen auf, du musst wach bleiben!" Auf ein mal war auch Kirito da, er umfasste Aijis anderen Arm und zog ihn von seiner Brust weg. Eine klebrige, schwarze Substanz haftete auf seinem Hemd, vermischt mit ein wenig Blut. "Es ist nicht schlimm, das ist so was wie... es sieht aus wie Teer. Tzz... ziemlich stillos." "Lass die dummen Sprüche. Wir müssen hier weg. Hilfst du ihm? Ich sage Takeo bescheid und mach dann, dass ich hier weg komme. Wir treffen uns zu hause. Nimm Aiji mit zu uns." Damit drehte sich Kirito von den beiden weg und hinkte zum Rand des Daches, sah nicht hinunter, schloss die Augen und ließ sich einfach fallen. Aus dem Abgrund zwischen den Häusern der Stadt erhob sich eine schwarze Krähe und flog davon. Kapitel 2: ----------- Langsam öffnete You wieder die dunklen, von unendlicher Ruhe durchströmten Augen. Er wusste, dass Gackt ihn seit geraumer Zeit beobachtete, hatte es ganz genau gespürt. "Was ist passiert?" "Ein Kampf... drei Wächter und ein Unterdämon." "Und? Das ist doch nichts besonderes, oder?" "Doch, das war es... Die Kräfte waren ungewöhnlich stark. Sie wurden nicht vollständig frei gelassen aber es steckt unglaubliches Potential dahinter." "So groß, dass du es bis hierher spüren kannst?" "Ja... und ganz in der Nähe ein strahlendes Licht. Eine unglaubliche Kraft..." "Diese helle Seele, von der Yoshiki sprach?" "Ich denke ja..." Eine Weile schwiegen sie. Gackt betrachtete seinen Freund und Beschützer lange und eindringlich. Über die Jahre hatte er gelernt in seinem reglosen Gesicht zu lesen wie in einem Buch. Es wusste was in Yous Kopf vorging. "Du wärest gerne dabei gewesen oder?" You antwortete nicht. Er müsste lügen um diese Frage zu verneinen und er log nie. Es stimmte, er sehnte sich danach endlich wieder einmal seine Kräfte einsetzen zu können, aktiv etwas dazu beizutragen das Gleichgewicht zu erhalten. Er hätte den Unterdämonen einfach ausgelöscht, eine einzige Handbewegung würde reichen um diesen irregeleiteten Geist für alle Zeiten in alle vier Himmelsrichtungen zu blasen. Kurz schoben sich Erinnerungen an vergangene Tage an die Oberfläche seiner Gedanken, an die Tage, in denen er zusammen mit den anderen fünf Meistern Dämonen und Seelenfresser bekämpft hatte, offene Schlachten, Auge um Auge, um Leben und Tod, Licht und Dunkelheit. Doch er war hier, bei Gackt. Er würde nicht weg können - er wollte es gar nicht. "You?" "Entschuldige, was hast du gesagt?" "...geh, Du wünschst es dir doch, oder? Geh! Ich kann auf mich selbst aufpassen, du hast mir so viel gezeigt und beigebracht, ich..." "Gaku-chan, du weißt, dass du nichts gegen sie bestehen würdest." "Ja...Aber schlimmer als das Gefühl der Angst ist es, dich zu beobachten wenn du daran denkst wie frei du sein könntest wenn ich nicht wäre." "Ich hoffe du denkst diesen dummen Gedanken nicht weiter!" "Ich weiß, dass du einen Auftrag erfüllen musst aber..." "Auftrag? Meinst du wirklich, du bist nur ein Auftrag für mich? Du müsstest mich besser kennen." Lächelnd schloss Gackt die Augen. Natürlich wusste er es, natürlich kannte er ihn, aber er wollte es noch ein Mal hören, wollte erneut hören, dass er ihm etwas bedeutete. Nicht seine Seele, nicht er als Auftrag, sondern er als Mensch. Ihn derartig zu provozieren war der einzige Weg aus ihm hinauszukitzeln was er für ihn empfand, denn You sagte es von selbst nie. Gackt wusste es zwar, aber er hatte das Gefühl, dass er jedes Mal ein kleines Stück wuchs wenn You ihn lächelnd ansah, den besänftigenden Blick direkt und durchdringend auf ihn gerichtet und dann solche Dinge sagte. Es belebte ihn langsam wieder. "Ich weiß, You-kun... und ich bin dir so dankbar dafür..." "Schon gut." "Ist es das?" "Natürlich... also sag es nicht immer!" "Ist dir das peinlich?" "Mag sein..." Natürlich war es das, jedes Lob und jeder Dank war ihm peinlich. Und genau diese bescheidene Schüchternheit machte ihn immer noch liebenswerter. ~ "Na zufrieden?" Ein selbstgefälliges Grinsen schob sich auf Miyavis Gesicht als er sich auf den Stuhl fallen ließ und die Füße auf den Tisch legte. Közi bedachte ihn nur mit einem neutralen Blick, Manas Gesicht ließ wie immer kaum Einblick auf seine Emotionen oder Gedanken zu. "Mäßig guter Kampf. Aber es erfüllt den Zweck." "Was? Mäßig? Hey, hast du dir das nicht angeguckt oder was? Ich hab die fast platt gemacht! Den Vogel und den Köter, und..." "Es war nie die Rede, Aiji zu verletzen." "Hey, seine Fresse hat mich einfach angenervt, nichts für ungut. Kommt nicht mehr vor!" "Das hoffe ich für Sie." Manas Bedarf an stumpfsinniger Konversation auf dem Niveau eines dummen Unterdämonen hielt sich in Grenzen, und so stand er herrisch aber langsam auf um die Unterhaltung zu beenden. "Hey Moment, was is nu mit meiner Bezahlung?" Eine perfekte Augenbraue hob sich ein Stück und Manas starrer Blick durchbohrte ihn gnadenlos. "Wofür? Der Auftrag ist noch nicht erfüllt." Es waren nicht die Worte, oder der Blick es war des Gefühl das den Unterdämonen durchbohrte, das ihn zum Schweigen brachte. Angst, ein kurzes Bild von Leid und Schmerzen schien von Mana direkt in Miyavis Kopf zu schießen. "Ich... ja, ich weiß, also dann, was liegt als nächstes an?" Die Stimme klang leiser und etwas eingeschüchtert, das Grinsen zeigte sich jedoch als gewohnt arrogante Maske aus trotziger Widerspenstigkeit. "Das heute war zufriedenstellend. Halten Sie sich nur daran, Aiji nicht zu verletzen. Und geben Sie ihm keine Chance seine Kräfte zu..." "Jaja, also im Prinzip der selbe blabla wie beim letzen Mal, ja?" Közi setze an etwas zu sagen, doch Mana unterbrach ihn. "Exakt." Wieder nur ein einziges Wort mit der Durchschlagskraft eines Donnerschlags. "Da Sie ja wissen was zu tun ist besteht keine Notwendigkeit für eine Weiterführung dieser Konversation mehr." Mana sprach diesen Satz beherrscht und mit samtiger Ruhe, stand dann langsam auf und verließ den Raum, ohne noch einen einzigen Blick an Miyavi zu verschwenden. Közi folgte ihm sofort, es war weder eine Aufforderung noch ein Blick nötig um ihn dazu zu bekommen. "Er nervt dich..." "Nein. Er spielt mit mir." "Was hast du vor?" "Das Spiel gewinnen. Er ist keine Herausforderung für mich." "Er ist deiner Kraft aber auch nicht würdig." "Ich weiß. Nicht einmal ansatzweise." Manas Tonfall machte deutlich, dass diese Unterhaltung nun beendet war und Közi verfiel in Schweigen . Außer leisen, bedacht gesetzten Schritten hörte man nichts, es herrschte Stille in dem langen Korridor. Angenehme Stille, besänftigende Ruhe. Die Ruhe vor dem Sturm, der bald folgen würde. ~ Ohne eine Miene zu verziehen legte Kirito den Verband um. Die Wunde war weder tief noch lebensbedrohlich aber sie brannte höllisch. Egal wie oft er sie auswusch, diese schwarze Substanz ließ sich nicht vollständig abwaschen. Ein leises Klopfen an der Badezimmertüre strapazierte Kiritos Nerven kurz noch ein wenig, doch es war durchaus noch verkraftbar. "Was ist?" "Wie geht es dir, bist du in Ordnung?" "Würdest du bitte tun was ich dir gesagt habe und dich um Aiji kümmern? Ich komme hier klar." "Ich hab Aiji schon längst versorgt, du bist schon seit einer guten Stunde da drin." "... oh..." Einen geistreicheren Kommentar brachte er nicht zustande. Langsam räumte er das Verbandszeug weg, ohne sich damit aufzuhalten seinem Bruder zu antworten. Eine Weile sah er in den Spiegel, in eigene Gedanken versunken. Das plötzliche Auftauchen dieses Unterdämons beunruhigte ihn mehr, als er nach außen hin bereit war zuzugeben. Kirito wurde das Gefühl nicht los, dass Jun niemals das Ziel dieses Dämons gewesen war. Aber was war es dann? Was? "Nii-chan, ich..." "Komme ja schon." Kohta verschwendete gar keine Energie daran, verletzt oder beleidigt zu sein. Er kannte die Launen seines Bruders sehr gut und wusste was dieser wirklich dachte und sagen wollte. "Ich wollte dich nur darauf aufmerksam machen, dass es Aiji gerade vielleicht nicht wirklich aushalten wird wenn du ihm klar machst, dass er dumm war... Er hat auch so schon..." "Kohta, ich habe nicht vor ihn fertig zu machen. Keine Sorge..." "Sorgen mache ich mir weniger um ihn als um..." "Beruhig dich, das ist nur ein Kratzer, ich habs schon verbunden." "Ich meinte auch nicht dich. Ich meine Jun. Wie willst du ihm das alles erklären?" "Was erklären?" "Deine Verletzung, Aijis Verletzung." "Er wird nichts merken. Aiji wird sich gefälligst zusammenreißen." Müde öffnete Kirito die Türe und trat aus dem Badezimmer hinaus. Kohta musterte ihn aus dunklen Augen, er lehnte an der Wand neben der Türe und hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Zwei dünne, lange Kratzer zogen sich von seiner Hüfte aus über seinen Oberkörper. "Woher ist das?" "Was?" "Das da... woher ist das?" "Als ich Aiji von dem Dach getragen habe..." "Was bitte? Kann der nicht selbst laufen?" "Kirito, reg dich nicht so auf." "Du hast mir eigentlich nicht zu sagen was ich zu tun habe!" "Ich weiß." Kirito stutzte. Keine Diskussion mehr? Einfach ein 'Ich weiß' und sein Bruder gab sich geschlagen? Eine Weile erlaubte er sich den Luxus, Kohta von oben bis unten zu mustern. Er tat das viel zu selten... Er hatte das Gefühl sich viel zu wenig um ihn zu kümmern, sein Bruder war vor seinen Augen erwachsen geworden und er hatte es verpasst. Er war verletzt und Kirito wusste nicht wie es passiert war, sein Bruder begann Geheimnisse vor ihm zu haben und es war unmöglich ihn zu durchschauen. Plötzlich überkam Kirito ein neues, noch nie so deutlich verspürtes Gefühl. Die Angst, dass sein Bruder sich von ihm weglebte. Langsam glitten tiefschwarze Augen über den Oberkörper des weißhaarigen Mannes und blieben an seinem Gesicht haften, der ruhige, aber immer beschäftigte Blick versuchte in dessen Augen zu lesen, doch in Wahrheit war Kohta es, der alle Gedanken und Gefühle in dem anderen zu erfassen vermochte. "Onii-chan... leg dich hin. Ich fahre Aiji nach hause und bringe auf dem Rückweg Essen mit. Takeo übernimmt auch die Nachtschicht." "Nein, ich mache das schon. Takeo kann nichts ausrichten wenn..." "Shinya, auch andere Menschen können Dinge richtig machen, nicht nur du." Wie wahr... geschlagen senkte er den Kopf ein wenig, die seidig schwarzen Haare verdeckten müde Augen, wie ein Vorhang aus Zweifeln, der jede Hoffnung verbergen kann. "... fährst du zum Chinesen?" "Ja... Nudeln oder Curry?" "Curry." ~ Langsam näherte er sich der Gestalt, die in Gedanken versunken an der Wand lehnte und ins Nichts starrte, das sich in Form von leblosen Häusern und grauen Fassaden kilometerweit hinter dem Fenster erstreckte. Ruhige Augen erfassten das stumpfe Treiben auf den Straßen einige Meter weiter unten, entspannte Lippen zeigten keinerlei Ansatz eines Lächelns. Es tat ihm fast schon leid ihm diesen Moment der Ruhe zu nehmen, am liebsten würde er ihn in Frieden lassen, ihn einfach so seinen Gedanken nachhängen und sich in ferne Traumwelten flüchten lassen. "Reita..." Langsam öffnete er die Augen und sah ihn an. Sanftmütige Trauer und endloses Vertrauen trafen auf offene Zuneigung und bedingungslose Verbundenheit. "Wir haben einen Auftrag bekommen... gerade eben. Ich werde wohl auch allein hin gehen, musst nicht mit, ich meine wenn du nicht willst. Ist ja kein Problem." "Nein, ich komme mit. Warum nicht?" "Ist doch eigentlich Blödsinn..." "Meinst du, ich lasse dich mit ihm allein?" Leise Worte die tief im Inneren auf alte Wunden trafen und tief stachen. "Okay..." "Aoi?" "Hm?" Keine Antwort, eine kleine Geste reichte aus. Reita hob kurz die Hand in seine Richtung und Aoi kam einen Schritt näher, legte die Arme von hinten um Reitas Schultern und lehnte die Wange an seine. Einen Moment nur, ein kurzer, unverbindlicher Austausch von Nähe und ein Versuch sich davon zu überzeugen, dass alles gut werden würde. Selbstverständlich vollkommen vergebens... "Wir müssen das nicht machen. Das weißt du." "Doch! Natürlich müssen wir, was denkst du denn. Ich hasse es wenn du sagst wir müssen nicht, ich hasse es wirklich! Nimm es doch einfach hin!" Aoi gab sich keine Mühe seine Wut zu verbergen, gab aber die lockere Umarmung nicht auf. "Du nimmst es doch auch nicht hin. Eigentlich ist das mein Leben, ich kann tun was ich will." "Nein! Reita ich will das nicht hören, also sag nichts mehr okay? Du weißt wie sehr ich das hasse! Lass es einfach! Kein Wort mehr!" Seine Stimme wurde lauter, seine Hände begannen leicht zu beben. Er spürte wie seine Selbstbeherrschung auf eine erneute Probe gestellt wurde, wie jedes Mal wenn Reita mit diesem Thema anfing. Sein Gefährte wusste das ganz genau, warum fing er immer und immer wieder davon an? Machte es ihm Spaß ihn so zu sehen, zu wissen dass er ihn mit diesen Worten den Gewissensbissen und der Erinnerung an unverzeihliche Schuld auslieferte? Halt... So durfte er nicht über ihn denken, das war falsch und er wusste es. Reita meinte es nicht so. "Entschuldige. Ich mache mir nur Sorgen." "Um wen, um mich? Warum das? Vollkommener Schwachsinn, mir geht's gut ich komm klar." Reita drehte sich zu ihm um, entwand sich so aus der lebenswichtigen Umarmung und sah ihm kurz in die Augen. Der vertraute Blick, den Aoi zwar auswendig kannte, der ihm aber immer wieder neues sagte und ihn immer wieder zu faszinieren und beruhigen vermochte, ruhte eine Weile auf seinem Gesicht und wandte sich dann ab. Reita sah ihm nie lange in die Augen, er konnte nicht. Er zehrte von dem was er in Aois dunklen Augen sah, aber er hielt nicht viel dieser Gefühle aus. Sie waren zu stark für ihn. Leise seufzte Aoi, dann grinste er breit und legte seinem Freund eine Hand auf die Schulter. "Hey, lass uns fahren, je schneller desto besser, dann sind wir auch früh zurück." "Gut..." Das Lächeln wurde nicht erwidert, aber Reitas Augen belohnten Aoi kurz mit einem Blick aus Sanftheit und Wärme und einem seltenen Ausdruck, der sonst immer hinter blondem Haar und der ewigen Stoffbinde verborgen wurde. Ein äußeres Zeichen für unergründliche und ungeahnt tiefe Abgründe in seinem Inneren. ~ Nachdem er Kohta mindestens zwanzig Mal beteuert hatte, dass er klar kommen würde, war der weißhaarige junge Mann endlich wieder nach hause gefahren. Aiji ließ sich seufzend auf das Bett fallen, verzog kurz das Gesicht als der raue Stoff seines Hemdes kurz an seiner Wunde rieb, schloss dann die Augen und versank in Gedanken, zu müde um sie wie sonst auszuschalten. Die Erinnerungen an diesen Kampf tauchten immer wider auf, glitten an die Oberfläche seines Bewusstseins und piesackten ihn gehässig mit verhassten Selbstzweifeln. Er hatte versagt, er hatte sich blamiert, hatte Kohta und Kirito, und nicht zuletzt Jun in Gefahr gebracht. Menschlein... Immer wieder und wieder hallte dieses Wort in seinem Kopf wieder, es verhöhnte ihn, so wie dieser Unterdämon ihn verhöhnt hatte. Menschlein... War er vielleicht wirklich nichts anderes als ein Mensch? Ein schwacher Mensch, ohne Kräfte, ohne Möglichkeiten sich oder die, die er liebte zu schützen? War er vielleicht nichts anderes als eine leere Hülle, die verzweifelt versuchte endlich etwas von Wert zu werden? Unruhig drehte er sich auf die Seite, seine Brust schmerzte dabei. Schmerzen, die er verdient hatte... er hatte noch viel mehr verdient als das stumpfe Ziehen und das leichte Brennen. Aiji drehte sich ein paar Mal hin und her damit er die Wunde spüren konnte, so oft bis er sich sicher war dass sie wieder aufgegangen war und den reinen Verband mit dunklem Blut beschmutzte. Was Jun wohl sagen würde wenn er das alles wusste... ob er enttäuscht war? Nein sicher nicht, eigentlich war Jun nie wegen irgendetwas enttäuscht. Aiji wusste auch, dass er ihm keinen Vorwurf machen würde, trotzdem würde er sich vor ihm schämen. Abgrundtief. "Jun... du hast vier Schutzengel, wusstest du das? Einen stillen Beobachter, einen intelligenten Kämpfer und seinen starken Bruder, die eine perfekte Einheit bilden und dich so gut beschützen können dass ich vollkommen überflüssig bin." Das war es, er war überflüssig. Ob er da war oder nicht machte überhaupt keinen Unterschied. "Oh, wirklich? Aber warum das denn?" Er verstellte die Stimme leicht, versuchte wenigstens ansatzweise Juns jungenhaften, klaren Ton zu treffen, doch alles was er hörte war seine eigene, kratzige, tiefe und langweilige Stimme. So langweilig, wie der Rest von ihm. "Weil du in Gefahr bist... weil es so viele gibt, die deine reine Seele haben wollen. Mich eingeschlossen..." Jetzt würde Jun lachen und ihn fragen was er damit meinte. "Deine Seele ist... unbeschreiblich, wenn ich dir nahe bin dann kann ich sie förmlich spüren, ich fühle wie sie dich umgibt und alles um dich herum in helles, warmes Licht taucht, und ich will auch dazu gehören, ich will auch in dieses Licht gehüllt sein. Deswegen will ich dich schützen. Aber ich kanns nicht, lustig oder? Ich nutze deine Seele aus, ich bade in dem Gefühl dass du mir gibst, das von dir ausgeht, und ich kann dir nichts zurück geben. Gar nichts..." Ein frischer Schwall von Selbsthass erfasste ihn, spülte das leichte, sarkastische Lächeln von seinen Lippen. Was war das denn für ein Leben? Kein Mensch, kein Wächter. Zu sehr auf Jun angewiesen um einfach zu gehen, zu unnütz um zu bleiben. Und selbst wenn er gehen könnte, wohin sollte er denn? Die einzige Person, zu der er hätte gehen können, war tot. Verloren weil ein bestimmter Wächter seine Pflicht nicht erfüllt hatte, ausgelöscht vor so vielen Jahren. Er wollte so etwas nie wieder erleben, wollte nicht so ein unfähiger Wächter sein wie er. Er würde ihm zeigen, wozu er fähig war, er würde... Nichts würde er, er konnte nichts. Er hatte keine Kräfte, er war technisch gesehen nur ein normaler unbedeutender und schwacher Mensch. Nicht mehr. Er war nicht in der Lage, einen geliebten Menschen zu schützen. Das schien wohl in der Familie zu liegen... ~ Konzentriert starrte Yoshiki auf den Bildschirm, tippte stetig und arbeitete im Kopf härter als sein ruhiger Ausdruck verriet. Die fremdartige Präsenz hatte er schon wahrgenommen als er das Büro betreten hatte, aber so lange Toshi noch im Raum war wollte er nichts sagen, er wollte seinen Freund nicht beunruhigen. "Wird das ein Geduldsspiel?" "Wenn es eines wäre, hättest du verloren." "Spiele dieser Art sind recht unamüsant..." "Das stimmt..." "Fragst du mich gar nicht was ich möchte?" "Nein, du wirst es mir schon selbst sagen oder?" "Deine Weisheit ist beinahe erschreckend... ebenso wie deine Selbstsicherheit belustigend ist." "Danke, wenn das aus deinem Mund kommt ist das ein Kompliment, nicht wahr?" "Ich pflege keine Komplimente zu machen." "Ich dachte es mir schon..." Eine Weile herrschte Stille in dem Zimmer, indem Yoshiki alleine saß und Berichte abtippte. Sich der Präsenz des zwiespältigen Spions stets bewusst legte er großen Wert darauf, keinerlei Ausdruck von Gefühlen zuzulassen. "Du bist sehr unvorsichtig... du weißt dass ich hier bin und trotzdem versuchst du nicht all diese Informationen vor mir zu verbergen." "Warum sollte ich, das was du weißt hilft dir sowieso nicht, habe ich Recht?" "Es amüsiert mich nicht wirklich." "Das denke ich mir... wie geht es Mana?" "Dein Gegenstück erfreut sich körperlicher Gesundheit und geistiger Abhängigkeit." "Also alles wie immer..." "Nicht ganz. Er bereitet sich vor." Nachfragen wäre zwecklos. Darauf wartete Juka nur, aber Yoshiki hatte nicht vor ihm diesen Gefallen zu tun. Er hatte mindestens genau so viel Geduld wie der unsichtbare Spion. "Ich spüre ein ungewöhnlich hohes Maß an Zuversicht..." "Seltsam, dabei erfüllt mich im Moment nur Gleichgültigkeit." "Nun, das wird sich sicher ändern... Dein Gegenstück hat die Schwachstelle in deiner kleinen Verteidigung gefunden. Wenn einer der beiden Türme fällt, stehst du im Schach." "Hm... ich wüsste nicht warum meine Figuren in Gefahr sind." "Weil unter weißer Farbe manchmal schwarze Schatten lauern." Die letzten Worte verhallten und ließen Yoshiki in einem unangenehmen Meer aus Zweifeln und Unsicherheit zurück. Juka war verschwunden, er hatte erreicht was er wollte, er hatte ihn mit einem Rätsel allein gelassen von dem ungeahnt viel abhing. Er durfte sich nicht zu viele Gedanken über dessen Lösung machen sonst würde er wahnsinnig werden, aber er durfte Jukas Worte nicht vergessen. Es war ein Hinweis, aber er war zu klein um ihn zu verstehen. Sicher würde nach einer Weile noch mehr kommen, offenbar fand Juka Geduldsspiele doch nicht ganz so uninteressant. ~ Immer wieder fuhr Takeo sich mit den Händen durch das Gesicht und blinzelte. Er durfte nicht einschlafen... egal was passierte, er musste wach bleiben. Am liebsten würde er aufstehen und herumlaufen, aber dadurch würde er Jun sicher wecken. Und das wollte er auch nicht. Im halbdunklen konnte er nur die Umrisse von Juns Gesicht erkennen, der schmale Lichtstreifen der durch die Vorhänge fiel erleuchtete den Raum gerade gut genug um die feine Linie halbwegs zu erkennen, die Juns Profil von der Dunkelheit abhob. Aber auch mit geschlossenen Augen hätte er ihn sehen können, hätte genau gewusst wo er war. Das unsichtbare Licht, das beinahe blendend weiß von ihm ausging, verriet ihn überall. Und genau das war die Gefahr, nachts mehr denn je. Das Kraftfeld, das Takeo um die Wohnung errichtet hatte würde zwar Seelenfresser und schwächere Dämonen davon abhalten an Jun heran zu kommen, aber es erregte auch ihre Aufmerksamkeit. Er spürte die Gegenwart von einigen schwachen Geistern, die seit geraumer Zeit um das haus schlichen und nach einem Eingang suchten. Es ging keine ernsthafte Gefahr von ihnen aus, selbst Takeo würde sie zerstören können, sollten sie es wirklich ins Haus schaffen. Trotzdem würde er sich keine Ruhe gönnen, seine Konzentration lag einzig und allein auf dem Kraftfeld und auf Jun, der ahnungslos neben ihm lag und schlief. Die Versuchung war groß, sich einfach ein kleines Stück seiner Seele zu nehmen... nur ein winziges Stück, dem Verlangen und der erregenden Anziehungskraft für einen Moment nachgeben... ein einziges Mal die vollkommene Reinheit kosten. Aber er würde es nicht tun, er hatte sich noch nie an Juns Seele vergriffen. Er wusste, dass Aiji dieser Versuchung nicht immer gewachsen war, selbst Kirito hatte einmal diese Schwäche zugelassen. Lediglich Kohta schien von dieser verführenden Anziehungskraft unbeeindruckt, er hatte kein Mal erkennen lassen wie sehr auch ihn dieses Verlangen packte wenn er Jun zu nah kam. Aber diese Gier war da, wie bei ihnen allen. Kohta schaffte es einfach am besten sie zu unterdrücken. Takeo war ein paar Mal kurz davor gewesen sich etwas zu nehmen, Aiji hatte ihn ein mal davon abgehalten. Dabei stahl er sich ab und an selbst ein Stück... Es schadete Jun nicht, er merke es nicht einmal, aber es war einfach falsch. Es war nicht ihr Job ihn auszunutzen. Leise murmelnd drehte Jun sich um, seufzte im Schlaf und lachte dann leise. Selbst im Schlaf legte er seine Persönlichkeit und seine angeborene Fröhlichkeit nicht ab. Es fiel Takeo schwer ihn nicht anzustarren, er wusste dass die Versuchung nur noch größer werden würde. Leise stand er auf, deckte seinen Freund kurz wieder zu und tapste dann ins Wohnzimmer. Er brauchte kurz eine Auszeit von dieser blendenden Seele. ~ Glasige Augen, aus denen unentwegt bedeutungslose Tränen rannen starrten ihn an, als er den leeren Körper aufhob und aus dem Zimmer trug. Er war jetzt viel leichter als vorhin, nicht vom Gewicht, sondern von der Bedeutung her. Alles was an Sinn und Hoffnung in diesem Mädchen gewesen war hatte Mana gnadenlos und restlos ausgesaugt, in kürzester Zeit den Geist aufgesogen und den Körper somit vollkommen wertlos gemacht. Er würde von innen heraus verrotten, es gab keine Medizin dafür. Dass das Mädchen wirklich bis auf den letzten Rest leer gesaugt worden war, zeigte Manas tatsächliche Verzweiflung und seine unstillbare Gier. Es war ein weiterer Beweis für das, was Közi schon seit geraumer Zeit befürchtete. Mana hatte seine Sucht nicht mehr im Griff, er war abhängig, vollkommen besessen von dem Geschmack der Reinheit. Mehr noch, er hatte sein Leben der Jagd nach der reinsten aller Seelen verschrieben. Er würde nicht ruhen bis er sie bekam, und die Reinste war gerade gut genug. Mit weniger gab er sich nicht zufrieden, es ging ihm nicht ums überleben, er wollte diese Seelen nicht fressen um des Fressens willen, er wollte das Licht zerstören und in pure Dunkelheit wandeln. Das Licht, das er so sehr hasste, die Reinheit die er verabscheute weil er sie selbst nicht besitzen konnte. Er brauchte helle Seelen zum Leben, aber er hasste sie auch. Je reiner und strahlender die Seele, desto größer sein Hass, desto unwiderstehlicher die Gier danach, sie zu besitzen. Er wusste nicht wie lange er seinen Meister noch davor bewahren konnte, dem Wahnsinn endgültig zu verfallen. Aber er würde alles dafür geben, und sollte es seine eigene Seele kosten. Közi trug das Mädchen den gang entlang und legte sie mit einer Behutsamkeit, die beinahe spöttisch wirkte, in die Arme eines gesichtslosen Dieners. Er würde sich um die Entsorgung kümmern. Közi hatte nun wichtigeres zu tun, es galt Mana Gäste zu ihm zu geleiten. ~ Unbehagen erfüllte ihn sobald sie das Anwesen betraten. Die Fahrt hierhin war schweigend verlaufen, der beste Trost den sie sich gegenseitig geben konnten war Stille. Reita warf Aoi einen flüchtigen Blick zu als er ihm die Treppe hoch in das Empfangszimmer folgte, in das sie von Közi geführt wurden. Sein Freund gab sein bestes sich die Unsicherheit und die blendende Angst nicht anmerken zu lassen, die ihn schon allein bei dem Gedanken an Mana erfasste, doch für Reitas wachsamen Blick lagen diese Emotionen offen und schutzlos auf Aois Gesicht. Eigentlich müsste er es sein, der die größere Angst von Mana hatte, eigentlich müsste er vor ihm auf Knien kriechen und betteln, aber er tat es nicht. Nicht, weil ihm sein Leben egal war, das war es sicher nicht. Aber einer musste stark bleiben, und Aoi war zu kurz davor zusammen zu brechen unter der Last die Mana ihnen beiden aufbürdete, und so hatte Reita vor langer Zeit beschlossen den Part des starken zu übernehmen. Es war die einzige Möglichkeit Aoi zu unterstützen. "Wenn Sie hier warten würden, Mana empfängt Sie gleich." Ein kleiner Trick, eine sinnlose Spielerei. Mana wusste dass sie hier waren, er ließ sich bewusst Zeit. Aoi nickte Közi zu und setzte sich seufzend auf einen der verzierten Holzstühle. Reita blieb eine Weile stehen, dann ging er zum Fenster und sah hinaus. Es lag fast eine gewisse Ironie darin, dass dieser wunderschöne Garten zu diesem grausamen Ort gehörte... "Reita... lass mich gleich reden ja?" "Ich denke wir werden sicher beide besser nicht reden sondern zuhören..." "Ja schon aber... du weißt wie ich das meine." "Ja ich weiß... ist gut." Er hatte den Satz kaum zu Ende gesprochen als sich die Türe aufschob und Mana mit erhobenem Haupt und herrischem Blick eintrat. Aoi stand auf, Reita beeilte sich an die Seite seines Freundes zu kommen, blieb neben ihm stehen, ein Stück hinter ihm. Közi blieb ebenfalls hinter Mana stehen, deutete dann auf die beiden Stühle gegenüber seines Herrn. "Setzen Sie sich doch..." Die beiden gehorchten vollkommen synchron, in einer tausend Mal gemachten und perfekt einstudierten Geste. "Kommen wir gleich zur Sache. Dies ist die Akte über die Zielperson... hier die Daten über die Wächter. Sie sehen, dass sich bereits um zwei der Wächter gekümmert wird. Der dritte Wächter wird Ihre Aufgabe sein. Recherchieren Sie gut über Schwachstellen und Schwächen, Sie müssen auf Abruf bereit stehen, wir können nicht genau sagen wann wir Ihre Dienste brauchen." Aoi war immer wieder von diesem Kerl fasziniert. Er schaffte es tatsächlich, das alles wie eine vollkommen legitime Geschäftsverhandlung dar zu stellen. So als würden sie hierfür bezahlt, als wären sie Angestellte oder Partner. Dabei war es in Wirklichkeit ganz anders, dabei hatten sie eigentlich keine Wahl. Langsam zog er die Akte zu sich heran und schlug sie auf, blätterte Seite um Seite weiter, nicht wirklich auf das Gerede von Közi achtend. "...daher ist es notwendig dass Sie sich gut vorbereiten, denn wenn der Zeitpunkt gekommen ist müssen Sie so schnell wie möglich..." Ein kaum vernehmbares Geräusch drang an Aois Ohr als er eine ganz bestimmte Seite aufschlug. Ein kurzer Seitenblick zu Reita reichte aus um die Sorge wie eine Welle über ihm zusammen schwappen zu lassen. Sein Freund war kreidebleich und starrte auf die Akte in Aois Händen, nur ganz kurz, aber lang genug um seine Aufmerksamkeit zu erregen - und Manas offenbar auch. "Haben Sie ein Problem mit der Zielperson, Reita?" Langsam hob er den Kopf und sah dieses Geschöpf an, dass die pure Dunkelheit hinter perfekter Schönheit verbarg. "Nein..." "Gut, dann besteht ja auch keine Gefahr für Sie, nicht wahr?" Aois Blick durchbohrte Mana förmlich. Am liebsten würde er aufspringen und ihm den überlegenen Blick aus den Augen kratzen, aber er würde nicht einmal ein einziges Wort dazu sagen können. Die Gefahr war zu groß, er musste schweigend mit ansehen wie Mana Reita anstarrte, ihm vielleicht in Gedanken Dinge und Bilder zeigte, die ihm Angst einjagen sollten, so wie er es mit ihm schon so unzählige Male getan hatte. Er hatte diesen Gedanken noch nicht zu ende gedacht, da sah Mana ihn an. Aoi erstarrte, ein leises Keuchen entkam seinen Lippen als sich für den Bruchteil einer Sekunde ein Bild vor seinem inneren Auge auftat. Das selbe Bild dass er immer ertragen musste wenn Mana ihn daran erinnerte, wo sein Platz war. Das selbe schreckliche Bild... einen winzigen Augenblick sah er wie ein Körper zerfetzt wurde, hörte einen verzweifelten Schrei den er als seinen eigenen erkannte, sah wie eine Gestalt zu Boden sank.. "Das war soweit alles. Wenn Sie mir nun folgen würden..." Mit einer ausladenden Geste deutete Közi den beiden an ihm zu folgen. Ohne zu zögern kamen sie der Aufforderung nach. ~ "Guten Morgen!" Juns extrem gut gelaunte Stimme hallte in Kiritos Ohren schmerzhaft wieder und er verzog grummelnd das Gesicht. Die letzte Nacht war nicht gerade erholsam gewesen, Sorge und nervtötender, ziehender Schmerz im Bein hatten ihm kaum Ruhe gelassen. "Morgen." Mehr Gruß bekam Jun vorerst nicht von ihm, Kirito wollte schlecht gelaunt sein. Mürrisch ließ er sich auf das durchgesessene Sofa fallen und beobachtete Aiji und Takeo dabei wie sie sich leise unterhielten und Jun seine Gitarre stimmte. Kohta war wie immer noch nicht hier, und zum ersten Mal machte es Kirito wirklich wütend. Er hatte keine Schicht, er müsste schon längst hier sein. Wenn er verschlafen oder die Probe gar vergessen hatte würde er was erleben! Er hatte diesen Gedanken noch nicht zu ende geführt, als er seinen Bruder hörte. Auch Takeo schien ihn zu vernehmen denn er deutete Aiji mit einer kleinen Handbewegung still zu sein. Jun zupfte vollkommen Ahnungslos an seiner Gitarre herum "Ich hol mir nen Kaffee...bin gleich wieder da." Kirito verließ den Raum in müder Ruhe, doch sobald er die Türe hinter sich geschlossen hatte, rannte er los. Den Gang entlang, zum Hinterausgang raus und die Straße entlang. Er konnte es bereits spüren bevor er Kohta sah. Die Präsenz des Unterdämons. "Takeo... ein Schutzfeld. Und beschäftige Aiji!" "Er ist dir schon hinterher gelaufen...." Die Gedankenverbindung brach ab, die Entfernung wurde zu groß. Dafür kam er Kohta und Miyavi immer näher, er konnte das elektrische Knistern in der Luft spüren, es reizte seine Nerven und verursachte eine Gänsehaut. Er lief schneller, in den Zorn über diesen unverschämten Kerl mischte sich große Sorge um seinen Bruder. Der Kampf hatte bereits begonnen... "Ach komm schoooon, du bist ja wirklich langweilig!" Miyavi saß in der Seitenstraße oben auf einer Feuerleiter und flippte Kohta immer wieder Erdnüsse gegen den Kopf. Er grinste und wandte den Kopf zur Seite als Kirito hinzutrat. Kohta, der die ganze Zeit über an der Wand gelehnt da gestanden hatte und Miyavi ab und zu einen Warnschuss verpasst hatte, sah seinen Bruder kurz an um abzuschätzen was dieser vor hatte. "Ah, der Spatz is auch da! Fehlt ja nur noch die unfähige Missgeburt." Kirito ließ den Blick nicht von dem breit grinsenden Dämon weichen als er immer näher kam und sich dann neben Kohta stellte, die Hände leicht seitlich von sich gestreckt und bereits die nötige Energie für einen Angriff sammelnd. "Machen wir hier Schluss?" Ein knappes Nicken war Antwort auf die Frage seines Bruders und keine halbe Sekunde später entluden sich ihre Kräfte gemeinsam gegen den nervtötenden Dämonen. Die Hauswand bebte leicht, die Gitterstäbe der Feuerleiter schepperten und brachen schließlich auseinander, an der Stelle an der sie getroffen wurde glühte das Metall. Miyavi lachte, er war geschickt ausgewichen und hockte nun über ihnen auf dem Dach. Kohta sah sich um, die einzige Möglichkeit auf da Dach zu kommen hatte er sich gerade verbaut als sie die Feuerleiter zerstört hatten. Er musste die Leiter des nächsten Hauses nehmen, und dann vom einen auf das andere Dach springen. Kein Problem, aber verdammt zeitaufwändig. Doch es war gar nicht nötig, Miyavi zu folgen. In dem Moment als Kohta eine wohl bekannte Präsenz wahrnahm, die sich schnell näherte, kam Miyavi mit einem gewagten Sprung vom Dach runter. Er landete behände wie eine Katze auf allen Vieren und richtete sich dann grinsend auf. "Echt, für diesen Aili solltet ihr euch mal ne Leine anschaffen." "Ich heiße Aiji, du dämliches Arschloch!" Für einen Moment hatte Kirito doch tatsächlich gedacht dass seine Laune auf dem Nullpunkt war, doch Aijis Auftauchen katapultierte sie in den Minusbereich. "Wie auch immer..." Miyavis Grinsen war eine groteske Mischung aus Freude, Ekel und finsterer Erregung, als er die Arme Theatralisch hob und dunkle Kraft sich sichtbar zwischen seinen Händen sammelte. Ohne Zeit zu verlieren bereiteten die beiden Brüder sich auf eine Gegenattacke vor, Seite an Seite und als perfekte Einheit. Doch der Angriff von Miyavi blieb vorerst aus. Er blieb reglos stehen und starrte Aiji aus funkelnden Augen grinsend an. "Was is mit dir, hast du etwa noch immer keine Kraft? Meinst du, der Streichelzoo hier kann mir was anhaben? Willst du denen nich lieber helfen?" Auf ein unsichtbares Zeichen hin griffen sie an. Sie konnten nicht zulassen dass dieser dumme Dämon Aiji so provozierte, eine Kurzschlussreaktion ihres Freundes war nicht gerade das was sie brauchten. Miyavi schaffte es noch, seine Energie gegen Aiji zu schleudern, auszuweichen vermochte er nicht mehr. Die Macht von Eis und elektrisierter Luft traf ihn am ganzen Körper und er wurde mehrere Meter nach hinten geschleudert, krachte gegen eine Hauswand und sackte zu Boden. Staub und Mörtel bröckelte von der Mauer und die Mülltonne, die eben noch dort gestanden hatte war vollständig geschmolzen. Langsam öffnete er die Augen, sein ganzer Körper schmerzte und seine Fingerspitzen fühlten sich taub an. Diese Kraft... es war unglaublich. Mana hatte in der Tat nicht übertrieben, das wusste er jetzt. Leider zu spät... "Aiji!" Kohta kniete sich neben seinen Freund, der wimmernd am Boden lag. Seine Klamotten waren zum Teil schwarz verkohlt, zäher Teer klebte an seinem Körper und seinem Gesicht. Er schien nur noch halb bei Bewusstsein zu sein. "Kirito, Aiji ist verletzt!" Sein Bruder reagierte nicht, er stand vor Miyavi, der keuchend am Boden lag. Er hatte gut Lust diese kleine Ratte hier und jetzt auszuschalten, ihn einfach auszulöschen. Aber er wollte zuerst ein paar Antworten haben. "Wer ist deine Zielperson? Wie lautet dein Auftrag?" Blutige Lippen schafften es frech zu grinsen. "Was geht dich das an, Wellensittich?" "Ich frag dich nur noch ein Mal." "Ah gut, dann nervst du mich ja wenigstens nich..." Langsam hob Kirito eine Hand, bläuliche Kraft sammelte sich augenblicklich und pulsierte im Takt mit seinem Herzschlag. Doch er kam nicht mehr dazu sie gegen den Unterdämonen zu entladen, ein heißer Schmerz schoss durch seinen Rücken und machte ihn bewegungsunfähig. Keine Sekunde später war Kohta da, schützte ihn vor dem was sich hinter ihm befand. Eine dunkle Gestalt stand auf dem Dach, doch sobald Kohta sie halbwegs ausgemacht hatte, verschwand sie wieder. Die Präsenz war ihm dennoch bekannt... "Közi...seit wann hat er denn Kräfte? Ich dachte er wäre ein Mensch?" "Ist er auch..." Matt sank Kirito in die Knie und stützte sich keuchend am Boden auf. In seinem Rücken steckte eine lange Nadel, die Kohta nun vorsichtig herauszog. "Vergiftet?" "Betäubungsmittel nehme ich an... ich..." "Kirito! Ich kann dich nicht nach hause tragen!" Die letzte Kraft die Kirito noch hatte reichte gerade aus um seine Gestalt zu verändern. Vorsichtig hob Kohta den schwarzen Vogel hoch, dann half er Aiji in eine halbwegs aufrechte Position. "Aiji, reiß dich zusammen..." Die Gasse die er nun verließ zeigte deutliche Spuren eines Kampfes der höheren Mächte. Miyavi war verschwunden. ~ "Wie jetzt, keine Probe? Wo sind die anderen denn hin? Kirito wollte sich doch nur einen Kaffee holen oder? Langsam hab ich da Gefühl ihr verarscht mich, ich meine was soll das denn, da komm ich hier her und...." Mit der Zeit lernte man, Juns Geplapper erfolgreich auszuschalten. Takeo war Meister darin. Gerade fiel es ihm sowieso nicht schwer, denn er hatte andere Dinge auf die er sich konzentrieren musste. Das Kraftfeld hatte er bereits aufgelöst, was ihn mehr beunruhigte war die plötzliche Stille in seinem Kopf. Weder die Präsenz seiner Freunde, noch die des Unterdämonen war spürbar. Irgendetwas stimmte ganz und gar nicht... "Komm, wir fahren nach haus. Ich bring dich noch..." Jun seufzte und packte sein Instrument wieder ein. Irgendwie kam ihm das ganze komisch vor, doch er sagte nichts. In letzter Zeit kam ihm so einiges komisch vor... Kapitel 3: ----------- Aois Hände zitterten noch immer als er die Türe öffnete und einen Schritt zur Seite tat, damit Reita an ihm vorbei in die Wohnung treten konnte. Das Bild war noch immer in seinem Kopf, es hatte sich wieder ein Stück tiefer in sein Gedächtnis gebrannt. Jedes Mal zeigte ihm Mana diesen Alptraum, jedes mal aufs neue um ihn daran zu erinnern was geschah wenn er sich seinem Willen widersetzte. "Denk nicht daran." "Das ist leicht gesagt..." "Ich weiß." "Reita...warum hast du so seltsam geschaut als Mana uns die Akte gezeigt hat?" Eine Weile lang schwieg Reita. Sollte er Aoi das wirklich sagen? Er hatte schon genug Sorgen, mehr als gut für ihn waren. Aber er wollte keine Geheimnisse vor ihm haben, das würde Aoi sicher mehr zusetzen als alles andere, das Gefühl dass er ihm nicht vertraute. "Mein Bruder..." "Was? Dein Bruder? Aber ich dachte... bist du ganz sicher?" Eine unendlich dumme Frage, das wusste Aoi auch. Als würde Reita seinen eigenen Bruder nicht erkennen, wenn er ihn sah. "Ja...er ist es." Langsam ging Reita durch das Zimmer, auf das große Fenster zu. Mit langsamen, monotonen Bewegungen setzte er sich auf das Fensterbrett und lehnte die Stirn an die Glasschreibe, sah hinaus auf das Lichtermeer der ewig dunklen Stadt. Ein gewohnter Anblick, der Aoi irgendwann in den Wahnsinn treiben würde. Wie lange hatte Reita schon nicht mehr gelächelt oder gelacht? Wie lange war es her, dass sie einfach so miteinander geredet hatten? Ewigkeiten... und das Schlimme war, es war seine Schuld. Es war alles seine Schuld. Er hatte ihn in diese Situation gebracht, durch seinen arroganten Egoismus. Trotzdem... auch wenn er wusste, dass Reita litt, er würde in der selben Situation wieder die selbe Entscheidung treffen. Er hasste sich dafür, aber er würde es wieder ganz genau so machen wenn es bedeutete, Reita nicht verlieren zu müssen. Oder hatte er ihn genau dadurch verloren? War Reita nur noch bei ihm weil es sonst sein Leben kosten würde? Hasste er ihn vielleicht? Diese Gedanken kamen immer wieder, ganz egal wie oft er sich einredete, dass Reita aus Freundschaft bei ihm blieb und ihn verstand. Die Gedanken waren immer da, sie wurden nur leider immer und immer stärker. "Ich will diesen Auftrag nicht annehmen..." "Wir müssen aber..." "Nein, ich will nicht. Ich will, dass endlich Schluss ist... Ich kann nicht mehr, hörst du? Ich bin nicht dazu gemacht solche Dinge zu tun. Zu morden und für Mana zu arbeiten, ich bin nicht..." "Ich etwa? Ich bin auch nicht dafür geboren, aber es muss nun mal sein." "Nein, muss es nicht... ich lasse mich nicht mehr von Mana erpressen." Eine Weile stand Aoi einfach da, sah seinen Freund aus traurigen Augen an. "...ich aber... bis in alle Ewigkeit wenn es sein muss. Das ist mir lieber als... der Preis ist zu hoch." "Aber es ist mein Leben, ich kann damit machen was ich will. Du hast es damals nicht gekauft, du hast es verschenkt." In seiner Stimme lag kein Vorwurf, nur sanfte Sachlichkeit. Langsam drehte er sich um und sah Aoi an. Sein Freund hatte den Kopf gesenkt und die Hände zu Fäusten geballt. Er litt noch mehr als er selbst, er würde das nicht mehr lange durchhalten. Aoi war nicht so stark. "Du hasst mich dafür oder?" "Nein, das habe ich dir schon so oft gesagt, glaub es mir doch endlich." "Ich werde mich nicht dafür entschuldigen, es tut mir nicht leid." "Ich weiß...mir auch nicht. Ich hätte sterben müssen, aber ich wollte es ja auch nicht. Ich wollte... dich nicht allein lassen..." Schweigen hüllte sie eine Weile ein, beruhigte aufgelöste Herzen und ruhelose Seelen für einen Moment und gab ihnen beiden etwas von der Kraft wieder, die sie heute an Mana verloren hatten. "Wenn das wahr ist... dann... dann müsstest du doch auch diesen Auftrag erledigen wollen...um mich nicht alleine zu lassen..." "Ja, das ist der einzige Grund. Ich hoffe nur, es wird das letzte Mal sein...Ich bin kein Mörder. Genau so wenig wie du..." Reitas Blick veränderte sich für einen kurzen Moment, nur so kurz dass Aoi einen flüchtigen Blick in seine Seele werfen konnte. Und wieder keimte diese Schuld in ihm auf, er hatte dieses strahlende Wesen dazu gezwungen ein Leben in Finsternis zu führen. Würde er dies irgendwie wieder gut machen können? Er wollte das Lächeln zurück auf sein Gesicht zaubern, wollte Reita wieder glücklich sehen. Er wusste nicht wie er dies schaffen sollte, aber er würde alles dafür tun. Alles. ~ Langsam öffnete Aiji die Augen. Sein ganzer Körper schmerzte, er konnte spüren dass seine Wunden zwar versorgt waren, aber einige bluteten noch leicht. Mühsam setzte er sich auf, seine Haut brannte an den Stellen an denen das schwarze Zeug geklebt hatte. "Bleib liegen..." Kohtas Stimme drang durch den Nebel der ihn noch immer umgab dumpf an sein Ohr und erschreckte ihn leicht. Er hatte nicht gesehen dass er nicht allein war. "Leg dich wieder hin... hier, trink was." "Danke... wie... wie lange..." "Nicht lange, ein paar Stunden... wie fühlst du dich?" "Nicht gut..." "Denk ich mir... schlaf noch eine Weile, deine Verletzungen sind nicht schwer, aber du warst von oben bis unten mit diesem Teerzeug beschmiert." "Danke..." "Schon gut..." "Kohta, es tut mir leid, ich habe... ich habe mal wieder..." "Aiji-kun, ist schon gut. Ich mach dir wegen nichts Vorwürfe, es ist okay. Ich lass dich noch eine Weile schlafen..." Bevor er etwas sagen konnte verschwand Kohta aus dem Zimmer und schloss die Türe leise. Erst jetzt fiel Aiji auf, dass er in Kohtas Bett lag. Was war geschehen nachdem Miyavi ihn so hart erwischt hatte? Er erinnerte sich an nichts... nur an eine Stimme... Eine sanfte, leise Stimme, die er in seinem Kopf gehört hatte. 'Aiji...deine Kraft ist da... lass mich dir helfen sie zu befreien...' Er wusste nicht ob er diese Worte beängstigend oder beruhigend finden sollte. Was war das für eine Stimme gewesen? Er hatte sie noch nie zuvor gehört... Einen Moment überlegte er ob er Kirito oder den anderen davon erzählen sollte, entschied sich aber dagegen. ~ Yoshiki schreckte auf. Verdammt, er war eingeschlafen. Er hatte das Klopfen an der Türe nicht gehört und nun stand Toshi vor ihm. Mit einem ernsten Ausdruck, der so gar nicht zu ihm passte... "Yoshiki... jemand möchte dich sprechen..." "wer?" "...das...das Elitecorps ist hier..." Es gab kaum eine Nachricht, die so erschreckend und so beruhigend zugleich sein konnte. Wenn das Elitecorps in der Nähe war, war man vor allem sicher. Sie waren die größten fünf Meister die es je gegeben hatte, unschlagbar und ohne Schwachstellen. Sie unterstanden jedoch keinem Befehl, sie tauchten da auf, wo sie es für sinnvoll erachteten, wo die Gefahr am größten und ihre Kräfte am ehesten gebraucht wurden. "Schick sie rein..." Er würde nur zwei, vielleicht drei Minuten haben um sich auf sie vorzubereiten. Langsam stand er auf, ordnete ein paar Akten und spielte nervös mit dem Kugelschreiber herum. Das Elitecorps war hier... er hatte ihre Kräfte gar nicht wahr genommen. So mächtig waren sie also, dass sie selbst ihre eigene Aura verbergen konnten. Es herrschte absolute Stille, beinahe unheimlich. Nach einer Weile vernahm Yoshiki Schritte von draußen, aber es klang nur wie eine einzige Person. Was bedeutete das? Die Meister trennten sich niemals, nicht einmal für ein paar Sekunden. Toshi öffnete die Türe, und hinter ihm traten die Fünf ein. Vollkommen lautlos und in perfekter Anordnung. Augen und Ohren vorne, Gefühl und Wahrnehmung hinten, das Medium gut behütet in der Mitte. In dem Moment, indem sie eintraten, überkam Yoshiki wieder dieses Gefühl, das Gefühl das er immer hatte wenn er ihnen gegenüber stand. Es fühlte sich an als wäre er komplett durchsichtig. Jeder Herzschlag, jeder Atemzug, selbst das Pulsieren seines Blutes waren für Shinya hörbar, so leise man auch zu flüstern vermochte, man konnte kein Geheimnis vor ihm haben. Unmöglich. Er hörte alles, selbst den Windzug zwischen zwei Grashalmen oder den Regen, wenn er noch in großer Höhe fiel, ohne den Boden zu berühren. Shinya verkörperte die Ohren der Fünf, Die stellte die Augen dar. Es gab nichts was seinem Blick entging. Ein Schauer lief Yoshiki den Rücken hinab, er wollte sich gar nicht vorstellen, was Die alles sehen konnte... er wusste, dass der hochgewachsene Rotschopf durch Wände zu sehen vermochte, er wusste bis ins kleinste Detail was sich in Yoshikis Schreibtisch befand. Wie tief er wohl noch sehen konnte... Die und Shinya schwiegen in permanenter, lautloser Kommunikation miteinander. Ihre Gedanken waren so fest miteinander verbunden, dass sie zur selben Zeit blinzelten, im selben Rhythmus atmeten und mit Sicherheit schlug Ihr Herz auch im selben Takt. Von grund auf verschieden, aber unzertrennbar. Genau wie Kyo und Toshiya. Kyo brauchte einen nicht einmal anzusehen, er spürte sofort welche Kräfte man besaß, wie stark man war, ob man Rechtshänder war, welche Fähigkeiten und Talente man hatte. Toshiya spürte diese Kräfte nicht, er nahm die Absicht die dahinter steckte wahr. Er konnte in die Seele eines Menschen blicken, seine Gefühle und Ängste, Wünsche und Träume, alles über diesen Menschen lesen. Er und Kyo befanden sich in einer ähnlichen Symbiose wie Shinya und Die. Unzertrennlich und aufeinander angewiesen, zusammen eine unglaubliche Kraft. Und in der Mitte war Kaoru, das Medium. Der stechende Blick der Stimme der Fünf ruhte permanent auf Yoshiki, als dieser den Kopf leicht senkte um sie zu begrüßen. "Seid gegrüßt... es ist lange her, dass mir die Ehre zuteil wurde Euch hier willkommen zu heißen." "Es ist lange her, dass die Umstände es erforderten, Yoshiki-sama." Kaorus dunkle sanfte Stimme schaffte es, Yoshiki ein wenig zu beruhigen. Mit Sicherheit hatte Toshiya ihm gesagt, wie Yoshiki sich fühlte... "Welchen Umständen ist unser unverhofftes Aufeinandertreffen zu verdanken?" "Es geraten Dinge ins rollen, die schwer zu erfassen sind... es besteht große Gefahr für dich, für die reine Seele und für deine Wächter. Mana hat an Kraft gewonnen und seine Entschlossenheit lässt keine Verzögerungen mehr zu." "Ja, das weiß ich, ich erwarte seinen ersten Angriff jeden Tag." "Yoshiki... sein erster Angriff ist bereits erfolgt. Wir halten uns noch zurück, es ist wichtig dass die Ereignisse ihren eigenen Lauf nehmen. Wir sind nur hier um dich zu warnen. Wir werden keine Zeit haben dich zu schützen..." "Ich weiß. Meine Zeit neigt sich ohnehin dem Ende zu." "Darüber können wir keine Aussage treffen." Ein Lächeln stahl sich auf Yoshikis Lippen und er trat hinter dem Schreibtisch hervor, die Hände locker gefaltet. "Es gibt ein paar Dinge, von denen wir wissen, die für dich von großem Interesse sein könnten. Aber es ist von unabdingbarer Wichtigkeit, dass du dem Schicksal genügend Vertrauen entgegenbringst. Alles muss zur richtigen Zeit geschehen." "Zeit ist ein Luxus den ich mir nicht leisten kann, deswegen bin ich darauf angewiesen dass die Dinge ihren Zeitpunkt selbst wählen." "Du weißt, dass Reita in die Sache verwickelt ist?" "Ich dachte mir, dass er früher oder später wieder auftauchen würde..." "Seine Interaktionen erfüllen uns mit einer nicht zu unterschätzenden Besorgnis. Der Zeitpunkt seines Ablebens ist längst überschritten. Es bringt nichts gutes wenn Seelen länger wandeln als natürlich." "Sagtest du nicht eben, ich solle dem Schicksal vertrauen? Vielleicht solltest du dich an deine eigenen Worte halten? Vielleicht hat das Schicksal ja zum ersten mal Gnade mit uns... vielleicht ist er ein Werkzeug des Schicksals." "Deine plötzlich zu Tage tretende Fähigkeit, jemanden mit eigenen Worten zu entwaffnen führt uns zu dem Schluss, dass du öfter Kontakt zu Juka gehabt hast?" "Ja... ich dachte ihr wüsstet das." "Wir nehmen nur wahr, was mit Augen, Ohren und Empfindungen zu erfassen ist. Juka entzieht sich den meisten unserer Wahrnehmungskräften. Wir spüren seine Gegenwart nicht." "Wie dem auch sei... ihr meint also, Reita könnte zur Gefahr werden?" "Es ist noch nicht möglich, dies genau zu bestimmen. Seine Absichten und seine Pflichten stehen im Widerspruch zueinander, es gibt mehrere instabile Faktoren die seine endgültige Entscheidung zu welcher Seite er gehören wird, unvorhersehbar beeinflussen können." Einen Moment herrschte Stille. Zwischen den Fünf fand stille Konversation statt, dann richteten sich wachsame Augen wieder auf Yoshiki und Kaoru sprach wieder in seiner beruhigenden Stimme. "Wir werden uns nun zurückziehen. Bis unser Eingreifen wieder erforderlich ist, wird nicht mehr viel Zeit verstreichen und wir müssen unsere Kräfte regenerieren. Wir hoffen dich entgegen aller Vorahnungen wieder zu sehen." Yoshiki ignorierte die hoffnungsraubenden Worte gekonnt und begleitete die Fünf noch bis zu seiner Bürotüre, das Gefühl des gläsernen Ausgeliefertseins verflog sobald er die Türe geschlossen hatte. Toshi sah eine Weile zu Boden, dann hob er unsicher den Blick. "Yoshiki... was meinen sie damit, deine Zeit ist abgelaufen und all das?" Leise seufzte er. Es war ihm nicht gerade recht dass sein Freund dies mit angehört hatte. Wie sollte er ihm erklären, was er selbst nicht wahr haben wollte? "Du wirst nicht sterben oder so was, oder?" "Jeder wird einmal sterben, Toshi..." "Du weißt wie ich das meine." "Ich werde dir diese Frage nicht beantworten können... ich weiß es selbst nicht. Aber ich werde mich an den Rat der Fünf halten. Das Schicksal weiß schon ,was es tut..." Er konnte an seinem Gesichtsausdruck sehen, dass er mit diesen Worten ganz und gar nicht zufrieden war, doch es war alles was er mit gutem Gewissen auf diese Frage sagen konnte. ~ Noch nie war ihm der Weg so lang vor gekommen... Közi half ihm nicht, stützte ihn nicht, brachte ihm keinen Stuhl als er es geschafft hatte, den Gang entlang in das Büro von Mana zu hinken. Sein Bein war verdreht und am Knie war die Haut bis auf den Knochen weggeschmolzen. Doch das würde nachwachsen, genau wie seine linke Hand. Die Schmerzen waren schlimm, aber die Verletzung seines Stolzes war viel schwerwiegender. Mana betrat den Raum kurz nach Miyavi, er sah ihn stumm an und setzte sich auf den einzigen Sessel in dem Zimmer. "Hey, ich kann das erklären... also halbwegs... ich mein, ich hab mir echt total Mühe gegeben, aber die sind echt ziemlich stark und ich... ey, nächstes Mal wird's besser! Echt, ich versprechs! Ich bin in null Komma nix wieder auf den Beinen und dann mach ich die alle..." "Das wird nicht nötig sein." Közi tauchte neben Mana auf und beugte sich kurz zu ihm, Mana flüsterte etwas in sein Ohr, das Miyavi nicht klar verstand. "Ah, also hab ich's gut gemacht ja? Bekomm ich meine Belohnung? Cool... wie viel?" "Exakt das, was Ihnen zusteht." Mit diesen Worten hob Mana die Hand. In seiner Handfläche glaubte Miyavi ein bläuliches Schimmern zu sehen, doch vielleicht spielte sein geschwollenes Auge ihm auf einen dummen Streich... "Also, ich will nich dreist sein aber ich denk ich habe scho...." Weiter kam er nicht. Mana bewegte die Hand nur minimal, so als wolle er nur kurz seine Finger bewegen, oder sehen wie sich das Licht in dem funkelnden Stein auf seinem Ring brach, wenn er die Hand leicht bewegte. Ein leises Zischen war zu hören, dann schnellte ein heller Blitz durch das Zimmer und ein ersticktes Keuchen von Miyavi war zu vernehmen. Keine Sekunde später schwebten die aschenen Reste des Unterdämonen lautlos zu Boden und bildeten eine feine Staubschicht auf dem Teppich. "Reine Kraftverschwendung, er war sich sicher nicht einmal Bewusst, was es für eine Ehre bedeutet von dir ausgelöscht zu werden. Du hättest es mir überlassen sollen, den Müll hinaus zu tragen." "Das überlasse ich dir doch. Ich möchte hier keinen Staub haben." Közi nickte und wollte den Raum bereits verlassen um sich darum zu kümmern, als Mana weiter sprach. "Heute Nacht wird es soweit sein. Sorg dafür, dass er allein ist... Einsamkeit ist ein mächtiger Verbündeter, und seine Angst vor der Einsamkeit öffnet uns jede Türe. Es dauert nicht mehr lange..." Er wusste dass Mana dies nicht verlangte, aber irgendetwas in ihm trieb ihn dazu, sich vor seinem Herrn zu verneigen. Eine dunkle, perfekt geschwungene Augenbraue hob sich minimal an. "Verfällst du in alte Gewohnheiten?" "Nein, ich bezeuge meinen tiefsten Respekt und meine unendliche Loyalität." "Dafür habe ich keine Zeit. Du hast deine Befehle..." Közi nickte, ein leichtes Lächeln umspielte seine Mundwinkel. Endlich war es soweit... Er würde seine Treue Mana gegenüber mal wieder unter Beweis stellen können. Der Gedanke daran erfüllte den Diener mit erregter Vorfreude. ~ Der Redeschwall, der über Aiji zusammenschwappte drohte ihn zu erdrücken. Kiritos Stimme war zwar leise und beherrscht, seine Worte aber nichts desto trotz verletzend und unglaublich wütend. "...und du schaffst es nicht für eine Sekunde, dein Gehirn einzuschalten! Um ein Haar hätte er dich umgebracht, ist dir das klar? Ist dir klar, dass du uns beiden im Weg gestanden hast? Dass du Takeo in eine ziemlich unangenehme Situation gebracht hast? Er muss Jun irgendwie erklären dass du einfach abgehauen bist! Und was wäre gewesen wenn...." der hilfesuchende Blick zu Kohta, der schweigend in der Türe stand, brachte ihm leider auch nichts. Kohta wusste es besser, als seinem Bruder in dieser Stimmung in den Rücken zu fallen. Er teilte seine Meinung nicht, aber er würde nichts sagen. Aiji konnte auch zur Abwechslung mal selbst für sich einstehen, Kohta verstand nicht warum er dieses Donnerwetter immer relativ kommentarlos über sich ergehen lies. Warum wehrte er sich nicht mal richtig? "...verantwortungslos. Solange du so handelst, kann ich dich nicht als Wächter ansehen, unabhängig von deinen Kräften! Du bist kein Schutz für Jun, du bist eine Gefahr für ihn und uns alle! Das ist kein Spiel! Das ist alles andere als ein Spiel, das scheinst du nur nicht zu verstehen oder? Geht das nicht in deinen Kopf rein, wie wichtig das alles ist?" Aiji hatte längst aufgehört Kiritos Worten zu folgen. Im Grunde waren es alles nur Umschreibungen für ein einziges Wort: Versager. "Du hörst mir nicht einmal zu! Lass dir das eine gesagt sein! Bis du nicht endlich Verantwortung übernehmen kannst wirst du dich Jun nicht einmal mehr auf hundert Meter nähern!" Mit diesen vernichtenden Worten, die Aijis Herz wie Pfeile durchbohrten, verließ Kirito das Zimmer. Sich Jun nicht mehr nähern? Was? "Bruder, meinst du nicht dass das etwas zu hart war?" Kohta gab sich Mühe ruhig zu reden, er wollte seinen Bruder nicht noch mehr auf die Palme bringen. "Nein. Das hätte ich ihm schon viel früher androhen sollen..." "Ich glaube nicht dass er das als eine Drohung aufgefasst hat... er klang eher nach einem feststehenden Entschluss." "Dann eben so... es tut mir wirklich für ihn leid aber... er ist eine Gefahr." "Vielleicht solltest du ihm einfach endlich mal eine Chance geben, sich zu beweisen... wenn er keine Möglichkeit hat sich sein Siegel zu verdienen dann.." "Das Thema hatten wir schon." "Ja... aber vielleicht hast du bisher immer die falsche Entscheidung getroffen?" "Zweifelst du jetzt an mir, Bruder?" "Nein, ich würde niemals an dir zweifeln. Nur an deiner Sicht der Dinge... zumindest was Aiji angeht." "Ich will nicht mehr darüber reden. Ich bin noch müde..." "Ich habe dir gesagt dass du noch liegen bleiben sollst, das Gift ist noch immer..." "Ist gut ist gut, ich leg mich wieder hin. Übernimmst du meine Schicht?" "Natürlich. Ruh dich aus... und sei nicht so gemein zu Aiji." Ein leichtes Lächeln zierte seine Lippen als er zum Schrank ging um sich etwas wärmeres anzuziehen. Die Nacht war kühl... "Also... bis später." "Kohta..... pass auf dich auf." Er antwortete auf diese Worte nicht, es war ihm sicher schon schwer genug gefallen sie auszusprechen. Kirito war eben so... Langsam und in Gedanken versunken verließ Kohta das Haus, auf ihn wartete eine lange, kalte Nacht vor Juns Haus. In welcher Gestalt würde er entscheiden wenn er da war. ~ Er war zu spät, er war bereits da. Der grinsende Unterdämon feuerte Energiestrahl um Energiestrahl ab, jeder Schuss traf sein Ziel. Reita schrie erstickt auf und ging zu Boden, noch ein Schlag und er würde sterben. Aoi rannte... achtete nicht auf die Gestalt die versuchte mit ihm Schritt zu halten. Er musste zu ihnen, musste ihnen helfen! Von weitem konnte er verbranntes Fleisch und Blut riechen. "Reita! Reita... ich ko... Ruki!!! Nein!!!" Es war zu spät. Der letzte Energieschuss, der unaufhaltsam auf Reita zuschnellte und ihn sicher töten würde, wurde zwei Meter vor seinem eigentlichen Ziel aufgehalten. Ruki schrie laut auf, warf den Kopf nach hinten und riss die Augen weit auf. Das helle Licht brannte ein Loch durch seinen Körper. Immer noch mit ausgestreckten Armen sank er zu Boden. Er war bereits tot bevor er aufschlug. Überall war Blut... Flammen... Schmerzen. Aoi konnte sie spüren, die Schmerzen die Reita durchschossen. Er spürte sie, als wären es seine eigenen. Das Lachen das an sein Ohr drang tat ebenfalls weh... das verhöhnende Lachen... dieser Dämon... er lachte.. er lachte... Auf ein Mal spürte Aoi, wie eine ungeheure Kraft in ihm aufkeimte. Er begann zu schreien. Diese Energie, sie war so unglaublich groß... ohne zu wissen was er eigentlich tat hob er seine Hände, die Handflächen in Richtung des immer noch lachenden Dämonen gerichtet. Sie fühlten sich heiß an, seine Haut verbrannte... nein, pure Energie sammelte sich in seinen Händen löste sich mit einem Ruck, schoss auf den lachenden Dämonen zu. Er verbrannte schreiend, in violetten grellen Flammen, die geradewegs aus Aois Händen zu kommen schienen. Und dann war es vorbei. Keuchend sank Aoi in die Knie, starrte seine Hände an, die unversehrt und ganz kühl in seinem Schoß lagen. Seine Kräfte... seine Kräfte waren endlich erwacht! Seine Wut auf den Dämonen weil er... "Reita! Reita!" Der geschundene Körper zuckte und bebte als Aoi ihn vorsichtig anhob und in den Armen hielt während die andere Gestalt weinend neben Ruki zusammenbrach. "Reita... halt durch, bitte... Reita...sieh mich an, das wird wieder, das..." Ein nie gekanntes Gefühl durchschoss ihn plötzlich. Kurz stand die Zeit still, ein Moment der vollkommenen Ruhe legte sich über ihn und er hatte das Gefühl Reita in sich und überall spüren zu können. Er schob dieses Gefühl bei Seite, es war gerade unwichtig. "Reita..." "Ruki...." "Ruki ist... er ist tot... er ist..." "Oh Nein...Ruki..." Das Licht begann aus Reitas Augen zu weichen, wie das Leben aus seinem Körper. Und da erkannte Aoi, was vor sich ging. "Oh nein... er... er war dein Siegel, nicht wahr? Er war dein Lebensspender!" Ein stummer Blick der mehr sagte als tausend Worte. Es war also die Wahrheit... der Wächter starb, wen das Siegel zerstört wurde. Reita würde auch sterben. "Nicht! Bitte... bitte... ich finde ein neues Siegel für dich! Bitte! Bitte! Lass mich nicht allein, bitte!" Reitas Augen wurden glasig, seine Lippen hatten jegliche Farbe verloren. Die andere Gestalt, die Ruki an sich presste und lauthals schluchzte nahm Aoi nicht mehr wahr. "Reita?" Keine Reaktion. Reitas Herz schlug schwach, Aoi konnte fühlen wie der Geist sich vom Körper zu lösen begann. "Reita!!!! Lass mich nicht alleine, bitte! Bitte lass mich nicht hier zurück! Reita!" Schweißgebadet schreckte Aoi hoch, die Decke war schon längst vom Bett gerutscht und ließ ihn in dieser unangenehmen Kälte zurück. Wieder der gleiche Traum wie fast jede Nacht... immer wieder das selbe. Ob Reita auch davon träumte? Aois Blick huschte zu seinem Gefährten, der reglos im Bett lag und ruhig schlief. Er bewegte sich kaum, nur das ruhige Heben und Senken seiner Brust zeigte, dass er überhaupt noch lebte. Er strahlte vollkommene Ruhe aus... wie immer. Seufzend ließ Aoi sich nach hinten fallen, er hob die Decke nicht auf. Die Gänsehaut die seinen Körper überzog, würde auch nicht weg gehen wenn er nicht mehr fror. Die Gedanken überschlugen sich in seinem kopf, die frischen Erinnerungen rasten wieder durch sein Gedächtnis und schmerzten dumpf. Wie jede Nacht. Jede Nacht zwangen ihn seine Träume diesen Moment nochmals zu durchleben, mit all den Schmerzen und Tränen die dazu gehörten. Der Verlust von Ruki, der ein sehr guter Freund und eine wirklich wunderschöne Seele gewesen war, verschwand dabei aber nach und nach immer mehr in den Hintergrund. Für ihn war Rukis Tod mit der Zeit immer mehr zur Nebensache geworden. Manchmal vergaß er sogar, dass in der schlimmsten Nacht seines Lebens noch etwas anderes passiert war als diese Sache mit Reita. Dabei hatte Ruki es mehr als verdient, dass er an ihn dachte und um ihn trauerte. Seufzend setzte Aoi sich wieder auf, heute Nacht würde er keinen Schlaf mehr finden. Eine Weile starrte er einfach so ins Nichts, dann setzte er sich ganz nah zu Reita ans Bett. Wie friedlich er schlief... als wäre nichts von dieser schrecklichen Wirklichkeit real. Wieder schlugen die Schuldgefühle zu. Er war es, der die Realität für Reita zur Hölle gemacht hatte... mit einem Handel, den er niemals hätte abschließen dürfen. Damals... Er hatte immer und immer wieder Reitas Namen gerufen, doch sein Freund wachte nicht mehr auf. Er war bereits so weit im Schatten versunken dass sein Herz nur noch ab und an verzweifelt schlug, so als würde die Seele zurückkehren wenn der Körper noch halbwegs lebte. "Eine Verbindung zwischen einer reinen Seele und deren Wächter? Tragisch... So etwas nennt man doch einen Teufelskreis oder?" Aoi würde diese stimme niemals vergessen, die in seinem Kopf wiederhallte und in seine Seele zu blicken schien. Vor ihm, neben der leblosen Gestalt von Ruki, die Reitas Bruder fest umklammerte, stand Mana. Damals hatte er ihn zum ersten Mal gesehen, von Angesicht zu Angesicht. Er stand da, seelenruhig und irgendwie unwirklich, so als gehörte er nicht wirklich zu dieser Welt. Er strahlte pure Macht aus, er hatte die unendliche Kraft über Leben und Tod zu gebieten... Damals hatte Aoi zu Mana aufgeschaut, ihn bewundert. Er war immer der Gegner gewesen, von Anfang an wurde ihnen immer wieder gesagt, wie schlecht er war und dass er unbedingt bekämpft werden musste. Aber in diesem Moment vor vielen Jahren vergaß Aoi seine antrainierte Abneigung gegen diesen finsteren Mann. In diesem Moment war er die einzige und letzte Rettung gewesen... "Bitte... bitte lass ihn nicht sterben! Bitte!" in der Erinnerung kam es ihm vor als hätte er Stunden lang gebettelt. Und dann... der folgeschwere Satz, der Reita das Leben gerettet hatte. "Bitte... ich tue alles was du willst!" Mana hatte nicht gelächelt, aber der Ausdruck in seinen Augen hatte sich verändert. Aoi sah noch immer gut vor sich, mit welchen langsamen und überlegenen Schritten Mana immer näher gekommen war. Er hatte sich nicht bewegen können, genau wie Aiji, der noch immer Rukis Körper umklammerte war er von Mana still gestellt worden. So große Macht... Leise seufzte Aoi, er tat das oft in letzter Zeit. Ganz vorsichtig um ihn nicht zu wecken legte er sich neben Reita, lehnte die Stirn an dessen Schulter. Mana hatte in jener Nacht ein neues Siegel geschaffen, einen neuen Lebensspender für Reita. Ein Ring, ein schlichter Silberring mit einem keinen Saphir trug die Macht über Reitas Leben in sich, und dieser Ring befand sich in Manas Besitz. Und damit auch Reitas Leben. Die Garantie dafür, dass Aoi seinen Eid nicht brach. Niemals. Niemals. Kapitel 4: ----------- Apathisch starrte er geradeaus. Die Uhr über der Tür tickte unerträglich laut und nervtötend, der Zeiger schob sich rasend schnell nach vorne, trotzdem schien kaum Zeit zu vergehen. Wie lange lag er jetzt schon hier? Wie viel Zeit war seit dem Kampf vergangen? Den Schmerzen nach zu urteilen, die noch immer seinen Körper quälten, war noch nicht viel Zeit verstrichen seit Miyavi ihn so hart erwischt hatte. Seit seiner letzten Demütigung... Nein Moment, seit der vorletzten. Kiritos Standpredigt war seine letzte gewesen. Herrgott... er hatte schon eine neue Zeitrechnung entwickelt... es war gerade schätzungsweise eine Stunde nach der Kirito-Demütigung, also ungefähr vier Stunden nach der Miyavi-Demütigung. Wunderbar... Und jetzt lag er hier, in einem fremden Bett, einem ungewohnten Zimmer, im Haus seines Freundes. Verletzt und mal wieder als Versager bestätigt. Ein leises Schluchzen wand sich Aijis Kehle hoch, na klasse, eine Heulsuse war er auch noch. Aber konnte er noch tiefer sinken? Sicher nicht. Außerdem war sowieso niemand da der ihn jetzt sah. Kirito war sicher bei seiner Nachtschicht, Kohta schlief bestimmt, was Takeo machte wusste er nicht und Jun... Jun lag wohl nichts ahnend in seinem Bett und schlief ruhig. Wie gerne würde er jetzt anrufen, zu ihm fahren, ihm alles erzählen und sich bei ihm ausheulen. Aber das ging nicht... er konnte nicht zu Jun gehen. Zu Takeo konnte er auch nicht, er würde ihn wieder abweisen... nein würde er sicher nicht aber Aiji nervte ihn schon oft genug... Kohta war nicht gerade die Person, mit der Aiji tiefsinnige, persönliche Gespräche führte, warum auch immer, denn eigentlich vertrauet er ihm. Und Kirito... war immer noch wütend auf ihn. Es war einfach niemand da, zu dem er gehen konnte! Er war so allein... so verdammt allein. Das Kissen unter seinem Gesicht war unangenehm nass, er hatte nicht einmal bemerkt dass er tatsächlich weinte. Wütend auf sich selbst setzte er sich auf, etwas zu schnell, seine Wunden brannten unangenehm. Er musste hier weg... er wollte unter Menschen, diese kühle Einsamkeit machte ihn wahnsinnig! Langsam stand er auf, zog sich vorsichtig an ohne sich all zu viel zu bewegen, machte das Bett ordentlich und schlich ins Bad. Herrgott, er sah so schrecklich aus... Blass, verquollene Augen, zerzaustes Haar... war er eigentlich immer so verdammt hässlich? Das konnte also noch auf die Liste... Untalentiert, Nervtötend, Unfähig, Hässlich.... Ohne sich zu verabschieden verließ er die Wohnung. Die kühle Nachtluft tat gut, sie kühlte seine Haut und seine Wut ein bisschen ab. Nicht aber die Selbstzweifel... Erinnerungen an vergangene Kämpfe schoben sich in seinen Kopf, als er langsam die schwach erleuchtete Straße entlang schlenderte. Im Geiste sah er die beiden Brüder vor sich... er hatte schon oft beobachtet, wie sie gemeinsam kämpften. Sie hatten manchmal ihre kleinen Streitereien, wie alle Geschwister. Sie waren sehr unterschiedlich, aber wenn es zum Kampf kam arbeiteten sie so eng zusammen als wären sie eins... Unzertrennlich und perfekt aufeinander abgestimmt. Ihre Kräfte waren stark, gemeinsam waren sie beinahe unbesiegbar. Auch wenn Aiji es niemals vor einem der beiden zugeben würde, er sah zu ihnen auf. Er bewunderte sie, für ihre Kräfte und für de Fähigkeit sich in ein Tier zu verwandeln... Wie cool war das wohl, wenn man einfach so die Gestalt wechseln konnte... Aiji hatte sich diese Frage schon so oft gestellt, insgeheim träumte er davon was er wohl für ein Tier in sich trug. Er beneidete Kohta um diesen starken, furchteinflößenden Wolf und Kirito um die mysteriöse Krähe. Wie er sein Glück kannte würde er sicher am Ende als Frosch herumhüpfen, oder als Käfer... Ein deprimiertes Seufzen folgte dem nächsten, mit hängendem Kopf ging er einfach wohin ihn seine Beine trugen. Er merkte nicht, dass es keineswegs Zufall war, wohin er ging. ~ "Was willst du schon wieder?" "Diese Frage entbehrt jedweder Logik. Ich habe noch nie etwas gewollt." Seufzend verdrehte Yoshiki die Augen. Es war so anstrengend mit jemandem zu reden der unsichtbar war... "Na gut... also warum bist du hier?" "Um dich darüber zu informieren, wie die Figuren stehen." "Und?" "Der Turm ist in Gefahr, wenn der Springer es schafft sein Fundament zu zerstören." Er wusste beim besten Willen nicht worauf Juka hinaus wollte. Sollte er nachfragen? Aber das war sicher zwecklos. Er würde ihm sowieso nicht helfen, er wollte ihn nur noch weiter verwirren. "Noch zwei Züge, dann stehst du im Schach." "Habe ich keine Verteidigung auf dem Feld? Was ist mit den Wächtern?" "Wie ich bereits sagte... deine Verteidigung zerstört sich selbst. Zuerst zerstört die schwarze Königin deinen weißen Springer, dieser zerstört den einen Turm, dadurch stürzt der andere ein. Wie gedenkst du, das aufzuhalten?" "Gar nicht. Ich warte ab." Ohne es zu wissen hatte Yoshiki damit einen empfindlichen Nerv bei Juka getroffen. So war das ganze nicht gedacht gewesen, eigentlich hatte er erwartet dass Yoshiki nun nervös wurde und überstürzt handeln würde, aber abwarten? Das war doch langweilig... "Nunja... und wenn ich dir verrate, dass dein untalentierter Springer gerade in dieser Sekunde dabei ist, in sein Verderben zu rennen?" Jetzt hatte er ihn. Yoshikis Augen verengten sich kurz dann stand er auf. Er begann zu verstehen... "Ich habe keine untalentierten Springer." "Nein, nur solche die noch nicht zum Zug gekommen sind." Aiji. Es bestand kein Zweifel mehr, Juka sprach von Aiji! Was war mit ihm, ob er auf seinen Bruder gestoßen war? Ob er angegriffen wurde? Tausend verschiedene Szenarien spielten sich vor seinem inneren Auge ab. Er musste Takeo kontaktieren, bevor es zu spät war. "Ich danke dir für deine Hilfe." "Ich helfe nicht... ich amüsiere mich." ~ Verwirrt sah Aiji sich um. Wo war er hier? Er hatte nicht auf den Weg geachtet und war irgendwo in einer Art Industriegebiet gelandet, rechts und links erhoben sich große Lagerhäuser, vor ihm endete die Straße in einem großen, leeren Parkplatz. Welche Ironie, eigentlich hatte er sich unter Menschen begeben wollen, jetzt war er hier ganz allein und wusste nicht einmal wo er war... Unbehaglich drehte er sich ein mal um sich selbst. Hier war wirklich niemand... das kratzende Geräusch seiner Schuhe auf dem staubigen Boden hallte harsch wieder und wurde vom Echo grotesk verzerrt. Es war unheimlich... Und plötzlich hörte er etwas. Schritte. Gott sei dank, er war doch nicht allein! Suchend sah er sich um, nach einer Weile sah er einen dunklen Schatten aus der Richtung kommen, aus der er eben hierher geirrt war. Zum Glück... erleichtert atmete Aiji aus und ging auf die Gestalt zu, die plötzlich stehen geblieben war. "Guten Abend Shinji." Was? Erschrocken blieb er stehen. Diese Person kannte seinen richtigen Namen? Wer zur Hölle war das? Ein alter Freund aus der Schule vielleicht? Aber nein, er war in einer anderen Stadt zur Schule gegangen, wie groß waren die Chancen jemanden, den er von damals kannte hier mitten in der Nacht an diesem verlassenen Ort zu treffen? Andererseits... wie groß war die Chance, hier überhaupt jemanden zu treffen? Langsam wich der Erleichterung über die Anwesenhit einer anderen Person und wurde von misstrauischer Skepsis überdeckt. "Wer... wer sind Sie?" Er erkannte seine Stimme selbst kaum wieder... sie klang so leise und so schwach, so verdammt schwach. "Das ist nicht von Bedeutung. Das was zählt ist die Frage, wer bist du?" Was war das für eine Frage, er kannte doch wohl offensichtlich seinen Namen. "Bist du ein Mensch, der keinerlei Kräfte besitzt oder bist du ein starker Wächter mit der Macht über Elemente und dem Geschenk sich mit einem Tier die Seele zu teilen?" Aiji erstarrte. Wer war das? Woher wusste dieser Fremde so viel? Über ihn, über die Wächter? Wer auch immer es war, Aiji traute ihm nicht.. Langsam wich er zurück. "Warte. Ich füge dir kein Leid zu. Ich bin hier um dir zu helfen. Deinen Wunsch zu erfüllen." Aiji hatte im Alter von fünf Jahren bereits aufgehört an gute Feen mit drei Wünschen zu glauben, folglich machte ihn diese Aussage mehr als skeptisch. "Du glaubst mir nicht, das ist durchaus verständlich. Erlaube mir aber wenigstens mich zu erklären. Yoshiki schickt mich. Er hat mitbekommen, dass Takeo nicht zulässt das deine Kräfte erwachen. Er hat mich her geschickt um diese Sache zu klären. Die anderen dürfen aber nichts davon wissen." "Ich glaube ihnen nicht. Warum sollte Takeo es mir nicht gönnen?" "Weil er weiß, dass deine Kräfte um einiges Stärker sind als seine. Wenn du erwachst wird er nicht mehr gebraucht. Selbstverständlich ist das nicht wahr, aber er fürchtet es nichts desto trotz." Ob das stimmte? Takeo sorgte sich immer um alle, passte auf dass alles geregelt war, wieso sollte Aiji in der Lage sein ihn zu ersetzen? Ob Takeo wirklich dachte, er wäre dann überflüssig? "Und warum dürfen die anderen nichts davon erfahren? Seit wann hat Yoshiki Geheimnisse vor uns?" "Die anderen beiden haben sich ihre Kräfte hart erarbeitet. Sie würden dich sicher nicht für voll nehmen wenn sie erfahren, dass du sie einfach so bekommen hast." In Aijis ohnehin schon verstörtem Verstand traf dieser Satz auf einen wunden Punkt. Das wäre noch schlimmer als es jetzt schon war... dann hätte er seine Kräfte und würde trotzdem nicht respektiert. "Ich... ich kenne Sie nicht, ich traue Ihnen nicht." Er musste sich wirklich dazu zwingen sich umzudrehen um zu gehen. Es war so verlockend... aber er durfte nicht das Risiko eingehen einen Fehler zu begehen und wieder alles zu vermasseln. "Hm, das dachte ich mir... Yoshiki hatte mich schon gewarnt, dass du sicher Angst haben würdest." Was? Angst? Ruckartig blieb er stehen. Gab es eigentlich auch nur einen Menschen auf der Welt, der ihm auch nur irgend etwas zutraute? Trotzdem war ihm diese Sache nicht ganz geheuer. "Ich lasse mich nicht auf seltsame Geschäfte ein, ich..." "Ja, du hast einmal mit angesehen was ein Handel für Konsequenzen haben kann, nicht wahr? Hast du noch Kontakt zu deinem Bruder?" Wut erfasste ihn, wie jedes Mal wenn er an seinen kleinen Bruder dachte. Dieser Verräter... dieser unfähige Wächter. Es war seine Schult gewesen, wegen ihm war Ruki damals gestorben. Und dann hatte er sich auch noch auf Manas Seite geschlagen. Wie er ihn hasste.... "Woher wissen sie das?" "Yoshiki zeigte mir deine Akte, er sagte wenn du zweifelst solle ich das als Beweis anführen." Geschlagen senkte Aiji den Kopf. Alles in ihm schrie danach einfach wegzulaufen, dieser Kerl konnte unmöglich für Yoshiki arbeiten! Das war nicht seine Art, er hätte nicht irgendjemanden geschickt den Aiji noch nie zuvor gesehen hatte. Aber die Verzweiflung in ihm trieb ihn dazu, wieder auf die fremde Gestalt zuzugehen. "Was... was muss ich tun?" ~ "Takeo...wach auf..." "Ich bin doch wach....." Seufzend drehte er sich um und fuhr sich gähnend durch die Haare. Warum musste Yoshiki immer zu den unmenschlichsten Zeiten Kontakt zu ihm aufnehmen? Manchmal nervte es wirklich ein Medium zu sein. "Was ist los? Es ist mitten in der Nacht..." "Ich hatte eben Besuch von Juka. Weißt du wo Aiji sich im Moment aufhält?" "Uhm, ich denke er ist bei Kohta und Kirito, er ist recht schwer verletzt..." "Bist du sicher?" Zum Glück konnte Yoshiki nicht sehen wie er das Gesicht verzog. Ob er sich sicher war, was war das denn für eine Frage? Gähnend tapste Takeo in die Küche um sich ein Glas Wasser zu holen. "Ich weiß nur, dass Kohta ihn mitgenommen hat, dieser Unterdämon hat ihn ganz schön erwischt." "Ich weiß, ich habe deinen Bericht gelesen." "Und mehr weiß ich auch nicht... Kohta ist bei Jun, er übernimmt Kiritos Schicht. Kirito ist zuhause, bei Aiji." "Kannst du herausfinden ob er wirklich bei ihm ist?" "Warum, was ist los?" "Juka hat mir ein paar Hinweise gegeben, Mana hat irgendetwas mit Aiji vor." "Das glaube ich kaum, was soll er denn mit einem Wächter der noch keine Kräfte hat?" "Ich weiß es nicht genau..." "Na schön, ich werde den Zorn von Kirito auf mich ziehen wenn ich da jetzt anrufe aber ich erkundige mich, okay?" "Anrufen kann icha uch, es ist wichtig dass Aiji nichts davon mitbekommt. Ich wollte dich bitten ob du..." "Jetzt in aller Herrgottsfrühe zu ihm fahre?" Müde seufzte er. Das wäre dann die dritte Nacht ohne Schlaf. "Okay okay... ich meld mich wenn irgendwas ist." "Gut. Danke Takeo..." "Keine Ursache... ist mein Job." Das Kribbeln im Hinterkopf zeigte ihm, dass Yoshiki den Kontakt abbrach. Leise fluchend zog Takeo sich an, wenn Kirito ihn lebendig häuten würde, dann konnte Yoshiki sich auf was gefasst machen. Na gut, er wusste selbst dass er nichts sagen würde, er konnte nicht wütend werden, vielleicht war er deshalb das Medium, weil er seine Emotionen im Griff hatte... manchmal sogar etwas zu gut. ~ Közi war sich zwar sicher, dass er ihn nie gesehen hatte, vorsichtshalber blieb er aber trotzdem im Schatten stehen um sein Gesicht zu verbergen. Er hatte ihn nun soweit. Es war einfacher gewesen als er zunächst angenommen hatte. Aiji schien wirklich verzweifelt zu sein. "Ich möchte nur eine kleine Gegenleistung von dir..." "Und was?" "Dein Freund, Kirito... er trägt eine Kette. Mit einem silbernen Kreuz. Ich möchte, dass du mir diese Kette bringst." "Was? Warum das denn? Eine Kette?" "Ich beantworte dir diese Frage erst, wenn du sie mir besorgt hast. Selbstverständlich darf Kirito davon nichts mitbekommen." "Ich soll meine Freunde bestehlen?" "Nein, nur einen." "Aber ich kann doch nicht..." "Du musst natürlich wissen was dir wichtiger ist. Ein kleiner Diebstahl, eine Kette die er sich jederzeit neu kaufen kann und eventuell ein Bisschen Ärger mit ihm deswegen, oder deine Kräfte endlich zu bekommen. Du willst doch sicher größere Kräfte als die beiden anderen oder? Was hältst du davon, ich verspreche dir, dass du stärker wirst als die beiden zusammen." Aiji sah zu Boden. Er wusste in seinem Inneren dass mit diesem Handel etwas nicht stimmte, aber es war eine Chance... eine Gelegenheit endlich seine Kräfte zu erwecken, und wenn dieser Kerl wirklich dafür sorgen konnte dass er sogar stärker war als Kirito und Kohta zusammen... Aber Kirito bestehlen? Diese Kette hatte er einmal von Kohta geschenkt bekommen, einen gewissen emotionalen Wert hatte sie also mit Sicherheit. Aber Jun zu schützen war doch bestimmt auch Kirito wichtiger, oder? "Ich tue es. Warten sie hier... ich hole sie..." "Lass dir Zeit." Aiji drehte sich um und ging, nach ein paar Schritten spürte er ein seltsames Kribbeln im Kopf und eine Stimme sagte: ,Aiji, deine Kraft ist da... lass mich dir helfen sie zu befreien!' Jetzt wusste er, dass der Handel nicht mit rechten Dingen zuging. ~ Er konnte einfach nicht schlafen. Diese dröhnenden Kopfschmerzen ließen ihm keine Ruhe, auch zwei Tabletten hatten nicht geholfen. Seufzend stand Jun auf und zog sich an, vielleicht würde frische Luft gut tun. Ein kurzer Blick aus dem Fenster zeigte ihm dass die Krähe immer noch nicht da war. Die letzte beiden Nächte war sie nicht aufgetaucht. Seltsamerweise vermisste er den furchteinflößenden Vogel. Ob er ihm etwas zu essen hinstellen sollte? Vielleicht kam er dann ja wieder... das würde er morgen Abend einmal ausprobieren. Schlüssel und Handy in der Tasche zog er sich seine Schuhe an und verließ die Wohnung. Ein kleiner nächtlicher Spaziergang so ganz alleine war zwar nicht gerade das, worauf er jetzt Lust hatte, aber nur in der Wohnung zu sitzen und zu hoffen, dass die Schmerzen nachließen würde ihm auch nichts bringen. Die kühle Ruhe draußen war angenehm, er blieb stehen und atmete ein paar Mal tief ein. Wohin sollte er gehen? Einfach durch die Straßen irren? Am besten ging er nur ein Mal um den Block, sonst würde er sich sowieso wieder verlaufen. Gerade als er um die Ecke gehen wollte, fiel sein Blick auf einen hellen Fleck auf der anderen Straßenseite. Dort, neben dem Eingang eines leerstehenden Hauses lag ein großer, weiß -grauer Hund. Zögernd ging Jun über die Straße auf das große Tier zu. Dunkle Augen sahen ihm ruhig entgegen, der sanfte Blick des Tieres brachte Jun zum Lächeln. "Hallo du... wo ist denn dein Herrchen? Bist du hier ganz alleine?" Suchend sah Jun sich um, doch er konnte nirgends einen Menschen entdecken dem dieser schöne Hund gehören könnte. Ob er ein Streuner war? Ein Halsband trug er offensichtlich nicht. Vorsichtig streckte Jun die Hand aus und berührte das weiche Fell, das im Mondschein fast silbern wirkte. Der Hund hob den Kopf ein Bisschen und Jun begann ihn zu streicheln. "Ich darf dich leider nicht mit zu mir nehmen, Hunde sind verboten... außerdem hab ich ne Katze...aber ich kann dir ja was zu essen raus bringen, hm? Warte schön hier, lauf nicht weg!" Kurz hatte Jun die absurde Idee, der Hund würde ihn anlächeln. Hunde konnten doch nicht lachen, so ein Blödsinn! Kopfschüttelnd lief er zurück und hopste die Stufen zu seiner Wohnung hoch. Seine Kopfschmerzen hatte er längst vergessen. ~ "Aoi? Mana hat eine Nachricht gesendet. Es ist fast soweit." Verflucht sei Mana dafür, dass er dich damit belastet, schoss es Aoi in den Kopf. Er hatte Mana immer gesagt, er solle mit ihm Kontakt aufnehmen, solle Reita da vollkommen raus lassen. Er hätte sich denken können, dass er sich nicht daran halten würde. "Oh, wann?" "Wir sollen auf sein Zeichen warten und dann.." "Zeichen? Was für ein Zeichen? Eine Batman-silhouette am Himmel oder was?" "Ich weiß es nicht... er sagte nur wir würden merken wann es los geht." "Hm... okay...sonst noch was?" "Wir werden mit dem Puppenspieler zusammenarbeiten müssen... aber erst später." "Oh nein..." Genervt zog Aoi sich die Decke über den Kopf. Er hasste es, wenn er mit jemandem zusammen arbeiten musste. Und erst recht wenn es einer von Manas Lakaien war... er hatte den Puppenspieler erst ein Mal getroffen, ein unangenehmer Kerl trotz seines sympathischen Aussehens. Seine Lippen waren in einem ständigen, freundlich wirkenden Lächeln verzogen, sein Blick gaukelte Wärme vor. Doch hinter dieser Fassade lauerte etwas ganz anderes. Es hieß, er konnte die Bewegungen seiner Opfer beeinflussen, so als wäre man seine Marionette. War man ein mal unter seiner Kontrolle hatte man keine Chance ihm zu entkommen. Er hatte Geschichten gehört von Freunden, die sich unter seiner Kontrolle gegenseitig umgebracht hatten und fröhliche, glückliche Menschen begingen Selbstmord ohne es zu wollen. "Aoi?" "Hm?" "Hör auf zu denken. Das ist ein normaler Job, das wird kein Problem." Reitas Worte klangen nicht so als würde er sie selbst glauben. Trotzdem war Aoi ihm für den Versuch ihn zu beruhigen dankbar. "Klar, wird ein Kinderspiel..." Reita sah ihn eine Weile an, dann setzte er sich zu ihm auf das Bett. Seine Haut schien im schwachen Mondlicht, das durch die Fenster fiel, leicht zu glühen. Als hätte er selbst die reinste Seele dieser Welt. Jedenfalls empfand Aoi das so. Langsam setzte er sich auf und rutschte an die Bettkante zu seinem Freund. "Wenn du willst kannst du noch schlafen, ich weck dich dann." "Nein, ich denke wir sollten auf Abruf bereit stehen." "Okay..." Eine Weile schwiegen sie, dann legte Reita seinem Freund kurz die Hand auf die Schulter und sah ihn an, kein Lächeln, aber etwas vergleichbares lag in seinen Augen. Aoi sog diesen seltenen Blick in sich auf, er klammerte sich an alles was er von ihm bekam. Reita verließ den Raum um sich für den Kampf heute nacht vor zu bereiten. Er hatte das Gefühl, dass das heute nicht ganz so leicht werden würde wie normalerweise. Wie richtig er damit lag wusste er zu diesem Zeitpunkt noch nicht. ~ Vorsichtig entzündete er eine Kerze, achtete darauf dass jede Bewegung ruhig und beherrscht wirkte. Es war zwar niemand da der ihn sehen konnte, aber er wollte sich selbst in einer perfekten Maske wissen. Das flackernde Licht erhellte den Raum nicht wirklich mehr als es die Lampe ohnehin schon tat, aber der Anblick einer Kerze erschuf wenigstens die Illusion von wirklichem, echten Licht. Langsam schritt Mana zum Fenster, hinter dem kühle Nacht lauerte. Közi war schon lange weg... mit jeder Minute die verstrich wurde die Dunkelheit um Mana herum dichter. Sie war schon so nah und so undurchdringbar, dass er obwohl er Licht verabscheute, eine Kerze angezündet hatte. Hasserfüllt starrte er auf den kleinen leuchtenden Punkt, der flackernd umhertanzte. Das Licht schien ihn zu verhöhnen... er konnte hören wie die kleine Flamme ihn auslachte. Genau wie diese helle Seele, die er bis hierher spüren konnte. Sie war immer präsent, machte sich mit ihrer bloßen Existenz über ihn lustig. Er, der die dunkelste aller Seelen sein eigen nennen musste, der alles was hell war verabscheute und reine Seelen hasste, ausgerechnet er war auf diese Seelen angewiesen. Er wollte sie zerstören, jede einzelne. Alle würde er nach und nach auslöschen, dann würde das spöttische Gelächter in seinem Kopf endlich aufhören. Und er würde mit dieser blendend strahlenden Seele anfangen. Es würde nicht mehr lange dauern, dann würde er Schluck um Schluck dieser Reinheit kosten dürfen. Sobald Közi zurück war würde es los gehen. "Wie ich sehe, pflegst du in letzter Zeit deine romantische Ader auszuleben?" Mana drehte sich entgegen besseres Wissen um. Selbstverständlich sah er Juka nicht, aber die Gewissheit dass er da war, reichte vorerst aus um zu seiner gewohnten Sicherheit zurück zu finden. "Juka. Was verschafft mir die Ehre deines Besuches?" "Neugierde." "Ich kann mir nicht vorstellen dass es Dinge gibt von denen du noch nichts weißt oder?" "Richtig. Trotzdem interessiert es mich wie deine weitere Vorgehensweise aussehen wird. Du wartest zunächst auf die Rückkehr deines Menschenfreundes?" "Die Bezeichnung Freund trifft wohl kaum zu." "Oh, wie möchtest du denn, das ich ihn nenne? Dein Seelenspender? Deine bessere Hälfte? Deinen Sklaven?" "Hast du eine Frage? Wenn nicht dann geh." "Ich stelle keine Fragen, ich suche Antworten." "Welche Antworten hast du gefunden?" "Nun, genau die richtigen. Dein Gegenstück ist besorgt und verwirrt, die fünf Meister sind bereit jeder Zeit auf dem Spielfeld zu erscheinen." "Ja, es läuft alles nach Plan." "Nur leider nicht nach deinem." "Was meinst du damit?" "Nunja... dein Gegenstück weiß was du vorhast. Er hat bereits das Medium informiert. Die Zeit rennt nun auch dir davon!" Mana schwieg. Nicht weil er nichts zu sagen hatte, sondern weil er wusste dass Juka das hasste. Wenn der formlos Spion eine Intrige sponn, dann wollte er auch Reaktionen sehen. Mana tat ihm diesen Gefallen nicht, aus Rache dafür, dass er seine Pläne durchkreuzt hatte. "Ich sehe, hier erwartet mich keine weitere Unterhaltung mehr. Andernorts ist es ohnehin amüsanter... es ist nur schwierig an allen Orten gleichzeitig zu sein." Wieder bekam er keine Antwort. Eine Weile konnte Mana noch den Hauch von Präsenz spüren, den Juka ihn spüren lies, dann verschwand auch diese. Er war wieder allein mit der Einsamkeit. Jukas Worte hatten ihn verunsichert, was wenn die Wächter Közi zuvor kamen? Aber noch war Zeit, noch hatte Közi nicht versagt. Noch spielten alle nach seinen Regeln. Kapitel 5: ----------- ~ So lautlos wie möglich schlich er an das Bett heran. Kirito lag mit dem Rücken zu ihm gewand und schlief tief und fest. Ein winziger, leicht geschwollener Punkt zwischen den Schulterblättern rief in Aiji wieder die ungeliebten Erinnerungen an den Kampf zurück Das Beruhigungsmittel von Közis Nadel war offensichtlich stark, Kirito war zwar kurz wach gewesen, aber die Wirkung schien noch immer nicht vollständig verflogen zu sein. Langsam kam Aiji näher, sein Herz pochte so laut dass er fürchtete, Kirito könnte ihn hören. Die dünne, unscheinbare Silberkette lag um seinen Hals, der Verschluss in seinem Nacken, das silberne Kreuz außerhalb von Aijis Sicht. Vorsichtig beugte er sich über das Bett. Die Zweifel drohten ihn zu ersticken, konnte er das wirklich tun? Einen Freund bestehlen? Heimlich seine Kette nehmen? Was wohl wirklich für ein Wert dahinter steckte... was war das für ein Tausch, eine einfache Silberkette gegen seine gesamten Fähigkeiten? Er wusste, dass daran etwas faul war, er wusste es ganz genau. Trotzdem sah er zu wie seine Finger ganz sachte an dem kleinen silbernen Verschluss arbeiteten bis dieser sich öffnete. Kirito seufzte im Schlaf, dann lag er wieder still da und schlief. Behutsam nahm Aiji die Kette ab, achtete darauf, dass das andere Ende nicht an Kiritos Hals kam und ihn kitzelte, oder dass das Kreuz von der dünnen Seite abfiel. Die Zweifel und das schlechte Gewissen wuchsen mit jeder Sekunde, doch er zwang sie zum Schweigen. Er hatte seine Entscheidung getroffen. Leise und vorsichtig schlich er sich wieder aus dem Schlafzimmer seines Freundes hinaus, erst als er die Türe hinter sich geschlossen hatte wagte er wieder zu atmen. Das war ja vollkommen problemlos gewesen! Er hatte alle möglichen Sorgen gehabt, was wenn Kirito wach würde? Was wenn er es nicht schaffte die Kette zu öffnen oder ihm abzunehmen? Es war fast schon unwirklich, wie gut alles geklappt hatte. Skeptisch betrachtete er die Kette. Schlicht, unscheinbar, unauffällig. Zwar aus echtem Silber, aber trotzdem nicht wirklich wertvoll. Also war es ja auch nicht so schlimm, sobald die Geschäfte morgen früh aufmachten würde er Kirito eine neue kaufen, eine viel, viel schönere und wertvollere. Seufzend steckte er die Kette in die Hosentasche bevor er das Haus verließ. So schnell wie möglich musste er jetzt zurück zum Industriegebiet, dort wo dieser Fremde auf ihn wartete. Und dann würde er endlich seine Kräfte bekommen! Mit kribbelnder Euphorie rannte er die beiden Treppen hinab und stob aus der Haustüre, dann begann er zu rennen. Er konnte es nicht mehr erwarten! Er war gerade erst um die nächste Ecke gebogen, als ein dunkelroter Wagen vor Kiritos Haus hielt. ~ War das nicht Aiji gewesen? Kurz überlegte Takeo, ob er der Gestalt hinterher rennen sollte, die eben erst um die Ecke gerannt war, doch dann entschloss er sich zunächst nach Kirito zu sehen. Wenn Aiji nicht da war, wusste er wenigstens in welche Richtung er verschwunden war. Etwas missmutig stieg er die beiden Stockwerke hoch und klopfte an die Türe. Und noch mal. Und noch mal. Erst nach dem dritten versuch wurde die Türe geöffnet, ein müder und zerzauster Kirito blinzelte ihn verschlafen an. "Takeo? Was machst du hier, es ist... wie spät ist es überhaupt?" "Zu früh... ist Aiji bei dir?" "Hab schon gedacht es ging mal um mich... ja, das Prinzeschen ist hier. Warum?" "Bist du ganz sicher?" Murrend verdrehte Kirito die Augen und ließ Takeo eintreten. "Schau selbst nach, red mit ihm, wie auch immer. Ich geh wieder schlafen...er liegt in Kohtas Zimmer und pennt." "Danke." Takeo zog Schuhe und Jacke aus und betrat das Wohnzimmer, sah sich kurz um und öffnete dann die Türe, von der er wusste dass sie zu Kohtas Zimmer gehörte. "Scheiße!" "Was?" "Er ist weg! Aiji ist weg!" "Na und?" Kirito war überrascht wie gut er es doch schaffte vollkommen gleichgültig zu klingen. Bemerkenswert... "Wir müssen ihn finden, Yoshiki hat so komisches Zeug geredet von wegen Juka hätte ihm irgendeinen Hinweis gegeben und es ginge wohl um Aiji." "Na klasse, der macht wirklich nur Ärger!" "Wir sollten ihn suchen, ich glaube ich habe ihn eben wegrennen sehen..." "Okayokay, ich beeil mich, ich zieh mich eben an, Moment." Takeo nickte und machte es sich im Wohnzimmer bequem. Sein Blick schweifte ab und er versank wie immer recht schnell in Gedanken. Was hatte das alles zu bedeuten? Was ging da vor? Das ungute Gefühl, das ihn schon seit Tagen nicht mehr verließ machte nun endlich Sinn. Er hatte sich nur nicht getraut darauf zu hören... aber was hätte es schon geändert, er hätte sowieso nicht gewusst was er hätte tun müssen. Wenn er doch nur wüsste was... "Scheiße!" Kiritos lauter Fluch riss ihn aus den Gedanken. Besorgt stand Takeo auf, Kirito fluchte selten... "Alles okay?" "Verdammte Scheiße!!!" "Ein einfaches Nein hätte gereicht... was ist denn los?" Takeo öffnete die Schlafzimmertüre, ein nur in Jeans bekleideter Kirito kniete auf dem Bett und durchwühlte es hektisch, sichtlich in Panik geraten. "Kirito, was ist denn los?" "Sie ist weg! Ich weiß nicht wo sie ist!" "Was denn?" "Die Kette!" "Moment, DIE Kette?" "Ja verfluchte Scheiße Mann, DIE Kette!" "Scheiße!" "Sag ich doch!" Takeo begann ihm suchen zu helfen, unter dem Bett, im Bad, im Wohnzimmer, nirgends konnten sie die Kette finden. Verzweifelt räumte Kirito seinen ganzen Schrank aus, auch hier nichts. "Oh nein... ich hab sie verloren, ich hab sie irgendwo verloren!" "Kirito, sie kann ja nicht weit sein... lass uns erst einmal Aiji suchen oder?" "Was? Spinnst du? Ich muss sie finden! Ich muss!" Es hatte keinen Sinn. Sie mussten die Kette zuerst finden, auch Takeo wusste das. Wenn sie wirklich weg war... nicht auszudenken was dann geschehen konnte. ~ "Reita? Es geht los..." Ein stummes Nicken war Antwort genug, Reita stand auf und atmete ein paar Mal tief durch. Er würde es wieder tun müssen... für Mana töten. Und dieses Mal war da jemand, dem er eigentlich nie wieder begegnen wollte, ein Aufeinandertreffen war aber unvermeidlich. Er würde seinen Bruder wieder sehen. Reita war unsicher, das letzte Mal als er ihn gesehen hatte, hatten die Augen von Aiji vor Hass und Vorwürfen beinahe geglüht, ob er diesen Blick ein zweites Mal aushalten würde? "Kommst du?" "Ja..." Schweigend machten sie sich auf den Weg, jeder in seinen eigenen Gedanken vertieft. Was sie genau tun sollten, wussten sie eigentlich nicht... sie kannten nur ihre Zielperson. Der Wächter, der zur Krähe werden konnte. Kirito. Sie wussten wo er war, die Frage war nur ob er allein war. Wenn er bei seinem Bruder war würde es schwierig werden, war er alleine würde es sicher kein großes Problem darstellen. "Woran denkst du?" "An Aiji. Ich hoffe er ist nicht da." "Wenn Mana den Befehl gibt oder er im Weg ist, werde ich ihn umbringen, mir ist egal ob er dein Bruder ist." "Mir aber nicht..." "Er hasst dich!" "Ich ihn aber nicht." Aoi konnte nicht erklären warum, aber diese Worte taten weh. "Ich werde trotzdem für ihn nicht das Risiko eingehen, dass dir etwas passiert." Reita hätte ihn beinahe überhört, so leise sprach sein Freund. Er würde darauf nichts sagen, das konnte er nicht. Es würde zwangsläufig darauf hinauslaufen, dass er ebenfalls etwas derartiges sagte, und so viel Einblick in seine Gefühlswelt gab er ungern. Außerdem würde er Aoi damit nur noch mehr Sorgen machen, und das war das letzte was er wollte. Er machte sich auch so schon viel zu viele Gedanken. Gedanken um ihn... wenn er doch endlich aufhören würde sich die Schuld für alles zu geben! "Aoi... kann ich dich um etwas bitten?" "Hm?" "Bitte lass das hier unser letzter Auftrag sein. Egal was danach kommt." "Nein! Ich werde ganz sicher nicht...Reita, das Thema hatten wir doch schon!" "Ich will mich nicht mehr erpressen lassen." "Willst du lieber sterben?" "Ja." Noch nie hatte er erlebt, dass ein einziges Wort solch eine Wirkung haben konnte. Aoi starrte ihn an, seine Lippen bebten so als wolle er etwas sagen, fand aber die Stimme dafür nicht. "W...was?" "Ach nichts, schon gut..." Er würde es sowieso nicht durchhalten, sich Aois Willen zu widersetzen. Er hatte Recht, wenn Reita starb, was würde dann aus ihm werden? "Wir sind gleich da... pass auf." ~ Lange musste Aiji nicht warten. Bereits nach wenigen Sekunden erschien der Fremde vor ihm scheinbar aus dem Nichts. "Hast du, was du mir bringen solltest?" "Ja... aber... sag mir jetzt was so besonders an dieser Kette ist!" "Sie ist ein Erbstück meiner Familie. Ich habe überall danach gesucht und bin froh sie endlich gefunden zu haben." "Ein Erbstück?" Ungläubig betrachtete er das silberne Schmuckstück nochmals. "Es spielt keine Rolle oder? Gib sie mir, sobald ich sie in meinen Händen habe, bekommst du deine Kräfte. Natürlich zeigen sie sich erst beim nächsten Kampf, das ist dir klar oder?" "Aber... ich kann mich doch in ein Tier verwandeln wann immer ich will oder?" "Ja, aber damit solltest du noch warten... na ja, musst du auch nicht mehr lange. Denn ich weiß, dass ein paar Seelenfresser bereits auf dem Weg zu Jun sind." "Was? Ist das wahr?" "ja... Kohta und Kirito sind machtlos gegen die beiden." Ohne länger nachzudenken warf er dem Fremden einfach die Kette zu, als er sah dass dieser sie ohne Probleme fing, drehte er sich auf der Stelle um und rannte los. Egal was an dem Handel nun dran war, er musste zu den beiden und ihnen helfen. So schnell es ging. Bereits nach einigen Metern bemerkte er etwas, um ihn herum hatte sich alles verändert ... nein, er nahm es nur anders wahr. Alles wirkte heller, er konnte besser sehen, auch die leisesten Geräusche hören. Und dann spürte er etwas, er konnte es nicht beschreiben, aber er wusste was es war. Die Präsenz von Kohta. Warum spürte er Kirito nicht? Warum war er nicht in der Nähe seines Bruders? Angst erfasste ihn, die wirren Stimmen in seinem Kopf beunruhigten ihn, die verschärfte Wahrnehmung, die er noch nicht unter Kontrolle hatte verängstigte ihn immer mehr. Ohne es zu wollen schrie er kurz erstickt auf, rannte immer schneller und schneller, dem Gefühl nach, das ihm sagte wo Kohta war. In der Nähe von Jun. Er kam seinem Ziel immer näher, und immer blendender wurde die Präsenz von Juns Seele. Wie stark er sie jetzt wahrnahm... sie löste beinahe Hunger in ihm aus, er konnte fast schon schmecken wie gut diese Seele war. Heftig keuchend rannte er um die Ecke, hier in der Nähe wohnte doch Jun.. und tatsächlich. Einige Meter weiter konnte er Jun sehen, er kniete vor Kohta in seiner Wolfsgestalt und versuchte ihm irgendwie etwas zu essen anzudrehen. Schlagartig wich die Angst. Es war alles in Ordnung, er war noch nicht zu spät. Erst jetzt fiel Aiji auf, dass er ja nicht einmal eine gefährliche Präsenz wahrgenommen hatte. "Aiji, was machst du denn hier?" Aiji lächelte Jun nur freundlich an, lehnte sich dann schwer atmend an die Häuserwand. Seine Verletzung an der Schulter war durch die Rennerei wieder auf gegangen und schmerzte. Trotzdem musste er lachen. "Ich wollte nur... ich bin nur... ein bisschen gerannt... warum, was machst du hier?" "Ich hab den Hund hier gefunden... ist der nicht schön?" Der `Hund´ sah Aiji aus dunklen Augen eindringlich an. Er spürte, dass Aiji anders war. Die Kraft, die bisher tief in ihm verborgen gewesen war, sie schien an der Oberfläche zu kratzen, es würde nicht mehr viel brauchen bis sie hervor kam. Aber da war noch etwas anderes... Kohta verfluchte sich dafür, dass er jetzt gerade in dieser Gestalt fest steckte. Aber Moment, wenn Aijis Kräfte erwacht waren, dann konnte er doch sicher seine Gedanken hören oder? Kohta versuchte es, aber er drang nicht in Aijis Kopf vor. Eine Wand aus schrillen Geräuschen und schmerzhaft lautem Lärm hielt ihn auf. Da war etwas in Aijis Kopf was da nicht hinein gehörte... ~ "Ich habe das Siegel." "Hervorragend. Dann kann es beginnen. Benachrichtige den Puppenspieler, er soll sich bereit halten. Sobald das Elitecorps auftritt, soll er sich einschalten." "Sehr wohl. Was machst du jetzt, willst du wirklich zu ihm?" "Ja. Heute Nacht ist sein Ende, und das weiß er auch. Erledige du den Rest." "Wie du willst...ist es denn klug so lange zu zögern?" "Ich zögere nicht. Ich spiele... die Wächter sind so gut wie ausgeschaltet, wir brauchen nur noch zuzusehen wie sie sich gegenseitig zerstören. Die Seele wird bald schon mir gehören." "Also geht es dir nur um das Spiel?" "Was habe ich zu verlieren. Ich werde mich ein wenig amüsieren." "Wie du meinst." "Es ist Zeit. Du solltest gehen." "Ja..." ~ Scheppernd fiel das Glas zu Boden, das er eben noch in der Hand gehabt hatte. Leuchtende Scherben schossen auseinander und fielen klirrend auf den Boden. "You? Was ist los?" "Entschuldige ich wollte dich nicht wecken..." "Du bist blass, ist alles in Ordnung?" "Nein..." Langsam setzte er sich auf das Bett und versuchte sich zu konzentrieren. Eben hatte ihn kurz ein Bild gequält, eine düstere Vorahnung die für den Bruchteil einer Sekunde in seinem Kopf aufgetaucht war. Blut... und Tod. "Es ist etwas schreckliches passiert... nein, es wird noch geschehen...Oder geschieht es gerade?" Besorgt legte Gackt eine Hand auf die Schulter seines Freundes. So sah er ihn selten... so vollkommen verwirrt. "Es ist alles in Bewegung... zu viel um Zufall zu sein... und die Fünf sind in der Nähe." Langsam senkte Gackt den Kopf. Schon wieder... er konnte schon wieder sehen wie gern You jetzt sofort los laufen würde um zu sehen was los war. Er war zwar ruhig und besonnen, aber auch für ihn war es nicht einfach nur hier herum zu hocken und nichts zu tun. Er wollte so gern dabei sein... aber er würde auch sehr ungehalten werden wenn er ihn nun darauf ansprach. Also beschloss Gackt, einfach nichts zu sagen und ihm zuzuhören. "Es ist so als ob... diese helle Seele eingekesselt wird... von allen Seiten... und die Wächter sind verstreut. Aber ich kann es nicht klar erkennen." Das war wahrscheinlich das, was ihn am meisten frustrierte. Nicht die Tatsache dass er nicht dabei sein konnte, sondern dass er die Situation nicht klar erfassen konnte. Und das konnte er nicht, weil er gleichzeitig noch diesen Schutzschild um das ganze Haus errichtet hatte, er hatte es ein mal erwähnt. Er hielt um Gackt herum immer ein Kraftfeld errichtet, Tag und Nacht. Das erforderte einen gewissen Teil seiner Konzentration, und so blieb weniger für solche Kräfte übrig. "Da ist auch eine Präsenz die ich nicht kenne... ich kenne Teile von ihr, aber... sie ist ungeheuer stark..." Sachte rutschte Gackt näher an seinen Freund und Wächter heran. Er konnte ihm nicht helfen, aber er konnte ihm zeigen dass er da war, wofür auch immer das gut sein mochte. Vielleicht gab es ihm ja in irgend einer Weise Kraft. "Es wird etwas schreckliches geschehen... Ich bin aber nicht sicher was genau..." Müde schloss You die Augen. So lange in den Zeit- und Raumsphären herum zu reisen war anstrengend. Doch die Nähe seines Freundes, die er wärmend und haltgebend neben sich spürte, gab ihm Kraft. ~ Verzweifelt ließ Kirito sich gegen die Wand fallen und rutschte zu Boden. Sie war nirgends zu finden. Die ganze Wohnung sah aus wie nach einer Schlacht, alle Schränke waren ausgeräumt worden, überall lagen Klamotten verstreut. Keine Spur von der Kette. "Oh Gott... sie darf nicht weg sein! Ich hätte doch auf sie aufpassen müssen... sie ist weg..." "Kirito, beruhige dich. Vielleicht ist sie ja nur..." "Mich beruhigen??? Sag mal hast du überhaupt verstanden wonach wir hier suchen?" "Wir suchen deine Kette." "Nein verfluchte scheiße, wir suchen Kohtas Siegel!" Er schrie ihn wütend an und sprang wieder auf um zum zehnten Mal das Zimmer zu durchsuchen. "Kirito! Das hat so doch keinen Sinn, du..." Takeo erstarrte. Einen Moment lang blieb er reglos stehen, starrte ins Leere, dann suchte sein Blick nach Kiritos. "Etwas kommt... hier her... Wir sollten machen das wir hier weg kommen." Ohne weitere Worte zu verschwenden verließ er die Wohnung. Kirito blieb nichts anderes übrig als ihm zu folgen. Was auch immer Takeo wahrnahm, es musste etwas ernstes sein, das war an seinem Blick klar zu erkennen gewesen. Gemeinsam eilten sie die Treppen hinunter und traten draußen auf die Straße. Nächtliche Stille empfing sie, ein kühler Wind wehte und brachte ein unangenehmes Gefühl mit. "Von dort..." Zielsicher zeigte Takeo in eine Richtung. Kirito ging ein paar Schritte weiter, doch noch konnte er nichts sehen. "Seelenfresser?" "Nein... weitaus stärker... aber definitiv niemand von unserer Seite." "Dann müssen wir sie aufhalten, Juns Haus ist nicht weit von hier. Sicher wollen sie dort hin." "Möglicherweise... ist Kohta noch bei Jun?" "Natürlich. Und ich hoffe er bleibt da..." "Kirito...." Takeos warnende Stimme war Grund genug um ernsthaft beunruhigt zu sein. Im Dunkeln vor ihnen regte sich etwas. Die Straßenlampen gaben nicht genug Licht um Gesichter erkennen zu können, aber Kirito sah deutlich zwei Umrisse. Zwei Personen, die sich ihnen näherten. Und sie waren stark, die Kraft die sich hinter ihnen verbarg war außergewöhnlich. Eine kleine Bewegung neben ihm sagte ihm, dass Takeo bereits ein Kraftfeld errichtet hatte, um sie herum. Zu viel mehr war er nicht in der Lage, das Handicap eines Mediums, für einen echten Kampf taugte er nicht wirklich... Die beiden Fremden blieben stehen, jetzt konnte Kirito ihre Gesichter sehen. Recht jung... einer der beiden trug eine weiße Stoffbinde im Gesicht die seine Nase gänzlich verdeckte. Trotzdem kam er ihm sehr bekannt vor... der andere, der etwas weiter vorne stand wie um den anderen zu schützen, hatte ein leichtes Grinsen auf den Lippen. Er erinnerte Kirito sofort an diesen dummen Unterdämonen. Nicht gerade etwas, das seine Sympathie diesen beiden gegenüber sonderlich steigerte. "Guten Abend. Können wir ihnen weiterhelfen?" Typisch Takeo. Er glaubte fest daran, dass man meistens mit Worten mehr erreichen konnte. "Guten Abend... wir sind wegen Kirito hier. Um ihn zu töten." "Ah. Und was verschafft mir die Ehre auf irgendeiner Kopfgeldliste zu stehen?" "Mana möchte dass wir dich töten, er sagt du bist ihm im Weg." "Darauf wette ich! Und mit wem hab ich die Ehre? Unsere Namen scheint ihr ja zu kennen." "Das ist Reita, ich bin Aoi. Können wir dann?" Reita... woher kannte er diesen Namen? Irgendwie kam ihm dieser Name so bekannt vor... aber woher? Eine Weile schwiegen sie sich an, dann ging alles rasend schnell. Aoi und Reita reckten jeweils die rechte Hand nach vorne, und zeitgleich schoss ein weißer Blitz, der kurz die Gestalt eines Drachen annahm, aus ihren Handflächen. Takeo konzentrierte seine ganze Kraft auf den Punkt des Kraftfeldes, an dem dieser Blitz höchstwahrscheinlich einschlagen würde, Kirito machte einen Sprung zur Seite um dem Blitz auszuweichen. Die Energie traf auf den Schutzschild, schaffte es ihn teilweise zu durchbrechen, schlug aber ins Leere. Ein Loch im Asphalt und geschmolzener Teer blieb an der Stelle übrig. Erleichtert stellte Takeo fest dass Kirito unverletzt war, dann konzentrierte er sich darauf das Loch im Kraftfeld zu stopfen. In seinem Kopf hörte er Kiritos Stimme. "Das wird lustig, die sind stark." "Ja... soll ich Kohta rufen?" "Nein, das schaffe ich alleine." "Sicher?" "Nein." ~ Unsicher erwiderte Aiji Kohtas stechenden Blick. Er hatte seit jeher etwas Angst gehabt, wenn sein Freund diese Gestalt annahm, aber das Gefühl jetzt war anders. Kohta schien in ihn hinein sehen zu wollen... "Er ist wirklich schön ne? Streichel ihn mal, er hat ganz weiches Fell." Nein danke, er wollte wirklich nicht an Kohta herumtatschen. Ein Grinsen schob sich auf Aijis gesicht. "Woher weißt du, dass es ein Er ist? Vielleicht ist es eine Sie?" Der ,Hund' schnappte nach Aiji und knurrte leise. Jun wich erschrocken zurück und zerrte Aiji am Ärmel ebenfalls ein Stück von dem Tier weg. "Oh... eben war er noch ganz lieb!" "Das denk ich mir... er hat sich bestimmt in dich verknallt und ist jetzt eifersüchtig weil ich hier bin." Warum er so vorlaut war wusste er selbst nicht, aber das Wissen um seine erwachten Kräfte stärkte Aiji. Der Wolf erhob sich langsam. Jetzt sah Jun erst, wie groß das Tier wirklich war... "Guten Abend..." Aiji und Kohta drehten sich gleichzeitig um. Beide kannten diese Stimme, beide von anderen Ereignissen her. Közi stand einige Meter weit entfernt und verneigte sich leicht. Jun sah Aiji verwundert an. "Kennst du den? Guten Abend, ich bin Jun!" Lächelnd wollte er auf den Fremden zu gehen und ihn begrüßen, doch der Hund hielt ihn zurück. Er hatte die Ohren zurück gelegt und knurrte Közi warnend an. Aiji sah zwischen ihm und Kohta hin und her, sie kannten sich also auch... kein gutes Zeichen. Közi kam langsam näher. In seiner Hand glänzte etwas silbern im Licht der Straßenlaterne. "Aiji, Kohta, halten Sie sich daraus, dann geht das alles viel schneller." "Kohta? Huh?" Jun sah sich suchend um, konnte seinen Freund aber nirgendwo entdecken. Und überhaupt wer war dieser Typ? Er blieb nun stehen und sah den Hund eine ganze Weile an. Ob das der Besitzer war? Aiji begann plötzlich leise zu lachen und stellte sich mit ausgebreiteten Armen vor Jun. "Ich mach das schon... keine Sorge." "Hä? Was machst du schon? Aiji, kennst du den?" Közi hob die Hand, zwischen seinen Fingern befanden sich lange Silbernadeln. Er holte aus... Jun schrie vor Schreck laut auf. Aiji riss die Hände in Közis Richtung und aus seinen Handflächen schoss eine seltsame schwarze Substanz, doch sie erreichte Közi nicht. Wie durch Zauber teilte sie sich einfach und tropfte zähflüssig neben ihm auf den Boden. Entsetzt starrte Aiji auf seine Hände. "Was... hier läuft etwas falsch, ich müsste doch..." "Aiji, was bedeutet das?" "Kohta???" Jun verstand gar nichts mehr. Er hatte nur ein paar Sekunden nicht hingesehen, und nun war der Hund verschwunden. An seiner stelle stand nun Kohta da, wie aus dem Nichts erschienen. Közi lachte und kam wieder etwas näher. "Du scheinst deine Kräfte nicht im Griff zu haben. Also bist du doch ein Versager." "Nein! Du hast mich reingelegt!" Wütend versuchte Aiji noch einmal seine Kräfte auf Közi zu feuern, doch wieder war es nur teerartige Substanz die kurz vor ihrem Ziel auseinander schoss. Was hatte das zu bedeuten? Müsste er nicht eigentlich ein Element beherrschen? Warum kam aus seinen Händen nur die selbe schwarze Masse wie die, die Miyavi benutzt hatte? "Tztztz... wenn du nicht damit zurecht kommst dann war das Opfer ja vollkommen umsonst." "Opfer? Aiji, was ist los, wovon redet der?" "Ich müsste... er hat mir versprochen dass ich endlich... meine Kräfte..." "Was musstest du dafür tun? Aiji, was?" "...ich verstehe das nicht, ich..." "Ehm... hallo? Ich... was geht hier eigentlich vor?" Jun mischte sich recht kleinlaut in die hitzige Diskussion ein. Er war mehr als verunsichert und unendlich verwirrt. Immer wieder sah er zwischen Kohta und Aiji hin und her. Er verstand gar nichts... "Ich meine... eben war da noch dieser Hund und dann.. was ist das für ein schwarzes...Au!" "Jun!" Kohta war sofort an seiner Seite um ihn zu stützen. In Juns Bein steckte eine von Közis langen, dünnen Silbernadeln. Ohne groß nachzudenken riss Kohta sie aus seinem Bein, wenn wieder Beruhigungsmittel an dieser Nadel war dann musste sie schnell raus. Jun schrie laut auf und presste eine Hand auf seinen Oberschenkel. "Was ist hier los? Was zur Hölle ist hier los?" Juns Flüche wurden von einem unmenschlichen Grollen und Knurren übertönt, das von Aiji zu kommen schien. Er stand angespannt da, nur wenige Meter vor Közi, und hatte die Hände krampfhaft zu Fäusten geballt. "Lass die Finger von Jun! Lass bloß deine Finger von ihm!" Die letzten Worte endeten in einem Schrei, der nicht zu Aiji passte. Seine angenehm dunkle Stimme war zu einem dröhnenden Knurren geworden. Auch sein Körper begann sich zu verändern, und zwar rasend schnell. Kohta starrte entsetzt auf das, was einmal sein Freund Aiji gewesen war. Die Haut dunkelbraun, schuppig, an einigen Stellen knochenartige Widerhaken, die Arme und Beine waren übermäßig lang und sehnig, jeweils drei lange scharfe Krallen waren alles was von seinen Händen und Füßen übrig geblieben war. Auf dem dürren, unnatürlich langen Hals saß ein Kopf der entfernt an den einer Schlange erinnerte, messerscharfe, Haiartige Zähne ragten aus einem Mund ohne Lippen, eingefallene gelbe Augen ohne Pupille starrten auf verunstaltete Hände. Jun schrie. Er begann am ganzen Leib zu zittern, krallte sich an Kohtas Arm fest und drückte das Gesicht gegen die Brust seines Freundes. Er hörte nicht auf zu schreien. "Aiji...was... was hast du getan?" Kohta war vollkommen sprachlos. Entsetzt und ungläubig schüttelte er den Kopf, das konnte nicht wahr sein... das musste ein Traum sein, ein schlimmer Traum. Das Etwas, das einmal Aiji gewesen war, fiel auf die Knie und schlug die Krallenhände vor das groteske Gesicht. Ein schrill rasselnder Schrei, der durch Mark und Bein fuhr, entkam seiner Kehle. Jun schrie nochmals auf, zuckte zusammen. Er war weit über den Zustand der Panik hinaus. Kohta legte schützend die Arme um ihn und überlegte kurz. Er hatte absolut keine Ahnung was er tun sollte! "Du wolltest doch stärker sein als die anderen.. das bist du jetzt. Oh, ich habe vergessen zu erwähnen, du kannst nicht mehr in deine menschliche Gestalt zurück." "Du hast ihm das angetan? Du warst das, ich bring dich um!" Blind vor Wut stieß Kohta Jun von sich und sprang auf Közi zu. Seine Hände begannen zu glühen als er seine Elementarenergie sammelte. Er legte die Handflächen aufeinander und riss sie dann nach vorne.... doch der gleißend helle Lichtstrahl erlosch flackernd. Kohta stand da wie eingefroren und regte sich nicht mehr. Er starrte nur in Közis Richtung. Jun richtete sich auf, die Wucht von Kohtas Stoß hatte ihn zur Seite geschleudert. Vorsichtig, vollkommen verängstigt schielte er an seinem Freund vorbei. Der Fremde hatte etwas in der Hand, etwas silbernes... eine Kette... Kiritos Kette. Aber woher... "Er hat seine Kräfte legal erkauft. Mit dem Leben desjenigen, dem diese Kette gehörte." Die Zeit stand still. Für unendliche Sekunden stand sie still. Kohta starrte auf das silberne Schmuckstück, alles um ihn herum verschwand. Er kannte das... er hatte es schon ein mal erlebt... wie lange war das her? Damals hatte er schon ein mal diese Kette gesehen, ohne dass sein Bruder sie getragen hatte... sie hatte auf dem Boden gelegen, inmitten einer Lache aus Blut. Er erinnerte sich so gut an diesen Moment... er konnte sein eigenes Spiegelbild in dem Blut erkennen... in Kiritos Blut. Sein Bruder war nirgends zu sehen gewesen, nur ein breit grinsender Seelenfresser, der schon so weit in die Schatten gerutscht war, dass er kaum mehr einem Menschen ähnelte. Blut tropfte von seinen Händen, er hatte Kohta ausgelacht. Damals hatte er geglaubt, er hätte seinen Bruder verloren. Wie alt war er damals gewesen, sechzehn? Siebzehn? In diesem Moment vor so vielen Jahren waren seine Kräfte erwacht, in dem Moment als er glaubte sein Bruder sei tot. Wie er den Seelenfresser damals besiegt hatte, wusste er nicht mehr, er konnte sich nur noch daran erinnern, dass er diese Kette aufgehoben hatte. Seit diesem Moment war er mit dem Schmuckstück verbunden. Sie war sein Siegel. Kirito würde sie niemals einfach so hergeben, er wusste was sie bedeutete. Er hatte sie seinem Bruder nicht überlassen wollen, er hatte immer gesagt er würde darauf aufpassen, sein kleiner Bruder wäre dazu nicht in der Lage. Kohta hatte immer so getan als wäre er sauer darüber, aber eigentlich bedeutete es ihm unendlich viel, dass sein großer Bruder sein Siegel trug. Er hatte gedacht, dadurch würden sie unzertrennlich. Er hatte sich auf fatalste Weise geirrt. Die Stille wurde von einem Schrei unterbrochen. Jun hatte noch nie solche Herz zerreißenden Laute gehört, als Kohta in die Knie sank und immer wieder verzweifelt nach seinem Bruder rief. Kapitel 6: ----------- You schlug die Hände auf die Ohren, aber das brachte nichts. Der laute Schrei hallte in seinem Kopf wieder und verursachte dröhnende Kopfschmerzen. "You! Was ist passiert?" Tja, was war genau passiert? Ein plötzlicher Schmerz, dann ein lauter Schrei. Aber Gackt schien ihn nicht gehört zu haben, also war es tatsächlich nur Gedankenübertragung gewesen. Aber woher? "Ich weiß es nicht genau. Ein Schrei... so was wie ein Hilfeschrei, ich habe aber nicht verstanden was ... es war ein Name glaube ich. Und kurz vorher ist etwas passiert... eine helle Kraft ist verschwunden, wurde von Dunkelheit ersetzt..." Gackt blinzelte verwirrt und legte den Kopf schief. Er war zwar daran gewöhnt dass sein Freund ab und an von Dingen sprach die er nicht verstand, aber dieses Mal hatte er das Gefühl, dass es wirklich wichtig war. "Ich verstehe nichts davon was du da sagst... bitte erkläre es mir." "Einer der Wächter ist verschwunden... einfach so... Er ist nicht tot oder so, er ist einfach weg... er wurde ersetzt von... etwas dunklem... so als... füllt man etwas anderes in ein Glas... es ist nicht für die Dunkelheit vorgesehen..." "Also im Klartext ist einer von den Guten plötzlich Böse geworden?" "Ja, aber es ist weitaus komplizierter... er ist stark. Er ist sehr stark... er wird nicht lange die Kontrolle über sich haben, er hat kein Siegel das seine Kraft hält... zu viel Kraft lässt einen Wahnsinnig werden." Nachdenklich nickte er. Er verstand nicht wirklich was er ihm damit sagen wollte, aber dass es etwas schlimmes war sah er allein schon an Yous Gesicht. "Und was machen wir jetzt?" "Ich weiß nicht... wir können sicher nichts tun. Es ist... ich weiß nicht wo sie sind... und was genau geschieht." Eine Weile schwiegen beide, You hatte die Augen geschlossen und versuchte irgendwie herauszufinden, woher dieser Schrei gekommen war, aber es gelang ihm nicht. "Ich kann nichts sehen... Zukunft, Vergangenheit und Gegenwart überlagern sich, ich weiß nicht was ist und was war... es ist alles durcheinander!" "Wir können also nichts tun außer..." "...abwarten..." ~ "Kohta!!!" Takeo konnte nur zusehen, wie Kirito von weißer Energie getroffen einige Meter weiter weg geschleudert wurde. Ohne das Kraftfeld zu vernachlässigen, eilte er zu seinem Freund, der panisch aufsprang, so als wäre er vollkommen unverletzt. "Takeo! Hast du das gehört? Das war Kohta, irgendetwas stimmt nicht!" "Ich habe das auch gehört, ich weiß nicht was los ist, er ist zu weit weg um ihn zu erreichen." "Ich muss hin, ich muss zu ihm hin, da stimmt etwas nicht!" "Das wird nicht gehen, die beiden... uhm..." Erst jetzt fiel ihm auf, dass die Angriffe aufgehört hatten. Unsicher sah er zu Aoi und Reita, die reglos nebeneinander standen. Auch sie hatten offenbar diesen Schrei vernommen, der mit schmerzender Panik und Verzweiflung durch ihre Köpfe gerast war. "Ich muss zu ihm!" Kirito sprang auf und rannte einfach los, in die Richtung in der Juns Haus lag. Takeo gab ihm Rückendeckung, konzentrierte alles was er noch an Kraft und Magie übrig hatte auf das Kraftfeld. Doch es folgte keine weiteren Angriff mehr. "Reita! Was ist los?" "Lass ihn laufen... wir finden ihn schon wieder. Lass ihm wenigstens einen Vorsprung..." "Was? Spinnst du? Unser Auftrag..." "Ich habe dir gesagt, dass es mein letzter sein wird. So oder so... und es ist etwas mit seinem Bruder. Ich weiß wie es ist, einen Bruder zu verlieren... lass ihm wenigstens die Möglichkeit nach ihm zu sehen, dann..." "Das darf nicht wahr sein, Reita!" "Aoi... bitte. Lass uns einfach eine Weile warten ehe wir ihm folgen. Er läuft nicht weg..." "Ach, und wie nennst du das was er gerade tut?" "Für jemanden da sein, den er liebt." Grummelnd verschränkte Aoi die Arme vor der Brust. Warum war es immer so? Wenn Reita mal sprach, dann machte er ihn gleich fertig. Gegen ihn hatte man absolut keine Chance.... "Okay... aber nur fünf Minuten, das muss ja wohl reichen!" "Danke..." In Reitas Stimme lag etwas, das entfernt an ein Lächeln erinnerte. Sein Gesicht blieb allerdings die reglose Maske, die er immer trug. "Hau schon ab Mann, wir kommen wohl später nach." Takeo blinzelte verwirrt und sah Aoi lange an. Der junge Mann verschränkte die Arme und setzte sich sichtlich mies gelaunt auf die Bordsteinkante. Die beiden meinten das offenbar wirklich ernst... Höflich nickte er ihnen zu und ging, folgte Kirito. Das Kraftfeld ließ er vorsichtshalber noch um sich herum errichtet, mit besonderer Verstärkung in seinem Rücken. ~ Kirito rannte, er rannte so schnell wie er konnte. Der lange Riss, der sich durch seine Haut von der Schulter bis zur Hüfte zog schmerzte, doch er nahm das nicht einmal wahr. In seinem Kopf war kein Platz für etwas anderes als für Sorge und Angst, immer wieder rief er in Gedanken nach seinem Bruder. Er bekam keine antwort, auch als er nah genug war um ihn zu spüren bekam er keine Antwort auf sein Rufen. Es war, als würde zwischen ihnen etwas stehen, oder als würde Kohta abblocken. Aber warum sollte er? Was war da los? Je näher er ihm kam desto verwirrter wurde er, er hatte das Gefühl als würde er mit jedem Schritt trauriger. Kohtas Gefühle gingen offenbar auf ihn über... Außer Atem und der Verzweiflung nahe kam er endlich an der Straße an, in der Jun wohnte. Noch bevor er wirklich sehen konnte, wer sich dort aufhielt, nahm er seltsame Dinge wahr... eine fremde Aura, die ihm trotzdem zu Teilen vertraut war. Als er um die Ecke bog, hätte er am liebsten laut geschrieen. Das Bild, das sich ihm bot war so schrecklich... Da stand Közi, in seiner Hand hielt er etwas, das die volle Aufmerksamkeit von Kohta erregte. Er kniete auf dem Boden, vollkommen in einer anderen Welt versunken. Sein Blick war glasig, er bebte sichtlich am ganzen Körper. Ein paar Meter weiter sah er Jun, er schien leicht verletzt zu sein denn er presste eine blutige Hand auf sein Bein, auch er starrte auf das, was Közi in der Hand hatte. Hinter ihnen, an die Wand eines Hauses gedrückt und kehlig heulend hockte eine Kreatur, die er sich nicht einmal in seinen grausamsten Alpträumen hätte vorstellen können. Das Wesen zerkratzte mit Sensenartigen Krallen den Boden und die Mauer, heulte immer wieder auf und vergoss dickflüssige, schwarze Tränen. "Kirito! Oh Gott sei dank, Kirito!" Juns klare Stimme drang zu ihm durch wie durch Watte, er richtete den Blick auf seinen Freund der sich aufrappelte und so schnell er konnte auf ihn zu lief, mied es aber sichtlich zu viel Gewicht auf das eine Bein zu verlagern. Er rannte auf ihn zu und fiel ihm in die Arme, leise schluchzend. Verblüfft legte er die Arme um Jun, was war hier los? "Shinya?" Die leise Stimme seines Bruders hätte er fast überhört, wäre da nicht die Gänsehaut gewesen die seinen Rücken hinablief. Langsam hob er den Blick. Kohta kniete immer noch da, sah ihn aber jetzt an. Für den Bruchteil einer Sekunde sah Kirito einen kleinen Jungen vor sich... seinen Bruder wenn er nachts zu ihm ins Bett krabbelte... wenn er hingefallen war oder sich geprügelt hatte und verletzt war... wenn sie allein zu hause waren und es gewitterte... es war der ängstliche kleine Junge, den er immer beschützt hatte, der immer zu ihm gekommen war. Vor vielen, vielen Jahren, bevor sie wussten zu was sie bestimmt waren. Und dann war dieser Moment wieder vorbei. Vor ihm sah er seinen erwachsenen Bruder, der mittlerweile so viel stärker als er geworden war, der keine Angst mehr vor irgendetwas hatte, der ihn immer unterstützte, aber immer seine eigene Meinung hatte. Warum musste immer etwas passieren, bis man merkt wie sehr man einen Menschen liebt und braucht? "Kohta, bist du okay?" "Ich bin... ja, ich bin okay...." Ein ganz kleines, unsicheres Lächeln zeigte sich auf seinem Gesicht und er stand auf, obwohl seine Beine noch ziemlich zitterten. Da stand er, lebendig und unversehrt. Nun ja, nicht wirklich unversehrt, aber auf jeden Fall lebendig. Kohta konnte nicht in Worte fassen was in ihm vorging als er Kirito sah. Erleichterung, Freude, und der Drang zu ihm zu rennen und sich in seine Arme zu werfen und loszuheulen. "Welch rührseliges Wiedersehen. Ich möchte nicht stören aber...." "Er hat deine Kette...." Kirito erstarrte. Das war es also... aber wie kam Közi an Kohtas Siegel? Woher hatte er es? Wer hätte denn die Möglichkeit gehabt ihm die Kette zu...Moment.... "Aiji!" Das Wesen hob den Kopf. Und da erkannte Kirito wer dort saß... oder besser: wer es ein mal gewesen war. ~ Er spürte seine Gegenwart bereits, als er das Gebäude noch nicht einmal betreten hatte. Langsam stand Yoshiki auf, begann seinen Schreibtisch ein wenig aufzuräumen, unterzeichnete ein Dokument, dass er mit der Aufschrift "Streng vertraulich!" in den Umschlag steckte, der für Toshi gedacht war. Dann setzte er sich in den großen Ledersessel und wartete, wartete auf das Unvermeidliche. "Yoshiki... hier ist... also..." "Ich weiß, schick ihn rein... und dann mach Feierabend okay?" Er lächelte seinen Freund an, das letzte Mal dass er ihn sehen würde. Toshi nickte, schien aber nicht besonders begeistert von diesem Befehl zu sein. Dennoch tat er was Yoshiki ihm sagte, öffnete die Türe und holte Mana in das großräumige Büro, schloss die Türe dann wieder hinter sich. "Mana... setz dich doch." "Danke." In fließenden Bewegungen, die keinerlei Menschlichkeit erkennen ließen, setzte Mana sich auf den ihm angebotenen Stuhl gegenüber von Yoshiki. Eine Weile sahen sie sich nur an, es gab nicht viel worüber sie reden könnten. "Ich fühle mich geehrt, dass du persönlich her kommst." "Spielt es denn eine Rolle, wer dein Leben beendet?" "Nein, eigentlich nicht... es spielt sowieso keine Rolle ob ich sterbe. Es wird einen Nachfolger geben, das weißt du auch... sobald ich den letzten Atemzug getan habe, wird bereits jemand anderes meinen Platz eingenommen haben." "Ja. Aber er wird nicht so stark sein wie du." "Ist das ein verstecktes Kompliment?" "Das ist durchaus möglich." "Dann bedanke ich mich dafür..." Lächelnd senkte Yoshiki den Blick. Eine Weile herrschte angenehmes Schweigen zwischen ihnen, dann stand er langsam auf. "Ich bin sicher, du hast noch viel zu tun, also bringen wir es hinter uns." "Du hast nicht vor dich zu wehren?" "Nein." "Ich muss dich enttäuschen. Ich habe keine Eile. Alles läuft perfekt nach Plan. Ich habe genügend Zeit ein wenig mit dir zu spielen." In diesem Moment öffnete sich die Bürotüre und Toshi trat ein. Sein Blick war ernst, ängstlich und ungewohnt entschlossen. Langsam kam er näher, blieb vor dem Tisch stehen und verneigte sich vor Mana. "Mana... ich bitte Sie... lassen Sie Yoshiki am Leben... bitte... ich biete Ihnen als Bezahlung meine Se..." "Toshi!" Herrisch sprang Yoshiki auf und schlug mit der Hand auf den Tisch. Manas Gesicht zeigte keinerlei Reaktion. "Toshi, ich habe dir gesagt, dass du gehen sollst! Tu was ich dir sage. Keine Widerrede, ich führe ein wichtiges Geschäftsgespräch und..." "Yoshiki du kannst mich mal!" Noch nie hatte Toshi ihn angeschrieen. Jetzt stand er da, die Hände wütend zu Fäusten geballt und starrte ihn zornig an. "Ich weiß warum er hier ist, ich lasse mich nicht von dir verarschen! Und ich lasse auch nicht zu dass..." "Toshi, ich warne dich! Setz unsere Freundschaft nicht aufs Spiel indem du jetzt.." "Was? Es gibt nichts was ich aufs Spiel setzen kann, ich hab überhaupt nichts! Und wenn du dich jetzt kalt machen lässt was dann? Was hab ich dann noch?" Ein leises Klatschen unterbrach ihren Streit. Mana sah Toshi die ganze Zeit über amüsiert, aber ohne zu Lächeln an und klatschte leise und verhalten in die Hände. "Du bist sehr mutig. Wärest du mein Angestellter hätte ich dich bereits ausgeschaltet. Ich würde dein Angebot gern annehmen, aber ich denke nicht, dass das etwas daran ändern würde, dass ich Yoshiki umbringen werde." Langsam stand er auf und kam auf Toshi zu. Yoshiki hob warnend die Hand, er würde nicht zulassen dass Mana Toshi auch nur ein Haar krümmte! "Ich sagte doch, ich möchte spielen, nicht wahr? Möchtest du mein Spielzeug sein?" "Mana, lass ihn, das ist eine Sache zwischen dir und mir!" "Nein, es ist eine Sache zwischen Licht und Dunkelheit. Und er ist auf der falschen Seite." Ein rasender Schmerz durchfuhr Toshi, als Mana die Hand in seine Richtung hob. Es fühlte sich an als würde alles Blut auf ein mal aus ihm heraus gesaugt werden, er keuchte und gab einen leisen Schrei von sich. "Mana!" Yoshiki sprang förmlich über den Schreibtisch und stieß Toshi weg, weg von der Quelle seines Schmerzes. "Ich habe gesagt du sollst ihn da raus lassen!" "Er bietet sich doch an..." "Lass ihn!" Mana sah ihn nur ruhig an, und hob wieder die Hand. Dieses Mal tat Yoshiki es ihm gleich. In ihren Händen bildete sich ein Licht aus der selben Energie, pulsierte im identischen Takt, machte Toshi gleichermaßen Angst. Mana griff nicht an, er schien abschätzen zu wollen was Yoshiki tat. Oder war er vorsichtig geworden? Aber wenn sie einander ebenbürtig waren, warum wollte Yoshiki sich dann ohne Widerstand opfern? "Yoshiki, bitte tu..." In diesem Moment entlud sich die Energie der beiden. Das helle Licht, das aus Manas Handfläche kam, schoss auf Yoshiki zu und durchschlug seinen Körper glatt. Das Licht von Yoshikis Hand schoss auf Toshi zu, bildete ein Kraftfeld um ihn herum das so heftig war, dass er die Hitze deutlich spüren konnte. "Yoshiki!" Er konnte nur zusehen, wie sein Boss und Freund in die Knie ging, die Arme um das zerfetzte Loch in seiner Brust geschlungen und abgehakt atmend. Die Wand hinter ihm war vollkommen mit seinem Blut bespritzt. "So etwas dummes. Hast du wirklich gedacht ich bringe ihn um?" Mit langsamen Schritten ging Mana auf Toshi zu. Ganz ruhig und ohne eine Miene zu verziehen schob er eine Hand ohne Mühe durch das Kraftfeld, das zwar seinen Ärmel und seinen langen Handschuh restlos verbrannte, aber seiner Haut nicht schadete. "Ich werde mir seine Seele schmecken lassen...nicht besonders rein, aber die Tatsache, dass du zusehen wirst versüßt mir alles!" Toshi spürte wie Manas Hand sich um seine Kehle wand und ein blitzartiger Schmerz seinen Geist durchzuckte. Sein Blick ruhte auf Yoshiki, der röchelnd auf dem Boden lag und verzweifelt versuchte, zu ihm zu gelangen. Der weiße Teppich war durchnässt von seinem Blut. ~ Sein Blick war getrübt, wie durch dunklen Nebel sah er verzerrt was sich um ihn herum tat. Er blinzelte, richtete sich auf... jemand nannte seinen Namen. Er hob den Kopf in Kiritos Richtung. Moment, was... warum hatte Kirito Jun in den Armen? Warum weinte Jun? Hatte er ihm weh getan? Er hat ihn verletzt! Mit einem lauten Brüllen sprang Aiji auf, seine Krallen zerkratzten dabei den Asphalt unter seinen Füßen. Jun weinte... er weinte.... wer hatte ihn zum weinen gebracht, wer? Wer auch immer, er musste sterben, er würde ihn zerfetzen! Auseinanderreißen! Ohne zu zögern sprang er auf Kirito und Jun zu. Er musste Jun beschützen! Diese Krähe hatte ihm weh getan, dafür musste sie sterben! Sterben! Er schaffte es nicht etwas zu sagen, es war als hätte er niemals sprechen gelernt. Es war ihm egal, er brauchte keine Worte. Er brauchte nur seine Krallen und Zähne, und diese unendliche Macht, die ihn durchströmte. Noch im Laufen feuerte er einen gewaltigen Energiestrahl ab, in Kiritos Richtung. Jun wurde zur Seite gestoßen, Kirito schaffte es ebenfalls auszuweichen. Verdammt, er hatte zugelassen dass Jun hinfiel! Kirito hatte das zugelassen! Er war es nicht wert sein Wächter zu sein, er war es nicht wert! Brüllend stürzte Aiji sich auf Kirito, versuchte ihn immer wieder mit den Krallen zu erwischen. Er nahm nichts anderes mehr wahr. Nicht einmal die Angriffe von Kohta, den Eisregen der ununterbrochen auf seinen Rücken traf. Es machte ihm nicht das geringste aus! Das wichtigste war, die zu töten die Jun schadeten. Vorneweg Kirito, er musste sterben! Eine Stimme drang zu ihm durch, jemand rief nach ihm... Jun? War das Jun? Nein, oder? Suchend sah er sich um, er sah nur eine verschwommene Gestalt die von einer anderen festgehalten wurde... Takeo? Jun? Nein, sicher nicht... sicher waren das da auch Feinde die er töten musste! Genau wie der, der hinter ihm stand und ihn angriff... sie alle wollten ihm weh tun, sie alle mussten sterben! Sofort! Er musste sie umbringen! Jetzt! Brüllend schnellte Aiji nach vorne, die Krallen ausgefahren und auf Kiritos Brust gerichtet. Er musste ihn töten! ~ "Was zur Hölle ist das denn?" Vollkommen geschockt blieb Aoi stehen. So etwas hatte er noch nie gesehen... dieses Monster dort, das auf Kirito zuschnellte und kurz davor war ihn mit langen Krallen zu durchbohren, verursachte einen Schauer bei ihm. Furchteinflößend... Wie aus Reflex stellte er sich ein wenig vor Reita, so dass er ihn im Notfall schützen konnte. Was war hier los? Was war das für ein Wesen? Verwirrt beobachtete er das Geschehen, aus halbwegs sicherer Entfernung. Er wollte Reita nicht mehr gefährden als unbedingt nötig... Brüllend griff die groteske Kreatur an, schwarzer dampfender Schleim klebe an den langen Krallen. Kirito konnte gerade so ausweichen, die Krallen hieben ins Leere. Keuchend rollte er sich auf dem Boden ab und sprang einen Satz nach hinten, von dem Monster weg. Kohta nutzte die Gelegenheit und packte ihn am Arm, zog ihn zu sich und brachte einen gewissen Abstand zwischen sie beide und Aiji, der sich wutschnaubend wieder aufgerichtet hatte und wieder auf sie zurannte. Aoi beobachtete mit einer nicht zu verbergenden Bewunderung, wie die beiden Brüder sich Rücken an Rücken kampfbereit machten, jede Bewegung absolut synchron. Gemeinsam hoben sie die Hände, holten aus, bündelten ihre Energie... aber Kirito schien nicht wirklich angreifen zu wollen. Der Angriff ging um haaresbreite daneben, und Kohta sah seinen Bruder kurz ungehalten an. Bevor er ihn mit sich zur Seite Riss um einem Schwall klebrigen Teers aus zuweichen. Nicht weit von ihnen entfernt stand Takeo, er versuchte krampfhaft Jun fest zu halten, der die ganze Zeit schrie und weinte. Er versuchte sich los zu reißen, er wollte doch wohl nicht etwa auf dieses Monster zu laufen? "Was ist hier los?" Reita sprach leise, auch er war fassungslos. Solche Wesen durfte es gar nicht geben, selbst ein Dämon sah nicht so aus! Diese Kreatur schien vollkommen durchzudrehen, sie griff immer und immer wieder an, brüllte und kreischte ohrenbetäubend schrill. "Da ist Közi... er hat wohl etwas damit zu tun..." Der Diener von Mana stand einige Meter abseits und beobachtete was geschah, mit einem Miene die beinahe schon geschäftlich desinteressiert wirkte. Kein Zweifel, das hier ging auf seine Rechnung. "Nun, was auch immer hier abgeht, wir haben einen Auftrag, stimmts?" "Das hier sieht nicht so aus als wäre das normal... wir müssen den Auftrag abbrechen." "Was? Vergiss es! Wir müssen! Du weißt warum!" "Willst du jetzt da hin laufen und mit kämpfen?" "Wenn es nötig ist dann ja!" Ein lautes Brüllen unterbrach ihre Unterhaltung, das Monster stürzte sich gerade auf die beiden Brüder, durchstieß das Kraftfeld das Takeo im letzte Moment noch errichten konnte ohne Probleme und hieb einmal quer über Kohtas Oberkörper. Jun schrie entsetzt auf und versuchte erneut sich loszureißen, Takeo aber hielt ihn fest. "Hör auf!!! Hör auf damit, bitte!" Reita senkte den Kopf. Er hasste sein Leben ein Mal mehr. Wie gerne würde er helfen... dieser Jun war so verzweifelt, er konnte es bis hier her spüren. Er sah so unschuldig aus, so nett...es war unfair dass er so litt, dass er nichts tun konnte. Reita kannte dieses Gefühl... ein Schrei erregte wieder seine Aufmerksamkeit. Das Monster schien von den Attacken, welche die beiden nun auf es schleuderten überhaupt nicht beeindruckt zu sein, und hatte es geschafft, Kohta einen zweiten Schlag zu versetzen, der ihn fast außer Gefecht setzte. Kirito setzte alles daran seinen Bruder zu schützen, doch auch seine Angriffe prallten an der schuppigen Haut des Monsters beinahe vollkommen wirkungslos ab. "Das halten sie nicht mehr lange durch... das Ding ist viel zu stark!" Er hatte den Satz noch nicht zu Ende gesprochen, als er eine Präsenz wahrnahm, die ihm fast den Atem raubte. Suchend sah er sich um... wo kam diese unglaubliche Energie her? Sie standen direkt hinter ihnen. Fünf Wächter... nein, keine einfachen Wächter... Meister. Es waren DIE fünf Meister, von denen er immer so viel gehört hatte. Sie waren hier... ehrfürchtig trat er einen Schritt zur Seite, Aoi tat es ihm gleich. Vollkommen geräuschlos gingen sie an ihnen vorbei, geradewegs auf diese Kreatur zu, gegen die Kohta und Kirito absolut machtlos waren. ~ Dunkelheit umfing ihn, sie wurde immer größer. Sie fraß sich durch seine Augen, raubte ihm die Sicht auf alles was hell war. Das einzige was er noch sah waren Augen... lieblose, erbarmungslose Augen die seinen Willen bezwangen und das Leben aus ihm heraus saugten. Nein, nicht das Leben, den Willen zu leben. Mit jeder Sekunde wurde seine Existenz bedeutungsloser, wuchs die Gleichgültigkeit in ihm. Und er begann zu frieren, erbarmungslos erfasste eisige Kälte seinen Körper, lähmte seine Gelenke und schmerzte dumpf in den Gliedern. Alle Gefühle wichen, er konnte sich auf ein mal nicht mehr daran erinnern was Lachen war, er kannte das Wort ,Freude', aber es war keine Bedeutung dahinter. Es war nur ein Wort. Ein Wort, das ebenfalls langsam verschwand, zusammen mit allen anderen Wörtern die er je gelernt hatte, alles was er je erlebt hatte fiel, wurde langsam von der Dunkelheit verschluckt. Unaufhaltbar. Dumpf drangen noch Geräusche an sein Ohr, doch sie hatten ebenfalls keine Bedeutung mehr. Sie setzten sich zu seinem Namen zusammen, den er einmal gekannt hatte, aber die Kälte ließ die Erinnerung daran erstarren und einfrieren. "Toshi! Toshi!" Yoshiki rief immer wieder diesen Namen, aber er wusste dass es zu spät war. Er lag nur wenige Meter von ihm entfernt, aber er konnte ihn nicht erreichen. Die Kraft verließ ihn immer schneller, floss aus seinen Wunden und sog sich in den Teppich. Mana lächelte. Er hatte ihn noch nie lächeln sehen... noch nie hatte er erlebt, dass Schönheit und Grauen so nah beieinander sein konnten. Aber es war so... Mana war das schönste Monster das man sich nur vorstellen konnte. Toshi gab ein röchelndes Geräusch von sich, das er selbst mit Sicherheit schon nicht mehr wahrnahm. Seine Haut war kalkweiß, seine Lippen bebten heftig und aus seinen Augen rannen Tränen. Yoshiki wusste ansatzweise was er durchmachte, er hatte es erlebt... und er hatte sterben wollen. Langsam kroch er noch etwas näher, der Schutzschild war längst erloschen. Er hatte ihm sowieso keinen Schutz geboten. Es war seine Schuld gewesen. Er hätte ihn schützen müssen, hätte ihn vor dieser Grausamkeit bewahren müssen. Hätte er nicht verlernt zu weinen, er hätte alle Tränen für seinen Freund vergossen die er hatte. Innerlich schrie er vor Schmerz. Er hatte ihm nicht helfen können. Es gab jetzt nur noch eine Sache, die er für ihn tun konnte... Langsam hob er die Hand, konzentrierte sich. Eine kleine, weiß leuchtende Flamme bildete sich auf seiner Handfläche und flackerte bedenklich schwach. Er schloss die Augen, er wollte es nicht sehen... er rief sich Toshis Lachen zurück ins Gedächtnis, seine Stimme, seine freundlichen Worte, seinen besorgten Tadel... und dann schleuderte er alles was er noch an Energie hatte in seine Richtung, zielte auf sein Herz. Jetzt hatte er wirklich alles verloren, was er hatte. Es bleib ihm nur das Wissen, dass er nicht versagt hatte. Es würde einen Nachfolger geben, sobald er tot war. Es würde nicht mehr lange dauern, dann würde er dieses Leben endlich hinter sich lassen können... Dumpf hörte er wie ein Körper fiel, dann spürte er kühle Finger an seinem Gesicht. "Spielverderber." ~ Mühsam richtete er sich auf, den Blick starr auf das Wesen gerichtet, dass er einmal als Freund bezeichnet hatte. Aiji löste keine Furcht in ihm aus, nur tiefste Enttäuschung und endlose Hilflosigkeit. Er konnte nichts tun um ihm zu helfen, er konnte aber auch nichts tun um ihn aufzuhalten. Er wollte ihm nicht weh tun, aber er hatte mit jeder Sekunde größere Probleme seinen Freund in diesem Monster wieder zu erkennen. Aiji schien ihn ebenfalls nicht wieder zu erkennen, er griff ihn immer wieder erbarmungslos an, genau wie Kohta. Seinen Bruder hatte es ein paar Mal schwer erwischt, er schaffte es immer wieder aufzustehen und Angriffe zu starten, aber die Frage war, wie lange noch... Immer wieder wanderte Kiritos Blick zu Jun, der mit dieser Situation offenbar vollkommen überfordert war. Er schrie abwechselnd nach seinen Freunden, versuchte sich von Takeo loszureißen wobei Kirito nicht sicher war ob er wegrennen oder ihnen zu Hilfe eilen wollte. Beides wäre fatal... Aiji schnellte schon wieder auf sie zu, die Krallen angriffsbereit von sich gestreckt. Seine Augen schienen zu leuchten, ihr Inneres flackerte als würde Feuer hinter ihnen lodern. Feuer, und unendlicher Hass... obwohl Aiji ihn die ganze Zeit gezielt angriff wusste Kirito, dass dieser Hass nicht auf ihn bezogen war. Er konnte es sehen, er war nicht die Person, die Aiji verabscheute. Kohtas Keuchen hallte in seinen Ohren wieder, sein Bruder würde nicht mehr lange durchhalten. Einen kurzen Seiteblick warf er ihm zu, zu mehr war keine Zeit denn Aiji griff bereits wieder an. Takeos schwächer werdendes Schutzschild hielt ihn wieder nicht auf, Kohta schaffte es nicht ihm auszuweichen, durch die Verletzungen seiner natürlichen Geschmeidigkeit beraubt kippte er einfach zur Seite und ließ so zu, dass eine lange Kralle ihn schmerzhaft an der Schulter streifte. Kirito sprang zur anderen Seite, er wollte versuchen Aiji von seinem Bruder weg zu locken, doch er war darin nicht sehr erfolgreich. Verzweifelt schloss er kurz die Augen. Würde es nur um ihn gehen, hätte er längst aufgegeben oder die Flucht ergriffen. Er hatte keine Kraft mehr... aber es ging um seinen Bruder, um seine besten Freunde, und nicht zuletzt darum, diese reine Seele zu beschützen. Außer Atem und leicht taumelnd ging er in die Knie, es hatte keinen Sinn mehr. Er konnte gegen dieses Monster nichts ausrichten. Er war machtlos, absolut machtlos. Röchelnd und Knurrend kam Aiji auf ihn zu, leckte hechelnd Kohtas Blut von seinen Krallen. Kirito schloss die Augen. Er konnte nichts tun... Aiji, er konnte ihn nicht schützen, er konnte seinen Bruder nicht schützen....und Jun.... Wie ein Blitz durchfuhr ihn auf ein Mal ein Gefühl, das er so stark noch nie empfunden hatte. Eine Präsenz, blendend stark... und dann sah er sie, hinter Aiji standen sie. Die Fünf. Dies stechender Blick ruhte auf Aiji, Shinya hatte den Kopf leicht geneigt, konzentriert schien er jedes Geräusch um sie herum auszumachen. Hinter ihnen standen Kyo und Toshiya, die beiden starrten reglos auf dieses Monster, in Gedanken verbunden darüber entscheidend, wie gefährlich Aiji wirklich war. In der Mitte stand Kaoru, die Hände locker gefaltet und die Augen geschlossen, der Mittelpunkt der Fünf, das Medium das alle verband. Kirito hatte so viele Geschichten über diese Fünf gehört, über ihre Kraft und Stärke, aber er hätte sich nie davon träumen lassen sie ein mal wirklich zu sehen. Ehrfurcht erfasste ihn, und für einen Moment vergaß er die Gefahr, in der er schwebte. Und dann wurde er Zeuge einer Macht, die er sich nicht einmal ansatzweise hatte vorstellen können. Vollkommen synchron hoben Shinya, Die, Toshiya und Kyo jeweils die rechte Hand und bündelten hell gleißende Energie, dann richteten sie die Handflächen gleichzeitig auf Kaoru. Sein Körper schien beinahe durchsichtig zu werden, als er die Energie der vier in sich aufnahm, immer mehr und mehr, bis das Licht das aus ihm heraus schien so hell war, dass Kirito geblendet die Augen zusammenkniff. Einen Moment herrschte ohrenbetäubende Stille, und er wagte es die Augen leicht zu öffnen. Kaoru hatte seine feste Gestalt aufgegeben, er bestand nur noch aus Licht. Reglos stand er da, schwebte fast einen halben Meter über dem Boden, beschützt von den vieren, die die Gesichter in alle vier Himmelsrichtungen gewandt hatten, abwehrend die Arme überkreuzten, und so ein gewaltiges Kraftfeld erzeugt hatten. Dann, ohne Vorwarnung entlud sich die gesammelte Energie der Fünf in einem gewaltigen Blitz, der gleißend hell und rasend schnell auf Aiji zuschoss, ihn voll erwischte und einige Meter weiter weg schleuderte. Das Monster jaulte auf, blieb zuckend und wimmernd am Boden liegen. Dünne, fadenartige Rauchschwaden stiegen von seiner verkohlten Haut auf und hier und da sickerte Blut aus dünnen Schnitten und Wunden. "Aiji!" Juns war es gelungen sich von Takeo los zu reißen und er rannte auf das Wesen zu. Kirito sprang auf und rannte zu Jun. "Nein, Jun! Bleib weg von ihm! Jun!" Doch Jun hörte nicht. Er rief nach Aiji, immer und immer wieder, als er auf ihn zu lief. Das war doch sein Freund, das war doch Aiji! Man durfte ihm nicht weh tun, er war nur verwirrt, sicher konnte man mit ihm reden wenn man ihm die Chance gab, es durfte einfach nicht sein dass sich Freunde bekämpften! Aiji war doch sein Freund... egal wie er aussah. Und Jun war sich ganz sicher, dass Aiji nicht so aussehen wollte! Wenn er das richtig verstanden hatte, dann war er reingelegt worden, von diesem Kerl der auch Kiritos Kette hatte. Ihn musste man bekämpfen, nicht Aiji, nicht Aiji! "Aiji!" ~ Der Schock traf ihn wie ein Donnerschlag. Erstarrt stand er da, den Blick entsetzt auf das Monster gerichtet. Wie hatte Jun es genannt? Das konnte nicht sein, das konnte nicht wahr sein! "Reita..." Er nahm die Hand nicht wahr, die ihn sachte am Handgelenk packte. Aois besorgte Stimme war nur ein bedeutungsloses Flüstern in seinem Kopf. Hatte er da eben wirklich richtig gehört? Niemals! "Das... ist Aiji? Das kann unmöglich..." "Közi... das geht sicher auf Közis Konto! Dieser miese Kerl, ich würde ihm am liebsten den Kopf abreißen!" Aois Wut überraschte Reita ein wenig. Er hatte seit damals, seit sein Bruder ihm gesagt hatte, dass er nie wieder etwas mit ihm zu tun haben wollte, einen Hass auf Aiji gehabt. Warum war er jetzt so wütend auf Közi? Er hatte doch gar keinen Grund dazu... "Dieser Jun ist ein Dummkopf, das Vieh zerfetzt seine Freunde und er rennt hin!" "Dieses Vieh ist mein Bruder, Aoi!" "Ich weiß... aber er scheint das vergessen zu haben! Oder erkennst du noch irgendetwas menschliches an ihm wieder?" "...er ist mein Bruder." Entschlossen trat Reita an seinem Freund vorbei, aus dem Schatten der sie verborgen hatte und trat an Takeos Seite. "Was... ist mit ihm passiert?" Takeo erschrak, er war zu sehr damit beschäftigt gewesen Jun entsetzt nachzusehen um zu bemerken dass Reita sich ihm genähert hatte. "Ich weiß es nicht... ich habe keine Ahnung!" Reita wollte etwas sagen, doch er wurde abgelenkt. Die Fünf hatten bisher reglos da gestanden, jetzt wiederholten sie die Gesten von eben, sie bereiteten sich auf den nächsten Angriff vor. Reita bezweifelte, dass Aiji diesen Angriff überleben würde... "Soso... ich bin also gerade rechtzeitig hier...schönschön... jaja..." Die fremde Stimme erschreckte ihn, er fuhr herum und entdeckte einen jungen Mann, der ein Stück weiter hinten auf einem Stromkasten saß und freundlich in ihre Richtung sah. Das musste der Puppenspieler sein... Jetzt stand er auf, nahm seinen Hut ab und verneigte sich leicht, dann hob er die Hand und bewegte die Finger in einer sehr seltsamen Weise. Im selben Moment geschah mit den fünf Meistern etwas sehr seltsames... ~ Zärtlich und sanft glitten Manas Fingerspitzen über sein Gesicht, streichelten seine Wange und wischten sachte Blut von seinem Kinn. Er hatte keine Kraft mehr sich gegen ihn zu wehren, er konnte sich der verhöhnenden Berührung nicht entziehen. "Freu dich doch. Du wirst hide wieder sehen." Dieser Name verursachte noch immer beißenden Schmerz in seinem Herzen. Mana wusste das, und er kostete sein Leid mit jeder Faser aus. "Er hat nicht gerade gut geschmeckt... obwohl er so rein war... es war zu viel von dir in seinem Geist... der gleiche bittere Geschmack wie in Toshis Seele." Er wollte das nicht hören, langsam schloss er die Augen. Warum starb er nicht endlich? Warum hasste ihn das Schicksal, warum arbeitete die Zeit selbst jetzt gegen ihn? Die Schmerzen wurden immer schlimmer, er lag in einer Lache aus Blut die immer größer wurde und er fror immer mehr. Er hatte es sich nicht ganz so qualvoll vorgestellt zu sterben. "Möchtest du mit deiner Seele sterben oder ohne? Ich kann dir den Rest auch noch nehmen wenn du willst..." Selbst wenn er gewollt hatte, er konnte nicht mehr antworten. Seine Lippen waren taub, sein Hals fühlte sich trocken und rau an. Zitternd holte er Luft Und zwang sich, den Blick auf die leicht verschwommene Gestalt vor sich zu richten. Ein triumphierend spöttisches Lächeln schlich auf seine Lippen. Mana konnte ja nicht wissen, dass er verlieren würde sobald Yoshiki starb. Er wusste wer sein Nachfolger sein würde, er hatte es von Anfang an gewusst und es beruhigte ihn. Es gab keinen besseren, damit würde das Gleichgewicht für lange Zeit gesichert sein. Er wollte etwas sagen, aber er schaffte es nicht, sein Mund bewegte sich zwar aber kein Ton entkam ihm. Es dauerte nicht mehr lange... die Schmerzen ließen bereits nach und er bekam das Gefühl zu schweben... Keuchend drehte er den Kopf von Mana weg, in Toshis Richtung. Sein Freund sah so friedlich aus... als würde er nur schlafen und etwas schönes träumen. Yoshiki beschloss, sich das für die letzten Momente einzureden. Er beobachtete ihn beim schlafen... und wenn er aufwachte dann würden sie zusammen einen Kaffee trinken und er würde ihm wieder sagen, dass er zu viel arbeitete... Mit einem Lächeln schloss er die Augen. Für immer. Kapitel 7: ----------- You schrie auf, als hätte man ihm einen Dolch in den Leib gejagt. Keuchend krümmte er sich, dann begann er tonlos zu weinen. Gackt stand hilflos da, ohne eine Ahnung was vor sich ging. Er konnte nur zusehen wie sein Freund stille Tränen vergoss. ~ Etwas in Takeos Kopf riss, er spürte einen kurzen, zerrenden Schmerz und dann war es still, ungewöhnlich still. Etwas fehlte... etwas wichtiges, das immer da gewesen war. Entsetzt entrang sich ein Keuchen seiner Kehle als er realisierte was geschehen war. Vollkommen ohne jegliche Hoffnung senkte er den Kopf, es war so schrecklich still in seinem Kopf, das Loch das hinterlassen wurde schmerzte dumpf. ~ Közi hätte beinahe vor Schreck die Kette fallen lassen, als ihn auf einmal ein heißer Blitz durchzuckte. Es war als würde sein Blut kochen, aber es schmerzte nicht. Er spürte nur, wie sich ungeheure Energie und Kraft in ihm ausbreitete und ihn durchströmte, von Kopf bis Fuß. Eine unglaubliche Energie, die ihm ungewöhnlich bekannt vor kam, ihn beinahe tröstend wärmte. Was auch immer es war, er würde es festhalten und nie mehr los lassen. ~ Kaoru erzitterte, als die Energie die er von den anderen aufsog sich kurz veränderte. Er ließ die Hände sinken, etwas stimmte nicht. Von allen Seiten bekam er Informationen, die er einstimmig nur in einer Weise verstehen konnte: Yoshiki war tot. Es war also geschehen, das unvermeidliche. Sie hatten es gewusst, wollten es aber bis zum Schluss nicht wahr haben. Sie hatten entgegen aller Vorsehung immer noch gewagt zu Hoffen, dass das Schicksal ihnen gut gesinnt war. Sie waren auch nur Menschen... und Hoffnung ist das menschlichste im Menschen. Kaoru ermahnte seine Gefährten, sie durften sich nicht von der Gegenwart ablenken lassen, sie hatten eine Aufgabe zu erfüllen. Vor ihnen lag immer noch das Problem, dieses Monster aus der Welt zu schaffen. Aiji hatte sich taumelnd aufgerichtet, ein Bein schien mehrmals gebrochen zu sein und er konnte nur auf dem anderen stehen, eine Hand umklammerte eine Straßenlaterne um das Gleichgewicht zu halten. Hasserfüllt starrte er Kirito an, der unweit von ihm entfernt auf dem Boden saß, Jun fest umklammerte um ihn davon abzuhalten noch näher zu Aiji zu rennen. Es gab keine Möglichkeit, den ehemaligen Wächter zu retten, seine Seele war vollkommen von Dunkelheit eingehüllt und für alle Zeit verloren. Aiji war tot, alles was noch existierte waren sein Hass und seine Eifersucht, sein Zorn und die Verzweiflung, die personifiziert diese grausige Gestalt angenommen, und alles Gute in ihm erstickt hatten. Kaoru schloss die Augen, sie mussten es jetzt tun. Ein Schlag und diese Kreatur wäre erledigt. Doch nur Die und Kyo begannen ihre Energie zu bündeln, Shinya und Toshiya schienen unschlüssig. Kaoru richtete den Blick auf Shinya und fragte in Gedanken: "Was ist los, Shinya? Toshiya?" "Ich höre etwas... etwas das ich nicht verstehe." "Was hörst du?" "Jemand lacht... hier in der Nähe. Hier ist jemand." "Ich sehe nichts... hier ist niemand außer uns und den ahnungslosen Menschen die allesamt schlafen... bist du sicher?" Eine Weile verstrich, Shinya schien auf Dies Worte hin noch ein mal richtig hin zu hören. "Ich bin sicher. Hier ist jemand." "Ich spüre etwas.. etwas das ich nicht verstehe." Toshiya klang unsicher, und das war selten. "Was spürst du?" "Jemand hat die Absicht, uns alle auf ein Mal zu töten... aber ich weiß nicht wer... er ist siegessicher." "Niemand hier hat die Kraft dazu. Niemand hier ist stärker als wir, du musst dich irren." Kyo klang wie immer, leicht aufgebracht und ohne Geduld. "Ich irre mich nicht... ich spüre es deutlich. Und es ist jemand der hier anwesenden..." "Niemand der hier anwesenden hat die Kraft dazu!" "Niemand der hier anwesenden lacht." "Ich sehe niemanden außer uns, hier ist niemand sonst!" Wirre Gedankenfetzen überschwemmten Kaoru, die vier um ihn herum begannen sich zu streiten. Immer unschlüssiger wurden sie, immer verwirrter. Und immer unvorsichtiger. Das Kraftfeld, das sie alle schützte und verband, wurde schwächer und durchlässiger... ~ Kiritos Griff wurde einfach nicht lockerer, egal wie wild er um sich schlug. Er wollte ihm nicht weh tun, aber er sollte endlich loslassen! Jun versuchte verzweifelt seinem Klammergriff zu entkommen, er musste unbedingt zu Aiji! Immer wieder bat er seinen Freund ihn doch endlich los zu lassen, doch dessen Griff wurde dadurch nur noch stärker und ließ Jun keine Chance sich los zu reißen. "Jun lass es! Er ist vollkommen durchgedreht, du kannst nichts tun! Er ist verloren, hörst du?" "Nein! Nein, Kirito bitte!" Keine Chance, er war trotz seiner schweren Verletzungen viel stärker als er. Jun war verzweifelt, das konnte doch nicht richtig sein! Er verstand nicht was hier los war, oder was genau mit Aiji geschehen war, aber egal wie sein Freund gerade aussah, es gab bestimmt eine Möglichkeit diese Hexerei wieder rückgängig zu machen. "Kirito, lass mich loooos! Was passiert hier überhaupt?" Niemals hätte er mit einer Antwort gerechnet, aber er bekam eine. Kirito zog ihn ruckartig nach hinten an sich, Jun konnte spüren wie sich klebriges Blut durch sein Shirt sog. Mit ruhiger und sanfter Stimme sprach Kirito genau in sein Ohr: "Jun... du weißt es nicht, aber du bist unbeschreiblich wertvoll. Du bist eine der reinsten Seelen auf der ganzen Welt. Wir sind deine Wächter, dazu bestimmt dich zu beschützen. Aiji gehört auch zu uns, aber er hat seine Kräfte noch nicht entdeckt. Unser Feind hat seine Verzweiflung ausgenutzt und ihn hereingelegt... er hat ihn in dieses Monster verwandelt. Wir können nichts tun, es ist endgültig. Ich habe keine Kräfte mehr, Kohta ist schwer verletzt und unser Feind besitzt das Siegel, das zu Kohtas Tod führt sobald es zerstört wird... ich hätte darauf aufpassen sollen aber ich habe versagt. Kohtas Leben liegt in seiner Hand... Ich weiß nicht weiter, Jun. Das alles ist die Wahrheit." Kirito hustete leicht, die Anstrengung zeigte immer deutlicherer Spuren. Seine Stimme wurde leiser und gleichzeitig sanfter, als er weiter sprach: "Ich bin am Ende... ich weiß nicht wieder. Alles, was ich noch sicher weiß ist, dass es meine Aufgabe ist dich zu beschützen. Und das werde ich tun, wenn nötig mit meinem Leben, denn das ist verglichen mit deinem überhaupt nichts wert." Jun wurde ganz still. ~ Eine Weile stand er da und betrachtete den leblosen Körper der vor ihm auf dem Boden lag. Eine gewisse Trauer erfasste ihn, als ihm klar wurde, dass Yoshiki wirklich unwiederbringlich tot war. Es hatte Spaß gemacht... es war amüsant gewesen ihn zu quälen und umzubringen, aber es war der letzte Spaß den er mit ihm gehabt hatte. Nie wieder würde er in den Genuss kommen ihn zu quälen oder zu verletzen, nie wieder würde er ihm dazwischenfunken und seine Pläne im letzten Moment noch kreuzen und zunichte machen, nie wieder würde er von Juka amüsante Geschichten über sein Gegenstück erfahren. Er war tot. Das Gefühl des Triumphes war trotzdem da, wenn auch nur sehr schwach. Er hatte bewiesen, welche Seite die stärkere war. Es würde zwar einen Nachfolger geben, aber bis dieser sich organisiert hatte würde eine lange Zeit vergehen. Zeit genug für Mana, um seine Macht noch zu erweitern und zu festigen. Er war nicht mehr aufzuhalten, egal wer Yoshikis Nachfolger werden würde, Mana war ihm um Längen voraus. Mit einer beherrscht schwungvollen Bewegung kehrte er dem Blutbad den Rücken zu und schritt aus dem Büro, die Türe ließ er offen. Er würde Yoshiki selbst im Tod keinen Moment an Ungestörtheit gönnen, bald schon würde die Putzfrau ihn finden. Langsam ging er an Toshis Schreibtisch vorbei, eine Handbewegung reichte aus um alle Papiere und Ordner in einem kleinen Wirbelsturm zu verwüsten und durch den ganzen Raum zu verteilen. Die beiden Computerbildschirme zerbarsten als Mana sie nur ansah, die Scherben stoben durch den Raum und fielen klirrend auf den Parkettboden. Mana lächelte als er das Gebäude verließ, eine kurze Berührung reichte aus um das goldene Namensschild zu Staub zerfallen zu lassen. Yoshikis Organisation war hiermit offiziell zerschlagen. ~ Yu~ki summte gut gelaunt eine kleine fröhliche Melodie, während er von dem Stromkasten sprang und auf die Fünf zuging. Ach es war so erheiternd, da musste er Juka recht geben. Die Meister wussten nicht einmal, in welcher Gefahr sie sich befanden. Sie waren so von sich überzeugt, dass sie den kleinen, vergifteten Spliter nicht bemerkten der ihre Verteidigung wesendlich schwächte. Den kleinen Keil, den Juka in ihre Barriere getrieben hatte und der sie verwundbar und schwach machen würde. Das, was ihre ganze Kraft ausmachte, ihre unumstößlich feste Kommunikation, die sie untrennbar verband und niemandem gestattete, sich einzumischen oder ihnen zu schaden würde ihnen zum Verhängnis werden. Uneinigkeit würde ihr Tod werden, und Juka hatte es geschafft sie in einen Streit zu verwickeln, der ihre Verteidigung für wenige Sekunden geschwächt hatte. Mehr Zeit hatte Yu~ki gar nicht gebraucht, dieser kleine Moment hatte vollkommen ausgereicht um seine unsichtbaren Fäden zu ziehen, um das Medium zu fesseln. Elegant schwang der Puppenspieler seinen silbernen Gehstock mit jedem Schritt, der Hut saß ihm kerzengerade auf der hohen Stirn und ließ ihn grotesk und unwirklich wirken, wie eine Figur aus einem Buch oder einem Film. Kaum jemand beachtete ihn, er konnte zwar den Blick von Takeo auf sich spüren und wusste, dass er versuchte ihn einzuschätzen, ebenso konnte er extremes Misstrauen von Aoi spüren, doch wirkliches Interesse hatte niemand. Noch stand er nicht im Mittelpunkt. Noch nicht. Doch das würde sich bald ändern... Mit jeder Bewegung verfing Kaoru sich immer mehr in den Fäden, die der Puppenspieler im Bruchteil einer Sekunde um ihn herum gesponnen hatte, ohne zu merken was überhaupt geschah. Er war Yu~ki somit vollkommen ausgeliefert. Doch zunächst einmal wartete er ab, er hatte keine Eile. Außerdem musste er den perfekten Augenblick abwarten um die Fäden in die Hand zu nehmen, doch so wie es im Moment aussah musste er darauf nicht einmal mehr lange warten. Bereits nach ein paar Sekunden, als die Verbindung der Fünf sich wieder gefestigt hatte, setzten sie zum nächsten und sicher endgültig letzten Angriff gegen Aiji an. Die, Shinya, Toshiya und Kyo bündelten ihre Energie, Kaoru sog sie in sich auf und... Mit einer kaum wahrnehmbaren Bewegung brachte Yu~ki ihn dazu, diese ewig gleichen Abläufe zu verändern. Kaoru nahm diese Veränderung wahr, aber er war machtlos dagegen, Sein Körper gehorchte ihm nicht mehr, seine Hände bewegten sich anders, sein Blick wandte sich nicht auf Aiji um den blendenden Schlag unglaublich starker Energie in seine Richtung zu schleudern, nein... Er wählte ein anderes Ziel... ~ Kohta schob sich an der Wand entlang, allein konnte er keinen Schritt mehr tun. Seine Beine zitterten, jeder Atemzug schmerzte, sein linker Arm hatte sich bei seiner letzten Ausweichaktion ausgekugelt. Langsam hinkte er vorwärts, auf Jun und Kirito zu. Was um ihn herum geschah bekam er nicht mit, alles was zählte war im Moment zu den beiden hin zu kommen. Seltsam.. früher hatte er noch große Ziele gehabt... die Schule schaffen, eine Band gründen, einigermaßen Erfolg mit dieser Band haben, vielleicht jemanden zu finden den er lieben konnte, der seine Liebe erwiderte, und immer wieder Jun zu schützen. Große Ziele, Träume die er hatte. Jetzt war das große Ziel, dass er erreichen musste, die zwanzig Meter Entfernung zurück zu legen um zu seinem Bruder und Jun zu kommen. Alles andere spielte gerade überhaupt keine Rolle. Keuchend hob er den Blick, Kirito hatte Jun fest an sich gedrückt und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Er verstand nicht warum, aber er musste den Blick abwenden weil ihm sonst die Lust verging sich weiter zu quälen um um jeden Preis zu den beiden nach vorne zu kommen. Sein Schädel dröhnte, trotzdem nahm er das kreischend kehlige Atmen von Aiji wahr, der einige Meter weiter auf dem Boden kauerte. Er hatte schon vollkommen verdrängt, dass dieses Monster ein mal ihr Freund gewesen war, dass er vor nicht einmal zwei Stunden noch friedlich in seinem Bett gelegen und sich von schlimmen Verletzungen erholt hatte. Er sah nur noch das Monster, die Kreatur die Jun schaden wollte. Wenn es nötig war, würde er ihn töten, auch wenn er damit selbst ein großes Stück von sich selbst zerstörte, denn Aiji war nach wie vor einer seiner besten Freunde. Im Augenwinkel sah er, dass die Fünf sich wieder auf einen Angriff vorbereiteten, sie nahmen die gleiche Position wie eben ein, das helle Leuchten umgab die äußeren vier, Kaoru faltete die Hände... Kirito und Jun waren zu nah! Der Energieschlag würde sie ebenso erwischen, sie mussten da weg! Er hatte keine Stimme mehr, sein Hals war wie zugeschnürt. Er versuchte nach den beiden zu rufen, doch sie hörten ihn nicht, schienen ihn vollkommen auszublenden, so als sei er nicht wichtig... Ein Zischen war zu hören, er wandte den Blick in Richtung der fünf Meister. Der Energiestrahl, den Kaoru losschickte, raste in die Luft und vollführte einen seltsamen Bogen, schlug dann heftig ein. Kohta gab einen erstickten Schrei von sich. Was geschah hier? Vollkommen entgeistert beobachtete er, wie Kyo zu Boden ging. Seine Klamotten beinahe vollkommen verbrannt, seine Haut schwarz verkohlt. Blut rann aus seinem Mund und der Nase, seine Augen waren nur noch leere Höhlen aus denen schwarzer Rauch quoll. Drei Menschen schrieen in Panik auf. ~ "Kyo!" Die sah den Blitz bevor er wirklich einschlug schon auf Kyo zurasen. Aber er hätte nichts tun können... er sah alles mit an, wie die Energie seinen Freund erschlug, sein Blut zum kochen brachte, sein Inneres verbrannte, bis auch seine Haut zu heiß wurde und verkohlte. Er sah es, sah alles von Kyos Tod. Er sah den kurzen Moment des Schmerzes, bevor Kyo starb, er sah die Angst und das Unverständnis in seinem Blick, bevor seine Augen verglühten und die Tränenflüssigkeit verdampfte. Er sah es alles, und er würde diese Bilder nie wieder los werden. Sie würden für immer seine Erinnerungen vergiften, seine Träume bestimmen. Das unfassbare war geschehen, Kyo war tot... Kyo war tot. ~ "Kyo!" Shinya erhob selten die Stimme, dieses Mal konnte er nicht anders. Er hörte einen ohrenbetäubenden Knall, dann ein leises überraschtes Keuchen, und dann lautes knistern und kleine Explosionen. Gleichzeitig verstummte ein anderes Geräusch, das er sonst immer hatte hören können... das konstante Schlagen eines Herzens wurde erst viel schneller, dann erstarb es. Es ging unter im Lärm von unsichtbaren Flammen, die sich rasend schnell vorwärts fraßen. Dann hörte er wie Kyo zu Boden fiel, das Geräusch anders als normal, es klang beinahe hohl und unwirklich. Langsam richtete er den Blick auf seinen Freund, es war nicht mehr viel von ihm übrig. Für eine Sekunde konnte er nichts mehr hören, alles war still. Sogar sein eigenes Herz schien stehen geblieben zu sein, er hörte nichts mehr. Gar nichts. ~ "Kyo!" Toshiya schaffte es nicht sich auf den Beinen zu halten. So viele Emotionen, Schock, Trauer, Panik, Angst, Fassungslosigkeit - Verlust... alles schlug über ihm zusammen, durchfraß ihn wie Gift und lähmte ihn vollkommen. Irgendwo zwischen den Emotionen seiner Freunde waren seine eigenen vergraben, sein eigener Schmerz unterschied sich kaum von dem, den er von allen Seiten zu spüren bekam. Was war geschehen? Was war nur geschehen? Leise schniefend rutschte er nach vorne, Kyo lag direkt neben ihm. Das verbrannte Fleisch stank abscheulich, der Anblick war grauenhaft. Das sollte sein Freund, sein Seelenpartner gewesen sein? In Gedanken rief er nach ihm, doch seine eigene Stimme war nur ein dumpfer Hall in seinem jetzt vollkommen leeren Kopf. Kyo antwortete nicht. ~ Der Schmerz, der durch seinen Kopf geradewegs in sein Herz schoss, wurde schlagartig schlimmer. Keuchend und wimmernd presste er die Hände an die Schläfen, nur ein Reflex denn er wusste dass das nichts brachte. Der Schmerz kam von innen, genauer gesagt... von weit her. Zuerst war es der Verlust von Yoshiki gewesen, das plötzliche Brennen in seinem Kopf als ein helles Licht gelöscht wurde, und jetzt... ein weiterer Teil seiner Seele fror ein, wurde einfach zu Stein, unbeweglich und ohne Bedeutung. Einer der Fünf war tot... "Setz dich hin, ich hol dir was zu trinken, ruh dich aus!" Armer Gackt, fuhr es You in den Kopf. Er hatte keine Ahnung, was konnte ein Schluck Wasser schon gegen solche Verluste ausrichten? Aber er wusste ja nicht einmal, was geschehen war... "Camui... hör mir bitte kurz zu..." Er rang nach Konzentration, in seinem Kopf wirbelte noch immer alles durcheinander. Er musste es ihm sagen, er musste! "Yoshiki... ist tot... ich habe es spüren können... er ist tot." Stille. Camui starrte ihn an und setzte sich dann ganz langsam hin, auf das weiche Sofa hinter ihm. Yoshiki war tot? Sein Retter, sein Freund, sein Leidensgenosse war tot... hatte ihn einfach allein gelassen? Einfach so? "Wie... wie ist das passiert?" "Ich weiß es nicht... aber ich kann es mir denken. Mana hat ihn schon immer gehasst..." "Aber warum? Warum?" "Du weißt es doch... du hast es doch am eigenen Leib erfahren. Es ist so einfach, es ist der ewige sinnlose Kampf zwischen Licht und Dunkelheit. Dabei ist es so wichtig dass die Balance erhalten wird... Yoshiki war zu stark, zu einflussreich. Jetzt ist Mana der stärkste, seine Seite ist die stärkere. Zeit für Yoshikis Nachfolger... er muss stärker sein als Mana...und immer so weiter." Er würde lügen wenn er jetzt sagte, er verstand wovon You redete, also sagte er lieber gar nichts. Er wollte auch gar nichts sagen... Langsam legte er die Hände vor das Gesicht. Yoshiki war tot... still trauerte er um ihn, um einen guten Freund und Mentor, den er immer bewundert hatte. Wie sollte es denn jetzt nur weiter gehen, ohne ihn? Ohne seine helfende Hand, seine richtungsweisenden Worte? Sogar You konnte ihm keinen Trost spenden, obwohl er sich alle Mühe gab in der sanften Umarmung etwas beruhigendes, hoffnungsvolles zu finden. Mit Yoshiki war der einzige gestorben, der jemals verstehen würde, wie es sich anfühlte mit einer halben Seele leben zu müssen. Wer war jetzt noch da, der ihm zuhören würde? Der für ihn da war wenn die Finsternis wieder einmal zu groß und zu stark würde? Niemand... er war vollkommen allein. Die warm e Umarmung die ihn stützte erinnerte ihn daran, dass er zum Glück nicht immer mit seinen Gedanken und Ängsten recht hatte. You war da. ~ Fassungslos starrte Kaoru auf den schwarzen, rauchenden Körper zu seinen Füßen. Wie war das passiert? Was war geschehen? Er hatte das Ziel doch ganz klar erfasst und... Stechend spürte er Blicke auf sich, Blicke seiner Freunde. Sie starrten ihn an, offenbar unschlüssig was sie tun oder denken sollten. In Gedanken rief er leise nach ihnen, aber niemand antwortete. Warum war er auf einmal allein? Was war denn geschehen? Und... was geschah gerade? Er spürte nicht dass er sich bewegte, er sah es nur. Seine Hände hoben sich als würden sie nicht zu seinem Körper gehören, er sah wie sie Bewegungen vollführten, die er gut kannte, die er schon tausend mal gemacht hatte... er sah wie sich Energie zwischen seinen Handflächen sammelte, er sah wie sie wuchs... er spürte die Wärme nicht, konnte nicht fühlen wie das elektrische Kribbeln durch seine Haut pulsierte. Er konnte nur zusehen, wie sein Körper ohne seinen Willen Dinge tat. Die kleine Flamme wuchs weiter, dann wechselte sie die Farbe, dann schoss sie davon, geradewegs auf Toshiya zu, der noch immer neben Kyos Leiche auf dem Boden kniete und weinte. Shinya und Die sprangen in komplett identischen Bewegungen vor ihn, hoben die Hände und erzeugten ein Kraftfeld, welches den Angriff abblockte. Den Angriff... hatte er gerade seine Freunde angegriffen? Kaoru riss den Mund auf, aber seiner Kehle entkam kein Ton. Er starrte zu Die, dieser erwiderte seinen Blick, er bewegte seine Lippen hektisch und gestikulierte, er sah wütend aus... erst jetzt fiel Kaoru auf, dass er nichts hörte. Es war totenstill... Er versuchte den Kopf zu schütteln, doch es gelang ihm nicht. Vollkommen hilflos musste er dabei zusehen, wie er wieder die Hände hob und Energie sammelte, dieses Mal mehr als eben... Er konnte nichts tun. Das einzige, was er in seiner Verzweiflung versuchte war, so laut zu denken wie er konnte... vielleicht hörte Shinya ihn. "Haltet mich auf! Ich bin nicht mehr Herr über meine Sinne... haltet mich auf!" Der stumme Hilferuf verfing sich in Yu~kis Seilen, leierte aus, verblasste und verschwand dann vollkommen. ~ Kirito wusste nicht wohin er schauen sollte. Welche Grauen sollte er sich ansehen? Eine Wahl, die nicht gerade fair war... Sein Blick wanderte über die Gesichter um ihn herum. Er sah überall das gleiche... Schmerz, Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit. Ob das das Ende war? Nicht einmal Jun schien noch Hoffnung zu haben, er hing wie gelähmt in Kiritos Armen, sagte nichts mehr. Kohta lehnte neben ihm an der Wand, er hatte die Augen geschlossen. Schuldgefühle überkamen ihn, als er sich seinen Bruder so ansah... war es nicht seine Aufgabe gewesen, auch ihn zu schützen? Kohta hatte ihm so sehr vertraut, sich immer schon auf ihn verlassen. Und er hatte ihn enttäuscht. Was war er nur für ein miserabler großer Bruder? Langsam wanderte sein Blick zu Közi. Manas Lakai verhielt sich ruhig, er stand nur da und beobachtete das Geschehen still, obwohl eine Bestürzung in seinem Blick zu sehen war, die nicht wirklich passen wollte. In seiner Hand hielt er immer noch die Kette... Irgendwie musste er diese Kette zurück bekommen, er musste Kohtas Siegel wieder beschaffen. Aber wie? Er konnte Közi nicht angreifen, erstens hatte er kaum noch Kraft, zweitens würde er vielleicht das Siegel dadurch beschädigen oder gar zerstören. Das wäre Kohtas Tod... Leise seufzte er. Was sollte er nur tun? Er war hilflos, vollkommen hilflos. Das rasselnd keuchende Atmen von Aiji veränderte sich, es wurde etwas schneller und abgehakter als die angeschlagene Kreatur sich jetzt plötzlich wieder regte. Er stand auf, seine dürren Gelenke zitterten unter der Anstrengung, er rutschte fast auf seinem eigenen Blut aus als er sich mühsam aufrichtete. Mordlüsterne Augen sahen sich um, rasten von Gesicht zu Gesicht und blieben dann auf Jun hängen. Oh nein. Kirito reagierte blitzschnell. Er stieß Jun von sich weg, in Kohtas Richtung und sprang auf. Die Schmerzen spürte er beinahe gar nicht, seine ganze Konzentration legte er auf seine letzten Kraftreserven. Mit verzerrtem Gesicht sammelte er alles was er noch an Energie besaß, bündelte es, und griff Aiji an. Er zielte auf seinen Kopf, es war ihm jetzt egal dass er einen Freund töten musste. Er würde seine Aufgabe erfüllen, würde Jun und Kohta schützen. Irgendwie... Im Augenwinkel sah er, dass Takeo bei Kohta und Jun war. Er errichtete ein kleines Kraftfeld, es würde nicht lange halten, aber es war besser als nichts. Kohta richtete sich ebenfalls auf, so gut es noch ging hinkte er zu Kirito und lehnte sich schwer gegen ihn. "Ich helfe dir..." Kirito widersprach nicht. Er hatte versagt als es darum ging, seinen kleinen Bruder zu beschützen, er hatte das Recht verwirkt ihm sagen zu dürfen was er zu tun und zu lassen hatte. Gemeinsam bereiteten sie sich auf den Angriff vor, doch die spärliche Energie, die sie gemeinsam noch auftreiben konnten, verpuffte wirkungslos. Sie prallte an Aijis dicker Haut ab, machte das Monster aber noch wütender. Ein zorniger Schrei, der den Boden zum vibrieren brachte, dann holte er aus... Der Klauenbesetzte Arm erwischte Kirito und riss ihn zur Seite, schleuderte ihn einige Meter weiter weg wo er hart auf den Asphalt aufschlug und reglos liegen blieb. Der zweite Hieb erwischte Kohta, der sich im letzten Moment in seine Wolfsgestalt zurückgezogen hatte, um ihm wenigstens scharfe Zähne entgegen setzen zu können. Ohne Erfolg... er wurde ebenso einfach weggefegt wie sein Bruder, prallte gegen die Wand und blieb verkrümmt liegen. Das silberne Fell war von Blut und schwarzer Flüssigkeit verklebt. ~ Noch nie hatte er so etwas gesehen. Er verstand nicht was hier vorging! Wer war hier noch auf welcher Seite? Fassungslos beobachtete er, wie die Fünf sich gegenseitig bekämpften. Kaoru feuerte Energiestrahl um Energiestrahl ab, immer wieder und so rasend schnell, dass es aussah als würde er konstant einen Strahl gegen Toshiya feuern. Er konnte sich nicht schützen während er angriff, und so war er Dies Angriffen ausgeliefert, die ihn immer und immer wieder trafen. Aoi wusste, was das bedeutete. Langsam wanderte sein Blick zu dem Puppenspieler. Er hatte zwar ein Lächeln auf den Lippen, starrte aber die ganze Zeit konzentriert auf Kaoru. Ab und an zuckte sein Mundwinkel, bewegte sich seine Hand. Er lenkte ihn! Er manipulierte Kaoru! Wie gerne würde er das beenden... es wäre einfach, er würde bloß ein einziges mal angreifen müssen. Yu~ki schien auf nichts anderes zu achten als auf die Fünf, er war schutzlos... er könnte ihn einfach so töten und somit Kaoru retten... Aber der Puppenspieler arbeitete für Mana. Und Mana konnte er sich nicht wiedersetzen, ausgeschlossen. Er zwang sich förmlich dazu, den Blick abzuwenden. Er wollte das nicht sehen.. nicht mit dem Wissen, dass er eigentlich helfen konnte. Ein leises, ersticktes Winseln lenkte seine Aufmerksamkeit auf Kohta. Der weiße Wolf lag reglos da... das schöne Tier war verletzt und zerzaust. Einige Meter weiter lag sein Bruder, auch er bewegte sich nicht mehr... waren die beiden tot? Das Monster interessierte sich nicht mehr für die Brüder. Es hinkte keuchend auf Jun zu, der an die Wand gekauert dasaß. Er weinte stumm, starrte die Kreatur mit einer Mischung aus Angst und ungläubiger Verzweiflung an, Takeo kniete einige Meter weiter vor ihm, legte all seine Kraft in den flackernden Schutzschild. Das dünne Kraftfeld hielt nicht einmal einen einzigen Prankenhieb aus. Es verschwand und Takeo schrie leise auf, kippte dann zur Seite weg. Die plötzliche Zerstörung des Schildes hatte für eine Rückkopplung gesorgt, er hatte die volle Energie selbst abbekommen und sich damit ausgeschaltet. Jun war jetzt vollkommen schutzlos. Er drückte sich fest gegen die kalte Wand, schüttelte den Kopf und schluchzte leise. "Aiji!" Der naive kleine Junge erwartete doch wohl nicht etwa ernsthaft, dass dieses Monster noch auf seinen Namen hörte? Aoi, schloss die Augen kurz. Da war alles nur ein Alptraum! Einer seiner schrecklichen Träume, es konnte gar nicht anders sein! So viel Schreckliches auf einmal konnte doch gar nicht passieren! Er spürte eine Bewegung neben sich, öffnete die Augen - und erstarrte. "Reita!" Sein Freund rannte, er rannte so schnell er konnte auf Aiji zu... nein, auf Jun! Aoi war wie gelähmt, was hatte er vor? Das Monster setzte zum Sprung an, die Krallen ausgefahren, das Maul weit aufgerissen. Jun schloss die Augen. "Aiji!" Aoi erstarrte. Reita stand da... vor Jun. Die Arme ausgebreitet, den Blick auf das Monster gerichtet, das einmal sein Bruder gewesen war. Die Zeit blieb stehen. Kapitel 8: ----------- Nebel... Dunkelheit... Schmerzen... Angst... Aiji schwebte in einem Meer aus all diesen Gefühlen, konnte nicht an die Oberfläche gelangen. Er konnte nichts hören, nichts fühlen. Alles um ihn herum sah er nur verschwommen, nahm nicht wahr was er tat. Er war fremd in diesem Körper, er konnte ihn nicht bewegen, beherrschte ihn nicht mehr. Er tat was er wollte... Aiji hatte aufgegeben sich gegen sich selbst zu wehren. Es hatte keinen Sinn, dieser monströse Körper war stärker als er, er hatte gewonnen. Leise weinend sah er zu, wie Kohta und Kirito weg geschleudert wurden, musste mit ansehen wie Takeo aus dem Weg geräumt wurde, war dazu gezwungen zu spüren, wie der schreckliche Körper um ihn herum zum Sprung ansetzte. Er würde Jun töten. Er würde ihn umbringen. Die helle Seele, seinen Freund... er wollte ihn immer beschützen, wollte immer nur für ihn da sein, und jetzt? Jetzt würde er ihn umbringen. Verzweifelt schluchzte Aiji auf, aber der grausame Körper nahm keine Notiz davon. Er strecke die Krallen aus, hielt sie auf Jun gerichtet. Er würde seinen Kopf durchbohren. In Juns Gesicht spiegelte sich unglaubliche Angst wieder... Aiji zerriss es das Herz das zu sehen. Er hatte Angst vor ihm! Zu Recht... "Es tut mir so leid! Es tut mir so leid!" In Gedanken entschuldigte er sich immer und immer wieder, wie ein Mantra. Gleich würde er Jun töten... Doch dann geschah etwas, etwas unerwartetes. Zwischen ihn und Jun trat eine andere Gestalt. Zunächst verschwommen wurde das Bild immer klarer und schließlich sah er ihn ganz deutlich... die Arme schützend ausgebreitet... er würde den Angriff abwehren, würde Jun schützen... Ruki? Ruki hatte das vor so langer Zeit getan, er hatte... Nein, Ruki war tot! Ruki war damals gestorben, weil er jemanden schützen wollte... jemanden, den er liebte... auf den er immer neidisch gewesen war... der immer für ihn da gewesen war... Plötzlich erkannte er ihn Das blonde Haar, hier und da schwarze Strähnen... sie verdeckten das halbe Gesicht... die helle Stoffbinde, die Nase und Wangen verbarg... ein klares, dunkles Auge mit wachsamem Blick, das ihn geradewegs ansah, ein schön geschwungener Mund, auf dem ein bitteres Lächeln lag... Reita... das war Reita! Aber warum... was tat er da? War er nicht auf Manas Seite? Gehörte er nicht zu denen, die Jun schaden wollten? Hatte er nicht damals seine Seele an Mana verkauft um leben zu können? Damals, als er als Wächter versagt hatte? Und dann verstand Aiji. Reita hatte nicht versagt... er wäre damals gestorben um Ruki zu schützen. Er hatte so gut gekämpft wie er konnte, dann hatte er sich einfach immer wieder von den Angriffen des Dämonen treffen lassen... er wollte ihn von Ruki ablenken! Er hatte gewartet... Auf ihn. Er hatte auf ihn gewartet, hatte ihm vertraut Ruki zu retten. Er hatte ihm die ganze Zeit unrecht getan... sein Bruder war nicht feige gewesen... er war damals so mutig gewesen, so mutig wie heute. Er würde sterben, Aiji würde ihn töten! "Reita, weg da! Weg da!" Aber er hörte ihn nicht... er stand da, und sah ihn an. Wissend, dass er sterben würde. "Nein, Reita! Nicht! Bruder!" Mit einem Schlag spürte Aiji, wie seine Eifersucht, sein Hass, sein Zorn und seine Enttäuschung über Reita von ihm abfiel. Es war, als würden Ketten von ihm abgenommen, als würde ein stechender Ring, der immer um sein Herz gelegen hatte, zerfallen und gesprengt. Er spürte auf einmal ungeheure Kraft in sich aufkeimen, die tief in seinem Inneren ihren Ursprung hatte. Genau dort, wo die Gefühle verankert waren, die er gerade zum ersten Mal seit Jahren wieder spürte: Stolz und Sorge um seinen Bruder. Ein ohrenbetäubendes Kreischen war zu hören, dann rasender Schmerz, dann große Hitze. Er spürte, wie der Körper um ihn herum sich veränderte... und mit der Veränderung kam das Bewusstsein wieder, er konnte wieder hören, konnte wieder klar sehen, klarer als je zuvor! Er spürte seinen Körper wieder, konnte sich selbst wieder fühlen! Mehr noch, er spürte eine unendlich große Kraft, sie durchströmte ihn, durchschoss seine Adern, pulsierte mit jedem Herzschlag in seinem Inneren. Reita fing ihn auf... er fiel in die Arme seines Bruders, umklammerte ihn, hielt sich an ihm fest. Er hatte ihn so vermisst! Aber er hatte kaum Zeit dieses Gefühl auszukosten, kaum hatte er seinen Bruder berührt, durchschlug ihn ein neues Gefühl. Er spürte Reita in sich, überall... sein Herz schlug im selben Takt mit ihm, für den Bruchteil einer Sekunde verschmolzen sie miteinander. Dumpf erinnerte Aiji sich an das, was Takeo ihm einmal gesagt hatte... "Wenn du deine Kräfte erlangst, wird das erste, was du danach berührst, zu deinem Siegel. es wird automatisch zu dem, was dich am Leben erhält." Die Freude, dass seine Kräfte endlich erwacht waren wurde nur durch die Freude überragt, dass er seinen Bruder endlich wieder hatte. ~ Ein Lächeln war das einzige, was er ohne Schmerzen noch zustande brachte. Er konnte sich keinen Zentimeter mehr bewegen, er hatte das Gefühl als wären sämtliche Knochen zermalmt und alle Gelenke ausgekugelt, trotzdem lachte er. Das, was er gerade beobachten durfte ließ unglaubliche Freude in ihm aufkeimen, so seltsam diese Szene auch gewesen war. Das Monster war bereits im Sprung als es plötzlich laut aufschrie, und sich vor Kiritos Augen in seinen guten Freund Aiji zurückverwandelte, der mit ausgebreiteten Armen und Tränen in den Augen auf seinen Bruder zustürzte. Kirito hatte Reita zuerst gar nicht klar gesehen, sein Blick war auf Aiji fixiert gewesen. Wie war das nur möglich? Er hatte die Hoffnung vollkommen aufgegeben, hatte sich schon damit abgefunden zu sterben, in dem Wissen versagt zu haben. Und jetzt? Jetzt stand da dieser Reita und hielt Aiji fest, in seiner menschlichen Gestalt, vollkommen unverletzt. Und ungewohnt stark. Kirito konnte Aijis Kraft spüren, ihn umgab eine starke Aura, ein mächtiges Element war erwacht. Vorsichtig versuchte er mit Aiji in Gedanken Kontakt aufzunehmen, sachte um ihn nicht zu erschrecken. "Aiji... hörst du mich?" Es dauerte eine Weile bis eine Antwort kam. Leise und spürbar unsicher. "Kirito? Ja, ich kann dich hören... Kirito, das ganze tut mir so leid, ich wollte das nicht, ich habe nicht gewusst das...." "Schon gut... ich bin nur froh, dass es dir wieder gut geht! Und ich bin stolz auf dich." Aiji hob den Kopf von Reitas Schulter und sah zu ihm, sofort zeichnete sich schneidende Schuld auf seinem Gesicht ab. "Oh Gott es tut mir so leid, ich habe..." "Schh... darum kümmern wir uns später... du musst etwas für mich tun! Bitte... Közi hat meine Kette... ich brauche sie wieder! Bitte!" Aijis Blick wanderte automatisch zu Kohta, der noch immer reglos da lag. Sachte löste er sich aus der Umarmung seines Bruders, wollte gerade etwas sagen als Jun ihn von der Seite ansprang. Kirito beobachtete lächelnd wie Aiji Jun durch die Haare strich und Jun sich immer noch heulend an ihn klammerte, dieses Mal aber vor Erleichterung. Für ein paar Sekunden hatte er das Gefühl als wäre alles wieder in bester Ordnung, dann fiel ihm aber wieder der Puppenspieler ein... "Aiji! Der Puppenspieler, er manipuliert das Medium der Fünf... du musst ihn ausschalten!" ~ "Reita?" Aoi traute sich nicht laut nach ihm zu rufen. Er hatte das Gefühl zu stören... er zitterte noch immer am ganzen Leib, das Bild der Bestie, die auf Reita zugesprungen war, wollte ihn noch nicht so recht verlassen, auch wenn nun anstatt dem Monster Aiji wieder da stand. Er hätte Reita beinahe verloren... schon wieder. Langsam ließ er den Blick sinken. Aiji war also zurück in Reitas Leben. Er hatte also seinen großen Bruder wieder, zu dem er immer aufgesehen hatte, und den er in den letzten Jahren so sehr vermisst hatte. Es war nicht wirklich Eifersucht die Aoi überfiel, er gönnte es seinem Freund so sehr! Es war eher eine seltsame Art von Bedauern, eine leise Trauer darüber, dass er nun nicht mehr der einzige war, dem Reita vertraute. Aiji war keine Konkurrenz, er war eher der ... Favorit. Wie konnte er schon gegen Reitas Bruder ankommen? Müde seufzend lehnte er sich an die Straßenlampe und ließ den Blick auf Reita ruhen, der in einiger Entfernung stand und sich jetzt zu Kirito hinunter beugte, ihm aufhalf... Hm, so schnell ging das also... Jetzt half er schon den Freunden seines Bruders. Ihrem eigentlichen Ziel... er widersetzte sich Mana, trotz dem großen Risiko das für ihn bestand. Er hatte Aoi bereits völlig vergessen wie es schien. "Aoi..." Er hatte diese Stimme im Laufe der Jahre hassen gelernt. Aiji kam auf ihn zu, hob eine Hand. Um ihn zu grüßen? Ihn zu beschwichtigen? Wie auch immer. "Aoi... ich... es tut mir so leid, das was damals passiert ist, das was heute passiert ist, alles! Ich werde mich noch anständig dafür entschuldigen wenn das hier vorbei ist... ich bitte dich mir zu helfen das wieder gut zu machen was ich angerichtet habe! Bitte!" Sollte er darüber jetzt wütend sein, oder sollte er den Mut anerkennen den es Aiji sicher kostete ihn um Hilfe zu bitten? "Ich werde den Fünf helfen... bitte hilf mir dabei!" "Ich kann nicht." Wie sollte er denn? Mana würde Reita zermalmen... wieder schossen ihm die Bilder in den Kopf, die ihr Boss ihm immer und immer wieder geschickt hatte. Reitas Körper, der in der Luft zerrissen wurde, sein Gesicht, blutig und entstellt... in einem Moment der Schwäche und der Wut schickte er Aiji diese Bilder. Er sollte sehen, was Aoi seit Jahren jede Nacht sehen musste! Er sollte die Angst spüren, mit der er jeden Morgen aufwachte! Die Hilflosigkeit die ihn auf Schritt und Tritt begleitete! "Was war das?" "Das passiert wenn ich mich Mana widersetze! Deshalb kann ich dir nicht helfen. Reita bedeutet mir viel." "Mir auch..." "Ach... auf ein mal?" "Nein, schon immer! Ich habs nur vergessen..." Traurig senkte Aiji den Kopf und seufzte leise, er hatte beinahe vergessen, dass er auch Aoi weh getan hatte. Kurz überlegte er ob er etwas sagen sollte, aber ein erstickter Schrei und der Gestank von verbranntem Fleisch riss ihn aus seinen Gedanken. ~ "...das ist alles was ich bisher weiß..." Gackt hatte ihm die ganze Zeit ruhig zugehört, jetzt senkte er den Kopf. Das war alles irgendwie zu viel... er verlor den Überblick, was geschah hier? Dieses Monster war wieder menschlich? Und hatte neue Kraft? Und Yoshikis Nachfolger war auch da? "Wie ist das möglich? Dass er von selbst den Weg zurück gefunden hat, meine ich?" "dass er seine Menschlichkeit wiedergefunden hat? Ich bin nicht sicher... ich kann es mir nur so erklären, dass etwas das ihn immer blockiert hat auf einmal weg war. Das war sicher auch der Grund dafür, dass er seine Kräfte nie entfalten konnte. Gefühle sind solche Blocker... Hass, Eifersucht, Selbstzweifel, Starrköpfigkeit. Sowas könnte der Grund gewesen sein, und wenn diese Blocker auf ein mal verschwinden entfaltet er seine Kraft. Ich bin nicht sicher ob es so war, aber es wäre möglich..." "Und wer ist Yoshikis Nachfolger?" You setzte zu einer Antwort an, erstarrte dann aber. Sein blick ging wieder in die Ferne, seine Hände zitterten leicht. Gackt rutschte etwas näher zu ihm. Er hatte immer Angst wenn er You so sah, die leeren Augen, das erstarrte Gesicht... er sah aus wie eine lebende Statue. "Kaoru... er stirbt..." "Was? Wieso? Was bringt ihn um?" "Seine Freunde." ~ Lachend zog der Puppenspieler seine Fäden enger um Die, er wäre ihm fast entwischt! Ab und an schien das Auge der Fünf...nunja, der ehemals Fünf, die Fäden zu sehen wenn sie sich bewegten. Er wäre ihm fast entkommen, aber jetzt hatte er ihn wieder! So sehr Toshiya und Shinya auch versuchten die beiden aufzuhalten, Kaoru und Die leisteten sich seit geraumer Zeit ein erbittertes Duell... auf Leben und Tod. Dabei kontrollierte Yu~ki manchmal Die, manchmal Kaoru, wie er gerade Lust zu hatte. Es war erstaunlich, wie schwach sie einzeln waren... kaum stärker als dieser kleine dumme Unterdämon, von dem ihm Juka beiläufig erzählt hatte. Aber es reichte um sich gegenseitig umzubringen. Kaoru würde es nicht mehr lange machen, er lag bereits am Boden, konnte sich kaum noch bewegen und hatte keine Kraft mehr. Als Medium hatte er von Natur aus die wenigste Kampfkraft. Oh, Toshiya der Dummkopf stellte sich nun vor ihn um ihn zu schützen, blockte ein paar von Dies Angriffen ab, wurde aber ein paar Mal schlimm getroffen. Wie selbstzerstörerisch, dachte Yu~ki und lachte leise. Die dummen Menschen, was brachte es schon sich für andere zu opfern? Aber bitte, das machte es nur noch einfacher für ihn. "Soso, ein mutiges Kindchen, jaja..." Ein kleiner Ruck an der richtigen Schnur, und Kaoru stand auf, bündelte seine Energie und schoss Toshiya in den Rücken. "Uiui, das hat aber sicher weh getan, jaja...." Das war aber auch zu herrlich! Toshiya schrie auf, er hatte nicht erwartet, dass er von hinten angegriffen wurde. Achtlos ließ der Puppenspieler Kaoru wieder fallen, er war so gut wie am Ende. Toshiya war eine viel interessantere Marionette! Und so einfach zu kontrollieren... "Soso, dann wollen wir mal gemeinsam spielen, Kindchen, jaja..." Was für ein Spaß! Shinya war machtlos, er stand nur da und versuchte ab und zu kläglich die beiden auseinander zu bringen und sie davon abzuhalten sich umzubringen, jedoch ohne Erfolg. Er sollte sich nur gedulden, Yu~ki würde sich ihm auch noch annehmen. Lachend zog er kurz an den Fäden und warf Toshiya zu Boden, jetzt musste er nur noch... was war das? Im Augenwinkel sah er eine Bewegung, was geschah dort? Er wandte nur kurz den Blick ab, aber lange genug um noch zu sehen, wie ein Geschoss aus reinem Feuer ihm entgegenschnellte. Er schaffte es noch auszuweichen, verlor dabei aber seinen Zylinder, der sofort Feuer fing. Die Kontrolle über Toshiya und Die musste er aufgeben. "Ohoh, was war denn das? Tztz, mein schöner, schöner Hut..." Feindselig lächelte er Aiji an, der etwas verwirrt auf seine Hände starrte. Offenbar war er selbst überrascht davon, was er für Kraft hatte. "Ohoh, das war ein Fehler, jaja!" Langsam hob Yu~ki die Hände. Diesen Kerl würde er gut gebrauchen können, er würde Toshiya und Die vermutlich schnell umbringen. Doch bevor er seine Fäden um Aiji spinnen konnte, wurde er von der Seite angegriffen. Shinya, den hatte er ja beinahe vergessen! Er griff ihn nun an, ohne Zurückhaltung oder Rücksicht auf Die und Toshiya, die dabei ebenfalls etwas abbekamen weil sie in der Schusslinie standen. Für so entschlossen hatte er ihn nicht gehalten. Er hatte ihn wohl unterschätzt... "Nein nein, so geht das aber nicht, nein nein!" Grob zerrte er an einem Faden und riss Toshiya so vor sich, als lebenden Schutzschild. Ob Shinya sich auch so traute zu feuern? Sicher nicht, er würde Toshiya voll erwischen. "Jaja, da ist Freundschaft schnell eine Schwäche was? Tztz..." Er hatte den Satz noch nicht zu Ende gesprochen, da spürte er wie etwas gegen seinen Rücken prallte. Scharfe Krallen bohrten sich in seinen Rücken und zerfetzten seinen schönen Frack. Neben seinem Ohr hörte er ein lautes Fauchen, dann spürte er wie sich scharfe Zähne in seinen Oberarm bohrten. Er hörte Knochen brechen und Sehnen reißen, bevor der betäubende Schmerz einsetzte, als ihm der Arm abgebissen wurde. Gleichzeitig traf ihn der Angriff von Shinya, der darauf vertraut hatte, dass Toshiya rechtzeitig ausweichen würde. Und das tat er auch. ~ Reita konnte den Blick nicht von Aiji wenden, als dieser mit Shinya gegen den Puppenspieler kämpfte. Das war sein Bruder... Stolz erfüllte ihn, als er die enorme Kraft und das Geschick sah, mit dem Aiji Yu~ki bekämpfte. Er würde gern mit ihm zusammen kämpfen, Seite an Seite. Aber das ging nicht, würde sicher niemals gehen. Langsam suchte sein Blick nach Aoi. Sein Freund stand da, abseits von allem und beobachtete stumm und mit ungewohnt traurigem Ausdruck was hier geschah. Reita seufzte leise, er kannte seinen Gefährten, er wusste was er sich gerade dachte, wovor er gerade Angst hatte. Er war so dumm... Ein seltenes Lächeln schob sich auf Reitas Lippen und er ging auf Aoi zu. Mana würde ihm sicher nicht mehr viel Zeit geben, er wollte sich noch bei ihm bedanken, für alles was er für ihn getan hatte. Für jeden Moment, in dem er für ihn da gewesen war, für jedes Wort das er ihm geschenkt hatte. Für alles. Ein lautes Fauchen ertönte, und Reita sah sich um. "Aiji..." Überrascht starrte er auf das Tier, das auf den Puppenspieler zurannte und ihn dann ansprang. Ja, das passte zu ihm... es hätte nichts anderes sein können. Das schwarze Fell des Panthers schimmerte im Mondlicht, die Krallen blitzten kurz auf bevor sie sich in den Rücken des Puppenspielers bohrten. Die Augen leuchteten, das Feuer das hinter ihnen brannte loderte hell und gab einen kleinen Einblick auf die Kraft, die in ihm steckte. Reita beschloss, dass er nie so ein schönes Tier gesehen hatte. Eine Weile betrachtete er seinen Bruder in dieser Gestalt noch, dann wandte er den Blick wieder zu Aoi - aber er sah nur noch seinen Rücken, in der Ferne. Er ging einfach... ~ Es kam ihm vor als würde die Luft immer kühler, je weiter er sich von den anderen entfernte. Der Wind wehte sanft, streichelte ihn beruhigend. Dabei brauchte er das gar nicht, er war ruhig. Aoi ließ den Kopf matt hängen und ging mit schnellen Schritten einfach die Straße entlang, wohin auch immer sie führte. Egal, Hauptsache weg. Weg von Mr. Supermann... Aiji war viel stärker als er, er beherrschte nicht nur das Element des Feuers, nein... er teilte seine Seele mit einem so starken Tier. Reita waren fast die Augen aus dem Kopf gefallen als er seinen Bruder beobachtet hatte... Ja, so ein Held, rettet die Meister vor dem Puppenspieler, bringt ihn fast alleine um... und ist nebenbei noch Reitas großer Bruder. Wie sollte man denn da noch mithalten können? Seufzend blieb Aoi kurz stehen, zog seine letzte Schachtel Kippen aus der Tasche. Der bläuliche Rauch stieg in die Nachtluft und löste sich dort einfach auf. Ab jetzt würde alles anders sein. Und er konnte nichts dagegen tun. Resigniert seufzte er und ging weiter. Was auch immer geschehen würde, er würde zurück zu Mana gehen. Würde weiter für ihn arbeiten, damit Reita am Leben blieb. Das war das wichtigste, für ihn zumindest. Auch wenn er jetzt sicher bei seinem Bruder bleiben würde... "Aoi? Aoi, warte!" Zögernd blieb er stehen. Was wollte Reita noch? Sich verabschieden? "Warte doch... wohin gehst du?" "Nach hause..." "Ohne mich?" "Na und?" "Es ist nur... wir sind noch nie allein irgendwo hin gegangen..." "Du hast doch jetzt Aiji, der wird schon auf dich aufpassen. Er kann das sicher besser als ich." Plötzlich war Reitas Stimme sehr nah... er musste direkt hinter ihm stehen. "Er hat doch schon jemanden, auf den er aufpassen muss..." Langsam drehte Aoi sich um. Reita lächelte ihn an, ein ehrliches glückliches Lächeln. Er legte den Kopf leicht schief und lachte leise, dann öffnete er den Mund um etwas zu sagen, in diesem Moment räusperte sich jemand hinter Aoi. "Verzeihen Sie bitte. Ich möchte nicht stören." Instinktiv nahm Aoi eine abwehrende Haltung ein, stellte sich schützend halb vor Reita. Közi winkte nur ab und kam einen Schritt näher. "Kein Grund zur Besorgnis, ich bin lediglich hier um Ihnen etwas zu geben." Manas Diener streckte die Hand aus und hielt Aoi etwas kleines, silbernes hin... "Ich händige Ihnen Reitas Siegel aus. Ich empfehle Ihnen aber, sich von nun an vorsichtig zu verhalten. Diese kleine Gefälligkeit bleibt selbstverständlich unter uns, ich hoffe dass ich mich dahingehend auf Sie verlassen kann. Verständlicherweise wäre Mana nicht erfreut zu erfahren, dass ich Ihnen den Ring gegeben habe. Sie verstehen?" Nein, er verstand überhaupt nichts. Was ging hier vor? Közi, Manas rechte Hand stand hier vor ihm und wollte ihm Reitas Siegel wieder geben? Das konnte doch nicht wahr sein, das musste ein übler Trick sein! Zögerlich streckte Aoi die Hand aus... er musste das jetzt wenigstens versuchen, denn was, wenn er es wirklich ernst meinte? Er hielt die Luft an als seine Fingerspitzen auf kaltes Metall trafen. Langsam nahm er den Ring und zog die Hand zurück, immer noch vorsichtig, als könnte er jeden Moment explodieren. Es geschah aber nichts... "Ach und wenn Sie so freundlich wären und würden diese Kette ihrem Besitzer zurück geben... ich würde es selbst tun aber ich habe leider keine Zeit mehr. Mein Herr ist auf dem Weg hierher, und ich werde versuchen ihn vorher abzufangen. Ich bitte Sie nochmals, dies hier alles unter uns zu belassen. Ich danke Ihnen, und... viel Glück!" Eine galante Verneigung, dann verschwand Közi im Schatten und ließ nur große Verwirrung zurück. "Reita....uhm... der gehört dann wohl dir." "Nein, behalte ihn... bitte." Ungläubig betrachtete Aoi erst den Ring, dann seinen Gefährten. War das sein Ernst? Reita machte nie Späße derart, und wenn er etwas sagte dann meinte er es auch so... "Du meinst das ernst?" "Ja. Ich wüsste nicht, bei wem er besser aufgehoben wäre." ~ "Wie geht es Kaoru?" "Er erholt sich langsam. Er schläft wohl noch." Kirito nickte verständnisvoll und gab Shinya die Tasse, an dem sich der Meister die langen dürren Finger wärmte. Seit die Verbindung der Fünf durch Kyos Tod unterbrochen war, fror er ständig. Ob er sich jemals daran gewöhnen würde? Sicher nicht... "Was ist mit dir und deinem Bruder? Seid ihr auch wieder einigermaßen auf den Beinen?" "Klar, wir sind wieder voll einsatzbereit." Kirito verdrehte die Augen als er die Stimme aus dem Wohnzimmer hörte. Typisch Kohta... grinsend kam er nun in die Küche und setzte sich zu den anderen an den Tisch, stand aber sofort wieder auf als Jun herein kam um ihm seinen Platz anzubieten. Jaja, dachte Kirito sich. Auf der einen Seite Macho aber wenn's dann drauf ankommt ein Kavalier. Aber da waren sie nicht wirklich sehr verschieden... "Habt ihr schon eine Ahnung was ihr jetzt machen werdet?" Toshiya und Die zuckten mit den Schultern und sahen das stellvertretende Medium abwartend an, Shinya schwieg eine Weile. "Wir warten bis es Kaoru besser geht. Dann sehen wir weiter. Wir sind es nicht mehr würdig, uns Meister zu nennen." "Übertreibst du da nicht ein wenig?" "Nein. Wir zogen unsere Kraft voneinander, aber wir... sind jetzt nicht mehr vollständig." "Kyo..." "Ja. Ein Element fehlt, also sind wir alle nicht mehr miteinander verbunden. Die Symbiose wurde aufgelöst." "Also wird es keine Fünf Meister mehr geben..." "Nein. Ich habe mit jemandem gesprochen, der früher mit uns gekämpft hat. Er wäre in der Lage Kyos Lücke vielleicht zu füllen, aber er teilte mir mit, dass er eine wichtigere Pflicht zu erfüllen habe." Kirito war überrascht von der Sachlichkeit, mit der Shinya sprach. Er hatte vor ein paar Tagen einen Freund verloren, aber man sah ihm die Trauer nicht an. In gewisser Weise war das vielleicht seine Art, zu trauern... die selbe Methode die auch Kirito benutzen würde. "Ich... ich versteh noch immer nicht ganz was hier überhaupt passiert ist aber... ich... wollte mich bei euch allen noch entschuldigen, weil ihr... na ja das war alles nur wegen mir!" Aiji lachte und wuschelte Jun durch die Haare, brachte so seine wie immer sorgfältig gestylte Frisur vollkommen durcheinander. Dieser Dummkopf! "Wenn du was dafür könntest, dass du diese helle Seele hast dann würde ich dich jetzt zusammen schlagen. Da du aber nichts dafür kannst ist es doch egal! Ich bin nur froh, dass dir wirklich nichts passiert ist, und ich denk mal das gilt für alle hier." Einheitliches Nicken war die Antwort und Jun senkte verlegen den Kopf. "Und was wird dann jetzt passieren?" "Wir werden weiterhin deine Wächter sein. Denn auch wenn es jetzt erst mal ruhig sein wird um Mana, er ist noch da und du bist immer noch ein attraktives Mittagessen für ihn und alle anderen Seelenfresser." "Du hast wirklich ein Talent dafür, dich besonders feinfühlig auszudrücken Aiji." "Wie hättest du es denn gesagt damit der hier das versteht?" "Was soll das wieder heißen?" Aiji lachte und neckte Jun weiter, der versuchte sich verbal zu wehren - ohne Erfolg. Wie immer... Kirito beobachtete die beiden eine Weile. Seit Aiji seine Kräfte hatte war er ein anderer Mensch... nein, nicht wirklich anders, nur glücklicher. Er war stolz und erleichtert, ab und zu sprach er in Gedanken mit Kirito oder Kohta, schien seine Kräfte auszuprobieren und auszutesten. Kirito beobachtete ihn gern dabei... er war so froh und glücklich, dass Aiji endlich seinen Traum erfüllen konnte. Oder hing Aijis Unbeschwertheit damit zusammen, dass er seinen Bruder wieder hatte? Der Gedanke an Reita brachte Kirito zum Lächeln. Er hatte mit Sicherheit nicht einmal gewusst, wie wichtig er war... Auch Kirito hatte es erst später verstanden, genau wie Közis abstruse Handlungen. Starb ein Siegel, so starb der Wächter... wäre Reitas Siegel zerstört worden, dann hätte nicht nur Reita sein Leben verloren. Aoi und Aiji ebenfalls... sie teilten sich ihr Siegel: Reita. Közi hatte ihm den Ring zurück gegeben, damit das Gleichgewicht wieder gesichert war. Kirito hoffte nur, dass Mana nicht herausfand, zu was sein treuer Diener seit Yoshikis Tod geworden war... Eine Weile sah Kirito sich in seiner kleinen Küche um. Die Überlebenden dieses schlimmen Kampfes saßen hier und tranken Tee zusammen, als wären sie eng befreundet oder würden sich schon lange kennen. Kaoru fehlte, er war noch immer recht angeschlagen und hatte es deshalb vorgezogen, zu hause zu bleiben, Aoi und Reita fehlten ebenfalls. Reita... schon wieder kehrten Kiritos Gedanken zu Aijis Bruder zurück. Er hatte ihm an jenem Abend die Kette wiedergegeben und ihn gebeten, gut auf Aiji aufzupassen. Er würde sich melden, hatte er gesagt, dann war er mit Aoi verschwunden. Aiji hatte auf diese Nachricht anders reagiert als Kirito befürchtet hatte, er hatte nur genickt und mit fast kindlicher Überzeugung gesagt: "Wenn er sagt, dass er sich meldet, dann tut er das auch." Es war der erste Abend seit Monaten, an dem sie alle halbwegs unbeschwert reden konnten, an dem niemand Angst hatte und niemand befürchten musste, sich zu verraten oder etwas aufs Spiel zu setzen. Bis tief in die Nacht blieben sie bei Kirito und Kohta, unterhielten sich, redeten über alles außer über diese Nacht vor vier Tagen, die ihr Leben verändert hatte und Schatten hinterließ, die sich noch weit in die Zukunft hinein ziehen würden. Gegen Morgengrauen verabschiedeten sich Shinya, Die und Toshiya und verschwanden. Sie sagten nicht ,auf wiedersehen' als sie gingen, niemand wusste ob es ein Wiedersehen geben würde. Auch Aiji, Jun und Takeo verließen die Wohnung der beiden Brüder am frühen Morgen. "Also dann bis übermorgen zur Probe?" "Ja...bis dann!" "Und pass auf dich auf, Jun!" "Warum, dafür hab ich doch euch!" ~~ENDE~~ so... das war es endgültig. Danke an alle die mich dazu angetrieben haben weiter zu schreiben, danke an alle die bis hier her gelesen haben... danke!!! Eure Sue [EDIT 11.10.07: Ich habe eine Sidestory zu "Balance" hochgeladen, "Der Silberne Schimmer" erzählt die Geschichte, wie Kohta und Kirito zu ihren Kräften kamen. Ein zweiter Teil zu "Balance" ist in Arbeit!] Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)