Tage wie diese... von yume22 (Life sucks! (Kap11 ist da)) ================================================================================ Kapitel 12: Wunder ------------------ Kapitel 12 „Wahnsinn der Liebe“ Man liebt, weil man liebt. Dafür gibt es keinen Grund. (Der Alchemist) Paulo Coelho Der Wahnsinn hatte einen Namen. Max. Womit hatte er es nur verdient? Erst stalkte ihn Steven wegen Jessy und nun hatte er Max an der Backe, der ihn wegen Ai nicht in Ruhe ließ. Natürlich durfte man Alex nicht vergessen – der es aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen auf ihn abgesehen hatte. Der Grund war Liebe, so sagte es jedenfalls Alex aber - So langsam kam es ihm so vor, als ob er sich in einem schlechten Drama befand, oder in einem von Jessys BL Mangas, die sie ihm letztens erst wieder gezeigt und sogar in die Hand gedrückt hatte. »Wenn auf einmal gleich zwei Jungs hinter dir her sind solltest du vorbereitet sein. Aber keine Angst, Chibi, ich passe auf, dass dir keiner von ihnen zu nahe kommt!« Das war O-Ton Jessy. Er hatte sich diesen Manga angeschaut. Ehrlich. Der Wille war da. Am Anfang ging es sogar. Eine Liebesgeschichte zwischen einem Jungen in seinem ersten Highschool Jahr in Japan, der in seinen Senpai verliebt war. So weit so gut. Das alles war ja nicht schlimm. Doch dann fing es etwa in der Mitte an übel zu werden. Es ging auf einmal richtig zur Sache und als er sah was den Jüngeren Protagonisten alles erwartete hatte er den Manga doch tatsächlich von sich weggeworfen. Sein Herz klopfte immer noch wie wild, wenn er daran dachte. Das würde er auf keinen Fall zulassen! Niemand würde das! mit ihm tun. Niemals. Er mochte zwar schwach aussehen, schmächtig und klein aber niemand würde das tun was er in Jessys Manga gelesen hatte. Da waren auch ein paar richtig schlimme dabei. Erst recht würde Alex so etwas nicht mit ihm tun! Allein, wenn er daran dachte wurde ihm schlecht. Sein Magen drehte sich um. Sein Agressionslevel stieg. Sein Herz schlug schneller. Sein... Sein Herz? „ARGH! Himmel, ich wandere lieber wieder nach Japan aus und lass mich dort von den irren Psychopathen mobben als weiter hier zu bleiben!“ Auf einmal öffnete sich die Tür und Alex stand in seinem Zimmer. Er atmete schnell und sah irgendwie abgehetzt und besorgt aus. „Ist was passiert? Ich habe dich schreien hören.“ Ja, es war etwas passiert! Der Grund für seine Laune stand gerade vor ihm und er ballte die Hand zur Faust. „Verschwinde aus meinem Zimmer!“ Was war mit diesem Idioten los? Warum drehte sich der Kerl nicht einfach um und oder löste sich in Luft auf? Er kannte die Antwort bereits und diese gefiel ihm nicht. Ganz und gar nicht. Alex starrte auf den Manga auf dem Boden, daneben lag noch ein zweiter, den er vor ca. einer Stunde dort hingeworfen und vergessen bzw. verdrängt hatte. Es war einer aus der Sparte – Hardcore. Er hörte nur noch Alex' Schlucken und wie dieser sich zu dem verräterischen Exemplar japanischer Schundliteratur – auf das die Mädchen unverständlicherweise voll abfuhren – vorbeugte und es aufhob. Stille. Keiner von ihnen sagte etwas. Er selbst überlegte nur, ob es besser wäre gleich auszuwandern, oder sich dieser Peinlichkeit zu stellen. Da er wusste, dass weder Shin, Shinji, Ai und erst recht nicht Jessy ihn gehen lassen würden blieb nur noch sich dem Ganzen zu stellen. „Also, das gehört nicht -“ Da war er, dieser Blick. Alex schaute ihn an wie eine Mischung aus gelber Elefant und blondem Etwas. „Du liest so etwas? Interessierst du dich etwa dafür?“ Bevor auch nur eine Erwiderung kam drückte Alex ihn an die Wand. Dessen Haare streiften sein Gesicht, er konnte ihn sogar riechen. Ja, riechen! Da kam anscheinend jemand direkt aus der Dusche. Das erklärte die Tropfen, die an seiner Wange herabliefen, da Alex' Haare noch nass waren. Jetzt erst wurde ihm bewusst, dass dieser Idiot halbnackt im Zimmer stand. Der erste Schock hatte ihm die Sicht benebelt. „Also, nein, eher nicht. Ich -“ Dieses Mal waren es Alex' Lippen, die ihn am Weiterreden hinderten. Warum stellte dieser Kerl ihm eine Frage und ließ ihn nicht antworten und warum küsste er ihn?! Die Ohrfeige, die daraufhin folgte war so laut, dass sie in seinen Ohren noch lange wieder hallte und er war sicher, dass es Alex nicht anders erging. Ein roter Handabdruck wurde auf dessen Wange sichtbar. „Bist du wahnsinnig? Lebensmüde? Oder einfach nur bescheuert?!“ Mit aller Kraft löste sich Yue von dem Größeren, schaute ihn schnell atmend an. „Ich habe dir gesagt, dass du mich nicht mehr küssen sollst. Wie oft soll ich dir das sagen? Wann verstehst du es endlich? Ich gebe dir eine Hand und du greifst gleich nach dem ganzen Arm. Reicht dir Freundschaft denn nicht aus? Musst du mit deiner Aktion alles kaputt machen?!“ „Es...tut mir leid. Ich dachte nur -“ Der Manga fiel wieder auf den Boden. Jessy wäre bestimmt alles andere als erfreut über den Zustand. An sich war es ihm aber egal. Am Ende hatte es ihm nur Probleme bereitet. „Hör auf zu denken, da kommt nichts bei raus.“ Knurrend winkte Yue ab und zeigte zur Tür. Alex sollte endlich wieder verschwinden. Diese ganze Familie sollte verschwinden und ihn in Ruhe lassen. Am Liebsten wäre es ihm, wenn er mit seiner Tante endlich von hier weggehen könnte. Er wollte nicht mehr unter dieser geheuchelten Großzügigkeit und dem Mitleid von Alex' Vater leben. Er wollte sich nicht aushalten lassen und einem Mann dankbar sein, der es gewagt hatte seine Eltern in den Dreck zu ziehen. Seine Mutter hatte seinen Vater geliebt – über alles! Niemals hätte sie ihn betrogen und erst recht nicht mit jemandem wie diesem Bennington. Dieser Mann hatte kein Recht sich in sein Leben einzumischen und Alex hatte nicht das Recht sein Leben auf den Kopf zu stellen. „Geh. Geh einfach. Ich habe das ganze hier so satt. Ich habe es einfach satt.“ Anstatt zu gehen schaute Alex ihn an, entschlossen und bereit. Doch wozu war der andere bereit? Sein Herz schlug auf einmal schneller und er hatte eine seltsame Vorahnung. So, als ob gleich etwas schlimmes passieren würde. Seine Ahnung betrog ihn nicht. Alex griff nach seinem Arm und zog ihn mit sich, drückte ihn schließlich auf das Bett und beugte sich über ihn. „Ich habe mich entschuldigt. Was soll ich noch tun? Warum darf dieser Kerl aus Japan dich anfassen und ich? Ich darf mir nicht einmal Sorgen um dich machen? Verdammt. Was soll ich denn noch tun, damit du mir endlich glaubst?“ Das konnte doch nicht wahr sein? Das passierte ihm jetzt nicht wirklich, oder? Kurz schloss er die Augen und öffnete sie dann wieder, sah Alex' verzweifelten Blick immer noch auf sich. „Shin ist mein Freund. Ich vertraue ihm. Ich kenne ihn mein ganzes Leben lang. Dich kenne ich nicht. Ich vertraue dir nicht. Ich hasse alles für das du stehst, ich hasse es, dass du mir mein Leben zur Hölle gemacht hast und jetzt auf einmal denkst alles sei gut, nur weil du auf einmal etwas für mich empfindest. Shin ist Familie. Du und dein Dad, ihr seid die Menschen, die mir mein Leben zur Hölle machen. Du -“ Yue hörte auf zu reden als er sah wie sich Alex' Blick veränderte. Er hatte den anderen Jungen verletzt und das allein mit seinen Worten, nicht mit Tritten oder Schlägen. Klar, er war sauer, er war enttäuscht und verletzt aber hatte er wirklich das Recht dazu es auf Alex abzuladen? „Hör zu. Ich -“ Er hatte es versucht doch Alex schnitt ihm das Wort ab. Dessen Hand zerrte an seinem Shirt und zerriss es. Für einen Moment schien er zu zögern. Yue spürte die große Hand an seinem Nacken, wie sie zudrückte. Alex schien hin und hergerissen zu sein. Es war klar, was dieser Anfangs für Absichten gehabt hatte, doch jetzt, nach seinen Worten war da etwas anderes. Es war Wut, Unverständnis, Schmerz. „WARUM?!“ Als Alex so schrie zuckte er zusammen. „Er ist Familie? Er ist dir wichtig? Und was ist mit mir? Ich bin für all das Schlechte verantwortlich? Warum? Nur weil wir dich auf dem Kieker hatten? Ich habe mich entschuldigt. Ich habe mich so oft entschuldigt und von dir kam nie auch nur ein nettes Wort zurück. Was soll ich noch tun, verdammt nochmal. Soll ich mich in Luft auflösen? Ständig siehst du nur dich. Es ist nur wichtig was du empfindest. Denkst du auch an andere? Hast du einen Moment lang daran gedacht wie es mir geht? Wie es mir die ganze Zeit ergangen ist?!“ Alex schien zu merken, dass er ihm weh tat, denn er ließ seinen Nacken los. Noch leicht unter Schock strich er darüber und richtete sich auf als Alex sich von ihm löste. Er sah auf seine Brust, die auf einmal nass war. War es wegen Alex' Haaren, oder - „Was verdammt noch mal haben wir dir getan? Was hat mein Vater getan, dass du ihn so hasst?“ Er kam ihm wieder näher und das einzige was er tun konnte war aufzustehen und einen Schritt zurückzuweichen. Angst. Er hatte tatsächlich Angst vor Alex. Neben der Angst verspürte er auch Schuld. Warum fühlte er sich schuldig? Dieser Kerl hatte ihm weh getan, war über ihn hergefallen. „Frag deinen Vater doch selbst. Ihr könnt mich alle mal. Ihr alle...“ Als er an Alex vorbei rannte achtete er nicht auf seine Schuhe, die er nicht angezogen hatte. Er achtete nicht darauf wie er gerade aussah. Er wollte einfach nur weg von hier. Alex' Erscheinen hatte alles nur noch schlimmer gemacht. Alles was am heutigen Tag passiert war, war schlichtweg zu viel gewesen. Max. Steven. Alex' Vater, der mit ihm sprechen wollte. Yue fiel auf halbem Weg auf den Boden und wischte sich die Tränen weg. Es ging einfach nicht. Er konnte nicht aufhören zu weinen. Das was er von dem Älteren Bennington erfahren hatte gab ihm den Rest. Es riss alles in ihm entzwei und so sehr er es nicht glauben wollte – so hatten dessen Worte in ihm bereits Zweifel gesät. Sich wieder aufrappelnd hieß es einfach weiterlaufen. Er musste so weit weg von diesen Menschen wie nur möglich. Seine nackten Füße führten ihn so weit es ging. Schließlich kam er vor einem großen Tor zum Stehen. „Nii-Chan. Komm schon, sei nicht so sauer. Mit dem Kerl werde ich schon selbst fertig. Max hat nur eine große Klappe.“ Ai lief hinter ihrem Bruder her, der gerade raus ging um zu joggen. Sie hatte die latente Ahnung, dass er Max einen Besuch abstatten könnte und versuchte ihn davon abzuhalten. Sie wusste wie beschützend Shinji sein konnte, auch wenn sie es nicht verstand. Immerhin hatte dieser doch zig Verehrerinnen und sie tickte deswegen nicht so aus. Klar, sie war die kleine Schwester aber an sich war es gar nicht so schlimm, dass sich ein Junge für sie interessierte. Irgendwie... Ja, irgendwie machte es sie sogar stolz, dass sie jemand mochte. Sonst hatte jeder entweder Angst sich mit ihr abzugeben, sei es weil er sonst das nächste Mobbing Opfer wäre, oder weil er sonst Shinji am Hals hätte. „Was ist außerdem so schlimm daran? Vielleicht ist er ja sogar nett?“ Sie erinnerte sich an Max' Bild, die Farben, dieser Ausdruck. So etwas konnte niemand zustande bringen, der einen schlechten Charakter hatte. Das Bild vermittelte einen Eindruck über den Charakter desjenigen, der es gezeichnet hatte. Talent hin, oder her. Sie war sicher, dass der Max, der dieses Bild gemalt hatte ein anderer war, als jener, der in der Schule als Delinquent bekannt war. „Hör auf ihn zu verteidigen. Er hat es gewagt dich zu küssen. Vor allen Leuten.“ -Vor mir- Shinji ballte die Hand zur Faust. Allein, wenn er daran dachte kam ihm die Galle hoch und seine Wut stieg ins unermessliche. Dieser Kerl wollte sich mit ihm anlegen und er würde sehen wohin es ihn führte. „Ich lasse dich nicht aus den Augen. Wenn du mit Yue und diesem Kerl das Projekt hast werde ich dabei sein.“ „Nii-Chan! Es ist übertrieben. Du musst nicht dabei sein. Du -“ Ai stoppte mitten im Satz als sie etwas, nein jemanden am Tor sitzen sah. Sofort rannte sie dort hin und Shinji war zu langsam um sie aufzuhalten. „Yue!“ Das Tor öffnete sich und Ai lief zu dem Blonden, der zitternd am Tor gelehnt hatte und völlig verheult aussah. Dessen Hemd war zerrissen, die Füße bluteten und am Hals sah sie einen roten Abdruck. Wer hatte es gewagt ihm etwas anzutun?! Wer hatte dafür gesorgt, dass Yue barfuß bis hierher gelaufen ist? „Was ist passiert?“ Sie verfiel wie immer, wenn sie aufgeregt war oder in Sorge ins Japanische. Nach so langer Zeit, in der er bevorzugt deutsch gesprochen hatte und nur mit seiner Tante japanisch sprach brauchte er einen Moment für die Umstellung. „Ich will nicht mehr hier sein, Ai. Ich will weg von hier. Weit weg wo mich diese verdammten Bennigtons nicht finden können. Ich will nicht mehr.“ Sie konnte nur hilflos zusehen wie Yue sich an sie klammerte und das Gesicht an ihre Brust drückte. Ihre Arme schlossen sich wie von selbst um den Jungen, der für sie wie ein Bruder war, den sie über alles liebte und den sie eigentlich beschützen wollte. Doch nicht einmal das konnte sie. „Alles wird gut, Yue. Keiner wird dir mehr weh tun, das verspreche ich dir“ Shinji kam zu ihnen und wartete bis der Griff des Jungen sich von seiner Schwester löste. Gerade als er ihn hochheben wollte rannte Shin zu ihnen. Er hatte Ai gehört als sie schrie und blieb nun fassungslos stehen als er sah was sich hier abspielte. Wie sah Yue aus? Warum weinte der Junge? Warum war dessen Hemd zerrissen? „Lass! Ich nehme ihn.“ Er löste Yue sanft von Ai und hob ihn hoch. ~~**~~ „Ich lasse ein Bad ein und mache alles in meinem Zimmer zurecht. Yue schläft bei mir.“ Shin wollte zuerst protestieren, sah aber ein, dass es die beste Lösung wäre. Sogar Shinji hatte nichts dagegen. Er wusste wie Ai zu Yue stand. Der blonde Junge wäre der einzige Mensch auf der Welt, neben seinem Bruder, den er in einem Bett mit Ai dulden würde. „Was ist passiert?“ Yue schaute auf als er die sanfte Stimme hörte und beruhte sich ein wenig. Er sah wie Shin ihn begann auszuziehen, spürte dessen Finger an seinem Nacken, wie sie über die roten Striemen fuhren und dann merkte er wie der junge Mann zu zittern begann. Da hatte jemand aber ziemlich Mühe seine Emotionen im Schach zu halten. Die Augen des Japaners loderten vor Wut. Er konnte es ihm nicht sagen. Es war klar, was Shin tun würde, wenn er es ihm erzählte. Es war klar, was mit Alex passierte... Warum sorgte er sich eigentlich um diesen Schwarzhaarigen Idioten? Dieser könnte ruhig auch mal eine Tracht Prügel vertragen. Dieser sollte die gleichen Schmerzen erfahren wie er, sollte genauso leiden, sollte - War das nicht völliger Schwachsinn was er dachte? Litt Alex nicht schon genug? Hatte er nicht den Schmerz in dessen Augen gesehen? War er nicht derjenige, der dafür gesorgt hatte, dass etwas in dem nach außen hin so starken Jungen zerbrach? Hatte Alex am Ende vielleicht sogar Recht? Dachte er nur an sich? Er fing wieder an zu weinen und hielt sich mit einer Hand an Shins Hemd fest. „Ich will mein Leben zurück, Shin. Ich will mein verdammtes Leben zurück. Ich will wieder gemobbt werden, um mein Leben rennen, mich verstecken, von allen gehasst werden. Alles ist besser als das was jetzt passiert.“ Shin sah ihn verwirrt an und setzte ihn vorsichtig auf das Bett, zog ihm die Hose aus. „Du bist aufgewühlt. Nimm ein heißes Bad, wir versorgen deine Wunden und dann legst du dich hin und schläfst eine Runde und morgen erzählst du uns wer dir das angetan hat. Glaub mir, danach wird derjenige dir garantiert nie wieder weh tun können.“ Den Kopf schüttelnd sah er Shin an. „Nichts wird gut. Ich habe mit Alex' Vater gesprochen. Er, er hat gesagt, dass er...dass er mit meine Mutter eine Affäre gehabt hat. Sie haben sich - er hat behauptet, dass sie sich geliebt hätten. Meine Mutter hätte meinen Dad niemals betrogen! Niemals. Nie hätte sie meinen Dad für so einen Mann verlassen.“ Shin drückte ihn an sich, streichelte ihm über den Rücken und gab ihm einen Kuss auf die Stirn. „Du kannst diesen Leuten nicht trauen, Yue. Lass dich nicht davon runter ziehen, ja?“ Wieder schüttelte er den Kopf. „Er hat gesagt, dass er glaubt, dass...dass ich sein Sohn bin! Ich soll sein Sohn sein. Wie kommt er dazu so etwas zu sagen? Wie kann er so etwas auch nur behaupten? Er hat auch Fragen wegen Ai gestellt. Dieser Kerl - dieser Kerl will alles kaputt machen. Mein Leben und nun auch Ais. Das...das kann ich doch nicht zulassen.“ Verzweifelt schaute er Shin an und Shinji, der eben in das Zimmer gekommen war hatte das Handtuch, dass er für den Jungen geholt hatte fallen gelassen. Was hatte Yue gesagt? Dieser Bennington stellte Fragen über Ai? Bevor Ai ins Zimmer kam um zu sagen, dass das Bad fertig war ging Shinji zu Yue. „Kein Wort darüber zu Ai! Verstanden! So lange du bei uns bist kann der Kerl dir nicht zu nahe kommen. Weder sein Sohn noch er selbst.“ Yue erschrak zunächst über die harschen Worte des Älteren nickte aber. Er war schon verwirrt genug und aufgewühlt, er wollte es Ai ersparen und verstand, dass sie es nicht erfahren durfte. „Das Bad ist fertig. Shin, du kannst Yue jetzt her bringen aber seine Füße müssen draußen bleiben. Die verarzte ich separat.“ Shin stand mit Yue auf und trug ins Bad, legte ihn sachte in die Wanne, so dass die Füße rausschauten. Aya setzte sich auf den Wannenrand und kümmerte sich um das Verarzten der Füße. „Yue, was ist passiert. Bitte, sags mir.“ Ihr Blick zerriss ihn fast und Yue musste sich arg zusammen reißen. „Lasst ihr mich mit Ai alleine? Bitte.“ Flehend schaute er Shinji an, der umdrehte und rausging. Bei Shin dauerte es länger aber auch der ältere Zwilling ging raus und schloss die Badtür hinter sich. „Du darfst deinen Brüdern nichts davon sagen und erst recht nicht Shin. Bitte, ja? Versprich das zuerst und dann - dann erzähle ich es dir.“ Nachdem Ai nickte fing Yue an und erzählte davon was mit Alex passiert war. Die Sache mit dessen Vater ließ er vorsorglich weg. „Er hat das wirklich gemacht? Er - und du hast ihm das alles gesagt?“ Was konnte er schon anderes tun außer zu nicken? Immerhin war es passiert und er konnte es weder leugnen noch rückgängig machen. „Yue, du solltest fürs Erste bei uns bleiben. Ich sage deiner Tante Bescheid und morgen holen wir deine Sachen. Ich heiße es nicht gut was Alex getan hat aber in gewisser Weise verstehe ich ihn. Es muss ihm sehr weh getan haben, was du ihm an den Kopf geworfen hast. Aber das rechtfertigt nicht was er dir angetan hat und ich würde Shin nur zu gerne erzählen was passiert ist damit er Alex zurechtstutzt aber das wird am Ende für beide schlecht ausgehen.“ Sie seufzte und beugte sich zu ihm vor. Sanft küsste sie ihn auf die Wange und streichelte darüber. „Ach, Yue. Ich dachte, dass es dir hier vielleicht besser ergeht als in Tokio. Ich habe mich so gefreut hierher zu kommen und dich wiederzusehen und dann muss ich erkennen, dass es dir hier noch viel schlechter geht. Wärst du nur nie hierher gekommen. Du hättest bei uns bleiben können. Vater hätte garantiert nichts dagegen gehabt. Erst recht nicht, wenn ich ihn darum gebeten hätte. Wenn das Ganze hier geklärt ist. Wenn du im Reinen bist mit Alex dann kommst du wieder mit uns zurück. Du gehörst hier nicht hin.“ Er hörte was Ai sagte, erwiderte aber nichts darauf. Ai sprach aus was er dachte und doch war irgendetwas falsch daran. Jetzt, da er es von jemanden anderen hörte und nicht er es war, der es dachte erkannte er, dass es einen Fehler darin gab. War es wirklich richtig vor allem davon zu laufen? Seine Tante zurückzulassen, die aus irgendwelchen Gründen hier blieb und nicht zurück nach Japan ging? War es gut, die Sache mit Alex nicht zu klären? War es wirklich in Ordnung dessen Vater einfach davon kommen zu lassen mit diesen haltlosen Anschuldigungen und Behauptungen? Argh, er wollte nicht mehr darüber nachdenken! Er wollte endlich zur Ruhe kommen und dann, erst dann, wenn er wieder klar denken konnte würde er eine Entscheidung treffen. So gerne er mit Ai und den anderen zurück nach Japan wollte, so gab es hier noch zu viele Baustellen. „Ich bin froh, dass du hier bist. Ehrlich. Ich habe dich und auch die anderen vermisst.“ Ai strich ihm über die Wange und richtete sich schließlich auf um einen Schwamm zu holen und ihn sanft sauber zu machen. Wenn man es so sah, war sie der einzige Mensch, neben seiner Tante und seinen Eltern, die ihn jemals nackt gesehen hatten und es machte ihm nichts aus. Er wusste nicht wieso. Vielleicht weil er in ihr die Schwester sah, die er nie hatte? Er vertraute ihr bedingungslos. Ja, auch Jessy vertraute er aber sie war seine beste Freundin. Das war etwas anderes. Ai war Familie. Eine Familie, die dieser Bennington niemals für ihn sein könnte. Egal, was dieser für Lügen erzählte! Als er fertig war mit dem Bad half sie ihm aus der Wanne, so dass er sich auf den Wannenrand setzen konnte und trocknete ihn vorsichtig ab, gab ihm das was Shin an Unterwäsche für ihn rausgesucht hatte. Die Shorts war zu groß, erfüllte aber ihren Zweck. Der Pyjama von Ai passte perfekt und hielt die Shorts davon ab zu rutschen. „Musste es unbedingt ein rosa Pyjama sein?“ Ai grinste breit und zuckte die Schultern. „Den schwarzen mit den Totenköpfen hab ich schon an. Schau~ Warte!“ Klar, den coolen behielt sie für sich selbst. Er musste das rosa Grauen mit den kleinen Kätzchen anziehen. Ganz Klasse. Das war der absolute Tiefgang des Tages. Auf einmal holte sie ihr Handy und machte ein Foto von ihm. „Für Jessy. Wenn sie erfährt, dass du meinen Pyjama anhattest und ich kein Foto davon gemacht habe um es ihr zu zeigen wird sie mir den Hals umdrehen.“ Sein Mund blieb offen und er starrte Ai fassungslos an. Trotzdem grinste er leicht nachdem er wieder ansatzweise gefasst war und ließ sich von Ai aufhelfen. Da seine Füße ziemlich weh taten hatte er leichte Probleme beim Laufen. Als die Badtür aufging stand Shin davor, als ob er darauf gewartet hätte, dass sie rauskamen. Shin sah ihn humpeln und hob ihn gleich hoch, trug den Blonden in das Zimmer seiner Schwester und legte ihn dort auf das Bett. „Wenn du etwas brauchst, sag Bescheid. Ich bin nebenan.“ Er bekam einen Stoß in die Seite von Ai, die nur den Kopf schüttelte. „Ich bin doch da. Wenn er etwas braucht, dann sagt er es mir und nun geh ins Bett. Es ist schon spät.“, sie schob ihren Bruder nach draußen und schloss die Tür. Sich zu ihm ins Bett legend zog sie die Decke über sie beide und schaute Yue lieb an. „Shin hat dich wirklich sehr gerne. Schon sehr lange.“ Nickend schaute Yue nach oben an die Decke und wurde nachdenklich. Er spürte wie sich Ai an ihn kuschelte und sah, dass sie die Augen schloss. „Ich weiß, Ai aber... das ist alles zu viel für mich. Erst Alex und nun auch noch Shin.“ Ai nahm unter der Decke seine Hand in ihre und drückte sie sanft. „Wenn man verliebt ist, ist es einfach so. Man kann nichts dagegen machen. Wenn man jemanden liebt, dann tut man manchmal Dinge, die diese Person verletzen, oder die unheimlich idiotisch sind. Aber zu so etwas wie Liebe gehören immer zwei. Du musst selbst entscheiden für wen du mehr empfindest und was Freundschaft ist oder Liebe. Shin und auch Alex werden es akzeptieren müssen. Aber glaub mir, manchmal ist ein wenig Abstand auch nicht schlecht – um nachzudenken.“ Sie sah, dass Yue nickte und die Augen schloss. Der Blonde schlief ein und hatte endlich etwas Ruhe gefunden. Bevor sie einschlief dachte sie über ihre eigenen Worte nach. Man kann nichts gegen die Liebe tun. Sie kommt wann sie will, sie geht wann sie will und sie tut einem weh wann sie will. Man benimmt sie seltsam, wenn sie einen überkommt, man benimmt sich idiotisch, man verletzt andere und man denkt nur sehr verzögert über das nach was man getan hat. Das alles trifft ganz genau auf einen bestimmten Jungen zu – einem Jungen, der sich wie ein Idiot benimmt seit sie ihm das erste Mal begegnet war. Hatte Max sich wirklich in sie verliebt? Auf den ersten Blick? Warum sie? Warum nicht irgendein anderes Mädchen aus dieser Schule, aus dieser Stadt – aus diesem Land? Vielleicht war es auch keine Liebe, sondern nur ein Spiel des anderen? Weil sie mit Yue befreundet war? Sie schloss die Augen und legte ihre Hand auf die Brust. Ihr Herz schlug schnell – viel zu schnell. Weil sie an Max dachte? Sie könnte sich doch niemals in so einen Idioten verlieben, der Yue hasste und diesem das Leben zur Hölle machte! Doch dann sah sie dessen Bild vor sich und seufzte. Sah sie nur das Bild vor sich und nicht das was sie von Max wusste, dann sah sie etwas schönes, etwas eindrucksvolles, etwas emotionales und farbenfrohes. Sie sah all das was der Junge, den sie in der Schule kennengelernt hatte nicht verkörperte. Vielleicht war es mit ihr genauso wie mit Yue. Sie hätte nie hierher kommen dürfen. ~~**~~ Am nächsten Morgen war es Shinji, der sich zu den Benningtons aufmachte, im Schlepptau seine Schwester, die unbedingt mitgehen wollte. Er hätte es nicht vor ihr zugegeben aber es war schön auch mal mit ihr alleine zu sein. Sonst war immer Shin dabei, oder seit Neuestem auch Jessy oder Elisa. Sie griff nach seiner Hand und hielt sie fest, sah ihn grinsend an. „Ha. Schau mal, das Mädchen da drüben. Die ist doch von unserer Schule, oder? Die schaut ziemlich blöd aus der Wäsche. Die denkt wahrscheinlich, dass ich deine Errungenschaft wäre. Man, so jemand wie ich fällt doch gar nicht in dein Beuteschema, das müssten die doch langsam wissen, oder?“ Woher wollte Ai wissen was in sein Beuteschema fiel und was nicht? Er schaute sie an und wollte was sagen, doch da deutete sie bereits nach vorn. „Wir sind da. Da vorne ist die Villa von den Benningtons. Man, dieser Alex soll mir bloß nicht begegnen.“, knurrte sie und schnaubte, pustete sich eine Strähne aus dem Gesicht und wollte schon los, da hielt Shin sie davon ab. Er beugte sich zu ihr vor und strich ihr weitere Strähnen zurück. „Du solltest deine Haare besser zusammen binden. Sie fallen dir ständig ins Gesicht und es ziemt sich nicht für ein Mädchen ständig so laszive Gesten zu machen. Am Ende hast du außer diesem lebensmüden Idioten noch mehr an der Backe, die von mir in den Boden gestampft werden wollen.“ Laszive Gesten? Hallo? Ai schaute ihren Bruder entgeistert an. Von was redete er denn? Sie machte nichts schlimmes... Als er fertig war nahm er sie wieder an die Hand und zog sie zum großen Tor. „Wir sollten uns beeilen. Yue braucht seine Sachen und dann müssen wir los damit wir nicht zu spät kommen.“ Er klingelte und während sie warteten schaute Shin Ai wieder an. „Ach ja, bevor ich es vergesse. Es gibt einen Jahrmarkt in der Stadt. Du wolltest da doch hin, oder? Wir beide gehen heute Abend auf diesen Markt. Also, nimm dir nichts vor.“ Ihr Blick war eh schon leicht verwirrt aber das was Shin jetzt sagte sorgte für einen gewaltigen Ausfall. Sie wusste gar nicht was sie erwidern sollte. „Äh...heute Abend? Aber ich wollte mit Elisa und Jessy ins Kino und da es Yue so schlecht geht wollte ich ihn mitnehmen falls er schon laufen kann. Wir können ja alle zusammen - “ Der eiskalte Blick ihres Bruders ließ sie schlucken. Oh je, da war jemand sauer. „Äh, wir können ja zusammen schwimmen gehen? Das wäre auch Klasse. Wie wäre es? Morgen nach der Schule? Ich habe nur drei Stunden?“ Anscheinend wollte Shinji etwas Zeit mit ihr alleine verbringen. Das war verständlich, immerhin hatten sie sich lange nicht mehr gesehen und schwimmen war ihre Leidenschaft, früher waren sie immer zusammen ins Schwimmbad gegangen. Shinji wollte sie nie alleine gehen lassen. Sie hörte wie Shinjis Zähne knirschten und hoffte, dass er ihr zustimmte. Er sollte nicht sauer sein. Dessen Laune war seit der Sache mit Max eh auf dem Tiefpunkt. „Okay, heute Abend gehen wir alle zusammen und morgen gehst du nur mit mir ins Schwimmbad!“ Ai nickte schnell, seufzte erleichtert und dann ging auch schon das Tor auf. Schnell lief sie an Shinji vorbei und direkt zur Tür, die sich ebenfalls öffnete. Es war kein Bediensteter, der ihnen öffnete, sondern der Hausherr persönlich. „Guten Morgen Mr. Bennington. Wir sind hier um Yues Sachen zu holen. Er wird einige Zeit bei uns bleiben. Wir haben schon mit seiner Tante telefoniert.“ Shinji erinnerte sich an Yues Worte. Das war der Kerl, der behauptete ein Verhältnis mit Yues Mutter gehabt zu haben und auch Fragen über Ai stellte? Beschützend stellte er sich neben seine Schwester und schaute den Mann eindringlich an. Er sollte sich bloß von ihr fernhalten. „Ich habe schon davon erfahren. Es... tut mir leid was gestern passiert ist. Bitte sag ihm das. Wenn alles wieder okay ist soll er hierher zurück. Ich werde ihm alles erklären.“ Als er Ai einen Moment zu lange anschaute räusperte sich Shinji, schob sie hinter sich und trat an dem Älteren vorbei in das Innere der Villa. „Sie sollten sich nicht zu viel herausnehmen, Mr. Bennington. Yue ist ein guter Freund der Familie, er ist wie ein Bruder für uns. Die Familie ist uns am Wichtigsten und jeder, der etwas schlechtes über sie sagt, oder sie versucht zu entzweien wird es bereuen.“ Es hörte sich wie eine Drohung an und das war auch beabsichtigt. Wenn der Kerl es wagte Ai irgendwelche Flausen in den Kopf zu setzen würde er es bereuen. Ai lief hinter ihrem Bruder her, sah zu Mr. Bennington und nickte. „Ich werde es Yue ausrichten.“ Als sie drinnen waren wurden sie von einem Bediensteten direkt zu Yues Zimmer geführt. Ai betrat es und sah gleich die Manga auf dem Boden. Sie wusste ja was gestern passiert war, daher war es nichts Neues für sie. Beide wurden aufgehoben und in das Regal gestellt. Dann lief sie zu dem Koffer, der in einer Ecke des Zimmer stand und öffnete diesen, packte alles wichtige hinein und holte auch Yues Rucksack mit dessen Schulunterlagen. „Ich habe alles, Shinji. Wir können gehen.“ Sie übergab den Koffer an ihren Bruder, der ihn hinter sich her schob und schon raus ging. Als Ai ihm folgen wollte sah sie Alex aus dem Zimmer kommen, der sie fragend ansah. „Was machst du hier?“ Ai schaute ihn lange an und dachte kurz darüber nach wie sie sich ihm gegenüber verhalten sollte. Am Ende siegte die Wut, die sich in ihr breit machte. „Ich holte Yues Sachen. Er bleibt bei uns Zuhause und wird erst einmal nicht mehr hierher zurückkommen.“ Sie stellte sich direkt vor ihn, verschränkte die Arme vor der Brust und sah zu dem Schwarzhaarigen hoch. Yue hatte recht. Die waren hier echt einen Tick zu groß. Ihre Brüder waren ja auch nicht klein, erst recht nicht für Japaner aber daran war sie immerhin gewöhnt. „Du hast dir gestern Abend echt ein riesiges Ei gelegt. Wie kannst du Yue nur so etwas antun?! Er kam völlig aufgelöst und barfuß zu uns. Er hatte geweint und seine Füße waren abgeschürft.“ Alex schluckte und wollte sich verteidigen, fand aber nicht die richtigen Worte. „Was geht dich das an? Du solltest dich nicht einmischen. Das ist eine Sache zwischen mir und Yue. Kümmere dich um deinen Kram und mich dich nicht in Angelegenheiten, die dich nichts angehen!“ Mit Worten hatte er es nicht wirklich. Er schaffte es immer das falsche zu sagen und seine Emotionen nicht zu kontrollieren. Ehe er es klar stellen und sich entschuldigen konnte lag Ais Hand auf seiner Wange. Man, sie konnte fest zuschlagen – genauso wie Yue. „Was es mich angeht? Yue ist wie mein eigener Bruder. Ich kenne ihn schon mein ganzes Leben lang und seit er hier in Deutschland ist geht es ihm immer schlechter. In seinen Briefen hat er ständig davon geschrieben, dass er wieder zurück will, dass er hier nur schlechtes erfährt. Jessy ist das Einzig Gute, dass ihm hier widerfahren ist. Jetzt bin ich seit Kurzem hier und ich muss erkennen, dass alles stimmt was er geschrieben hat. Ihm geht es hier schlecht. Er weint, er ist verzweifelt, er hat Angst. Du und dein Vater – ihr macht ihn kaputt und das lasse ich nicht zu. Weißt du, Yue hat mir alles erzählt und eigentlich wollte ich deine Sicht der Dinge hören. Ich wollte deine Meinung hören weil ich weiß, dass Yue seine Worte bereut, die er dir an den Kopf geworfen hat aber nach der Aktion eben denke ich nicht, dass du eine Chance verdient hast. Du bist unbelehrbar, egoistisch und arrogant.“ Sie drehte sich um und wollte gehen, doch Alex hielt sie am Arm fest und zog sie zu sich. „Du weißt gar nichts über mich. Du weißt nicht was ich wegen Yue durchmache. Du hast keine Ahnung und maßt dir ein Urteil über mich an!“ Ai sah auf die Hand an ihrem Arm und dann zu Alex, lächelte. „Oh, ich weiß es ganz genau. Du bist der Sohn eines erfolgreichen Geschäftsmannes, der ohne seine Mutter aufwachsen musste, da sie dich und deinen Vater verlassen hatte als du klein warst. Du warst mal ein Schüler mit guten Noten, beliebt, ein Sportler, Liebling der Lehrer. Nachdem deine Mutter euch verlassen hat ist alles den Bach runter gegangen und du bist zum Bad Boy mutiert. Jemand mit einem erlesenen Freundeskreis. Deine Noten sind im oberen Durchschnitt, du betätigst dich in Sachen Sport nur noch, wenn es im Rahmen des Unterrichts ist und sonst hast du keinerlei Bezug mehr zu irgendwelchen Aktivitäten mit anderen Schülern. Du schottest dich von allem ab und deine einzigen Freunde sind Elisa, Max und Steven. Na, was ist. Fehlt etwas?“ Entsetzt sah Alex Ai an und sein Griff um ihren Arm wurde so fest, dass sie kurz vor Schmerzen keuchte. „Woher weißt du das alles über mich? Los, sag schon!“ Sie versuchte sich nicht von ihm zu lösen, da es eh nicht funktionieren wurde, sondern redete weiter. „Ich habe meine Mittel und ich informiere mich gerne über Menschen, die versuchen den Personen weh zu tun, die mir nahe stehen. Ich habe dich beobachtet, Alex. Ich habe die Blicke gesehen, die du Yue zuwirfst und er hat mir auch davon erzählst, dass du ihm nachstellst. Ich dachte erst, dass es so eine Art Wette zwischen dir und deinen Freunden wäre, oder Max' Idee. Er stellt mir nach und du Yue aber nein, du liebst ihn wirklich, oder? Der Bad Boy hat sich in sein Opfer verliebt? Du stellst dich wirklich dumm an und tust alles damit er dich hasst anstatt nachzudenken und anzufangen wieder der zu werden, der du mal warst.“ Alex schaute das blonde Mädchen vor sich verwirrt an. Warum wusste sie so viel über ihn und warum legte sie hier gerade seine ganze Gefühlswelt vor ihm blank? Wie konnte es sein, dass sie so durch ihn hindurch sehen konnte? War er so transparent? So leicht zu durchschauen? Nein, niemand wusste etwas davon. „Du...wieso -“ Der Satz wurde nicht beendet, denn Alex schaute zu Shinji, der auf einmal neben Ai erschienen war. Dessen Blick fiel zuerst auf dessen Schwester, dann auf die Hand, die ihren Arm festhielt und schließlich zu ihm. „Lass sie sofort los.“ Shinji zischte die Worte nur, doch es reichte aus damit Alex Ai losließ. Der rote Abdruck an ihrem Arm sorgte nicht unbedingt dafür, dass sich der junge Japaner beruhigte. Nein, er wurde noch wütender und der Vulkan in ihm war kurz vor dem Ausbruch. Er wollte dem Kerl den Hals umdrehen, ihn elendig verrecken sehen, ihn - „Shinji, gehen wir. Es ist alles gut. Wir haben nur geredet.“ Sie nahm die Hand ihres Bruders und zog diesen mit, ehe er auf Alex losgehen konnte. Alles was sie Alex gesagt hatte war die Wahrheit gewesen, das wusste sie. Sie hatte sich in Japan über ihn informiert als sie Zugriff auf die Schuldatenbank hatte. Über ihn hatte sie sich zuerst Informationen geholt und zu mehr blieb keine Zeit, das wollte sie hier in Deutschland nachholen. Doch dazu war sie bisher nicht gekommen. Als nächstes hatte sie sich vorgenommen über Max Informationen einzuholen. An Alex' Reaktion hatte sie erkannt, dass alles was sie sagte die Wirkung nicht verfehlte. Der Junge war verwirrt gewesen und das war gut so. Ja, sie wollte nicht, dass Yue hierher zurückkam aber sie wollte in erster Linie, dass dieser endlich wieder glücklich war, wieder lachte und nicht mehr so depressive Gedanken hätte. So sehr sie auch wollte, dass Yue mit ihrem Bruder Shin zusammen kam, so sehr wusste sie auch, dass dieser etwas für Alex empfand und es nicht zugeben wollte – oder es konnte. Dessen gestrige Reaktion war doch Beweis genug. Das waren einfach zu viele verwirrende Gefühle in ihm. Seufzend lief sie mit Shinji weiter. Manchmal fragte sie sich warum sie sich so gut mit Yues Gefühlswelt auskannte. Vielleicht waren sie sich ja einfach zu ähnlich? In ihm konnte sie lesen wie in einem Buch aber ihre Brüder waren ihr manchmal ein regelrechtes Rätsel. Vielleicht war es ja so mit Familie? „Er hat dir auch wirklich nichts getan? Wenn doch, dann mache ich ihn nachher einen Kopf kürzer.“ Ai sah Shinji an und lächelte. Also, manchmal übertrieb dieser es mit dessen Beschützerinstinkt. „Es ist alles gut, Shinji. Wir haben wirklich nur geredet und ich war wohl etwas zu direkt. Es ist nichts passiert. Keine Sorge.“ Lieb schaute sie ihn an und drückte dessen Hand, die sie dann aber losließ. „Komm, wir beeilen uns. Die Schule fängt bald an und ich habe Hunger. Ich muss unbedingt vorher was essen, sonst falle ich um.“ ~~**~~ Yue hatte einige Fragen an Ai als sie mit Shinji wiederkam. Sie machte ihm aber klar, dass die Antworten darauf erst nach der Schule bzw. heute Abend kommen würden, wenn sie im Bett lagen. Jetzt war dafür keine Zeit. Während Yue sich anzog und fertig machte informierte sie ihn darüber, dass sie heute Abend auf den Jahrmarkt gingen. Klasse. Wenigstens sagte sie ihm früh genug Bescheid. Er war durchaus gewöhnt so etwas immer in letzter Minute zu erfahren – also meist, wenn er schon da war. „Ist gut. Meinen Füßen geht es auch schon besser. Es drückt nur ein bisschen aber, wenn ich langsam gehe funktioniert es. Shin hat mir auch Tabletten für den Notfall mitgegeben.“ ~~**~~ „Elisa!“ Ai rief nach ihrer neuen Freundin und winkte sie zu sich und Jessy, die neben ihr stand. „Wir gehen heute Abend zum Jahrmarkt. Willst du mit? Meine Brüder und Yue kommen auch.“ Elisa haderte mit sich selbst. Wenn sie mitging würde es Max erfahren und der wäre auch gleich mit dabei, allein schon wegen Ai. Alex würde bestimmt wegen Yue hingehen wollen und Steven schaute schon die ganze Zeit so verträumt zu Jessy, so dass sogar der Rothaarige freiwillig mitkäme. „Ich weiß nicht. Am Ende wollen die Jungs auch mit und du weißt, dass das Chaos bedeutet.“ Ai nickte und dachte über Elisas Worte nach. Sie wollte, dass Elisa mitkam aber nicht Max und die anderen. Erst recht nicht Alex. „Oh, ich weiß was du meinst aber... lass mich darüber nachdenken. Ich finde eine Lösung. Also, irgendwie-“ Als Alex endlich auftauchte entschuldigte sich Elisa kurz und lief zu ihm. „Was ist los? Ich habe heute morgen auf dich gewartet und du bist nicht aufgetaucht und eine Nachricht hast du auch nicht geschrieben. Ich habe mir Sorgen gemacht. Hey, was ist passiert. Du siehst schlecht aus. Hast du die Nacht geschlafen?“ Alex hörte halbwegs zu was Elisa sagte und lief dann an ihr vorbei als er Yue erkannte. Er ging direkt auf den Blonden zu. „Yue...“ Er drehte sich um trat einen Schritt zurück als er sah wer ihn angesprochen hatte. Alex stand hinter und nun vor ihm. „Das mit gestern tut mir leid. Alles -“ Bevor er etwas darauf erwidern konnte spürte er eine Hand an seiner Schulter. Er wurde von Shin hinter diesen geschoben und konnte nur noch zusehen wie dieser auf Alex zu lief, ausholte und den Schwarzhaarigen mit einem gezielten Schlag an die Schläfe zu Boden brachte. „Du warst es? Ich wusste es doch! Wegen dir ist er barfuß zu uns gelaufen und hatte Schmerzen. Er hat -“ Shin holte wieder aus, doch dieses Mal war Yue schneller. Er hielt den Arm seines besten Freundes fest. „Lass ihn. Wir haben beide Schuld daran. Nicht nur er, auch ich. Er hat mir nichts getan!“ Shin sah Yue ungläubig an. Das war doch nicht dessen Ernst. Das konnte Yue nicht ernsthaft behaupten. „Yue, er hat - er ist dafür verantwortlich!“ Kopfschüttelnd schaute Yue ihn an und schließlich ließ Shin von Alex ab, knurrte leise. Was lief da zwischen den beiden? Wieso verzieh Yue Alex nach allem was passiert war? Alex, der dachte, dass Yue ihm verziehen hatte ging auf diesen zu, doch der Junge wich zurück. „Ich will nicht, dass ihr euch prügelt, oder du wegen mir verletzt wirst aber ich will auch nicht, dass du mir zu nahe kommst. Das - nicht nachdem was gestern alles passiert ist. Ich brauche Zeit.“, meinte er und drehte sich um, betrat das Klassenzimmer und ließ Alex stehen. Was war das eben? Yue war zurück gewichen und wollte nicht, dass er ihm zu nahe kam aber - Er wollte auch nicht, dass er verletzt wurde. Er wollte nicht, dass Shinji sich für ihn einsetzte. Er... sagte, dass sie beide Schuld hätten. Nicht nur er! Yue hasste ihn nicht? Hatte Ai am Ende doch Recht? Er schaute zuerst Yue nach und drehte sich dann um, sah zu der blonden Japanerin, die ihn ansah und eine Augenbraue hochzog. Nachdenklich ging er an Shinji vorbei, warf Ai noch einen Blick zu und wandte sich dann an Elisa. „Ich gehe zu meinem Leistungskurs. Wir sehen uns nachher in der Pause. Dann erzähle ich dir alles.“ Elisa schaute Alex nur nach und dann verwirrt zu Ai, die nur mit den Schultern zuckte. „Lass dir das von ihm selbst erklären. Komm, gehen wir rein. Herr Schulze kommt gleich.“ Jessy sah ebenfalls besorgt aus, hatte aber schon von Yue gesagt bekommen, dass er ihr alles erklären würde also müsste sie sich einstellen darauf zu warten. Gerade als sie das Klassenzimmer betreten wollte hielt jemand Ai davon ab. Jemand griff nach ihrem Arm, nach genau der Stelle, die noch wegen Alex weh tat und sie keuchte kurz auf. Als Shinji das hörte und sich umdrehte dachte er vor Wut gleich zu explodieren. Was war nur mit den Kerlen in diesem Land los? Wollten sie ihn bis in den Tod reizen? Wollten sie, dass er irgendwann ausrastete? „Guten Morgen, Ai~“ Max setzte sein charmanteste Lächeln ein und einen Blick, der Casanova alle Ehre gemacht hätte. Als er jedoch merkte, dass sie aus irgendwelchen Gründen Schmerzen hatte ließ er ihren Arm los und sah die roten Striemen. Wer war das? Wer hatte ihr weh getan? „Wer hat dir weh getan?“ Ai fasste sich an den Kopf und seufzte. Was war heute nur los. Drehten alle durch? „Niemand hat mir weh getan. Ich habe mich nur gestoßen. Keine Sorge.“ Was sagte sie da? Max sollte sich keine Sorgen machen? Der Junge sollte sich in Luft auflösen. Was interessierte es sie, ob er sich um sie sorgte! Irgendwie war es dann aber doch süß, dass er sich um sie sorgte. Als sie sich bewusst wurde was sie da gerade gedacht hatte schloss Ai die Augen, zählte gedanklich bis zehn und öffnete die Augen wieder. Doch Max kam nicht dazu etwas darauf zu erwidern. Er fand sich an die Wand gepinnt wieder und zwar von jemandem, der sehr wütend zu sein schien weil man seiner Schwester nachstellte. Also, wirklich. Er wusste ja, dass es einige Brüder gab, die etwas zu beschützend waren, wenn es um die eigene Schwester ging aber dieser Kerl übertrieb doch. Warum wollte Shinji ihn gleich in irgendeinem Fluss versenken, oder ihm seine Gliedmaßen herausreißen? Das war doch total übertrieben! Er liebte Ai und sie liebte ihn – das war doch offensichtlich. Warum sollte sie sich sonst so dagegen sträuben? Das sollte Shinji endlich einsehen und ihnen seinen Segen geben. „Ich habe dir doch gesagt, dass du dich von ihr fernhalten sollst! Was verstehst du Made daran nicht? Soll ich es dir buchstabieren? Ich spreche doch schon extra deine Sprache, oder rede ich undeutlich?“ Max sah Shinji grinsend an. Irgendwie gefiel ihm der andere. Unter anderen Umständen hätte er sich sogar dafür entschieden zu kämpfen aber das ging jetzt nicht. Erstens waren sie in der Schule und zweitens war es Ai's Bruder. Er musste dafür sorgen, dass sie sich endlich ihre Gefühle für ihn eingestand, da brachte es nichts sich mit ihrem Bruder anzulegen. „Ja, Sorry. Echt. Ich habe nur mit ihr geredet. Das darf ja wohl erlaubt sein, oder?“ Bevor Shinji einen Fehler machte trat Ai genervt zwischen ihn und Max, sorgte dafür, dass ihr Bruder ihn losließ. „Himmel, Nii-Chan! Shinji!“ Es war schlecht, wenn sie seinen Namen in diesem Ton nannte. Entweder sie wollte etwas von ihm, oder sie war sauer. Beides war schlecht. Erst recht, wenn sie auf japanisch mit ihm sprach. „Hör auf damit. Der ganze Tag hat schon chaotisch angefangen. Jetzt geht es hier damit weiter. Lass ihn in Ruhe. Am Ende bekommst du deswegen noch einen Verweis und das ist es nicht wert.“ Knurrend ließ er von Max ab und drehte sich wortlos um, verschwand im Klassenzimmer, dich gefolgt von einer Armada an Mitschülerinnen. „Kannst du mich nicht einfach in Ruhe lassen? Am Ende tut dir mein Bruder noch richtig weh und glaub mir, er macht keine halbe Sachen. Nicht, dass es mich interessiert aber - es wäre echt schade, wenn du wegen mir die einzige Sache nicht mehr machen könntest, die dich in meinen Augen interessant macht.“ Ai drehte sich um und folgte ihrem Bruder. Max sah ihr nach und überlegte was sie damit meinte was sie gesagt hatte. Es gab etwas, dass ihn in ihren Augen interessant machte? „Max. Lass es gut sein,okay? Ich will nicht, dass dir etwas passiert und Ai ist wirklich ein nettes Mädchen. Hör auf sie zu nerven.“ Elisa klopfte ihm an die Schulter und lief an ihm vorbei ebenfalls in das Klassenzimmer und schloss die Türe hinter sich. Anstatt etwas darauf zu antworten stand Max kurz da und dachte immer noch über Ais Worte nach. Was machte ihn interessant? Was war es, dass Ai an ihn interessierte... Was... Dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Das Bild, das er gemalt hatte. Sie hatte es interessiert angesehen und das was sie darin gesehen hatte war auch genau das was er vermitteln wollte. „Hm, ich glaube, ich weiß wie ich sie dazu bringe ein bisschen netter zu mir zu sein!“ Steven hatte das alles schweigend mit angesehen, war aber bereit gewesen einzuschreiten hätte es Ai nicht getan. Immerhin hatte man einen seiner Freunde angegriffen und er hatte sich vorgenommen nicht mehr nur stillschweigend zuzusehen. So wie er es Jessy versprochen hatte. Doch dann drehte sich Max grinsend um und machte sich auf den Weg zum Unterricht. Verwirrt folgte er ihm und sah dann auch Alex. Irgendetwas schien auch mit dem Schwarzhaarigen nicht zu stimmen. Anscheinend fingen alle an durchzudrehen – nicht nur er selbst. ~~**~~ Dieses Mal hatte sich Ai dazu entschieden neben Elisa und Jessy zu sitzen und Yue saß zu Jessys rechten und neben Shin. Sie hatten gerade Deutsch und darin brauchte sie Hilfe. Immer wieder schielte sie entweder zu Elisa oder zu Jessy, die ihr bereitwillig bei den Aufgaben halfen. Deutsche Grammatik. Wer hatte sich so etwas einfallen lassen? Sie sollten sich ein Beispiel an der Japanischen Grammatik nehmen. Einfacher ging es gar nicht! Wer brauchte irgendwelche Relativpronomen, oder vor allem Kommas? „Und? Kommst du nachher mit? Jessy hat schon zugesagt und es ist nicht schlimm, wenn deine Freunde mitkommen. Vielleicht beruhigt sich die ganze Situation am Ende sogar. Ich würde sogar Max ertragen, wenn das die einzige Möglichkeit ist, dass wir alle drei zusammen hingehen? Yue kommt dabei bestimmt auch auf andere Gedanken und Shin-Nii passt schon auf, dass nichts passiert – und ich auch.“ Elisa wurde mit dem schlimmsten Blick Ais angesehen und hatte am Ende keine Wahl als zuzusagen. Sie konnte sich vorstellen, dass die junge Japanerin gewohnt war zu bekommen was sie wollte. Ai müsste ihre Brüder und ihren Vater ziemlich im Griff haben. So verging die Zeit eher ruhig bis sie alle ihre Mittagspause hatten. Einige der Oberstufe verließen das Schulgelände um sich etwas zum Essen zu kaufen, andere versammelten sich auf dem Schulhof und bildeten kleine Grüppchen. Jessy nahm sich gleich Yue zur Brust, der ihr erklären musste was passiert war und wurde knallrot vor Wut auf Alex. Yue ließ den größten Teil weg damit Jessy nicht noch wütender wurde. „Ich mache Alex einen Kopf kürzer!“ Jessy sah knurrend zu dem Schwarzhaarigen, der mit Steven und Max auf einer Bank saß und gerade etwas aß. Sie wollte auf ihn los als Elisa sie festhielt. „Was ist hier eigentlich los? Warum bist du so wütend auf Alex? Egal was vorgefallen ist, zu einem Streit gehören immer zwei, daran solltest du denken.“ Bevor Jessy einen Fehler machte und etwas Falsches sagte, ging Yue dazwischen. Er fand es eigentlich gut, dass Elisa sich wieder mit Jessy verstand – so wie früher. Er wollte nicht, dass das erneut wegen ihm zerbrach. Dieses Mal würde er etwas dagegen tun. „Jessy. Elisa hat Recht. Das ist eine Sache zwischen mir und Alex. Ich regle das alleine. Streite dich wegen mir nicht auch noch mit Elisa.“ Unschlüssig, da sie immer noch wütend war schaute Jessy zwischen Yue hin und her. Ja, sie verstand sich wieder mit Elisa und sie wollte das auch nicht kaputt machen aber konnte sie denn wirklich zulassen, dass Alex sich an ihrem Chibi vergriff? Sie waren doch Freunde. Freunde beschützten einander und waren füreinander da. Was wäre sie denn für eine Freundin, wenn sie nur zuschaute und nichts tat? „Ich schaffe das schon. Trau mir ein bisschen mehr zu, okay?“ Seufzend nickte sie und sah Elisa entschuldigend an. „Tut mir leid. Ich kann es nur nicht sehen, wenn Alex wieder damit anfängt Yue weh zu tun.“ Elisa ließ Jessy los und lächelte sie an, klopfte ihr auf die Schulter. Sie waren früher nicht umsonst beste Freundinnen gewesen bis das alles sie entzweit hatte. Auch sie wollte diesen Fehler nicht wiederholen. „Ich regle das mit meinen Jungs. Die drehen im Moment alle ein wenig durch.“ Ihr schien etwas einzufallen und sie wandte sich bevor sie zu Alex und den anderen gehen würde noch einmal an Jessy. „Ach ja, ich wollte dich noch etwas fragen. Wegen Steven. Du weißt, dass er dich sehr gerne hat, oder? Ich kann mir denken warum du nicht mehr mit ihm redest und ihn meidest aber denkst du nicht, dass er nach der ganzen Zeit eine Chance verdient hat? Alex, Steven und sogar Max sind keine schlechten Jungs. Sie haben nur Probleme damit ihre Emotionen zu zeigen und sie zu kontrollieren. Jeder Mensch macht Fehler, Jessy aber wahre Größe zeigt man, wenn man bereit ist diese Fehler zu verzeihen.“ Ai, die das mitbekommen hatte lief zu ihren Freundinnen und sah beide verwirrt an. Was war denn zwischen diesen beiden Parteien alles vorgefallen? Ging das noch über Yue hinaus? Sie wollte etwas dazu fragen, ließ es dann aber sein. Elisas Worte machten sie nachdenklicher als sie zugeben wollte. Ihr Blick fiel zu Max, der es bemerkte und ihr freudig zuwinkte. Der Junge benahm sich wie ein Kleinkind und winkte, als ob sie ein Superstar wäre, oder so was in der Art. Irgendwie war es dann aber doch lustig und sie musste grinsen. „Hey, Alex. Hast du das gesehen. Ai grinst! Sie hat mich angegrinst. Ich hab doch gewusst, dass sie völlig verschossen in mich ist.“ Max war außer sich wegen dieser kleinen Geste und hätte fast sein Brötchen fallen gelassen. Ai hasste ihn gar nicht so sehr wie sie ihm weiß machen wollte. Er musste nur hartnäckig bleiben. Nach der Pause hatten sie ihren Kunstkurs und er musste mit Yue und Ai noch an ihrem Projekt arbeiten. Das war seine Chance ihr ein wenig näher zu kommen. Freudig biss er in sein Brötchen und grinste auch Elisa breit an, die zu ihnen kam. „Max, du bist echt -“ Über dieses Verhalten konnte sie nur noch den Kopf schütteln und setzte sich auf Alex' Schoß, sah den Größeren lange an, der in dessen eigener Welt zu sein schien. Er starrte nur zu Yue und seufzte ständig. Nach einem kurzen aber wirkungsvollen Schlag auf den Hinterkopf war Alex wieder in der Welt der Lebenden und schaute Elisa verwirrt an. „Wofür war das denn?“ Die Angesprochene stupste ihn die Stirn und kam seinem Gesicht immer näher. Was hatte sie vor? War Elisa auch sauer auf ihn, oder wollte ihn am Liebsten tot sehen wegen der Sache mit Yue? Immerhin war sie ja jetzt recht dicke mit diesem gruseligen japanischen Mädchen. Seit Ai da war ging sein Leben noch steter bergab als es vorher schon der Fall war. „Erzähl mir was vorgefallen ist. Sofort und lass nichts aus, klar?!“ Alex wusste, dass er nicht drumherum kam ihr alles zu erzählen und auch Max und Steven sollten es erfahren. Es war an der Zeit Tacheles zu reden. Max Gesicht wurde bleich als er nun von Alex persönlich erfuhr was dieser für Yue empfand. Sein bester Freund, sein Idol war schwul und hatte sich auch noch in eine kleine Made wie Yue verliebt? Klar, der Junge sah gut aus, war so klein und süß wie ein Mädchen – deswegen hatte er ihn ja auf den Kieker. Der Kleine nervte ihn schon seit er ihn das erste Mal gesehen hatte aber - Er konnte ja damit klar kommen, dass Alex schwul war – in der heutigen Zeit war man ja offener und erst recht, wenn es um den besten Freund ging aber dass es ausgerechnet der Japaner war wollte nicht in seinen Kopf. Der Rest vom Brötchen fiel auf den Boden und er schaute Alex immer noch fassungslos an. Stevens Gesicht war gewohnt ausdruckslos, doch sein Blick verriet, dass er es schon gewusst hatte und es für ihn nichts Neues war. Er war ruhig und teilnahmslos aber nicht blind, oder dumm. „Du hast deine Chance gesehen als du gemerkt hast was er für Zeug liest und gedacht, du könntest endlich einen Schritt weitergehen? Dann hat er von Shin angefangen und dir wieder allerlei Sachen an den Kopf geworfen und du wurdest wütend und eifersüchtig? So weit so klar... die Sache mit deinem Dad verstehe ich aber nicht. Was hat er mit Yue gemacht, dass er euch so sehr verabscheut?“ Nachdenklich knabberte sie an ihrer Unterlippe und ignorierte Max zunächst, der wie zu einer Salzsäule erstarrt war. So blieb der Junge endlich mal ruhig. Das was Alex ihr erzählt hatte hörte sich so an, als ob Yue ihn gar nicht verabscheute. Da gab es eher ein Problem mit der Gesamtsituation und Alex' Vater. Sie musste mit Ai und Jessy darüber sprechen. So konnte das mit Alex und Yue nicht weitergehen. Die beiden mussten sich aussprechen. „Sag mal, musst du eigentlich so viel mit Ai unterwegs sein, Elisa? Sie ist merkwürdig und...“ Gut, dass sie ihm Angst machte brauchte keiner der Anwesenden zu wissen. Es war ihm unheimlich, dass sie so viel über ihn wusste und seine Gefühlswelt offenlegte. Außerdem verbrachte sie viel zu viel Zeit mit Yue. Das gefiel ihm noch weniger als die Tatsache, dass er nun bei Shin Zuhause wohnte. „Ich verbringe Zeit mit wem ich will, Alex. Das solltest du langsam wissen. Ich mag sie. Sie ist nett und auch mit Jessy werde ich wieder mehr unternehmen. Jungs, ihr solltet endlich mal was an euch ändern. Das Geplänkel war ja in den letzten Jahren ganz unterhaltsam aber ihr werdet nicht jünger. Irgendwann müsst auch ihr erwachsen werden.“ Alex schaute sie nur unschlüssig an, Steven sah wie immer aus und Max? Der löste sich aus der Schockstarre als Ais Namen hörte. „Ai? Was ist mit ihr?“ Elisa schüttelte seufzend den Kopf. Dieser Junge war einfach nur eine Sache für sich. Max Eltern mussten sich täglich fragen von wem dieser dieses Verhalten geerbt hatte. Oder, ob dieser am Ende doch nach der Geburt vertauscht wurde? „Du bist berechenbar, Max. Zu berechenbar.“ Sie beugte sich vor, gab Alex einen Kuss auf die Stirn, stupste Max an die Wange und stand auf. Dann lief sie zu Steven und fasste dessen heilige Kopfhörer an, hob sie etwas hoch, damit sie ihm etwas ins Ohr flüstern konnte. „Bleib an Jessy dran und gib nicht auf. Vielleicht ändert sie ihre Sicht auf dich ja schneller als du denkst.“ Grinsend ließ sie den Kopfhörer wieder los und sah in das verdatterte Gesicht des sonst so ausdruckslosen Rothaarigen. Eine feine Röte bildete sich auf dessen Wange und sie hätte schwören können, dass dieser sogar lächelte. „Ich gehe wieder zurück zu Jessy und Ai. Macht keinen Unsinn, Jungs und wenn was ist, ihr wisst wo ihr mich findet.“ ~~**~~ „Shinji-Nii“ Shinji, der umringt war von ein paar Mädchen aus der Unterstufe und auch Oberstufe drehte sich gleich um als Ai ihn rief. Sie war mit Yue allein unterwegs. Er überlegte kurz warum sein Bruder nicht bei den beiden war und erinnerte sich daran, dass dieser jetzt beim Basketball Training war und seine Schwester nun zum Kunstunterricht ging. „Hast du nicht auch Unterricht?“ Er löste sich von den Mädchen und ging zu seiner Schwester. Ihr an die Stirn schnippend zuckte Shinji die Schultern und verschränkte die Arme vor der Brust. Yue, der immer noch in Gedanken zu sein schien bekam es gar nicht richtig mit, dass sie gerade miteinander sprachen. Erst als Ai seine Hand nahm und drückte schrak er aus seinen Gedanken. „Ich habe jetzt Basketballtraining. Shin ist schon dort. Ich warte noch ein paar Minuten. Immerhin habe ich ja noch Zeit. Ihr beide wartet nachher auf uns, oder kommt direkt zur Sporthalle. Wir gehen zusammen nach Hause.“ Eigentlich wollte er sich wieder umdrehen und gehen, da er keinen Widerspruch erwartete aber Ai schüttelte tatsächlich den Kopf. Hallo? Was hatte sie jetzt wieder vor? „Ich wollte mit Jessy und Elisa shoppen gehen. Immerhin gehen wir heute Abend auf den Jahrmarkt und ich brauche was zum Anziehen. Elisa wollte mich beraten, damit ich nicht immer in meinen Shirts, oder zu langen Röcken rumlaufe.“ Endlich hatte sie mit Jessy und Elisa zwei Freundinnen, die sie in solchen Sachen beraten konnten. Mit so etwas hatte sie keine Erfahrung. Sie zog an was bequem war und nicht was gut aussah. Manchmal sah sie leider auch so aus, als ob sie sich im dunkeln angezogen hätte, oder im letzten Jahrhundert lebte. Jessy hatte sogar gesagt, dass sie mehr wie ein Junge aussah als ein Mädchen und das hatte ihr den Rest gegeben. Sie brauchte neue Sachen und die würde sie sich heute besorgen. „Wir gehen nach der Schule ins Einkaufzentrum und essen dort auch was. Von dort aus gehen wir direkt zum Jahrmarkt und treffen uns. Yue wird mit Shin-Nii und dir nach Hause gehen und sich dort ausruhen, nicht wahr?“ Yue nickte nur abwesend und schaute Shinji an, dessen Gesichtsausdruck sich merklich veränderte. Erst wurde er blass, dann rot und schließlich war es eine Mischung aus beidem. Oh je, Ai sollte aufhören zu reden, sonst explodierte der Ältere noch. „Du wirst garantiert nicht mit den beiden ins Einkaufszentrum gehen, sondern mit uns nach Hause.“ Shinji versuchte sich zu beruhigen. Er musste sich unbedingt beruhigen, sonst würde er Dinge sagen, die Ai verletzten und das wollte er nicht. Wofür brauchte Ai neue Klamotten? Sie hatte doch genug in ihrem Schrank. Wollte sie noch mehr Aufmerksamkeit erregen als sie es eh schon tat. Immerhin hatte sie schon einen Irren am Hals, sie brauchte nicht noch mehr. Wenn er darüber nachdachte wie Jessy aussah – immerhin hatte er ja auch Interesse an ihr gezeigt – oder Elisa, dann könnte er sich gut vorstellen wie Ai am Ende aussehen würde. Oh nein! Das kam gar nicht in Frage. „Shinji-Nii! Ich bin kein kleines Kind mehr und, wenn ich mit meinen Freundinnen shoppen gehen will, dann gehe ich auch. Zum ersten Mal habe ich Freundinnen, die sich wirklich um mich kümmern und mich in Mädchensachen beraten können. Du und Shin-Nii seid keine große Hilfe und Yue auch nicht! Du kannst und wirst es mir nicht verbieten.“ Sie ballte ihre Hände zur Faust und ihr ganzer Körper spannte sich an. Wütend darüber, dass Shinji ihr verbieten wollte in das Einkaufszentrum zu gehen bebte alles an der jungen Japanerin. „Gut, wenn du unbedingt willst. Aber ich komme mit!“ Damit war für ihn das Thema erledigt und er ging wieder zurück zu den Mädchen, die der ganzen Szene eher irritiert folgten und nicht wussten wie sie das interpretieren sollten. Waren die beiden wirklich Bruder und Schwester? „Ai, beruhig dich wieder. Komm, wir gehen weiter. Sonst kommen wir zu spät zum Unterricht.“ Yue versuchte sie zu beruhigen und nahm ihre Hand, die sich langsam wieder aus der Faust gelöst hatte in seine eigene. Ai entspannte sich merklich, war aber nun irritiert. Hatte ihr Bruder gerade wirklich gesagt, dass er mit ihr und den anderen shoppen gehen will? Das... das war unmöglich! Sie wollte mit ihren Freundinnen alleine sein. Wie sollte sie denn in Ruhe shoppen und sich mit ihnen unterhalten können, wenn sie Shinji im Nacken hätte? „Baka Nii“ ~~**~~ Im Kunstraum waren einige schon damit beschäftigt ihre Gruppen für das Projekt zu bilden und sich an die Tische zu setzen. Einige hatten ihre Utensilien bereits ausgepackt und unterhielten sich angeregt. Die Lehrerin saß an ihrem Tisch und ließ die Schüler selbstständig arbeiten. Das war das Gute am Kunstunterricht. Man hatte auch mal Zeit für sich, konnte den Lehrer fragen, wenn es etwas zu fragen gab und ansonsten selbstständig arbeiten. Sie holte ihren Pinsel, den Block, die Farbe und alles andere aus dem Schrank und setzte sich mit Yue an den Tisch. Es dauerte nicht lange und auch Max beehrte alle mit dessen Anwesenheit und sogar die Lehrerin schien davon positiv überrascht zu sein. Er setzte sich neben Ai und legte einen Arm um ihre Schulter. Als sie ihn mit dem tödlichsten Blick, den sie ihm schicken konnte, ansah ließ er sie wieder los. „So sieht man sich endlich wieder. Kunst wird noch mit Abstand mein Lieblingsfach. Hallo, Yue~ Alles fit im Schritt? Oder immer noch ein bisschen -“ Ai's Hand lag auf einmal so fest auf seiner eigenen, dass es sogar etwas weh tat. Doch das spürte er gar nicht mehr. Sie fasste ihn an, berührte ihn mit ihrer zarten, wunderschönen Hand und drückte sogar zu. Das musste Liebe sein, oder? Gut, dass sie ihm die Hand in diesem Moment lieber zerquetschen wollte ignorierte er und lächelte die Blonde nur verliebt an. „Keine Sorge, meine Aufmerksamkeit liegt ganz bei dir ~“ Stöhnend ließ Ai Max los und deutete auf den Block vor sich. „Wir sollten langsam mit unserem Projekt anfangen und Ideen sammeln. Wir sind keinen Schritt weiter, weil du ständig anfängst zu säuseln, wenn wir hier sind.“ Max hob unschuldig die Hände und stützte den Kopf auf der Hand ab, sah Ai lange an. „Ich habe mir schon Gedanken darüber gemacht und mir ein Thema ausgesucht. Wie wäre es mit 'Wahrer Liebe'? Das passt doch zu uns beiden, oder?“ Yue war an sich froh, dass der Fokus wieder auf Ai lag und Max ihn in Ruhe ließ aber irgendwie kam er sich hier ziemlich Fehl am Platz vor. Ihm wurde auch leicht unwohl weil Ai nun wegen ihm keine Ruhe vor Max hatte. Ehe Ai etwas darauf erwidern konnte sah er, dass Max erneut ansetzte und weitersprach. „Hier im Unterricht kommen wir eh nicht viel weiter. Wir sollten uns bei mir Zuhause treffen. Dort habe ich alles was wir brauchen. Leinwand, Farbe – das beste Zubehör. Wie wäre es mit heute nach der Schule?“ Ai schüttelte sofort den Kopf und verschränkte die Arme vor der Brust. Der Junge versuchte es immer wieder, oder? Auch, wenn dessen Vorschlag gar nicht schlecht wäre. Wenn Max wirklich alles Zuhause hatte, dann wäre das die beste Möglichkeit das Projekt erfolgreich abzuschließen und eine gute Note zu bekommen. „Heute habe ich etwas vor und heute Abend auch, bevor du fragst und morgen nach der Schule geh ich mit Shinji-Nii schwimmen. Also, fällt das auch flach. Wir können uns am Wochenende treffen, dann haben wir genug Zeit und können es sogar an einem oder zwei Tage abschließen. Was meinst du, Yue?“ Was er dazu meinte? Er war doch nicht lebensmüde und mischte sich in die Angelegenheiten der beiden ein. Am Ende hatte er Max wieder am Hals. „Macht nur. Ich schließe mich eurer Entscheidung an.“ Max schaute zu Yue und grinste breit. Der Kleine war ja gar nicht so dumm wie er dachte und hielt sich raus. Wenn Yue sich eingemischt hätte wäre das nicht gut für ihn ausgegangen und er hätte ihm weh tun müssen – richtig weh. Dabei war es ihm egal, ob Alex in den Jungen verschossen war, oder nicht. Ihm kam keiner in die Quere. „Gut, dann ist es beschlossen. Wir treffen uns am Samstag Vormittag. Ich hole euch beide Zuhause ab“ Es gab da etwas, dass ihm keine Ruhe ließ. Ai war heute unterwegs? Auch heute Abend? Wo ging sie hin? Mit wem? Das Beste war ja, dass sie morgen mit ihrem Bruder schwimmen gehen würde... An sich ja nichts schlimmes. Aber allein der Gedanke Ai in einem Bikini zu sehen, oder einem engen Badeanzug ließ ihn wohlig erschaudern. „Hey, Max! Deine Nase. Du blutest!“ Ai holte eine Taschentuchpackung aus ihrem Rucksack, zog ein Taschentuch raus und hielt es dem Größeren an die Nase. Was war nur los mit ihm? Warum kicherte der Kerl so merkwürdig? Merkte er denn nicht, dass er Nasenbluten hatte? Max hielt das Taschentuch fest, stopfte sich ein wenig davon in die Nase und schaute Ai verklärt an. Er musste morgen unbedingt in das gleiche Schwimmbad und er musste unbedingt erfahren wo sie heute Abend hinging. Er würde Elisa nachher abfangen bevor sie sich auf den Weg nach Hause machte! ~~**~~ Yue machte drei Kreuze. Endlich war der Unterricht vorbei. Ai gab ihm einen Kuss auf die Wange und schob ihn zu Shin, der seine Schwester und auch seinen Bruder, der neben ihr stand fragend ansah. Kamen die beiden nicht mit nach Hause? Irgendetwas hatte Shinji ihm gesagt aber er hatte nicht zugehört. Immer, wenn sein Bruder wütend war oder aufgeregt redete dieser sinnloses Zeug und da schaltete er meist ab. Dieses Mal hätte er zuhören sollen. „Kommt ihr nicht mit?“ Shinji schüttelte den Kopf und sah seinen Bruder seufzend an. „Du hörst mir nicht zu, oder? Ich begleite Ai. Sie will mit Elisa und Jessy ins Einkaufszentrum. Wir treffen uns nachher am Eingang vom Jahrmarkt. Du gehst mit Yue alleine nach Hause.“ Shin schaute leicht entgeistert. Er wollte Shinji fragen warum er Ai unbedingt begleiten musste. Immerhin war sie alt genug alleine mit ihren Freundinnen shoppen zu gehen. Wer ging schon mit drei Mädchen freiwillig shoppen. Am Ende missbrauchten sie ihn doch eh nur zum Schleppen. Sie waren zwar Zwillinge aber manchmal verstand er seinen Bruder nicht. So langsam kam ihm eine ganze merkwürdige Vermutung und er hoffte, dass er sich täuschte. „Okay, wir gehen. Bis heute Abend.“ Er schob Yue mit sich, der Ai und Shinji nur zuwinkte und endlich von hier wegkommen konnte. Er war noch viel zu aufgewühlt und an einem Ort mit Alex zu sein verursachte in ihm ein enormes Unbehagen. Nein, er hasste Alex nicht aber - Nicht mehr darüber nachdenken. Für heute würde er Alex, Alex sein lassen! ~~**~~ „Ai? Was macht Shinji hier?“ Elisa beugte sich zu Ai vor und auch Jessy tat es ihr gleich. Sie hatten sich vor der Schule verabredet um gemeinsam shoppen zu gehen. Was machte Shinji hier? „Er will unbedingt mit, sonst hätte er es mir verboten. Als, ob er es mir verbieten könnte. Tse, der spielt sich immer auf, als wäre er Dad persönlich.“ Schnaubend schaute sie zu Shinji, der schnell ein paar Mädchen abwimmelte und den drei Mädchen folgte als sie losgingen. Jessy schaute kurz zu Shinji und musterte diesen irritiert. Nie hätte sie gedacht, dass der Größere so eine Glucke war und sich so beschützend gegenüber dessen Schwester verhielt. Das passte nicht zu dessen Macho Image. An sich machte es ihn ja auch sympathisch aber seltsam war es schon. Gut, etwas dagegen tun konnten sie nicht also ergaben sie sich ihrem Schicksal und steuerten direkt das Einkaufszentrum an. Sie ließen sich nicht von Shinji stören, der ihnen wie ein Schatten folgte. Es wurde sich unterhalten, Elisa versuchte Max vor Ai gut dastehen zu lassen und ihr zu erklären, dass sie diesem verraten hatte was sie heute Abend vorhatten. Doch dazu kam sie nicht. Jessy deutete auf eine angesagte Boutique und zusammen verschwanden sie darin. Shinji haderte erst mit sich selbst, ob er hinein gehen sollte. Es war kein Thema. Da drinnen gab es hübsche Frauen, die alle keine Herausforderung für ihn wären, dessen war er sich sicher aber als Mann in so eine Boutique zu gehen kratzte am Image. Er konnte aber nicht zulassen, dass Ai sich irgendeinen knappen Rock kaufte, oder ein Kleid, oder... Was auch immer! Shinji betrat die Boutique und lächelte die Verkäuferin charmant an, die gleich vor sich hin kicherte. Na, ging doch. Er hatte es nicht verlernt. Sich nach Ai umschauend entdeckte er sie und die anderen beiden bei den Umkleiden. Hatte sie wirklich schon was zum Anprobieren gefunden? Das ging aber schnell. Zu schnell. Sofort war er bei den Mädchen und sah zu wie Ai aus der Umkleide kam. Sein Mund blieb offen stehen als er sah was sie anhatte. Es war ein obenrum enganliegendes Kleid, das untenrum luftig war. Seit wann hatte Ai so viel Oberweite? Seit wann pushte sie ihre Oberweite? Sie drehte sich und fragte ihre Freundinnen nach Rat, die ihre Zustimmung kund taten. „Das sieht toll aus, das musst du nehmen. Probiere auch das Oberteil und die Hose an.“ Shinji blieb direkt vor Ai stehen und schüttelte den Kopf. „Das sieht zu aufreizend aus. Hast du gesehen wie eng das ist?!“ Ai schaute ihren Bruder erst ruhig an und sagte nichts dazu, sondern ging wieder zurück in die Umkleide. Sie zog die Jeans an und die Seidenbluse, ließ wie Elisa es ihr gesagt hatte die oberen Knöpfe etwas auf. Doch auch hiermit hatte Shinji anscheinend ein Problem und knöpfte ihr die Bluse doch tatsächlich wieder zu. So ging es mit sämtlichen Kleidungstücken weiter, die man für sie ausgesucht hatte. Ai ließ sich das vier weitere Geschäfte lang gefallen bis sie im wahrsten Sinne des Wortes explodierte. „SHINJI-NII!“ Einige Leute drehten sich nach ihr um als sie ihren Bruder anschrie und eine Kundin, die Shinji die ganze Zeit angestarrt hatte zuckte so sehr zusammen, dass sie die Ware in ihren Händen fallen ließ. „Wenn das so weitergeht dann finde ich gar nichts! Lass mich endlich in Ruhe was aussuchen. Wenn du nicht gleich raus gehst, dann kannst du morgen alleine schwimmen gehen und ich werde kein Wort mehr mit dir reden!“ Shinji haderte mit sich selbst. Ja, vielleicht übertrieb er ein wenig und Ais Laune war berechtigt aber er konnte doch nicht zulassen, dass sie in solchen knappen Teilen herumlief. Er hatte doch eine Pflicht ihr gegenüber zu erfüllen und musste aufpassen, dass ihr nichts geschah. Leise murrend drehte er sich um und verließ das Geschäft, wartete vor der Tür darauf, dass die drei Mädchen wieder herauskamen. Nach ca. einer halben Stunde kamen sie dann wirklich und Ai drückte ihm sechs Tüten in die Hand, die er tragen durfte und sie hatte etwas neues an. Ein Kleid. Ein pastellfarbenes blaues Kleid. Okay, ja, das ging. Das war nicht zu aufreizend. Vielleicht war es etwas zu kurz? Er schaute es sich gut an, wollte etwas sagen, verkniff es sich aber. Da es eh schon gekauft war konnte er eh nichts mehr dagegen tun. Er könnte höchstens dafür sorgen, dass es aus ihrem Kleiderschrank verschwand. Ganz unauffällig. So wie der ganze Rest in den vielen Tüten. „Deine Chucks passen nicht zu deinem neuen Kleid, Ai. Jetzt ist es an der Zeit nach Schuhen zu schauen. Komm, da vorne ist ein neuer Laden. Ich bräuchte auch mal wieder neue.“ Jessy war es, die auf den Schuhladen deutete und zusammen gingen sie dorthin. Da Schuhläden zu den persönlichen Feinden von Brüdern und festen Freunden gehörten hatten sie dieses Mal keine Probleme den Laden ohne Shinji zu betreten. An Schuhen war ja nichts auszusetzen, oder? Shinji machte aber den Fehler um kurz hinein zu lugen und sah, dass Ai Higheels anprobierte. Das war nicht ihr ernst! Sie war erst sechzehn. Außerdem war sie nicht der Typ für Highheels. Sie trug seit jeher immer nur Chucks. Er war kurz davor in den Laden zu stürmen, da merkte er, dass Ai den Kopf schüttelte und die Schuhe wieder auszog. Ha, er wusste es doch! Er kannte sie viel zu gut. Zufrieden lehnte er sich an die Wand und wartete ab bis alle wieder draußen waren. Interessiert schaute er auf Ais Füße und sah, dass sie halbhohe Sandaletten anhatte und anscheinend auch darin laufen konnte. Ihre Beine wirkten damit länger und das ganze Drumherum gefiel ihm ganz und gar nicht. Mit einem Mal hatte er den Wunsch ihr die Schuhe wieder auszuziehen. „Und? Shinji-Nii? Wie sehen sie aus. Die passen doch wie angegossen, oder? Ich habe mir aber zur Sicherheit auch Ballerinas geholt. Falls mir nachher die Füße weh tun. Sie sind in meinem Rucksack und passen zum Kleid. Die Highheels waren dann doch einen Tick zu viel, in denen kann ich nicht laufen aber Elisa hat sich welche gekauft. Sie hat keine Probleme darin zu laufen,genauso wie Jessy, nicht wahr?“ Die Mädchen nickten und waren mehr als zufrieden mit ihrer Wahl. Jetzt fehlte nur der Schmuck und zum Frisör wollten sie auch. Was war denn ein Mädchentag ohne das passende Beautyprogramm. Immerhin hatte sich Ai ja einen typischen Mädchentag gewünscht und würde diesen auch bekommen. Ohne auf Shinjis Antwort zu warten, da sie genau wusste was der andere jetzt dachte steuerten sie den nächsten Laden an. Ein Geschäft, dass Modeschmuck anbot und voll war mit Jugendlichen. Ai suchte sich eine passende Kette und Ohrringe aus, genauso wie Elisa und Jessy stand vor diversen Freundschaftsbändern. „Willst du welche kaufen? Dachte nicht, dass du der Typ für so was bist.“ Elisa schaute sich die Bändchen an und dann fragend zu Jessy, die nur die Schultern zuckte. Sie wollte keines für Ai oder Elisa kaufen, weil sie wusste, dass zumindest Elisa nicht der Typ für solche Geschenke war aber ihr kam jemand anderes in den Sinn. Sie hatte Elisas Worte am Morgen nicht vergessen. Irgendwann war es auch an der Zeit zu verzeihen... Sie nahm ein braunes ledernes Bändchen und noch eines in der gleichen Ausführung aber in einer anderen Farbe. Damit ging sie zur Kasse und bezahlte alles. Elisa konnte sich denken für wen Jessy es kaufte, sagte aber nichts dazu. Das war Jessys Angelegenheit, nicht ihre. „Seid ihr endlich fertig?“ Von der ganzen Steherei schliefen seine Beine noch ein und die Taschen waren nicht gerade leicht. Er war derjenige gewesen, der mit wollte also durfte er sich nicht beschweren aber so langsam waren die drei doch auch mal fertig, oder? Kein Mensch konnte so lange wegen Klamotten unterwegs sein. Sie sollten sich an ihm ein Beispiel nehmen. Er betrat ein Geschäft, suchte sich was aus und kaufte es. Damit war das Ganze für ihn erledigt. „Wir sind fertig, Shinji-Nii~ Jetzt geht es nur noch zu dem Beautysalon.“ „Beautysalon?“ Er merkte nicht wie er es laut aussprach und wie entsetzt er dabei klang. Die drei wollten nicht... „Ja, mit allem drum und dran. Maniküre, Pediküre, Haare - Make-Up.“ Spätestens beim Thema Make-Up kam es in ihm wieder hoch und er atmete tief ein und aus. Wozu brauchte sie auf einmal Make-Up? Ai schminkte sich nicht! Sie hielt nichts von so was. Es war ihr zu oberflächlich. Das hatte sie immer gesagt und jetzt auf einmal wollte sie sich schminken lassen. „Beruhig dich wieder. Das ist nur für heute. Ich will es ausprobieren. Heute mache ich all das was ich in Japan nicht machen konnte.“ Er wollte es ihr verbieten. Er wollte sie packen und zurück nach Hause zerren. Weg von diesen beiden Mädchen, die ihr nur irgendwelche Flausen in den Kopf setzte, doch dann wäre sie sauer, enttäuscht, traurig und... Das wollte er nicht. „Ich fahre nach Hause und bringe das ganze Zeug in dein Zimmer. Ihr bleibt in diesem...“ Er knirschte mit den Zähnen und fügte den Rest hinzu. „...Beautysalon und wartet dort auf mich. Bis ich wiederkomme. Wenn ihr weg seid, dann -“ Shinji machte eine eindeutige Bewegung mit dem Finger an seinem Hals entlang und Ai rollte nur die Augen darüber. Ihr Bruder neigte wirklich zur Übertreibung. „Ja, wir warten auf dich.“ Mit diesen Worten ließ sie ihn auch schon stehen und lief mit Jessy und Elisa zu dem Beautysalon und buchte dort das gesamte Programm für sie drei.“ ~~**~~ „Shinji, was machst du denn hier?“ Sein Bruder stand von der Couch auf als er ihn sah und sein Blick blieb fragend auf ihn gerichtet. „Wo ist Ai? Ich denke, du begleitest Sie? Und was ist mit den ganzen Tüten?“ Entnervt brachte brachte er die ganzen Türen in Ais Zimmer wo sich Yue gerade befand und Hausaufgaben machte. Der Blonde schaute nur auf die ganzen Tüten auf dem Boden, dann zu Shinji, der in den Tüten herumwühlte, ein paar Sachen raus holte und immer wieder leise knurrte. Dann stand er auf und verschwand genervt. Er ging zurück zu Shin und fasste sich an den Kopf. „Ich denke nicht, dass Jessy und Elisa der richtige Umgang für Ai sind. Sie setzen ihr Flausen in den Kopf und … sie haben fast das ganze Einkaufszentrum abgeklappert. Wenn du wüsstest was sie alles eingekauft hat. Davon wird sie mindestens die Hälfte garantiert nicht anziehen, dafür sorge ich!“ Shinji war aufgebracht und völlig in Rage, daher ließ Shin ihn ausreden und er nahm sich auch vor ihm dieses Mal zuzuhören. Das Thema schien heikel zu sein. „Jetzt lässt sie sich gerade die Haare machen und die Füße und die Nägel und...sie will sich schminken lassen! Ich muss wieder zurück. Sie dreht völlig durch!“ Shin sah seinen Bruder an und war unschlüssig darüber, ob er ihn wirklich darauf ansprechen sollte. Nicht Ai war es, die durchdrehte, sondern Shinji war es. „Sie hat Spaß, lass sie doch einfach. Shinji, sie ist sechzehn Jahre alt und hatte bisher keine Möglichkeit ihre Jugend auszuleben. Jetzt hat sie endlich Freundinnen gefunden, die ihr zeigen wie es ist ein richtiges Mädchen zu sein. Mach ihr das nicht kaputt, nur weil du Angst hast sie...“ Er zögerte kurz und seufzte. „....zu verlieren.“ Was sollte der Unsinn? Er hatte Angst sie zu verlieren? Er würde sie niemals verlieren, das war klar! „Ich habe keine Angst sie zu verlieren. Weil ich sie nicht verlieren werde! Hör auf so einen Unsinn zu reden. Ich gehe jetzt wieder zu ihr. Bis nachher.“ Wie kam sein Bruder auf so einen Unsinn. Er sollte Angst haben sie zu verlieren. Tse, das war ausgeschlossen! ~~**~~ „Findest du nicht, dass Shinji ein wenig übertreibt mit seiner Sorge?“ Sie befanden sich gerade mitten in der Pediküre und hatten alle drei schon ihre Haare gemacht bekommen und die Maniküre hinter sich. Jetzt, da Shinji nicht da war konnten sie sich auch in Ruhe unterhalten und zwar über eben diesen. „Ich hätte nie gedacht, dass er so fürsorglich sein kann. Ich dachte, er sei ein Macho und Egomane, der nur an sich selbst denkt.“ Dieses Mal war es Jessy, die etwas sagte und Ai fragend ansah. „Shinji-Nii ist ein toller Bruder und ich liebe ihn sehr aber er übertreibt es manchmal mit seiner Sorge um mich. Das war schon in Japan so. Da muss ich durch und ich habe mich ja auch daran gewöhnt, auch wenn es stellenweise echt extrem sein kann und ja, er ist ein Frauenheld und steigt jedem Rock nach aber das gehört eben zu seinem Image. Er mag die Frauen zu sehr und genießt es im Mittelpunkt zu stehen. So war er schon immer aber das macht ihn nicht zu einem schlechten Menschen. Er ist ein lieber und fürsorglicher Mensch, du solltest nicht zu schlecht von ihm denken, Jessy.“ Jessy nickte und schmunzelte leicht über Ais Worte. Sie beneidete die Japanerin und ihre Brüder. Es musste schön sein Geschwister zu haben, die sich um einen sorgten und für einen da waren. Sie als Einzelkind konnte da nicht mitreden. „Ihr seid ja immer noch nicht fertig.“ Kam es stöhnend von Richtung Eingang des Salons wo Shinji stand und den Kopf entnervt schüttelte. Es war bereits früher Abend und die Drei waren immer noch hier? „Wir sind fast fertig, Shinji-Nii. Es werden nur noch unsere Fußnägel lackiert.“ Fußnägel? Wer brauchte lackierte Fußnägel? Entsetzt kam er näher und schaute sich seine Schwester genau an. Sie zeigte ihm die lackierten Fingernägel, worauf kleine glitzernde Steinchen aufgeklebt waren und dann auf ihr Gesicht. Da war dezenter Lippenstift auf ihren Lippen, welcher sie voller wirken ließ. Rouge auf ihren Wangen und Mascara an ihren Augen und blauer Lidschatten, der aber nicht zu dick aufgetragen war. Ihre Haare waren offen anstatt zugebunden wie sonst immer und sie hatte leichte Wellen darin. Es glänzte wie Gold... Mit offenem Mund stand er da und wusste nicht was er sagen, oder wie er reagieren sollte. Am Liebsten hätte er irgendetwas genommen und ihr das ganze Zeug aus dem Gesicht gewischt. So konnte sie nicht raus. „Und wie sehe ich aus?“ Erwartungsvoll sah sie ihn an und er schluckte. Wenn er jetzt etwas Falsches sagte, dann - „Aufgetakelt“ Knurrend verließ er den Salon und ging raus. Ai schnaubte nur und zog eine Schnute. „So lieb ich ihn habe, aber er kann auch manchmal ein richtiger Mistkerl sein.“ „Glaube ihm nicht...“ Sie drehten sich zu der Stimme um und erkannten einen jungen Mann, der gerade aufgestanden war und nun neben Ai stand. Die Mitarbeiterin war gerade fertig mit ihren Füßen und jetzt musste nur noch alles trocknen. „Ihr drei seht richtig heiß aus und du vor allem.“ Elisa rollte die Augen über diese plumpe Anmache und sah zu Jessy, die ebenfalls unbeeindruckt blieb. Nur Ai, die sonst eher ausblieb, wenn es um Anmachen ging, wurde rot um die Wangen. Jemand fand sie heiß. Jemand fand, dass sie gut aussah~ Jemand machte ihr Komplimente. „Danke~“ Elisa und Jessy sahen die Blonde entgeistert an. Fiel sie echt auf diese Anmache rein? Sie schauten einander fragend an und überlegten wie sie aus dieser Situation wieder rauskamen. Wo war Shinji, wenn man ihn mal brauchte? Dieser kam just in dem Moment wieder als der Junge sich zu Ai vorbeugte und packte ihn am Kragen, zog ihn zu sich. Da der andere ein Leichtgewicht im Gegensatz zu ihm war hatte er keinerlei Probleme damit ihn festzuhalten. „Willst du dir nicht lieber noch mal überlegen wie sie aussieht?“, knurrte er den jungen Mann an, der es gewagt hatte sie so plump anzumachen. Genau das war der Grund warum er nicht wollte, dass Ai so herumlief! Sie zog solche Typen an wie das Licht die Motten. „Äh, vielleicht ist es doch etwas -“, der Angesprochene schien zu überlegen und schluckte. Der Kerl, anscheinend der Freund der kleinen Blonden, sah nicht gerade erfreut darüber aus, dass er sie angemacht hatte. Eigentlich hatte er keine Probleme sich mit anderen anzulegen aber dieser Typ war ihm irgendwie unheimlich. „ - zu viel? Ja, aufgetakelt.“, nickte er schnell und Shinji ließ ihn los. „Verschwinde!“ Der andere war so schnell weg wie er gekommen war. Ai, die sich mit den anderen aus ihren Sitzen erhoben hatte schaute ihren Bruder nur Kopfschüttelnd an. „Du gönnst mir echt gar nichts, oder? Das war der erste Junge von dem ich ein Kompliment bekommen habe. Wie vielen Mädchen hast du schon Komplimente gemacht? Stell dir mal vor die hätten alle so nervende Brüder wie ich! Dann hättest du gar keine Chance mehr!“ Man merkte ihr an, dass sie sauer auf ihn war, doch das interessierte Shinji in diesem Moment nicht. Dann war sie halt sauer. Er würde sie vor solchen Typen beschützen – koste es was es wolle – auch, wenn es sie unglücklich machte. „Ai, es ist besser, wenn wir bezahlen und dann weitergehen. Wir holen uns noch was zum Essen und gehen dann los zum Jahrmarkt. Es ist schon spät und wir wollen sie nicht warten lassen, oder?“ Elisa versuchte diese ganze Stimmung etwas zu entschärfen bevor Ai noch auf Shinji losging, oder Shinji auf Ai – obwohl das bestimmt ausschied. Shinji würde Ai niemals etwas tun. Dessen Verhalten war übertrieben wie sie fand aber sie konnte sich darüber kein Urteil anmaßen. Manche Brüder verhielten sich halt so. Sie hatte selbst eine große Familie und drei Brüder, die sie früher verhätschelt hatten aber dieses Verhalten hatte sie ihnen schnell ausgetrieben. Bei Shinji schien noch ein anderer Faktor der Grund für dessen Verhalten zu sein aber das wäre ein Thema, dass sie ein anderes Mal aufgreifen würde. Heute war Ais Tag. Sie sollte Spaß haben und sich nicht Ärgern müssen. Tatsächlich nickte Ai und lächelte wieder. Sie wandte sich von ihrem Bruder ab und nahm Elisas und Jessys Hand. An der Kasse bezahlte sie für alle und ging mit ihnen zu einem Stand wo es Käsestangen gab. Immerhin gingen sie zum Jahrmarkt, da gab es auch allerhand was sie probieren wollte also musste jetzt so eine Käsestange reichen. Murrend aber versöhnlicher als vorher reichte sie auch Shinji eine Käsestange, der sie kommentarlos nahm und hinein biss. Während sich die Mädchen kurz auf eine Bank setzten stand Shinji etwas Abseits aber so, dass er alles überschauen konnte. Es sollte sich bloß keiner wagen sich den Dreien zu nähern. Auf einmal stand ein Mädchen neben ihm, etwa in seinem Alter, mittelgroß, dunkelblonde mittellange lockige Haare und blaugraue Augen. Sie lächelte ihn an und holte ihr Handy raus. „Kann ich deine Nummer haben?“ Man, die Mädchen hier waren wirklich direkt. In Japan hätte es Wochen gedauert bis er die Nummer von einem Mädchen, oder einer Frau bekommen hätte. Im Bett waren alle gleich aber der Weg dahin war unterschiedlich lang. Hier in Deutschland war man nicht so verklemmt und distanziert wie in Japan. Das lag vielleicht auch an den vielen kulturellen Einflüssen. Das Mädchen hatte einen leichten Akzent, den er aber nicht einordnen konnte. „Mein Name ist Lieke.“ Lieke? Das war aber kein deutscher Name, oder? Sie kamen ins Gespräch und er fand heraus, dass sie eine holländische Austauschschülerin war. Eine Holländerin hatte er noch nie. Man sagte ja einiges über holländische Frauen~ Verklemmt waren die auf keinen Fall. Er grinste und biss von seiner Käsestange ab. Sie deutete darauf und er hielt sie ihr hin. Da war aber jemand ziemlich scharf auf ihn. „Shinji~ Wir wollen gehen. Du willst uns – vor allem mich – nicht warten lassen, oder?“ Er hörte auf einmal Ai's Stimme und schluckte. Wie lange stand er schon hier und sprach mit Lieke? Diese drehte sich zu der Jüngeren um und musterte die kleinere Japanerin. Ihr Blick wurde abschätzend und fragend schaute sie schließlich Shinji an. Wer war die Kleine? Hoffentlich die Schwester von ihm, sonst müsste sie härtere Geschütze auffahren. „Seit wann interessierst du dich denn für solche 'aufgetakelten' Tussen?“ Ai schnaubte nur als sie dieses Mädchen neben ihrem Bruder musterte. Eigentlich war es ihr egal und die Ältere fiel tatsächlich in das Beuteschema ihres Bruders aber sie wollte Rache! Immerhin hat er es fast geschafft ihr den heutigen Tag zu vermiesen. Er hatte sie aufgetakelt genannt und sprach ständig mit Mädchen, die so aussahen! Er schrieb ihr vor was sie anziehen sollte und dabei hatte dieses Mädchen genau das Gleiche an – noch viel schlimmer! Sie verstand nicht warum er Spaß haben und sich ausleben durfte und sie nicht. Das hier würde sie ihrem Bruder so was von vermasseln! Lieke schaute zu dem Mädchen und fing an leise zu knurren. Diese kleine Göre wagte es sie zu beleidigen? Das konnte unmöglich die Freundin von diesem gut aussehenden Jungen sein, oder? Sie packte Ai am Arm, ausgerechnet an der Stelle, an welcher sie noch den blauen Fleck vom Vormittag hatte. Ai keuchte leise und zuckte zusammen. „Wenn nennst du hier eine aufgetakelte Tussi? Wenn sich zwei Erwachsene unterhalten, dann sollten Winzlinge wie du schnell einen Abgang machen.“ Normalerweise erwartete sie nun Unterstützung von ihrer neuen Bekanntschaft. Statt ihr zu helfen warf Shiniji den Rest der Käsestange weg und packte ihre Hand, die immer noch um das Handgelenk der Jüngeren geschlossen war. „Lass sie sofort los.“ Er blieb ruhig und wirkte auf einmal bedrohlich. Doch das war es nicht was Lieke sauer machte, sondern die Tatsache, dass er dieses Mädchen beschützte, obwohl sie es war, die beleidigt wurde. Wütend ließ sie Ai los. „Wenn man eine Freundin hat dann sollte man nicht noch mit anderen flirten, so viel Anstand hätte ich dir zugetraut.“ Sie war es zwar gewesen, die den ersten Schritt gemacht hatte aber Shinji hatte nichts dagegen unternommen und ihr die Hoffnung gegeben noch Single zu sein. Sich umdrehend schaute sie Ai noch wütend an und ging zur Rolltreppe, fuhr eine Ebene weiter nach unten. „Na, jetzt weißt du wie ich mich ständig fühle. Es tut mir leid, Shinji-Nii aber -“ Shinji unterbrach Ai indem er ihren Arm nahm und sich diesen anschaute. Der blaue Fleck war größer geworden und sah recht unschön aus. „Hast du Schmerzen?“ Was war nur mit ihrem Bruder los? War er nicht einmal sauer auf sie? Wozu rächte sie sich an ihm, wenn es gar nichts brachte? Seufzend schüttelte sie den Kopf. „Es geht wieder. Gehen wir. Die anderen warten schon.“ Warum war Shinji nicht einmal sauer darüber, dass sie dafür gesorgt hatte, dass er eine Nummer weniger in seinem Handy hatte und das auch noch von einem gut aussehenden Mädchen, dass ihn augenscheinlich wirklich gewollt hätte? Da war gar nichts – nur Sorge. Shinji war nicht wütend auf sie, sondern auf dieses andere Mädchen. Darüber seufzend ging sie zurück zu Elisa und Jessy. Sie wurde nicht schlau aus ihrem Bruder. ~~**~~ Zu viert kamen sie nach einiger Zeit und einer U-Bahn Fahrt später am Jahrmarkt an. Ais Augen leuchteten. In Tokio gab es so etwas nicht wirklich. Ja klar, es gab kleinere Feste, oder Veranstaltungen aber so was wie hier war neu. Das war so groß. Als sie an dem Treffpunkt ankamen und Ai sah wer da alles stand und wartete schaute sie Elisa fragend an. Jessy richtete den Blick ebenfalls auf die Braunhaarige. „Äh, also -“ Zum ersten Mal wusste Elisa nicht was sie sagen, oder wie sie es erklären sollte. Eigentlich wollte sie Ai ja schon früher sagen, dass ihre Jungs ebenfalls kommen würden aber sie hatte keine Gelegenheit dazu und es am Ende schlichtweg vergessen. „Max kam heute nach dem Unterricht zu mir und hat mich ausgequetscht darüber was du heute den ganzen Tag vorhast. Keine Ahnung woher er wusste, dass du heute unterwegs bist.“ Sie zuckte die Schultern und sah die beiden Mädchen vor sich entschuldigend an. „Er hat seine Methoden jemanden zum Reden zu bringen. Er nervt bis du gar nichts anderes tun kannst als zu reden. Also, habe ich ihm gesagt, dass wir shoppen gehen und danach auf den Jahrmarkt. Den Rest kannst du dir denken. Er ist zu Steven und Alex und hat ihnen davon erzählt und am Ende...“, sie deutete auf die drei Jungs, die am Treffpunkt standen. Yue war ebenfalls dort aber in sicherer Entfernung zu Alex, wofür Shin sorgte. Steven lehnte an der Wand eines Standes und stieß sich daran ab als er Jessy sah. Max. Ja, Max stand einfach nur da, schaute sich ständig um und fing an zu winken als er Ai sah. Dann wurde er so unruhig wie ein Duracell Hase und grinste über beide Ohren. Na toll. Ai schaute zu ihrem Bruder, der alles andere als erfreut darüber zu sein schien. Shinji war schon den ganzen Tag kurz vorm Ausbruch und nun auch noch das? Sie hätten das Ganze abblasen sollen. Sie kamen zu der illustren Gruppe und begrüßten sich. Bevor Ai aber zu Yue gehen konnte stand Max schon bei ihr, musterte sie von oben bis unten. „Wow! Du siehst toll aus. Richtig raus geputzt. Du siehst auch ohne Make Up und das ganze Drumherum toll aus aber -“ Ein Räuspern aus Richtung Shinji ließ ihn den Satz abbrechen aber er blieb nicht lange ruhig. „Was schon schön ist braucht sich nicht noch schöner zu machen, das geht nicht. Das alles ist zwar nicht übel aber die normale Ai gefällt mir besser.“, er gab ihr einen Kuss auf die Wange und bekam dafür eine Ohrfeige, die er sich aber lachend und gern kassierte. Was war denn jetzt los? Was redete dieser Kerl für einen Unsinn? Warum... Warum schlug ihr Herz so schnell? Was bewirkten diese Worte in ihr? Warum fing sie auf einmal an zu lächeln und freute sich darüber? Shinji stieß Max unsanft von Ai weg und schnappte sich ihre Hand. „Komm ihr nicht zu nahe, du Freak! Sonst mache ich dich einen Kopf kürzer.“ Während Shinji Ai, die noch zu verwirrt war und sich nicht dagegen wehrte, hinter sich herzog ging Steven zu Jessy. Sie war wunderschön – wie immer. Es war egal, ob sie sich heraus putzte, oder noch hübschere Kleider trug. Alles an ihr war perfekt. Sie könnte auch in einem Kartoffelsack vor ihm stehen. Lieb lächelte er sie nur an, beugte sich vor und strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht. „Du bist wie immer wunderschön“, sagte er nur und drehte sich um, folgte den anderen, die sich auf den Weg machten. Jessy, die dem Rothaarigen fassungslos hinterher sah konnte nicht fassen was dieser zu ihr gesagt hatte. Sie schaute zu Elisa, die nur grinste und ihr den Arm um die Schulter legte. „Ich hab doch gesagt, dass du ihm eine Chance geben solltest~“ ~~**~~ Der Abend auf dem Jahrmarkt war am Ende trotz der ungebetenen Gäste wunderschön. Ai, die sich wieder im Griff hatte, schaute sich jeden Stand an, probierte alles aus. Sie schoss daneben, warf daneben, ließ Luftballon zerplatzen, kaufte viel zu viel Lose und bekam am Ende nur eine Plastikrose. Irgendwann stand Max jedoch vor ihr und hielt ihr ein Stoff Erdmännchen hin. Sie hatte es die ganze angesehen und wollte es unbedingt haben aber hatte kein Glück was das Treffen von irgendwelchen Dose anging. Max hatte wohl mehr Glück und es war ihm aufgefallen, dass sie ständig zu dem Erdmännchen gestarrt hatte. „Für dich. Ich habs gewonnen. Du wolltest es haben, nicht wahr?“ Max grinste breit und hielt Ai das Stofferdmännchen hin. Yue bekam das mit und schüttelte darüber den Kopf. Der Kerl, der ihn hasste wie die Pest, der ihm das Leben zur Hölle machte - neben Alex – der ihn seit seinem ersten Tag hier in diesem Land mobbte und ihm zeigte was er von ihm hielt, verhielt sich wie ein verliebter kleiner Junge. Man könnte fast schon so etwas wie Sympathie für ihn empfinden – ein bisschen, sehr wenig, ganz, ganz wenig. Wäre Ai schon von Anfang an mit ihm nach Deutschland gekommen dann hätte Max ihn vielleicht nie auf dem Kieker gehabt. Wer wusste schon, ob es wirklich so gewesen wäre... Eigentlich empfand er Mitleid für Ai, da sie Max nun am Hals hätte aber es schien so, als ob sie gar nicht so unter dieser Aufmerksamkeit litt, die Max ihr entgegen brachte. Hatte sich Ai am Ende vielleicht in Max - Nein, niemals. Nicht in jemanden wie Max! Zum Glück gab es Shinji, der da wohl auch noch etwas mitzureden hatte. Ai schaute Max verwirrt an und dann zu dem Erdmännchen. Wieder zu Max, Erdmännchen, Max... So ging es ca. fünf Minuten bis sie ihre Hand ausstreckte und sich das Stofferdmännchen nahm. „Danke. Also, ich -“ Doch dann lag das Erdmännchen auf dem Boden und sie sah hoch zu ihrem Bruder, der es ihr aus der Hand geschlagen hatte. „Von diesem Kerl nimmst du keine Geschenke an! Es ist doch klar, was er damit bezweckt. Es ist spät, Ai. Es ist eh an der Zeit, dass wir wieder nach Hause gehen!“ Geschockt sah Ai zu dem Stofftier, das auf dem Boden lag im Dreck und dann wieder zu ihrem Bruder. Max, der was dazu sagen wollte wurde von Elisa darin aufgehalten. Es hätte Shinji nur noch wütender gemacht. „Warum? Warum willst du mir diesen Tag nur so sehr vermiesen?“, begann Ai und schaute ihren Bruder erst traurig und dann wütend an. „WARUM?!“ Sie bückte sich und nahm das Erdmännchen, drückte es an ihre Brust und drehte sich um. „Ich hasse dich!“ Mit diesen Worten rannte sie durch die Menschenmenge und verschwand, noch ehe Shinji oder ein anderer realisieren konnte was gerade passierte. Als er es realisierte rannte er los und die anderen folgten ihm. ~~**~~ Alex zog Yue in der Hektik an sich und nutzte den Umstand aus, dass Shin in Sorge um dessen Schwester war. „Lass mich los, Alex. Wir müssen Ai finden.“ Nein, er würde ihn nicht loslassen. Nie wieder. Erst, wenn sie das zwischen ihnen endlich geklärt hätten. Er hatte einen Fehler begangen, einen großen aber er war nicht breit dafür ein Leben lang zu büßen. Yues Worte an ihn waren hart und ungerecht gewesen, das sollte der Junge einsehen. Er war nicht der Böse – nicht er allein! „Die anderen finden sie schon allein, auch ohne uns und du kannst eh nicht rennen oder schnell laufen.“ Als er nach unten schaute, auf Yues Füße, die sich in Sandalen befanden, da es die einzigen Schuhe waren, die er anziehen konnte mit bandagierten Füßen schluckte Alex. „Es tut mir leid. Das was ich dir angetan habe, das was ich fast getan hätte und das was passiert ist weil du wegen mir aus dem Haus gerannt bist. Ich wollte nicht, dass es so endet. Ich wollte nie, dass es so kommt. Ich wollte nur – ich wollte -“ Den Blonden loslassend fasste sich Alex an die Stirn, strich sich seine Haare zurück und seufzte. Was sollte er denn noch tun, oder sagen? Hatte er nicht schon genug getan, oder gesagt? Steven näherte sich Jessy wieder an, Max hatte seine kleinen aber sicheren Erfolge bei Ai und er? Er war immer noch bei Null. Sie wollten sich annähern. Sie wollten Freunde sein und doch kam ständig irgendetwas dazwischen. Meist waren sie selbst es, die sich im Weg standen. „All das was ich in der Vergangenheit getan habe, kann ich nicht mehr rückgängig machen. Ich war sauer, ich war enttäuscht, ich habe die Welt und alles und jeden gehasst. Als du ein Teil von dieser Welt wurdest habe ich auch dich gehasst. Den kleinen blonden Asiaten, der dachte klüger zu sein, der dachte besser zu sein, der dachte – mein Leben in eine Achterbahnfahrt zu verwandeln. Von Anfang an hattest du mich in deinem Bann und ich war zu engstirnig es zu realisieren. Ich ließ zu, dass Max sich an dir vergreift. Ich ließ zu, dass dein Leben hier in einem neuen Land die reinste Hölle wurde. Ich habe dir zwar nicht aktiv etwas getan, es aber auch nicht verhindert, dass Max es an meiner Stellte tut.“ Sein ganzer Körper zitterte vor Wut auf sich selbst. Das waren so viele Emotionen, so vieles, das er Yue sagen wollte und doch reichte ihre Zeit dafür nicht aus. „Ich will, dass du eines weißt. Meine Gefühle für dich sind ehrlich, sie sind stark, sie sind so stark, dass mein Herz weh tut und das schon seit Wochen. Ich weiß nicht was mein Vater von dir will, warum er dich so verärgert hat aber ich will nicht, dass deine Worte an mich wirklich so gemeint waren. Ich will nicht der Grund dafür sein, dass du am liebsten von hier weg willst. Ich will der Grund dafür sein, dass du bleibst. Ich will der Grund sein, dass du endlich wieder glücklich bist.“ Yue hörte die ganze Zeit nur schweigend zu. Er sagte wirklich kein einziges Wort. Er seufzte nicht, er knurrte nicht, nein, nicht einmal ein Schnauben kam von ihm. In gewisser Weise war es fast schon überwältigend was gerade geschah. Es überrannte ihn wie eine ganze Horde Elefanten. Alex Worte waren ehrlich. Sie kamen von tiefsten Herzen, das konnte sogar er raus hören. Wie konnte ein emotionaler Krüppel wie er, der nur an sich dachte und immer alles negativ sah von so vielen Menschen geliebt werden. Ai liebte ihn. Ja, sogar Shinji. Shin. Jessy. Seine Tante. Alex. Er hatte sich seine Worte durch den Kopf gehen lassen und war zu dem Entschluss gekommen, dass er Alex zwar nicht verzeihen konnte was dessen Handeln anging, aber dass er zu hart zu diesem gewesen war. Alex war nicht Schuld an allem. Dieser hatte ihm nie ein Haar gekrümmt, es war Max gewesen. Er hatte zugesehen, ja, das stimmte und zuzusehen war schlimmer als nichts zu tun aber es einzusehen war doch ein guter Schritt nach vorne, oder? Ein Schritt weg von dem was man einmal gewesen war und hin zu der Person, die man werden kann, wenn man bereit ist sich zu ändern. Für sein Unglück war nicht Alex Schuld. Dieser war Schuld für sein Gefühlschaos aber nicht für sein Unglück. Es war dessen Vater, der glaubte alles kaputt zu machen. Alex Vater, der behauptete er wäre dessen Sohn und das seine Mutter eine Affäre mit ihm hätte. Ja, wie würde Alex denn reagieren, wenn er davon erfuhr? Wie würde dieser darüber denken sich in seinen Halbbruder verliebt zu haben, wenn es wirklich stimmte? Das alles war so irrsinnig. Kurz schaute er zu Alex, der noch neben ihm stand und griff nach dessen Hand, umfasste und drückte sie so fest, als ob sie ein Rettungsring wäre an dem man sich festhalten müsste um nicht zu ertrinken. „Es tut mir leid. Alles was ich zu dir gesagt habe. Es war unfair dir gegenüber. Deine Aktion hatte mir Angst gemacht, die Worte von deinem Dad machten mich wütend und ich habe alles an dir ausgelassen nachdem du mich so angegangen bist. Ich – Es ist nicht in Ordnung was du getan hast aber du hast dich entschuldigt. Du hast dich so viele Male entschuldigt und ich habe es einfach überhört. Ich habe deine Gefühle mit Füßen getreten anstatt mich damit auseinander zu setzen. Du bist nicht der Grund dafür, dass ich gehen will – es sind die ganzen Umstände, die mich fertig machen. Bitte, lass mir Zeit. Lass mir Zeit das alles zu verdauen und lass uns damit anfangen Freunde zu sehen bevor es vielleicht...“ Er schaute wieder zu ihm auf, nachdem er vorher den Blick gesenkt hatte, und lächelte matt. „...mehr wird. Ja? Reicht dir das?“ Alex sah auf die Hand, die seine eigene drückte. Sein Körper kribbelte als Yue ihn anfasste, als dieser mit ihm sprach und zum ersten Mal seit langer Zeit nicht sarkastisch war, oder wütend. Yue sprach normal mit ihm und entschuldigte sich sogar, obwohl er sich eigentlich keiner Schuld bewusst sein sollte. „Das ist mehr als ich mir erhofft habe. Kommst du wieder zurück nach – ich meine zurück zu mir und meinem Dad und deiner Tante?“ Yue ließ Alex' Hand los und schüttelte den Kopf. Nein, er würde noch bei Ai und den anderen bleiben. Noch war er nicht bereit sich mit Alex' Vater auseinander zu setzen. „Das hat nichts mit dir zu tun. Ich will mich einfach noch nicht mit deinem Dad auseinander setzen müssen, okay? Jeden Tag ein bisschen mehr. Jeden Tag lernen wir uns ein bisschen besser kennen. Ist das für dich in Ordnung?“ Alex nickte nur und sah in der Ferne schon Shin auftauchen, der wohl gemerkt hatte, dass Yue nicht nachkam. Als er die beiden zusammen sah stellte er sich sofort vor Yue und schaute Alex herausfordernd an. „Gibt es Probleme?“ So beschützend Shinji war, wenn es um Ai ging, so beschützend war Shin, wenn es um Yue ging kam es Alex vor und er zuckte nur die Schultern über diese Frage. „Nein. Alles okay~“ „Habt ihr Ai gefunden?“, fragte Yue und erwartete, dass Shin wieder zu ihm sah und von Alex abließ. Das tat der junge Japaner schließlich und schaute Yue an. „Nein. Jeder nimmt sich einen Abschnitt des Jahrmarkt vor und sucht nach ihr. Shinji ist alleine losgegangen. Max sucht mit Elisa, Steven mit Jessy und ich suche mit -“ „- uns beiden“ Alex kam Shin zuvor und grinste breit, was Yue nur schmunzeln ließ. Ja, es war gut, dass sie sich aussprechen konnte. Es hatte geholfen und sein Herz - Es tat nicht mehr so weh, es war irgendwie leichter. „Wir suchen sie zusammen“ TBC Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)