The Gravity of Life von Polarstern (Yami x Yugi?) ================================================================================ Kapitel 21: Schutzengel, Elefanten und suspendierte Pharaonen -------------------------------------------------------------- Es ist ein sehr langsamer Kuss, aber auch ein sehr romantischer. Tausende von Schmetterlingen flattern und toben durch Kopf und Bauch. Obwohl ich kaum Erfahrung habe, reagiere ich intuitiv richtig. Ich überlege gar nicht, lasse meinem Körper die Führung und genieße nur. Es ist herrlich… wie lange habe ich auf so etwas gewartet… So könnte ich den ganzen Tag verbringen, es macht süchtig! Im Takt meines rasenden Herzens versuche ich, den Kuss allmählich im Tempo zu steigern. Nur ganz minimal. Mein Gegenüber scheint keine Einwände zu haben, auch er passt sich meinem Rhythmus an. Schon kurz darauf spüre ich seine linke Hand in meinem Nacken. Zufrieden seufze ich. Da kommt mir eine Idee. Neugierig war ich ja schon immer. Vorsichtig öffne ich meinen Mund einen Spalt und schiebe meine Zunge hervor, taste damit vorsichtig nach seiner. Wieso ich mich das plötzlich traue, ist mir selbst ein Rätsel. Vielleicht gibt es auch nur diese eine Erklärung: Irgendjemand muss vergessen haben, die Flamme unter dem Kessel tief in mir rechtzeitig zu dämmen…. Denn das Hexengebräu kocht offenbar haltlos über die Ränder. * Ich liege immer noch bäuchlings auf seiner Couch, die Arme stützend angewinkelt und meine Unterarme auf dem Leder. Er hockt neben mir, zwischen uns die Sofalehne. Meine Hände greifen nach seinen Schultern. Ziehen ihn intuitiv näher zu mir. Oder versuchen es zumindest, ich bin auf der Couch und er auf dem Boden daneben. Er reagiert tatsächlich, kommt aus der Hocke hoch und drückt mich mit dem Kopf ein Stück nach hinten, um selbst mehr Platz zu haben. Das ganze als akrobatische Glanzleistung, ohne den Kuss unterbrechen zu müssen. Ich richte meinen Oberkörper ein Stück auf und rutsche vorsichtig und langsam nach hinten, um ihm ebenfalls Platz zum Hochklettern zu lassen. Anmutig und geschmeidig wie eine Raubkatze platziert er seine Beine auf die Sofalehne und nähert sich mir immer weiter. Dann ist er oben bei mir auf der Couch und legt mir ebenfalls die Hände auf die Schultern. Sanft aber bestimmt drückt er mich nach hinten, ich folge der Aufforderung und lasse mich in Rückenlage befördern. Der Kuss bricht ab, mein Puls hämmert in den Ohren. Verträumt sehe ich ihn an. Nun hockt er über mir und stützt sich mit beiden Armen rechts und links von meinem Oberkörper ab. Meine Hände machen sich selbstständig und gleiten in die Ärmel seines Shirts, fahren seine Arme hoch, streichen über die Haut bis zu den Schultern. Ich kann die feinen Muskeln unter der hellbraunen Haut spüren. Er beginnt, meinen Hals zu küssen, seine Hände gleiten ebenfalls unter mein Shirt und wandern über meine Brust. Ich atme lustvoll aus und genieße jede seiner Bewegungen. Langsam schiebt er mein Shirt hoch. Seine Lippen wandern ein Stück tiefer, am Shirt vorbei, bis zur Brust. Ich bin aufgeregt. Alles kribbelt. Ich habe noch nie so etwas erlebt. Ein wahr gewordener Traum. Seit einem Dreivierteljahr warte ich nun schon darauf. Fantasiere davon… Meine Aufregung steigt noch weiter, als sein Kopf ein weiteres mal tiefer rutscht. Zu meinem empfindlichen Bauch. Yami legt seine Hände auf meine Hüften auf, streicht die Außenseiten lang, meine Oberschenkel entlang. Seine Hände wandern auf der Innenseite wieder hinauf. Bis zu meiner Gürtelschnalle. Ich keuche erwartungsvoll auf und reiße ein Stück meine Augen auf. Nun hebt er den Kopf an, sucht den Blickkontakt. „Yugi?“ Ich nicke nur völlig überwältigt. Eine Gänsehaut hat mich komplett überzogen. Jedes kleine Nackenhärchen hat sich aufgestellt. Ich bin schrecklich nervös. Aber ich vertraue ihm. Er hat meine volle, stumme Erlaubnis, alles mit mir zu tun. Wie lange habe ich darauf gewartet? Mein Herz rast, meine Atemfrequenz steigt. Ich kann es kaum glauben. Träume ich wirklich nicht? Ich habe diese Situation schon so oft erlebt – in meinen Träumen. Und dann wachte ich auf. Allein in meinem Bett. Alles nur eine Kreation meines Kopfes. Vielleicht dieses mal auch? Rasch ist mein Gürtel geöffnet, der Reißverschluss aufgeschoben und seine linke Hand schiebt sich vorsichtig hinein. Ich halte die Luft an. Jeder Muskel verkrampft sich. Seine Streicheleinheiten entspannen mich gleichzeitig wie sie mich vor lauter Aufregung verkrampfen. Oh Ra, er tut es wirklich! Mit einem kehligen Stöhnen rutscht mein Kopf zu Seite, mein Rücken drückt sich tiefer in die Couch. Es fühlt sich noch besser an als in all meinen Vorstellungen. Ich schmelze unter seinen heißen Berührungen wie Wachs in der Sommersonne. Ich nehme nichts mehr um mich herum wahr, die Zeit steht still. Würde ich es überhaupt merken, wenn Mirai oder Kacy das Zimmer betreten würden? Keine Ahnung, in die Wüste mit Ihnen und allen anderen! Auch alle weiteren störenden Gedanken schicke ich in die riesige Sandlandschaft. In meinem Kopf gibt es nur noch uns beide. Und seine geschickten Hände… Ich hebe meinen rechten Arm, muss ihn stoppen. Sonst ist alles schon vorbei. Yami versteht mich direkt, zieht seine Hand zurück. Ich setze mich auf und presse ihm gierig und hungrig meine Lippen auf. Es wird ein feuriger Kuss, bei dem ich ihm sein Shirt über den Kopf streife. Zu spät bemerke ich dessen Folge: Unsere Gesichter müssen sich trennen, um den Stoff über seine Schultern ziehen zu können. Nach dem Kuss ist es an mir, seinen wohlgeformten Körper abzutasten. Seine Brust, seinen muskulösen Bauch. Nach kurzer Zeit schiebt er mich allerdings wieder zurück – ist jetzt alles vorbei? Stößt er mich wieder von sich? Zieht er wieder die gleiche Show ab wie sonst auch, wenn wir uns ZU nahe gekommen sind? Wird ihm wieder bewusst was wir in Begriff sind zu tun…? Wird er mir wieder die kalte Schulter zeigen? Gewissensbisse haben, weil er denkt, die Grenzen überschritten zu haben…? Nein! Ich muss – Doch sein Blick verrät mir, dass die aufkeimenden Ängste unbegründet sind. Scheinbar lässt auch er sich gerade von dem Rausch mitreißen, hat seine sonst so starke Selbstkontrolle im heißen Sand Ägyptens vergraben. Mit einem tiefen, gefühlvollen Blick betrachtet er mich aus dunkelroten Augen mit einem Stich ins violette gehend – je nach Lichteinfall wirkt die Farbe seiner Augen anders. Sicherlich könnte er mir physikalisch mehr über die Lichtbrechung seiner Augen erklären. Wenn ich es denn hören wollen würde…. Vielleicht ein andermal. Gleichzeitig ist sein Blick auch gierig und fordernd. Und frech. Wie immer bestimmt er, wo es lang geht. Und ich lasse ihn gewähren. Vertraue ihm. Wir verstehen uns gerade blind, jeder weiß, was der andere denkt und fühlt. Wie zwei Seelen in einem Körper. Ich halte beide seiner Hände mit meinen. Ich muss mich irgendwo festhalten, muss mich stützen. Mir wird immer schwindeliger, was er alles in mir auslöst. Mein Puls rast, mein Atem geht flach und schnell. Mein Kopf fährt gefühlt Achterbahn. Ich kann mein Herz in meinen Ohren klopfen spüren. Er neigt wieder seinen Kopf, setzt mit den Lippen im Übergang zwischen meiner Brust und meinem Bauch an. Fährt tiefer… immer tiefer. Ich zucke leicht vor Aufregung und Erwartung. Ich liege vollständig gerade auf dem Rücken. Alle Muskeln spannen sich an. Kurz bevor er unten ankommt, entfährt mir ein lustvolles Stöhnen. Wird er tatsächlich…? Dann passiert wirklich, was ich mir in meinen erotischsten Träumen kaum ausgemalt hatte. „Yami….“ Stöhne ich erregt. Ich beiße mir lustvoll auf den Handrücken, um weiteres Stöhnen zu unterdrücken. Mein Unterleib brennt, jede Muskelfaser ist angespannt, mein Herz kommt gefühlt mit dem Schlagen nicht mehr hinterher, so aufgepeitscht bin ich. In meinem Kopf dreht sich alles, es fängt an zu rauschen. Mein Unterleib spannt und kribbelt. Ich habe ihm die völlige Kontrolle überlassen und er weiß, was er tut. Jeden Moment… Und dann explodiert ein Feuerwerk in meinem Kopf und hinter meinen geschlossenen Augenlidern. Ich drücke mich tiefer in die Couch. Ich fühle mich wie im Freiflug. Ohne Flügel. Aber ich stürze nicht. Naja ein bisschen vielleicht schon. Meine Atmung ist völlig außer Kontrolle geraten. Ich japse leise. Mir bricht der Schweiß aus. Der Schwindel nimmt aus einem plötzlichen Impuls zu, der Raum verschwimmt. Ich kriege kaum noch Luft. Dann fühlt es sich so an, als reiße mir jemand die Seele aus meinem Körper heraus. Nebel um mich herum. Ich fühle mich wie von Watte umringt. Alles dringt nur gedämpft und verschwommen an mich heran. Geräusche die ich nicht zuordnen kann. So ist es also, die erste Erfahrung dieser Art. So lange habe ich darauf gewartet. Und dann tatsächlich mit ihm. Ich kann mein Glück kaum fassen. Ich muss unbedingt wieder einen klaren Gedanken finden, zur Realität zurückkehren. Er wartet sicher auf mich. Jetzt ist es an mir. Ich öffne langsam wieder die Augen. Erwarte, in Yamis hübsches, anmutiges Gesicht zu blicken. Sicher grinst er überlegen über das, was er erreicht hat. Oh verdammt, war das gut… Mein Blick klärt sich. Er ist immer noch über mich gebeugt. Ich spüre seine Arme rechts und links von mir. Ich schaue direkt in die violetten Augen von – meinem Großvater. WAS??! Das darf nicht wahr sein?! Wieder ein Traum? Nein, nein, nein niemals! Dafür hat sich alles zu echt angefühlt! Schreck und Panik fliegen mir zu. Wann bin ich eingeschlafen? Was macht mein Opa bei Yami zu Hause? Ich springe nahezu ins Sitzen. Fühle mich vom Leben betrogen. Wut kocht auf. Ein starker Schmerz durchzuckt meinen Oberkörper wie ein Blitz. „Was zur Hölle-“ „Yugi du bist wach! Ich bin so froh! Vorsichtig, die Kabel!“ ? Ich sehe an mir hinunter. Ich habe ein weißes Hemdchen an – sicher nicht meins. Die weiße Bettwäsche kenne ich auch nicht. Hinter diesem Fetzen Stoff – aus meinem Körper – strömen lauter Kabel und Schläuche. „Bleib ruhig, nicht erschrecken. Alles ist gut! Wie fühlst du dich?“ Betrogen? Veräppelt? Benutzt und stehen gelassen? Was passt am besten. Wütend und traurig. Wieder nur eine Kreation meines Kopfes? Natürlich würde Yami nie mit mir…. Mir ist schwindelig und schummrig. Ein weiterer stechender Schmerz in meiner Brust. Sogar die leichten Bewegungen meines Oberkörpers im Sitzen brennen. Ich hebe den Arm um diesen mit der Hand abzutasten. Etwas unangenehmes sticht in der Innenseite meines rechten Ellenbogens. „Vorsicht, Herr Mutou, bitte lassen Sie den Arm möglichst gerade, sonst läuft die Infusion nicht“, belehrt mich eine weibliche Stimme die ich nicht kenne. Ich schaue zuerst flüchtig in die Mitte meines Arms, dort steckt eine blaue Kanüle und reicht in ein großes Pflaster hinein. Ein weiterer Blick im Raum, ein Krankenhauszimmer, mein Großvater der halb über mich gebeugt ist und eine Krankenschwester, die den Infusionsbeutel an der zugehörigen Stange zurechtrückt und die Plastikleitung zu meinem Arm von Verdrehungen befreit. Ein Krankenhaus? Schon wieder?! „Ich ähm-“ „Alles in Ordnung, Yugi. Ich kann mir vorstellen, wie erschreckt du jetzt sein musst. Aber alles ist gut, wirklich! Die OP ist gut verlaufen und die Ärzte meinen, dass du bald wieder fit bist! Du hast uns allen einen so riesigen Schrecken eingejagt!“ Einen Schrecken? Weil ich mit meinem angehendem Physiklehrer ähm - Und woher weiß Opa das?! Wenn es denn so war? OP? Vielleicht war alles nur ein tiefer Traum in einer Narkose? Ich öffne die oberen Knöpfe des Hemdchens das ich trage, um mehr über die Kabel zu erfahren, die aus meinem Körper ragen. Auch von meinen Armen und Beinen führen Kabel zu einer Maschine. Eigentlich kann es ja wiedermal nur um mein Herz gehen. Tatsächlich. Eine riesige, abgeklebte Stelle an meiner kompletten linken Brust, ein weißer Verband, der beinahe alles abdeckt. Am oberen Ende ragt der Anfang einer hässlichen, roten Naht heraus. „Bitte nicht anfassen!“ werde ich von der Krankenschwester belehrt. „Haben Sie Schmerzen?“ „Ja schon, aber ich kann es einigermaßen ertragen.“ „Gut, dann würde ich es gerne bei den ganzen Schmerzmitteln belassen, die Sie schon bekommen haben. Damit Leber und Niere nicht zu sehr belastet werden. Ich muss jetzt weiter, Sie können jederzeit klingeln, wenn es einen Notfall gibt oder Sie die Schmerzen nicht mehr aushalten. Bitte bleiben Sie unbedingt auf dem Rücken liegen und stehen Sie vorerst nicht auf.“ Schon fällt die Tür hinter ihr ins Schloss. „Was ist passiert, Großvater? Ich hatte eine Herz OP? Ich kann mich gar nicht daran erinnern, ins Krankenhaus gegangen zu sein. Wir waren vor ein paar Tagen zur Vorbesprechung hier, aber ich wollte eigentlich bis nach den Abschlussprüfungen warten. Oder habe ich die schon hinter mir?“ Verwirrt und verständnislos sehe ich ihn an. Habe ich die Prüfungen schon geschafft? Ist mit der OP Narkose vielleicht die Erinnerung ausgelöscht worden? Meine Wangen glühen auf bei dem Gedanken, was ich vermute, zuletzt getan zu haben. Das war sicherlich keine Prüfung. Oder etwa doch? Großvater seufzt. „Du bist fast von der Klippe gefallen…. Dein Klappenfehler wurde bei der OP in Ordnung gebracht. Jetzt wird alles wieder gut!“ Ich bin schon von der Klippe gestürzt. Aber anders als du denkst. „Oh ich–“ „Du bist ohnmächtig geworden, Yugi. Synkope mit Herzkammerflimmern haben es die Ärzte genannt. Du wurdest reanimiert. Du wärest um ein Haar -“, er reißt seine Hände vors Gesicht und schluchzt laut. „Nicht auszudenken! Du hattest einen solchen Schutzengel! Ich mache mir solche Vorwürfe, dass wir die OP nicht schon längst hinter uns gebracht haben! Wir hätten nicht so lange warten dürfen!“ „Wie bin ich hierher gekommen?“ „Mit dem Rettungswagen. Es hat dich jemand gefunden und den Notruf gewählt. Ich hatte mir eigentlich erhofft mehr von dir zu erfahren, wie das passiert ist! Aber ruhe dich erst einmal aus, das können wir auch später besprechen.“ Er rückt die Kissen hinter mir zurecht. Ich schaue mich im Raum um. Eine Wanduhr verrät mir, dass wir etwa 14:20 Uhr haben. Moment mal, bin ich nicht erst gegen 14 Uhr bei Yami Athem angekommen? Wie kann das alles in nur 20 Minuten passiert sein? Mir schwant böses. „Wann war das Opa? Wann war die OP?“ „Gestern Abend, Yugi. Du bist gestern Nachmittag eingeliefert worden mit furchtbar schlechten Herz- und Blutwerten. Die haben dich mit Medikamenten stabilisiert und dann sofort eine Notoperation durchgeführt. Das hat dich sicher ziemlich geschwächt. Du hast bis jetzt geschlafen. Jetzt ruhe dich erst einmal aus. Ich schaue mal, ob ich beim Kiosk Zeitschriften für uns finde. Und dein Mittagessen steht auch noch dort auf dem kleinen Rollcontainer. Die Schwestern haben es extra stehen lassen, falls du aufwachst und hungrig bist.“ Appetit habe ich nun wirklich nicht. Ich versuche das Schränkchen vorsichtig zu mir rüber zu ziehen, muss aber aufgrund der Schmerzen bei der Bewegung abbrechen. Opa ist sofort zur Stelle und schiebt es zu mir. Ich hebe den Deckel an. Kürbissuppe. Naja, nicht mein Lieblingsessen, aber ich bin ja nicht Yami. Ich muss wohl wenig begeistert geschaut haben, denn mein Großvater versucht mich direkt zu überreden, ein paar Löffel zu mir zu nehmen. Es würde meinem schwachen Körper sicher gut tun. Unrecht hat er ja nicht. Also rühre ich abwesend mit dem Löffel darin herum und führe ihn ab und zu zum Mund. Ich wäre fast gestorben. Das trifft mich schon gewaltig. Beinahe wäre ich jetzt nicht mehr. Mein armer Opa. Ich wäre nur 18 Jahre jung geworden… kein Schulabschluss, kein Arbeitsleben, kein Partner oder Partnerin, keine eigene Wohnung. Einfach aus dem Leben gerissen…. Am Abend, Großvater ist längst gegangen, kommt noch eine Ärztin vorbei um nach mir zu sehen. Mir wurde im Laufe des Tages erneut Blut abgenommen, sie informiert mich, dass sich die Werte deutlich gebessert haben. Auch beim Abhören mit dem Stethoskop stellt sie fest, dass sich die Herztöne wieder normalisieren und das EKG sieht auch wieder besser aus. Ich hatte eine minimal invasive OP zur Korrektur eines Herzklappenfehlers. Ich hing stundenlang an der Herz-Lungen-Maschine. Mein Herz stand komplett still. Mal wieder. Ich darf die nächsten ca. 4 Wochen nur auf dem Rücken schlafen und muss ab nun Medikamente einnehmen und die nächste Zeit zur Physiotherapie, wie mich die Ärztin informiert. Da hatte ich noch einmal Glück im Unglück. Großvater ruft mich im Anschluss an die Untersuchung von zu Hause an und ich schildere ihm, dass die Ärztin eine Besserung aller Werte und Funktionen festgestellt hat. Opa hat inzwischen mit Jonouchi telefoniert. Meine Freunde planen mich Morgen nach der Schule zu besuchen. Schule – um Himmels Willen, heute waren doch die Vorprüfungen! Die letzten Klausuren bevor es in die allerletzte Runde geht! Deswegen bin ich doch gestern noch bei unserem Referendaren vorbei gekommen um die Unterlagen abzuholen. Weil ich noch Lernen wollte! Tja irgendwie…. Ist etwas anderes draus geworden. Oder? War ich überhaupt bei ihm? Ist tatsächlich das passiert was ich denke, es wäre passiert? Oder war alles nur ein Traum? Wo bitte bin ich ohnmächtig geworden? In seiner Wohnung? Oder schon auf dem Weg zu ihm und alles was in seiner Wohnung passiert ist, ist eine Erfindung meines Gehirns während meines Black outs? Oder auf dem Heimweg? Bin ich in der Straßenbahn zusammen geklappt? Ich weiß es nicht…. Ich bin total verunsichert! Verdammt! Am Folgetag erhalte ich Besuch von meinen Freunden, die mir von ihren Vorprüfungen erzählen. Das interessiert mich natürlich. Ich bin gespannt, wie es bei ihnen lief. Ob ich die Klausur wohl nachschreiben muss? Brauche ich die zur Zulassung der Abschlussprüfung? So intensiv kenne ich die Prüfungsregeln nicht. Ich habe nie die Möglichkeit in Betracht gezogen, die Prüfung nicht mitzuschreiben. Wer die Physik Klausur heute wohl betreut hat? Hatte Yami Prüfungsaufsicht und hat festgestellt, dass ich gefehlt habe? Macht er sich vielleicht Sorgen…? Was hat er gestern mitbekommen? Was weiß er…? Was ist wirklich passiert und was hat sich mein Kopf vielleicht einfach nur gewünscht? Und ich kann NIEMANDEN außer Yami danach fragen! Es ist zum Haare raufen! Die Prüfungen liefen im Grunde wohl ganz in Ordnung. Meine Freunde sind sehr besorgt über meine Situation. Und wie knapp es für mich war. Besonders Anzu ist mitgenommen. Ich konnte heute einige Sätze mit ihr wechseln. Sie scheint unsere Situation – und meine Entscheidung gegen eine Beziehung – zu akzeptieren und ich merke, wie ich wieder besser mit ihr sprechen kann. Ohne ihr irgendetwas vorspielen zu müssen. Das tut gut. Ein paar Tage später werde ich aus dem Krankenhaus entlassen. Ich bin zu Hause und muss mich ausruhen. In die Schule darf ich noch nicht zurück. Von Yami habe ich seither nichts gehört oder gesehen. Interessiert es ihn überhaupt nicht, wie es mir geht…? Die Enttäuschung wird stärker und bitterer. Ablenkung verschafft mir das Bewerbungsgespräch bei der Bank in Sanyo. Da ich bereits ein paar Vorstellungsgespräche absolviert habe, ist mir inzwischen bekannt, was so gefragt wird und welche Argumente besonders gut ankommen. Eigentlich bin ich viel zu schwach für das Gespräch. Aber wenn ich es absage oder verschiebe, erhält die Stelle wahrscheinlich direkt ein Anderer. Also raffe ich mich bestmöglich zusammen. Mehr als eine Absage kann nicht passieren. Rechtzeitig vor dem Termin dusche ich mich, style mich und ziehe mir den Anzug an, den Großvater frisch aus der Reinigung abgeholt hat. Opa hilft zudem auch beim Binden der Krawatte. Er ist es auch, der mich mit dem Auto zum Termin fährt. Nach dem Gespräch kann ich nur schwer einschätzen, wie gut ich wohl dort angekommen bin oder nicht. Ich denke, dass ich alle Fragen zufriedenstellend beantwortet habe und mich trotz der OP, die erst vor wenigen Tagen war, gut verkaufen konnte. Ob gut genug, werde ich in den nächsten Tagen erfahren. Die Zeit zu Hause vergeht nur schleppend. Ich habe 2-3 x die Woche Physiotherapie, schaue Fernsehen oder lenke mich mit dem Lesen von Büchern und Zeitschriften ab. Natürlich lerne ich auch fleißig für meine 4 Abschlussfächer. Eigentlich hatten mir die Ärzte empfohlen, eine mehrwöchige Rehabilitationseinrichtung nach der Herz OP zu besuchen. Aber da meine Abschlussprüfungen in 2 Wochen anstehen und die Prozedur zum Glück nur minimalinvasiv – also mit nur mit geringer Eröffnung des Sternums – durchgeführt werden konnte, kann ich diese auch etwas später oder gar nicht durchführen. Für jüngere Patienten wie mich ist dies auch nicht von so großer Genesungsbedeutung wie für Ältere. Regelmäßig besuchen mich meine Freunde zu Hause. So auch heute, Jonouchi ist nach dem Unterricht zu mir gekommen. Wir sitzen auf dem runden Teppich auf dem Parkett in meinem Zimmer und sortieren Duel-Monsters-Karten. Er hat mir ebenfalls einige Lernunterlagen mitgebracht. Zumindest so gut es möglich ist, da wir in der Oberstufe schließlich unterschiedliche Kurse haben und der Erdkundeunterricht der Einzige ist, den wir zusammen haben. Aber es hat sich inzwischen herumgesprochen, dass Jonouchi mich häufiger sieht und einige Schüler und Lehrer haben ihm Unterrichtsmaterial für mich mitgegeben. Einen großen Stapel hat er vorhin auf meinem Schreibtisch abgeladen. Ich habe sofort durchgesehen. „Brauchst du nicht, da ist nichts Aufregendes bei“, lässt er beiläufig fallen. „Ich gucke doch nur was ich so in der Schule verpasst habe…“ „Jaja Alter und Morgen bin ich Feuerwehrmann. Nein, sorry für den blöden Spruch, aber von Herrn Athem ist da echt nichts bei…“ Er hat also den Stapel schon durchwühlt. War ja klar wie mein bester Freund tickt. „Gar nichts, nicht mal Hausaufgaben…?“ „Nee, nicht mal die! Und du hast echt derzeit keinem Kontakt zu ihm? Wie lange denn schon nicht?“ „Öhm…. Also an dem Montag an dem ich später die Synkope hatte, habe ich ihn mittags noch auf dem Schulhof gesehen. Das müsste das letzte Mal gewesen sein….“, flunkere ich. „Die Syn-was?“ „Synkope – Bewusstlosigkeit.“ „Mensch sag das doch gleich. Wir müssen doch unter uns keine Fachsprache anwenden.“ „Stimmt, da hast du Recht. Das Wort ist irgendwie nur so häufig gefallen, als ich im Krankenhaus war, da ist es schon in meinen normalen Wortschatz über gegangen.“ Er zeigt sein Verständnis durch Nicken. „Wirklich seltsam, dass er sich gar nicht bei dir meldet, Yugi. Damals hat er dich sogar im Krankenhaus besucht, als du diesen Unfall mit seinem Hund hattest. Und jetzt kommt so gar nichts von ihm…. Ich muss aber auch sagen, dass ich ihn schon tagelang nicht mehr gesehen habe. Eigentlich hatte er bis vor kurzem auch häufiger bei uns im Physik-Leistungskurs unterrichtet. Er macht das inzwischen ziemlich gut, wie ich finde. Er hat sich im Gegensatz zu seinen Anfängen echt gebessert. Aber im Moment ist er da auch nicht. Fast als hätte sich der Boden aufgetan und ihn gefressen.“ Betrübt starre ich auf meinen Teppich, reiße ihm gedankenverloren ein paar Fusseln aus. Genau das beschäftigt mich auch die ganze Zeit. „Ich habe am schwarzen Brett nachgesehen bei den Stundenplanänderungen. Sein Kürzel steht seit Tagen in der Spalte für die abwesenden Lehrkräfte. Aber warum rufst du ihn nicht an, Kumpel? Du hattest doch mal erzählt, dass ihr telefoniert hättet? Du hast also seine Nummer? Vielleicht ist er ja nur krank und ruht sich zu Hause aus…?“, versucht Jou mich aufzumuntern. Ich und ihn anrufen? Nachdem was vielleicht zwischen uns passiert ist? Es würde sofort zwischen uns stehen. Genauso wie wenn man sagt `Bitte denke nicht an einen Elefanten‘ – an was denkt man? Genau, sicher nicht an eine Giraffe. Ich müsste ihn fragen, was passiert ist und - nein! No way! Wie ausgesprochen peinlich! Außerdem bin ich derjenige, der fast drauf gegangen wäre. Der mit der mehrstündigen OP an der Herz-Lungen-Maschine. Es ist verdammt noch mal an IHM, sich bei MIR zu melden und nach meinem Zustand zu erkundigen! Ist das denn zu viel verlangt? Seit das Schuljahr im August angefangen hat – mittlerweile haben wir Anfang April – bin ich ihm gefühlte tausend mal hinterher gerannt. Ich habe ihn mehrfach besucht, angerufen, ihn in der Schule abgefangen... Immer habe ICH so viele verdammte Schritte auf ihn zu gemacht! Immer habe ich die Initiative ergriffen. Nun gut. Bis auf zwei mal: Als er im Krankenhaus zu mir kam nach Kacys und meinem Fahrradunfall im Wald. Und sein Vorschlag war auch das Treffen abends am Fluss, den Zettel, den er mir auch noch heimlich mit der Rechnung im Eiscafé unter geschoben hatte. Aber auch nur, um mir von seinem Ex zu erzählen…. Pah! Sonst gingen immer alle Kontaktversuche von mir aus! Ich bin es verdammt noch mal leid! Yami soll mir einmal zeigen, dass ich ihm auch wichtig bin! Ich bin es der ihm – zwar unter Alkoholeinfluss – die Gefühle gestanden hat! Er weiß, was ich für ihn empfinde! Er sagt, er möchte versuchen, seinen Ex-Freund und mich gedanklich zu trennen. In mir Yugi zu sehen und niemanden sonst. Er hat gesagt, er ist auf einem guten Weg und hat es fast geschafft, braucht aber noch etwas Zeit dafür. Wieviel denn noch?! „Nein Jou. Er tut so, als wäre er ein ägyptischer Pharao, nach dem sich alle zu richten haben! Er soll aufhören, seine Nase so hoch zu tragen. Er soll sich auch einmal nach mir richten! Dieses mal ist er am Zug. Ich möchte dieses mal sehen, dass er auf mich zu kommt. Weil er es selbst möchte. Nicht weil ich ihn mit Kontaktversuchen überschütte und er sich bedrängt fühlt.“ „Hmh, verstehe, Kumpel. Du hast Recht, es kommt zu wenig von ihm. Ich befürchte nur… In seiner Rolle als angehender Lehrer wird das für ihn sehr schwierig sein, so über seinen Schatten zu springen. Je nach dem Stand der Sonne sind Schatten manchmal sehr lang. Ich glaube sein Stolz hängt dafür zu hoch und sein Gewissen ist zu stark. Der Vergleich mit dem Pharao war schon ganz passend für ihn, da stimme ich dir völlig zu! Wenn du wartest, dass er den ersten Schritt tut, wartest du 3000 Jahre.“ „Dann ist das eben so!“, rufe ich trotzig. „Ich möchte keine Beziehung, in der alles immer nur von mir aus geht!“ Und ich möchte auch keine Beziehung, in der man mit dem Vorgänger verglichen wird! Aber das spreche ich hier nicht laut aus. Jonouchi nickt. „Wie wär‘s mit einem kräftigen Schluck leckeren Whisky um dir Mut anzutrinken?“, lacht er und diesmal bin ich mir wirklich unschlüssig, wieviel Scherz in dieser Frage liegt. „Oh ja, da ich noch mehrfach am Tag Schmerzmittel und Herzmedikamente nehme, wirklich eine brillante Idee“, entgegne ich sarkastisch und rolle die Augen, „die und Alkohol sind ja bekanntlich allerbeste Freunde!“ „Genau wie wir!“, grinst er und tätschelt mir die Schulter. Wir sprechen noch über allgemeine Themen und unsere Freunde, ehe er sich wieder auf den Heimweg macht. Weitere Tage vergehen, in denen ich mich von der OP erhole. Ich fühle mich immer noch nicht wieder richtig fit für die Schule. In wenigen Tagen beginnen die Abschlussprüfungen. Ich fühle mich noch zu schwach. Zum Glück gibt es zwei Wochen später einen Nachschreibetermin. Also weitere 2 Wochen mehr Zeit, die ich zum Lernen nutzen kann. Gar nicht so übel. Voraussetzung ist nur, dass ich ein ärztliches Attest habe, dass belegt, dass ich aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage war, am Haupt-Prüfungstermin teilzunehmen. Und das habe ich natürlich. Wenn eine Herz OP nach Kammerflimmern nicht zählen würde, was denn dann? Ich habe entweder die Möglichkeit, noch im geschwächten Zustand an der eigentlichen Prüfung teilzunehmen – oder 2 Wochen danach zum Nachschreibetermin zu gehen. Meine Wahl steht fest. Wenn ich den Nachschreibetermin nutze, darf ich somit derzeit nicht in die Schule gehen. Denn wer jetzt normal am Unterricht teilnimmt, muss auch zur Hauptprüfung. Zum Glück konnte Großvater mit der Schulleitung klären, dass ich die Vorprüfungen unter meinen speziellen Umständen nicht nachzuholen brauche. Ich habe genug Punkte in den Vormonaten gesammelt und hatte vorher schon andere Sonderaufgaben erledigt, um zur Abschlussprüfung zugelassen zu werden. Ein paar Tage später beginnen die Abschlussprüfungen in der Schule. Statt daran teilzunehmen habe ich einen Nachsorge Termin im Krankenhaus. Großvater fährt mich natürlich hin und ist bei allen Untersuchungen mit dabei, ich bekomme einen Herz-Ultraschall, Kardio MRT, EKG, mir wird Blut abgenommen und der Arzt überzeugt sich beim Abhören des Brustkorbs davon, dass meine Herztöne und Atmung weiterhin normal klingen. „Sie hatten wirklich Glück im Unglück“, fährt der Arzt fort. „alles hat sich, soweit die Ergebnisse schon vorliegen, wieder normalisiert. Sie sind ein Paradebeispiel dafür, wie wichtig korrekt durchgeführte und sofortige CPR doch ist!“ „CPR?“, entgegne ich entgeistert und auch Großvater weiß mit den 3 Buchstaben nichts anzufangen. „Entschuldigung, Gewohnheit“, lächelt er. „Cardio-Pulmonale-Reanimation. Ihr Ersthelfer hat sehr gute Arbeit geleistet. Leider erholen sich viele Patienten nach einem solchen Kammerflimmern nicht so gut, da viele Leute immer noch nicht wissen, was in einem solchen Notfall zu tun ist. Zu langes Überlegen, zu sanftes oder zu tiefes Eindrücken der Rippen entweder zu schnell oder zu langsam kann enorme Schäden verursachen.“ „Und du kannst dich immer noch nicht genauer erinnern, wo du ohnmächtig geworden bist und wer dir geholfen hat?“, fragt mich mein Großvater. „Nein, leider nicht…“, murmele ich und weiß selbst nicht, inwieweit dies nun stimmt oder eine Notlüge ist. Ich habe Erinnerungen an meinen Besuch bei Yami, aber natürlich werde ich ihm keine Details erzählen. Ich weiß ja selbst nicht mal genau, ob die Erinnerungen echt sind oder bloß ein Traum oder Halluzination unter der geringen Sauerstoffzufuhr während der Synkope. Vielleicht bin ich auch irgendwo draußen auf dem Weg zu ihm schon umgekippt? Den Notarzt könnte jeder gerufen haben. Zumindest war es wohl jemand der sich zufällig gut an seinen Ersthelferkurs erinnern kann. Jonouchi und Honda besuchen mich am Abend. Wie immer fing es an mit den Prüfungen im ersten Leistungskurs. Für Jou ist dies Physik, für Honda English und für mich wäre das Mathematik gewesen. Während die beiden sich freuen, Teil 1 von 4 hinter sich zu haben, stehen mir alle 4 noch bevor. „Meine Güte, war das aaaaanstrenend!“ ächzen die beiden wie aus einem Mund. „Das ist schon hart, Yugi. Wir haben gemerkt wie wichtig es ist, dass du wirklich bei Kräften sein musst. Die Klausur beginnt morgens um Punkt 8 Uhr. Dann werden die versiegelten Umschläge ausgeteilt. Die Tische stehen super weit auseinander, dass man nicht abschreiben kann. Wir mussten alles vorne beim aufsichtsführenden Lehrer abgeben: Federmäppchen, Schultasche, etc. Du bekommst einen Kugelschreiber der Schule, damit du selbst den nicht mit Spickzetteln präparieren kannst. Dann wird auch noch Protokoll darüber geführt, wer wie lange auf WC ist. Ernsthaft! Das kannst du dir nicht vorstellen! Und natürlich darf immer nur ein Schüler zur selben Zeit den Raum verlassen. Dann musst du warten, bis der andere zurück ist, bis du in die gekachelten Räume darfst. Und das ganze bis 13 Uhr, dann wird abgegeben. Egal wie viel du geschafft hast.“ „Ohje, das wird hart. Wie ist es gelaufen?“ Beide sind nicht hoch begeistert, denken aber, soviel wie nötig um gut zu bestehen, geschafft zu haben. Natürlich interessiert mich noch etwas anderes: „Jou, wer hatte Klausuraufsicht bei dir? War Herr Athem da?“ „Ich wusste, dass du fragen wirst, Kumpel. Nein, leider nicht. Ich habe ihn auch tatsächlich immer noch nicht wieder gesehen. Sein Kürzel steht immer noch bei den abwesenden Lehrern. Er scheint verschwunden seit deiner Herz OP…. Er ist scheinbar echt einem sehr hungrigen Erdboden zum Opfer gefallen, der ihn nicht wieder ausspucken mag...“ Verdammt! Was soll das? - Yami, musst du nicht arbeiten?! „Vielleicht liegt er auch im Krankenhaus?“, spekuliert mein bester Freund. „Ähm“, beginnt Honda, „was soll er denn haben? Auch einen Herzanfall vielleicht? Das ist nicht ansteckend. Wir wissen den Grund doch…“ „Ihr wisst es?!“, entgegne ich entgeistert. „Was ist mit ihm?“ „Jonouchi, hast du Yugi denn noch nicht von dem neusten Flurfunk erzählt?“, erwidert mein braunhaariger Freund. „Mensch Alter! Das wollte ich auch gar nicht erwähnen. Lasst uns lieber darüber sprechen, was wir am Wochenende –“, lenkt Jou ab. „Flurfunk?“, wiederhole ich verwundert. „Was funkt denn gerade in der Schule?“ „Naja…. Ich weiß ja nicht… Du hast ja von Herrn Yami Athem lange nichts mehr gehört und in der Schule ist er auch nicht gesichtet worden…“, zögert Jou. „Du hast den Flurfunk ja nicht mitbekommen…“ „Genau!“ , lacht Honda plötzlich „Yugi sitzt hier im Funkloch! Bei euch beiden funkt es wohl auch nicht mehr!“, gröhlt er über seinen eigenen Witz. Das sitzt. Ich schaue ihn nur giftig an. Das war unter der Gürtellinie mein Freund! Jonouchi sieht das genauso. „Mensch Honda, das musste doch jetzt wirklich nicht sein. Ich denke Yugi leidet darunter genug, da macht man keine Scherze!“ „Okay okay, entschuldige bitte, Yugi! Ich habe zu schnell gesprochen und nicht nachgedacht! Das war fies, tut mir echt leid!“, murmelt Honda. „Schon okay…“, bringe ich auf. Er hat ja Recht. „Aber was ist denn nun das neueste Gerücht?“, hake ich nach. „Nunja…. Es geht halt die Story um….“ „Ja..?“ „Dass ein Referendar von der Schule suspendiert wurde. Und es gibt nur einen, der über 2 Wochen dort nicht mehr gesehen wurde….“ Bei Ra nein! Nicht sein Ernst! „Das glaube ich jetzt nicht! Wer sagt das?“ „Alle“, Jou zupft heute ebenfalls an den Fransen meines Teppichs, auf dem er wieder mit mir sitzt. „Und warum suspendiert? Wie lautet der Vorwurf? Was soll er gemacht haben? Etwa wegen mir? Ist irgendwas durchgesickert, dass er zu viel Kontakt mit mir hatte?!“, ich überlege nach weiteren Gründen, der solch eine Konsequenz folgen ließe. Das kann nicht sein! Wer sollte uns verpfiffen haben? „Zu schlechte Leistungen in der Referendariatszeit. Zu wenig Punkte gesammelt, in den Sand gesetzte Prüfungen, Pflichtseminare nicht besucht, was weiß ich was die Refs noch so alles machen müssen…“ Stille. Schock. Schlucken. „Nicht wahr….“, murmele ich. „Das kann nicht wahr sein. Flurfunk halt – nur ein Gerücht! Ein richtig übles Gerücht! Steht denn fest, dass es um Herrn Athem geht? Wir haben auch noch zwei andere Refs….“ „Nunja“, wiederholt Jou „wie gesagt, die sind aber alle im Moment da und nur dein Schwarm glänzt durch Abwesenheit. Wenn er dem Unterricht fern bleibt, schwänzt er seine Seminare bestimmt auch und bekommt Minuspunkte. Für alle ist klar, dass es nur er sein kann.“ Oh weh. Das ist genau das, wovor Yami immer so Bedenken hatte. Weswegen er mich immer auf Abstand gehalten hat. Dass sein Job in Gefahr gerät… Wenn seine Karriere in Scherben liegt, wäre das mitunter das Schlimmste für ihn. „Weiß man denn Genaueres?“ Jonouchi räuspert sich. „Wenn er tatsächlich suspendiert ist… Und seine Karriere zu Bruch gegangen ist…. Dann sitzt er jetzt zu Hause und hadert mit seinem Schicksal. Dann wird das allerletzte sein, was er tut, sich dir zu nähern…“ Wie Schuppen fällt es mir von den Augen. Er hat völlig Recht! Hat er sich vielleicht deshalb all die Zeit nie gemeldet…? Er kann kein Lehrer mehr werden und muss mit etwas Anderem völlig von vorne anfangen! „Ich kann das nicht glauben…“, murmele ich. Wir unterhalten uns noch eine Weile über das Thema, können aber außer wilden Spekulationen nichts Sinnvolles erreichen. Schließlich verabschieden sich die beiden und überlassen mich meiner wilden Gedankenwelt. Heftig schüttele ich den Kopf! Jonouchi hat Recht. Wenn das tatsächlich der Fall ist, dass Yami suspendiert zu Hause sitzt, wird er mich niemals kontaktieren. Er wird voller Schock in seiner eigenen Gedankenwelt gefangen sein. An seiner Stelle hätte ich vielleicht auch das Gefühl, die Nähe zu mir würde alles schlimmer statt besser machen. Meine eigene Vorgabe, die ich mir selbst auferlegt hatte, dieses Mal auf seinen ersten Schritt zu warten – dauere es solange es wolle – verschwimmt allmählich. Na super und schon wieder bin ich es, der die Initiative ergreift. So langsam fühlt es sich nach einer recht einseitigen Beziehung an. Obwohl – welche Beziehung denn? Wir haben überhaupt keine Beziehung! Ich Spaßpflaume! Was soll ich nur tun? Wenn ich ihn anrufe oder ihn gar besuche befürchte ich, dass er mich nicht sprechen möchte. Gerade nach unserem letzten… Treffen…. Was auch immer da passiert sein mag… In meinem Zimmer steht ein riesiger Elefant, den nur ich sehen kann. Wie kriege ich dieses riesige Tier hier nur wieder raus?! Ich denke noch einen Tag darüber nach, dann nehme ich mir doch ein Herz und fahre nachmittags zu ihm rüber nach Sanyo. Wenn er heute keins seiner Seminare hat, müsste er von der Arbeit zurück sein. Und wenn er Seminar hat? Ach, vielleicht schwänzt er es ja mal wieder… oder er muss gar nicht mehr hin, wenn er gar nicht mehr Lehrer werden kann. Innerlich bin ich zerrissen, ob es nun gut oder schlecht ist, ihn aufzusuchen. Die Tür wird mir überraschenderweise schnell aufgedrückt. Aufgeregt haste ich die Treppen hoch und in der Tür steht – perfekt frisiert, im grünen Kleid und passender Handtasche – Mirai. Mir fällt direkt auf, dass sie ihre Haare hat etwas länger wachsen lassen, seit ich sie das letzte Mal gesehen habe. Sie stylt diese nun nicht mehr ganz so sehr nach oben und lässt ein paar verspielte, rote Ponyfransen an ihre Augen heranreichen. Dieser neue Look steht ihr wirklich gut und lässt sie irgendwie…. weicher und weiblicher wirken. Auch dass sie Kleider trägt ist mir neu. „Hallo Yugi!“, kommt es überrascht von ihr. Sie setzt direkt zum nächsten Satz an, doch ich lasse sie gar nicht zu Wort kommen. „Ich muss sofort mit Yami sprechen bitte!“ „Der ist joggen gegangen mit Kacy. Ist vor ein paar Minuten erst los, das kann dauern. Aber ich kann dir leider nicht anbieten, drinnen auf ihn zu warten. Ich habe jetzt ein Date und muss auch los. Ich muss dringend die Tür abschließen, ich bin schon spät dran! Sorry Yugi!“ So ein Mist! Ich habe ihn knapp verpasst! Aber irgendwann muss er sich ja auch mal den ganzen Zucker aus dem Körper laufen. Irgendwie scheint ihr ihre Verabredung wichtiger zu sein als mein Wunsch mit Yami zu sprechen. Sie tritt aus der Tür und schließt diese hinter sich ab. Ich würde ja auch irgendwie lieber mit Mirai reden als mit Yami selbst… „Mirai ähm, ich würde mich gerne mit dir unterhalten.“ „Ein andermal okay? Sonst haut der Typ gleich wieder ab…“ „Wann denn?“ ,dränge ich sie, „ich kann mich gerne nach dir richten!“ „Ich weiß nicht, ob ich dir überhaupt helfen kann. Wenn es ein Problem zwischen euch gibt, müsstest du mit Yami selbst sprechen…“ „Ja, aber er…“ Verflucht, wie erreiche ich mein Ziel? „Ich würde mich wirklich gerne auch mit dir unterhalten. Niemand kennt ihn so gut wie du…“ Ein Seufzen. „Okay… Aber versprich dir bitte nicht zu viel davon, ja? Ich könnte Übermorgen um 13 Uhr in der Mittagspause, passt das bei dir?“ „Ja klar!“ ,rufe ich dankbar. „Wo sollen wir uns treffen?“ „Am besten im Café Sunflower hier in Sanyo. Es soll sehr warmes Wetter geben, da kann man schön draußen sitzen und es ist nicht weit von meinem Büro entfernt.“ „Vielen, vielen Dank Mirai! Bis dahin!“ „Bedank dich nicht zu früh. Bis dann, Yugi!“ Dann stürmt sie mit ihren Absätzen laut die Treppe hinab und lässt mich allein mit den Gedanken an einen sportlich verschwitzten Yami in sexy Kleidung, die seine perfekte Körperfigur gut betont. Mit verklebten goldblonden Strähnchen an der Stirn, der dann eine Dusche bitter nötig hat…. Ob ich doch warten soll um das zu sehen? To be continued. written by Polarstern Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)