Fünfundvierzigstes von paladin (Geschichte eines Drowhauses) ================================================================================ Kapitel 1: Zurück ----------------- Xajece betrat die Kapelle des Hauses Agorbal Karabal, wo der Rest der Familie versammelt war und auf sie wartete. Dort in der Mitte auf ihrem Thron saß ihre älteste Schwester Belefae, Matron des 45. Hauses Guallidurths. Wie üblich trug sie weiße Kleidung, wie im matten Schein des Lichtes vor des Hauses Lolthstatue brannte. In andern Häusern war es nicht so, das wusste Xajece, doch die Matronen dieses Hauses würden sich schon etwas dabei gedacht haben. Weiße Kleidung, das war auch recht ungewöhnlich für eine Drow, jedoch bemerkte man es meistens auch nicht, da viele Gewänder Belefaes überreich mit Stickereien in schwarz, violett und silbern verziert waren. Heute trug sie allerdings ein recht schlichtes Kleid. Belefae war groß gewachsen. Sie war weder schlank noch dick, ihre Oberweite allerdings recht üppig. Ihr Gesicht war fein geschnitten, ihre Haut sehr dunkel, beides Merkmale der Familie A'Karab. Ihre Miene war fast ausdruckslos, wie fast immer. Die Gefühle der Matron waren schwer zu erkennen, ihre Gedanken schwer zu durchschauen. Xajece jedoch hatte meistens eine recht gute Vorstellung davon, sie kannte Belefae gut, da sie von dieser aufgezogen worden war. Xajece empfand ein gewisses Maß an Dankbarkeit, ja sogar Zuneigung zu Belefae. Diese hatte sie nicht als nutzlos aufgegeben, obwohl sie das als Klerikerin so ziemlich war, sondern ihre Fähigkeiten als Kämpferin und Assasinin erkannt und ihr entsprechende Aufgaben erteilt. Belefae war eine kluge Matron, sie wusste das Potential ihres Hauses voll auszuschöpfen, da sie auch für neue Wege offen war. Sie saß entspannt auf ihren Sitz, die rechte Hand lag auf dem seidigen Haar ihrer jungen Tochter Kada, die zu den Füßen ihrer Mutter auf einem Kissen Platz genommen hatte. Kadas Haare schimmerten leicht silbern, im Gegensatz zu denen der übrigen Familienmitglieder, die alle schneeweiße Haare hatten. Ihr Kleid war von der gleichen Farbe wie ihr Haar, war also auch ungewöhnlich hell. Nun ja, Xajece war als Kind auch in weiße Gewänder gekleidet worden, Belefae hatte anscheinend eine Vorliebe für helle Farben. Kada war noch recht zierlich und ihr Gesicht wies einen kindlichen Ausdruck auf. Neben ihr stand ihr 15 Jahre älterer Bruder Phizzar, der trotz seiner Jugend bereits Waffenmeister des Hauses war. Zwar hatte er diesen Posten hauptsächlich bekommen, weil Belefae den alten Waffenmeister zum Dank für Kadas Geburt Lolth geopfert und danach niemand geeigneten gefunden hatte (Belefaes Meinung nach war allerdings auch der alte Waffenmeister unwürdig), Xajece fand aber, dass Phizzar ihn durchaus verdient hatte. Es mochte technisch bessere Kämpfer geben - sie selbst zählte sich dazu - doch hatte er einen wachen Geist und die Idee, die Agorbal Karabal momentan verfolgte, ging auf ihn zurück. Phizzar war groß und muskulös und Xajece' Meinung nach äußerst gut aussehend. Zu ihrer Freude zeigte er auch recht viel von diesem schönen Körper, trug er doch nur einen violetten Lendenschurz. Während Xajece' Blick an seiner Halskette aus ein paar Raubtierzähnen und ähnlichem vorbei glitt, entdeckte sie auf seiner Schulter eine frische Narbe, die sich gewiss auch über den Rücken zog. Gewiss hatte Amana ihm wieder geschlagen. O, warum musste sie immer diesen herrlichen Körper verschandeln! Xajece hatte Phizzar nie gepeitscht. Gut, sie hatte einmal, als er sie während des Kampftrainings sehr verärgert hatte, sein linkes Ohr mit ihrem Dolch an der Wand befestigt, aber dieses gespaltene Ohr verlieh seinem Aussehen noch ein gewisses Etwas, fand Xajece. Die Hohepriesterin Amana, Xajece' und Belefaes mittlere Schwester, stand seitlich hinter dem Thron der Matron, ihre rechte Hand auf dessen Rückenlehne gestützt. Sie trug ein schwarzes Kleid mit schlichten, blutroten Verzierungen. Obwohl sie für eine Drow noch nicht alt war, hatte sich schon Bitterkeit in ihr Gesicht eingeprägt. Sonst sah sie Belefae recht ähnlich, war auch groß, vollbusig, mit feinen Gesichtszügen, dunkler Haut, weißen Haar. Eine weitaus größere Ähnlichkeit jedoch bestand zwischen dem obersten Magier des Hauses, der neben Amana stand, und Xajece selbst. Der junge Dunkelelf war ihr Zwillingsbruder Xajen, kurze Zeit vor ihr geboren. Beide trugen dunkelgraue Gewänder, er freilich eine Magierrobe mit einigen seltsamen Zeichen verziert, sie einen schlichten, bequemen, hautengen Hosenanzug. Beider Haare waren kurz über der Schulter geschnitten, wohingegen die Haare der übrigen Familienmitglieder lang über Rücken und Brust fielen. Ihre Gesichter waren kaum zu unterscheiden. Auch im Körperbau herrschten, trotz der unterschiedlichen Geschlechter, kaum Unterschiede. Beide waren von mittlerer Größe, Xajece nur einen Fingerbreit größer als ihr Bruder. Und Xajece war, im Gegensatz zu ihren Schwestern, ziemlich flachbusig, sodass man sie, zu ihrem Bedauern, nicht unbedingt direkt als Frau erkannte. Xajen hingegen, an körperlicher Anstrengung nur gering interessiert, hatte recht weiche, fast weibliche Formen angenommen. Während Xajece' Blick zur Matron zurückkehrten, nahm sie auch wieder jene wundervolle Statue wahr, die ihr Bruder verzaubert hatte und die nun die Mitte des Raumes zierte. War es eine Dunkelelfin, war es eine Schwarze Witwe? Es war beides, ähnlich einer optischen Täuschung. Er war ein exzellenter Magier und auch ein hervorragender Alchemist. "Xajece?", fragte Belefae die schemenhafte Gestalt, die gerade durch die Tür getreten war. "Ja, meine Schwester Matron Belefae", antwortete Xajece mit einer Verbeugung. "Ah... vielleicht solltest du dich etwas aufwärmen, du bist kaum zu sehen", forderte die Matron sie auf, "aber zuerst berichte mir!" "Nun, dass ich kaum zu sehen bin, hat mir bei der erfolgreichen und hoffentlich unbemerkten Ausführung meines Auftrags durchaus geholfen", entgegnete Xajece lächelnd. "Erfolgreich? So ist sie tot?", vergewisserte Belefae sich. "Ja", bestätigte die junge Assasinin, "Matron Broniira Mefequeld ist in ihren Bett verstorben ohne sichtbare Fremdeinwirkung." "Sehr gut", stellte Belefae nickend fest und sah dann auch die übrige Familie an. "Nun, wie werden wir weiter vorgehen?" "Abwarten und Spinnenblut* trinken", erklärte Phizzar lässig. "Schweig, Junge, und lass Frauen reden, die mehr Ahnung haben als du", fuhr Amana ihn an und legte drohend die Hand auf den Griff ihrer Peitsche. "Aber er hat doch Recht", verteidigte Xajece ihren Neffen, "und außerdem hatten wir es auch vorher schon so geplant. Haus Mefequeld wird sehr geschwächt sein durch den Verlust Matron Broniiras. Ihre älteste Tochter ist noch nicht mal in arach-tinilith, niemals wird sie ein Haus führen können. Und wer auch immer diese leichte Beute macht - es kann uns egal sein, wir steigen auf jeden Fall auf." Amana warf ihr einen missbilligen Blick zu. Auch Xajece hatte ihrer Meinung nach nichts zu sagen und war kaum mehr wert als ein Mann. Sie wollte das Argument der jungen Assasinin widerlegen: "Matron Broniiras Schwester Crozirin könnte die Macht im Haus Mefqueld an sich reißen. Sie ist Priesterin und zwar eine bessere als du." "Ja, ich kenne Crozirin, ich war mit ihr in arach-tinilith und sie ist eine ein wenig höhere Priesterin als ich", bestätigte Xajece seufzend, fuhr dann jedoch fort: "Aber wie gesagt, ich kenne sie, und ihr fehlt das Durchsetzungsvermögen, das sie bräuchte, um Matron zu werden. Sollte sie es ihr dennoch gelingen, weil Nuinlata, jenes Kind, eben noch ein Kind ist und wohl sehr leicht zu beseitigen, so wird sie keine gute sein und Mefequeld ist auch in diesem Falle geschwächt genug, dass sich ein Angreifer finde." "Nun, wahrscheinlich schon", gab Amana widerwillig zu. Kada blickte fragend zu ihrer Mutter und ließ dann ihre helle klare Stimme erklingen: "Damit uns valsharess° Lolth in diesem Unternehmen aber auch gewogen bleibt, sollten wir tun, was wir ihr versprachen." "Sehr richtig, meine Tochter", sprach Matron Belefae und schenkte dem Mädchen eins ihrer seltenen Lächeln, "Nun geht und bereitet alles vor, damit wir morgen der Spinnenkönigin jenen Ork als Opfer darbringen können, wie wir es für das Gelingen des Mordes versprachen. Lolth tlu malla; jal ultrinnan zhah xundus!^" Durch diese Worte entlassen verließ die Familie die Kapelle. *Nein, natürlich kein echtes Blut von Spinnen (denn die, die Spinnen töten, müssen sterben!), sondern ein Pilzwein, der mit Spinnengift versetzt ist. Bei Drow recht beliebt, andere Wesen sind meistens nicht daran gewöhnt und vertragen ihn nicht besonders gut. °Königin, oft in Zusammenhang mit Lolths Namen benutzt ^Preiset Lolth; jeder Sieg ist ihr Wirken! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)