conSIDer me von abgemeldet (a SID fanfiction) ================================================================================ Kapitel 2: cherryblossom gloss ------------------------------ +cherryblossom gloss+ “Komm schon, beeil dich mal! Und vergiss nicht wieder die Hälfte!“ “Jaaaaa doch!“, schnaufte ich entnervt. Er schien sich offensichtlich dermaßen darüber zu freuen, mir die Besorgungen auferlegt haben zu können und sie mich anschließend auch noch zum Proberaum tragen zu lassen, dass er breit grinsend und selig wippend vor mir herlief. Mit etlichen Tüten und Schachteln bepackt lief ich treudoof hinterdrein. Als wir an einer der vielen roten Ampeln dieses Tages ankamen, drehte er sich zu mir um und beobachtete, wie mir der Schweiß in Strömen vom Gesicht lief und mein T-Shirt von blau zu dunkelblau verfärbte. “Sexy!“, kicherte er mich unverkrampft an und hielt sich nicht einmal die Hand vor den Mund oder drehte sein Gesicht weg, wie er es sonst immer tat, wenn er sein Lächeln verstecken wollte. “Sadist!“, grummelte ich ihn kraftlos an. “Kirschgrün, lass uns gehen!“ - Mir war die Warterei lästig geworden und ich lief eilig über die Straße ohne auf die vorbeifahrenden Autos zu achten. Ich wollte nur schnell in die klimatisierte Zuflucht, in der mein Drumset stand. “Bist du verrückt!!!?“, schrie Aki mir ungewohnt laut hinterher und holte mich auf der anderen Straßenseite ein. Völlig außer Atem stützte er seine Hände auf den zierlichen Knien ab und schaute mich schon wieder verärgert an. “Dir hätte sonstwas passieren können!“ “Dir auch.“, bemerkte ich kleinlaut mit Blick auf die immernoch rote Ampel. Aki drehte seinen Kopf kurz in Richtung der Straße, die er soeben überquert hatte und sah mich dann halb besorgt, halb erleichtert an. “Komm, ich nehm dir was ab. Wir wollen deine starken Arme ja nicht überstrapazieren, sonst kannst du nachher nicht ordentlich für uns trommeln.“ Er grinste auffällig oft an diesem Tag. “Geht schon.“, drehte ich mich ein wenig beleidigt um und lief weiter. “Männer mit verletztem Stolz sind ziemlich lächerlich…“, zischte Aki mich an. Als ich anhielt, um mich zu ihm zu drehen und ihm irgendwas Fieses entgegenzubrüllen, stand er auch schon direkt vor mir und ich verkniff mir die gehässigen Worte. Allein die bösen Gedanken taten mir schon unendlich leid, als er plötzlich mit verschmitztem Lächeln hinzufügte: “…aber auch ziemlich niedlich anzusehen.“ Da ich und das Wort `niedlich` in einem Satz nicht so recht zusammenpassten, wollte ich schon fast wieder beleidigt sein. Aber ich ließ es dabei bewenden und grinste ihn nur an. “Ich hab kein Problem damit, dir was abzunehmen. Auch wenn du heute mit Einkaufen und Schleppen dran bist. Was soll ich für dich tragen?“ “Ehhh, das…und das da. Das reicht schon, danke.“ Der Stapel Schachteln vor meinem Gesicht reduzierte sich zusehends und ich war wirklich erleichtert. “Das auch noch!“, sagte Aki forsch und riss mir eine der großen Tüten aus der Hand. “Ahh nich doch! Es geht schon, hab ich gesagt!“, maulte ich rum und wollte ihm die Tüte wieder abnehmen. Ich packte die Tüte mitsamt seiner Hand und zerrte beide hinter mir her. Doch Aki leistete sanft Widerstand und zog mich und die Tüte wieder zu sich. Nicht, dass ich nicht schon genug schwitzte, jetzt wurde mir von innen auch noch ganz heiß und ich merkte, wie ich ein wenig rot wurde. Langsam ließ ich seine schmale Hand los während ich sie dabei noch eine Weile betrachtete. Verglichen mit meinen riesigen Pranken waren seine Hände fast wie die einer Frau. Diese Zierlichkeit war mir auch schon öfter aufgefallen, wenn ich unsere Füße verglichen hatte. Manchmal beschlich mich die Befürchtung, ich könnte ihm irgendwas brechen, wenn ich ihn zu ruppig anfasste. In der Hinsicht war ich wirklich ein unverbesserlicher Grobmotoriker. Einmal habe ich ihm, glaube ich, so fest aufs Knie gehauen, dass er davon einen riesigen blauen Fleck bekam. Als ich daran zurückdachte, tat er mir so leid und ich wollte ihm all die Schachteln am liebsten wieder abnehmen. Doch das war mir nach all dem Schachtel-und-Tüten-Hin-und-Her dann doch etwas zu peinlich. “Ist irgendwas? Du bist so rot auf einmal…“, sah er mich forschend an. “Ahhh,...eh, nein...mir ist nur heiß.“, stammelte ich verlegen. “Na dann trink was,…hier.“ Er hielt mir seine Wasserflasche entgegen und setzte sie an meine Lippen. Ich trank erst vorsichtig aber dann wurde ich etwas zu gierig und atmete das Wasser förmlich ein. Und wie es nun mal meine ungeschickte Natur war, vergoss ich die Hälfte auf meinem T-Shirt. “Nicht so hastig, alter Mann!“, kicherte Aki wieder vergnügt. “Ach menno,…!“ Genervt von all dem verzog ich verärgert meine Mundwinkel und wischte mir dann noch die restlichen Wassertropfen vom Kinn. “Wer ist hier alt?“, murmelte ich getroffen in meinen nichtvorhandenen Bart. “Wohl nicht dein Tag heute, was?“ Schaute Aki mich etwa schon wieder besorgt an? Ich reagierte aber nicht und lief weiter. ~~~ “Ahh, na endlich!“ Mit einem Fuß stieß ich die Tür zum Proberaum auf, ließ alle Tüten direkt neben mir fallen und plumpste erschöpft in den nächstgelegenen Sessel. Aki stellte vorsichtig die Schachteln ab und setzte sich aufs Sofa, wo Shinji und Mao uns schon sehnsüchtig erwarteten. “Ihr habt ja wohl hoffentlich nicht meine Pralinen vergessen?“, schaute mich Mao mit großen Augen an. Mit einer müden Kopfbewegung Richtung Tüten wies ich ihn zu seiner angebeteten Konfektschachtel, die er auch sofort in Beschlag nahm und eine Praline nach der anderen genüsslich verputzte. “Er ist ja sonst nicht so für Süßes zu haben…“, fing Shinji an. “…ABER!....“, setzte Aki kichernd fort. “Wenn es um Lolitas oder Pralinen von Godiva geht, gibt es für Maonyan kein Halten mehr!“, beendete ich halb prustend unsern altbekannten Satz. Da brachen wir drei in schallendes Gelächter aus. Wie lange hatten wir das schon nicht mehr gesagt! “Und ihr haltet gefälligst eure Klappe!“ schmatzte Mao grummelnd aus der Richtung, in der die Pralinen vor kurzem noch in voller Pracht aus ihrer hübschen Verpackung geglänzt hatten. “Und übt verdammt noch mal eure Parts!“ “You ain't nothing but a hound dog, crying all the time…“ Mit schwingenden Hüften und seiner alten Sonnenbrille, die er immer dabei hatte, imitierte Shinji eine furchtbar schlechte Mischung aus Elvis und diesem einen japanischen Enkasänger, dessen Namen ich immer vergaß. “Verarsch mich nicht, duuuu…ab an die Gitarre!“, keifte Mao. Wie vom Blitz getroffen sprang Shinji zu seinem Instrument und wärmte sich mit ein paar Gitarreneinlagen aus Boowy Songs auf. Langsam hatte ich mich wieder akklimatisiert und schlurfte gemächlich zu den Drums. Aki nahm seinen Bass zur Hand und klimperte lustlos darauf herum. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass er mich die ganze Zeit anstarrte…aber irgendwann versank ich im Spiel und war vollkommen in meiner Welt gefangen. Wir übten eine Weile und verschlangen danach hastig das Essen, das ich besorgt hatte. Nachdem wir aufgebrochen waren, um vor dem Soundcheck noch in einem Gamecenter zu chillen, kam Mao uns hinterher gerannt und wedelte aufgeregt mit einem Brief vor uns rum. “Von wem ist der? Da sind Herzen drauf! Ist das ein Liebesbrief?“ Shinji riss Mao den Brief aus der Hand und betrachtete ihn eingehend. “Sieht seltsam aus,…so gar nicht wie von einem Mädchen. Es steht auch kein Absender drauf.“ “Für wen ist denn der Brief?“, fragte ich neugierig. “Das steht auch nicht drauf….“, erwiderte Shinji nachdenklich. “Vermutlich nur ein Fanbrief, oder?“ “Dann ist er bestimmt für Aki!“, rief Mao freudig erregt, so als sei der Brief für ihn. “Na los mach ihn auf!“ “I-Ich? Wieso ich?...W-Wie kommt der überhaupt in unseren Proberaum?“ Verunsichert nahm er Shinji das Papier ab und betrachtete es argwöhnisch. “Hier lies du ihn, ich trau mich nicht!“, hielt mir Aki den Brief unter die Nase. “Ich will aber nicht!“, sagte ich etwas gekränkt. “Wenn es ein Fanbrief ist, ist er ja eh nicht für mich!“ “Ach jetzt schmoll doch nicht und mach ihn auf, ja?“ Aki sah mich bittend an und ich öffnete hastig den Briefumschlag. Nachdem ich die Worte in zierlich geschriebenen Buchstaben überflogen hatte, wurde mir etwas mulmig und ich wurde wohl auch knallrot, denn die anderen kicherten sich schon wieder eins. “Müssen wir nicht langsam mal los?“, versuchte ich von mir abzulenken. “Jetzt hab dich nicht so …, ist er für dich?“ Mao schien mich mit seinen Augen förmlich zu durchleuchten. Er kannte mich einfach zu gut. “Ja…“ Ich versuchte das so leise wie möglich zu sagen. Trotzdem hatten es alle verstanden und fingen an mich zu ärgern. “Ôu là là, chérie…'ast düh ainä' Verährerühn?“, hauchte mir Shinji mit grausigem französischen Akzent ins Ohr. Aki kicherte unentwegt und seine Augen blitzten vor heller Freude auf, so wie man ihn eigentlich selten zu sehen bekam. Mao tänzelte um mich herum, “Was schreibt sie, was schreibt sie?“ Ich stopfte den Brief in meine Tasche und lief schnell zum Gamecenter, um mir einen guten Platz für mein Lieblingsspiel zu sichern. Vollkommen in Gedanken versunken starrte ich auf den flackernden Bildschirm und vergaß dabei alles um mich herum. Plötzlich riss mich Shinjis lautes Gröhlen aus meiner Versenkung. Ich sah wie er den Brief las, den er mir anscheinend hinterrücks entwendet hatte. Mao und Aki hingen halb auf Shinji und lasen mit. Einer nach dem anderen wurden sie erst stutzig und dann kreidebleich. “Eh…sorry,….“ Er gab mir den Brief zurück und klopfte mir mitleidig auf die Schulter, verzog sich dann mit Mao zum Ufo-Catcher und ließ mich mit Aki stehen. “E…-ttooo…war wohl doch kein richtiger Liebesbrief…vielleicht ne Verarsche oder so…“ Aki versuchte sich ein Lächeln abzuringen und verständnisvoll zu schauen, “…tut mir leid für dich.“ “Was habt ihr nur alle? Ich find den Brief sehr schön…auch wenn er etwas seltsam ist.“ Wie verzweifelt war ich wohl, als ich das sagte? Der Brief war offensichtlich von einem Mann und er sparte nicht mit Details, was unsere erste heiße Liebesnacht anging. So viel zu ’seltsam’…das war mehr als seltsam. Und doch – irgendwie fühlte ich mich geschmeichelt. Auch wenn ich für meine Verhältnisse eigentlich recht viele Fanbriefe erhielt, waren Liebesbriefe darunter eher rar. Ich malte mir nicht unbedingt aus, etwas mit einem meiner Fans anzufangen aber ich wollte auch hin und wieder von all den hübschen Mädchen aus der ersten Reihe träumen. Denn das waren die einzigen, die ich hinter meinem Drumset mit bloßem Auge erkennen konnte. Je öfter ich darüber nachdachte, dass es ein Mann war, desto geschmeichelter war ich eigentlich. Manchmal bekam ich gern einen kleinen Egoschub,…wer aus unserer Band hatte schon bei beiden Geschlechtern Erfolg? …Na gut, Aki sowieso…. Er sah mich geradewegs an und fragte ob alles in Ordnung sei. Ich nickte nur - etwas benommen von meinen Gedanken. “Immerhin bin ich bei Männlein und Weiblein beliebt, da kaufen sie wenigstens alle unsere Platten!“, versuchte ich ihn mit meinem breitesten Grinsen abzulenken. “Naja…ich weiß nicht ob diese Art von Beliebtheit erstrebenswert ist,…pass bloß auf dich auf. Vielleicht ist das so ein armer Irrer. Wer könnte bloß ’Sa-cchan’ sein?“ Irgendwie war mir schlecht geworden. Akis Zweifel und meine Mutmaßungen über den Verfasser des Briefes ließen wieder das mulmige Gefühl in mir aufsteigen. Ich versuchte es den ganzen Abend zu verdrängen. “Ach komm, jetzt konzentrier dich auf den Soundcheck und das Live. Vergiss den blöden Brief und schmeiß ihn weg. Ist doch nichts weiter.“ Shinji hatte wirklich Nerven, mir das zu sagen. Ihm würde sowas ja nie passieren. Wir machten uns auf den Weg und ich ließ den Abend über mich ergehen. Es war einfach nicht mein Tag. Hinterher tat es mir sofort leid, dass ich nicht mein Bestes geben konnte. Denn ich gebe immer mein Bestes, egal was auch passiert. Nach dem Auftritt verkrümelte ich mich in den Backstageraum und trank ein Bier. Die anderen verschnauften kurz neben mir und gingen dann mit der Crew in Richtung Bühne, um den Abbauvorgang zu beschleunigen und die Instrumente zu verladen. “Kommst du nicht mit? Dein Drumset…ist so schwer.“ Aki setzte einen bettelnden Blick auf aber ich konnte beim besten Willen nicht aufstehen. Ich musste nachdenken, auch wenn es nicht meine Art war. Ich musste alleine sein. Außerdem war ich von Natur aus faul. “Na gut, dann nicht…. Wir fahren danach alle nach Hause, wenn du bei mir pennen willst….“ “Eh, nein schon ok. Ich fahr dann zu mir.“, entgegnete ich müde. Ich massierte mir angestrengt die Schläfen und versuchte die Gedanken irgendwie zu vertreiben. Als ich mich nach einer Weile umschaute, waren alle verschwunden. Ich hörte nur noch ein paar der Crewmitglieder von weitem. Ich versank wieder in mich. “Hast du meinen Brief nicht bekommen?“, klang plötzlich eine säuselnde Stimme direkt an mein Ohr. Ich erschrak furchtbar und schaute mit weit aufgerissenen Augen in die Richtung der Person, die schon halb auf mir zu liegen schien. Ich konnte erst nichts erkennen. Vollkommen regungslos sah ich in die Augen des schmalen Mannes neben…nein, auf mir. “W-w-we-wer bist du?! Was willst du von mir?!“ Ich versuchte mich aus seiner Umklammerung zu befreien. “Wie kommst du hier rein? Du machst mir Angst!“ “Aber ich war doch schon die ganze Zeit hier?“, sah er mich mit verdutztem Blick an. Ich rieb mir die Augen…das konnte nicht sein! War ich so mit mir selbst beschäftigt gewesen? “Du brauchst keine Angst haben.“ Er lächelte mich verführerisch an aber ich machte mir nur noch mehr in die Hosen. “Hast du den Brief gelesen, wie war er? Hat er dir gefallen?“ “I-i-ich weiß nicht so genau…“, stammelte ich paralysiert. Ich versuchte sein Gesicht eingehender zu betrachten und überlegte, wer dieser Mensch wohl sein könnte. Irgendwie kam er mir doch bekannt vor. Aber ich wusste einfach nicht, wo ich ihn einordnen sollte. Er war schon ziemlich hübsch…für einen Mann. Vielleicht aus dem Fernsehen? Nein, seine androgyne Gestalt war wohl doch eher von der Visual-Szene beeinflusst. Also woher kannte ich ihn nur? “Häh?!“, berührte ich verwirrt meine Wange, ……meine Lippen… “Häh?!!!!“ Mir war schlecht und irgendwie heiß, mein Gesicht muss einer unreifen Tomate geglichen haben. “H-ha-ha-hast du mich grad geküsst?!“, sah ich ihn entsetzt an. “Ja, wieso auch nicht?“ Er lächelte mir zwinkernd zu und strich dann mit seiner Hand über meine Arme und meinen Brustkorb. Gänsehaut – und zwar die eklige, die sich nach innen zieht, durch Mark und Bein geht und man sich dann angewidert schütteln muss. “SEX?!!“, funkelte er mich beängstigend an. “Mwuah?!!!“, rutschte ich verunsichert und fast zu Tode erschrocken von ihm weg. “A-a-auf keinen Fall!!!“ “Wir sind doch allein. Willst du dich etwa wehren?“, kommentierte er aufgebracht meine hilflosen Fluchtversuche. “JA! Unbedingt!“, schrie ich wie wild. Ich wand mich in seiner festen Umklammerung und zappelte wie ein Fisch am Haken. Doch zum Glück war ich kräftiger als er und konnte mich mit einiger Anstrengung endlich befreien. Kurz blickte ich ihm ins Gesicht um noch einen Versuch zu starten, mich zu erinnern woher ich ihn kannte. Dann rannte ich Hals über Kopf aus dem Raum und kämpfte mich ins Freie. Ich konnte mich nicht einmal umsehen, um mich zu vergewissern, dass er nicht mehr hinter mir war. Ich rannte, als ginge es um mein Leben. Als ich endlich um ein paar Ecken gebogen war, verschnaufte ich etwas. Mein Herz raste wie wild, und das nicht etwa, weil ich von den Annäherungsversuchen dieses Mannes angetan war. Nicht im Geringsten! “Was ist denn mit dir los? Willst du doch noch mit zu mir?“ Erstarrt vor Angst bewegte ich mich keinen Millimeter aus meiner gegenwärtigen Position. “Alles klar? Du siehst aus als würde dir jemand nach dem Leben trachten.“ Etwas beruhigt von der wohl doch vertrauten Stimme drehte ich mich langsam um. “AKI!“, seufzte ich erleichtert und fiel ihm um den Hals. “Hee, lass das!“ Er drückte mich von sich und sah mich verwirrt an. “Was ist denn bloß los?“ “I-ich, der Typ…Sex,…ich hab Angst!“, stotterte ich ihm unverständliches Zeug entgegen. “Was für ein Typ? Wieso Sex?“ Mit einer hochgezogenen Augenbraue musterte er mich, als wäre ich verrückt. Nein, das wusste er ja schon…er hatte mich wohl nur noch nie so verängstigt gesehen. “Lass uns gehen, komm!“ Er legte mir beruhigend die Hand auf die Schulter und ich konnte mich etwas fangen. Nachdem wir eine Weile gegangen waren, schaute er mich wieder mit diesem besorgten Blick an. “Was war denn nur los?“ Wie hatte ich diese Frage jetzt ersehnt, ich musste einfach alles loswerden, sonst wäre ich zerplatzt. “Als ich allein war, war plötzlich dieser Typ neben mir und hat mich auf den Brief angesprochen und mich angemacht undso. Naja du weißt schon, er hat mich so komisch angesehen und mir ins Ohr geflüstert und mich betatscht. U-und dann hat er mich geküsst und mich gefragt ob ich Sex mit ihm machen will und mich festgehalten. Und ich wollte nur noch weg. Ich weiß überhaupt nicht, wie der da reingekommen ist und ich, ich, ich…!“ Aki sah mich immer noch besorgt an. “Und kanntest du ihn?“ “Nein…ja…ich weiß nicht!“, verfluchte ich mich selbst. “Er kam mir irgendwie bekannt vor…Visual oder so?“ Ich glaubte wirklich, dass ich gleich vor Aki heulen müsste. ~~~ Er schloss die Tür zu seiner Wohnung auf und schob mich auf die Couch. “Wir finden schon raus, wer das war…und dann werden wir ihm gehörig die Meinung geigen!“ Aki machte fast einen wütenden Eindruck auf mich. “D-du glaubst mir?“ Erleichtert nahm ich das Bier, das er mir gebracht hatte und stürzte es mit einem Mal hinter. “Danke, Aki.“ “Ist aber auch wirklich seltsam….“ Er nahm ein paar Magazine aus seinem Regal und sah eins nach dem anderen durch. “Das sind die aktuellsten, schau mal, ob du ihn wiedererkennst. Vielleicht ist er ja schon bekannt in der Szene und du siehst ihn sofort auf irgend nem Foto.“ “Ok…“, blätterte ich mit einer Mischung aus Müdigkeit und der immer noch tief sitzenden Angst die Zeitschriften durch. Doch da war nichts, was mich auch nur im Entferntesten an ihn erinnerte. Ich hatte mir seine eisblauen Augen fest eingeprägt. Nur war das etwas schwierig bei der riesigen Anzahl Leute in der Szene, die wie ich gerne Kontaktlinsen trugen. Ich versuchte, mich an den Mund oder die Nase zu erinnern. Seine Lippen waren ziemlich feucht…aber das könnte auch der Geifer gewesen sein. Etwas rosa waren sie…jede Menge Lipgloss! “Lipgloss!“, schrie ich lauthals durch Aki's Wohnung. “Lipgloss? ...Aber das trägt doch fast jeder. Wie willst du d-...“ “Neinneinein!“, fiel ich ihm ins Wort. “Viel Lipgloss! Sehr viel rosaner Lipgloss! Ich muss ihn von meiner Wange abgewischt haben, als ich vor ihm geflüchtet bin.“ “Hmmm…“, grübelte Aki vor sich hin, während er noch ein paar Magazine aus seinem Regal hervorzerrte. “Vielleicht in denen…obwohl, da sind in letzter Zeit nur wir drin.“, sagte er mit einem etwas zufriedenen Blick. Mir fiel einfach nicht ein, wer es sein könnte. Langsam verlor ich die Geduld, in all den Magazinen nach ihm zu suchen. Vielleicht bildete ich mir auch nur ein, dass ich ihn kannte. Immerhin sehen die Typen heutzutage alle gleich aus. Cool, trendy, sexy…. Hatte ich grad sexy gesagt? “AH!“, quietschte Aki in mein Ohr. “Alice Nine!“ Er hielt mir eine Zeitung unter die Nase und tippte nervös auf das Bild des Bassisten. “Jetzt nimm halt mal den Finger von seinem Gesicht weg, ich kann ja gar nichts erkennen.“ Das waren die Lippen die auf mich zukamen! …Aber das Gesicht? …Ich versuchte mich zu erinnern. “Nicht wirklich…ich meine, ja…die Lippen, auf jeden Fall…aber beim Rest bin ich mir nicht sicher.“ “Aber er heißt Saga! Stand in dem Brief nicht was von ’Sa-cchan’? Zeig mal her!“, zerrte Aki an mir herum. Nervös kramte ich den Brief aus meiner Tasche. “Ja,…Sa-cchan…aber was heißt das schon, es könnte jeder sein.“ Ich versuchte wirklich, diese Gedanken zu verdrängen. Was um Himmels Willen sollte dieser Mann von mir wollen? “Was genau sollte er denn von mir wollen, hm? Selbst wenn er…wenn er schwul wäre oder so was komisches. Es gibt tausend andere Jungs, die er besser zum Sex überreden könnte als mich.“ “Stimmt.“ Aki machte ein sehr ernstes und nachdenkliches Gesicht. “Das meinte ich nur im Spaß, Aki.“ “Achso,...ja.“ “Ich glaub, ich hau mich ne Runde aufs Ohr.“ Und so schlug ich mir eine Weile auf meinen Gehörgang. Aki prustete unwillkürlich los. “Du bist doof! Hör auf mit dem Scheiß!“, gackerte er sichtlich erheitert vor sich hin. Die alten Witze zogen eben doch immer wieder. “Lass uns pennen, ja? Ich brauch etwas Erholung nach dem Abend.“ “Ok und morgen recherchiere ich für dich und finde raus, wer das mit dir macht.“ “Wie willst du das denn machen, nä Aki?“ “Ich kontaktiere meine geheimen Bass-Kontakte und werd gucken, dass wir mal was Handgeschriebenes von Saga in die Finger kriegen. Dann brauchen wir nur noch die Schrift vergleichen.“ Sein Lächeln in diesem Moment versetzte mich wirklich in Staunen…und dass er so was für mich machen wollte. “D-danke….“ Ich schaute betreten zu Boden. Plötzlich nahm er mich in den Arm. “A-aki……“ Ich ließ es geschehen…ich fühlte mich wohl…ich. Moment mal, er war auch ein Mann! Was zum Teufel ging mir eigentlich gerade durch den Kopf, als ich ihm durchs Haar strich?!!! Naniiiiiiiiiiiiiiii?!!!!!!? “Was siehst du mich an, als wär ich der Perverse?“, kommentierte er meinen verschreckten Blick. “Aki, ich…nein…so ist das nicht. Nur…weil wir uns noch nie so nahe waren. Ich bin etwas verwirrt.“ “Haha…was redest du da für Zeug? Hat der Typ dich infiziert oder so?“ Er schien fast etwas beleidigt zu sein. “Das war eine freundschaftliche Umarmung, mann!“ “Ja…na klar. Was auch sonst, hehe.“ Ich kratzte mich an der Wange und war wohl das hunderttausendste Mal an diesem Tag verlegen. ~~~ Sempai saß grübelnd über einem Haufen Zeitschriften. “Saga meinst du? …Und wie willst du das beweisen?“ “Na die Handschrift,…ich hol mir was Handgeschriebenes von ihm.“, entgegnete Aki. “Ey ja…aber wie willst du das anstellen, mann?“ Shinji sah ihn fragend an. “Naja …irgendwie halt…ich frag ihn halt ob er mir was aufschreiben kann…was auch immer.“ Aki war sich nicht wirklich sicher, wie er es anstellen sollte, so schien es. “Erde an SID, Erde an SID!…Halloooooo, ich bin auch noch da! Es geht hier immerhin um mein Problem. Darf ich mich vielleicht dazu äußern?“, unterbrach ich ihre Überlegungen. “Ja klar, …was meinst du…wie könnten wir es anstellen, hm?“ Irgendwie schien ihn das Problem mehr zu beschäftigen, als ich gedacht hatte. “Woher soll ich das wissen? …Ich wollte nur sagen, dass…ich mich zwar unwohl mit der Sache fühle…und ich bin euch dankbar, dass ihr das mit mir aufklären wollt…aber irgendwie…möchte ich kein besonders großes Ding draus machen. Ich meine, was passiert denn, wenn die Jungs von Alice Nine misstrauisch werden und irgendwas rausfinden oder es an die Öffentlichkeit kommt? Ich will das alles nicht, so sehr mich das Problem im Moment auch beschäftigt. Denn wir wissen nicht, ob es hier wirklich um Saga geht.“ Nur kurz konnte ich Luft holen, dann fing auch schon ein langer aufgebrachter Vortrag an. Diesmal kam er aber nicht von den üblichen Verdächtigen sondern von Aki. “So jetzt hör mir mal zu, Mr. Mimose. Niemand von uns hier will, dass die Sache an die Öffentlichkeit kommt oder wir es uns mit Leuten aus der Szene verscherzen. Deshalb sitzen wir ja hier und grübeln über eine möglichst sichere Methode nach, an Beweise heranzukommen. Aber erzähl mir bitte nicht, du willst kein großes Ding daraus machen, denn ich hab gesehen, wie die Begegnung mit diesem lüsternen Sexmonster dich aus der Fassung gebracht hat und ich werde nicht zulassen, dass das deine Konzentration und Spielfreude bei Konzerten beeinflusst. Der Brief hat dich schon so sehr mitgenommen, dass du beim letzten Mal ständig deinen Einsatz verpasst hast. Wir arbeiten sonst immer gut zusammen. Also lass uns das jetzt bitte auch außerhalb der Musik tun, damit diese seltsame Angelegenheit sich endlich in Luft auflöst!“ Er ließ kurz einen entnervten Seufzer von sich, dann beruhigte er sich wieder. Der Rest von uns saß wie versteinert da und machte keinen Mucks. “O-ok.“, konnte ich nach einer langen Pause kleinlaut von mir geben. “Hab verstanden, Mr. Oberinspektor.“ “Gut, mir ist nämlich auch was eingefallen, jetzt wo ich mich abgeregt habe und mein Magen vor Hunger knurrt.“ Alle sahen Aki verwirrt an und lauschten gespannt, was er sich ausgedacht hatte. “Sie haben Anfang nächster Woche ihr Tourfinal und ich werd ihnen meine berühmte ’Pasta à la Aki’ machen. Erstens wird sie das riesig freuen und zweitens sind wir dann entspannt beim Essen und können plaudern. Dann werde ich Saga beiläufig bitten, mir bei einem Song zu helfen. Ich werde einen Text schreiben, in dem ich ein paar Wörter aus dem Brief entnehme. Mein Papier wird von oben bis unten vollgekritzelt sein, so dass er mir seine Version auf ein anderes Blatt Papier schreiben muss. Ich werde ihn natürlich auf Besonderheiten bei den Basslines ansprechen, damit es ihm nicht komisch vorkommt. Was meint ihr?“, sah er uns mit einem überzeugten Lächeln und stolzgeschwellter Brust an. “An sich schon ok, nur…wenn der Text Wörter aus dem Brief enthält,…meinst du nicht, dass es zu auffällig ist?“, unterbrach ich sein triumphierendes Lächeln mit einem Mal. “Also du hast ja wohl immer was zu meckern oder wie? Ich dachte, wenn wir einen konkreten Beweis wollen, muss er auch ähnliche Worte schreiben....mach halt nen besseren Vorschlag!“ Sichtlich missgelaunt schmollte er in der Gegend herum. “T-tut mir leid. Ich find deinen Plan ganz toll…aber was, wenn es schief geht?“ “Dann lass ich mir was einfallen oder red mich irgendwie raus. Das klappt schon.“, fügte er nun etwas zufriedener hinzu. ~+~+~+~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)