Eternity von Purple_Moon (Der Prinz und sein Drache) ================================================================================ Kapitel 1: Wasser ----------------- Anmerkung der Autorin: Diese Geschichte ist für meine Verhältnisse eher kurz. Sie entstand ursprünglich als Antwort auf die so genannte Schokoladenkelch-Challenge von Desde. Sie hat mir am Telefon davon erzählt. Ich hatte damals nämlich noch gar keinen eigenen Computer und weiß auch nicht, auf welcher Internetseite diese Challenge überhaupt war. Desde wollte die Story für mich einstellen, aber es ist nie dazu gekommen. Also kriegt ihr sie heute hier zu lesen: Eternity, die Internetpremiere! *g* Übrigens hat Desde kürzlich ein Bild eingestellt, das Eikyuu und Valerian zeigt. Ich habe das als Anreiz genommen, Eternity hier ebenfalls einzustellen. Die Hauptcharaktere haben eine gewisse Ähnlichkeit zu denen in einer anderen, sehr langen Geschichte von mir, welche es bisher noch nicht zu lesen gibt. Alle anderen Ähnlichkeiten zu realen oder fiktiven Personen sind unbeabsichtigt und rein zufällig. Und jetzt habe ich genug gelabert. Viel Spaß! Bitte teilt mir eure Meinung mit! Nachtrag: Alle Anführungszeichen waren zu Fragezeichen mutiert, ich habe das gerade geändert. Wenn ihr noch welche findet, die ich vergessen habe, sagt mir das bitte. Danke. *** Für Desdemona, meine Seelenschwester. *** Kapitel 1: Wasser "Aber Prinz! Ihr wollt doch wohl jetzt nicht mehr ausreiten! Wir erwarten den Magier Eikyuu jeden Moment!" rief der Stallmeister entrüstet. Valerian, ältester Sohn Vinzenzians und Thronerbe von Athrya, schwang sich auf den Rücken seines feuerroten, ungesattelten Hengstes. "Sein Problem," meinte er und trieb das Pferd an. "Nehmt doch wenigstens eine Eskorte mit, Euer Hoheit!" versuchte der kleine, alte Mann ihn zu überzeugen, doch die Stimme ging im Lärm der schnellen Hufschläge unter. Im Übrigen hatte der Prinz in seinen 21 Lebensjahren noch nie auf einen solchen Rat gehört. Man durfte ja wohl mal allein sein! Eigentlich hatte Valerian alles, was er wollte. Feines Essen, Wein, Frauen oder auch Knaben konnte er zur Genüge bekommen. Genau genommen war er dieser Dinge schon überdrüssig. Er suchte etwas Neues, wirklich Aufregendes, das seinem luxuriösen, aber langweiligen Leben die nötige Würze verlieh. Die Sonne brannte vom Himmel. Mittag war zum Glück schon vorbei, trotzdem klebte Valerian das Hemd am Leibe, als er über die Hauptstraße aus der Stadt ritt. Bald roch er den Schweiß des Pferdes, dessen Körperwärme ihn zusätzlich schwitzen ließ. Vielleicht half ihm eine kleine Abkühlung. Im Jagdrevier seines Vaters, des Königs, gab es einen netten, kleinen See, der zwar nicht zum Baden gedacht war, aber das war Valerian egal. Mit seinem schnellen Reittier war das Ziel bald erreicht. Hier war es immer sehr friedlich. Man hatte Ausblick auf ein flach ansteigendes Gebirge, das die Landesgrenze darstellte. Die Landschaft war vorrangig grün, solange es nicht zu lange trocken blieb. Die vereinzelt oder in Gruppen stehenden Bäume leuchteten jedoch noch in ebensolcher Pracht wie das saftige Gras. Valerian freute sich auf sein Bad. Bei solchem Wetter im Sommer kam er des Öfteren hierher. Meistens wehte eine leichte Brise, vielleicht lag es aber auch am Wasser, dass es in der Stadt heißer zu sein schien. Schon von weitem erkannte er zu seiner Überraschung, dass heute jemand die gleiche Idee gehabt zu haben schien. Valerian lächelte breit und löste seine schwarzen Locken aus dem Zopf, so dass sie ihm lose über die Schulter fielen. Er wusste, dass Frauen sein Haar liebten und dass seine tiefblauen Augen Herzen schmelzen lassen konnten. Lässig stieg er vom Pferd und schritt auf das unregelmäßig mit Schilf bewachsene Ufer zu. Die Frau - vielleicht noch ein Mädchen - hatte sehr lange, dunkelviolette Haare, die sich hinter ihr im Wasser fächerten, während sie schwamm. Sie merkte nicht, dass sie beobachtet wurde, denn sie wandte der Stelle, wo Valerian stand, den Rücken zu. Blitzschnell ersann er einen Plan. Er baute sich stolz auf, stemmte die Hände in die Hüften und räusperte sich. Die Schwimmerin drehte sich im Wasser um. Sie hob eine Augenbraue. Valerian war fasziniert, er hatte einen erschreckten Aufschrei erwartet. "Ich bin Prinz Valerian von Athrya. Dieser See gehört zum königlichen Jagdrevier, baden ist nicht erlaubt," verkündete er. Sie lächelte und schwamm gemütlich zum Ufer. Anscheinend gehörte sie zu der selbstbewussten Sorte. Der See war nicht allzu tief, so dass sie schon bald stehen konnte. Sie schwamm jedoch noch etwas weiter und erhob sich dann auf die Füße. Das Wasser war an dieser Stelle schon so flach, dass es ihr nur noch bis zum Bauch reichte. Valerian erstarrte vor Überraschung. Kein üppiger Busen, nicht einmal ein kleiner! Er hatte einen Mann vor sich, der lediglich etwas schmal geraten war. Dieser schritt mit einem feinen Lächeln aus dem Wasser und auf Valerian zu, ohne sich an seiner eigenen Nacktheit zu stören, und blieb dicht vor ihm stehen. Der Prinz überragte den Fremden nur um ein paar wenige Zentimeter. Silbergraue Augen sahen ihn alles andere als furchtsam an. "Werde ich für mein Vergehen bestraft?" Valerian grinste lüstern. "Oh, ja. Sehr streng." Er streckte die Hand nach dem nassen Haar des Jünglings aus und ließ die Finger hindurch gleiten. Die Ohren liefen spitz zu, stellte er fest. Was war der Fremde? Dieses Geheimnis erregte ihn zusätzlich. Seltsam, er hatte sonst immer die Frauen den Knaben vorgezogen. Aber der hier war kein Knabe mehr, sondern ein junger, erwachsener Mann. Solch eine Erfahrung fehlte ihm noch. Er streifte sein verschwitztes, weißes Hemd ab und widmete sich dann erneut dem Fremden. Dieser ließ sich alles willig gefallen und schien es zu genießen, wenn man ihn streichelte, doch er wurde nicht selbst aktiv. Ob er sich wohl etwas befehlen ließ? "Zieh mir die Hose aus... Sie wird mir zu eng," sagte Valerian. Der langhaarige Jüngling ging in die Knie, um auf die richtige Höhe zu kommen. Die Geste hatte keine Unterwürfigkeit gegenüber dem Prinzen an sich. Er öffnete die Knöpfe und streifte die Hose herunter. Was dabei zum Vorschein kam, beachtete er kaum, sondern stellte sich wieder hin, um auf die nächsten Anweisungen zu warten. Valerian nickte anerkennend, wobei er seine leichten Freizeitschuhe und die Hose von den Beinen schüttelte, ohne sich dafür zu bücken. "Du hast dich ja gut in der Gewalt, mein Lieber. Wie heißt du?" "Nenn mich einfach Mizu. Weil du mich im Wasser entdeckt hast." "Fein, Mizu also. Du hast keinen Respekt vor deinem Prinzen." "Im Augenblick bist du nur ein Mann." Mizu grinste frech. Valerian gefiel seine Art. Ihm war nie aufgefallen, wie sehr ihn das kriecherische Getue seiner Diener störte. Er zog den vom Baden feuchten Körper an sich, ließ ihn seine Erregung spüren und küsste ihn fordernd. Mizu ließ sich gehen und ergab sich den Zärtlichkeiten des Prinzen. Beide sanken ins Gras, wo Valerian seine neue Eroberung geradezu mit seiner Lust verschlang. Er wollte Mizu am liebsten überall gleichzeitig berühren und küssen; das kühle Wasser auf der hellen Haut nahm den Beigeschmack von Schweiß an, während er es aufleckte. Der Jüngling unter ihm seufzte und stöhnte hemmungslos, obwohl jemand zufällig vorbeikommen und ihn hören konnte, aber das Risiko machte alles nur noch aufregender. Valerians Lippen bahnten sich küssend ihren Weg hinab. Er scherte sich sonst nicht darum, ob seine Partner den Sex genossen, doch bei Mizu war es ihm ein Bedürfnis, auch ihn auf seine Kosten kommen zu lassen. Sein Mund erreichte das erigierte Organ. Er küsste es, leckte daran. Mizu keuchte und wand sich unter ihm. Er schrie lustvoll auf, als der Prinz seine empfindlichste Stelle berührte. Seine Finger verkrallten sich im Gras, gruben sich in den weichen Erdboden. Valerian liebkoste ihn geschickt weiter, bis er mit einem letzten, freudigen Aufschrei kam. Tief atmend blieb er liegen, während der Prinz von seinem Nektar kostete. "Ich danke Euch für Eure Aufmerksamkeiten, Hoheit," hauchte er schließlich. "Wollt Ihr nun auch Euren Spaß haben?" Valerian sah ihn fragend an. "Plötzlich so höflich?" "Ich bleibe nur nicht gern etwas schuldig." "Keine Sorge, das verhindere ich schon." "Das dachte ich mir." Mizu machte ihm willig zwischen seinen Beinen Platz. Valerian beugte sich über ihn und küsste wie zum Dank seine Brust, ehe er behutsam in ihn drang. Mizu seufzte leise, jedoch nicht, als hätte er Schmerzen. Unsinnigerweise kamen Valerian plötzlich all die Knaben in den Sinn, die er gehabt hatte. Die waren oft zu empfindlich und jammerten vor sich hin, währen sie es über sich ergehen ließen. Mizu war ganz anders. Er konnte mehr ab und hatte anscheinend sogar Erfahrung. Der Prinz begann mit vorsichtigen Stößen, dann heftiger. Er wollte sich austoben. Mit den jüngeren Knaben machte es nicht wirklich Spaß, aber das begriff er erst jetzt. Mizu bog sich ihm entgegen. "Ja... gib's mir!" keuchte er. Valerian grinste breit und kam der Aufforderung mit Freuden nach. Nicht lange, und auch er hatte seinen Höhepunkt. Nach einer Weile des Verschnaufens rollte er sich von Mizu herunter und blieb zufrieden im Gras liegen. "Dafür, dass wir uns eben erst kennen gelernt haben, war das echt gut," grinste der Jüngling. Der Prinz grinste zurück. "Vielleicht sehen wir uns ja mal wieder." "Da bin ich sicher." Mizu stand auf, um nach seinen Kleidern zu suchen. "Wie heißt du eigentlich wirklich?" fragte Valerian, den Himmel über sich betrachtend. Keine Antwort. Verwundert setzte er sich auf. Mizu war verschwunden. *** "Valeriaaan! Wo in Areths Namen hast du gesteckt? Eikyuu ist noch nicht da. Zum Glück verspäten sich diese Leute meistens. Zieh dich um, schnell! Na los, mach!" Veruscha, seine jüngere Halbschwester, scheuchte den Prinzen in sein Ankleidezimmer, wo die prunkvolle Paradeuniform bereitlag. Er hasste offizielle Anlässe. Widerwillig zog er die enge, weiße Hose und die kniehohen Stiefel an. Diese Klamotten pflegten immer irgendwo zu kneifen. Aber am meisten störten ihn die vielen goldenen Kordeln und Quasten an der Jacke. Zu Ehren des Magiers wurde die weiße getragen, während sonst Rot oder Blau üblich war. Es war auch üblich, einen Degen umzuschnallen, aber er hatte das Teil noch nie benutzt. Veruscha kämmte sein Haar und bändigte es streng zu einem Zopf. Er hatte zwar genug Diener, aber sie liebte seine Locken. Abgesehen davon kannte sie die Gelüste ihres Bruders, und er musste sich nun wirklich beeilen, daher hatte sie alle anderen weggeschickt. Er steckte noch rasch den goldenen Siegelring des Thronerben an und begab sich dann zusammen mit seiner Schwester in den Thronsaal. Veruscha war rothaarig wie Bintea, sie zweite Frau des Königs. Valerians Mutter war an einer Krankheit gestorben. Er kam äußerlich nach ihr. König Vinzenzian war braunhaarig wie Varenor, der zweite Prinz. Letzterer war ebenfalls Binteas Sohn. Valerian nahm neben ihm am Thron seines Vaters Aufstellung, Veruscha an der Seite ihrer Mutter. Die Königin saß traditionell links des Königs. Sie und die Prinzessin trugen das gleiche blütenweiße, perlenbesetzte Kleid, nur dass Bintea ihr Haar unter ihrer zierlichen Krone hochgesteckt hatte, während Veruscha ihres offen trug, weil sie noch niemandem versprochen war. Die Männer der Familie trugen die gleiche Uniform wie Valerian. Im Saal versammelt warteten zahlreiche Würdenträger des Reiches auf den Magier. Minuten flossen zäh dahin. "Wird ja Zeit, dass du erscheinst, Traumtänzer," zischte Varenor. Jeder wusste, dass er selbst gerne den Thron erben wollte, aber er war nun einmal jünger als Valerian. Dieser lächelte selbstgefällig. "Ich verschwende eben nicht meine Zeit, indem ich mir die Beine in den Bauch stehe und warte, dass irgendein wichtiger Typ kommt. Da komme lieber ich." Varenor wurde rot und warf ihm einen giftigen Blick zu. Das Schicksal hatte den jüngeren Prinzen mit einem bemerkenswerten Verstand, nicht aber mit Schönheit gesegnet. Er hatte leicht abstehende Ohren, eine recht große Hakennase und Glubschaugen. Außerdem war er seit der Pubertät anfällig für Pickel, die er sich ausdrückte, so dass sie vernarbten. Eine schlechte Angewohnheit, aber eigentlich kam es nicht darauf an. Valerian nahm ihn kaum ernst und die Frauen suchten sich stets den älteren Bruder aus. Kein Wunder, fand dieser. Das Warten dauerte an. Vereinzelt begannen Mägen zu knurren. Das Bankett im angrenzenden Speisesaal würde erst nach dem Eintreffen des Magiers eröffnet werden. Valerian ließ seinen Blick über die jungen Frauen und Männer in ihren prächtigen Kleidern und Galauniformen schweifen und stellte fest, dass er sie stets mit Mizu verglich, wobei sie alle den Kürzeren zogen. Er zwang sich zu anderen Gedanken, denn in seiner Hose begann etwas zu pulsieren, was bei dem engen Schnitt mehr als unpraktisch werden konnte. Die Zeit schlich dahin. Die Leute redeten leise miteinander. Dann, endlich, es wurde schon langsam dunkel draußen, kündigten Posaunen die Ankunft des Ehrengastes an. Sofort verstummten alle Gespräche. Das große Portal wurde geöffnet, und Eikyuu trat ein. Valerian war gespannt auf ihn, jetzt, wo es soweit war. Er hatte andere, weniger berühmte Magier kennen gelernt, aber der hier war nicht irgendeiner. Der große Meister ließ sich von drei Dienern begleiten. Sie trugen graue Roben, er selbst eine purpurrote. Alle hatten die Kapuzen aufgesetzt und verbargen die Gesichter im Schatten, während sie über einen roten Teppich auf die königliche Familie zu schritten. Von Eikyuu sah man nur einen langen, schwarzen Spitzbart. Er war ein großer, kräftiger Mann; die Diener schienen noch Knaben zu sein, soweit es die Statur schließen ließ. In gebührendem Abstand zum Thron knieten alle vier nieder. Warum nimmt er die verdammte Kapuze nicht ab, wie unhöflich, dachte Valerian. Abgesehen davon war es ihm neu, dass ein Mann von solcher Macht wie Eikyuu sich vor einem normalsterblichen König erniedrigte. Vielleicht sollte das dann wieder höflich sein. Plötzlich sprang der Magier auf. Seine Robe flog. Er stürzte mit erhobenem Dolch auf König Vinzenzian zu. Bintea schrie entsetzt auf. "Tod dem König!" brüllte der Angreifer. Seine drei Gefolgsleute zogen verborgene Schwerter und stürzten sich auf die Familie. Valerian zog seinen Degen, aber er hatte die Fechtstunden immer geschwänzt. Varenor wich schockiert zurück, obwohl er auch eine Waffe hatte. Wir sind tot, schoss es dem Thronerben durch den Kopf. Welch peinlicher Abgang, sich so hereinlegen zu lassen! In diesem Moment geschah das Wunder. Eine schattenhafte Gestalt huschte vorbei. Ein metallisches Klirren war zu hören, dann brach der erste Vermummte zusammen, ohne einen Laut von sich zu geben. Ebenso erging es den beiden anderen und dem Anführer. Alle vier waren tot, ehe sie es mitbekamen. Die ganze versammelte Gesellschaft war starr vor Schreck, nur allmählich kamen die Leute wieder zu sich. König Vinzenzian atmete erleichtert aus. Ihm stand der Schweiß auf der Stirn, und er lockerte unbewusst seinen Kragen. Veruscha war auf die Knie gesunken, da ihre Beine zu sehr zitterten, um ihren Dienst zu tun. Bintea war kreidebleich und zitterte ebenfalls heftig. Varenor saß auf dem Hintern und hatte die Augen weit aufgerissen, so dass er noch mehr wie ein Frosch aussah. Nur Valerian stand reglos da, mit dem Degen in der Hand, und starrte ihrer aller Retter an. Der ließ gerade zwei kurze Schwerter verschwinden, und das im wahrsten Sinne des Wortes. Sie wurden einfach in seinen Händen zu Licht und lösten sich auf. Das Leuchten fing sich in den silbernen Augen. Er war in einen weiten, schwarzen Umhang gehüllt, dessen Saum mit silbernen Runen bestickt war. Darunter musste die Kleidung auch schwarz sein, aber man sah nur Schatten durch den Schlitz. Vor der Stirn des Mannes hing ein silbernes Ornament: eine "liegende Acht", das Symbol für Unendlichkeit, befestigt an einem feinen Reif. Das Haar war zurückgekämmt und im Nacken zu einem langen Zopf geflochten. Nur seitlich hingen zwei kleinere Zöpfe heraus, umwickelt mit einem feinen, weißen Band und an den Enden mit Federn verziert. Die Haare des Jünglings waren dunkelviolett. Valerians Degen fiel klirrend auf den Marmorboden. Er wusste, dass Windmagier sich zwei solche seitlichen Zöpfe zu flechten pflegten, Feuermagier dagegen einen Nackenzopf. Die Ornamente auf dem schwarzen Umhang wiesen ihn als Meister der Schattenmagie aus, und durch den Gebrauch von Lichtzaubern bekam man meistens silberne Augen. Dass ihm das nicht eher aufgefallen war... Wassermagier hängten sich gerne Muscheln um, wenn sie die Zugehörigkeit zu ihrem Element zeigen wollten, Erdmagier trugen Ringe oder anderen Schmuck mit Edelsteinen oder einfachen Mineralien, je nach Reichtum. Das beides konnte man nicht sehen, aber Valerian war sicher, dass es da war. Mit dem Symbol für Unendlichkeit durfte nur ein Allmeister sich zieren. Der Prinz wollte am liebsten im Erdboden versinken, als der größte lebende Magier ihm einen mehr als freundlichen Blick schenkte, ehe er sich dem Herrscherpaar zuwandte und sich leicht verneigte, jedoch mehr aus Höflichkeit als aus Unterwürfigkeit. Vinzenzian und Bintea nickten ihm ihrerseits zu. Valerian sah plötzlich lauter bunte Punkte. Das konnte nicht wahr sein. Sollte er sich freuen oder lieber gleich aus dem Fenster springen? Bei Areth. Er hatte Eikyuu gevögelt. Fortsetzung folgt. *** Namensbedeutung: "Mizu" ist Japanisch und heißt "Wasser". Das Z wird wie ein stimmhaftes S, wie z.B. in "Sommer", ausgesprochen. Also sprecht nicht "Mitsu", sondern "Misu". Wie in "Tiramisu". "Eikyuu" ist auch Japanisch und heißt "Ewigkeit". "Ei" wird im Japanischen als langes E gesprochen (nicht wie das Hühner-Ei), "kyuu" ähnlich wie der englische Buchstabe "Q" (siehe James Bond). Also in etwa "Ehkjuh". Alle anderen Namen in dieser Folge (außer Valerian) habe ich mehr oder weniger frei erfunden. Kapitel 2: Kelchhüter --------------------- - Kapitel 2 - Kelchhüter "Wir stehen tief in Eurer Schuld, Eikyuu," sagte König Vinzenzian ernst. Er tupfte sich den Schweiß von der Stirn. "Aber nein, ich muss mich bei Euch entschuldigen," entgegnete der Magier. "Ich wusste, dass jemand ein Attentat auf Euch plante, jedoch konnte ich ihn nicht vorher ausschalten. Daher war ich gezwungen zu warten, bis die Täter sich zeigten." "Nun, dann sollte ich das als einen deutlichen Hinweis auf einen Mangel an Sicherheitsvorkehrungen betrachten," meinte der König. Er strich sich nachdenklich den Bart glatt. Wachen eilten herbei, um die Leichen wegzuräumen. Der Herrscher wartete kurz, bis sie ihre Arbeit getan hatten, und fuhr dann fort: "Ihr habt mein Leben gerettet und meine Familie vor Schaden bewahrt. Womit kann ich mich erkenntlich zeigen? Verlangt von mir, was Ihr wollt, es soll Euch gehören." "Ihr seid sehr großzügig, Majestät." Eikyuu verneigte sich zum Zeichen seiner Wertschätzung. "Ich verlange den Prinzen Valerian." Stille. Valerian selbst war es, der als Erster seine Stimme wieder fand. "Was... Wie jetzt... Willst du mich als Sklaven besitzen, oder was? Oder etwa... " Vinzenzian räusperte sich. "Nun, ich ließ Euch wählen, und Ihr habt gewählt. Ich stehe zu meinem Wort." "Vater!" Der Kronprinz trat empört vor ihn hin. "Das kann nicht dein Ernst sein!" "Schweig, Sohn! Willst du mich beschämen, indem du mich mein Wort brechen lässt?" "Aber Vater...!" "Schweig! Ab sofort bist du nicht mehr der Thronerbe. Du gehörst dem Magier Eikyuu. Ohne ihn wären wir alle tot, also trage dein Schicksal mit Würde. Er ist ein Ehrenmann und wird dich mit Respekt behandeln." Valerian wollte noch etwas erwidern, brachte aber kein Wort heraus. Er nahm den Siegelring von seinem Finger und gab ihn seinem Vater. Obwohl er nicht hinsah, wusste er, dass Varenor breit grinste. Das war der erniedrigendste Moment seines Lebens! Mit gesenktem Blick ging er die drei Stufen vom Thronbereich hinunter und nahm hinter dem Magier Aufstellung, als wäre er dessen Diener. Peinlich. Die Leute im Saal tuschelten aufgeregt miteinander. "Ich würde gern kurz in mein Quartier gehen. Das Bankett möge ohne mich anfangen," bat Eikyuu. Der König winkte einem Pagen, der ihm den Weg zeigen sollte. Auch Valerian folgte ihm. Er war froh, aus dem Saal wegzukommen. Die Tür schloss sich hinter den beiden Männern. Valerian ging nicht weiter als einen Schritt in das große, prunkvolle Gästezimmer hinein. Die Frage brannte ihm auf der Zunge, doch er sprach sie nicht aus. "Du willst wissen, warum?" Eikyuu wandte sich ihm lächelnd zu. "Nein, ich will mich nicht für die Sache am See rächen. Ich habe absichtlich meinen Namen verschwiegen. Oder hättest du dich genauso verhalten, wenn du gewusst hättest, wer ich bin?" Valerian schüttelte verwirrt den Kopf. "Du... liest meine Gedanken?" "Du musst lernen, dich dagegen zu wehren," bemerkte der Magier. "Wenn du in dein Gemach zurückkehrst, pack ein, was einen Wert für dich hat, alles andere lass dort. Du wirst nichts davon brauchen, auch den Zierdegen nicht. Ich werde dir ein richtiges Schwert beschaffen und dich lehren, es zu benutzen." "Angenommen, ich will nicht. Was machst du dann? Legst du mich dann in Ketten?" wollte der Prinz wissen. "Darauf kannst du Gift nehmen," prophezeite Eikyuu ungerührt. "Ich kann die Macht der Elemente in dir wecken, aber natürlich nur, wenn du es zulässt. Wenn nicht, werde ich dir beibringen, wie man sich abschuftet, um einem Allmeister das Leben zu erleichtern. Die erste Möglichkeit sollte dir besser gefallen." Er lehnte sich gegen einen Pfosten des riesigen Himmelbettes. "Triff die Wahl, Prinz." Valerian starrte ihn entgeistert an. War das wirklich derselbe, der sich ihm vor ein paar Stunden am See hingegeben hatte?! "Mit Zauberei habe ich nichts am Hut," murmelte Valerian. "Und ich glaube nicht, dass... Eikyuu?" Der Magier hustete plötzlich heftig. Er hielt sich erst noch am Bettpfosten fest, doch bald sank er vollends zu Boden. Valerian sah, dass Blut auf den hellen Marmorboden tropfte. Gegen seinen Willen erschrak er darüber, wusste jedoch nicht, was er tun konnte. Panik keimte in ihm auf. "Es ist schon gut," keuchte der Magier. Wieder musste er husten und spuckte Blut. "Das ist ein weiterer Grund, warum ich dich brauche. Oft passiert es mir in weitaus ungünstigeren Momenten." "Bist du krank? Was... kann man dagegen tun?" "Gar nichts. Es ist auch meine eigene Schuld." Eikyuu griff unter seinen Mantel und holte etwas metallisch Funkelndes hervor, einen grau angelaufenen, schlichten Silberkelch. Valerian war näher gekommen und betrachtete das Artefakt stirnrunzelnd. Eikyuu kam mit etwas Mühe wieder auf die Füße. "Der so genannte Schokoladenkelch. Man kann ihn nicht ungestraft besitzen. Frag jetzt nicht. Ich werde dir alles erklären, wenn es an der Zeit ist. Schwöre mir eins, Valerian: Du darfst niemals zulassen, dass der Kelch in falsche Hände fällt. Das ist wichtiger als mein Leben, klar?" "Ähm, klar. Ich schwöre es." Der Prinz hob bekräftigend die rechte Hand. Eikyuu nickte zufrieden. "Gut... Wir sollten jetzt zum Bankett gehen. Die Leute erwarten uns. Sie dürfen nicht wissen, was mit mir ist. Ach ja, zieh dir was anderes an und trag das hier dazu." Er holte unter seinem Umhang einen weiteren hervor, erdbraun mit einer grünen, runenbestickten Borte am Saum. Das Unendlichkeitszeichen war auch unter den Runen. Der Magier überreichte dem Prinzen das Kleidungsstück. "Die Runen zeichnen dich als Schüler eines Allmeisters aus. Die Farbe zeigt an, dass du zunächst die Erdmagie erlernst." Valerian schien etwas enttäuscht. "Warum nicht Feuer oder Schatten?" Eikyuu grinste. "Sieht aus, als wärst du nunmehr interessiert. Wir fangen mit Erde an, weil das Element relativ zahm ist. Gehen wir." "Aber ich bin noch nicht umgezogen!" "Ach, ja." Der Magier schnippte mit den Fingern, und der ehemalige Kronprinz trug innerhalb von Sekunden plötzlich seine Lieblingskleidung, eine schwarze Hose und ein lockeres, beigefarbenes Hemd. Nur hatte dieses Hemd edle kleine Holzschnitzereien in Form von Ahornblättern als Knöpfe anstelle der goldenen mit dem königlichen Adlerwappen, und er hatte eine braune Lederweste dazu an. Seine Füße steckten in leichten, ungefütterten Wanderstiefeln. Die Sachen passten zum Umhang. Valerian legte ihn an und löste sein Haar. Er sah cool aus, wie er selbst bemerkte. Aber er war nicht mehr der Kronprinz. Er fühlte sich betrogen und befreit zugleich. Mit Eikyuu kehrte er in den Thronsaal zurück. "Wie soll ich dich denn jetzt eigentlich anreden?" fragte er unterwegs. "Ich würde Meister vorschlagen," entgegnete der Magier. "Allerdings wäre mir Gewaltiger oder Großer Mächtiger auch recht." Er lachte über Valerians verblüfftes Gesicht. Die Leute erkannten ihren Prinzen kaum wieder. Viele bewunderten ihn. Von einem Allmeister als Lehrling erwählt zu werden, galt als großes Privileg. Allerdings tröstete das Valerian nicht sehr. "Es ist seltsam, jemanden Meister zu nennen, mit dem man schon... äh, du weißt schon." Eikyuu erwies einem Edelmann seine Gunst, indem er ihm einen Rat zu irgendeinem Thema gab, und widmete sich dann wieder seinem neuen Schüler. "Val, als Erstes lerne, die Dinge beim Namen zu nennen. Missverständnisse entstehen zu schnell. Natürlich ist es auch nicht verkehrt, im richtigen Moment Taktgefühl zu zeigen. Und was diese Sache betrifft - dass wir es miteinander getrieben haben, meine ich - das können wir mal wiederholen. Dann darfst du *Kyuu* zu mir sagen." Er zwinkerte Valerian zu, der daraufhin rötlich anlief, und vertiefte sich übergangslos in eine Konversation mit einer älteren Dame. Niemand schien das Gespräch mitgehört zu haben. Valerian kam sich überflüssig vor und verzog sich in einen möglichst unauffälligen Teil des Saales. Varenor steuerte dennoch bald sein Versteck an. Er hielt ein Weinglas in der linken Hand, damit auch ja jeder den Siegelring sah. Valerian wollte ihm keine Genugtuung gönnen und richtete sich kerzengerade auf, als wäre er froh über sein Schicksal. "Herrje, siehst du dämlich aus, wie ein umherziehender Wanderer. Und so... schmucklos! Haha!" lästerte der jüngere Bruder. Valerian brachte ein herablassendes Lächeln zustande. "Lass das nicht meinen Meister Eikyuu hören, er hat die Sachen zusammengestellt. Im Übrigen brauche ich keinen Schmuck mehr. In Kürze werde ich mich mit dem Licht der Sonne und dem Glanz der Sterne schmücken." Varenor brach in schallendes Gelächter aus. "Ja, klar. Ich wette, dass Eikyuu es keine drei Tage mit dir aushält, und dann kommst du angekrochen als ein Nichts! Vielleicht stellen wir dich ja als Stallknecht ein!" Valerian nahm scheinbar gelangweilt ein Glas von einem Tablett, das ein Diener vorbei trug. "Na dann, auf deinen Thron, Brüderchen," sagte er spöttisch und prostete Varenor zu. Es tat gut, sich über ihn lustig zu machen. Gleichzeitig jedoch musste er sich eingestehen, dass er selbst an seiner Tauglichkeit zum Magier zweifelte. Inzwischen hatte sich Veruscha zu dem Allmeister durchgeschlagen. Sie wusste nicht recht, wie sie ihn ansprechen sollte. "Eikyuu... Herr... Bitte, ich habe eine Frage..." Er wandte sich ihr freundlich lächelnd zu. "Sprecht, Prinzessin." "Nun, ich... Wieso wolltet Ihr meinen Bruder" Ihr hättet meine Hand fordern können. Warum habt Ihr nicht mich verlangt? Vermutlich hat mein Vater genau das erwartet. Bitte überlegt es Euch. Valerian ist der älteste Prinz und der Thronerbe. Das Reich braucht ihn." Eikyuu ergriff ihre Hand und küsste sie galant. "Ich weiß Euer Angebot zu schätzen. Doch glaubt mir, das Land braucht Euch ebenso wie Euren Bruder. Sein Schicksal ist nicht der Thron, dazu ist er viel zu undiszipliniert. Aber wenn Ihr ihn das nächste Mal seht, wird er größer sein als der König, der er geworden wäre. Und was Euch betrifft, Ihr solltet nicht zum Wohle des Volkes heiraten, wenn sich Euer Herz doch schon entschieden hat. Ich würde Euch nie ganz besitzen." Die Prinzessin senkte errötend den Blick. "Mein Vater wäre mit ihm nicht einverstanden..." "Ihr habt es ihm noch nicht gesagt." "Nein." Der Magier verlieh seiner Stimme einen mystischen Klang. "Ihr solltet die Entscheidung nicht zu lange hinausschieben, Hoheit." Sie nickte bloß und verabschiedete sich mit einem höflichen Knicks von ihm. Als Eikyuu ein paar Stunden später in sein Zimmer kam, erwartete ihn Valerian dort bereits. "Ich habe meine Sachen gepackt," erklärte der Prinz. Er betrachtete eine goldene Kette mit einem kleinen, glatt geschliffenen Stein als Anhänger. Der Stein war nicht in einer Fassung, sondern von einem Ring durchbohrt, so dass man die Kette befestigen konnte. "Das hat meiner Mutter gehört. Es ist alles, was ich mitnehmen muss." Der Magier streckte die Hand aus. Valerian gab ihm zögernd die Kette. "Weißer Opal," stellte Eikyuu fest. "Lass mich ihn für dich aufbewahren. Du kannst ihn als Zeichen deiner Meisterschaft tragen, wenn du die Erdmagie beherrschst." Valerian nickte automatisch, und das Schmuckstück verschwand unter dem schwarzen Umhang. Inzwischen hatte auch Veruscha ihre Räume aufgesucht. Ihre Zofe half ihr, sich bettfertig zu machen. Als die Frau gegangen war, bemerkte die Prinzessin plötzlich einen silbern funkelnden Kelch auf ihrem Nachttisch. Sie hatte ihn nie zuvor gesehen, aber er war mit einer geheimnisvollen, goldbraunen Flüssigkeit gefüllt, von der ein süßlicher Duft ausging. Veruscha konnte nicht widerstehen und trank davon, obwohl die Vernunft ihr abriet. Das konnte schließlich auch Gift sein. Sie nahm einen einzigen, kleinen Schluck. Köstlich! Es war flüssige Schokolade! In ihrem Land war Schokolade eine kostbare Delikatesse. Auf dem Bankett hatte es welche gegeben, aber im Vergleich zu der in dem Kelch hatte sie nicht sehr geschmeckt. Das musste ein Geschenk der Götter sein! Etwas hielt die Prinzessin davon ab, mehr von dem kostbaren Getränk für sich zu beanspruchen. Sie stellte den Kelch an seinen Platz zurück und kroch unter die Bettdecke, wo sie glücklich einschlief. Ja, morgen würde sie ihrem Vater von ihrer heimlichen Liebe erzählen und ihre Heiratspläne durchsetzen, selbst wenn der König drohte, sie zu verstoßen. Vinzenzian würde bestimmt nicht nach Valerian noch ein Kind verlieren wollen. Sie grinste innerlich über diese Fügung zu ihren Gunsten und versank in schokoladensüßen Träumen. Als sie das nächste Mal erwachte, war der geheimnisvolle Kelch verschwunden. Eikyuu drängte seinen Schüler zum Aufbruch. Valerian war nicht begeistert, er wollte lieber noch diese Nacht im Palast verbringen. Noch mehr betrübte ihn, dass er den roten Hengst nicht mitnehmen konnte, aber der gehörte nun einmal dem König. Der Magier führte ihn aus dem Bereich des Schlosses fort in die Stadt, die rund um das prunkvolle Gebäude errichtet worden war. Ihr Name lautete Cometris, Zentrum von Athrya. Armut gab es hier nicht, jedenfalls nicht offiziell. Eikyuu ging an mehreren vornehmen Gasthäusern vorbei und wählte eine einfache, renovierungsbedürftig aussehende Kneipe. *Zur Singenden Nixe* stand auf dem verblassten Schild. Trotz der späten Stunde war noch allerhand los. Einige Köpfe wandten sich zu den Neuankömmlingen um. Dann gab es plötzlich lautes Gegröle. "Hey, Bill! Kyuu ist da, mit einem Schüler! Mach zwei Bier fertig!" rief jemand dem Wirt zu. Eikyuu steuerte grinsend die Theke an. Bill war das Sinnbild eines Kneipenwirts. Er hatte einen Bierbauch, einen ergrauten, ehemals schwarzen Bart und lichtes Haar. Die Ärmel seines Hemdes hatte er hochgekrempelt, die Schürze zeigte schon viele Flecken. Seine braunen Augen blickten freundlich, während er das Bier abfüllte, doch zeugten seine kräftigen, behaarten Arme davon, dass er im Notfall auch für Ordnung sorgen konnte. Valerian war völlig verwirrt. Die Leute hier behandelten den Magier wie einen guten Kumpel. Misstrauisch sah er sich um und entdeckte runenbestickte Umhänge über vielen Stuhllehnen. Eine brünette Lady mit Bernsteinohrringen zwinkerte ihm zu. Ein blonder Riese saß ihr gegenüber, um den Hals trug er ein Band mit Muscheln und Korallen. Er prostete dem Prinzen zu. "Gratuliere, Kyuu hat dich als Lehrling ausgesucht. Das ist eine Ehre, weißt du das? Er muss viel von dir halten." Valerian nahm sein Bier und setzte sich mit an den Tisch. Die Kneipeneinrichtung war uralt, aber sauber und gepflegt. "Ich bin Undan, aber alle nennen mich nur Dan," stellte der Riese sich vor. Valerian sagte seinen Namen und wurde sofort von allen nur noch Val genannt. Als sein Bier leer war, bekam er ein neues. Lizzy, seine brünette Nachbarin, war schon etwas angetrunken und lehnte sich gegen ihn. Niemand schien ihn als den Prinzen zu erkennen, und wenn, sprach ihn keiner darauf an. Er entdeckte jede Art von Magier in dem Raum. Silberne Augen, benebelt vom Bier, seitliche Zöpfe mit Federn und Nackenzöpfe, auch jemanden mit einem schwarzen Schattenumhang. Ein paar Lehrlinge waren auch dabei, was Valerian ein bisschen tröstete. Als der Prinz sich allmählich immer schläfriger fühlte, konnte er Eikyuu nicht mehr entdecken. Von Bill erfuhr er, dass der Magier sich in ein Zimmer zurückgezogen hatte. Das wunderte ihn, deshalb beschloss er, nach seinem Meister zu sehen. Er fand die richtige Tür, ohne die Nummer zu wissen. Sie war mit einem Sicherheitszauber geschützt, öffnete sich aber, als Valerian nach der Klinke griff. Das Zimmer war einfach eingerichtet. Zwei getrennte Betten standen darin, also hatte Eikyuu auch an seinen Schüler gedacht. Es gab noch einen Tisch und zwei Stühle und eine Waschecke. Eikyuus Umhang hing über einem der Stühle, die Stiefel lagen daneben. Der Magier selbst hatte sich in einem der Betten zusammengerollt und zitterte fiebernd. Der Kelch! Bewirkte er auch das? Schlagartig war Valerian vollkommen nüchtern. Er fühlte sich auf einmal dafür verantwortlich, seinem Meister beizustehen, der gar nicht merkte, dass er nicht mehr allein war. Der Prinz zog sich bis auf die Hose aus und kroch zu ihm ins Bett, um ihn zu wärmen. Zu diesem Zweck streifte er ihm das schwarze Hemd ab und zog ihn unter der Decke dicht an sich. Eikyuu drängte sich frierend gegen Valerians warmen Körper. Er war das genaue Gegenteil zu seinem sonstigen selbstsicheren Auftreten. Auf solche Art gebraucht zu werden war neu für Valerian, ebenso das große Vertrauen, das ihm entgegengebracht wurde. Auf einmal fand er es gar nicht mehr so schlimm, Varenor sein Erbe überlassen zu müssen. Was wusste dieser Idiot denn schon. Nach einer Weile erholte Eikyuu sich. Er seufzte erleichtert, als die Beschwerden nachließen. Valerian nahm an, er würde sich gleich erheben oder seinen Schüler ins andere Bett scheuchen, doch der Magier machte es sich lediglich etwas bequemer und blieb so liegen. "Ich bin dir sehr dankbar, Valerian," murmelte er. "Dafür verspreche ich dir eine erstklassige Ausbildung." "Ich kann sicher noch mehr herausschlagen," meinte Valerian frech. Eikyuu funkelte ihn mit seinen Silberaugen an, dann jedoch lehnte er ergeben seine Wange an die Schulter des Prinzen, um etwas Schlaf zu finden. "Keinen Respekt vor seinem Meister hat er," grummelte er, lächelte jedoch dabei. *** Fortsetzung folgt Kapitel 3: Beziehungsproblem ---------------------------- Kapitel 3: Beziehungsproblem Eikyuu blieb noch drei Tage in dem Gasthaus, damit sein Schüler andere Magier kennen lernen konnte. "Du rechnest doch nicht damit, dass dir etwas zustößt?" fragte Bill am dritten Abend, als der Allmeister wieder an der Bar saß, während sich Valerian an einem der Tische unterhielt. "Nun, man kann es nicht ausschließen," entgegnete Eikyuu ernst. "Valerian soll in dem Fall andere Lehrer finden können. Natürlich würde dann der Unterricht an Qualität einbüßen." Er grinste frech, und der Wirt knuffte ihn gespielt verärgert gegen die Schulter. "Mal was anderes," wechselte Bill das Thema. "Wirst du jemanden mitnehmen, wenn du abreist?" Sein Gast überlegte. "Werde ich wohl müssen, der Elementarkreis hat eine gewisse Tradition. Ist vielleicht auch gut für Val und mich, wenn wir nicht allein sind." Bill grinste breit. Ihm fehlte ein seitlicher Zahn, Folge einer Schlägerei. "Bist du sicher, dass du es nicht bedauern wirst?" "Nicht allein mit ihm zu sein?" Eikyuu verzog belustigt das Gesicht. "Eher wird Val das bedauern. Aber wer weiß, vielleicht auch nicht..." Er warf einen Blick auf den Prinzen, der sich angeregt mit der Erdmeisterin Lizzy befasste. Auch mit Dan verstand er sich gut, rein freundschaftlich natürlich. "Eifersüchtig?" Eikyuu fuhr, aus seinen Gedanken gerissen, zu Bill herum. Er errötete nicht. "Was? Nein, wozu. Valerian hat das Recht, zu tun, was er will, soweit es *das* betrifft." "Aha. Daraus schließe ich, dass dein Interesse an ihm, soweit es *das* betrifft, durchaus vorhanden ist." "Das geht dich nichts an." Eikyuus Miene nahm einen verschlossenen Ausdruck an, und er widmete sich demonstrativ seinem Bier. Am folgenden Morgen kam Valerian nur schwer aus dem Bett. Er riss sich zusammen und ignorierte seinen Kater, so gut es ging. Der große Meister war natürlich schon auf den Beinen. Er trug aber noch kein Hemd und war gerade dabei, seine Frisur neu zu gestalten. Valerian hatte ihn in letzter Zeit öfter so gesehen und bei der Gelegenheit auch seine Abzeichen für Erde und Wasser entdeckt. Dabei handelte es sich um einen silbernen Armreif mit drei eingefassten, glatt geschliffenen Steinen, Saphir, Rubin und Diamant, und ein Lederarmband mit mehreren glänzenden Perlmuttmuscheln; an jedem Handgelenk trug er eines dieser Schmuckstücke. Eikyuu hatte offenbar einen erlesenen Geschmack. Nicht einmal die Federn für seine Zöpfe wählte er willkürlich, sie stammten meistens von Adlern oder Schwänen. Vielleicht hatte er ja deshalb keinen geringeren als einen Prinzen zum Lehrling gewählt. Im Moment hatte Valerian jedoch andere Sorgen. Er vermisste seinen rechten Stiefel. "Dir scheint es heute gut zu gehen," murmelte er schlaftrunken. "Dir dafür nicht," entgegnete Eikyuu trocken. Sein Schüler beeilte sich, in seine Klamotten zu kommen und den linken Stiefel anzuziehen. Wo hatte er in der Nacht bloß den anderen hingeworfen? Eikyuu nahm sich einen Stuhl, knöpfte sein Hemd zu und wartete geduldig. "Ach, übrigens," begann er, "Es gibt bei uns Magiern eine Art Tradition. Wenn ein Allmeister wie ich einen Lehrling aussucht, wird er von sechs anderen Elementarmeistern begleitet, die ihn unterstützen und zugleich von ihm lernen. Das bezeichnet man als Elementarkreis. Wie ich Bill kenne, hat er bereits eine Liste von interessierten Kandidaten zusammengestellt. Da du ein paar Magier kennen gelernt hast, überlasse ich dir die Auswahl. Such dir sechs Elementarmagier aus, und dann sehen wir, ob sie auf Bills Liste stehen. Einen für jedes Element natürlich." Valerian hob die Augenbrauen. "Oh! Gibt es denn viele Allmeister?" "Außer mir nur noch zwei. Die meisten Magier bilden sich weiter, aber nur wenigen gelingt es, mehr als drei Elemente zu meistern, und das ist schon gut. Zwei sind üblich, jedoch spezialisieren sich auch viele auf ein einziges und eignen sich dann die wichtigsten Grundlagen der anderen an." "Oh. Dann bist du also der Ansicht, dass Erde für mich am besten ist?" erkundigte sich Valerian etwas enttäuscht. Er entdeckte seinen Stiefel unter dem Tisch und bückte sich danach. "Ein Allmeister wählt nur dann von sich aus einen Schüler aus, wenn er in ihm einen Ebenbürtigen zu erkennen glaubt," sagte Eikyuu sachlich. "Was?" Valerian stieß sich den Kopf an der Tischplatte, als er überrascht zu seinem Lehrer aufsah. Dieser begegnete ernst seinem Blick. "Du hast das Zeug dazu, Val. Wie deine Mutter. Doch sie beendete ihre Lehre damals, um den Kronprinzen Vinzenzian zu heiraten. Sie liebten sich, und das Land konnte sich keine bessere Herrscherin wünschen, aber für die Welt der Magie war ihre Entscheidung ein Verlust." Valerian starrte ihn an. "Du kanntest meine Mutter?" Eikyuu nickte. "Der Opalanhänger, den du mitgenommen hast, war ihr Symbol für das Element Erde. Sie meisterte auch Wind und Licht. Ihr letzter Lehrer bat mich, sie zu übernehmen, und ich unterrichtete sie in der Magie des Feuers. Aber dann lernte sie deinen Vater kennen und wurde mit dir schwanger. Ich ließ sie gehen, was sonst hätte ich tun sollen?" Valerian sog scharf die Luft ein. "Also deshalb. Und ich dachte, ich bedeute dir etwas. Dabei bin ich nur ein Ersatz für meine Mutter." Eikyuu erbleichte, als ihm bewusst wurde, wie der Prinz seine Worte aufgefasst hatte. "Nein, Val! Du verstehst das ganz falsch..." Valerian erhob sich taumelnd und zog geistesabwesend den Stiefel an. "Ich verzichte, du Mistkerl! Von dir will ich nicht ausgebildet werden! Such dir einen anderen Dummen!" Er schrie die letzten Worte. Wütend stürzte er zur Tür. Doch sie ließ sich auch mit aller Gewalt nicht öffnen. "Ich kann dich nicht gehen lassen," teilte der Magier ihm mit. Valerian versuchte es beim Fenster, auch vergebens. Er konnte nicht einmal die Scheibe einschlagen. Eikyuu seufzte. "Was willst du denn machen? Wohin willst du gehen?" "Ist mir ganz egal, wenn ich dich nur loswerde!" spie der Prinz ihm entgegen. "Du hast mich nicht einmal gefragt, ob ich mit deinen Plänen einverstanden bin!" "Für mich sah es inzwischen so aus, als würdest du dich auf deine Lehre freuen," erwiderte der Magier. Valerian suchte nach Worten. "Das war, bevor ich wusste, dass ich nur ausgenutzt werde. Ich dachte wirklich... ich dachte... dass du vielleicht gerade mich ausgesucht hast, weil du mich sympathisch findest oder so... Jedenfalls nicht, weil ich der Sohn einer verlorenen Schülerin bin. Bedeute ich dir überhaupt etwas? Ich hatte gehofft, in dir einen Freund zu finden, etwas wie eine Familie. Du ahnst ja gar nicht, wie einsam man als Prinz ist, wenn alle einen verehren und gleichzeitig fürchten, weil man eine gewisse Macht hat. Du brachtest mir Vertrauen entgegen. Ich dachte, du würdest etwas in mein Leben bringen, das bisher fehlte. Aber du wolltest nur einen Allmeister aus mir machen, weil es mit meiner Mutter nicht klappte. Ich hätte sowas ahnen müssen." Schweigen breitete sich im Zimmer aus. Dann begann Eikyuu schließlich zu sprechen. "Du hast nicht völlig Unrecht, Val. Hör mir gut zu, bevor du dich endgültig entscheidest. Über dein Schicksal und das deines Reiches gibt es mehrere Prophezeiungen. Es heißt, kein Sohn Vinzenzians werde den Thron erben, doch wird am Todestag des Königs Finsternis von Athrya Besitz ergreifen, die bereits auf ihre Chance wartet. Doch einer von königlichem Blute wiederum hält es in seinen Händen, sich den Drachen zu unterwerfen und das Licht zum Sieg zu führen, einer, der seine wahre Macht noch nicht kennt und ein Opfer bringen muss, um sie zu entdecken. Der Rat der Magier hat mich mit der Aufgabe betraut, dich zu überprüfen, Val. Ich kann fühlen, was tief in dir schläft und darauf wartet, geweckt zu werden. Du hast dafür deinen Thron opfern müssen und dein Zuhause verlassen. Aber das allein ist mit dem Opfer nicht gemeint: Du wirst dich harten Prüfungen unterziehen und deine eigenen Wünsche zurückstellen müssen." "Und was ist mit dem Drachen? Gibt es überhaupt noch welche?" wollte Valerian etwas ängstlich wissen. "Es gibt sie, doch sie verbergen sich, wie alle anderen so genannten Fabelwesen. Der Rat hat dafür keine Erklärung, du musst also abwarten, was geschieht," antwortete Eikyuu. "Ich soll darauf warten, dass mir ein Drache über den Weg läuft. Ganz toll," grummelte der Prinz. "Valerian..." Eikyuu stand von seinem Stuhl auf und kam zu ihm hinüber, um vor ihm stehen zu bleiben. Eindringlich sah er ihn an. "Es wird noch mehr Geheimnisse geben, die ich dir vorerst verschweigen muss. Doch es lag nie in meiner Absicht, dich zu verletzen. Vielleicht... wäre es besser gewesen, wenn wir uns vorher nicht begegnet wären... wenn die Distanz zwischen Lehrer und Schüler bewahrt geblieben wäre... es war egoistisch von mir. Weißt du, als mächtiger Magier ist man auch sehr einsam. Ich habe mehr Ahnung davon, wie du dich gefühlt hast, als du denkst." Valerian blickte nachdenklich auf seine Füße. "Du sagtest, der Rat hätte keine Erklärung für den Teil mit dem Drachen. Und du? Hast du eine?" Eikyuu lächelte ansatzweise. "Du lernst sehr schnell, Valerian. Vertrau mir, der Drache wird dir nichts tun. Aber es gibt noch andere außer ihm. Deshalb ist es wichtig, dass du auf mich hörst. Du wirst es nicht bereuen." Valerian seufzte. Welche Wahl hatte er denn schon? Es gab keinen Weg mehr zurück. "Eliza, Undan, Cyrus, Nimburia, Patrizia und Noctivagus. Diese sechs wähle ich für den Elementarkreis. Leider habe ich bei Noctivagus keine Wahl, er ist der einzige Schattenmeister, aber er ist mir unheimlich." "Das sind die Schattenmeister immer. Ich sehe nach, ob Bill eine Liste gemacht hat." Eikyuu klang erleichtert. Er verließ das Zimmer, und sein Schüler blieb für einen Moment allein. Valerian gönnte sich noch ein paar Minuten des Nachdenkens, ehe er seinem Lehrmeister folgte. Bisher war sein leben klar geplant gewesen. Vielleicht war etwas Ungewissheit zur Abwechslung mal ganz nett. Zwei Stunden Später landeten sie auf einer Insel irgendwo im Meer der rastlosen Seelen. Valerian plumpste keuchend vom Rücken des geflügelten Pferdes, das Bill ihm gegeben hatte. Diese Art zu reisen war ihm völlig neu, und er hatte das Gefühl, dass seine Innereien alle in seinem Hals saßen. Gut, dass Eikyuu es so eilig gehabt hatte, dass das Frühstück ausgefallen war. Vielleicht hatte er in weiser Voraussicht gehandelt. "Ist Bill eigentlich auch ein Magier?" würgte er hervor. Eikyuu amüsierte sich offensichtlich und gab sich keine Mühe, das zu verbergen. "Nicht wirklich. Er hat es mit jedem Element einmal versucht, es aber in keinem zur Meisterschaft gebracht. Er darf sich nicht offiziell Magier nennen und auch nicht zaubern, aber letzteres tut er natürlich trotzdem." "Ah, sehr interessant... hör auf zu grinsen!" "Lass mich doch. In Kürze wird es wieder umgekehrt sein." Der Magier ging gemütlich vom Strand weg. Die Pferde flogen davon. "Ich hab' doch gleich gesagt, dass du am besten mit Erde anfängst, Wind ist jedenfalls noch nichts für dich," kicherte er. Valerian richtete sich mühsam auf und lief ihm nach. "Warte! Wie alt bist du eigentlich?" "Dreiundzwanzig." "Was?!" "Jahrhunderte." "Ach so... Hab' mich schon gefragt, wie du sonst meine Mutter kennen kannst..." "Ich fühle mich nicht gut. Komm schnell weiter. Die anderen kommen in einer Woche nach." Der Prinz holte Eikyuu ein. "Kann ich dir nicht irgendwie helfen?" "Geht schon," log Eikyuu und sackte einfach ohnmächtig zusammen. "Verflixt!" Valerian sprang vor und fing den Magier auf. Was nun? Unsicher sah er sich um. Gab es eine Hütte im Wald? "Hättest du mir nur vorher ein paar Anweisungen gegeben," klagte er den Bewusstlosen an. Der Wald vor ihm sah undurchdringlich dicht aus. Wenn nur die anderen schon da wären... Aber wussten sie überhaupt von Eikyuus Problem? Sicher nicht, alle hielten ihn doch für unbesiegbar mächtig. War wohl besser, wenn es so blieb, doch das konnte er später klären. Er tätschelte die Wange des Magiers. "Meister! Wach auf! Du kannst mich doch hier nicht hängen lassen!" Eikyuu stöhnte leise und blinzelte mühsam. Er schaffte ein kaum sichtbares Lächeln. "Val... ich dachte, ich halte länger durch... Scheint auch noch ein schwerer Anfall zu werden. Dabei... hoffte ich, dass... wir uns noch... ein paar schöne Tage machen könnten... Du verstehst..." Er hustete und drehte sich zur Seite, um das Blut auszuspucken. Es war viel schlimmer als der kleine Zwischenfall im Palast oder im Gasthaus. Dieses Mal machte sich Valerian ernsthafte Sorgen, denn sein Meister griff sich vor Schmerzen an die Brust und schnappte keuchend nach Luft. Erneut hustete er, und der Sand färbte sich rot. "Hilf mir hoch," ächzte er. "Der Wald... wird dich führen." Es war schwierig, den Magier auf die Beine zu kriegen. Ihn halb stützend und halb tragend näherte sich Valerian dem Wald, der sich plötzlich wie durch ein Wunder vor ihm zurückzog, um ihm einen Weg zu bahnen. Es war nicht einmal sehr weit bis zu einem riesigen hohlen Baum, in dem sich Eikyuu eingerichtet hatte. Doch der Weg kam Valerian viel zu lang vor. Ein runder Tisch und zwei Stühle standen in dem Raum, es gab Regale und Vorratsfässer. Er entdeckte an der hinteren Seite ein einfaches Schlaflager, nicht mehr als ein paar Decken auf Stroh oder Heu, aber es reichte. Vorsichtig ließ er Eikyuu dort nieder und befreite ihn von dem schwarzen Umhang, dann auch (völlig ohne Hintergedanken) von den restlichen Kleidungsstücken und packte ihn anschließend in die Decken ein. Danach wusste er nicht mehr weiter. Es ging Eikyuu immer schlechter statt besser. Plötzlich bemerkte Valerian einen bläulichen Fleck am Hals des Magiers. Als er die Decken zurückzog, um genauer hinzusehen, fiel ihm an der Schulter ein weiterer auf, und dann stellte er voller Entsetzen fest, dass der ganze Körper seines Meisters von diesen Flecken übersät war. Sie sahen aus wie Blutergüsse nach einer Schlägerei, aber wie war das möglich? Eikyuu griff schwach nach seiner Hand. "Val... So schlimm war es noch nie... Meine Blutgefäße platzen auf... Ich... Ich werde..." "Nein! Du wirst nicht sterben! Sag das nicht!" rief Valerian verzweifelt. "Keine Angst," presste der Magier hervor. "So schnell... wirst du mich nicht los... Der Kelch wird mich quälen, aber... aber nicht töten." Der Prinz wusste nicht recht, ob er das wirklich glauben konnte, trotzdem fühlte er sich erleichtert. Sachte strich er Eikyuu ein paar Haare aus dem Gesicht, die sich aus den Zöpfen gelöst hatten. Die Silberaugen glänzten kaum noch. "Kann ich nicht etwas gegen die Schmerzen tun? Hast du ein Mittel da?" fragte er hoffnungsvoll, doch sein Meister schüttelte den Kopf. "Dagegen würde auch gar nichts helfen. Es... geht schon. Ich halte so einiges aus." Er drückte Valerians Hand fester. Dass er noch die Kraft aufbrachte, erstaunte den Prinzen. "Ich werde gleich... ein wenig schlafen, um mich zu heilen. Bleib hier... bei mir... Bitte geh nicht weg." Valerian lächelte ermutigend. "Ich passe auf dich auf. Sieh zu, dass du gesund wirst." Eikyuu nickte mühsam. Er atmete einmal tief durch. Es schien ihn sehr anzustrengen. "Es muss seltsam für dich sein, deinen mächtigen Lehrmeister zu bemuttern," murmelte er. "Nun, ich fühle mich verantwortlich, ich meine... ich kann mich nützlich machen, und das gefällt mir irgendwie. Nie zuvor hat mich jemand wirklich gebraucht," gab Valerian zu. "Gewöhn dich... besser schon mal dran," warnte Eikyuu ihn. "Und... Val, bitte glaub' mir, du bedeutest... mir wirklich etwas. Als dein Vater mich eine... Belohnung wählen ließ, da hätte ich dich verlangt, selbst... selbst wenn..." Er wurde von einem Hustenanfall unterbrochen. Die naturbraune Decke bekam rote Punkte. "Selbst wenn ich keinen Magier in dir erkannt hätte," beendete er schließlich den Satz. "Ich würde... nicht jedem einfach... mein Leben anvertrauen, Val. Tatsächlich gibt es nur... wenige, denen... ich so sehr vertraue wie dir." Valerian war tief berührt von den Worten. Er fühlte, dass sie nicht gelogen waren. "Aber wieso? Du kennst mich doch eigentlich gar nicht," gab er zu bedenken. Eikyuu lachte leise. Erschöpft schloss er die Augen. "Manche Dinge... kann man nicht mit Logik oder Vernunft erklären. Ich sehe dich... mit meinem Herzen, Val..." Die letzten Worte murmelte er nur noch, dann war er eingeschlafen. Paradox, dachte Valerian kopfschüttelnd. Ich bin sein Schüler und Beschützer zugleich. *** Fortsetzung folgt. Kapitel 4: Natur ---------------- //"Blablabla..."// = jemand spricht in Gedanken, jemand denkt (irgendwie können meine Helden das immer...) In dieser Episode sind unsere beiden Hauptdarsteller im Einklang mit der Natur... Schmutzige Interpretationen der Naturbeschreibungen sind erwünscht. ^_^' Kapitel 4: Natur Eikyuu erwachte neben seinem Schüler Valerian, der an seinem Schlaflager (kann man ja kaum als Bett bezeichnen) eingenickt war. Er hielt immer noch seine Hand. Draußen musste es dunkel sein, nach den Geräuschen zu urteilen. Es schien auch kein Licht herein, so dass das Innere des hohlen Baumes in Finsternis lag. Als sich der Magier bewegte, schreckte Valerian aus seinem leichten Schlummer hoch. "Meister! Geht es dir besser?" "Ja. Die Schmerzen haben nachgelassen, aber ich fühle mich sehr schwach," murmelte Eikyuu. Valerian reckte sich ausführlich und ließ dabei zögernd seine Hand los. "Gibt es hier eine Lampe?" "Nicht im Haus eines Lichtmagiers," entgegnete sein Meister. Er erschuf eine kleine, leuchtende Kugel, die zu Valerian hin schwebte. "Du hast sicher Hunger. Leider kann ich dir im Moment nicht viel anbieten. Da ist etwas getrocknetes Fleisch in dem Regal da drüben. Wenn es hell wird, kannst du im Wald Beeren suchen. Ich hab' auch einen kleinen Gemüsegarten. Wasser ist in den Fässern unter dem Regal." Valerian nickte und stand auf. Das Licht folgte ihm dichtauf. Er fand das Gefäß mit dem Fleisch und ein paar Holzbecher für Wasser. Ehe er selbst aß und trank, trug er alles zu Eikyuu hinüber und sorgte dafür, dass der geschwächte Magier etwas zu sich nahm. Dann verschlang er gierig seine eigene Portion. Am Ende war der Vorrat an Fleisch völlig aufgebraucht. "Warum wirfst du diesen verdammten Kelch nicht einfach weg?" wollte der junge Mann wissen. Sein Blick fiel auf mehrere bläuliche Flecken auf Eikyuus Armen. Sie heilten zwar, aber... "Ich will nicht, dass du irgendwann innerlich verblutest oder sogar offene Wunden bekommst. Was ist so wichtig an dem Kelch?" "Du brauchst keine Angst zu haben, ich sagte doch, dass er mich nicht töten wird," versicherte der Magier. "Solange ich ihn nicht missbrauche, quält er mich nur dafür, dass ich ihn besitze." "Dann schützt du ihn vor denen, die ihn missbrauchen würden?" "Ja. Der Schokoladenkelch ist normalerweise mit flüssiger Schokolade gefüllt und dient dazu, die Menschen glücklich zu machen. Wer von der Schokolade trinkt, erkennt seine wahre Stärke und entdeckt das Beste an sich selbst. Doch es gibt noch andere Möglichkeiten, ihn zu nutzen. Es heißt, wer das Blut eines unsterblichen Drachen aus ihm trinkt, wird selbst unsterblich." Valerians Augen weiteten sich erstaunt. "Dann... hast du auch Drachenblut getrunken?" Eikyuu schüttelte den Kopf. "Nein. Magier können sich auch anders jung halten, begrenzt jedenfalls. Und solche Wesen wie Drachen und Einhörner sind von Natur aus unsterblich, aber man kann sie dennoch töten. Valerian, bei dem Anschlag im Schloss solltest wahrscheinlich du sterben, nicht unbedingt der König. Ich vermute, dass es jemand war, der dich ebenfalls als Magier erkannt hat, und der verhindern wollte, dass du ihm irgendwann im Weg bist. Der Empfang war ideal, um es wie ein Attentat auf den König aussehen zu lassen, bei dem dann auch du gestorben wärst. Die Drahtzieher dieses Anschlags suchen auch die Unsterblichkeit. Ich bin ziemlich sicher, dass es Gladys und Claudius sind, die beiden anderen Allmeister. Sie stehen auf der anderen Seite und sind entfernt miteinander verwandt," informierte er den Prinzen. Dieser runzelte verwirrt die Stirn. "Aber die müssen doch gewusst haben, dass du auf dem Empfang sein würdest. Schließlich fand er dir zu Ehren statt!" "Ja. Und sie wissen, dass ich den Schokoladenkelch habe. Vielleicht haben sie es einfach darauf ankommen lassen und ein paar Handlanger geopfert. Schätzungsweise haben sie nicht erwartet, dass ich dich gleich mitnehme, sondern dass ich bleibe, um den König zu schützen," mutmaßte Eikyuu. "Ist denn mein Vater auch in Gefahr?" fragte Valerian ängstlich. "Ich denke nicht, aber du brauchst dich nicht zu sorgen. Ein paar unserer Freunde aus der Singenden Nixe werden ihn im Auge behalten," beruhigte der Magier ihn. "Hm, ganz wohl ist mir nicht dabei, aber mein Vater ist schließlich kein Narr," meinte Valerian. Er betrachtete nachdenklich die Zimmerdecke, die aussah wie künstlich gezimmert. "Geht es nach oben noch weiter?" "Ja, aber der Zugang ist magisch versiegelt, wenn ich länger nicht hier war. Wenn ich aufstehen kann, zeige ich es dir," versprach Eikyuu. Darauf freute sich Valerian schon. Im Haus eines Magiers gab es sicher viele verborgene Kostbarkeiten zu entdecken. "Val, es gibt da noch eine wichtige Sache," sagte Eikyuu ernst. Sein Tonfall ließ den Prinzen aufhorchen. "Gladys und Claudius suchen den Kelch. Sie wussten, wo er aufbewahrt wird, deshalb habe ich ihn an mich genommen. Wenn sie herausfinden, dass du mehr als nur ein Schüler für mich bist, werden sie versuchen, das gegen mich zu benutzen. Der Kelch darf ihnen niemals in die Hände fallen. Deshalb muss ich meine eigenen Gefühle zurückstellen und das Gemeinwohl darüber stellen." Sein Gesicht nahm einen Ausdruck tiefen Bedauerns an. "Falls du in Gefangenschaft gerätst, darf ich mich nicht in ihre Gewalt begeben, sonst haben sie gewonnen, verstehst du? Ich werde dich opfern. Und du wirst mich opfern, sollte ich in ihre Hände fallen. Einer von uns muss auf jeden Fall übrig bleiben und den Kelch schützen." Der Prinz nickte bestürzt. "Ja, ich verstehe. Und ich schätze, dass die Welt einen Lehrling eher entbehren kann als einen Allmeister." Eikyuu schwieg. Valerian hatte natürlich Recht, aber es gab noch ein anderes Geheimnis, das der Magier ihm noch nicht anvertraut hatte und das auch jetzt nicht über seine Lippen kam. Inzwischen dämmerte es. Das Baumhaus hatte zwar keine Fenster, aber einige Löcher in der Rinde ließen das Licht herein. Valerian schnappte sich eine Holzschale. "Ich suche Beeren." In Wahrheit wollte er einfach etwas Ruhe zum Nachdenken haben. Eikyuus Worte trafen ihn härter, als er zugeben wollte. Würde der Magier ihn im Notfall wirklich im Stich lassen? Oder hatte er das nur gesagt, weil es seine Pflicht wäre? Der Prinz wusste nicht, was an dem Schokoladenkelch wirklich so besonders war, aber ihm war klar, dass so ein magisches Artefakt niemandem überlassen werden durfte, der es in böser Absicht für die eigenen Ziele missbrauchen würde, auf welche Art auch immer. Doch was in aller Welt hatten die beiden anderen Allmeister damit vor? Unsterblichkeit durch Drachenblut? Gab es einen Weg, an Drachenblut zu kommen? Ziellos wanderte er durch den Wald. Es war friedlich hier, die Sonne ging gerade auf und die Vögel zwitscherten leise ihr Morgenlied. Valerian kannte sich nicht gut mit Pflanzen aus, aber einige der hier wachsenden Arten hatte er ganz gewiss noch nie gesehen. Hatte es eigentlich Sinn, im Sommer Beeren zu suchen? Nun, wenn Eikyuu es sagte... Das Gestrüpp war an manchen Stellen ziemlich dicht. Valerian folgte einem schmalen Pfad, der anscheinend in letzter Zeit nicht mehr allzu oft benutzt worden war. Er erreichte irgendwann eine kleine Lichtung und ließ sich dort im hohen Gras nieder. Grübelnd vergaß er die Beeren. Die Verantwortung fühlte sich schwer an auf seinen Schultern: Er sollte ein Allmeister werden, damit die Feinde, Gladys und Claudius, nicht an den Kelch gelangten. Er sollte das Artefakt zusammen mit Eikyuu hüten, damit es niemand missbrauchte, um unsterblich zu werden und die Welt für immer mit Schrecken heimzusuchen. Konnte er das denn? König Vinzenzian hatte seinen Sohn stets gelehrt, dass das Wohl eines Volkes wichtiger war als das eigene. Es war demnach seine Pflicht, zu tun, was in seiner Macht stand, um Athrya zu schützen, gleichgültig, wie wenig das war. Und er wollte es auch für Eikyuu tun, damit er endlich aufhören konnte, den Kelch mit sich herumzuschleppen. Es war ungerecht, dass er für seine Beschützerrolle auch noch bestraft wurde. "Valerian..." Er erschrak fast zu Tode, als sich die Hand sanft auf seine Schulter legte. Er fuhr herum und starrte Eikyuu überrascht an: Der Magier trug sein Haar offen und hatte nur ein lockeres, erdbraunes Hemd ohne Ärmel an und eine Wildlederhose, die gerade bis zur Mitte der Unterschenkel reichte. Auf Schuhe hatte er verzichtet, auch auf jeglichen Schmuck außer dem Erdmeister-Abzeichen, dem Armreif, und natürlich durfte der Reif mit dem Unendlichkeitssymbol nicht fehlen. Logisch, er wollte seinen Schüler schließlich in der Erdmagie unterrichten, aber der Aufzug war ungewohnt und erinnerte Valerian an ihr erstes Treffen am See. Eikyuu wirkte auf diese Art nicht mehr so unnahbar, ja geradezu zerbrechlich, nachdem er sich gerade erst vom Krankenbett erhoben hatte. Ein paar fast verheilte blaue Flecken waren noch gut zu erkennen. Und dennoch, die Aura der Macht war deutlich und anders als bei allen anderen Magiern, die Valerian kennen gelernt hatte. Wie schön er war... Nie hatte Valerian so über einen Mann gedacht. Meistens hatte seine Aufmerksamkeit den Frauen gegolten. Er spürte das Verlangen in sich aufkeimen. Es beschämte ihn, gerade jetzt, wo es Wichtigeres zu tun gab, an so etwas zu denken. Auf einmal wurde er sich Eikyuus Blick bewusst und lief rot an, da er sich erinnerte, dass der Magier seine Gedanken lesen konnte. Eikyuu setzte sich zu ihm. Er lächelte wissend. "Das muss dir nicht peinlich sein. Tu doch einfach, was du willst." "In deinem Zustand..." Valerian schüttelte bedauernd den Kopf. "Ich könnte jetzt ein bisschen guten Sex gebrauchen, um mich abzureagieren. Aber das geht nicht. Ich könnte dir wehtun." "Ist ja ganz was Neues, dass seine Hoheit so rücksichtsvoll ist," spöttelte der Magier. "Ich weiß das wirklich zu schätzen, aber in deiner Verfassung könntest du dich eh kaum auf den Unterricht konzentrieren. Also warum tust du nicht uns beiden einen Gefallen und lebst deine Phantasien aus?" Er grinste seinen Schüler herausfordernd an. "Versuch doch, mich dir zu unterwerfen. Bring mich unter dich, stoß ordentlich zu und füll mich mit deiner Lust." "Waaas! Hör auf, meine Gedanken zu lesen!" rief Valerian. Peinlich. Der Magier lachte auf. "Hindere mich doch daran! Im Übrigen konnte jeder Idiot sehen, was du dachtest." Valerian errötete noch mehr. "Aber Kyuu... Das ist nicht der richtige Zeitpunkt..." "Nein? Und wie hast du mich eben genannt? Wann ist deiner Meinung nach der richtige Zeitpunkt? Tu endlich, was du willst, anstatt mich nur in Gedanken auszuziehen. Dann können wir hinterher endlich mit dem Unterricht anfan..." Valerian schnitt seinem Meister einfach mit einem Kuss das Wort ab. Gerade als er sich fragte, ob das wirklich in Ordnung war oder ob Eikyuu sich nicht lieber noch schonen sollte, hörte er plötzlich dessen Stimme in seinem Kopf: //"Sei nicht albern, es geht mir gut. Aber lass dir ruhig Zeit, das macht es viel... spannender."// Auch das noch, jetzt konnten sie sich unterhalten und gleichzeitig küssen. Valerian lachte in Gedanken. Das war doch einfach unglaublich. Eikyuu löste inzwischen den Umhang seines Schülers und begann dann mit den Hemdknöpfen. Der Prinz ließ von ihm ab, um ihn in Ruhe gewähren zu lassen. //"Wie oft hast du das schon gemacht?"// fragte er, ohne die Worte laut auszusprechen. //"Häufiger als du,"// erklang die Antwort in seinen Gedanken. //"Aber wenn man mein Alter bedenkt, war es eher selten. Ist wohl Schicksal, wenn man ein Allmeister ist, niemand traut sich, dich anzumachen."// Er warf Valerian einen fast ängstlichen Blick zu, doch der junge Mann schenkte ihm ein Lächeln. "Ich habe mein Leben lang nach einer solchen Herausforderung gesucht. Dennoch ist es seltsam..." "Nicht! Sieh nur den Mann, nicht den Magier. So wie ich in dir nicht den Prinzen sehe." Eikyuu war fertig mit den Knöpfen und streifte ihm Hemd und Weste von den Schultern. Valerian wünschte, er hätte nicht so viel Zeug am Leibe. Er griff nach dem losen Oberteil des Magiers und zog es ihm über den Kopf, was dieser willig zuließ. Der Prinz schob seine Bedenken beiseite. Das Verlangen war wieder stark in ihm, wie am See. Er dachte nicht weiter logisch nach, sondern tat einfach, wonach es ihm gelüstete. Mit seinem nächsten Kuss zwang er Eikyuu auf den Rücken. Der Magier schlang die Arme um ihn und versuchte, sich und Valerian herum zu wälzen und so über ihn zu kommen. Es gelang ihm erstaunlich leicht, Valerian hätte ihm im Moment nicht so viel Kraft zugetraut. Doch das wollte er nicht auf sich sitzen lassen. Er stieß ihn von sich und stürzte sich sogleich wieder auf ihn, packte die Handgelenke und presste sie über dem Kopf des Meisters auf den Boden. Er war sich plötzlich jedes Grashalms auf dieser Lichtung bewusst und spürte mehr als er es sah, wie zarte Blumen, noch feucht vom Morgentau, ihre Knospen zu öffnen begannen. Ich müsste ihn irgendwie fesseln können, überlegte er, als Eikyuu wieder mit seiner spielerischen Gegenwehr anfing. Wie auf Befehl erhoben sich Baumwurzeln aus dem Erdreich und wickelten sich um die Unterarme seines Lehrers. Valerian wunderte sich, hatte Eikyuu das getan? Doch der überraschte Blick des Magiers ließ ihn vermuten, dass er nicht dafür verantwortlich war. Der Prinz grinste triumphierend. "Sieht aus, als hätte ich gewonnen." Die Silberaugen blitzten ihn trotzig an. "Du besiegst mich nur, wenn ich es will!" Valerian beugte sich zu Eikyuus linkem Ohr hinunter. Seine Zunge fuhr hinter das Ohrläppchen, über die Windungen der Muschel und schließlich zu dem spitz zulaufenden oberen Ende. Diese Stelle war wegen ihrer Form bestens für ein wenig sanftes Knabbern und Saugen geeignet. Eikyuu seufzte ergeben. "Willst du es denn?" flüsterte Valerian in sein Ohr. "Ja... bitte!" hauchte sein Opfer in freudiger Erwartung. Valerian nickte zufrieden und verließ ihn dann kurz, um sich seiner restlichen Kleider zu entledigen. Auch seinen Meister befreite er von der verbliebenen Hose, indem er sie mit einer streichelnden Bewegung herunter strich. Das Gras war kühl auf nackter Haut, doch die Sonne bahnte sich allmählich ihren Weg zu der Lichtung. Durch die Bäume hindurch fiel ihr frühes Licht auf die beiden Menschen. Tiere kamen aus ihren Verstecken. Valerian fühlte mehrere interessierte Blicke auf sich gerichtet, kam sich jedoch keineswegs beobachtet vor, schließlich sind Tiere keine Spanner... Um ihn herum hoben weitere junge Pflanzen ihre Köpfchen. Er konnte dabei zusehen, als würde ihr Wachstum beschleunigt. Gierig richteten die Keime sich auf, dem Licht entgegen... Valerian beugte sich erneut zu Eikyuus Ohren hinab, dieses Mal nahm er sich das rechte vor, ging jedoch nach kurzer Zeit dazu über, den Hals mit zärtlichen Küssen zu bedecken. Er entdeckte seine Freude daran, Eikyuus sensible Stellen herauszufinden, und wurde mit genüsslichen Seufzern belohnt. Während seine Lippen das Schlüsselbein erreichten, beschäftigten sich seine Hände bereits damit, über die Brust zu streicheln und mit den harten Warzen zu spielen. Kurz darauf übernahmen Mund und Zunge diese Aufgabe. Valerian saugte hingebungsvoll abwechselnd links und rechts. Eine Hand wanderte heimlich nach unten, um die Reaktion auf seine Anstrengungen zu überprüfen. Eikyuu stieß bei der Berührung einen heiseren Schrei der Überraschung aus. Ein paar Kaninchen in der Nähe stellten alarmiert ihre Ohren auf, wandten sich dann jedoch wieder ihrem Futter zu. Ebenso ließ Valerian erst einmal wieder vom Bereich unterhalb der Gürtellinie ab und kraulte statt dessen die Unterseiten von Eikyuus gestreckten Armen. Der Magier erschauderte, es kitzelte angenehm. Indessen wurde sich Valerian schmerzhaft bewusst, dass seine eigene Erregung sich dem kritischen Punkt näherte. Er war nassgeschwitzt und brannte auf einmal darauf, sich Erleichterung zu verschaffen. Fast tat es ihm leid, dass er Eikyuu erst einmal die Zärtlichkeiten entzog. Mittlerweile hatte sich die Wiese in ein Blütenmeer verwandelt. Alle Farben leuchteten um die Wette, wo es vorher kaum Knospen gegeben hatte. Schmetterlinge ließen sich darauf nieder und suchten mit ihren Saugrüsseln nach dem Nektar. Valerian ließ sich von seiner angestauten Lust leiten. Fast brutal bog er Eikyuus Beine auseinander und stieß so heftig in ihn, dass der Magier gequält aufstöhnte. Der Prinz hielt einen Augenblick inne, um mit den Händen entschuldigend über die Außenseiten der heißen Oberschenkel zu streicheln. Schließlich ließ er sie auf den Hüften liegen und drängte sich dichter an den anderen Körper heran, schob sich ganz in ihn und genoss sekundenlang einfach das Gefühl von Nähe und Vertrauen, ehe er mit leichten Bewegungen begann. "Valerian..." säuselte Eikyuu; seine Stimme zitterte vor Lust, er sah ein bisschen fiebrig aus. "Komm... Füll mich aus, ergieß dich in mich... ich will alles von dir spüren..." Die Worte trieben den Prinzen zu schnelleren Stößen an. Er keuchte, als seine Erregung noch größere Ausmaße annahm. Den süßen Schmerz auskostend, hielt er sich erneut zurück und griff vor sich, mit beiden Händen Eikyuus Erektion umschließend. "Ich will diesen Moment mit dir teilen," presste er hervor und begann geschickt zu reiben. "Uh...!" Der Magier spannte sich an wie eine Sprungfeder. Wegen der Wurzeln konnte er sich nicht wehren, aber das wollte er auch gar nicht. Seine Beine umschlangen Valerians Körper wie Schraubstöcke, so dass der Prinz fast glaubte, zerquetscht zu werden. Aber er machte weiter und bewegte sich selbst auch wieder. Die Schläge ihrer Herzen glichen sich einander an, schnell und heftig schlugen sie; der keuchende Atem erfolgte im selben Rhythmus, zwei Körper schienen eins zu werden, und endlich erfolgte ein gemeinsamer Aufschrei, Schmerz und Erlösung. Aus den Bäumen schreckten zahlreiche Vögel auf und stoben aufgeregt zwitschernd davon. Die Luft auf der Lichtung war erfüllt von bunten Schmetterlingen, die von ihren Blüten hoch flatterten. Erst allmählich beruhigte sich die Natur wieder, wie nach einem Erdbeben. Die Wurzeln zogen sich zurück und gaben Eikyuu frei. Valerian fühlte sich unglaublich erschöpft, dabei hatte er doch eine gewisse Kondition... Er wollte sich neben seinen Meister auf den Blumenteppich fallen lassen und ihn noch etwas verwöhnen, doch da merkte er, dass der Magier das Bewusstsein verloren hatte. Erschrocken tätschelte er ihm die Wangen. "Kyuu! Wach auf! *Kyuu!!*" Eikyuu blinzelte in das Morgenlicht, das seine Augen goldrot strahlen ließ. "Hm... war wohl doch etwas viel für mich, nach der Sache mit dem Kelch..." "Du hättest auf mich hören sollen," klagte Valerian ihn an. Der Magier lächelte und hob eine Hand, um das Gesicht des jungen Mannes zu streicheln. "Das war es wert." "Du blutest ja!" fiel es dem Prinzen auf. Zärtlich küsste er die wund gescheuerten Handgelenke und leckte fürsorglich ein bisschen Blut ab, ehe Eikyuu es verhindern konnte. "Nicht!" rief der Magier. "Nicht schlucken!" Das Blut schmeckte süß und metallisch und irgendwie... Valerian fand kein Wort dafür. Plötzlich wurde ihm schwarz vor Augen. Seine Kehle brannte, als hätte er Gift getrunken, und sein Magen rebellierte heftig gegen die paar Tropfen Blut. Er rang nach Luft. Was passierte nur mit ihm? //"Ich will nicht sterben! Ich *darf* nicht sterben!"// schrie sein Geist voller Angst. //"Ich muss Athrya verteidigen, meine Familie schützen! Ich muss ein Allmeister werden! Und ich will... bei Eikyuu bleiben... Kyuu..."// Im Dunkeln tauchte ein Licht auf. Er flog darauf zu, hatte aber das Gefühl, es sei die falsche Richtung. Das Licht war hell, doch es blendete nicht. Es wirkte angenehm, verlockend. Doch es schien nicht richtig zu sein... Da packte ihn ein gewaltiger Sog, zerrte ihn von dem Licht weg, und Valerian landete unsanft auf einem Boden aus Stein. Er trug ein helles, dünnes Stoffhemdchen am Leibe, das bis zu seinen Knien reichte, so dass er zumindest nicht nackt war. "Willkommen in der Ewigkeit," begrüßte ihn eine tiefe Stimme. *** Fortsetzung folgt Hat euch das gefallen? Oder eher weniger? Dann sagt es mir, oder ihr kriegt keine Fortsetzung! Okay, das ist miese Erpressung. Sagen wir, dann lasse ich euch 3 Tage länger warten. Wie auch immer, ich freue mich über jeden Kommentar, solange es sich um Lob oder konstruktive Kritik handelt. Beleidigungen sind ja ohnehin verboten... Loooos! Ich will eure Meinung wissen! *Plärr* Kapitel 5: Enthüllungen ----------------------- Kapitel 5: Enthüllungen "Val! Val! Bitte komm zu dir, verlass mich nicht!" flehte Eikyuu unter Tränen. Er hielt den jungen Mann in seinen Armen, streichelte mit zitternden Fingern über das unbewegte Gesicht. "Das wollte ich nicht!" Verzweifelt drückte er den Prinzen an sich. "Verzeih mir... Ich hätte dich warnen müssen... Jetzt... muss ich es zu Ende bringen..." Er legte Valerian auf Gras und Blumen ab, beugte sich hinab und küsste ihn auf die Stirn. "Sei tapfer, mein Freund..." Er stand auf und entfernte sich ein wenig, aber nicht zu weit. Seine Hände zitterten noch immer, als er zwischen ihnen einen hellen Feuerball entstehen ließ... "Wo bin ich? Und... wer seid Ihr?" Valerian sah sich einem großen, kräftigen Mann gegenüber, der eine silberblau glänzende Rüstung trug, die wie aus Reptilienhaut gearbeitet aussah. Doch der Panzer bestand aus einem unbekannten Metall. Das Untergewand war ganz schwarz, ebenso die Stiefel, die unter den Beinschienen hervorlugten. Ein ebenfalls schwarzer Umhang hing auf den Rücken des Kriegers und ein Furcht einflößendes Breitschwert an seiner linken Seite. Er hatte im krassen Gegensatz dazu schillerndes, weißes Haar, einen langen Bart und buschige Augenbrauen. Seine Ohren, fiel Valerian auf, waren spitz... Der Mann streckte eine behandschuhte Hand aus, um seinem Gast aufzuhelfen. Valerian ergriff sie zögernd und wurde mit einem Ruck auf die Füße gezogen. Er kam sich in seinem Hemdchen ziemlich dumm vor im Vergleich zu dem Krieger, der ihn um einen ganzen Kopf überragte. Dieser ließ sich nun auf ein paar Felsen sinken, die wie ein Thron geformt waren, und forderte den Prinzen mit einer Geste auf, sich auf einen glatten Stein vor ihm zu setzen. Valerian gehorchte, da er nicht unhöflich sein wollte und sich außerdem fragte, was wohl mit ihm geschah, wenn er sich weigerte. Der Krieger beobachtete ihn aus weisen, dunklen Augen. Sein Blick wirkte streng. Valerian wagte es kaum, sich umzusehen, stellte jedoch fest, dass er sich in einer großen, von Fackeln erleuchteten Felsenhöhle befinden musste. "Man nennt mich Kokyuu," stellte der Mann sich vor. "Ich bin der Ur-Draconer und in den Legenden so etwas wie ein Gott. Die Bezeichnung trifft es nicht ganz; tatsächlich empfange ich diejenigen hier, die falsch zubereitetes Drachenblut getrunken haben und sich deshalb in einem Zustand zwischen Tod und Unsterblichkeit befinden." Er grinste ironisch, als er Valerians verständnisloses Gesicht sah. "Anscheinend hat er es dir nicht gesagt. Du bist doch Eikyuus Schüler, oder nicht?" "Äh, ja... Aber ich verstehe nicht... Er sagte mir, wenn man Drachenblut aus dem Schokoladenkelch trinkt, wird man unsterblich. Das habe ich aber nicht getan," stellte der Prinz klar. Kokyuu lachte leise. "Du weißt also wirklich nichts. Du hast keine Ahnung, dass es noch einen anderen Weg gibt." Valerian fühlte sich allmählich auf den Arm genommen. "Vielleicht könntet Ihr mich dann mal aufklären?" "Aber gewiss doch," stimmte der Krieger zu. "Drachenblut ist für Menschen giftig. Der Schokoladenkelch wandelt das Gift um. Es geht aber auch anders, und zwar, wenn ein Drache innerhalb kurzer Zeit (etwa eine Stunde) vier heftige Gefühle verspürt: Liebe, Lust, Angst, Schmerz, wobei Lust und Schmerz eher körperlich, Liebe und Angst eher geistig sind. Jede dieser Empfindungen verursacht, dass das Blut mit bestimmten Stoffen angereichert wird, die zum Beispiel die Reaktionszeit verbessern und die Aufmerksamkeit erhöhen. Was davon war bei Eikyuu deiner Meinung nach vorhanden, bevor du sein Blut getrunken hast?" Valerian senkte den Blick und lief dunkelrot an. "Verstehe," grinste Kokyuu. "Glaubst du, dass er dich wirklich liebt?" "Nun, wir kennen uns noch nicht lange," gab Valerian zu. "Aber ich denke, dass wir einander eine gewisse Zuneigung entgegenbringen." "Fein. Was ist mit Schmerz und Angst?" fragte der ältere Mann weiter. Valerian überlegte. "Ich weiß nicht, ob er Angst hatte. Vielleicht davor, dass ich in ihm nur den mächtigen Magier sehe. Und, naja... ich habe ihm wohl ein bisschen wehgetan..." Er merkte, dass ihm noch mehr Blut in den Kopf stieg, dabei musste er bereits glühen wie die Sonne kurz vor ihrem Untergang. Kokyuu amüsierte sich und machte keinen Hehl daraus. "Offenbar reicht es nicht," schloss er. "Aber wenn er dich liebt, hat er jetzt ganz schreckliche Angst um dich. Wird er wohl auch die nötigen Schmerzen auf sich nehmen? Es braucht etwas Stärkeres als ein kleines Wehwehchen beim Geschlechtsverkehr." Valerian schüttelte verwirrt den Kopf. "Ich verstehe immer noch nicht, was das alles mit Eikyuu zu tun hat. Wir reden hier doch von Drachenblut, oder etwa nicht? Und was ist eigentlich ein Draconer?" "Das lass dir mal von Eikyuu erklären, falls du ihn wieder siehst. Du wirst jetzt entweder sterben, dann geht es da entlang." Kokyuu deutete auf eine Holztür in der Felswand, unter der ein Lichtschein hindurchblitzte. "Oder du kehrst zurück in ein unsterbliches Leben. Willst du unsterblich sein?" Valerian starrte ihn erschrocken an. "Unsterblich? Heißt das, ich kann nicht sterben, selbst wenn ich will?" "Du würdest nicht altern und könntest schwere Verletzungen verkraften, aber du könntest theoretisch getötet werden. Bedenke, dass all deine Lieben altern und sterben werden," sagte der Krieger ernst. Der Prinz lächelte. "Aber nicht Eikyuu. Und ich muss leben, um mein Land zu verteidigen. Somit ist die Wahl schon getroffen." Der Weißhaarige lehnte sich gemütlich in seinem Steinthron zurück. "Dann hoffen wir mal, dass der Drache auch so denkt." Valerian musste wohl irgendwann eingeschlafen sein, jedenfalls weckte ihn eine Stimme, die ihm entfernt bekannt vorkam. Es roch nach Kräutern. Er brauchte einige Sekunden, um zu kapieren, dass man ihm einen dampfenden Becher unter die Nase hielt. "Valerian, bist du wach? Hier, trink das." "Wer...?" Er schlug die Augen auf. "Noctivagus!" Der unheimliche Schattenmagier schenkte ihm ein für ihn seltenes Lächeln, umrahmt von rückenlangem, schwarzem Haar. "Hab' mir fast schon Sorgen gemacht. Hier, dieser Trank wird dir neue Kraft geben." Noctivagus stützte Valerians Kopf, während er ihm den Becher an die Lippen hielt und ihm keine andere Wahl ließ, als zu trinken. Das Zeug schmeckte scharf, belebte ihn aber wirklich. "Wenn es dir besser geht, steh auf. Du kannst mir mit Eikyuu helfen," sagte Noctivagus. "Ich kann nur raten, was passiert ist, aber ich glaube, ich weiß es schon." Valerian setzte sich auf. Eine Decke rutschte nach unten, und er stellte fest, dass er nackt war. Er lag auf einem Schlaflager, wie Eikyuu eins benutzte; offenbar hatte es ihm jemand zurechtgemacht. Oder? Er sah sich um und erkannte, dass er sich im oberen Stockwerk des Baumhauses befinden musste. Auch hier gab es Regale, voll gestopft mit Schachteln und anderen Gefäßen, dann gab es einen kleinen Tisch mit einem Stuhl. Über diesem Stuhl hingen seine Sachen. "Beeil dich," drängte Noctivagus und verschwand durch eine Falltür mitten im Raum. Eine Lichtkugel blieb zurück. Valerian verstand nicht, was los war, doch dann erinnerte er sich an Kokyuus Worte, die ihm wie ein Traum vorkamen: *"Wird er wohl auch die nötigen Schmerzen auf sich nehmen?"* Alarmiert sprang der Prinz auf, so plötzlich, dass ihm einen Moment schwindlig war. Er zog sich eilig Hose und Hemd über, eilte zur Falltür und dort eine Holzleiter hinunter. Auf dem Tisch stand eine dampfende Schale, in der Noctivagus mit einem großen Löffel rührte. Er war wie ein blinder Fleck vor dem Auge, wenn man ihn ansah. Nichts an ihm glänzte, weder sein schwarzes Haar, noch seine dunklen Augen, noch seine Kleidung; alles an ihm war schwarz und schien das Licht zu absorbieren, bis auf seine blasse Haut. Er war groß und kräftig und Furcht einflößend. Aber im Moment hatte er seinen Umhang abgelegt und arbeitete fleißig an irgendetwas. Valerian achtete zunächst nicht darauf, sondern wandte sich Eikyuus Bett zu. Dort lag der Allmagier, totenblass, das Gesicht schweißnass. Der Zauberlehrling kniete neben seinem Meister nieder. "Was ist mit ihm passiert?" "Liebe, Lust, Angst, Schmerz," antwortete Noctivagus sachlich. "Er hat sich die Beine verbrannt, um dich zu retten." "W-Was?" Entsetzt blickte Valerian zur unteren Hälfte des Bettes. Eikyuus Decken waren zurückgeschlagen, so dass sie die Unterschenkel freiließen, die nur mit einem leichten Tuch bedeckt waren. Valerian hob es hoch und stöhnte. Es gab unterhalb der Knie bis zu den Knöcheln nichts als blutige Brandwunden, die Oberseite der Füße war stark gerötet. "Er war bei Bewusstsein, als ich euch fand," fuhr Noctivagus fort. "Ich soll dir all deine Fragen beantworten. Aber zuerst hilfst du mir bei dem hier." Val entdeckte noch einen dicken Verband an Eikyuus linkem Handgelenk, aber er hielt seine Fragen zurück und half dem Schattenmagier, eine Salbe zu kochen. Valerians Aufgabe bestand hauptsächlich im Zerkleinern von Pflanzenteilen oder im Wasser Kochen über dem Lagerfeuer vor dem Baumhaus. Endlich war die Arbeit beendet, und sie strichen die Salbe auf Eikyuus Verletzungen. Fachmännisch legte Noctivagus anschließend Verbände an. "Es ist gut, dass er bewusstlos ist," meinte er. "Woher kannst du das?" wollte Valerian wissen. Der dunkle Magier ließ sich auf einen Stuhl sinken. "Jeder Meister tut gut daran, die Heilkünste zu beherrschen, obwohl das hauptsächlich ein Fach der Erdenmagie ist," antwortete Noctivagus. Er warf einige Kräuter in zwei leere Schalen und goss mit dem restlichen heißen Wasser einen Tee für sich und den Prinzen auf. "Setz dich," forderte er den jungen Mann auf und schob ihm eine Schale hin. "Eikyuu wollte nicht, dass du es erfährst, noch nicht. Er fürchtete wohl, du würdest dich von ihm abwenden." Valerian schob sich auf den freien Stuhl. "Was ist hier eigentlich los? Was ist zum Beispiel ein Draconer?" "So bezeichnet man einen Halbdrachen," erklärte Noctivagus. Sein Gegenüber starrte ihn verständnislos an. Der Schattenmeister trank einen Schluck Tee. "Ich werde es dir von vorne erklären," begann er. "Vor langer Zeit gab es viele Drachen. Die Menschen fürchteten sie und beteten sie an wie Götter. Doch irgendwann im Laufe ihrer Entwicklung erkannten sie, dass Drachen nicht unbesiegbar sind. Sie brachten erste Magier und Forscher hervor, vermehrten sich stark und verdrängten die Drachen immer mehr. Drachen sehen zwar gefährlich aus, sind aber sehr friedliebend. Sie zogen sich zurück und drohten bald auszusterben. Da beschloss eine Gruppe von ihnen, sich mit Hilfe der ihnen eigenen Magie in Menschen zu verwandeln und unerkannt unter ihnen zu leben. Irgendwann kam es dann natürlich dazu, dass sich die verwandelten Drachen in Menschen verliebten und sich mit ihnen paarten. Kinder solcher Verbindungen nennt man Draconer. Sie sind halbsterblich, das heißt sie altern sehr langsam und können etwa tausend Jahre alt werden. Sie können ihre Gestalt ändern und nach Belieben Drache oder Mensch sein. Wenn sie sich mit Menschen paaren, werden die Kinder entweder Draconer oder Sterbliche. Ein Kind von zwei Draconern kann jedoch ein Mensch, ein Draconer oder ein Unsterblicher werden. Ein Unsterblicher entsteht, wenn er von beiden Eltern den Drachenanteil erbt. So wie Eikyuu. Er ist ein Drache, das Kind von zwei Draconern. Nur ein Volldrache kann durch sein Blut den Menschen Unsterblichkeit verleihen, und auch nur dann, wenn er diesen Menschen genug liebt, um für ihn zu leiden, um sein Leben zu bangen und ihm seinen Körper hinzugeben." Valerian versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, bebte aber innerlich. Seine Hände umklammerten die Teeschale. Unglaublich, was er da erfahren hatte. "Er sieht gar nicht wie ein Drache aus," murmelte er. "Er kam als Mensch zur Welt. Diejenigen, die als Drache geboren werden, sind meistens stämmiger," sagte Noctivagus. "Woher weißt du das alles?" begehrte der Prinz zu erfahren. Doch der Schattenmeister kam um eine Antwort herum, weil in diesem Moment Eikyuu stöhnte und sich bewegte. Sofort war Valerian neben ihm. "Kyuu! Ich bin es, bitte komm zu dir! Es ist mir ganz egal, was du bist!" Eikyuus Lippen bewegten sich, aber er war zu schwach, um zu sprechen. Mühsam öffnete er die Augen. "Es ist alles in Ordnung," versicherte Valerian. Er schnappte sich seine unberührte Teeschale. "Hier, versuch, etwas zu trinken." Er flößte ihm ein paar Schlucke des Tees ein. Eikyuu trank folgsam. Valerian ließ ihn anschließend in die Kissen zurücksinken. "Ich werde auf die Jagd gehen. Ihr müsst etwas essen, besonders Eikyuu. Er hat viel Blut verloren, als er es dir zu trinken gab, Val. Bleib bei ihm, während ich weg bin," sagte Noctivagus, warf sich seinen schattengleichen Umhang über und ging. Draußen war es nicht hell und nicht dunkel, Abend oder Morgen? Wie viel Zeit war vergangen? "Ich bin also wirklich unsterblich," murmelte der Prinz. "Hm, fühlt sich auch nicht viel anders an." Er konnte es noch nicht recht glauben, obwohl der Gedanke nicht schlecht war. Unterdessen sah Eikyuu besorgniserregend sterblich aus. Valerian fühlte sich hilflos. Gab es denn nichts, was er tun konnte? Irgendetwas? "Kyuu, du Idiot! Warum hast du nicht den Kelch benutzt?" //"Keine Zeit,"// hörte er die Antwort in seinen Gedanken. Der verletzte Magier verkrampfte sich. //"Du wärst gestorben!"// Richtig, der Kelch war im Baumhaus zurückgeblieben. Und wo war er jetzt eigentlich? Valerians Blick schweifte zu dem Umhang am Haken neben der Tür. Darin musste das Artefakt noch verborgen sein. Eikyuus Atem beschleunigte sich. Er schwitzte. Valerian vergaß den Kelch, obwohl dieser die Ursache war. Der Magier wälzte sich stöhnend hin und her, die Hände in das Laken gekrallt. Der Verband an seinem Arm saugte sich mit Blut voll, als die Wunde sich erneut öffnete, aus der Valerian, ohne es zu merken, das Drachenblut getrunken hatte. Der Prinz geriet in Panik. Wie konnte er dieses Leid beenden? Impulsiv griff er nach Eikyuus Hand. "Lass mich deine Kraft sein, damit du es überstehst, schließlich bin ich an diesem Unglück schuld." Sein Meister sah ihn mit glasigen Silberaugen an. //"Nein... Ich war nicht vorsichtig genug,"// erwiderte er telepathisch. Er entspannte sich ein wenig, als die Schmerzen nachließen. Valerians Anwesenheit schien den Kelch zu besänftigen. "Warum hast du dir das angetan? Warum ausgerechnet Feuer?" fragte der Prinz. //"Es ging am schnellsten,"// vernahm er Eikyuus Gedanken. //"Außerdem... ist meine Schmerzgrenze sehr hoch. Du brauchst dir also keine Sorgen zu machen, wenn du mir mal etwas wehtust..."// Er schaffte den Ansatz eines Lächelns, und Valerian errötete ein wenig. //"Es... hat mir sehr gefallen mit dir,"// murmelte der Magier telepathisch. //"Bitte verzeih mir. Ich wollte dir die Wahrheit über mich zu einem späteren Zeitpunkt sagen. Es gibt auch noch mehr zu erklären..."// "Später, wenn du wieder bei Kräften bist und wenigstens sprechen kannst," unterbrach Valerian ihn. Von draußen kam der Geruch von gebratenem Fleisch herein. Noctivagus hatte für die Jagd nicht lange gebraucht, schließlich bewegte er sich unsichtbar in den Schatten, und so brieten jetzt ein Kaninchen und ein Fasan über dem Feuer vor dem Baumhaus. Valerians arg vernachlässigter Magen meldete sofort seine Ansprüche an. Auch Eikyuu hatte seit einer Weile nichts gegessen, und kurz darauf machte sich sein Schüler einen Spaß daraus, ihn mit Fleischstücken zu füttern. Noctivagus tauschte den blutigen Verband aus. Valerian sah einen tiefen Kratzer an Eikyuus Handgelenk. Wenigstens hatte die Blutung wieder aufgehört, und das Essen stärkte den Magier rasch. Doch der Kelch konnte ihn jeden Moment erneut quälen. "Warum bestraft dich das Ding dafür, dass du es beschützt?" wollte der Prinz wissen, als das Gespräch erneut zu dem Thema kam. Eikyuu berichtete: "Ich enthalte den Kelch den Menschen vor, deshalb. Ich bin der Hüter des Schokoladenkelches, und meine eigentliche Aufgabe besteht darin, ihn an seinem Versteck zu bewachen und denen zugänglich zu machen, die sich ihm ohne Gier im Herzen nähern. Einst war dies das Amt meiner Mutter, und eines Tages gebe ich es an einen anderen ab. Doch noch ist mein Nachfolger nicht gewählt. Der Allmeister Claudius begehrt die Unsterblichkeit, und da er ein Draconer ist, kann er das nur Drachen zugängliche Versteck des Kelches in seiner Drachengestalt erreichen. Vermutlich ist er mit Gladys und einigen anderen verbündet, die das gleiche Ziel anstreben. Er hat sich als zukünftiger Hüter beworben, aber jeder weiß, warum." "Aber der Kelch allein reicht doch nicht, er braucht auch Drachenblut, nicht?" wandte Valerian ein. "Du bist ja ein ganz schlauer Bursche," ließ sich Noctivagus vernehmen, der gerade die anderen Verbände überprüfte. "Claudius weiß, dass Eikyuus Eltern Draconer sind, aber er weiß nicht, was Eikyuu ist. Doch er ahnt es. Ein weiterer Allmagier ist demnach ein Hindernis, das rasch beseitigt werden muss, verstehst du? Du stehst zwischen Eikyuu und Claudius, stehst im Weg und bist gleichzeitig Eikyuus Schutz und Schwäche. Achte auf deine eigene Sicherheit, denn wir können es uns nicht leisten, dich freizukaufen." Valerian war bleich geworden. "Ja, verstehe. Eikyuu hat mich schon gewarnt. Man würde mich als Druckmittel benutzen." "Ein sehr wirksames Druckmittel, wie mir scheint," bemerkte Noctivagus. Eikyuu selbst enthielt sich eines Kommentars. *** Fortsetzung folgt. Namensbedeutung: "Noctivagus" ist lateinisch und heißt "Nachts wandernd". "Kokyuu" ist japanisch. Es heißt "Atemzug", "das Atmen". Sieht aus, als hätte ich doch noch ein paar Namen mit Bedeutung... Kapitel 6: Unterricht --------------------- Kapitel 6: Unterricht Valerian erfuhr bald, dass es noch früher Morgen war, also blieb noch viel Zeit für einige wichtige Tätigkeiten. Noctivagus kramte ein Übungsschwert aus dem Regal im oberen Stockwerk hervor und ging mit dem Prinzen in den Wald, obwohl dieser seinen Meister nicht verlassen wollte. "Beweg dich, Kyuu ist kein Baby mehr," drängte der Schattenmeister ihn. Wenn Valerian geglaubt hatte, er würde nun intensiv den Schwertkampf trainieren, so täuschte er sich. Noctivagus gab ihm zwar im Wald etwas Unterricht, aber schon nach dem Aufwärmen beendete er die Lektion erst einmal wieder (Er bewahrte sein eigenes Schwert im Schatten seines Umhangs auf.). "Wir müssen Zutaten für einen Zaubertrank und eine Salbe sammeln," erklärte er. "Eikyuu will wieder auf den Beinen sein, wenn die anderen eintreffen." "Aber... das ist doch schon in vier Tagen, wenn ich mich nicht verrechnet habe," rief der Prinz erstaunt aus. Noctivagus durchstöberte das Unterholz. "Da hast du Recht. Eikyuu ist zwar ein unsterblicher Drache, aber es ist nur ein Märchen, dass seine Wunden deshalb schneller heilen. Viele Menschen glauben, dass Unsterbliche auch quasi unverwundbar sind. Also werden wir etwas Medizin für ihn herstellen. Die Salbe ist extra für Brandwunden bei Drachen. Ein Drache kann einen anderen nämlich mit seinem Feuer schwer verletzen. Die Magier helfen ihnen oft in solchen Fällen." Er fand eine winzige Pflanze mit unscheinbaren, gelben Blüten und betrachtete sie geistesabwesend. "Das Mittel ist etwas stark für Menschen, aber er kann in seinem Zustand seine Gestalt nicht verändern. Daher werde ich noch einen Trank brauen, der ihn stärkt und seine Schmerzen lindert. Eikyuu ist sehr dickköpfig. Lass dir schon mal was einfallen, wie wir ihn dazu bringen, das Zeug zu trinken. Er wird es so oder so nicht leicht haben." "Er sagte, seine Schmerzgrenze sei sehr hoch." "Ich weiß. Aber deshalb muss er doch nicht mehr leiden als nötig." Da musste Valerian dem Schattenmagier wirklich Recht geben. Sie sammelten noch eine Weile weiter, wobei der Prinz eine Menge Heilpflanzen kennen lernte, sogar solche, die sehr selten waren und daher extra von Eikyuu auf der Insel angebaut wurden. Gewissermaßen war das ganze Gebiet ein großer Garten. Valerian war beeindruckt. Eikyuu selbst half ihnen, die Zutaten zu zerkleinern. Er ertrug es nicht, nutzlos herumzuliegen, daher hatte der Prinz ihn zu einem Stuhl getragen und ihm etwas Kleidung gebracht, die nicht ganz wie ein Nachthemd aussah. Dabei handelte es sich um eine klassische Magierrobe von moosgrüner Farbe, die Valerian in dem Regal im Obergeschoss aufgetrieben hatte. Mit seinen Verletzungen konnte Eikyuu schließlich keine Hose anziehen. "Diese Robe trug ich als Lehrling der Erdmagie," murmelte der Allmagier, sich fast liebevoll in den Stoff kuschelnd. "Meine Mutter hat sie noch vor meiner Geburt für mich genäht, denn sie war ebenfalls eine Meisterin der Erdmagie. Und auch der Windmagie..." "Das Teil muss uralt sein," staunte der Prinz. "Sieht aus wie neu." Eikyuu lächelte. "Klar, so alt wie ich, aber magisch vor dem Zerfall bewahrt. Heute trägt man sowas kaum noch." "Lernen alle Drachen die Magie?" fragte Valerian neugierig. Eikyuu schüttelte den Kopf. "Nur wenige, um genau zu sein. Die meisten werden mit irgendeiner Gabe geboren, auch die Draconer. Alle beherrschen die Gedankenrede, da sie nicht genauso sprechen können wie Menschen. Allerdings sind nicht alle Menschen dafür empfänglich." "Können sie denn auch alle Gedanken lesen?" erkundigte sich der Prinz weiter. "Nun, zumindest fällt es ihnen leicht, diese Fähigkeit zu entwickeln, und die meisten Menschen sind leichte Opfer. Das ist der Grund, warum ich dir nicht all meine Geheimnisse anvertrauen kann; sie sind einfach nicht sicher bei dir, solange du dich nicht gegen einen geistigen Angriff dieser Art sperren kannst," erklärte der Magier. Valerian nickte bedächtig. Er brachte die zerkleinerten Zutaten zu Noctivagus, der vor dem Baumhaus einen Kessel über dem Feuer hängen hatte und darin einige Dinge abkochte. Andere Bestandteile kamen später kalt dazu. Am Abend war das Produkt endlich fertig. Valerian half Eikyuu in sein Nachtgewand und dann ins Bett. Noctivagus hatte ein Talent dafür, sich in solchen Momenten taktvoll zu verziehen. Er wusste so gut wie sein junger Freund, dass der Allmeister nicht mehr Personen als nötig seine Schwäche zeigen wollte, und Valerian war nun einmal derjenige, den er am ehesten in derartigen Situationen um sich haben wollte. Dann brachte der Schattenmeister eine Schale mit der fertigen, braungrünen Salbe und einen Becher mit dem Trank herein. Valerian nahm ihm den Becher ab. "Hier, trink," forderte er Eikyuu auf. Dessen Augen verengten sich, als er Valerian argwöhnisch ansah. Er merkte jedoch auch, dass sein Schüler nicht kompromissbereit war, und nahm zur allgemeinen Überraschung den Trank widerspruchslos an. "Das ist sehr... zuvorkommend von euch," sagte er, wobei er hauptsächlich Noctivagus ansprach, der sich ein Grinsen nicht verkneifen konnte. Der Schattenmeister entfernte nun die Verbände, und Valerian musste sich fast übergeben beim Anblick der verbrannten Unterschenkel. "Gewöhn dich lieber an sowas," meinte Noctivagus gelassen. Er reinigte die Wunden von den Resten der anderen Salbe und gab Valerian Zeit, sich wieder zu fangen. "Hilf mir, das aufzutragen," verlangte er dann. "Wir machen besser schnell. Hier kommt teilweise das rohe Fleisch zum Vorschein, da sich die verbrannte Haut abgelöst hat. Hat man dir jemals eine Wunde mit Alkohol desinfiziert?" Valerian erinnerte sich an so einen Fall in seiner Kindheit und schluckte, als er seine Finger in die streng riechende Salbe tauchte. Eikyuu musste seine Gedanken gelesen haben. "Beeil dich und nimm keine Rücksicht, umso schneller ist es vorbei," drängte er seinen Schüler. Valerian nickte bloß, und zusammen mit Noctivagus begann er, die Salbe großzügig auf der verletzten Fläche zu verteilen. Sie hörten Eikyuu einige Male scharf einatmen, und er hatte seine Hände zu Fäusten geballt, doch er beschwerte sich mit keinem Wort. "Nun muss es hart werden," erklärte Noctivagus. "Dauert etwa bis morgen früh." Plötzlich schrie Eikyuu gequält auf. Die beiden Männer fuhren erschrocken zusammen. "Der Kelch!" begriff Valerian. "Das ist jetzt verdammt ungünstig!" Er eilte nicht an Eikyuus Seite, sondern schnappte sich entschlossen den schwarzen Umhang des Allmagiers vom Haken und griff in das Innenfutter. "Hör auf, ihn noch mehr leiden zu lassen, als er ohnehin schon leidet!" rief er zornig und flehend zugleich, und seine Hand fand ihr Ziel. Noctivagus stand erstarrt vor Staunen da und starrte ihn mit großen Augen an. Eikyuu schrie nicht mehr. Sie hörten ihn erleichtert durchatmen. "Niemals..." hauchte Noctivagus, "Niemals zuvor habe ich erlebt, dass ein Magier aus dem Schattenmantel eines anderen etwas hervorbringt, schon gar nicht ein Lehrling!" Valerian blickte auf den silbernen, etwas angelaufenen Kelch in seiner Rechten. Er hatte gar nicht darüber nachgedacht, was er tat. Ein angenehm süßer Geruch drang an seine Nase. Der Kelch füllte sich mit flüssiger Schokolade, während das Artefakt in neuem Glanz erstrahlte. "Kyuu... Der Kelch wird dich nicht mehr quälen, dafür sorge ich," verkündete der Prinz. Er trug das Gefäß zu seinem Lehrer. "Geht es dir besser?" fragte er unnötigerweise und eigentlich mehr, um das staunende Schweigen zu überbrücken, das er ausgelöst hatte. "Valerian, du bist ein Bannbrecher!" teilte Eikyuu ihm strahlend mit. "Der Kelch war mit dem stärksten Schutzbann gesichert, den ich zu bieten habe. Dass du ihn umgehen konntest, kann nur bedeuten, dass du ein Talent besitzt, das nur einmal in jeder Generation der Menschheit vorkommt: Du hast die angeborene Fähigkeit, Zauber zu umgehen oder zu brechen, an denen selbst die größten Meister scheitern. Und vermutlich bist du der einzige Mensch auf der Welt, der den Schokoladenkelch ungestraft besitzen kann." Da blieb Valerian vor Staunen der Mund offen stehen. Das war sicher ein Irrtum... "Trink," ermutigte Eikyuu ihn. "Die Schokolade ist für dich." Verwirrt betrachtete der Prinz die wohlriechende Flüssigkeit. "Wofür... verdiene ich das denn?" fragte er sich selbst, trank aber dennoch einen kleinen Schluck, ehe er sich dessen bewusst wurde. Er schloss genüsslich die Augen, und ihm fiel nur eins ein, was ihm noch besser schmeckte. Er beugte sich zu Eikyuu hinab und küsst ihn, die Schokolade mit ihm teilend. Ohne sich umzudrehen wusste er, dass Noctivagus hinausgegangen war, somit nutzte er die Situation noch eine Weile aus. Früh am nächsten Morgen weckte beide der Gesang der Vögel. Valerian fand sich in Eikyuus Armen wieder und erschrak. Wenn er ihn nun während der Nacht versehentlich getreten hatte oder so... Der Magier war ebenfalls wach, der Prinz spürte seine Anwesenheit in seinen Gedanken. //"Mach dir keine Sorgen, es ist alles in Ordnung,"// versicherte Eikyuu. Zum ersten Mal hatte Valerian gemerkt, dass seine Gedanken gelesen wurden. Vermutlich war das ein gutes Zeichen. "Heute kann deine Ausbildung beginnen," verkündete der Magier. Er setzte sich auf und klopfte mit den Fäusten gegen die Kruste, die sich an seinen Unterschenkeln aus der Salbe gebildet hatte. Es schien nicht mehr wehzutun. Dann sah Valerian erstaunt, dass sich unter der hart gewordenen Schicht keineswegs neue Haut gebildet hatte, sondern... Drachenschuppen! Sie schimmerten purpurfarben bis dunkelviolett, wie Eikyuus Haar. Der Allmeister amüsierte sich über den überraschten Gesichtsausdruck seines Schülers. "Das Mittel würde bei dir nicht wirken, und jetzt weißt du auch, wieso." Valerian kroch ans Fußende, um sich das Phänomen genauer anzusehen. "Wow... Darf ich das... anfassen?" "Val, du darfst an mir alles anfassen," grinste der Magier. "Scheint dir wirklich besser zu gehen," stellte der junge Mann fest. Er legte eine Hand auf die Schuppen und strich vorsichtig darauf entlang. Sie fühlten sich warm und glatt an, nicht so weich wie Menschenhaut. Die Muskeln waren darunter spürbar, und insgesamt bekam Valerian einen Eindruck von der Kraft, die von einem Drachen ausging. "Werde ich dich jemals... in deiner anderen Gestalt sehen? Du bist bestimmt auch als Drache wunderschön." "Wenn das Schicksal es will, haben wir die ganze Ewigkeit für uns," antwortete Eikyuu. "Aber ich kann mich dir nicht so zeigen, bevor du deine Gedanken abzuschirmen gelernt hast." "Hm... Ich geb' mir Mühe." Valerian ergriff Eikyuus linken Arm, der noch verbunden war. "Wir hätten da auch die Salbe draufgeben sollen." "Lass nur. Ich werde vielleicht eine Narbe an der Stelle zurückbehalten, aber das macht mir nichts aus, schließlich habe ich sie für dich bekommen," meinte der Magier. "Durch meine Schuld, wolltest du sagen," entgegnete der Prinz. "Kyuu, ich... hab' mich noch gar nicht bedankt... Du bist für mich sozusagen durchs Feuer gegangen..." "Bedank dich nicht. Vielleicht musst du mir eines Tages folgen," warnte sein Meister ihn. Er erhob sich aus dem Bett. "Los geht's, es ist noch Fleisch da. Lass uns frühstücken, und dann kann dein Unterricht beginnen." Eine Stunde später fanden sie sich auf eben jener Lichtung ein, wo das Unglück stattgefunden hatte. Die Blumen blühten noch immer, und Eikyuu trug wieder dieselbe Kleidung. "Wie ging das eigentlich mit den Wurzeln?" wollte Valerian wissen. "Nun, ich nehme an, es lag daran, dass ich in deine Gedanken eingeklinkt war, und der Wald ist immer mit mir verbunden. Also hast du unbewusst mit mir als Medium die Bäume beeinflusst," vermutete Eikyuu. "Deshalb warst du auch so müde, du bist das nicht gewohnt, noch nicht." "Ich bin inzwischen richtig wild drauf, das zu lernen," grinste sein Schüler. Der Meister ignorierte vorläufig den Unterton. "Hoffentlich geht das nicht zu bald vorbei. Viele Schüler der Erdmagie sind enttäuscht, weil es bei diesem Element nicht viele spektakuläre Zauber gibt, sondern eher ruhige, die beschützen und nicht angreifen. Ich lehre jeden Anwärter, egal für welches Element er sich bewirbt, erst die Grundlagen der Erdmagie. Dir werde ich jeden Tag etwas anderes beibringen, jeden Tag der Woche ein anderes Element. Du wirst von Anfang an ein Allmagier sein." Valerian staunte und war zugleich verunsichert. Eikyuu lächelte beruhigend. "Es wird aber immer etwas Erdmagie einfließen, denn die Erde befasst sich von allen am meisten mit der Kunst des Heilens, Licht dagegen mit Defensiv-Zaubern. Auch das ist sehr wichtig. Also los. Sag mir, wenn du dich langweilst." Und er begann, Valerian in die Welt der Heilpflanzen einzuweihen, zeigte ihm winzigste Kräuter mit großen Heilkräften, giftige Pflanzen, die töten und retten konnten und solche, die lecker schmeckten, obwohl sie scheußlich aussahen. Valerian fand das wider Erwarten sehr unterhaltsam, jedoch gelang es ihm kaum, sich jedes Detail zu merken. Eikyuu forderte ihn deshalb auf, sich mit den Büchern in der oberen Kammer zu befassen, wann immer er Gelegenheit dazu hatte. Der Prinz stürzte sich gleich nach ihrer Rückkehr zum Baumhaus auf die Lektüre. Die Bücher waren sehr alt und fielen nur durch Magie noch nicht auseinander. Valerian fand einige über Pflanzen, dann jedoch erregte ein anderer Titel seine Aufmerksamkeit: "Drachen und Halbdrachen". Neugierig nahm er das schwere, in dunkles Leder gebundene Buch aus dem Regal und ging damit zum Tisch. Beim Durchblättern fiel ihm auf, dass viele Bilder darin enthalten waren. Sie alle zeigten verschiedene Drachentypen. Interessiert begann der Lehrling zu lesen. Im Laufe des Abends erfuhr Valerian, dass Kokyuu der erste Sohn einer Drachenfrau von einem Menschenmann war. Er war als Drache aus einem Ei geschlüpft. Der Prinz staunte; er hatte sich nie klargemacht, dass es Draconer gab, die als Ei angefangen hatten, und andere, die als Mensch geboren worden waren. Das Buch sagte auch Dinge, die er zum Teil schon wusste. Zum Beispiel, dass Drachen oder Draconer, die als Drache zur Welt kamen, meistens kräftiger wurden als solche, die in Menschengestalt geboren wurden. Freilich hatten solche mit einer Menschenmutter keine große Wahl, aber wenn die Mutter ein Drache oder eine Draconerin war, hatte sie innerhalb weniger Stunden nach der Zeugung die Wahl. Sie verlor dann ihre Fähigkeit zur Verwandlung für die Dauer ihrer Schwangerschaft. Da die Schwangerschaft bei Menschen um einiges länger dauerte als die Zeit, in der ein Drachenei im Körper des Drachenweibchens entstand, bevorzugten die meisten die Eiablage, obwohl sie sich dann um das Ei kümmern mussten, was wiederum recht langwierig war. Doch es war ihnen einfach wichtig, sich verwandeln zu können; die wenigsten wollten neun Monate lang im Körper eines Menschen gefangen sein. Valerian fragte sich, warum Eikyuus Mutter das getan hatte. Er konnte sie ja mal fragen, falls er sie kennen lernte. Eine Zeichnung eines Drachens war neben dem allgemeinen Text zu sehen. Sie zeigte einen silberweißen Drachen, der sich majestätisch auf einem Felsen in Pose gesetzt hatte. Sein Kopf endete in zwei imposanten Hörnern. Es handelte sich um Kokyuus Mutter Choukyuu. Sie entstammte einem sehr mächtigen Drachengeschlecht, und sie war es auch, die vorschlug, sich in Menschengestalt unter Sterblichen zu verbergen. Dass sie es dann auch war, die sich als erste mit einem Menschen einließ und ein Kind von ihm bekam, schwächte ihr Ansehen zuerst, doch bald kam so etwas häufiger vor. Die Mehrzahl der Draconer hatte eine menschliche Mutter und einen Drachenvater... natürlich wollte es dann immer keiner gewesen sein. Valerian amüsierte sich. Wer auch immer der Autor dieses Buches war, besaß offenbar einen recht trockenen Humor. Vielleicht handelte es sich sogar um eine Frau. Gespannt auf weitere Informationen las er weiter. Kokyuu war 1026 Jahre alt geworden. Es gab auch eine schöne Zeichnung von ihm. Er sah aus wie seine Mutter, nur etwas kräftiger, dafür waren seine Hörner nicht ganz so lang. Dem Buch zufolge hatte er in seinem ganzen Leben nur zwei Kinder gehabt, und diese waren sterblich wie ihre Mütter gewesen. Er war ab seinem achthundertsten Lebensjahr der Hüter des Schokoladenkelches gewesen und hatte das Amt bis zu seinem Tod ausgeübt. Sein Stellvertreter hatte dann seinen Platz eingenommen. Der Kelch wurde offenbar schon immer von Drachen bewacht. Valerian fand immer wieder Hinweise auf Drachen, die ihn bewacht hatten, viele davon wurden namentlich genannt. Sie waren jeweils 200 - 300 Jahre im Amt gewesen, Draconer meistens nicht so lange, da viele dieser Aufgabe ihren Lebensabend gewidmet und sie dann bis zum Tode ausgeführt hatten. Offenbar hatten die anderen Arten andere Hörner oder eine Art Dornenkranz statt dessen. Es gab die Sippe der Nachtgänger, die von Natur aus im Dunkeln gut sehen konnten. Sie besaßen gar keine Hörner oder Dornen am Kopf, nur einige kleine Knochenfortsätze. Sie brauchten auch gar keine solche Bewaffnung, denn sie waren auf das Handeln im und aus dem Verborgenen spezialisiert. Das machte sie aber nicht gerade beliebt. Es gab die Schwimmer, Wasserdrachen, die keine Flügel hatten, dafür aber unter Wasser atmen konnten. Sie konnten ihre Beine so eng an den Körper anlegen, dass sie Schlangen glichen; so waren die Mythen von den Seeschlangen entstanden. Irgendwann kam Eikyuu nach oben, um zu sehen, ob Valerian die magische Lichtkugel noch brauchte, die er ihm gemacht hatte. Doch der ehemalige Thronerbe von Athrya war über dem Drachenbuch eingeschlafen. *** Fortsetzung folgt. Kapitel 7: Falle ---------------- Kapitel 7: Falle "Die Lektüre muss ja unheimlich spannend gewesen sein," bemerkte Eikyuu am nächsten Morgen. Valerian gähnte. "Ja... Sag mal, warum hat deine Mutter dich als Mensch geboren, obwohl die meisten Drachenfrauen lieber Eier legen?" Der Magier hob eine Augenbraue. "Was du alles wissen willst... Hm, keine Ahnung. Sie gab mich in die Obhut von Freunden, die schon ein Baby hatten, denn niemand durfte erfahren, dass ich ein Volldrache bin. Es gab schon immer jemanden, der die Unsterblichkeit suchte, aber besonders den Clan der Donnerflügel. Sie haben keinen vollblütigen Nachfahren mehr. Seit Generationen paaren sich die Draconer dieser Rasse untereinander, in der Hoffnung, dass jemand einen Volldrachen gebiert." "Die Donnerflügel sind die mit den nach vorne gebogenen Hörnern und den großen Dornen an den Flügeln, nicht wahr?" erinnerte Valerian sich. Eikyuu nickte. "Claudius ist auch so einer. Doch wie viele vor ihm gibt auch er sich nicht mit der Aussicht zufrieden, eventuell ein unsterbliches Kind zu zeugen. Er will selbst ewig leben. Dazu benötigt er den Kelch. Und mich." Valerian runzelte die Stirn. "Und diese Gladys? Ist die auch eine Draconerin?" "Soweit ich weiß, ist sie eine sterbliche Nachfahrin von Kokyuu. Choukyuu und er gehörten zur Familie der Seelenleser," gab der Magier Auskunft. Sein Gesicht wurde sehr ernst. "Ihre spezielle Gabe hat sich bis zu Gladys in der Linie vererbt. Die Seelenleser können seelisch kranken Personen helfen, indem sie in ihre Seele blicken und die Ursache des Problems aufspüren. Aber diese Gabe lässt sich auch grausam missbrauchen, Val. Gladys kann aus dir ein Wrack machen, ohne dich anzufassen. Wie ich ist sie gut im Gedanken Lesen. Ich habe dir schon zu viele Geheimnisse offenbart, aber solange du mich nicht in meiner Drachengestalt gesehen hast, kann sie nicht sicher sein, dass wir dir nicht irgendwelche Lügen aufgetischt haben, um sie zu täuschen. Allerdings... könnte sie merken, dass du unsterblich bist. Das war nicht geplant..." "Nun, ich kann ja nicht wissen, ob ich wirklich dein Blut getrunken habe, als ich ohnmächtig war," überlegte Valerian. "Wer weiß, vielleicht war es Noctivagus' Blut? Es würde zu ihm passen, wenn er ein Nachtgänger wäre." "Falsch. Ich bin ein Flammentänzer." Valerian fuhr zusammen und wandte sich zur Tür um. "Oh... du bist ja auch noch da, Noctivagus!" "Was denkst du, wo ich hingehe?" Der Schattenmagier gesellte sich zu ihnen und stellte einen großen Eimer mit Fischen auf den Tisch. Aus seiner Umhängetasche holte er eine Anzahl dunkelroter Beeren. "Hier, füll die Fische damit. Schmeckt klasse, sage ich dir. Ich mach schon mal das Feuer an." Und er ging wieder hinaus, gefolgt von Valerians ungläubigem Blick. "Ein Flammentänzer?!" "Traust du ihm nicht zu, dass er über glühendes Gestein geht?" hakte Eikyuu nach. Valerian ersparte es sich zu erwähnen, dass er Noctivagus eigentlich für einen reinrassigen Menschen gehalten hatte. Auf jeden Fall konnte der dunkle Magier gut kochen. Der Fisch schmeckte mit den Beeren wirklich lecker. "Warum bist du ein Schattenmagier, wenn du dem Element Feuer von Natur aus zugetan bist?" fragte Valerian. "Ich habe eine Gabe für Feuer, aber das heißt nicht, dass ich auch ein Talent für Feuermagie habe. Schatten fand ich viel cooler," sagte Noctivagus. Er sah sogar im hellen Sonnenlicht wie ein alles Licht absorbierender Fleck in der Landschaft aus. "Die Flammentänzersippe hat mich aufgezogen," warf Eikyuu ein. "Seither habe ich immer einen von ihnen an meiner Seite, zu meinem Schutz. Nicht, dass ich es noch immer nötig hätte, aber das Leben ist angenehmer mit etwas Gesellschaft." Gerade als er das sagte, hörten sie Flügelschläge näher kommen, Kurz darauf landete ein geflügeltes Pferd am Strand. Sie liefen dem Reiter entgegen: Es war Undan. "Valerian! Ich habe eine Nachricht für dich. Dein Vater lässt dich rufen, er ist sehr krank." Der Prinz erschrak zuerst, doch dann flog sein Blick zu Eikyuu. "Könnte das eine Falle sein?" "Ich habe mit seiner Majestät persönlich gesprochen, und er sah nicht gut aus," versicherte Undan. Valerian zögerte. "Ich begleite dich, entschied Eikyuu an seiner Stelle. Als der Prinz sich umwandte, um nach Noctivagus zu sehen, entdeckte er einen baumhohen Drachen, der gerade aus dem Wald schritt. Seine Schuppen waren schwarz und schimmerten im Licht rot. Seitlich am Kopf hatte er jeweils drei nach hinten weisende Hörner von unterschiedlicher Größe, die inneren waren am längsten und nach außen hin wurden sie kürzer. Undans Pferd wich ängstlich zurück und der Wassermagier auch. Der Drache senkte den Kopf und ließ sich von Eikyuu ein wenig streicheln, ehe der Magier auf seinen Rücken kletterte. "Komm, Valerian, Worauf wartest du?" "Ich hasse Flugreisen," murmelte der Prinz. Eikyuu hatte sich nicht extra für den königlichen Besuch in Schale geworfen, aber seinen Umhang trug er, als er mit seinem Lehrling das Schloss betrat, und natürlich lange Hosen und seine Stiefel, damit man die Schuppen an seinen Beinen nicht sah. Die Wachen am Schlosstor ließen Valerian und Eikyuu ungehindert passieren, aber sie machten einen merkwürdigen Eindruck. Der Prinz konnte es nicht erklären, dafür aber der Allmagier. "Sie werden kontrolliert, zum Teil durch Magie und zum Teil durch Gladys' Gabe. Vermutlich sind sie sich der Tatsache nicht bewusst, dass im Schloss etwas nicht stimmt. Wir können das jetzt nicht ändern," murmelte Eikyuu leise, so dass nur sein Schüler es hörte. Varenor nahm die beiden in Empfang. "Oh, dein Meister hat dich ja doch noch nicht verstoßen," spottete er. "Findest du das jetzt angebracht?" motzte Valerian. "Führe mich zu Vater!" "Aber sicher, großer Zauberer," entgegnete der Kronprinz ironisch. Sein Bruder warf ihm einen tadelnden Blick zu. In Athrya war *Zauberer* ein Begriff für die Leute, die auf dem Jahrmarkt kleine Tricks vorführten, die nichts mit wahrer Magie zu tun hatten. Es zu einem Magier zu sagen, war eine schwere Beleidigung, aber Valerian verkniff sich einen Kommentar, weil Varenor ihn vermutlich nur provozieren wollte. //"Er benimmt sich nicht gerade so, wie man es von einem besorgten Sohn erwartet. Sieh dich vor,"// warnte Eikyuu ihn telepathisch. //"Bist du in Ordnung? Du hattest schon lange keine Probleme mehr wegen des Kelches,"// erkundigte der Prinz sich auf die gleiche Weise. //"Es geht. Wenn es eine Falle ist, schnappst du dir meinen Umhang und verschwindest. Ich gebe dir Rückendeckung. Widersprich mir nicht!"// Diese Antwort gefiel Valerian nicht, aber er nickte bloß in Gedanken. Das Schloss wirkte verlassen, was völlig untypisch war. Normalerweise rannten immer irgendwelche Bediensteten hin und her. Eine seltsame Aura erfüllte das Gemäuer, und Valerian fühlte sich fremd an dem Ort, an dem er aufgewachsen war. Der König war in einem speziellen Zimmer des Schlosses untergebracht, das extra für Kranke eingerichtet worden war. Es konnte völlig isoliert werden, falls dies durch eine ansteckende Krankheit nötig wurde. Um Attentätern die Arbeit zu erschweren, befand es sich in einem der Türme, und das Fenster war von innen vergittert und nicht zu öffnen bis auf einen kleine Klappe, durch die frische Luft hereinkam. Als Valerian den Raum betrat, empfand er diese Sicherheitsmaßnahmen jedoch als nachteilig. Er sah sich um. Die Wände waren mit bunten, mystischen Bildern bemalt. Normalerweise kam niemand ohne Grund hierher, deshalb hatte Valerian die Malereien bisher nie bewusst betrachtet, und selbst wenn, hätten sie ihm nicht viel gesagt. Doch nun war es anders. Die Gemälde erinnerten ihn an das Buch. Sie zeigten alle Arten von Drachen. Er erkannte Kokyuu, und neben ihm war ein anderer seines Clans zu sehen, purpurfarben. Er hielt den Schokoladenkelch in seinen Pranken, und neben seiner linken Schulter, im Schutz des großen Flügels... Valerian sah genauer hin. Da war ein Mensch, der die Kleidung eines Allmagiers trug. Seine rechte Hand lag am Hals des Drachen, als wäre er sein bester Freund. In der anderen Hand hielt er die Krone Athryas, doch er hielt sie von sich weg. Dieses Symbol war Valerian von anderen Bildern geläufig, so wurde oft jemand dargestellt, der von königlichem Blute war, aber nicht den Thron erbte. Die anderen Drachen gruppierten sich teilweise um dieses Bild herum: ein dunkelroter Flammentänzer, ein goldbrauner Donnerflügel... Letzterer hatte irgendwie eine nicht sehr Vertrauen erweckende Haltung, sondern schien sich fast auf die anderen stürzen zu wollen. Drohend zeigte er seine Zähne... Eikyuu stieß Valerian an. Der Prinz kehrte schlagartig in die Realität zurück und wandte sich seinem kranken Vater zu, der blass und schwach inmitten dieses prunkvollen Zimmers in seinem breiten Bett lag. Vinzenzian streckte eine zitternde Hand aus. "Mein Sohn... Ich bin froh, dich noch einmal wieder zu sehen. Du hast die Gemälde bemerkt. Sie erzählen eine Prophezeiung, die so alt ist wie ich." "Kein Sohn Vinzenzians wird den Thron erben..." keuchte Valerian erbleichend. Sein Vater nickte. "Offensichtlich kennst du sie auch. Dann weißt du, dass du Athrya retten wirst." "Aber Varenor..." begann Valerian, doch der König hob die Hand und gebot ihm zu schweigen. "Er ist nicht mein Sohn. Bintea war schwanger, als ich sie heiratete. Das ganze Volk glaubt, dass ich sie zur Frau nahm, um einen Skandal zu verhindern. Aber das Kind war nicht von mir. Sie weiß nicht, dass ich das weiß. Vielleicht ist sie auch gar nicht an der Verschwörung beteiligt, die hier läuft..." Er hustete vor Anstrengung. "Vater, reg' dich nicht auf," bat Valerian. Der König lächelte nachsichtig. "Mein Junge, hast du es nicht verstanden? Ich muss sterben, damit sich die Prophezeiung erfüllt. Deine Feinde wissen das, und dein Drache weiß es auch." Er wandte sich an Eikyuu. "Ich verlasse mich auf Euch, Magier. Ich verlange viel von Euch, vergebt mir." Eikyuu ergriff seine Hand und küsste sie ehrerbietig. "Bittet mich nicht um Vergebung, Majestät. Ich stehe in Eurer Schuld." Valerian war überrascht. So ehrfürchtig war sein Meister doch sonst nie. "Geh jetzt," sagte Vinzenzian zu seinem Sohn. Der Prinz erstarrte. "Was? Aber..." "Wenn sie dich hier erwischen, werden sie dein Gehirn auseinander nehmen, um an Informationen zu gelangen. Das möchte ich dir lieber ersparen," drängte nun auch Eikyuu. Varenor klopfte in diesem Moment an die Tür. "Mein Vater braucht Ruhe, Eikyuu. Bitte eist Valerian von ihm los." "Ja, verstanden," rief der Magier. Er gab seinem Lehrling den schwarzen Umhang und nahm sich dafür Valerians braunen. "Flieh mit dem Kelch. Versuch zu Noctivagus durchzukommen und traue sonst keinem. Mach dir keine Sorgen um mich, sie brauchen mich lebend." Er ging zur Tür und legte seine Hand auf die Klinke. Valerian hielt sich dicht bei ihm. "Leb wohl, Vater," sagte er, sich noch einmal umblickend. Vinzenzian konnte ihm nur noch zunicken. Eikyuu zog die Tür auf. Auf der anderen Seite stand ein fast zwei Meter großer, kahlköpfiger Mann. Valerian fiel sofort auf, dass der Typ Varenor sehr ähnelte; er hatte die gleichen Glubschaugen und Segelohren. Nur dass seine Segelohren spitz zuliefen, außerdem trug der Mann einen golden funkelnden Umhang und eine Art Krone, in die ein Unendlichkeitssymbol eingearbeitet war. Das musste dann wohl Claudius sein. Der Draconer lächelte spöttisch. "Jetzt sag nicht, dass du überrascht bist, Eikyuu." "Nein, bin ich nicht," entgegnete der Magier und stürzte sich mit der Schulter voran auf seinen Feind, um ihn aus dem Weg zu schubsen. Valerian überlegte nicht lange und rannte an den beiden vorbei zu den Treppen. Er wollte nach ganz oben, dort konnte er sich von Noctivagus auflesen lassen. Einige Leute stürmten an ihm vorbei, griffen ihn jedoch nicht an. Das wunderte ihn zunächst, doch als er die Stufen zum Turmdach hinauf hastete, bemerkte er verschiedene Zauberbanne, die er durchbrach wie Spinnweben. Sie hatten offenbar nichts von seinem Talent gewusst und geglaubt, dass er in die Falle laufen würde. Aber er erreichte das Dach und rief nach Noctivagus, der in seiner Drachengestalt über dem Schloss gekreist hatte. Nun landete er kurz und ließ Valerian aufsteigen, ehe er davonflog, so schnell er konnte. Er wartete nicht auf Eikyuu. Der Allmagier wusste von Anfang an, dass er geliefert war. Aber er machte es seinen Feinden so schwer wie möglich und tötete vier Magier aus Claudius' Gefolge, ehe die Übermacht ihn überwältigen konnte. Es war sein Vorteil, dass man ihn unbedingt lebend fangen musste. Acht weitere Gegner mussten ihre Wunden behandeln lassen, die meisten anderen hatten leichte Verletzungen. Eikyuu selbst war kaum angekratzt, nur erschöpft, als Claudius ihn schließlich mit einem magischen Blitzangriff niederstreckte. Sofort waren die Helfershelfer über ihm und legten ihn in Ketten. Claudius persönlich legte ihm mit einem feinen Lächeln auf den Lippen ein unscheinbares Banneisen um den Hals. "Das war's, mein Lieber." "Die Prophezeiung erfüllt sich. Mach dir keine Hoffnungen," meinte Eikyuu gelassen. Claudius behielt sein Lächeln bei. "Ich hörte, du hast eine ziemlich hohe Schmerzgrenze, kleiner Drache. Oder solltest du doch nur ein Draconer sein? Nun, wir werden es bald wissen. Spätestens, wenn dieser Prinz zu deiner Rettung herbeieilt. Er ist deine Schwäche und mein Trumpf. Hast du's mit ihm getrieben, hm? Varenor, bring deine Mutter her." Der jüngere Prinz verzog sich. Claudius sah sehr zufrieden aus. "Nein, falls du das denkst, Bintea ist nicht meine Verbündete. Ich habe sie überfallen und vergewaltigt, als bekannt wurde, dass sie des Königs neue Flamme ist. Aber meinen Sohn habe ich vor fünf Jahren in meine Pläne eingeweiht." "Warum hast du Valerian nicht als Kind ermordet?" fragte Eikyuu. "Das kannst du dir doch denken, genau wie du immer ahntest, dass Varenor mein Sohn ist. Ich wusste, dass du dir den Jungen irgendwann holen würdest, und darauf habe ich nur gewartet. Er ist ein pflichtbewusster junger Mann, aber auch sehr unvernünftig. Er wird versuchen, dich zu retten, und mir den Kelch frei Haus liefern. Und ohne ihn hätte ich dich nie in die Finger gekriegt. Gladys wird entzückt sein, das zu erfahren. Sie wird morgen hier eintreffen. Es macht sicher Spaß, deine Intimgeheimnisse bloßzulegen, bin gespannt, wie viel dir der Junge bedeutet." Claudius lachte leise. "Vater, hier ist sie," ließ sich Varenor vernehmen. Er hatte Bintea auf den Gang gebracht. Ihre Hände waren auf den Rücken gefesselt. Claudius förderte einen Zinnbecher aus dem Schatten seines Umhangs zutage und zog einen Dolch aus seinem Gürtel. "Na, mal sehen. Draconerblut ist nicht giftig, es verursacht lediglich ein paar Gesundheitsstörungen, wenn man es nicht in Massen trinkt. Drachenblut jedoch tötet bereits in kleinsten Mengen..." Er zerfetzte Eikyuus Hemd und zog ihm die Dolchklinge über die Brust. Etwas von dem hervorquellenden Blut fing er in dem Becher auf. "Bintea, Schätzchen, komm her." Varenor schubste sie vorwärts. Nein, sie war gewiss keine Mitverschwörerin, Eikyuu konnte es in ihren Augen lesen. "Nein, bitte; das ist nicht nötig," sagte er leise. Claudius grinste ihn an. "Ah, ist das so? Sprich doch weiter, damit wir uns auch nicht missverstehen." Eikyuu seufzte ergeben. "Ich bin ein Drache. Kein Draconer." "Fein. Dann wäre das ja geklärt. Wachen! Bringt die Königin in ihr Gemach zurück!" befahl der Allmeister erfreut. Er reichte Varenor den Becher. "Warum gibst du das nicht dem König, mein Sohn? Wir brauchen ihn jetzt nicht mehr." Eikyuu erbleichte und versuchte reflexartig, sich von seinen Bewachern zu befreien, doch ohne Erfolg. Er flehte nicht um das Leben des Königs. Claudius hatte zweifellos von Anfang an geplant, ihn zu ermorden, also machte es keinen Unterschied. Da er seinem Feind die Genugtuung nicht gönnte, ließ dieser ihn in den Kerker bringen und erlaubte den Wachen, ihn zu foltern, solange er dabei am Leben blieb. Als Eikyuu aus seiner Hörweite gebracht worden war, griff Claudius sich einen der Magier, die für ihn arbeiteten. "Wo ist Prinz Valerian? Er kann doch nicht entkommen sein! Sucht das Schloss nach ihm ab, wahrscheinlich versteckt er sich irgendwo. Aber tötet ihn erst, wenn ihr den Kelch habt!" "Ja, Herr!" Der Magier eilte davon, gab die Anweisungen an seine Kollegen weiter. Claudius war trotz seines Erfolges übel gelaunt und überlegte, ob er das nicht an seinem Gefangenen auslassen sollte, doch er wollte ihm nicht zeigen, dass er sich ärgerte. Noctivagus und Valerian kehrten zurück zu Eikyuus Insel, wo Undan die Stellung gehalten hatte. Was hätte er auch sonst tun können - das Pferd hatte ihn verlassen und er wollte nicht zum Festland schwimmen. Also aß er gerade die Reste der gefüllten Fische, als der Prinz eintraf. "Ihr seid ja schon zurück," stellte er fest. "Es gab einen kleinen Zwischenfall," sagte Valerian ausweichend. Noctivagus traf kurz nach ihm ein, da er sich im Wald zurückverwandelt und angezogen hatte, schließlich machte die Kleidung die Verwandlung nicht mit. Valerian war völlig aufgelöst und ratlos. Er fühlte sich allein gelassen und hilflos und hatte keine Ahnung, was zu tun war. "Hey, jetzt reg' dich mal ab," schlug Noctivagus vor. "Du musst jetzt vor allem Ruhe bewahren. Denk dir einen Plan aus, bevor du handelst." "Aber in der Zeit werden sie Eikyuu foltern, oder etwa nicht? Wir müssen ihn so schnell wie möglich retten!" rief der Prinz verzweifelt. "Nein! Sie können ihn nicht so sehr foltern, dass er zusammenbricht. Und sie werden ihn nicht töten. Hast du verstanden, Val? Du musst dir ausreichend Zeit zur Planung nehmen!" beschwor der Schattenmeister ihn. "Aber diese Gladys hat grausame Fähigkeiten, er hat mich eindringlich vor ihr gewarnt!" jammerte Valerian. Noctivagus seufzte. "Ja, sie hat gefürchtete Kräfte, weil sie von Kokyuu abstammt, einem Seelenleser. Aber sie ist nur ein Mensch. Gegen einen wahren Seelenleser hat sie keine Chance." Valerian starrte den dunklen Magier fassungslos an. "Dann ist das auf dem Gemälde, der so aussieht wie Kokyuu in anderer Farbe... das ist wirklich Eikyuu?" "Ich bin nicht ganz sicher, was du meinst, aber hast du noch nicht bemerkt, dass Choukyuu, Kokyuu und Eikyuu alle die gleiche Namensendung haben?" "Ich dachte, das wäre Zufall." "Falsch." Noctivagus suchte Teekräuter zusammen. "Er wollte nicht, dass du seine Drachengestalt siehst, denn wenn es dich an seiner Stelle erwischt hätte, könnte Gladys das in deinen Gedanken lesen. Aber solange du es nur von mir weißt, muss es nicht stimmen." "Ja, ich weiß. Er erklärte es mir so ähnlich." Der Prinz beruhigte sich allmählich. Noch nie in seinem Leben hatte er vor einem solchen Problem gestanden. Er überlegte krampfhaft, kam jedoch zu keinem zufrieden stellenden Ergebnis und trank deshalb erst einmal den Tee, den Noctivagus ihm gab. "Schlaf erstmal darüber," meinte der Magier. Dann wurde es Valerian schwarz vor Augen... *** Fortsetzung folgt. Namensbedeutung: Undan (hätte ich ja schon längst mal erwähnen können) leitet sich von lateinisch "unda" = "Welle" ab. Choukyuu ist natürlich japanisch und bedeutet "Ewigkeit". Das zweite der beiden Schriftzeichen ist dasselbe wie bei Eikyuu. Im Japanischen gibt es scheinbar manchmal verschiedene Wörter, die ähnlich geschrieben werden und etwa dasselbe bedeuten... Kapitel 8: Kerker ----------------- Kapitel 8: Kerker Spät in der Nacht besuchte Claudius Eikyuu im Kerker. Der im Moment an die Wand gekettete Gefangene hatte die "üblichen Foltermethoden" über sich ergehen lassen müssen: Auspeitschen, glühende Eisen, Schläge mit Fäusten oder diversen Gegenständen. In einer Kiste befanden sich sein Schmuck und seine Kleidung. Noch hatte sich niemand an ihm vergangen, denn seine Peiniger hatten Angst, sich auch auf diese Weise zu vergiften. Claudius jedoch war nicht ganz so ängstlich. Interessiert ließ er den Blick über Eikyuus entblößten, geschundenen Körper wandern. Seine besondere Aufmerksamkeit richtete sich auf die schuppigen Stellen an seinen Beinen. "Wie kommt das denn? Gibt es da nicht ein spezielles Heilmittel, das sowas bewirkt? Was hat dich verletzt, hm?" "Mein Schüler war etwas übereifrig mit dem Feuerzauber. Er wollte nicht glauben, dass Erde am Anfang besser ist", log Eikyuu. Claudius lächelte, als wüsste er es besser. Er entdeckte den halb verheilten Kratzer am Arm seines Feindes, der deutlich von den neuen Verletzungen zu unterscheiden war. Eikyuu bemerkte die Blicke. "Kleiner Kampf mit einem anderen Drachen," behauptete er. Wie beim ersten Mal wurde er kein bisschen rot, und es störte ihn auch nicht, dass Claudius ihn nackt sah. "Bist du hier, um mich zu vergewaltigen? Das kommt schließlich in jeder guten Geschichte vor. Sogar in vielen schlechten." Claudius lächelte weiterhin. "Verlockend, ja. Aber du bist voll mit giftigem Blut, und wie leicht zieht man sich beim Sex winzige Verletzungen zu? Ich werd's nachholen, wenn ich unsterblich geworden bin." Fast zärtlich streichelte er Eikyuus Gesicht. "So ein hübsches Kerlchen. Ich muss mir was für deine Zukunft einfallen lassen." "Mach dir lieber über deine eigene Zukunft Gedanken. Die Prophezeiung wird sich erfüllen," entgegnete der Gefangene gelassen. Claudius zeigte sich unbeeindruckt. "Ich habe nie an Vorhersagen geglaubt." "Würde ich an deiner Stelle auch nicht, wenn sie zu meinen Ungunsten ausfielen," neckte Eikyuu ihn. Valerian erwachte im Morgengrauen. Er verspürte das Bedürfnis, Noctivagus zu erwürgen, beherrschte sich jedoch. Während der Nacht hatte sich anscheinend von selbst ein Plan in seinem Kopf ergeben, der auf seiner Gabe des Bannbrechens beruhte. Er warf sich Eikyuus Umhang um und trat vor die Tür, wo Undan ein Zelt aufgeschlagen hatte. Der rotschwarze Flammentänzer schlief in der Nähe, öffnete aber die dunklen Augen, als Valerian zu ihm kam. Der Drache hatte gerade genug Platz zwischen den Bäumen. "Ich weiß jetzt, was ich tun muss," teilte Valerian ihm mit. //"Dann lass uns aufbrechen!"// vernahm er Noctivagus' Gedankenstimme. Gladys war nicht mehr die jüngste, aber für eine Frau von 186 Jahren hatte sie sich noch gut gehalten. Eikyuu hatte sie ziemlich lange nicht gesehen und war ein bisschen erschrocken. Als Unsterblicher vergaß er oft, dass andere alterten und starben, auch Magier. Die Allmeisterin hatte grau meliertes, nussbraunes Haar, das sie als Dutt trug. Sie hüllte sich in sonnengelbe, wallende Roben, die sie wie eine altehrwürdige Priesterin aussehen ließen. Sie trug eine goldene Halskette mit einem Unendlichkeitssymbol, und es prangte auch auf ihrer Gürtelschnalle, ihrem Ring und dem Armband, sogar die Ohrringe stellten dieses Zeichen dar. "Das ist also unser Drache, die Quelle zur Macht. Ich hatte dich größer in Erinnerung, Eikyuu. Vielleicht bist du unter der Peitsche geschrumpft?" Sie begutachtete ihn herablassend, obwohl sie kleiner war als er. "Ich glaube eher, dass du größenwahnsinnig geworden bist. Du erwartest doch nicht ernsthaft, dass ich dich unsterblich mache," entgegnete er. Sie lächelte kalt. "Wenn ich jeden Tag ein paar Menschen vergifte, wird dich das schon irgendwann überzeugen." Der Magier seufzte frustriert. "Immer diese Erpressungsnummer, fällt euch Leuten denn nichts Besseres ein?" "Spotte du nur, das wird dir bald vergehen," versprach sie. "Immerhin... hat es bereits ein unschuldiges Opfer gegeben. Wirst du es deinem Schüler sagen, falls du die Gelegenheit bekommst? Dass du seinen Vater auf dem Gewissen hast? Wie wird der Kleine wohl darauf reagieren?" Sie kam etwas näher. "Was... bedeutet er dir?" Er wich ihrem forschenden Blick aus und wusste im nächsten Moment, dass er sich verraten hatte. "Er ist mein Schüler," antwortete er sachlich. "Das bedeutet, wie du weißt, dass ich ihn zu beschützen habe, weil er noch nicht einschätzen kann, mit was für Mächten er da spielt. Es ist die Pflicht eines jeden Magiers, seinen Schüler mit seinem eigenen Leben zu schützen." "Ja. Genau das hast du getan," stellte Gladys fest. Sie hob sein Kinn, bis er sie ansah. "Mir scheint, du hängst selbst nach so kurzer Zeit schon mehr an ihm, als gut für dich ist. Würdest du für ihn dein Blut vergießen? Stellst du die Pflicht, deinen Schüler zu schützen, über deine Pflicht als Kelchhüter?" Eikyuu spürte, wie sie versuchte, in seine Gedanken vorzustoßen. Er wich ihr problemlos aus. Noch. Sie wirkte ein bisschen überrascht, dass es ihm so leicht fiel, andererseits konnte sie nicht erwarten, dass ein mächtiger und erfahrener Magier wie er einfach seine Gedanken lesen ließ. "Ich würde Valerian für den Kelch opfern, und das weiß er," teilte er ihr mit. Gladys lächelte ironisch. "Ich glaube dir nicht." Sie probierte es noch einmal. Ihr neuer geistiger Vorstoß war so heftig, dass Eikyuu erschrocken und gepeinigt aufschrie. Er hatte nicht erwartet, dass sie gleich so viel Kraft einsetzen würde. Doch es gehörte schon mehr dazu, um in seine Seele oder auch nur seine Gedanken zu blicken. Sie wusste nicht, was er war, und um es noch nicht gleich zu enthüllen, schlug er sie nicht zurück, sondern wehrte sie gerade weit genug ab, dass sie nicht an seine Gedanken herankam. "Wirklich nicht schlecht," bemerkte sie anerkennend. "Aber selbst ohne deine kleinen Geheimnisse lesen zu können, denke ich mir meinen Teil. Der Junge wird kommen, um dich zu befreien, schon allein deswegen, weil wir seines Vaters Schloss besetzten. Und weil er ein naives Bürschchen ist. Er wird uns den Kelch geben und tatsächlich glauben, dass wir euch beide dann laufen lassen. Prinzen sind ja so naiv, glauben, dass jeder so ehrenhaft ist wie sie selbst. Wenn er seinen Irrtum einsieht, wird es schon zu spät sein." Claudius steckte seinen kahlen Kopf herein. "Der Prinz ist im Anmarsch, Gladys. "Ich komme." Sie strich Eikyuu noch einmal über die Wange und lächelte spöttisch. "In Kürze wirst du bluten. Bis gleich." Der Magier seufzte, als sie fort war. "Ich blute doch schon, schließlich ist das hier ein Folterkeller..." Valerian näherte sich zu Fuß. Der Wind ließ Eikyuus Umhang um seinen Körper flattern. Am Tor standen Wachposten, die er noch nie gesehen hatte. Es machte ihn wütend, dass die Magier das ganze Schloss unter ihre Herrschaft gebracht hatten. Nun, er würde darüber verhandeln. Ein Typ in Erdmagierkluft nahm den Prinzen in Empfang und führte ihn in den Thronsaal, wo die beiden Allmeister sich aufgebaut hatten: Claudius auf dem Thron, Gladys auf Binteas Platz daneben. Valerian trat aufrecht vor sie hin. "Wenn ihr den Schokoladenkelch wollt, steht sofort auf." Die beiden sahen sich mit hochgezogenen Augenbrauen amüsiert an. "Hey, du Prinz, sei etwas höflicher zu denen, die deinen Meister in ihrer Gewalt haben. Hängst du denn nicht an ihm?" entgegnete Claudius. Valerian lächelte grimmig. "Hey, der Typ hat mir meinen Thron geklaut. Ich will auch aus der Sache profitieren. Lasst mich mit dem Kelch zu ihm. Er wird sich nicht gegen mich wehren. Und dann werde ich zuerst von dem Blut trinken. Das zeigt euch gleich, ob das Gift neutralisiert ist. Und ich bin sicher, das wird es sein. Dann könnt ihr den Rest haben, ich werde verschwinden und mein Leben genießen. Ich verlasse mich darauf, dass Eikyuu mir nicht folgen wird..." "Wir überlegen noch, was wir mit ihm machen werden," grinste Claudius. "Schön. Ich will nur nicht, dass er mich irgendwann in irgendwas verwandelt," stellte der Prinz klar. "Aber andererseits bringt er das vielleicht gar nicht fertig. Ihr müsst wissen, er hat einen Narren an mir gefressen." Er lachte, und die beiden Allmeister fielen mit ein. Doch er war sich bewusst, dass Gladys ihn prüfend anstarrte und versuchte, seine wahren Beweggründe zu erforschen. Noctivagus hatte ihm erklärt, was er tun musste, damit das nicht geschah. Gladys konnte sehr leicht Gedanken lesen, und so konzentrierte er sich auf die hasserfüllten und ärgerlichen Gedanken, die er ganz zu Anfang zeitweise gegen Eikyuu gehegt hatte. Die Sorgen um die Gesundheit seines Meisters drängte er weit zurück und achtete darauf, Gladys nicht direkt in die Augen zu sehen, damit sie nicht tiefer blicken konnte als in seine oberflächlichen Gedanken. "Was ist eigentlich mit meiner Familie geschehen? Wo sind Veruscha, Bintea und Varenor?" erkundigte er sich. "Deine Schwester ist verschwunden, deine Mutter in Sicherheit... ach nein, deine Stiefmutter, wollte ich sagen," gab Claudius Auskunft. "Mein Sohn wird den Thron besteigen und ewig herrschen, sobald wir den Kelch und das Leben spendende Drachenblut besitzen. Tja, dein Vater ist leider verstorben. Er überlebte es nicht, von dem giftigen Blut zu trinken." Valerian wurde bleich. Er ballte seine Hände zu Fäusten. "Ihr... Mörder!" "Nicht doch, das geht auf Eikyuus Kappe," behauptete Gladys. Der Prinz steigerte sich in seinen Hass hinein, obwohl er wusste, dass seinen Lehrer keine Schuld traf. Aber er war noch nicht soweit, eine Seelenleserin abzuwehren, also lieferte er ihr ein paar glaubwürdige Gedanken. Sein Vater hatte gewusst, dass er sterben würde, aber so...? Valerian bebte, beherrschte sich mühsam. "Ich will, dass den Frauen nichts geschieht," forderte er. "Wenn das klar geht, lasst uns endlich zur Sache kommen." Er bemerkte Gladys' Gedanken in seinem Kopf. "Lass das!" keifte er sie an. Zumindest hatte er schon gelernt, ihren Vorstoß zu fühlen, wenigstens etwas, obwohl sie das wahrscheinlich nicht ganz abhielt. Gladys zog sich vorerst zurück. Er schloss jedoch nicht aus, dass sie es irgendwann noch einmal mit Gewalt versuchen würde, deshalb hoffte er, dass Eikyuu ihn davor bewahren konnte. Claudius stand auf. "Nun, dann lasst uns gehen." Zu der Zeit, als Valerian zum Schloss kam, erreichte Varenor den Kerker, wo Eikyuu nach wie vor angekettet war. Sein Gesicht sprach eine so deutliche Sprache, dass der Magier nicht einmal die Gedanken des Jungen lesen musste. Claudius' Sohn fühlte sich vom Schicksal vernachlässigt. Er war nicht hübsch, hatte den Draconeranteil seines Vaters nicht geerbt und besaß auch kein Talent für die Magie. Im Gegensatz zu Valerian hatte er kein Glück bei der Suche nach Bettpartnern. Und er sah gerade jetzt so aus, als wolle er all seinen Frust bei seinem Gefangenen kompensieren. Das irre Leuchten seiner Augen verriet eindeutig, wie er sich das vorstellte. Offenbar war es ihm in diesem Moment egal, dass ein gewisses Gesundheitsrisiko bestand, wenn er sich an einem verletzten Drachen vergriff. "Ihr da!" Er winkte den Wachen. "Kettet ihn dort an!" Damit meinte er einen Ring an der Decke. Die Männer machten Eikyuu los und legten ihm ein neues Paar Ketten an, das sie durch den Ring zogen, ehe sich das zweite Scharnier um sein wund gescheuertes Handgelenk schloss. Das hatten sie während der Folter schon so eingerichtet, daher vermuteten sie, dass der Prinz sich ihn jetzt persönlich vornehmen wollte. Ganz Unrecht hatten sie nicht. "Ihr wisst ja, wo Ihr die Geräte findet," verabschiedeten sie sich. Sie meinten die Folterwerkzeuge, doch die interessierten Varenor im Moment nicht. Er wartete, bis er mit dem Gefangenen allein war. "Auch das noch," stöhnte der Magier. "Ein Halbwüchsiger, der sich selbst etwas beweisen muss." Varenor lief zornrot an, überlegte, ob er nicht doch erst die Peitsche benutzen sollte. Eikyuu lächelte gelassen. "Weißt du überhaupt, wie man einen Mann nimmt? Vermutlich habe ich gleich was zu lachen. Also mach schon, ich habe heute noch was anderes vor." Varenor war sekundenlang sprachlos. Dann ergoss er seine Wut über den Magier. "Du hast *was anderes* vor? Und wie; bitte, denkst du dir das? Du wirst bald wie eine Schlachtsau aufgeschlitzt und ausbluten gelassen! Da hast du echt andere Sorgen, also hör auf anzugeben!" "Gönn' mir das doch vor dem tragischen Ende. Was soll eigentlich aus dir werden? Geben sie dir von meinem Blut einen Schluck ab? Vielleicht lassen sie dich auch einfach fallen," gab Eikyuu zu bedenken. "Halt endlich dein verdammtes Maul!" keifte Varenor. Er sagte den Wachen vor der Tür, dass er nicht gestört werden wollte, und zog sich dann ohne weitere Umschweife die Hose aus. "Na, da ist dein angeblicher Bruder aber besser bestückt," kommentierte Eikyuu. "So, meinst du. Also hast du es wirklich schon mit ihm getrieben," stellte der Prinz fest. "Ist doch so, oder? Val legt alles flach, was irgendein Loch hat." "Wenigstens kennt er sich damit aus," gab der Magier zurück. "Ich weiß auch, wie man's macht!" motzte Varenor. "Jedenfalls ist es ja ganz offensichtlich nur ein Gerücht, dass man sich beim Sex mit dir vergiftet. Er lebt ja schließlich noch. Und jetzt hör auf zu quatschen." Varenor wollte endlich zur Tat schreiten und verschwand hinter Eikyuus Rücken. Die Hände waren ganz weich, die weichen Hände von jemandem, der nie arbeitete, nie irgendeiner sonstigen anstrengenden Tätigkeit nachging. Das allein war ja nicht schlimm, aber... "Hör auf, mich so unsensibel anzugrabschen! Das ist ja eine ganz plumpe Art, was du da machst!" beschwerte Eikyuu sich. "Muss ich dir wirklich beibringen, wie man das macht?" "Ich tu das nicht, damit es dir gefällt!" wies Varenor ihn zurecht. Eikyuu kicherte leise. "Ich weiß. Du kriegst keinen hoch und versuchst so, dich in Stimmung zu bringen. Das ist der Grund, warum du keine Frauen hast: Es ist dir peinlich, dass du nicht kannst, und nun versuchst du es mal bei mir, da ich ja nur dein Feind bin. Tja, das wird wohl auch nicht klappen, Varenor. Seit dem Sturz vor vier Jahren musst du so leiden, armer Kerl..." "Sei still!" schrie Varenor. "Woher weißt du das alles? Das... weiß niemand!" "Ich lese deine Gedanken wie ein Buch. Sag mir, willst du als halber Mann, der nie eine Frau nehmen kann, unsterblich werden? Wird das ein Leben, für das es sich lohnt, mein Blut zu vergießen?" sprach der Magier weiter. Er fühlte, wie Varenors Hände auf seinen Hüften bebten. "Komm. Komm hier vorne hin," forderte er ihn auf. Fast tat der Prinz ihm leid. Halb nackt trat Varenor vor ihn hin. "Komm näher, ganz nah." Willenlos gehorchte Claudius' Sohn, was zweifellos auch an einer gewissen geistigen Manipulation lag, die der Seelenleser dabei vornahm. Varenor kam ihm so nahe, dass nur noch Millimeter zwischen ihnen waren. //"Er kann nichts für seine Hässlichkeit,"// sagte Eikyuu sich und gab dem Jungen einen gnädigen, sehr zurückhaltenden Kuss. Varenor fühlte sich wie in einem Traum. Hatte der Magier ihn trotz des Banneisens verhext? Er ließ sich auf ein kleines Zungenspiel ein, schmeckte ein wenig Blut... //"Schluck es runter,"// sagte eine Stimme in seinem Kopf. Er schluckte. Dann wurde es schwarz um ihn, er fiel lang hin und blieb liegen. Nur Sekunden später betraten Claudius, Gladys und Valerian die Zelle, obwohl die Wachen sie darauf hingewiesen hatten, dass Varenor ungestört sein wollte. Als sie den Prinzen entdeckten, hauchte dieser gerade sein Leben aus. Claudius' Gesicht sprühte vor Hass, als er erfasste, was vorgefallen war. "Du hast ihn vergiftet! Wie hast du das geschafft?!" "Sieht man das nicht? Wir haben Körperflüssigkeiten ausgetauscht," entgegnete der gefesselte Magier mit einem Nicken in Richtung des toten Prinzen, der seine Hose nicht wieder angezogen hatte. Claudius funkelte ihn an. "Schafft ihn weg," befahl er den Wachen. Sie brachten die Leiche sogleich fort, während der Allmeister sich an einer großen Kiste mit Werkzeug zu schaffen machte. Irgendwo fand er eine schwere Lederpeitsche. Seine Knöchel traten weiß hervor, so fest hielt er sie. Valerian wollte einschreiten, doch ehe er sich auch nur bewegte, vernahm er Eikyuus Gedankenstimme: //"Ist schon gut, Val. Ich sehe, was du planst. Gefährde den Plan nicht. Übrigens kann Gladys jetzt nicht mehr deine Gedanken lesen, dafür sorge ich. Riskiere nicht zu viel, hörst du?"// Stumm stimmte Valerian zu. Er verhärtete seinen Geist, um weiterhin den verbitterten Schüler zu spielen. Gladys beobachtete ihn sehr genau. So war es eine harte Probe für ihn, das Folgende mit anzusehen. Claudius schlug mit der Peitsche auf Eikyuus Brust ein, dann warf er das lange Haar nach vorne und nahm sich den Rücken ebenso vor. Valerian konnte seinen Meister noch immer in seinem Kopf fühlen, während er von ihm vor Gladys beschützt wurde. Eikyuu schrie nicht. Er bebte unter den Schlägen, zuckte oft ächzend zusammen, aber im Ganzen hielt er sich tapfer. Valerian bewunderte ihn dafür. Claudius war erst zufrieden, als sein Feind das Bewusstsein verlor. Er nahm einen Eimer schmutzigen Wassers, das zur Reinigung der Folterwerkzeuge diente, und kippte es Eikyuu über, damit er wieder ganz zu sich kam. "Varenor war ein Narr, wenn er sich von einem Gefesselten umbringen lässt," grummelte er. Darauf reichte er Valerian ein Messer aus seinem Gürtel. "Hier. Es ist Zeit, dass wir die Sache erledigen." *** Fortsetzung folgt! Kapitel 9: Drachenblut ---------------------- Kapitel 9: Drachenblut Valerian ging mit gezücktem Messer auf Eikyuu zu. Mit der freien Hand holte er den Kelch unter dem Umhang hervor. //"Verzeih, Kyuu."// Er sprach wieder einmal telepathisch. Der Magier lächelte ansatzweise. Der schmerzliche Ausdruck in seinen Augen wich zärtlicher Liebe. //"Schon gut. Wir schaffen das. Ich kümmere mich um Gladys. Aber ich weiß nicht, ob ich dir mit Claudius helfen kann... Du solltest mir jetzt... den Hals ein wenig aufritzen. Das Blut wird gut fließen und den Kelch schnell füllen."// Eikyuu legte den Kopf ein bisschen schräg. Sein Körper war feucht von dem Wasser, das Claudius ihm übergegossen hatte, und Wasser tropfte auch von seinem Haar. Valerian fasste das magische Halseisen an, als wolle er es bloß etwas aus dem Weg schieben. Dann drückte er die Messerklinge vorsichtig unter dem Eisen vorbei in die weiche Haut. Das Blut floss erschreckend reichlich. Der Prinz fing es im Schokoladenkelch auf. Besorgt sah er zu, wie sich das Gefäß füllte. //"Keine Angst, du hast keine Ader getroffen,"// tröstete Eikyuu ihn gedanklich. //"Das Eisen ist nun unwirksam. Mach mit deinem Plan weiter, Bannbrecher."// Valerian drehte sich zu den beiden Allmeistern um. Gierig starrten sie auf den Kelch. Das Artefakt erstrahlte in hellem Silber und verfärbte sich dann dunkler und wieder hell. Zu Recht nahm Valerian an, dass Claudius und Gladys darauf warteten, dass er das Blut probierte. Er tat ihnen den Gefallen und legte andächtig die Lippen an den Rand. Langsam trank er einen Schluck. Blut schmeckte schon seltsam, nicht gerade das, wovon er sich gerne ernähren wollte. Aber es war unglaublich belebend, rann heiß durch seine Kehle... Valerian hustete. Erst nur ein wenig, dann krümmte er sich keuchend und nach Luft schnappend, wobei der Kelch ihm entglitt und das Blut sich auf dem Boden verteilte, wo es sich mit dem vermischte, das Eikyuu schon während der Folter verloren hatte. Das Theater verfehlte seine Wirkung nicht. Niemand traute sich, den Kelch aufzuheben. Valerian indessen tat so, als läge er im Sterben. Gladys stapfte auf Eikyuu zu. "Was hat das zu bedeuten? Was hat er falsch gemacht? Und warum komme ich nicht an seine Gedanken heran? Hast du ihn etwa beeinflusst? Rede, oder ich verwandle dein Hirn in Brei!" Zur Bekräftigung ihrer Worte griff sie in sein nasses Haar und zwang ihn, sie anzusehen. Der Silberglanz seiner Augen wirkte matt, aber er war nicht so sehr geschwächt, dass er sie nicht mehr hörte. "Es geht halt einfach nicht, der ganze Mist ist nur ein Gerücht," behauptete er. "Hol die Wahrheit aus ihm heraus!" feuerte Claudius die Magierin an. Sie lächelte böse. "Oh, ja, gerne. Ich wollte sowieso noch einige Sachen wissen." Sie suchte mit ihrem Geist nach seinem. Er wich aus, provozierte sie zu neuen Vorstößen. Dann packte er sie. //"Gladys, Nachfahrin Choukyuus und Kokyuus. Du hast dich mit deinesgleichen angelegt! Eikyuu, Sohn der Choukyuu, ist dein Gegner!"// Sie schrie entsetzt auf. //"Du bist nicht nur ein Drache, sondern auch noch ein Reinblut?!"// //"Gut erkannt, Menschenfrau. Ich selbst habe das Gerücht in Umlauf gebracht, meine Eltern seien Draconer."// Eine Landschaft bildete sich um sie herum, ein mit Gras bewachsenes Feld unter einem sonnenklaren Himmel. Ein Schlachtfeld auf der Astralebene. Gladys war hier eine junge Frau. Doch ihr Gegner war ein Drache... und das ist der Grund dafür, dass ein menschlicher Seelenleser, der seine Kraft von Drachen geerbt hat, keine Chance hat gegen einen wahren Erben dieses Drachengeschlechts. Claudius, der das alles von außen betrachtete, bekam von dem inneren Kampf natürlich nichts mit. Nachdem sich die Gegner einige Minuten lang angestarrt hatten, brach Gladys plötzlich mit einem seltsam leeren Ausdruck in den Augen zusammen. Sie war jedoch nicht tot. Eikyuu schloss seufzend die Augen. Claudius starrte ihn an. "Was hast du mit ihr gemacht?" "Ich habe ihren Geist zerstört. Sie ist nur noch eine Hülle, die auf den Tod wartet," erklärte Eikyuu sachlich. Als er das nächste Mal blinzelte, liefen feine Tränen sein Gesicht herunter. Er hatte gerade das Grausamste getan, wozu ein Seelenleser fähig war. Aber er bedauerte seine Tat nicht lange, denn Gladys hätte ihm das gleiche angetan. "Du... hast sie einfach erledigt? Und auch einfach zugelassen, dass dein Schüler sich vergiftet? Warum? Haben wir alles umsonst geplant, jahrelang... ?" Claudius war vollkommen verwirrt. "Aber der Schokoladenkelch neutralisiert doch Gift! Was ist geschehen?" Eikyuu sprengte gerade seine Ketten wie einen dünnen Wollfaden und nahm das Halseisen einfach ab. "Claudius. Ich gebe dir eine Chance zu verschwinden, damit wir ein andermal fair miteinander kämpfen können. Dreh dich mal um." Der kahlköpfige Magier tat es: Valerian stand gerade wieder auf. Der Schokoladenkelch leuchtete magisch in seiner Hand, in der anderen hielt er das mit giftigem Blut besudelte Messer. "Val kann den Kelch als Waffe einsetzen, falls es nötig wird. Aber vielleicht vergiftet er dich auch?" warnte Eikyuu seinen Feind. "Wir sollten ihn erledigen, er weiß zu viel," meinte der Prinz. Er ließ den Kelch in den Schatten des Umhangs zurück gleiten und hängte den Umhang dann Eikyuu um die Schultern. "Ist schon gut, Val. Wir treffen uns gleich morgen früh und kämpfen vor dem Schloss, Claudius. Wenn du gewinnst, wird Valerian dir mein Blut aus dem Schokoladenkelch geben, so dass du unsterblich wirst." Claudius war immer noch verwirrt und entsetzt, fing sich aber allmählich. "Soll mir recht sein. Aber es gibt nur eine Regel: Der Überlebende gewinnt." Eikyuu nickte. "Klar. Wir sehen uns morgen." Claudius eilte mit wehendem Umhang hinaus. Er hatte es ziemlich eilig. "Das war gute Arbeit, Val," lobte Eikyuu seinen Schüler. Der Prinz stützte den schwankenden Magier. "Kyuu, hast du sie nicht mehr alle? Wie willst du in deinem Zustand gegen ihn kämpfen und auch noch gewinnen?" "Du unterschätzt die Magie. Noctivagus versteht sich wirklich auf Tränke und Mittelchen aller Art. Und in der *Singenden Nixe* werden wir alles finden, damit du mich ein bisschen bemuttern kannst," erklärte Eikyuu ihm. "Lass uns nach Bintea suchen. Ich glaube, dass Veruscha mit ihrem Geliebten durchgebrannt ist. Und dein Vater..." "Ich weiß. Sie haben ihn vergiftet. Aber das ist nicht deine Schuld, sie hätten ihn sowieso getötet, und er wusste es. Komm, gehen wir." Der Magier stützte sich dankbar auf seinen Schüler. "Es tut gut, wieder bei dir zu sein," flüsterte er selig. Valerian zog ihn ein bisschen dichter an sich heran. Wie sich herausstellte, hatte Noctivagus Bintea bereits aus ihrem Gemach befreit. Das Schloss war noch in der Hand von Claudius' Verbündeten, aber diese hielten die vier nicht auf. Sie nahmen die Königin mit in Bills Lokal. Bintea war durch die Situation reichlich verwirrt. Sie wusste bereits, dass Vinzenzian tot war, aber sie wurde im Moment mit all dem nicht recht fertig. Um diese Tageszeit war in der *Singenden Nixe* nicht viel los. Bill gab Eikyuu sein bestes Zimmer, während Noctivagus, gekleidet in eine gestohlene Uniform, in einem Hinterzimmer verschwand, um magische Substanzen zusammenzubrauen. Die Königin vermittelte er an seinen Bruder weiter, der ein kleines Häuschen in der Stadt hatte, wo sie besser untergebracht war. Valerian begleitete sie pflichtschuldigst, nachdem Eikyuu ihm versichert hatte, dass er solange allein zurechtkam. Bei der Gelegenheit beantwortete er ihre Fragen, so gut er konnte. "Ich kann leider nicht lange bleiben. Mein Meister braucht mich," sagte er. Die Königin nickte verständnisvoll. "Du bist jetzt ihm mehr verpflichtet als mir. Geh nur. Werde ein guter Magier. Dein Vater wäre stolz auf dich. Und... deine Mutter auch." Valerian umarmte sie fest, bevor er ging. "Auch dich betrachte ich als meine Mutter, so wie du mich als Sohn angenommen hast." Sie küsste ihn zum Abschied auf die Stirn. "Jetzt tu deine Pflicht. Viel Glück." Valerian eilte zu Eikyuu zurück. Als er in die Kneipe kam, fing ihn Noctivagus ab und drückte ihm einen dampfenden Kessel in die Hand. "Hier, reib' Kyuu damit ein. Das wird ihm gefallen, wenn du es machst. Ich arbeite noch an einem Heiltrank, den er vor dem Einschlafen trinken muss." "Okay." Der Magier war damit beschäftigt, sich notdürftig zu waschen, als Valerian ins Zimmer kam. "Lass dir helfen," riet der Prinz ihm und nahm ihm das feuchte Tuch ab. "Ich werde dir den Kelch auch wieder anvertrauen, bis der Kampf vorbei ist," murmelte Eikyuu. "Kein Problem. Das ist meine geringste Sorge," versicherte Valerian. Er reinigte vorsichtig Eikyuus zahlreiche Wunden und entfernte den Schmutz von seinem Körper. "Noctivagus ist fleißig am Brauen," lächelte er mit einem spitzbübischen Funkeln in den Augen. "Halt still und genieße. Ich hoffe, es brennt nicht." Der Magier blieb auf seinem Hocker sitzen, während Valerian seinen nackten Körper mit dem Mittel einrieb. Er genoss es richtig, die königlichen Hände zu spüren. Das salbenartige Zeug brannte nur ein klein wenig in den Wunden. "Normalerweise könnten wir wieder so eine Paste nehmen, wie bei meinen Beinen, aber dann könnte ich mich bald gar nicht mehr bewegen," scherzte Eikyuu. "Kriegen wir dich bis morgen wieder hin?" sorgte sich Valerian. Der Magier strich ihm sachte über die Wange. "Ja, aber leider wird mich der Zaubertrank wie einen Stein schlafen lassen." "Schade," pflichtete der Prinz ihm bei, wobei er kurz in seiner Tätigkeit innehielt, um die Zärtlichkeiten zu erwidern. "Wir kennen uns seit kaum einer Woche, aber mir ist fast so, als wäre es eine Ewigkeit. Vielleicht hatte ich schon ein anderes Leben, in dem ich dich kannte." "Kann sein," überlegte Eikyuu ernsthaft. Er zögerte. "Eins... sollst du noch wissen. Meine Eltern sind keine Draconer. Ich bin der jüngste Sohn von Choukyuu. Mein Vater heißt Kyuujo. Ich wurde zwar als Mensch geboren, aber das ist auch schon alles, was an mir menschlich ist." "Also, ich finde dich sehr menschlich. Menschlicher als manchen Menschen, könnte man sagen," bemerkte Valerian. "Hm... ich geb' mir Mühe," versprach Eikyuu. Er schlüpfte in ein luftiges Nachtgewand und kroch ins Bett, als Valerian mit dem Einreiben fertig war. Es war breit genug für zwei. "Schläfst du bei mir?" bat er. Der Prinz grinste. "Ihr Drachen scheint sehr anhänglich zu sein." Natürlich tat er dem Magier gern den Gefallen, obwohl dieser wie angekündigt durch Noctivagus' Heiltrank wie ein Stein schlief. Valerian hingegen fand kaum Schlaf, zu sehr fürchtete er sich davor, dass dies ihre letzte gemeinsame Nacht sein könnte. Und so verbrachte er seine Zeit damit, seinen Meister im Schein eines magischen Lichtes anzusehen, seinen geschundenen Körper zu streicheln und mit seinem Haar zu spielen. Als Eikyuu erwachte, fand er sich dicht neben seinem Schüler wieder, der ihn verzweifelt an sich gezogen hatte. Er las die Gedanken wie ein aufgeschlagenes Buch mit extragroßer Schrift. Der Prinz schreckte aus einem leichten Schlummer hoch, als er es merkte. "Grübele nicht so viel. Du bist unsterblich wie ich. So schnell wirst du mich nicht los, und wenn ich doch verliere, komme ich zurück als wiedergeborene Seele und finde dich. Wenn du so alt bist wie ich, siehst du das alles lockerer," sagte der Magier. Draußen erhob sich die Sonne. Eikyuus Striemen waren jetzt nur noch Rötungen auf der Haut, aber durchaus noch zu sehen. "Du musst hungrig sein, im Kerker hast du sicher nichts bekommen," fiel es Valerian plötzlich ein. "Bill hat mir was gebracht, als du gestern deine Mutter begleitet hast," entgegnete Eikyuu. "Aber du hast recht. Ich verzehre mich nach dir..." "Kyuu... So kurz vor dem Kampf solltest du dich nicht anstrengen..." "Das ist keine Anstrengung, sondern reine Freude für mich." Der Magier warf sein Nachthemd fort und beugte sich über Valerian, um ihn leidenschaftlich zu küssen. Seine Hände streiften des Prinzen Hemd hoch. //"Ich will dich,"// hörte Valerian die vertraute Stimme in seinem Kopf. Er verkrampfte sich unwillkürlich. Das wäre das erste Mal für ihn, dass jemand ihn nahm... Entsetzt erkannte er, dass er nie einen Gedanken daran verschwendet hatte, somit war er völlig unvorbereitet. Dennoch erregte ihn die bloße Vorstellung... Eikyuu biss ihn ins Ohr. "Ich fress' dich," flüsterte er gierig. Sein Körper bebte heiß. Die letzten Male hatte er Valerian die Oberhand gelassen, doch nun konnte er sich kaum beherrschen vor Lust. Der Prinz fühlte sich schwindelig. Die Welle der Begierde erfasste auch ihn, auf einmal sehnte er sich danach, Eikyuu zu spüren, diese neue Erfahrung mit ihm zu machen... Weiche Lippen liebkosten stürmisch seinen Hals. Er räkelte sich genüsslich, suchte die glühende Nähe des anderen. War Lust ansteckend? Eben noch hatte er sich gefürchtet. Die Hände glitten über seinen kräftigen, schwitzenden Körper, fast brutal massierten sie die Muskeln. Valerian wurde fortgeschwemmt. Er krallte sich in dem langen Haar fest, seine Fingernägel kratzten Eikyuus Rücken erneut blutig. Gegen diesen Drachen konnte er sich jetzt nicht mehr wehren, selbst wenn er es gewollt hätte. Er wurde wirklich verschlungen, glaubte zu verglühen. Eikyuu knetete nun sein Gesäß, während seine Küsse von der Brust zum Bauchnabel wanderten. Valerian spreizte von selbst die Beine, um ihn dazwischen zu lassen, ihn einzuladen. Er selbst war ganz hart, obwohl noch nichts sein Glied berührt hatte. Eikyuu ließ es auch weiterhin unbeachtet, quälte seinen Schüler. Valerian trieb davon. Er hätte es nicht einmal mehr bemerkt, wenn ihm eine jubelnde Menschenmenge zugesehen hätte. Er schrie und keuchte ungehemmt, dass es das ganze Haus hören musste. Eikyuu rieb seine Schenkel, mal außen, mal die Innenseiten. Bei Areth, komm zur Sache! Sein Körper brannte in freudiger Erwartung, sehnte ihn herbei... Dann spürte er ihn endlich. Erst war es nur eine Berührung. Langsam schob der Magier sich vor. Die Rücksichtnahme war fast unpassend nach dem wilden Vorspiel. "Komm," keuchte der Prinz. "Tu mir weh, sei grob... nur lass mich nicht mehr warten!" Und Eikyuu trieb sich wie einen Dolch ganz in ihn. Valerian schrie lustvoll auf, genoss den plötzlichen Schmerz der Vereinigung. Er blutete, aber das war ihm egal. Eikyuu bewegte sich im Takt, die Erregung verdrängte alles andere. Seine Stöße raubten dem Prinzen fast die Sinne, es war einfach unbeschreiblich. Eikyuu kam in ihm mit einem Aufschrei, der wie der Triumphschrei eines Drachen klang, und Valerian explodierte mit ihm. Irgendwann kam er wieder zur Besinnung. War es ein Traum gewesen? Nein. Eikyuus Kopf lag auf seiner schweißnassen Brust. Im Zimmer war es hell, da die Sonne nun durch die Vorhänge spähte. "Äh, Kyuu... wann sind wir aus dem Bett gefallen?" Der Magier blickte erst ihn verwundert an und sah sich dann um. Sie lagen auf dem Teppich, neben ihnen eine zerknautschte Decke, die halb mitgerutscht war. "Ups..." Eikyuu fing an zu lachen und steckte Valerian an. Kurz darauf wurde der Prinz wieder etwas ernster. "Seltsam, ich bin zusammen mit dir gekommen, obwohl du mich gar nicht dort berührt hast," wunderte er sich. "Hast du es nicht bemerkt? Wir haben uns gegenseitig aufgeputscht, als wären wir nur ein Wesen," versuchte Eikyuu zu erklären. Er fasste sich seufzend an den Kopf. Sieht aus, als hätte ich die Kontrolle verloren... Meine spezielle Gabe hat das bewirkt. Unsere Gedanken waren eins... deshalb habe ich dich mitgerissen. Das war keine Absicht, auch das... andere nicht." Valerian war verwirrt. "Was denn?" Er folgte dem Blick seines Partners und bekam große Augen. Sein Körper zeigte überall blaue Flecken. Dafür stellte er bei Eikyuu frische Kratzer auf den Oberarmen und Schultern fest, sogar ein paar auf der Brust. "Oh." Er grinste frech. "War aber geil." "Na, das ist die Hauptsache." Eine Stunde später hatten die beiden ein Bad genommen und erschienen zum Essen im Kneipenraum, wo einige Magier sich aus dem gleichen Grund eingefunden hatten. Das Pärchen gesellte sich zu Noctivagus, der allein an einem Vierertisch saß. Er grinste ihnen entgegen. "Ihr seht so zufrieden aus. Anscheinend hat der Levitawurz angeschlagen." "Was?!" Eikyuu lief rot an, was nicht so oft bei ihm vorkam, wenn er sich in der Öffentlichkeit befand. Noctivagus lachte leise. Valerian verstand überhaupt nichts. "Kann mir das mal jemand erklären?" Der Schattenmagier lehnte sich bequem zurück. "Den Trank, den ich für Eikyuu gebraut habe, macht man für gewöhnlich mit Mondscheinsprossen. Das ist ein Gewächs, das in der Nacht sprießt, die Mondscheinsprossen sind das ganz junge Grün davon. Die ältere Pflanze nennt man Levitawurz. Beide haben in diesem Fall die gleiche Wirkung für den Heiltrank, aber es gibt noch eine Nebenwirkung, wenn man den Levitawurz nimmt. Dachte, ich tue euch einen Gefallen. Mit einem Seelenleser soll es besonders heftig ausfallen." "Halt die Klappe," motzte der Magier. "Ich schätze es nicht, wenn man mich unter Drogen setzt." "Ich bin dir dankbar, Noctivagus," warf Valerian grinsend ein. Bill servierte ein reichhaltiges Essen. "Geht aufs Haus. Guten Appetit." Das ließ sich niemand zweimal sagen, zumal es von dem peinlichen Thema ablenkte. *** Fortsetzung folgt Bemerkung: Sicher wundert ihr euch, wie Eikyuu nach all den Hieben, die er einstecken musste, noch einigermaßen stehen kann. Bitte bedenkt, dass er ein Drache und ein Magier ist. Und außerdem verdammt stolz und dickköpfig. Namensbedeutung: Kyuujo, der Name von Eikyuus Vater, bedeutet "Hilfe", "Rettung". Jetzt ratet mal, welche Sprache das ist. Kapitel 10: Todeskampf ---------------------- Kapitel 10: Todeskampf Claudius brachte einen sterblichen Windmagier als Begleiter mit, dem er seinen Umhang gab, bevor er sich zum Duell aufbaute. Eikyuu schnitt sich vor seinen Augen das Handgelenk auf und füllte den Schokoladenkelch fast bis zur Hälfte mit Blut. "Das gehört dir, wenn du überlebst." Valerian ging mit dem Kelch in Deckung. Noctivagus verband rasch Eikyuus Wunde. Der Allmeister hatte sorgfältig seine Zöpfe geflochten und trug unter seinem Umhang, den er seinem Schüler reichte, kampftaugliche schwarze Kleidung, jedoch ohne seine Elementsymbole. Sein Gegner trug stets nur das Allmeisterzeichen. Eikyuu vermutete, dass er seine Drachengestalt annehmen würde, deshalb war auch er darauf vorbereitet. Valerian stand gebannt neben Noctivagus und wartete. Würde er jetzt den Drachen sehen, der Eikyuu war? "Er wird's nach Möglichkeit nicht tun," beantwortete der Schattenmeister die unausgesprochene Frage. Valerian war fast enttäuscht. "Still, es geht los," mahnte Noctivagus. Eikyuu fing an, denn er hatte Claudius zu diesem Duell herausgefordert. Die Erde bebte, wo der Gegner stand, Wurzeln griffen nach seinen Füßen, doch Claudius wich aus und verbrannte sie. Eikyuu beschwor einen Sturm herauf, um den Gegner von den Füßen zu wehen. Claudius probierte es mit einem Gegensturm. Die Luftmassen trafen in der Mitte aufeinander, dass es donnerte. Beide Magier riss es von den Beinen. Claudius schoss lichtschnell herbei, wuchs rasend schnell... Eikyuu wich der großen Pranke aus, doch der Blitz des Donnerflügels erwischte ihn. Er schrie auf und stürzte wieder. Dann setzte ihm der Drache doch noch seine rechte Vorderpranke auf die Brust, oder besser, auf den ganzen Körper. Valerians Hand verkrampfte sich um den Kelch. Claudius war als Drache braun mit goldenem Schimmer. Sein Körper war massig, aber nicht plump. Typisch für einen Donnerflügel hatte er besonders große Dornen an den Flügeln und Hörner wie ein Stier. Zwischen ihnen sprangen Funken über. Seine silbernen Augen funkelten sein Opfer schadenfroh an. //"Das war einfach,"// sagte er telepathisch für alle, die es hören konnten. //"Stirb, Kleiner..."// Er verlagerte sein Gewicht, um Eikyuu zu zertreten, doch dieser entschlüpfte ihm wie ein Schatten. In seinen Händen erschienen seine beiden Schwerter, und er stürzte sich auf den Drachen und rammte ihm die Klingen hinter dem Unterkiefer ins Fleisch. Claudius brüllte ohrenbetäubend. Eikyuu zog ein Schwert wieder heraus und stieß erneut zu, während er sich an dem anderen festhielt. Der Drache versuchte unter Schmerzen, ihn abzuschütteln. Der Magier wurde mit Blut bespritzt. Da besann sich Claudius seiner Fähigkeiten und setzte sich selbst unter Strom. Eikyuu schützte sich mit einem Schild, aber er konnte sich trotzdem nicht mehr länger halten, denn der Drache schlug nach ihm und tat alles, um ihn loszuwerden. Er fing seinen Sturz passabel ab und machte, dass er aus der Reichweite der Krallen kam. "Das ist sein Ende, Drachen sind hinter dem Kieferknochen tödlich verwundbar, wo die Haut sehr weich ist," murmelte Noctivagus. Tatsächlich blutete Claudius wie ein geschlachtetes Schwein. Plötzlich wandte er sich zu ihnen um, seine Augen fixierten den Kelch. "Oh... Lauf!" schrie Noctivagus. "Wa-was?" stammelte Valerian. Der Schattenmeister ergriff seine Hand und zerrte ihn weg. Wo sie gestanden hatten, schlug ein blitzender Feuerball auf. "Kannst du dich nicht verwandeln und wegfliegen?" kreischte der Prinz entsetzt. "Das kann ich nicht, während ich ihm ausweiche! Außerdem würden wir ein größeres Ziel bieten!" rief Noctivagus. Claudius schwang sich in die Luft und schnitt ihnen den Weg ab. Bluttriefend streckte er eine Pranke nach Valerian und dem Kelch aus. //"Hierher, Val, Vagus!"// hörten sie eine telepathische Stimme. Noctivagus fuhr als Erster herum und zog Valerian erneut hinter sich her. Der Prinz wusste kaum, wie ihm geschah. Der Drache verfolgte sie, doch dann schnitt ihm etwas Großes den Weg ab. Valerian blickte zurück, während er hinter Noctivagus her stolperte. Ein zweiter Drache! Er war schlank und kleiner als Claudius, seine Schuppen glänzten purpurn und violett. Sein länglicher, edler Kopf endete in zwei großen, nach hinten zeigenden Hörnern. Er wartete nur noch, bis die beiden Menschen sich in Sicherheit gebracht hatten, dann stürzte er sich auf den Feind. Dieser Kampf hatte jetzt nichts mehr mit Magie zu tun. Die Drachen schlugen sich gegenseitig die Krallen ins Fleisch, verbissen sich ineinander. Valerian und Noctivagus machten, dass sie aus der unmittelbaren Reichweite der Kämpfenden kamen. "Ist sein Blut nicht tödlich, wenn Claudius zubeißt?" fragte Valerian den Draconer neben sich. Der schüttelte den Kopf. "Nicht, solange Claudius in dieser Gestalt bleibt, leider. Aber es wird ihn dafür auch nicht unsterblich machen." Der Prinz sah voller Entsetzen zu. Die beiden prügelten sich wie wilde Bestien. Weil seine Hörner nach vorne zeigten, hatte Claudius einen Vorteil. Mehr als einmal stieß er damit nach Eikyuu. Dann geschah es. Der violette Drache wich nicht schnell genug aus. Sein brauner Feind rammte ihm die Hörner in die Brust. Valerian schrie voller Angst auf. "Nein! Kyuuuu!" Gleich darauf erkannte er den Plan dahinter. Eikyuu biss Claudius in den Nacken und ließ nicht mehr los. Der Braune tobte, um freizukommen, doch er wurde schwächer, denn er blutete immer noch. Eikyuu schlug ihm seine Krallen in den Hals und riss weitere, tiefe Wunden. Die Gegenwehr erschlaffte langsam. Es war ein grauenvoller Anblick. Claudius wurde Stück für Stück zerrissen. Er wehrte sich kaum noch. Vielleicht nutzt Kyuu seine geistigen Kräfte, um ihn zu lähmen, überlegte Valerian erschüttert. Eikyuu schmetterte Claudius zu Boden. Mit einer Pranke zerfetzte er ihm endgültig die Kehle. Ein See aus Blut breitete sich auf dem Gras aus. Der Sieger schrie im Triumph, das Gebrüll des Drachen ließ die nahe gelegenen Schlossmauern erbeben. Claudius' Handlanger, die es noch besetzt hielten, ergriffen eiligst die Flucht. Valerian atmete auf. Das war also geschafft. Aber was war jetzt mit Eikyuu? Claudius hatte ihn schwer verletzt, und trotz seines Sieges war er nicht außer Gefahr. Noctivagus packte ihn am Arm. "Weg hier!" "Was?" Aus dem Schloss rückten Soldaten an. //"Vinzenzians Armee, Claudius hatte sie unter seiner Kontrolle. Wahrscheinlich können sie sich an einige Tage nicht erinnern"// teilte Eikyuu ihnen telepathisch mit, wobei er seine großen Flügel ausbreitete. "Nein, du kannst in deinem Zustand nicht fliegen!" rief der Schattenmagier. //"Ich kann mich auch nicht zurückverwandeln, solange ich all diese Wunden habe," entgegnete Eikyuu. "Im Übrigen muss es ja keiner sehen..."// "Wovon redet ihr, ihr tut ja so, als drohe uns Gefahr," wunderte Valerian sich. Aus der Stadt kamen ebenfalls Leute. Sie trugen fast alle wehende Umhänge, es mussten Magier sein. Plötzlich erkannte der Prinz: Die Leute waren alle bewaffnet und kamen nicht, um den Drachen anzubeten. "Wartet! Ich rede mit den Soldaten, kümmere du dich um die Magier!" schlug Valerian vor und rannte der Truppe entgegen. Noctivagus wandte sich den Magiern zu. Bill war auch bei ihnen. Er trug eine Mistgabel bei sich, so wie einige Bürger, die mitgekommen waren. Niemand wusste, was Eikyuu war; er hatte es immer verheimlicht, eben weil die Menschen die Drachen fürchteten und deshalb dazu neigten, sie umzubringen. "Bleibt stehen! Es besteht kein Grund zur Sorge!" brüllte Noctivagus der selbst ernannten Bürgerwehr entgegen. "Der Drache, den ihr fürchten musstet, lebt nicht mehr! Kehrt um! Dieser hier ist keine Bedrohung!" "Und was ist, wenn er Hunger kriegt?" wandte ein Familienvater ein. "Ich will ihm nicht meine Kinder zum Fraß vorwerfen!" "Ja, genau!" stimmten andere zu. Valerian indessen hatte weniger Probleme. Auf seinen Befehl blieben die Soldaten stehen. "Der Drache ist verletzt. Er ist zwar harmlos, aber ihr solltet ihn nicht bedrohen. Ein verwundetes Tier ist ja auch gefährlicher als ein gesundes, nicht wahr? Überlasst das den Magiern und räumt lieber das Schloss auf, der Allmeister Claudius hat seine Spuren hinterlassen." Sie gehorchten, was einige auch sehr gern taten. Einen Drachen sollten lieber die Magier übernehmen. Erleichtert rannte der Prinz zu Eikyuu zurück. Noctivagus diskutierte noch. "Kannst du dich wirklich nicht verwandeln?" fragte Valerian noch einmal nach. //"Es wäre sehr schwierig,"// antwortete der Magier. //"Aber nicht ganz ausgeschlossen, falls du das meinst. Ich will aber auch nicht, dass alle es erfahren, ich wäre nirgendwo mehr willkommen..."// "Vielleicht doch! Im Notfall musst du das Risiko eingehen!" beharrte Valerian. Er hatte Angst, ihn jetzt noch zu verlieren. Dafür gab es guten Grund... "Geh aus dem Weg," verlangten die Bürger und Magier von Noctivagus. Der rührte sich nicht vom Fleck. Irgend jemand drängelte sich durch die Menge. Es war Eliza, die Erdmagierin. Sie baute sich neben Noctivagus auf. "Schämt euch was! Wo ist eure Toleranz? Wird jetzt schon erst zugeschlagen und dann erst gefragt? Wenn man den Legenden glauben darf, und dafür ist dieser Drache ja wohl der beste Beweis, dann kann jeder von uns ein Draconer sein, jeder von uns könnte von einem Drachen abstammen! Der hier ist euch vermutlich bestens bekannt und mag es nur nicht zugeben, weil er Angst vor euch haben muss!" "Blödsinn!" rief jemand, und ein paar Stimmen schlossen sich an, doch andere schwiegen dieses Mal. Ein kleiner Junge löste sich aus der Menge. "Kind, bleib hier!" versuchten ihn die Erwachsenen aufzuhalten, doch er riss sich los. Sein Haar war rostrot. "Bringt mich zuerst um!" schrie er wütend. "Ich bin nämlich Kaji von den Flammentänzern! Meine Eltern haben meine Ohren verstümmelt, damit sie normal aussehen!" Noctivagus legte dem Jungen eine Hand auf die Schulter. "Er ist mein Großneffe. Also warum tötet ihr nicht auch mich, wenn ihr das Kind erledigt habt?" Als der Wind sein Haar bewegte, erkannte man seine spitzen Ohren, die er sonst immer durch Schattenmagie verbarg. Nun trat noch ein alter Mann vor: "Ich war früher mit einer Draconerin zusammen, aber ich beendete die Beziehung zu ihrem eigenen Besten. Ich bin ja nur sterblich, mein Tod hätte sie traurig gemacht. Aber sie war ein herzensgutes Geschöpf, glaubt mir." //"Wie's aussieht, wird eh bald jemand fragen, wer ich denn nun bin,"// stellte Eikyuu fest. //"Also versuche ich's mal..."// Gerade trat Nimburia zu den anderen hinzu. Sie war eine kleine Frau mit langem, blondem Haar, doch geringe Körpergröße war für Windmagier oft von Vorteil. Sie hatte ein kleines Mädchen von etwa zwei Jahren auf dem Arm. "Das ist Annemone, meine Tochter. Ihr Vater ist ein Schwimmer, ein Wasserdrache. Annemone bekommt Schwimmhäute zwischen Fingern und Zehen, wenn sie badet." Valerian staunte, es gab mehr Draconer, als er gedacht hatte. Sicher waren das nicht alle. Die Stimmen, die Eikyuus Tod forderten, waren nachdenklichem Schweigen gewichen. Der Drache krümmte sich und erschreckte die Leute mit einem schmerzlichen Laut. Viele wichen entsetzt zurück und hoben ihre Mistgabeln vor sich. Doch Eikyuu verwandelte sich lediglich zurück, was ihm einige Mühe bereitete. Zitternd blieb er in seiner Menschengestalt liegen, in einer Blutpfütze, die hauptsächlich von ihm stammte. Seine Kleider waren natürlich bei der Verwandlung zerrissen. Valerian eilte hinzu und hüllte ihn in seinen Umhang, jetzt schon zum zweiten Mal in zwei Tagen. Zum ersten Mal, seit er ihn kannte, konnte der Prinz panische Angst bei seinem Meister spüren. Kein Wunder: Er war eventuellen Drachentötern hilflos ausgeliefert, so wie er zugerichtet war... Valerian strich sachte durch das jetzt offene, mit Blut befleckte Haar und bettete Eikyuus Kopf auf seinen Schoß. "Fürchte dich nicht. Wenn es nicht anders geht, werden wir mit Noctivagus wegfliegen." "Das ist doch Eikyuu!" rief ein Magier, den Valerian nur vom Sehen kannte. "Wieso haben wir das nie gemerkt? Er hat doch diese typischen Ohren," fiel es einem anderen auf. Eine ältere Frau in grünbraunen Roben schob sich vor. "Geht doch mal zur Seite! Der Junge braucht Hilfe!" Sie trug eine ganze Tasche mit Medizin bei sich. Noctivagus ging ihr sogleich zur Hand. Zusammen versorgten sie den Magier notdürftig, bis sie ihn unbedenklich transportieren konnten. In den folgenden Tagen sprach sich die ganze Geschichte stückweise herum. Gladys und Claudius hatten mit Varenors Hilfe das Schloss besetzt und die Soldaten unter ihren Bann gebracht. Mehrere Magier hatten zu ihrem Gefolge gehört. Das Volk hatte kaum etwas bemerkt, denn der Palast war gewissermaßen eine Welt für sich. Der König war absichtlich krank gemacht worden, damit sein Sohn in die Falle ging. Die Nachricht von seinem Tod wurde mit Erschütterung aufgenommen. Athrya trauerte, überall hingen schwarze Fahnen. Die Menschen verhüllten die Schilder ihrer Läden und kleideten sich schwarz. Eikyuu ließ sich Zeit, um sich auszuruhen. Noctivagus versorgte ihn mit Heiltränken, aber auf die Dauer erschöpfte ihn das, denn letztendlich musste ja sein Körper die Heilung vollziehen, zu der die Magie ihn anregte. Valerian verbrachte seine Freizeit bei ihm. Jedes Mal, wenn er in das Zimmer kam, hatte er einige Nachrichten von Bürgern, die sich für ihr voreiliges Handeln entschuldigten. Besonders beschämt waren die Magier, die sich fragten, was sie mit Eikyuu gemacht hätten, wenn sie ihn nicht so gut gekannt hätten. Sie versuchten, es irgendwie wieder gutzumachen. Einige brachten Salben für seine Wunden und andere Kleinigkeiten. Eikyuu selbst fand, dass Valerian die beste Medizin für ihn war, aber der Prinz war oft weg, um sich um die Herrschaftsangelegenheiten zu kümmern. Doch wenn das erst vorbei war, wollte er endgültig kein Prinz mehr sein, sondern nur noch ein Magieschüler. König Vinzenzian wurde mit einer großen Trauerfeier beigesetzt, fünf Tage nach seinem Tod. Auch viele Magier nahmen daran teil, unter ihnen natürlich Eikyuu, und bei ihnen war zu solchen Anlässen völlig weiße Kleidung üblich. Die Haare trugen sie offen und verzichteten auf jegliche Art von Schmuck. Valerian erkannte Noctivagus kaum wieder, als dieser ganz in weiß und sogar ohne seinen üblichen Schattenzauber erschien. Nie zuvor hatte man gesehen, wie sich Licht auf seinem Haar oder in seinen Augen fing. Auch Valerian trug Weiß. Er hatte sich dafür entschieden, weil sein Vater ihn auf diesen Weg geschickt hatte. Veruscha und Bintea trugen schwarze Kleider mit einem Schleier vor dem Gesicht. Die Prinzessin hatte einen Mann an ihrer Seite: ihren heimlichen Verlobten. Den zukünftigen König. Die Prophezeiung erfüllte sich. Kein Sohn Vinzenzians erbte den Thron, sondern seine Tochter. Valerian und Eikyuu kehrten zu ihrer Insel zurück, zusammen mit ihrem Elementarkreis. Bill stellte ihnen seine geflügelten Pferde zur Verfügung, doch Valerian wurde schon bei dem Gedanken daran schlecht. Er klammerte sich an seines Meisters Arm. "Kyuu... könnten wir... ich meine, wenn du... könntest du nicht vielleicht..." Eikyuu lachte. "Du bist süß, wenn du so verlegen ängstlich bist, Val. Ich werde dich tragen. Und wir werden ganz gemütlich segeln. Es ist nämlich so, ich... kann nicht bei dir bleiben." Valerians Augen weiteten sich erschreckt. "Was? Warum?" Der Allmeister legte ihm eindringlich die Hände auf die Schultern. "Ich bin der Hüter des Schokoladenkelches. Ich muss ihn zurückbringen und einen Nachfolger bestimmen, ehe ich mein Leben frei leben kann. Nur wegen Claudius' und Gladys' Machenschaften habe ich den geheimen Ort verlassen. Aber ich muss zurück." "Für wie lange denn? Doch nicht etwa Jahrhunderte lang!" "Nein. Ich mach' den Job schon eine Weile." Der Magier kramte etwas aus dem Schatten seines Umhangs hervor, ein Lederband. Dieses wickelte er dreimal um Valerians linkes Handgelenk und knotete es fest. "Trage dies, bis es abfällt. Wenn das geschieht, kehre ich zu dir zurück. Lerne viel, bis es soweit ist." Er lächelte spitzbübisch. "Vielleicht ist es besser so... wir beide landen dauernd im Bett, statt ernsthaft zu arbeiten." Valerian warf sich ihm impulsiv in die Arme. "Kann ich nicht mit dir kommen? Bitte..." "Das würde mir gefallen. Aber es geht nicht. Ich bringe dich zur Insel und fliege gleich weiter, ehe es noch schwerer für uns wird." Er drückte den Prinzen noch einmal fest an sich. "Warte auf mich und sei ein Magier, wenn ich zurückkehre. Komm jetzt..." Der Ritt auf dem Drachen gestaltete sich viel angenehmer als der Flug auf dem Pferderücken, fand Valerian. Aber vielleicht lag es daran, dass es Eikyuu war, den er da unter sich hatte. //"Ich hatte Recht,"// sagte er telepathisch. //"Du bist auch als Drache wunderschön."// *** Ende *Eternity II ist auch schon online! Danke an alle, die Kyuu und Val bisher begleitet haben. Ihr habt sie nicht zum letzten Mal gesehen.* Namensbedeutung: Kaji ist japanisch (hey, Überraschung), es bedeutet "ein Feuer". Nimburia ist von einem lateinischen Wort abgeleitet, das Wolke heißt. Nimbus? Zu dumm, dass mein Wörterbuch bei meinen Eltern ist. Eine Annemone ist ein Meerestier, das aussieht wie eine Pflanze. Sieht aus, als hätte ich mich geirrt, als ich meinte, die meisten Namen seien willkürlich... Aber viele sind es immerhin. *drop* Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)