Fremde Welten (#1) von Purple_Moon (Das Reich der Schatten ist gar nicht so gruselig.) ================================================================================ Kapitel 61: Sonnenschein ------------------------ Etwas kürzer als die letzten beiden, aber dafür kann ich an einer Stelle (werdet ihr merken, haha!) mehr Spannung erhalten. Es spielt ein Rare Hunter mit, weil ich nicht mehr weiß, wie die auf Deutsch heißen. Öhm... Raritätenjäger? Na diese Kuttenträger, die Malik benutzt hat. Enjoy! Welt des Blauen Lichts: Samstag Abend / Sonntag früh Fremde Welten 61: Sonnenschein Etwas ragte über der Feenburg auf. Alle spürten, dass es sich um etwas geradezu Monströses handelte. Sie liefen zum Rand der Landeplattform, um es sehen zu können. Ein schlangenförmiger, geflügelter Drache wickelte sich um den höchsten Turm. Er war riesig, fast so groß wie Slifer. „Jemand greift uns von hinten an... sie müssen darauf gewartet haben, dass wir uns sicher fühlen!“ Dark griff nach Appis Schulter. „Bring Yugi und seine Freunde von hier weg!“ „Aber Dark, ich kann doch nicht einfach weglaufen! Ich werde mich gleich wieder verwandeln und dann---“ „Nein, Yugi.“ Der Magier sah ihn beschwörend an. „Du bist geschwächt. Die Verwandlung ist immer sehr anstrengend für dich.“ Mava hatte konzentriert nach oben geblickt. „Lasst mich das machen, ich dürfte das gleich erledigt haben!“ „Es ist der Regenbogenfinsternisdrache,“ bemerkte Seto. „Er hat 4000Atk.“ „Kein Problem, ich bin gerade mit dem Fünfgötterdrachen fertig geworden,“ versicherte Mava. Aus der Burg kamen Feen heraus, offenbar auf der Flucht. „Wir brauchen da drin Soldaten! Sie kommen über die Balkone und Aussichtsfenster!“ Crimson fasste sich an den Kopf. „Hat die etwa keiner gesichert?“ „Ich gehe! Joey, tu nichts Dummes!“ rief Gerfried über die Schulter, während er schon in die Richtung rannte, aus der die Feen gekommen waren. „Mava, warte!“ rief Yugi, als er sah, dass sein Freund die Axt hob und sich an deren Klinge ein Angriffszauber bildete. „Nicht! Er hat den Effekt, dass---“ Doch Mava schleuderte seinen Blitz bereits. Die Gruppe musste sich geblendet abwenden. Aber auch so konnte Yugi sich den Ausgang des Kampfes denken. Gleich darauf hörte er den Regenbogenfinsternisdrachen wütend brüllen, offenbar relativ unbeschadet von Mavas Angriff. „Seine Angriffskraft steigert sich um 500 für jedes Finsternismonster, das der Spieler von seiner Seite oder aus seinem Friedhof aus dem Spiel entfernt,“ beendete Yugi seine Ausführungen. Joey biss sich auf die Fingernägel. „Waaas? Aber... der greift uns jetzt an!“ „Er hat null Verteidigungspunkte,“ bemerkte Seto. „Lässt sich damit nicht was machen?“ „Ich würde jetzt erstmal in Deckung gehen!“ drängte Neo. „Kommt schon! Wir bieten hier ein zu gutes Ziel! Lauft auf die Burg zu!“ „Aber... von da kommen doch auch irgendwelche Angreifer...“ gab Eria zu bedenken. „Lauf, oder du wirst gegrillt!“ ordnete Crimson an. Es war keinen Moment zu früh, denn als nächstes ging die finstere Attacke des Drachen dort nieder, wo sie eben noch gestanden hatten. Das Monster hatte wohl nicht genau gesehen, wer es angegriffen hatte, daher wurde einfach generell in der betreffenden Richtung alles nieder gemacht. „Crimson, kannst du diesen Effekt von ihm ausschalten?“ rief Dark im Rennen seinem Kollegen zu. „Sicher, aber ich müsste näher ran,“ schrie der Weißhaarige über das Getöse des Einschlags hinweg. Die Gruppe wurde von der Schockwelle von den Beinen gerissen und gegen die Burgwand geschleudert, wo sie sich erstmal benommen in eine sitzende Position brachten. „Willkommen im Reich der Schatten, Seto und Joey,“ begrüßte Dark die Neuankömmlinge etwas verspätet und mit einem ironischen Unterton. „Ich bin Dark, und hier haben wir meinen Cousin Crimson, seine Schülerin Eria sowie die Brüder Mava, Neo und Appi.“ Alle nickten den beiden jungen Männern kurz zu und kommentierten es mit einem „hallo“, „freut mich“ oder ähnlichen Floskeln. Alle waren für die Duellanten aus der Welt des Blauen Lichts leicht an ihrer Kleidung zu erkennen, insofern konnte sich Dark die Erwähnung ihrer Kartennamen sparen. „Ich fliege hoch,“ verkündete Crimson. „Dark, gib mir Deckung. Mava, wenn ich mit dem Effekt fertig bin, kannst du es nochmal versuchen.“ Er rappelte sich auf und verwandelte sich mit Hilfe seines Ringes in eine geflügelte Fee. Die Tasche mit den Tränken ließ er allerdings bei Eria. Auch Dark ließ seine Flügel erscheinen. Niemand stellte Fragen, obwohl man Seto und Joey ansah, dass sie zu gerne wissen wollten, was die beiden Magier da machten – schließlich kannte man diese Fähigkeiten von ihnen in der Welt von Duel Monsters nicht. Yugi hatte große Angst um die beiden. „Kann nicht Luster den Drachen einfach aus dem Spiel entfernen?“ „Könnte er wohl, wenn wir hier in einem holographischen Duell wären,“ nickte Dark. „Aber das ist nicht ganz so einfach, wie es klingt, und er würde irgendwann wieder erscheinen. Wir müssen ihn also besiegen.“ Beide Magier stießen sich ab und flogen dem Gegner entgegen. Die zurückbleibenden Freunde hatten Gelegenheit, sich etwas umzusehen. Inzwischen war wieder eine Schlacht im Gange: Der Feind hatte die Schicksalshelden geschickt! Die Kämpfe fanden außer auf dem jetzt ziemlich ramponierten Vorplatz auch in der Burg statt, wo Freed und seine Krieger sich ihnen stellten. Auch die Amazonen mischten mit. Zerato ließ seine Truppe bei der Evakuierung des Heilertraktes helfen. Sie stellten die Heiltränke sicher und brachten die Feen weg, die sich nicht aufs Kämpfen verstanden. In einiger Entfernung konnte Yugi die fliegende Festung der Feen entdecken, die Zuflucht im Himmel. Mava konzentrierte sich mit geschlossenen Augen, und kurz darauf landete Silberschwinge in seiner Nähe. Er tätschelte den Hals des Drachen und wandte sich den Freunden zu. „Yugi, du solltest Seto und Joey am besten zur Zuflucht bringen.“ Yugi wollte protestieren, aber er wurde abgelenkt, weil Seto begeistert aufsprang und auf den weißen Drachen zu lief. „Der weiße Drache! Ha! Endlich mal einer, den ich kenne!“ Doch Silberschwinge zischte ihn böse an, als er versuchte, sie zu berühren. Seto blieb stehen. Mava lächelte hintergründig. „Seto... sie nimmt es dir übel, dass du ihre Karte zerrissen hast!“ Seto war wie vom Donner gerührt. „Ja, aber... ich habe doch noch drei! Ist es denn nicht egal, welche man nimmt...?“ „Das mag sein, doch dieser Drache hier ist nicht dir gegenüber loyal, Seto. Es sind ihre Töchter und ihr Sohn, die erscheinen, wenn du dich duellierst!“ Joey fing an zu lachen und zeigte mit einem Finger spottend auf den Firmeninhaber. „Hahaha, das hast du nun davon! Geschieht dir sowas von recht!“ Mava gab keinen weiteren Kommentar ab, sondern stieg auf Silberschwinges Rücken, um einsatzbereit zu sein, wenn Crimson und Dark den Effekt des Regenbogenfinsternisdrachen für ihn beseitigt hatten. „Ich rufe Diamantkralle, damit er euch zur Zuflucht bringt,“ kündigte Neo an. „Yugi kann einen Drachen fliegen, das sollte also kein Problem sein.“ „Wir lassen Yugi doch nicht im Stich! Gebt mir ein Schwert!“ Joey ballte entschlossen eine Hand zur Faust. In dem Moment flog ein bewaffneter Krieger aus der ihnen am nächsten befindlichen Fensteröffnung, wobei er ein Stück der Wand mitnahm. Er blieb bewusstlos liegen. „Ha, na bitte!“ Doch als Joey versuchte, das Schwert des Mannes an sich zu nehmen, erwies es sich als viel zu schwer für ihn. „Ich meinte eigentlich, dass Yugi mit euch fliegen soll,“ stellte Neo klar. Inzwischen war auch Diamantkralle erschienen. Er war an der rechten Schulter verletzt, doch Neo äußerte sich dazu nicht. Schließlich hatten sie heute alle schon die ein oder andere Schramme abbekommen. Seto zögerte nicht lange, sondern ging zu dem Drachen, der ihn nach kurzem Beschnuppern aufsteigen ließ. „Ich bin ein Duellant. Das wirst du gleich sehen,“ sagte er zu Neo und ließ Diamantkralle aufsteigen, ohne auf seine beiden Freunde zu warten. Doch er flog ihn in einen Angriff gegen die feindlichen Bodentruppen statt zur fliegenden Festung. Yugi staunte. „Wow, ich hab bis heute nicht begriffen, wie genau man einen Drachen lenkt, sich überhaupt darauf hält...“ „Naja, Mister Arrogant hat es halt mit Drachen,“ murmelte Joey, ließ gefrustet das Schwert fallen und sah sich nach etwas Passenderem um. Letztendlich verlegte er sich darauf, die Feinde mit Steinen zu bewerfen, von denen ja genug herumlagen. „Ihr seid alle bekloppft,“ murmelte Neo, doch ihm blieb keine Zeit mehr, sich um die Duellanten zu kümmern, denn das Kampfgeschehen holte die verbliebene Gruppe ein. Yugi, Neo, Eria und Appi blieben in Joeys Nähe und kämpften sich durch, so gut sie es vermochten. Bald konnten sie weitere Gegner neben den Schicksalshelden identifizieren. Die Kämpfer der Finsteren Welt waren erschienen, und die Drachen, auf denen sie hergekommen sein mussten, verstrickten sich in wilde Schlägereien mit denen, die auf Yugis Seite waren. Lord Genesis, Black Luster und die beiden Gilfords hatten sich den besonders starken Feinden gestellt. Doch die Verteidiger waren bereits aufgerieben von der vorherigen Schlacht. Ihre Zahl sank zusehends, und viele waren damit beschäftigt, verletzte Verbündete in die Sicherheit der fliegenden Festung zu bringen. Diese wurde seltsamerweise nicht angegriffen. Und dann waren da noch die Riesenmonster, die der Feind inpetto hatte... Yugi fragte sich, ob der Regenbogenfinsternisdrache wohl der Letzte seiner Größe war... Mava kam Dark und Crimson auf Silberschwinge zu Hilfe, indem er dazu beitrug, die Aufmerksamkeit des gegnerischen Drachen von Crimson abzulenken. Zugleich war er in einer guten Position für seinen späteren Einsatz. Crimson und Dark näherten sich dem Turm, den der Drache besetzt hielt. Crimson landete auf dem Dach, sobald er glaubte, für seinen Effekt nahe genug zu sein. Er konnte sehen, dass der Effekt dieses geflügelten Schlangendrachens wirksam war, und zwar ziemlich intensiv. Die Gegenseite hatte sich anscheinend ganz schön angestrengt, um die Angriffspunkte zu erhöhen. Dark hielt sich in seiner Nähe und passte auf, dass ihn keine Querschläger trafen und dass der Drache abgelenkt war. So konnte Crimson sich in relativer Ruhe auf seinen Einsatz vorbereiten. Er hielt die Hand mit der Innenfläche voran vor sich und konzentrierte sich auf das Glitzern, als das sich der Effekt seinen Augen zeigte. Wie genau er es machte, war ihm nicht klar, spielte aber auch keine Rolle. Jedoch vergaß er, dass er ja immer einen Preis zahlen musste. Der Schmerz ging diesmal heftiger als je zuvor durch seinen Körper. Crimson taumelte und fiel fast vom Dach. Er ging in die Hocke und hielt sich mit der freien Hand fest. Offensichtlich war es schwieriger, den Effekt eines so starken Monsters zu annullieren als den eines einfachen Magiers. Der Regenbogenfinsternisdrache bemerkte ihn durch seine Tat. Jetzt ließ er sich durch nichts mehr von ihm ablenken. Er schlängelte sich vom Turm herab und kam auf ihn zu. Crimson ließ die Hand sinken und keuchte gepeinigt. Es fühlte sich an, als würde sein Körper von innen brennen. Doch da flog Silberschwinge in sein Blickfeld. Es gab einen blendenden Blitz, als Mava seinen Angriff losließ. Crimson schloss die Augen und spürte, dass ihn zwei schlanke Arme packten. „Hey... bleib bei uns, ja? Komm schon...“ Darks Stimme. Der Magier tätschelte seine Wange. Crimson stöhnte auf. „Dark... was hast du mir... für einen... beschissenen Effekt gegeben!“ „Jetzt tu mal nicht so, als ob er dir nicht gefällt.“ „Die Schmerzen... stören ein bisschen.“ „Tut mir wirklich Leid, aber nur die wenigsten kriegen übermächtige Effekte ohne Kosten.“ Crimson sah wieder hin. Der Drache sank nach hinten und segelte von der Burg den Hang hinunter. Den waren sie dann wohl los. Mava flog mit Silberschwinge in Kreisen über ihm und überwachte den Vorgang. „Wir sollten wieder nach unten fliegen.“ Er testete seine Flügel und befand, dass er sich etwas wackelig fühlte, aber es musste reichen. Das Problem war nur, dass sie nicht einfach nach unten segeln konnten, sondern darauf achten mussten, nicht versehentlich von einem Krieger aufgespießt zu werden. „Guck mal, wer ist denn das da?“ Dark deutete nach unten, wo eine hochgewachsene, schlanke Gestalt auf das Gebäude zu taumelte. Sie war ganz mit einem schäbigen, braunen Kapuzenumhang verhüllt, so dass man das Gesicht nicht sehen konnte. „Vielleicht ein Verletzter? Oder ein Angreifer. Lass uns nachsehen.“ Die beiden segelten hinunter und fanden Platz zum Landen in der Nähe der geheimnisvollen vermummten Gestalt. Crimson verwandelte sich mit Hilfe seines Ringes wieder zurück, und beide gingen auf die Person zu. „Hallo? Alles in Ordnung?“ Die vermummte Person blieb stehen. „Crimson...?“ Die Stimme war die einer Frau. Sie griff an ihre Kapuze und schob sie nach hinten. Weißes Haar kam zum Vorschein. Das meiste davon verschwand unter dem Rest des Umhangs. Crimson blieb wie angewurzelt stehen. „Runa!“ *** Yami kam wieder zu sich, schaffte es jedoch, sich dabei nicht zu rühren, denn er erinnerte sich rasch daran, dass er angegriffen worden war. Somit lag er still, während er langsam seine Umgebung wieder wahrnahm und sich orientieren konnte... naja, mehr oder weniger. Es war ruhig in seiner direkten Umgebung. Und dunkel, denn es drang nicht viel Helligkeit durch seine geschlossenen Augenlider. Er wagte es, sie zu öffnen, und erblickte eine Wand. An seinem linken Knöchel war ein Gewicht. Er richtete sich auf und stellte fest, dass er dort angekettet war... die Kette führte zu einem schweren, noch verhältnismäßig handlichen Anker, der jedoch ausreichte, um ihn an der Flucht zu hindern. Er konnte ihn hinter sich her schleifen, aber so kam er nicht besonders schnell voran. Das Ding erinnerte ihn stark an jenen Fall, bei dem er Yugi fast verloren hätte. Der Raum, in dem er sich befand, war eher klein... vielleicht ein ehemaliges Büro, denn es standen noch einige Möbel darin, die diesen Schluss zuließen, und ein paar Decken lagen auf dem Tisch. Sowas wie ein Bett gab es dagegen nicht. Wer auch immer ihn hier festhielt, gönnte ihm nicht besonders viel Komfort. Doch ihm war kalt, also wickelte er sich in eine Decke und breitete eine weitere auf dem Boden aus, um sich darauf zu setzen. Unter dem besagten Tisch standen eine Packung mit sechs Zweiliterflaschen Mineralwasser sowie ein Karton mit Keksen und anderen haltbaren Lebensmitteln, die man so aus der Packung essen konnte. Es gab sogar einen Eimer, der vielleicht für seine Notdurft gedacht war. Na holla, wollte ihn da jemand am Leben halten? Vielleicht war er eine wertvolle Geisel! Ein kleines Fenster befand sich oberhalb seiner Augenhöhe. Es war vergittert und ließ Licht herein, das wohl von irgendwelchen Beleuchtungsanlagen draußen kam. Manchmal war ein Schiffshorn zu hören, oder Rufe von Arbeitern und das Geräusch eines Krans oder ähnliches, insofern erkannte Yami schnell, dass er am Hafen sein musste, wahrscheinlich in einem Teil einer Lagerhalle. Yami stellte fest, dass sein Aussehen sich seit vorhin nicht geändert hatte. Das beruhigte ihn doch, denn so konnte er sich bis zu einem gewissen Grad seinen Entführern widersetzen. Sein Morgenmantel war geöffnet worden, aber das Band war noch da. Vielleicht hatte es sich auch zufällig gelöst und er interpretierte einfach zuviel da hinein. Jedenfalls war er froh, dass er noch eine Schlabberhose darunter trug. Das monotone Geräusch der nächtlichen Hafenarbeiten wirkte einschläfernd, zumal Yami durch die Verwandlungserscheinungen auch ziemlich erschöpft war. Er nickte in seiner Ecke an der Wand ein und erwachte erst wieder am Morgen, als jemand ziemlich rücksichtslos die Tür aufstieß. Erschrocken wie er war, konnte er nicht vortäuschen, noch zu schlafen, und das war wohl auch gar nicht nötig. Die Person kam offenbar nur, um zu kontrollieren, dass bei ihm noch alles in Ordnung war. Der Mann vergewisserte sich, dass die Kette noch an Yamis Fuß war und auch sonst nichts darauf hindeutete, dass er demnächst abhauen könnte. Der Gefangene wartete mit klopfendem Herzen darauf, dass der Fremde wieder ging. Dieser erledigte mit ausdruckslosem Gesicht seine Aufgabe, verließ den Raum und schloss die Tür hinter sich. Yami war nicht sicher, ob die Tür nun abgeschlossen war, aber mit dem Anker kam er eh nicht weit, und bevor er noch ins Hafenbecken fiel, blieb er lieber hier. Doch der Besuch des Mannes eben ließ ihn schaudern. Nicht etwa, weil er diesen Mann selbst fürchtete, sondern weil er jetzt wusste, wer hinter diesen Dingen stecken musste, auch wenn es unfassbar war. Denn der Mann in der schwarzen Kutte, der ihn eben kurz besucht hatte... der war eindeutig ein Rare Hunter. *** Blacky schlug von einer Sekunde auf die andere einfach die Augen auf. Im ersten Moment war er orientierungslos, doch dann erinnerte er sich. Er hatte nicht Pegasus gefunden, sondern Ryou Bakura, den Jungen mit dem Millenniumsring. In der Welt des Blauen Lichts, wohlgemerkt. Ein Geräusch im Haus musste ihn geweckt haben. Es klang nach fließendem Wasser, so als laufe ein kleiner Bach an dem Raum entlang, in dem er sich befand. Seltsam. Blacky blinzelte und kniff die Augen zusammen. Das Dachfenster von Yugis Zimmer hatte ein Rollo, doch es konnte nicht verhindern, dass der Raum hell war, wenn es draußen ebenso war. Neugierig stand er auf und versuchte, das Fenster zu öffnen oder das Rollo zu lösen. Die Stoffbahn ließ sich unten aushaken, und sobald er das tat, schnellte sie federnd nach oben und ließ das Licht des frühen Tages herein. „Argh!“ Blacky hob fluchend eine Hand vor die Augen und wich zurück, dabei stolperte er über den Schreibtischstuhl und warf ihn polternd um, wobei er sich selbst gerade noch fing. Diese Helligkeit blendete ihn, er war fast blind! In der Nacht hatte er diese Probleme freilich nicht gehabt. Ryou, der Besitzer des Ringes, hatte Blacky rasch als das erkannt, was er war – möglicherweise auch durch den Geist, der sich meistens neben ihm aufhielt. Blacky konnte ihn sehen, hatte sich das aber nicht anmerken lassen. Ryou hatte sein Spiel an einen Helfer im gelben Shirt übergeben und seinen Gast zu Pegasus gebracht, der sich zu diesem Zeitpunkt schon in sein Hotelzimmer zurückgezogen hatte, um seine Lieblingscomics zu lesen. Das Gesicht des Mannes war einfach herrlich gewesen! Nach einer kurzen Phase des verlegenen Kennenlernens hatten sie sich aber gut verstanden, Pegasus war sogar äußerst fasziniert gewesen, ein echtes Duel Monster in seiner Welt zu treffen. Auch wenn Blacky ihm schonmal eins übergebraten hatte. Rasch war auch Duke herbeizitiert worden – er hatte bei den Dungeon Dice Monsters Anlagen den interessierten Neulingen das Spiel erklärt, war dann jedoch dazu verdonnert worden, Blacky zu Yugis Haus zu fahren. Der Magier fand Autos, besonders solche ohne Dach, wie Duke eins hatte, ziemlich klasse. Sugoroku Mutou hatte zwar bei seinem Anblick erst einmal große Augen bekommen, genau wie Thea, Tristan und Mokuba, aber letztendlich wunderte den alten Mann inzwischen wohl nichts mehr, zumal ja auch alle das Weltentor im Wohnzimmer gesehen hatten, das Yami geöffnet hatte. Jedoch waren Sorc und Malice aus irgendeinem Grund nicht an dieser Stelle angekommen – und Blacky selbst ja auch nicht. Sugoroku klopfte an die Tür. „Kayos? Alles in Ordnung?“ Er benutzte den Namen, der sonst nur von Blackys engsten Familienmitgliedern einschließlich Dark verwendet wurde. Aber das machte ihm nichts aus. Wahrscheinlich fühlte der Alte sich für alle hier als Großvater. „Ja, aber... es ist so hell! Ist das normal?“ Sugoroku schob den Kopf durch einen Türspalt. „Klar doch, es ist Tag! Kommst du nach unten? Ich habe das Frühstück fertig. Die anderen werden gleich hier sein. Sie bringen dir was Frisches zum Anziehen mit.“ Blacky nickte. Er hatte in seiner Kleidung geschlafen, weil schlicht und einfach nichts anderes da gewesen war, was ihm passte. Yugis Sachen waren ihm alle zu klein, zu kurz oder zu eng. Und Blacky hatte festgestellt, dass er hier nicht zaubern konnte, sonst hätte er die Sachen einfach etwas angepasst. Doch er machte sich deswegen keine Sorgen. Wahrscheinlich musste er sich einfach erst an diese Welt gewöhnen. Ihre magischen Strömungen waren ganz anders als die des Schattenreiches, doch das war nichts, was er nicht in den Griff bekam. Jedoch war sein Unvermögen dann auch einer der Gründe, warum sie nicht sofort nach Sorc und Malice gesucht hatten. Blacky wusste, dass die beiden den Pharao in ihrer Gewalt haben mussten, denn er hatte gesehen, dass sie sich ihn geschnappt hatten, es aber nicht geschafft, etwas dagegen zu unternehmen. Wenn Yami entkommen wäre, hätte er sich wohl schon gemeldet. Blacky ging davon aus, dass er wieder in dieser Welt gelandet war, auch wenn er ursprünglich in die andere Richtung unterwegs gewesen war. Falls er sich in Gefangenschaft befand, war er jedoch lebend nützlicher als tot, denn er war eine wertvolle Geisel. Offenbar hatte er die Verwandlung von Yugi immer teilweise mitgemacht, was ihm wohl in dieser Situation nützlich war. Außerdem war er der Pharao. Also niemand, den man so leicht fertig machte. Blacky sorgte sich im Moment mehr um die Freunde, die er mitten in einer Schlacht verlassen hatte. Ein weiterer Grund war, dass man sich nicht einfach unvorbereitet einem Feind wie Sorc und Malice stellen durfte, deshalb galt es erst einmal auszuschlafen und sich zu stärken, mögliche Strategien auszuarbeiten und alle Verbündeten zu informieren. Letzteres hatten sie am Abend noch getan, während Blacky seine erste Bekanntschaft mit den hiesigen Speisen gemacht hatte. Sugoroku hatte in der Küche wieder allerhand lecker aussehendes Essen fertig, als Blacky dort auftauchte. Das ganze Haus war allein durch das Licht, das durch die Fenster herein kam, insgesamt sehr hell. Blackys Neugier war stärker als sein Hunger und trieb ihn vor die Tür. Dort konnte er kaum die Augen offen halten, geschweige denn die Quelle der Helligkeit ausmachen. Mit diesem Problem hatte er nicht gerechnet. „Hey, du darfst nicht in die Sonne gucken!“ schimpfte der alte Mann. „Das schadet den Augen!“ „Wie könnt ihr hier so leben?“ beschwerte Blacky sich. „Das ist ja... die reinste Folter!“ „Habt ihr keine Sonne?“ „Schon... denke ich. Aber sie befindet sich über der Schattensphäre. Sowas scheint es hier nicht zu geben. Wie kommt ihr damit zurecht?“ Sugoroku lachte amüsiert. „Weißt du, wir blicken einfach nie direkt in die Sonne, und wenn es im Sommer sehr gutes Wetter ohne Wolken gibt, so dass man ihr sehr stark ausgesetzt ist, dann schützen wir unsere Augen mit einer Sonnenbrille. Warte, ich hole dir mal eine.“ Blacky wartete im Schatten der Eingangstür, bis der Alte zurück war. Er zeigte ihm, wie man die Sonnenbrille benutzte, und gab sie ihm dann. Blacky setzte sie auf. Viel besser! Zwar hatte die Landschaft jetzt nicht mehr ihre originale Farbe, aber wenigstens konnte er sie sehen! „Schau trotzdem nicht direkt in die Sonne, dafür ist die Brille nicht stark genug,“ warnte Sugoroku ihn, und Blacky nahm die Warnung sehr ernst. „Die Schatten haben viel klarere Konturen...“ stellte er fest. Er hielt eine Hand ins Licht und war überrascht von der Wärme. „Und der Temperaturunterschied von Licht und Schatten ist deutlicher. Während eines Duells am Tag im Freien fällt einem das gar nicht so auf... Aber es ist ja auch nicht das Übliche, dass wir eure Duelle wirklich mitkriegen. Und wenn, dann ist das Feld mit irgendeiner Magie überzogen.“ Während Blacky noch die Auswirkungen der Sonnenstrahlung untersuchte, hielt Dukes Wagen vor dem Laden. Ryou stieg aus, gefolgt von Pegasus und zuletzt Duke, nachdem der Motor ausgeschaltet worden war. Das Auftauchen des Millionärs war eine Überraschung. „Hi!“ Duke winkte grüßend. „Wir müssen wieder zur Con, die endet heute Nachmittag, aber noch haben wir etwas Zeit.“ Blacky beobachtete, dass diese Leute ohne Schwierigkeiten im Sonnenlicht zurechtkamen. „Wir wollten gerade frühstücken, ich fürchte, es reicht nur für zwei,“ sagte Sugoroku. Pegasus winkte ab. „No Problem, Mr. Mutou! Wir haben schon gefrühstückt, und ich bin auch nur aus reiner Neugier hier... schließlich treffe ich nicht alle Tage einen echten Magier-Boy aus meinem eigenen Game!“ Die Gruppe ging ins Haus. Sie setzten sich in die Küche, wobei die Besucher zumindest einen Tee und Gebäck bekamen, wenn auch kein richtiges Frühstück. Das setzte Sugoroku nur Blacky vor und wartete gespannt, ob es ihm schmeckte. Er gab ihm allerdings eine Gabel, keine Stäbchen, um ihn nicht abzuschrecken. Erst, als der Magier Nachschub verlangt hatte, aß er selbst. „Du fragst gar nicht, was das ist,“ stellte der alte Mann fest. „Ist mir egal,“ sagte Blacky kauend. „Schmeckt jedenfalls. Aber gut... was ist es?“ „Tamagoyaki – das ist ein Eierpfannkuchen. Außerdem Toast mit Marmelade, das isst Yugi so gerne zum Frühstück. Manchmal rennt er zum Bus und hat dabei noch das Toast im Mund, wenn er spät dran ist. Oh, du weißt nicht, was ein Bus ist, was? Na egal... Das weiße Zeug da ist Reis, ein Getreide. Das essen wir fast zu jeder Mahlzeit. Ich kombiniere immer traditionelle Gerichte mit Europäischen, vor allem mit denen, die Yugi mag. Oder Yami, aber er hat einen sehr ähnlichen Geschmack. Hier, probier einen Schokodonut.“ „Die mit dem rosa Zuckerguss sind auch sehr gut,“ bemerkte Pegasus, der den Bestand auf dem Servierteller kurz überprüft hatte. Blacky nickte und probierte alles, bis er fast platzte. Indessen kamen auch die restlichen Freunde nach und nach am Spieleladen an. Mokuba und Marik kamen auf Mariks Motorrad statt im Rolls Royce. Auch Tristan kam mit seiner Maschine, Thea jedoch zu Fuß von der Bushaltestelle. „Und ich dachte, ich hätte gestern geträumt,“ murmelte Thea, als sie Blacky gegenüber stand. Mokuba hatte einen prall gefüllten Rucksack dabei, Tristan sogar eine kleine Reisetasche, die er auf seinem Gepäckträger transportiert hatte. „Hier, ein paar Klamotten, hoffentlich passt dir was,“ sagte der jüngere Kaibabruder und übergab sein Gepäck an Blacky. Tristan tat es ihm gleich. „Hier ist noch mehr. Ich hab einen Gürtel eingepackt, du siehst ziemlich schlank aus...“ Blacky breitete neugierig alle Kleidungsstücke auf dem Sofa und den Sesseln im Wohnzimmer aus. Er legte sein Oberteil ab und probierte einige Shirts und Hemden an, was ihm ziemlichen Spaß machte. Allemal besser als Feengewänder! *** Fortsetzung folgt Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)