Fremde Welten (#1) von Purple_Moon (Das Reich der Schatten ist gar nicht so gruselig.) ================================================================================ Kapitel 26: Pharaos kleine schulische Erfolge --------------------------------------------- Kapitel 26: Pharaos kleine schulische Erfolge Als Yugi am folgenden Tag erwachte, fand er sich eingekeilt zwischen zwei Körpern, die in keiner erkennbaren Ordnung mit ihm zusammen im Bett ausgebreitet waren. Wie so oft hatte sich Blacky im Schlaf zurückverwandelt, aber Dark tat das offenbar auch. Letzterer lag mit dem Kopf zum Fußende, und Yugi hatte sein Knie im Rücken. Das musste ihn wohl auch geweckt haben, denn seine Schulter war ja nach wie vor empfindlich. Als er sich etwas anders hinlegen wollte, bemerkte er etwas Hartes an seinem Kopf: Blackys Zauberstab. Yugis Bewegung brachte das Ding zu Fall, und es machte ein gedämpftes Geräusch, als es auf den Teppich neben dem Bett aufkam. Der dazugehörige Magier seufzte im Schlaf und drehte sich auf die Seite, so dass er mit dem Gesicht zu dem Jungen lag. Yugi betrachtete ihn besorgt. War Sorc noch da, oder hatte er ihn verlassen? Er strich ein paar zerzauste Strähnen des lackschwarzen Haares zurück. Blacky sah im Moment noch ganz normal aus. Aber im Schlaf war man ein leichtes Opfer, nicht wahr? Auf einmal vernahm er ein lautes Schnarchen, dass schon eher ein Grunzen war. Er richtete sich ein wenig auf und entdeckte Appi, der schräg ausgebreitet auf dem anderen Bett lag, die Decke halb auf dem Boden, das Kissen unter seiner rechten Hand. Er schien zu träumen, denn während Yugi zusah, zuckte er mit den Beinen, dann mit dem ganzen Körper, brabbelte dabei unverständliche Worte, und schließlich rutschte er seitlich aus dem Bett und schlief auf dem Boden weiter, wo ja zum Glück ein flauschiger Teppich lag. Der Hüter des Millenniumspuzzles wollte gerne auch noch weiterschlafen, aber ein dringendes Bedürfnis trieb ihn dann doch aus dem Bett. Er versuchte, sich zu entfernen, ohne seine Blutsbrüder zu wecken, und es gelang ihm erstaunlicherweise, obwohl die beiden unbewusst etwas bemerkten und sich ein bisschen räkelten. Nun hatten die Feen leider kein Bad an jedem Zimmer, dafür gab es einen Nachttopf hinter einem Raumteiler, wo auch die Waschutensilien für die Morgentoilette zu finden waren. Yugi bevorzugte es jedoch, den Weg zu dem Raum auf sich zu nehmen, der für diese Dinge gedacht war. Dazu musste er schon ein kleines Stück gehen, und dabei stellte er fest, dass es wohl noch früher Morgen war. Zunächst hatte er es eilig, aber auf dem Rückweg sah er von einem der großen Bogenfenster aus ins Tal hinab und bewunderte die nebelverhangene Landschaft, die gerade erst vom ersten Licht erhellt wurde. Es musste eine Sonne geben, überlegte er wieder einmal, aber ihre Strahlen drangen nicht als solche durch die Schattensphäre, wohl aber ihre Helligkeit. Trotz dieser Schicht am Himmel empfand er es nicht als dunkler als in seiner eigenen Welt, aber das täuschte vielleicht. Einige Feen, Männer wie Frauen, begegneten ihm und nickten ihm grüßend zu. Er sah auch welche auf die Burg zu oder von ihr weg fliegen. Es war noch früh genug, um etwas weiterzuschlafen, doch er entschied, nach Mava zu sehen, auch wenn dieser vielleicht noch gar nicht wach war. Andererseits waren viele Magier Frühaufsteher. Als er vor der betreffenden Tür ankam, hielt ihn ein blonder Feenmann auf. "Yugi, warte! Wenn du zu Mava willst, der ist in ein anderes Zimmer verlegt worden. Dies ist das Krankenzimmer, wir haben einige Mitglieder des Friedenslicht-Ordens darin untergebracht, die es nötiger hatten als er." Der Junge kannte den Mann nicht namentlich, aber es war derselbe, der bei Mavas kleiner Operation geholfen hatte. "Wie geht es Mava?" erkundigte er sich. "Oh, sehr gut, er spricht hervorragend auf unsere Heilmittel an. Aber bis er völlig geheilt ist, dauert es noch eine Weile," berichtete der Blonde. Er bemerkte die Verbände, die unter Yugis Tunika hervorschauten. "Bist du auch verletzt?" "Eine Brandwunde, sie ist gut versorgt worden," versicherte Yugi. "Vergiss trotzdem nicht, die Verbände wechseln zu lassen," wurde er ermahnt, dann zeigte der Feenmann ihm Mavas neues Zimmer. Es war nicht weit entfernt von dem, in dem er selbst und seine Blutsbrüder schliefen, aber größer. Als Yugi vorsichtig die Tür öffnete, erblickte er zwei Betten nebeneinander und gegenüber noch einmal zwei. In einem schlief Mava, die anderen Gäste standen gerade auf. Es waren Magier, die Yugi vom Sehen aus Darks Burg kannte. "Komm ruhig rein, Yugi," rief einer von ihnen. [Alle kennen mich, aber ich weiß die Namen der anderen nicht, echt peinlich,] dachte der Angesprochene. Die Männer stellten ihm ein paar Fragen zu den letzten Vorfällen, die er alle nach bestem Wissen beantwortete, ehe er sich Mava zuwandte. Der Lichtmagier war durch die Gespräche erwacht und blinzelte seinem kleinen Freund müde lächelnd entgegen. "Ah, seid ihr also zurück." Yugi nickte, obwohl er nicht wusste, ob das auf alle zutraf, denn er hatte noch nichts von Magi und Shadow gehört. Mava zeigte ihm seine Hände, die nur noch so verbunden waren, dass die Finger schon frei blieben. "Ich kann sie schon wieder ein bisschen bewegen, aber es ist kaum der Rede wert. Trotzdem, besser als gar nichts..." Er demonstrierte es. "Das ist doch schon sehr gut, wenn man bedenkt, wie schnell das ging," meinte Yugi. "Ja, ich werde mich gewiss nicht beschweren," stimmte Mava zu. "Und was ist mit dir passiert? Du bist ja auch heftig bandagiert." Yugi erzählte es ihm, und als er fertig war, fühlte er sich gar nicht mehr müde und verzichtete darauf, sich wieder hinzulegen. Statt dessen half er Mava beim Anziehen und Waschen, kämmte sein Haar und ging dann mit ihm in den Garten mit dem Brunnen, wo bereits vereinzelte Feen Kräuter ernteten. "Exodia ist also wieder entkommen," stellte der blonde Magier fest. "Vielleicht ist es mein Schicksal, sie wieder zu bannen, nachdem ich sie befreit habe." "Damit du dich doch noch umbringst? Lass es lieber!" bat Yugi. "Wir werden einen anderen Weg finden!" "Wir sind im Moment ganz schön geschwächt," meinte Mava. "Wenn der nächste Angriff erfolgt, müssen die Feen kämpfen, denn die mächtigsten Magier sind außer Gefecht." In diesem Moment näherte sich ihnen ein Mann mittleren Alters, den Yugi noch nicht kennen gelernt hatte. "Nana, Maha Vailo, ein paar von uns sind ja nun auch noch da." "Ah, Skill! Wann bist du zurückgekehrt?" begrüßte Mava ihn erfreut. Skill trug eine staubige, dunkle Robe und hatte ein abgenutztes Bündel dabei, als wäre er gerade von einer Reise gekommen. In einer Hand hielt er einen eher schlichten Stab, offenbar sein Zauberstab, auch wenn er ihn offensichtlich als Wanderstock missbraucht hatte. Sein kurzes Haar war braun, aber grau meliert, und seine Augen fast schwarz. Er war hoch gewachsen und breitschultrig für einen Magier. Obwohl er aussah wie ein Landstreicher, fand Yugi ihn Respekt einflößend. Gerade als er sich fragte, wem der Mann ähnlich sah, wandte Skill sich ihm zu. "Ah, du musst dann wohl der Junge aus den Geschichten sein, die mir zu Ohren gekommen sind. Entschuldige, wenn ich das so sage, aber wie ein Pharao siehst du nicht aus!" Yugi lächelte schief. "Das ist ein Missverständnis. Ich bin der Besitzer des Millenniumspuzzles und beherberge Yamis Geist... ich meine den Geist des Pharaos in meinem Körper. Naja, normalerweise..." "Ich habe das nie ganz verstanden," gestand Skill und rieb sich seinen Dreitagebart. "Dabei hat mein Sohn es mir so oft erklärt. Naja, das ist seine Sache. Wo steckt Dark denn eigentlich?" "Was? Du bist sein Vater?" platzte es aus Yugi heraus. "Skill kommt viel herum, und eines Tages wurde er auf seinen Reisen schwer verletzt und von den Feen gefunden," erörterte Mava. Den Rest konnte man sich denken. Er hatte danach offenbar eine kleine Affäre mit Weaver gehabt. "Er schläft wohl noch, die letzten Tage waren ziemlich anstrengend für ihn und Blacky," gab Yugi Auskunft. "Blacky ist auch hier? Den Kleinen habe ich ja seit etlichen Zyklen nicht mehr gesehen!" rief Skill aus. "Klein? Da muss eure letzte Begegnung wirklich lange her sein," bemerkte Yugi. "Wann hast du denn Dark zuletzt gesehen?" "Och, der ist mir neulich erst begegnet, als ich in der Burg Drachenfels war. Schade um das Gemäuer, naja. Ich war aber nur kurz da, und Blacky war gerade unterwegs," erzählte der Magier munter. "Er war halt schon immer ein Wildfang, bloß gut, dass er von diesem Orden weg ist! Da wäre sein Talent ja verkümmert! Ich hab ihm damals gesagt, dass er ein ganz großer Magier werden kann, wenn er sich anstrengt! Mit etwas Disziplin und Fleiß..." Yugi und Mava tauschten Blicke aus. "Disziplin?" "Fleiß?" "Reden wir von demselben Blacky?" "Garantiert eine Verwechslung!" Skill schenkte dem Austausch kaum Beachtung. Er begeisterte sich für die Fee, die gerade auf ihn zukam: Weaver hatte ihn bemerkt. "Ah, endlich sehen wir uns wieder, meine Liebe!" er ging ihr mit ausgebreiteten Armen entgegen, doch sie wich ihm aus. "Ich bin nicht deine Liebe, dazu bist du zu oft und zu lange fort gewesen, du Rumtreiber!" wies sie ihn zurecht. "Ich will ja nicht wissen, wie viele Weiber du seitdem aufgerissen hast!" "Äh... aber Weaver, du bist doch etwas ganz Besonderes für mich, schließlich haben wir ein gemeinsames Kind!" jammerte Skill. "Das ist dann aber auch alles, was uns verbindet," erwiderte sie gnadenlos. "Aber wenn du schon mal hier bist, kannst du dich auch um unser Kind kümmern. Er hat viel mitgemacht in letzter Zeit." "Äh... ich schau mal nach, ob Dark schon wach ist," bot Yugi an. "Ich seh dich dann nachher, Mava, okay?" "Warte, ich komme mit dir mit!" beschloss der Magier. Sie machten, dass sie wegkamen, damit das Paar die Sache unter sich ausdiskutieren konnte. *** Es fiel Yami schwer, wieder in die Schule zu gehen. Wie viele wussten inzwischen von dem Vorfall mit Bakura, oder glaubten, davon zu wissen? Würden Sie mit Fingern auf Yugi Mutou zeigen und hinter vorgehaltener Hand darüber reden, dass er früher mal so unscheinbar gewesen war, und nun...? Armer Yugi. Seto wartete mit der Limousine auf ihn, wie immer. Yami nahm von Großvater sein Lunchpacket entgegen. "Danke. Ich werde mich bemühen, heute keinen Ärger zu machen." "Du schaffst das schon, und denk dran, dich zu einem der Clubs anzumelden," sagte Sugoroku ermutigend. Yami nickte. "Bis später." Er stieg in Setos Auto, und sie fuhren los. Der alte Mann sah ihnen nach, bis das Fahrzeug um die Ecke bog. Auch wenn er es sich nicht anmerken ließ, er vermisste Yugis sorglose Art. Auf die Dauer wurde doch deutlich, dass Yami den anderen nicht einfach ersetzen konnte. Sugoroku hatte am Anfang versucht, sich einzubilden, dass es immer noch Yugi war, um sich selbst den Schmerz des Verlustes zu ersparen. Aber es ging nicht. Wenigstens wusste er seinen Enkel in den fähigen Händen des Schwarzen Magiers. Auch wenn der Gedanke ziemlich seltsam war. Naja, er freute sich schon auf seine Fußmassage! Yami war während der Fahrt sehr still. Heute bekam er wahrscheinlich die vergeigte Klausur zurück. Und er musste immer noch die Strafarbeit machen. Vielleicht wurde die auch noch um eine Woche verlängert! Und wenn nicht, dann vermutlich nur, damit er nicht noch mehr Unheil anrichtete. Er seufzte, und Seto legte einfach den Arm um ihn, ohne ihn mit Fragen zu löchern. Yami war dankbar dafür, in Ruhe gelassen zu werden, und kuschelte sich an den Braunhaarigen, solange er die Gelegenheit hatte. Doch sie kamen allzu schnell bei der Schule an, und er ging mit einem etwas mulmigen Gefühl hinein. Bildete er es sich ein oder warfen die anderen Schüler Blicke in seine Richtung, um dann flüsternd über seine Verbrechen zu tuscheln, wenn sie ihn außer Hörweite glaubten? "Bist du nervös? Du siehst dich andauernd um," erkundigte Seto sich. Yami fühlte sich ertappt. "Oh... Ja, ich frag mich, was die anderen über mich denken...! "Ist doch egal, du kennst die Wahrheit," meinte der Firmeninhaber. "Es ist trotzdem blöd, sich vorzustellen, dass die Lehrer und Schüler mich für einen Vandalen halten!" "Ach, naja... Sie werden sicher schnell etwas anderes finden, über das sie tratschen können." "Hmmm..." In der Klasse trafen sie auf Thea und Tristan, während Joey kurz nach ihnen ankam, keuchend vom Rennen. "Haah, gerade noch rechtzeitig..." Sie hatten Mathe in der ersten Stunde. Frau Morikawa ließ Yami ein paar Aufgaben an der Tafel rechnen. Er schaffte es mit der Beherrschung eines Pharaos, sich seine Nervosität nicht anmerken zu lassen, denn zweifellos hatte sie ihn auf dem Kieker. "Gut, Yugi, ich wünschte, deine Leistungen wären in jedem Fach so bemerkenswert wie in Mathematik," kommentierte sie in neutralem Tonfall. Einige Mitschüler kicherten verhalten. Yami setzte sich und überlegte, was sie damit andeuten wollte. Seine Englischklausur musste geradezu katastrophal ausgefallen sein. Allerdings, nach allem, was passiert war, kam es darauf auch nicht mehr an. Großvater würde ihn nicht für eine schlechte Note hassen, wenn er ihn nicht dafür hasste, dass Yugi seinetwegen im Reich der Schatten gefangen war und dass Yugis Ruf inzwischen ruiniert war. Englisch hatten sie gleich im Anschluss. Frau Morikawa gab ihnen die Klausur leider nicht zurück, ehe sie alle Aufgaben mit ihnen besprochen hatte. Yami konnte sich nicht erinnern, was er hingeschrieben hatte, und er verstand auch nicht recht, warum er die jeweilige Antwort hätte wählen müssen. Er wollte am liebsten im Erdboden versinken, bevor er das Ergebnis erfuhr. Als König der Spiele war er es gewohnt, immer zu gewinnen, aber als Schüler war er ein Versager. Naja, man musste ihm zugute halten, dass er sich ganz gut schlug, dafür, dass er in dieser Klassenstufe erst angefangen hatte. Die Klausuren wurden schließlich ausgeteilt, und er erwartete seinen unvermeidlichen Untergang. Die Lehrerin rief jeden einzeln auf, um noch eine Bemerkung zu machen. [Warum ist es nötig, dass ich nach vorne gehe und sie abhole?] "Gardner, Thea. Hm, du hast dieses Mal gerade noch eine Zwei. Lass nicht nach!" "Ja, Frau Morikawa." Yami beobachtete mit zunehmender Übelkeit, wie die Kandidaten und Kandidatinnen zum Pult schritten. Die meisten kannte er nicht persönlich. Viele hatten Dreien und Vieren, aber Zweien waren auch dabei. Es schien nicht nach Alphabet oder Leistung zu gehen, sondern die Reihenfolge der Verteilung war beliebig. Frau Morikawa hatte den Notenspiegel angeschrieben: 1: 1X 2: 7X 3: 9X 4: 6X 5: 2X 6: 0X Wenigstens konnte er nicht komplett versagt haben, denn die schlechteste Note war ja nicht vertreten. Ein Mädchen aus der hinteren Reihe hatte eine Fünf. "Wheeler, Joey. Eine Drei, du hast dich deutlich verbessert, sehr schön!" "Woah, cool!" Joey verschwieg, dass er nur so viel gelernt hatte, um Kaiba zu ärgern, der immer mit seinen Englischkenntnissen prahlte. Seit er seine Gegenwart fast täglich ertragen musste, nervte das noch mehr. Aber das durfte der Schnösel natürlich nicht wissen. "Kaiba, Seto. Unverändert, Eins. Weiter so." Seto holte sich schweigend seine Klausur ab und verkniff sich einen Kommentar über die Notwendigkeit von Fremdsprachenkenntnissen, wenn man ein Firmenimperium leitete. Er warf einen Blick auf Yami, der auf seinen Tisch starrte, als wartete er auf seine Hinrichtung. Und dann war es soweit. "Motou, Yugi." Yami schreckte hoch und warf fast seinen Stuhl um, ehe er nach vorne stolperte. "Du warst schon mal überzeugender, Yugi. Reiß dich etwas zusammen, damit du wieder auf dein altes Level kommst! Aber es ist noch eine Vier." Yami nahm das Blatt entgegen und überzeugte sich selbst. [Wie... ist das denn passiert? Es ist keine Fünf!!!] Er hatte Mühe, nicht breit zu grinsen, denn im Grunde war seine Leistung ja kein Anlass zur Freude. Wie in Trance begab er sich zu seinem Platz zurück. [Ich muss ab und zu richtig geraten haben... Da kann ich Yugi ja doch noch unter die Augen treten!] Tristan hatte auch eine Vier, was ihn nicht weiter kümmerte. Er hatte andere Ziele im Leben, als Fremdsprachen zu lernen. Aber leider war der Tag ja noch nicht vorbei, denn sie hatten noch ein paar weitere Stunden. Diese waren zumindest für Yami schnell um, denn er war regelrecht berauscht von seinem, den Umständen entsprechend, guten Ergebnis. In der Mittagspause ging Thea mit ihm ins Schulbüro, damit er sich für einen Club eintragen konnte. "Es ist eigentlich unüblich, dass Schüler sich im laufenden Schuljahr anmelden, aber deine Klassenlehrerin hat dich schon angekündigt," bemerkte die Sekretärin. Yami verzog das Gesicht. Erniedrigend! Jetzt wurden wegen ihm schon Sonderregeln eingeführt! "Äh, danke," presste er hervor. Er las sich die Liste mit Namen und Beschreibungen der Clubs durch, die er von ihr erhielt. Natürlich interessierte ihn der Spieleclub. Aber er musste etwas wählen, das körperliche Energie verbrauchte, um *seine Aggressionen abzubauen*. Da er sich so schnell nicht entschließen konnte, nahm er die Liste mit, um sie in Ruhe zu studieren, während er sein Lunchpacket plünderte. Die Gruppe saß wieder unter ihrem üblichen Baum auf dem Schulhof. "Basketball... Hm, dafür bin sogar ich zu klein, da sind bestimmt all die Riesentypen der Schule drin..." überlegte Yami. "Das kannst du Yugi auch nicht antun, denk dran, dass er dann mit deiner Entscheidung leben muss," stimmte Thea zu. "Wie wär's mit Ballett!" neckte Seto ihn, ohne von seinem Laptop aufzublicken. "He! Gerade habe ich gesagt, dass er dabei an Yugi denken soll!" protestierte Thea. Joey und Tristan lachten hinter vorgehaltener Hand. "Kannst du schwimmen? In Ägypten gibt's ja nicht viel Wasser," grinste Tristan. Yami warf ihm einen vernichtenden Blick zu. "Yugi wird mir dankbar sein, wenn ich ihn im Schwimmclub anmelde, wo er auf Zeit schwimmen darf! Warum nicht gleich Wasserball, da geht er glatt unter! Ich übrigens auch, möglicherweise." "Armer kleiner Pharao," kommentierte Seto. "Karate und Judo gibt es auch. Dafür ist die Größe nicht ausschlaggebend," merkte Thea an. Yami nickte. "Ja, am Ende läuft es scheinbar immer darauf hinaus." "Selbstverteidigung kann nie schaden," merkte Joey an, der sich noch gut daran erinnerte, wie Yugi mal wegen ihm und Tristan verprügelt worden war. Aber das war ja nun schon eine Weile her. "Schaff dir ein stabiles Pflaster für deinen Rücken an," riet Tristan ihm. "Sonst geht die Wunde wieder auf, wenn du zum ersten Mal auf der Matte landest." "Er kann da nicht teilnehmen, bis das verheilt ist!" wandte Thea ein. "Aber vielleicht erstmal zuschauen." "Damit mich Frau Morikawa fragt, warum ich nicht mitmache? Lieber leide ich Schmerzen," grummelte Yami. "Stellt euch vor, ich erkläre ihr, dass ich da ein frisches Branding habe... die hält mich für total irre." Seto blickte nun doch einmal auf. "Aus demselben Grund solltest du auch nicht schwimmen oder sonst was machen, wo man deinen nackten Rücken sieht... schade..." Joey räusperte sich vernehmlich. "Urgh, mir wird schlecht! Werde nie verstehen, was ihr an dem Kerl findet, Yugi und du, Yami!" Seto klappte sein Notebook zu. Er setzte einen einladenden Schlafzimmerblick auf, den nur wenige jemals bei ihm gesehen hatten, und näherte sich Joey, bis ihre Gesichter nur noch wenige Zentimeter auseinander waren. "Möchtest du mal zusehen, wie ich deinen Freund vernasche, Wheeler? Danach bist du vielleicht schlauer, und was mich betrifft, ich glaube, es würde mir gefallen, wenn jemand zusieht!" Joey wich schockiert zurück. "Uaaah, geh weg, du Perverser!" Der Perverse lachte laut auf. Das war so ungewöhnlich, dass sich zahlreiche Augenpaare überrascht in seine Richtung wandten. Yami war knallrot im Gesicht und versteckte sich hinter der Clubliste. "Seeetooo... das kann nicht dein Ernst sein!" "Du bist wohl nicht besonders experimentierfreudig," meinte sein Geliebter. "Lieber würde ich es mit dir in einer Kaufhausumkleide tun als vor meinen Freunden!" "Das merk ich mir." "Argh!" "No risk, no fun!" Seto grinste breit. Die Pause war leider bald schon wieder um, aber Yami begrüßte das direkt, denn so konnte das Thema nicht vertieft werden. Er überlebte die nächsten beiden Stunden, dann ging er noch einmal ins Büro, um sich für den Judoclub anzumelden, da dieser mehr mit Verteidigung zu tun hatte als mit Angriff. Dieses Mal fand er den Weg auch allein. Anschließend musste er den Flur putzen. Die Arbeit war Bakura nicht erlassen worden, obwohl die Freunde damit gerechnet hatten. Auch zwang Ryou seine dunkle Hälfte erneut, seine Strafe selbst abzuschuften. Zum Glück war diesmal eine Aufsichtsperson dabei: Seto Kaiba hatte sich freiwillig gemeldet. Und so putzten sie schweigend, nicht ohne ein paar böse Blicke auszutauschen, aber ansonsten ohne Zwischenfälle. Anschließend war Wochenende! Yami freute sich auf ein paar richtig gute, äh... aggressionsabbauende Tätigkeiten. Und er würde dafür sorgen, dass Yugi seinen Teil davon mitbekam, damit der Kleinere wusste, dass er nicht allein war. *** Dark war eher aufgestanden als Blacky. Er hatte ihm eine Nachricht hinterlassen, dass er bei den Badeteichen sein würde. Der Chaosmagier musste sich durchfragen, ehe er diese fand. Sie waren nicht in der Burg, sondern ein Stück den Berg hinunter, wo ein Bach mehrere natürliche Becken auf einer großen, flachen Lichtung speiste und zugleich das Wasser immer erneuerte. Um von der Burg aus dorthin zu gelangen, musste man schon fliegen können. Blacky flog in Gestalt eines Raben hinunter. Der Ort war von zahlreichen Bäumen umgeben, besonders Weiden, und überall, wo Licht hinkam, sprossen die wundersamsten Blumen, von denen einige sonst nirgends im Schattenreich zu finden waren. Kleine Tiere und Vögel tummelten sich zu Dutzenden in diesem kleinen Paradies. Aber Menschen oder Feen waren zur Zeit nicht anwesend, mit einer Ausnahme. Wieder in seiner menschlichen Gestalt lockerte Blacky lächelnd den Gürtel seines weißen Gewandes, während er auf den Teich zuschritt, in dem er Dark aus der Luft entdeckt hatte. Der andere Magier hatte ihn natürlich bemerkt, sah ihn kommen und stieg aus dem Wasser, nur mit dem kühlen Nass bekleidet. Blacky weidete sich an dem Anblick. Doch Dark lächelte nicht. Sobald er nahe genug war, holte er mit der Rechten aus und schlug seinen Partner ins Gesicht, dass auf dessen linker Wange ein violetter Abdruck entstand. Der Schwarzhaarige starrte ihn entgeistert an. "Was... wofür..." "Das fragst du noch?" zischte der Schwarze Magier gefährlich leise. Doch als er weiter sprach, schrie er vor Zorn. "Du hast es schon wieder getan - hast schon wieder versucht, dich umzubringen! Lernst du es denn nie? Verdammt, ich wäre bei dir geblieben, aber ich hätte einen Ausweg gefunden! Was interessiert mich, ob dein Vater in deinem Kopf rumspukt? Den treibe ich dir schon aus! Du bist so egoistisch! Denkst du jemals an mich? Was mache ich deiner Meinung nach, wenn du tot bist? Mir einen neuen Liebhaber suchen und wie gewohnt weitermachen?" Zuletzt hatte Dark Tränen in den Augen und einen weinerlichen Unterton in der Stimme. Blacky war wie vom Donner gerührt. "Ich... ich wollte doch nicht... Dark, ich wollte euch nur in Sicherheit wissen... ehe er mich dazu bringt, euch zu verletzen... oder Schlimmeres... und das kann immer noch passieren!" Dark breitete in einer hilflosen Geste die Arme aus. "Na dann, jetzt ist die ideale Gelegenheit. Ich habe keine Waffe und werde mich gegen Kayos nicht wehren. Komm schon! Sorc, wenn du mich töten willst, solltest du es jetzt tun, ehe ich meine volle Stärke zurückerlange!" "Nicht, Dark!" Der Chaosmagier wich entsetzt zurück. Er merkte, wie die Präsenz in seinem Kopf sich wieder bemerkbar machte, nachdem sie ihn seit ihrer Flucht in Ruhe gelassen hatte. Aber er hatte gewusst, dass Sorc ihn nicht ganz verlassen hatte, und er hatte gehofft, noch etwas Zeit mit Dark verbringen zu können, bevor... "Kayos, er kann dir nichts anhaben," sagte sein Geliebter jetzt ruhig. "Wir sind stärker als er und sein Verbündeter." Blacky sprang ihn plötzlich an und schloss die Hände um seinen Hals. Er wollte nicht, doch sein Körper tat es trotzdem, ließ sich von dem anderen Geist beherrschen. [Gut so, Junge. Nun drück zu, und der Schwarze Magier wird uns nie wieder im Weg sein!] "Wir sind stärker, Kayos." Dark rührte sich nicht. Blacky kämpfte um seinen Verstand. [Verschwinde, Sorc! Oder ich vernichte dich mit mir zusammen!] [Haha! Dein Partner hatte Recht, du nimmst keine Rücksicht auf ihn. Na los, töte ihn, und dann kannst du von mir aus dich töten!] "Wir sind stärker." [Töte ihn!] "Schnapp ihn dir, Kayos." Die Hände ließen Darks Hals los. Blacky schlang seine Arme um sich selbst, und ein Wirbel aus Magie hüllte ihn plötzlich ein, dass seine Haare senkrecht nach oben flogen. Aufschreiend schloss er die Augen. Als er sie wieder öffnete, nachdem der magische Ausbruch sich gelegt hatte, begegnete er Darks türkisfarbenem Blick. [Wir sind stärker!] [Ja!] In einem entfernten Versteck schreckte Sorc keuchend aus seiner Trance hoch. "Na, hat dein kleiner Sprössling den Schwarzen Magier erledigt?" erkundigte Malice sich halbherzig. Sein Magierfreund sah sich um, als hätte er den Ort nie zuvor gesehen. Er stand von seinem Schlaflager auf und taumelte zu einem kleinen Fenster. "Ja, er ist erledigt," stieß er müde hervor. "War wohl anstrengend," stellte Malice fest. "Ja. Wir sind stärker," flüsterte Sorc. Malice lachte triumphierend. Hätte er sich die Mühe gemacht, sich seinen Verbündeten, der das Gesicht von ihm abgewandt hielt, genauer anzusehen, wäre ihm vielleicht aufgefallen, dass dessen Lächeln gar nicht so fies aussah wie sonst. *** Fortsetzung folgt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)