Interitus von Daedun (Schatten der Vergangenheit) ================================================================================ Kapitel 38: Strategema ---------------------- London 1994, im Schlafzimmer der Hellsings Walter öffnete die Fenster und ließ den Wind hereinkommen, nachdem er die Uhren zu stehen gebracht hatte, dann ließ er Integra mit ihrem Vater allein um Abschied zu nehmen. Weit unter ihnen, in der Schwärze dunkler Mauern, begann sich indessen etwas auf seine Ankunft vorzubereiten.... Der alte Mann war tot! Er konnte fühlen wie seine Seele den leblosen Körper verließ. Wie sein Herz aufhörte gegen die Schmerzen in seiner Brust zu kämpfen und sich ruhig entspannte. Everybody’s got a hunger, No matter where they are, Everybody clings to their own fear Everybody hides some scare… Und sie kniete neben ihm, hielt seine Hand, krallte sich an seinen Finger fest, als wenn sie ihn damit hätte halten können. Dabei war er schon längst fort. Hatte sie, gegen all seine Versprechen alleine gelassen, denn was konnte ein schwacher menschlicher Körper schon gegen die Zeit ausrichten, die ihn zersetzte und einstürzen ließ, wie ein mürbes, altes Haus. Sein Leben und seine Aufgabe hier auf Erden war vorbei. Doch die seine würde ab dieser Nacht erst beginnen... Precious pain Empty and cold but it keeps me alive I gave it my soul so that I could survive Keeping me safe in these chains Precious pain Paris “Wir müssen zur Kirche sofort!“ Seras sprang wie eine Katze herum und landete direkt auf dem Bock. Anderson blieb nichts anderes übrig als sich mit einem schnellen Hechtsprung auf die Ladefläche zu werfen. „Was soll das denn jetzt? Warum?“ Doch Seras trieb die Pferde an und jetzt war es der Priester, der hilflos auf den glatten Holzplanken hin und her geschleudert wurde. „Was passiert hier?“ Schrie Integra gegen den donnernden Lärm an. Um sie herum fielen die Regale wie Kartenhäuser in sich zusammen. „Scheinbar hat Hochwürden bereits alle Vorbereitungen abgeschlossen.“ Murmelte Alucard während seine Augen den Boden um sie herum absuchten. „Ein wirklich perfekter Kreis, sie arbeiten gründlich, dass muss der Neid ihnen lassen.“ „Schön das sie dich mit ihrem Arbeitseifer beeindrucken können, aber das hilft uns hier nicht wirklich weiter.“ Stöhnte Migel. „Ich persönlich habe keine Lust, hier von Tonnen aus Stein lebendig begraben zu werden.“ Integra schluckte, die Vorstellung gefiel ihr ebenso wenig. „Was machen wir jetzt?“ Doch ein lautes Kreischen unter ihren Füßen ließ sie alle erschrocken nach unten blicken. Ein mächtiger Riss bahnte sich seinen Weg durch das Holz und bevor sie auch nur mit der Wimper zucken konnten, brach der Boden unter ihnen weg. Die Augen des Hauptmanns Navar weiteten sich ungläubig, als er sah, wie die alten, massiven Mauern vor ihm anfingen zu zittern. “Was zum Teufel geht da vor?“ Integra drehte sich in der Luft und schaffte es somit annährend auf den Füßen zu landen. Migel, der neben ihr landete, schüttelte sich den Staub aus den Haaren, doch bevor sie weiter überlegen konnte, fühlte sie wie jemand am Arm packte und nach vorne riss. „Los weg hier, das war unser Glück!“ Alucards Körper tauchte neben ihr auf und sie beeilte sich ihm zu folgen. Alle drei erreichten den Rand der Wendeltreppe, die immer weiter einstürzte. Alucard warf den Kopf in den Nacken und starrte den Trichter hinauf aus dem immer mehr Steine, Holz und Bücher zu ihnen hinunter fielen. „ Es gibt nur diesen einen Weg! Wir müssen wieder hoch!“ Damit sprang er über das Geländer, im nächsten Moment war sein Körper wieder der einer Krähe, die im Zickzack nach oben flog. Integra und Migel sahen sich kurz an, dann machten sie es ihm nach. Die herunterfallenden Gegenstände ließen den Flug zu einem irren Hindernisspiel werden, bei dem sie das eins um andere mal fast getroffen worden wären. Nur mit Mühe schafften sie es bis zu dem verborgenen Eingang, der verschlossen vor ihnen lag. Migel verzog bei dem Anblick der heiligen Schriftrollen, die jetzt an den Steinen klebten und ihnen den Weg versperrten, wütend das Gesicht. „Wir sind diesem verdammten Scheißkerl voll in die Falle gelaufen!“ Wieder zitterte der Boden unter ihnen. Integra keuchte. „Es wird nicht mehr lange dauern, dann bricht hier alles ein. Verflucht noch mal! Gibt es denn keine Möglichkeit diese Bannschriften zu umgehen?“ Alucard zuckte hilflos mit den Achseln. „Das ist ja das Problem mit diesen Mistdingern, genau zu diesem Zweck sind sie ja da.“ Plötzlich ertönte ein neues Geräusch. Erst klang es wie ein Rumpeln, doch dann zeichnete sich ein deutliches Klopfen ab, das von der anderen Seite der Wand zu kommen schien. Ein zufriedenes Grinsen machte sich auf Alucards Gesicht breit. „Ich glaub wir müssen uns keine Sorgen mehr machen.“ Nach diesem Satz krachte einer der Steine vor ihnen aus seiner Verankerung und aus dem frei gewordenen Loch blinzelte ihnen ein vertrauter Strubbelkopf entgegen. „Meister, Lady Integra? Alles in Ordnung?“ „Seras! Das gibt es doch nicht!“ rief Integra und stürzte sich auf das Loch. „ Wie...“ „Für Erklärungen fehlt uns jetzt die Zeit meine Liebe, können wir das draußen erledigen?“ Migel sah gehetzt über die Schulter. „ Sonst haben wir gleich ein wirklich großes Problem!“ Integra nickte und verschwand wie Alucard als weißer Nebelstreifen durch die Öffnung. Als sie wenig später auf dem Platz vor der Kirche standen. Konnten sie mit ansehen, wie das prachtvolle Gebäude unter lautem Dröhnen in einer riesigen Staubwolke in sich zusammen brach. Um sie herum stürzten Menschen herbei, die laut Schreiend auf die Ruine deuteten. Der scharfe Klang von Jagdhörnern zeriss die Luft. Hauptmann Navar, der mit seinen Leuten auf sie zu geeilt kam, sah sich unruhig um. „Ich schlage vor wir kehren erst einmal ins Hautquartier zurück und dort erklären sie uns das da!“ Er zeigte auf die Reste der Kirche, die immer noch in einer grauen Nebelwolke eingehüllt war. Auf dem Weg zurück zu Pests Anwesen, kam es ihnen vor, als wenn ganz Paris dem Schauspiel, dass sich so eben ereignet hatte beiwohnen wollte. Die Straßen waren überfüllt mit Menschen, die wie ein zäher Strom zwischen Häusern entlang zogen um das Geschehen mit eigenen Augen zu sehen. Der Vogelschwarm über ihren Köpfen interessierte sie nicht, der als Formation im Innenhof des Grafen landete. Pest erwartete sie schon. „Wie konnte so etwas passieren?“ Mit ernster Mine reichte faste er nach Integras Hand. „Alles in Ordnung mit ihnen meine Liebe?“ Integra wiederstand dem Drang ihre Hand wegzuziehen. Statt dessen versuchte sie zu lächeln. „Ja, uns geht es gut.“ Migel verdrehte hinter ihrem Kopf die Augen, bevor sich Pest ihm zu wandte. „Was ist heute Nacht in Saint-Lupis passiert?“ Alucard der Pests Hand, die immer noch Integras hielt stirnrunzelnd betrachtet hatte, sah jetzt mit ernster Mine auf. „ Es ist viel ernster als wir befürchtet haben. Viel, viel ernster. Sie planen nicht alleine eure Auslöschung, sondern die unserer gesamten Art.“ Anderson war, nach dem Seras ihn während ihrer halsbrecherischen Fahrt über ihre Eingebung informiert hatte, vorzeitig abgestiegen, aber erst nach dem er ihr verraten hatte, wie sie durch die Seitenkapelle das Hauptgebäude gelangen konnte. Jetzt saß er wieder in seiner kleinen Kammer in Notre Dame und überlegte wie die nächsten Schritte auszusehen hatten, doch zu nächst galt es sich von den Süden dieser Nacht rein zu waschen. Alucard erklärte Pest zu Migels und Integras Überraschung, dass die Iscariot vorhatten in den nächsten Nächten systematisch gegen die Kainskinder vor zu gehen. Die Operationen beziehen sich nicht alleine auf Paris, sondern würden wohl landesweit und darüber hinaus statt finden. „Ein Großangriff, der schon von langer Hand geplant ist und wie man heute eindrucksvoll sehen konnte, gegen alle Feinde der katholischen Kirche gerichtet ist.“ Schloss Alucard seine Rede. Pest runzelte grübeln die Stirn. „Ihr meint die 13 Sektion Iscariots hat Saint- Sulpice in Schutt und Asche gelegt?“ „Ja und damit den Hauptsitz der Rose. Ein geschickter Schachzug wie ich finde. Zwei Fliegen mit einer Klappe so zu sagen.“ Der Graf fletschte die Zähne „ Also, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis sie hier einfallen.“ Alucard nickte „ Ich fürchte ja.“ „Dann ist rasches Handeln geboten. Wir werden noch heute die Notquartiere aufsuchen.“ Sein Blick huschte zu Integra. „ Ihr werdet die Einrichtung auf dem Cimetiere du Pere Lachais nehmen. Der ist mit einer der sichersten.“ „Bei Jim Morrison“ platzte Seras raus. „Bei wem?“ Migel warf Seras einen strafenden Blick zu „Niemand den ihr kennt, nur ein alter Barde, für den die kleine Lady eine Schwäche hatte, wie einige Sterbliche auch.“ Pest zuckte mit den Achseln. „Nun gut. Navar wird euch bis zu eurem Unterschlupf begleiteten. Ich werde für Morgen erneut eine Versammlung einberufen. Diese Aussichten verlangt ein rasches Handeln.“ Der erste Silberstreif zeigte sich am Horizont, als die Vampire ihr Lager betraten. Sie standen in einer Krypta, die in ihren Ausmaßen locker mit einer Zweizimmerwohnung mithalten konnte. Prachtvolle Särge aus geschliffenen Marmor standen aneinander gereiht wie Zähne in einem Gebiss. Auf ihren geschlossenen Deckeln verrieten goldene Buchstaben den Namen ihrer Besitzer. Seras ging neugierig und staunend von einem zum anderen. „Himmel muss diese Familie reich sein.“ Integras Neugierde konzentriert sich indessen auf etwas ganz anderes. „Warum erzählst du Pest diese Geschichte mit der Iscariot, wo du doch ganz genau weißt was wirklich passiert?“ Sie konnte das Gefühl nicht abschütteln, dass der Mann vor mehr wusste als er ihr oder den anderen verraten wollte. „Woher wusstest du, dass sie es waren, den wir den Wandel der Welt zu verdanken haben?“ „Das würde mich auch brennend interessieren.“ Meldete sich Migel und setzte sich mit verschränken Armen auf einen der Särge. „Du hast mir nur verraten, was uns da unten erwartet, der Bund mit seiner geheimen Bibliothek, aber den Rest den du vom Stapel gelassen hast. Woher hast du gewusst das sie für all das Verantwortlich sind?“ Alucard schüttelte lachend den Kopf. „Ob ihr es mir glaubt oder nicht. Das war reiner Zufall. Ein Geistesblitz und nur weil Colle Molli zum verwechseln ähnlich sieht.“ Integra verstand nur Bahnhof „Wem?“ „Dem kleinen, alten Priester aus Venedig Meister?“ Migel sah erstaunt zu Seras hinüber, die sich jetzt neben Integra gesellte. Der schwarzhaarige Vampir zwinkerte ihr verschwörerisch zu „ Genau. Da fügte sich das Puzzle mit einem mal zu ein Bild zusammen.“ Er lachte wieder. „Ansonsten würde ich immer noch im Dunkeln tappen.“ „Und was machen wir jetzt? Ich meine es wird nicht lange dauern, bis Pest merkt das hier nur ein Iscariotkrieger rumstreunt und keine Armee die ihm und dem Rest ans Leder will.“ Alucard nickte. „Wir müssen so schnell wie möglich zu..... und wenn wir, anstatt zu dritt, ein paar mehr wären, wäre das nur zu unserem Vorteil. Der Orden hat bestimmt noch ein paar miese Tricks auf Lager um uns auszubremsen.“ „Ah, verstehe, deshalb die Iscariotgeschichte. Wirklich brillant. Wenn sie den Schwindel bemerken ist es egal, dann haben sie schon in unserem Sinne funktioniert und hoffentlich zu unserem Vorteil gekämpft.“ Integra konnte nicht anders als ihm bewundernd anzulächeln. Er verbeugte sich schelmisch. „Ganz in eurem Sinne my Lady“ „ Wo wir das geklärt haben, würde ich jetzt gerne noch wissen, wie du uns so schnell gefunden hast?“ Migel schlug Seras anerkennend auf die Schulter. „ Wie hast du denn den geheimen Eingang gefunden?“ Seras sah ihn mit großen Augen an. „Ob ihrs glaubt oder nicht, aber Pater Anderson hat mir das mit dem Eingang unter dem Altar verraten und er hat mir auch gesagt wie ich durch das Seitenschiff einsteigen kann.“ „Der Priester wusste davon, aber wie?“ „Ein weiter Beweis dafür, dass das Oberhaupt der Rose eines Tages Verrat an seinen Brüdern begangen hat um sein großes Ziel zu verfolgen. Schließlich hat er in Venedig sogar auf die Hilfe der Krieger zu zurück gegriffen um an das Korn zu gelangen.“ Antwortete Alucard mit rauer Stimme. Migel lachte bitter auf „ Dann sollten wir diesen Spitzel so schnell wie möglich los werden, wahrscheinlich hat er uns in der Kirche so gar in die Falle gelockt, in dem er uns angekündigt hat.“ Integra schüttelte den Kopf „Das glaube ich nicht. Er hätte schon viele andere Gelegenheiten nutzen könne um uns auszulöschen, aber er hat seine Pläne geändert. Du hast doch Colle gegenüber schon angedeutet das irgendwas mit ihm passiert ist?“ Sie wandte sich zu Alucard, doch der lächelte nur geheimnisvoll vor sich hin. „ Ich habe da so eine Vermutung aber verzeiht mir, wenn ich euch in diese Angelegenheit noch nicht einweihe. Vielleicht wäre das für alles weitere hinderlich.“ Damit warf er Seras einen kurzen Blick zu und deutete dann auf die weißen Särge „ Ich schlage vor wir ruhen uns jetzt aus.“ Als Integra kurz darauf neben ihm lag, konnte sie fühlen wie seine Hände über ihren Rücken glitten. Sie schloss erschöpft die Augen. Wohin sollte ihr Reise nur gehen und was würde sie am Ziel wirklich erwarten? Konnten sie die Mönche überhaupt noch aufhalten und wenn nicht? Was würde dann mit ihnen geschehen? Sie hatte keine Angst vor der ewigen Verdammnis, denn er würde bei ihr sein, würde sie beschützen wie er es immer getan hatte, aber vielleicht drohte ihnen gar nicht die Hölle. Gab es die in Colles neuer Welt überhaupt, wenn es gar kein Böses mehr gab? Was würde dann wohl an ihrer Stelle kommen? Plötzlich fiel ihr wieder der Traum mit ihrem Vater ein. Wie er ihr vorwarf, dass sie nicht stark genug gewesen war, sich gegen das Böse zu behaupten, dass sie versagt hatte. Sie biss die Zähne zusammen. Wenn er geahnt hätte, dass sie die Welt, die er immer als Mensch vor den Dämonen beschützen wollte nur als Dämon vor ihrem Untergang retten konnte, was hätte er dann wohl gesagt? Mit diesem Gedanken ließ sie sich in die Ruhe des Tages gleiten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)