Interitus von Daedun (Schatten der Vergangenheit) ================================================================================ Kapitel 16: Decretum -------------------- So es geht weiter, aber bevor ich euch mit den Dreien alleine lasse, muss ich doch noch eine Bitte los werden. Auf euren Steckbriefseiten habe ich feststellen können, dass viele von euch künstlerisch sehr begabt sind, darum möchte ich fragen, ob ihr nicht Zeit und Lust hättet, vielleicht Szenen der Geschichte, die euch am besten gefallen haben, mit ausdrucksvollen Schwüngen zu Papier zu bringen. Ich würde mich darüber sehr freuen... Denkt doch mal darüber nach. Bis dahin viel Spaß beim Lesen Eure Daedun Die Sonne brannte nun schon einige Stunden vom Himmel, als Bischof Moro dankend seine leere Kaffeetasse nach oben hielt um sie von dem stummen Diener des Pontifex neu auffüllen zu lassen. Nachdem sie mit dem Auto durch die Straßen des Vatikans zu den privaten Gemächern des Papstes gefahren waren und dieser sie hatte vorsprechen lassen, war er alleine mit Moro in eines seiner Wohnzimmer gegangen und gemeinsam nahmen sie jetzt ihr Frühstück ein. Wobei Moro weit aus weniger Hunger verspürte als der heilige Vater. Er hatte sein Toast kaum angerührt und wartete voller Anspannung darauf, das seine Heiligkeit endlich seine Mahlzeit beendete und sie über das sprechen konnten, weswegen er eigentlich hier war. Gedankenverloren starrte er aus dem Fenster, vor dem sich ein Vogelpärchen lauthals zu streiten schien, dann hörte er wie das Besteck geräuschvoll auf dem leeren Teller klapperte, als der Papst es auf den Tisch neben sich zurückstellte. Mit einem kurzen Kopfnicken gab er dem Diener zu verstehen, dass dieser Abräumen und anschließend gehen konnte. Als sie daraufhin vollkommen alleine waren, beugte sich der weißgewandete Mann mit sorgevoller Mine nach vorne. " Nun, Moro ich muss zu geben, dass ich über die Ereignisse die sich innerhalb Venedigs abspielen mehr als beunruhigt bin. Alleine der unfassbare Diebstahl ist schon mehr als nur ein böses Omen aber jetzt auch diese Morde! Mir scheint, dass es hier um mehr geht, als um wertvolle Reliquien." Er lehnte sich nach seinen letzten Worten langsam zurück. Moro, der immer noch aus dem Fenster starrte, schien ihn im ersten Moment gar nicht gehört zu haben, doch dann fuhren seine grauen Augen mit einem mal herum. "Das ist richtig euer Gnaden, genau das befürchte ich auch. Schon der Anschlag auf Gaba hätte mich warnen sollen, aber nach dem Ereignissen der letzten Nacht, scheint es nun bittere Gewissheit. Irgendjemand ist dabei unsichtbare Fäden zu spannen, dessen Sinn mir langsam klar zu werden scheinen." Er nahm einen kleinen Schluck aus seiner Tasse. " Ich bitte euch deshalb mir einen Einblick in die dreizehnte Abteilung eurer Bibliothek zu gestatten." Der Papst sah überrascht auf. "Wozu soll das gut sein?" Moros Lippen verzogen sich plötzlich zu einem geheimnisvollen Lächeln. " Ich befürchte, das mehr auf dem Spiel steht, als wir ahnen und deshalb brauchen ich alle Mittel die mir zur Verfügung stehen." Seras und Integra brüteten gemeinsam vor dem schwarzen Laptop, das ihnen Andre vor einer halben Stunde besorgt hatte. Dank der neuesten Satellitentechnik waren keinerlei Kabel mehr notwenig um in die geheimnisvolle Welt der Daten einzutauchen. Seras hämmerte eifrig in die Tasten, während Integra hinter ihr ansagte welche Seiten sie aufrufen sollte. "Versuche es doch mal mit einer der Touristeninformationsseiten, vielleicht ergibt sich da schon was." Es dauerte nur ein paar Sekunden, da flammte auch schon das Wappen der Stadt vor ihren Augen auf. Schnell überflogen Integras rote Augen die Zeilen. "Hier! Schrie auf einmal Seras und ihr Finger tippte pochend auf den unteren Teil des Bildschirmes " Der Einbruch vor ein paar Wochen in der Markuskirche." Integra las rasch den dazugehörigen Artikel. Ein kleines Bild zeigte die prachtvolle Vorderfront des Gotteshauses. Die bronzenen Pferde, die auf dem Rundbogen der Eingangshalle standen, glänzten wie flüssiges Gold. Integra runzelte die Stirn "Alles gut und schön, nur dummer weise ist der Rest des Textest auf italienisch." Plötzlich tauschte Migels Kopf neben ihrem Gesicht auf. " Ein für die Polizei unerklärlicher Einbruch erschüttert die Stadt. Unbekannten Dieben ist es gelungen sich durch das linke Seitenschiff Zugang zum Narthex zu verschaffen. Laut Monsinore Gabba, dem stellvertretenden Bürgermeister der Stadt wurde aber nach sorgfältigen Untersuchungen kein Inventar entwendet, so dass von reinem Vandalismus ausgegangen werden muss. Die Verantwortlichen werden, Dank der Arbeit der Polizei, sicher rasch gestellt sein." Der grünäugige Vampir sah sie kurz von der Seite an. " Glaubt ihr wirklich, das wir hier des Rätsels Lösung auf die Spur kommen?" Integra legte einen Finger auf die Lippen. "Tja, ich für meinen Teil finde es schon Recht merkwürdig, dass sich jemand die Mühe macht in so ein massives Gebäude einzubrechen um dann anschließend mit leeren Händen wieder zu verschwinden." "Diese bescheidene Geste passt wirklich so gar nicht zum sonst doch sehr materiellbezogenen menschlichen Charakter." Ertönte Alucards Stimme und gleich darauf erschien er selbst neben dem Stuhl auf dem Seras saß. Seine schwarzen Haare streiften, die im Gegensatz dazu porzellanweiße Wange der kleinen Vampirin, als er sich zu dem flimmernden Bildschirm hinunter beugte. Seras zuckte bei der unerwateten Nähe leicht zusammen, doch er schien ihre Unsicherheit nicht bemerkt zu haben. Mit interessiertem Blick musterte er die flackernden Buchstaben. " Diese Welt wird mir wohl immer verborgen bleiben." Integra lächelte. "Ich habe dir schon mal gesagt, das es keine neue Welt gibt." Dann wendete sie sich wieder an Migel. " Dieser Monsinore Gabba, ist er nicht bei diesem Bombenanschlag ums Leben gekommen?" Migel nickte. " Das ist doch ein merkwürdiger Zufall oder?" Seras sah zu ihr hoch. " Vielleicht sollten wir mal jemanden los schickten, der sich ein wenig in dieser Kirche umsieht." Alucard grinste breit. "Eine hervorragende Idee. Seras, ich denke dafür ist niemand so gut geeignet wie wir zwei beide oder?" Sein leises Lachen klang dröhnend in ihren Ohren und ohne das sie es verhindern konnte spürte sie wie sich ihre Nackenhaare aufrichteten. Am Abend Seras fühlte sich immer noch unwohl, als sie langsam neben ihrem Meister herlief. Sie bogen gerade auf den Markusplatz ein und ein paar schlafende Tauben schreckten bei ihrem Kommen flügelschlagend hoch. Der sonst von Menschen völlig überlaufende Platz schien wie leergewischt und Seras fragte sich ob die gewaltige Kirche wohl schon in Zeiten ihrer Erbauung so eindrucksvoll gewesen war. " Das war sie" sagte Alucard leise und der Vampirin wurde einmal wieder unmissverständlich klar, das ihre Gedanken für ihn so offenkundig waren, wie ein aufgeschlagenes Buch. Sie zog die Jacke um ihre Schultern noch ein kleines Stückchen enger, als ob ihr plötzlich kalt wäre. Seit dem Maskenball quälte sie die Frage was er über das, was sie getan hatte dachte. Doch er hatte darüber bis jetzt geschwiegen. Er schritt immer noch ruhig und ohne jeder Regung neben ihr her, bis sie den Haupteingang des Gotteshauses erreicht hatten. Alucard legte kurz den Kopf in den Nacken. Über ihnen prangte das Portalmosaik von Gottes Sohn, der in seinem rechten Arm das Kreuz trug und den linken gütig gen Himmel streckte. Ein Stückchen weiter oben scharten die stolzen Pferde mit beunruhigten Minen mit den Hufen, als wenn der Anblick der zwei späten Besucher sie verschreckte. Vielleicht taten sie das auch. Seras richtete ihren Blick auf das schwere Tor, das ihnen den Eintritt verwehrte. Es hatte ja auch wirklich allen Grund dazu, denn Wesen wie sie es waren, hatten hier doch nun wirklich nichts verloren. Doch ihr breit grinsender Meister schien da anderer Ansicht zu sein. "Komm!" und ohne weitere Worte griff er nach ihrem Oberarm und im nächsten Augenblick standen sie auch schon auf der anderen Seite des Eingangs. Seras zwinkerte überrascht, aber ihr blieb keine Zeit mehr sich zu wundern, denn der nun ging Alucard mit festen Schritten durch den mit Marmorsäulen und zahlreichen Fresken geschmückte Eingangshall und sie beeilte sich ihm zu folgen. Integra saß auf dem Rand ihres Bettes und kämmte sich mit schnellen Strichen die langen blonde Haare, die wie ein seidiger Teppich über ihre rechte Schulter fielen. Sie hatte dabei den Kopf ein wenig zur Seite geneigt und summte nebenher die Melodie, die Migel gestern auf dem Klavier hatte erklingen lassen. Sie kannte es nur zu gut. Alucard spielte es oft für sie und sie liebte jede Note. Der Klang war mit nichts zu vergleichen und er berührte sie tief in ihrem Inneren. Woran es genau lag konnte sie nicht sagen, aber dieses Lied gab ihr ein unbeschreibliches Gefühl von Geborgenheit und Zufriedenheit, so das sie nicht genug von ihm bekommen konnte. Mit einem heftigen Schwung warf sie den Kopf in den Nacken und legte die Bürste auf den Nachttisch, dann stand sie auf und ging hinüber ins Badezimmer. Der lange, seidene Kimono, der schon bei ihrer Ankunft für sie bereit gelegen hatte, umschmeichelte ihre Haut wie eine sanfte Umarmung und Integra fuhr mit einem wohligen Schauer kurz über den losen Teil an ihrem Bein, bevor sie nach der Cremetube griff. Während sie den Deckel abschraubte sah sie zum wiederholten male auf das riesige Bild, das über der ebenfalls riesigen Badewanne hing. Es zeigte, in sämtlichen Rottönen gemalt zwei schlanke Körper, die sich in spielerischer Art und weise zu verbinden schienen. Seit Integra es zum ersten mal gesehen hatte, war sie von ihm angetan gewesen. Es zeigte in seiner eindrucksvollen Art all das was sie selbst begehrte und gleichzeitig erschreckte. Das Rot spiegelte den Hunger wieder und die Körper, nun die waren ebenfalls ein Abbild dessen wonach sich ein Teil von ihr unentwegt sehnte. Dieser Teil allerdings existierte schon länger als das Tier in ihrer Brust. "Erstaunlich nicht war, wie viel Zeit und Mühe sich der Mensch gemacht hat um die Kraft zu ehren und zu preisen die ihn erschaffen hat." Alucard blickte sich kurz zu Seras um, die mit großen Augen die Bilder um sie herum bewunderte. Bilder, die in Form einer Geschichte gemalt zu sein schienen. Neugierig trat sie an eines heran, in dem zwei Kinder abgebildet waren, die miteinander spielten. Daneben waren sie wohl in Form zweier Erwachsender dargestellt, doch in dieser Szene spielten sie nicht, im Gegenteil! Einer von ihnen lag mit verzehrtem Gesicht am Boden, während der andere mit einem gewaltigen Stein über dem Kopf über ihm stand. Blinder Hass schien in seinen kohlrabenschwarzen Augen zu stehen. Seras spürte wieder die unheimliche Nähe ihres Herrn und dann war seine dunkle Stimme direkt an ihrem Ohr. " Gratuliere Seras, du hast zielstrebig das gefunden, was ich dir zeigen wollte." Seine behandschuhten Finger strichen sanft über die uralten Zeichnungen, als wenn er mit dieser reinigenden Geste ihren vollen Glanz herausstellen wollte. " Was wolltet ihr mir zeigen Meister?" In dieser vollkommenen Stille um sie herum klang ihre Stimme merkwürdig klirrend. " Du siehst vor dir den Ursprung dessen was du seit vielen Nächten bist." Sie wollte sich zu ihm herum drehen, doch er hatte sie von hinten an den Schultern gepackt und zwang sie somit weiterhin auf das Bild zu blicken. " Was soll, das? Ich.." "Gehorche mir." Zischte es in ihr Ohr und Seras hielt augenblicklich still, auch wenn alles in ihr sich versuchte zu wehren. Integra kam aus dem Badezimmer und wollte sich gerade zum Kleiderschrank begeben, als es leise an ihre Tür klopfte. Sie hielt überrascht inne. Dann räusperte sie sich. "Ja bitte?" Migels blondgelockter Kopf erschien in der Tür. "Oh verzeiht mir Lady Integra ich wusste nicht das ihr.." "Schon gut, was gibt es?" Sie verzog die Lippen zu einem dünnen Lächeln. Migel verzog ebenfalls die Mundwinkel. " Alucard erzählte mir, das euch meine Bilder so gut gefallen und da ich ein wenig in meinem bescheidenen Atelier arbeiten wollte, dachte ich ihr wäret vielleicht interessiert mir dabei ein wenig Gesellschaft zu leisten." Er deutet mit der Hand auf die hinter ihm offenstehende Tür. Integra nickte freudig. "Wenn ich euch dabei nicht zu sehr störe." Sie hatte eigentlich schon vor gehabt ihn selbst einmal zu fragen, deshalb kam ihr dieses Angebot sehr recht. Migel versicherte ihr draußen auf sie zu warten, dann ließ er sie allein. Seras Augen huschten ängstlich zwischen den Bildern hin und her. Sie merkte wie sie anfing leicht zu zittern, doch seine Hände hielten sie immer noch wie eiserne Klammern fest umschlungen und so blieb ihr nichts anderes übrig als auf seine nächste Reaktion zu warten. Sie musste nicht lange warten. " Was du hier siehst, ist die Geschichte von Kain und Abel. Sie waren die Kinder der Urmenschen, die einst von Gott selbst geschaffen wurden. Adam und Eva. Kain war der älteste Sohn, der seinen Bruder im Streit erschlug. Rasend vor Zorn über diese haltlose und ruchlose Tat hat sich Gott darauf hin von ihm abgewendet und ihn bis in alle Ewigkeiten verdammt. Für seinen Blutdurst sollte er büßen und fortan nie mehr unter den warmen und gütigen Strahlen der Sonne leben können. Keine Frucht der Erde und kein Fleisch egal von welchem Leib sollte seinen Körper mehr stärken können und die Gnade des Todes sollte ihm für immer versagt bleiben. So zog Kain durch die immer währende Dunkelheit der Nacht, getrieben von dem grauenvollen Hunger der fortan in ihm schrie und nur durch den kurzen Genuss von dem Saft gestillt werden konnte der den Menschen am Leben hält." Seras keuchte, dann spürte er wie er sie los ließ. " In seiner Einsamkeit begann er sich für seine Reise durch die Ewigkeit Gefährten zu suchen, die sich aus freien Stücken vom Licht des Tages abgewendeten um mit ihm die Gier und den Hunger zu teilen. So wie du.." Jetzt wirbelte sie zu ihm herum. Er war kurz hinter ihr stehen geblieben. "Aber ich wusste nicht was diese Entscheidung bedeutet, ich wollte nie..." "Töten? Unschuldige Menschen töten?" unterbrach er sie. Seine funkelden Brillengläser konkurrierten mit dem Weiß seiner Fangzähne. " Sag mir Seras hast du auch nur einen Gedanken an das Schicksal des Menschen verschwendet, dem du in der vergangenen Nacht das Leben genommen hast?" Sie schluckte hart und antwortete ihm nicht, aber er ließ nicht locker "Antworte mir Fräulein Polizistin und dann sage mir, welches Blut dir besser gemundet hat. Das Blut dieses Mannes oder das Blut der ..." "Genug Meister, genug! Ich will das nicht mehr hören!" schrie Seras und sich die Hände an die Ohren. Rote Tränen quollen aus ihren Augen und befleckten den hellschimmernden Boden unter ihren Füssen. Doch egal wie fest sie ihre Ohren zu hielt, seine Stimme hallte ungedämpft in ihrem Kopf " Bist du dir wirklich sicher, dass du deine Entscheidung widerrufen würdest, wenn du könntest?" Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)