Tabularasa von Daedun (Dein Wunsch ist mir Befehl) ================================================================================ Kapitel 29: Societas -------------------- Langsam setzte er sich auf und schlug die Bettdecke zur Seite. Ein scharfes Ziehen sagte ihm, dass es zum aufstehen, vielleicht doch noch etwas zu früh war, aber die Neugierde war einfach zu groß. Vorsichtig machte Charly ein paar zögernde Schritte in Richtung Tür. Dabei bemerkt er den schwarzen Bademantel, der an einem Bügel aufgehängt an der Schranktür platziert war. Er streifte sich den samtartigen Stoff über. Es wurde einfach Zeit herauszufinden, was hier eigentlich vor sich ging. Als er auf den Flur trat, empfing ihn zu nächst nur Stille. Das Haus schien friedlich zu schlafen und keine Menschenseele war zu sehen. Charly wandte sich nach links, in der Hoffnung, so am ehesten auf ein Wohnzimmer oder eine Küche zu treffen. Plötzlich hörte er Stimmen, hinter einer der Türen neben sich und er blieb mit gespitzten Ohren stehen. Den tiefen Sopran des alten Mannes erkannte er recht schnell wieder, aber die feine Frauenstimme war neu. Auf einmal kam er sich blöd vor, wie ein Spion an der Tür zu horchen. Mit einem kräftigen Klopfen verschaffte er sich Gehör. Die Stimmen erstarben, dann ertönte ein freundliches "Herein!" Charly folgte der Aufforderung und befand sich im nächsten Moment in der Gesellschaft des alten Mannes und einer jungen, blonden Frau, die ihn forschend an sah. "Ah, Mr. Peterson, wie ich sehe, macht ihre Genesung Fortschritte." Charly nickte und ertappe sich dabei, dass er immer noch unverwandt die Frau vor sich anstarrte. Er räusperte sich kurz und zwang sich seine Aufmerksamkeit abzuwenden. "Ich habe zwar immer noch das Gefühl jemand würde mir einen Sperr zwischen die Rippen bohren, aber langsam geht es." Der Mann lachte und deutete dann auf seine Begleitung. " Verzeihen sie, wenn ich erst jetzt dazu komme mich vorzustellen. Ich bin Breton Salonica und das ist Lady Integra Wingates Hellsing." Die Frau nickte stumm und Charly tat es ihr gleich. Breton, der die ganze Zeit über hinter einem riesigen Schreibtisch gesessen hatte, stand nun auf und kam zu ihnen hinüber. Charly fiel auf, dass dieser Mann trotz seines offensichtlichen Alters über eine erstaunliche Gewandtheit verfügte. " Nun Lady Integra, was unsere weitere Planung angeht, so möchte ich ihnen gerne jemanden aus unseren Reihen zur Verfügung stellen, der in seiner Art wohl am wenigsten für Zwietracht sorgen wird. Meine Enkelin hatte mich gebeten, sie an den weiteren Unternehmungen teilhaben zu lassen." Integra zog die Augenbrauen hoch. " Das zu entscheiden liegt nicht allein bei mir, aber ich denke, wenn sie über die nötige Ausbildung verfügt, sollte das kein Problem darstellen." Breton nickte. "Gut. Ich werde sie dann morgen zu ihnen schicken, wenn sie erlauben." Integra wandte sich zur Tür. " Soll ich sie nach Hause begleiten lassen?" "Nicht nötig." War die knappe Antwort, dann war sie verschwunden. Charly sah auf die Tür, die sich leise hinter ihr geschlossen hatte. "Eine interessante Persönlichkeit nicht war?" hörte er Salonicas leicht amüsierte Stimme. "Wer ist sie?" " Lady Integra war einst das Oberhaupt einer Organisation, die es sich im Namen des Königshauses und der heiligen Kirsche zur Aufgabe gemacht hatte, die Welt vor kriminellen und teuflischen Machenschaften zu schützen." Bekam er zur Antwort. " Doch wie so oft, wird Ehrgeiz mit Neid belohnt und macht Verbündete zu Feinden." Der alte Mann setzte sich wieder hinter seinen Schreibtisch. " Man wollte sich ihrer entledigen. Sie hätten damals aufgeben können, doch sie hat weiter für ihre Überzeugung gekämpft und ist dabei noch einen Schritt weiter gegangen." Er sah gedankenverloren zur Tür. " Sie hat alles geopfert und am Ende sogar sich selbst." Charly war nach dem Gespräch mit Breton in sein Zimmer zurück gekehrt und hatte sich erschöpft wieder hingelegt. Er sollte sich ausruhen, da Breton ihn gebeten hatte ihn heute abend zu begleiten, wohin, hatte er allerdings nicht erfahren. Mit geschlossenen Augen dachte er nach. Immer noch hatte er keine Antwort auf die Frage erhalten, was für Wesen ihn angegriffen hatten und wer sein merkwürdiger Retter gewesen war. Aber in einem war er sich sicher. Zdziarsteks Vorstellungen gehörten wohl doch nicht ins Reich der Phantasie. Er hatte es schließlich selbst gesehen, wie sich drei Jugendliche vor seinen Augen in reißende Wölfe verwandelt hatten. Er drehte sich auf die Seite. Was war wohl mit den Leichen passiert und was hatte der alte Mann und diese Frau damit zu tun? Wie hatte Breton es noch ausgedrückt, ihre Organisation hatte einst gegen teuflische Machenschaften gekämpft? Aber wie konnte man gegen solche Kreaturen kämpfen? Er merkte wie die Erschöpfung ihn einholte und der dumpfe Schmerz in seiner Brust ließ ihn dämmrig werden. Der letzte Gedanke galt der Frage, was mit ihm geschehen würde. Seras saß seit ein paar Stunden im Keller des Hauses und reinigte laut pfeifend zu den Klängen von Lory Yates Walters Halkonnen. Unter dem Waffenfett, fing das silberne Metall an, wie eine Weihnachtskugel zu glänzen. Zufrieden besah sie sich nach wenigen Minuten ihr Werk. Sie wollte schon nach den Handfeuerwaffen greifen, als sich das altvertraute Kribbeln einstellte. Sie legte die Kanone zur Seite und ging die Treppe. Was konnte ihr Meister jetzt von ihr wollen?" Sie marschierte direkt ins Arbeitszimmer und traf dort auf Integra. Verwundert sah sie sich um, aber Alucard war nicht zu sehen, dafür stand ein, für sie völlig fremdes Mädchen vor dem Schreibtisch. Integra deutete auf die Sessel und die beiden setzten sich, dabei versuchten sie sich gegenseitig aus den Augenwinkeln zu beobachten. " Wenn ich dann vorstellen dürfte," sagte Integra, " Seras Viktoria das ist Allicia Salonica, die Enkelin von Breton, ihr zwei werdet bei den zukünftigen Operationen zusammen arbeiten." Seras sah überrascht auf.. Sollte das etwa heißen, sie würden weiterhin mit den Wolfsmenschen kooperieren? Sie musterte Allicia neugierig von der Seite. Wie ein blutrünstiges Monster sah dieses eher zierliche Persönchen ja nicht gerade aus. Aber Integra unterbrach abrupt ihre Überlegungen. " Das beste wird sein, wenn ihr erst einmal gemeinsam trainiert, dann könnt ihr euch besser auf einander einstellen." Die beiden Mädchen standen auf. " Was für eine Waffe soll ich ihr denn geben, vielleicht die.." "Nicht nötig." Allicia deutete auf einen schwarzen Koffer, der neben der Tür stand und den Seras beim hereinkommen übersehen hatte. "Ich habe meine eigenen Waffen mitgebracht." Wenig später standen sie am Schießstand. Als Allicia den Deckel des Koffers öffnete, lugte Seras ihr über die Schulter. "Wow was ist das denn?" Allicia grinste und holte eine Cut down M1 Ritle hervor, an deren Lauf der Bogen einer Armbrust befestigt war. " Das hier ist sehr praktisch um sich ungebetene Gäste vom Hals zu schaffen. Sie zog aus einem eingenähten Fach einen matt schimmernden Pfeil hervor, dessen Spitzte im Licht funkelte. Dann richtete sie sich auf und zielte auf eines der Phantome. Ein Surren gefolgt von einem dumpfen Bumm und aus dem imaginären Herz des Männchens stach das schmale Ende des Holzstift hervor. Seras staunte. "Nicht schlecht, aber wieso bekommt ihr ungebeten Besuch?" Allicia sah sie mit einem merkwürdigen Blick an. " Weil blutsaugende Schmarotzer es gelegentlich witzig finden jagt auf uns zu machen." Alucard stand am Fenster und beobachtet mit zusammen gezogener Stirn seine Schülerin. " Ich weiß nicht ob es so klug ist, Seras mit diesem Mädchen zusammen zu führen." Sagte er plötzlich und Integra, die mit raschen Fingern die Tasterstur, des Computers bearbeitete, hielt für einen Moment inne. "Ehrlich gesagt, war ich der gleichen Meinung." Er drehte sich überrascht um. " und wer hat dann dem Vorschlag der Wölflinge zugestimmt?" " Der ältesten Rat." Sein Blick glitt doch einmal aus dem Fenster. " Wie sieht eigentlich die weitere Vorgehensweise aus?" wechselte er plötzlich das Thema. Integra lehnte sich im Stuhl zurück. "Kalham und Breton wollen heute noch vorbei kommen und sich mit uns beraten." Alucard lachte auf. " Hat der Hauptmann etwa eine neue Taktik ausgetüftelt?" sein Ton triefte vor Sarkasmus. " Warum hasst du ihn eigentlich so?" Diese Frage wollte sie ihm schon lange stellen. "Das ist nicht so schnell erzählt." Sie drehte sich mit dem Stuhl zu ihm herum und verschränkte die Arme vor der Brust. "Nun, ich weiß nicht wie es mit dir steht, aber ich habe Zeit." Er lachte und beugte sich zu ihr hinunter. Dabei vielen seine Haare vor ihr Gesicht. " Manche Dinge sind zu einschneidend um sie zu vergessen und der Hass kann in mancher verzweifelten Stunde dein einzigster Beistand sein." Integra runzelte die Stirn. "Du sprichst wie so oft in Rätseln." Wieder lachte er leise, doch es mischte sich etwas hinein, was Integra zu nächst nicht deuten konnte. Sie sah gerade Wegs in seine glänzenden Augen, die bis in den hintersten Winkel ihrer Gedanken dringen konnten. Doch selbst bildeten sie oft genug eine unüberwindbare Mauer, dessen geheime Öffnung nur zeitweise für sie offen lag. So auch dies mal. Die Türglocke beendete ihre Unterredung und beide wendeten sich zur Tür. Kurz darauf erschienen Kalham und seine zwei Begleiter und Integra faltete noch einmal den Stadtplan von London auseinander. "So wie man sieht, haben Seras und ich versucht System in die Sache zu bekommen." Sagte sie und trat einen Schritt zurück. Die drei Männer beugten sich über das Papier. "Und?" fragte Boris mit kraus gezogener Stirn, "was kann man erkennen?" "Ganz einfach," mischte Alucard sich dazwischen und tippte mit der Spitze der Jackal auf die gekennzeichneten Punkte. " Diese Mutanten suchen sich immer Stellen für ihr nächtliches Treiben aus, wo man in der Regel um diese Uhrzeit wenig Menschen antrifft. In der Regel sind das Parks." Wieder schellte es an der Tür. "Ich gehe schon." Integra huschte aus dem Raum. Kurz drauf standen Breton und Charly neben den anderen am Schreibtisch. Alucard grinste, " Die Polizei, dein Freund und Helfer, nun sie können uns doch bestimmt ein paar Fragen beantworten." Charly versuchte zurück zu grinsen, was ihm nicht so recht gelingen wollte. Trotz der Tatsache, dass er diesem Mann sein Leben zu verdanken hatte, rieselte ihm bei seinem Anblick ein eisiger Schauer über den Rücken. Ihm kam wieder das Bild des herabfallenden Arms vor Augen und er schluckte. Schnell richtete er seinen Blick auf die Karte. "Tja zufällig ist das genau der Fall den ich bearbeite." Er sah zu Breton hinüber. " Insgesamt haben wir es mit fünf Opfern zu tun, wenn man mich nicht mit rechnet." Fügte er hinzu und Kalham lachte auf. " Können sie uns genaueres zu den Verletzungen sagen?" fragte Integra und Charly wandte sich ihr zu. " Laut dem Bericht des Pathologen haben sie alles eines gemeinsam. Man hat sie auseinander genommen wie ein altes Sofakissen. Einem wurde der Kopf abgerissen, den anderen fehlen zum Teil Gliedmaße oder Organe." Er schüttelte den Kopf, " Jetzt, wo ich weiß, wie die Täter aussahen, macht das alles wirklich Sinn, oder auch nicht. Ich meine das waren doch keine echten Wölfe oder Menschen, oder?" Kurzes Schweigen trat ein, dann ertönte Bretons Stimme. "Wie ich ihnen schon sagte Mr. Peterson. Weiß noch niemand so genau mit was wir es hier zu tun haben. Aber seien sie versichert, dass alle hier Anwesenden das gleiche Maß an Interesse haben, diese Mordfälle aufzuklären und die Verantwortlichen zu stellen." Charly runzelte überrascht die Stirn. "Heißt das, die drei Bestien, waren nicht allein? Es laufen noch mehr von denen da draußen rum?" Jetzt war es Alucard der lachte. "Na, das hoffen wir doch mal, schließlich soll der Spaß noch ein bisschen dauern." Nach einer Stunde hatten sich alle auf eine gemeinsame Strategie geeinigt. "Also, ich fasse noch einmal zusammen." Räusperte sich Integra. " Bei der nächsten Vollmondnacht in drei Wochen, werden wir an jeden erdenklichen Park in London Wachtruppen platzieren. Jede Einheit besteht aus einer Gruppe von Kalhams Männern und ihren Breton." Sie deutete auf Alucard und sich selbst. "Wir schließen uns jeweils einer Gruppe an und bleiben somit in Verbindung, einverstanden?" Einstimmiges Nicken war die Antwort. Dann brachen die Gäste auf. "Und bevor ich es vergesse." Erklang noch einmal die Stimme von Integra. " Bei diesem Unternehmen gibt es nur einen Feind. Da sind wir uns hoffentlich alle einig." Charly war der Einzigste, der diese Anspielung nicht verstanden hatte, als er mit Breton das Haus verließ. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)