Geliebt und belogen von DarcAngel (Das Geheimnis um Sams Vater) ================================================================================ Kapitel 12: Die zwei Männer in ihrem Leben ------------------------------------------ Jetzt wirds spannend... 12. Die zwei Männer in ihrem Leben Leise verschloss sie die Tür hinter sich. Dann schlüpfte sie vorsichtig aus ihren Schuhen, bevor sie mit Sam auf dem Arm die Treppe hochging. Sie wusste, dass sie ihm nur noch wenige Sekunden aus dem Weg gehen konnte. Sie biss die Zähne zusammen, versuchte ihre Gedanken zu vertreiben, während sie ihre Tochter in ihr Bett legte und sie zudeckte. Schließlich gab sie dem kleinen Mädchen noch einen Kuss auf die Stirn und verließ dann leise das Kinderzimmer. Mit klopfendem Herzen steig sie die Treppe hinunter, ihr Umhang streifte hinter ihr über die Stufen. Einst hatte sie sich dabei wie eine Königin mit rotem Umhang gefühlt, doch das Gefühl war längst verflogen und der Umhang war auch nie königlich-rot gewesen. Dann erblickte sie ihn. Er sah schrecklich aus, wie er am Ende der Treppe auf sie wartete. Sein Anblick zerbrach ihr fast das Herz und dennoch wäre sie am liebsten sofort wieder umgekehrt. Aber, wenn sie ihn nicht vollends zerstören wollte, und das wollte sie auf keinen Fall, dann musste sie sich jetzt zusammenreißen. Jede Faser ihres Körpers spannte sich an, vom kleinen Zeh bis in die Haarwurzel, während sie sich langsam wieder in Bewegung setzte. Sie blickte ihm in seine hellgrünen Augen, die so voller Verzweifelung, Angst und Schmerz waren. ‚Was habe ich nur getan?’ Sie fühlte sich unendlich schlecht und noch viel schlimmer. Schließlich stand sie vor ihm. Doch er sagte nichts, stattdessen ging er einen Schritt zurück, sodass sie auch die letzte Treppenstufe hinter sich bringen konnte, was sie auch unsicher tat. Immer noch schweigend nahm er ihr ihren Umhang ab und hängte ihn an die Garderobe, bevor er sich dem Wohnzimmer näherte. Beim Vorbeigehen warf Hermine einen kurzen Blick in die Küche. Der Esstisch war festlich gedeckt für ein Candle – Light - Dinner zu zweit mit Kerzen und Blumen. Doch das Essen hatte längst aufgehört zu dampfen und auch der Sekt sprudelte nicht mehr. Ihr Herz schlug hart und eine Gänsehaut überkam sie. Am liebsten hätte sie sich in seine Arme geschmissen und geweint, doch sie war kein Teenager mehr und außerdem konnte sie ihm das nicht zumuten. Er hatte gelitten und sollte sie nun trösten? Das widersprach ihrem Weltbild und nicht nur dem. Ihre Augen wurden nass, noch bevor sie sich neben ihn auf das Sofa setzte. Sie kämpfte mit den Tränen und versuchte ihre kalten Hände zwischen ihren Beinen zu wärmen, doch es gelang ihr nicht. Sie ertrug es nicht ihn anzusehen, sodass sie ihren Blick senkte und ihre Finger anstarrte. Sie hörte seinen Atem, tief und schmerzvoll, er schien mit ihrem Herz im Takt zu schlagen, als versuchten ihre beiden Körper noch einen letzten Versuch auf ewig miteinander zu verschmelzen. Beinahe hätte diese Erkenntnis sie zum Lächeln gebracht, doch die Situation und ihre Gedanken ließen es nicht zu. Sie drückte ihre Fingerkuppen feste zusammen, um sich abzulenken, sodass sie ganz weiß wurden. Doch sie spürte den Schmerz nicht, ihr seelischer Schmerz überwog. Seinen Atem ausblendend versuchte sie die richtigen Worte zu finden, während er schweigend neben ihr saß. Noch nie hatte eine solche Stille zwischen ihnen geherrscht, aber Hermine wusste nicht, wie sie diese Macht durchbrechen oder gar verscheuchen konnte. „Sag doch etwas.“, flehte sie ihn nach Minuten des unerträglichen Schweigens an. Sie hielt das nicht mehr aus. Konnte er sie nicht anschreien oder beschimpfen? Damit würde sie besser klarkommen, als mit diesem schrecklichen Schweigen und den verzweifelten, traurigen Blicken. Wieder schenkte er ihr einen von diesen, während ein einziges Wort seine Lippen erklomm: „Warum?“ Da war sie sich nicht mehr sicher, ob das Schweigen nicht doch besser gewesen war. Wer hatte dieses bescheuerte Wort erfunden? Wer? Diese Frage verlangte so viel, und sie wusste nicht, wie sie eine passende Antwort geben konnte. Warum musste er ausgerechnet mit der schwierigsten Frage anfangen? Es gab doch so viele andere Fragen, zum Beispiel, wo sie gewesen war. Sie überlegte, ob sie nicht erst die Frage „wo“ beantwortete, doch sie verwarf den Gedanken schnell wieder. Das war Harry gegenüber nicht fair. Sie wollte ihn nicht noch weiter unnötig quälen, aber sie fand auch nicht die richtigen Worte. Ihr Blick schweifte durch ihr gemeinsames Wohnzimmer, als könnte der Anblick ihr und ihnen helfen. „Ich kann das nicht mehr.“, sagte sie schließlich leise. Ihr Mann sah sie fragend an. „Ein Kind mit dir zeugen.“, klärte sie seine unausgesprochene Frage direkt. Sie sah, wie bei ihrer Antwort der Rest des Glanzes in seinen Augen verschwand, einfach erlosch. Hilfesuchend und gleichzeitig trostspendend griff sie nach seinen Händen, die nicht so kalt wie ihre waren. „Ich wollte das alles nicht, Harry, das musst du mir glauben.... Gestern Abend ist es mir einfach zu viel geworden. Ich brauchte einfach ein bisschen Zeit für mich.“ „Warum hast du mir nicht wenigstens einen Zettel geschrieben, dann wäre es kein Problem gewesen?“ Sie zuckte hilflos mit den Schultern. „Erst war ich in London, im London der Muggel, spazieren, shoppen, doch auch das half mir nicht. Nichts hat mir gefallen, Shoppen war plötzlich sinnlos und unwichtig, nahezu doof. Ich bin den ganzen Tag nur kreuz und quer durch die Stadt gerannt, ohne Ziel.“, gab sie ihren Tagesverlauf wieder. Sie starrte auf die Tischplatte. „Dann bin ich nach Irland...“, sie spürte, wie die erste Träne ihr die Wange runter rann, sodass sie den Kopf senkte und sich nach vorne beugte, die Stirn in ihre Hände legend. „Es war nicht mehr zu verhindern, ich kann es nicht als Fehler bezeichnen... Ich war auch nicht besoffen oder so. Mein klarer Menschenverstand hat mich dorthin geleitet, es gibt keine Entschuldigung dafür. Ich habe aus freiem Willen gehandelt, ich war mir der Konsequenzen bewusst und ich bin trotzdem gegangen... Ach Harry, ich hatte mir so gewünscht, dass es klappt. Doch ich kann nicht mehr. Ich habe dagegen angekämpft, erfolglos... Ich war bei ihm.“ Harry sackte in sich zusammen, er schlug die Hände vors Gesicht und schüttelte immer wieder den Kopf. „Das muss ein Traum sein.“, murmelte er, „ein Albtraum.“ Hermine streckte die Hand ganz langsam aus, als sie jedoch zwei Zentimeter von ihm entfernt war, hielt sie inne. Hatte sie das Recht ihn noch zu berühren? Traurig ließ sie ihre Hand wieder sinken. „Tut mir leid, Harry, es ist kein Traum.“ und in Gedanken fügte sie ein „mehr“ hinzu. Sie hatte längst aufgegeben sich zu wünschen, dass sie nur träumte. „Es gibt also einen anderen?“, fragte Harry, dem plötzlich alles so klar vor Augen lag. Die Streitereien in letzter Zeit, sie hatten sich kaum gesehen, geschweige denn dass sie etwas gemeinsam unternommen hatten, außer vielleicht der Besuch bei Weasley Junior. Wann hatten sie das letzte Mal miteinander geschlafen? Ihre Leben waren auseinander geglitten, ohne dass er es gemerkt hatte. Er sah ihr Nicken nicht, doch er kannte ihre Antwort auch so. „Habt ihr euch schon öfter getroffen?“, seine Stimme war dünn und nicht mehr allzu lang und sie würde brechen. „Nein... Ja,... aber nicht wie du denkst.“, erwiderte sie leise. Der Schwarzhaarige hob den Kopf und sah sie aus hellgrünen Augen todtraurig an. „Ich bin ihm manchmal zufällig im Kindergarten begegnet.“, gestand sie, während ihr die Tränen mittlerweile haltlos vom Kinn tropften. Aber jetzt war kein Harry mehr da, der sie tröstete, sie in den Arm nahm und streichelte, ihr die Tränen aus dem Gesicht küsste. Doch eben diese Erkenntnis machte es nur noch schlimmer, trieb ihr noch mehr Tränen in die Augen, machte sie nur noch trauriger. „Habt ihr...?“, setzte er an, aber sie unterbrach ihn, bevor er sich weiter mit der Frage quälte, indem sie schnell den Kopf schüttelte. „Seit ich dich geheiratete habe, bis heute Abend habe ich keinen anderen Mann geküsst.“, stellte sie mit rauer Stimme klar. Ihr Mann nickte, bevor er sich wieder abwandte und sich immer mehr in sich zurückzog. Sein Anblick versetzte ihr Tausend Stiche ins Herz, unzählige kleine Nadeln brachten es zum Bluten und sie wusste, dass Narben zurückbleiben würden. „Wie soll es jetzt weiter gehen?“, fragte er mit beinahe lautloser Stimme nach einigen Minuten. „Ich weiß es nicht.“, gab die Brünette zu und schlang die Arme um sich, „aber so wie bis jetzt nicht.“ „Ich kann dir helfen ihn zu vergessen. Wir könnten in Urlaub fahren, nur wir zwei. Wir werden uns noch einmal neu in einander verlieben.“, schlug er vor und sah sie mit einem letzten Funken Hoffnung aus den feuchten Augen an. Jeder Herzschlag schmerzte und sie widerstand der Versuchung die Augen zu schließen, während sie entschlossen den Kopf schüttelte. Sie wollte ihn nicht so leiden sehen, nicht wegen ihr. Es riss ihr das Herz aus der Brust. Am liebsten hätte sie es auf den Boden geschmissen und wäre darauf herum getrampelt. Ihr Herz hatte ihnen das alles eingebrockt, es trug die Schuld an all dem. „Ich kann das nicht, Harry, ich kann das einfach nicht. Ich habe es versucht, das musst du mir glauben. Ich hab so viel versucht. Aber ich komme nicht gegen meine Gefühle an.“, gab sie zu. „Liebst du ihn?“, seine Stimme schien so zerbrechlich. Am liebsten hätte sie „nein“ gerufen, nur um ihn zu trösten, aber sie wollte ihn nicht belügen. „Ja.“, war deswegen ihre sichere Antwort. Das war wohl der Augenblick, in dem er zerbrach, sie sah es ihm an. Wie er da saß, wie ein kleines, schutzloses Kind, dem man alles genommen hatte. Sie musste mit sich ringen, sie hätte ihn so gerne in den Arm genommen, doch schließlich begnügte sie sich damit ihm kurz über den Rücken zu streichen, wobei sie feststellte, wie sehr sie zitterte. Es tat so weh, so unglaublich weh. Harry sprang auf. Zuerst wirkte es, als wolle er davon laufen oder einfach nur hoch ins Bett, doch dann marschierte er weinend durch ihr gemeinsames Wohnzimmer. Aufgrund seines Anblicks überkam sie ein Schütteln. Es tat so weh. Sie wusste, dass sie ihn verlor. Ihren besten Freund und Mann. Ihren Partner während so vieler schöner Jahre. Er war so viel für sie gewesen, hatte ihr so viel gegeben. Sam und er hatten ihr Leben ausgemacht. Aber sie konnte ihn nicht mehr halten. Er hatte sie nicht verdient, er hatte eine bessere Frau verdient, eine die ihn von ganzem Herzen liebte und ihn nicht belog. Sie wollte ihm nicht weh tun. Sie ließ eine Packung Tempos zu sich schweben und putzte sich die Nase. Es war nicht das erste Mal, dass sie heute weinte. Nie wollte sie diesen Tag erleben, nie Harry verlieren und doch hatte ihr Leben ihr eben diesen Tag heute beschert. Alles brach auseinander, alles, was sie sich je aufgebaut hatte, und gleichzeitig wusste sie, dass es für ihn nur noch schlimmer sein musste. Noch um vieles schlimmer. „Warum?“, fragte er schließlich noch einmal, „ich meine, wie, wieso?“ Sie atmete tief aus und erinnerte ihn an einen Streit vor wenigen Tagen. ~Flashback~ „Dumbledore wird noch lange leben.“, behauptete der Schwarzhaarige stur. „Verdammt, Harry, du bist ein Träumer.“, sie entzog ihm ihre Hand und funkelte ihn wütend an, „du musst endlich wach werden. Manchmal habe ich das Gefühl, du träumst dein Leben lang. Das einzige, das du machst, ist Quidditch spielen, alte Freunde treffen und kämpfen. Das ist doch nicht das wahre Leben.“ „Okay, …, zufrieden?“ „Es geht doch nicht darum, dass du nachgibst! Ich habe das Gefühl wir leben uns auseinander… Einst dachte ich, ich würde alles von dir wissen. Doch mittlerweile habe ich immer mehr das Gefühl, dass immer mehr zwischen uns steht. Ich weiß nicht, wie es dazu kam, aber eins weiß ich, so kann es nicht weiter gehen.“ Er starrte sie völlig überrumpelt an, nicht im Stande etwas zu erwidern. Deswegen drehte Hermine sich um und verließ mit wehendem Haar den Raum. ‚Wie ist es soweit gekommen?’, fragte Harry sich und starrte ihr noch immer perplex nach. Sie hatten sich in letzter Zeit bereits öfter gestritten, allerdings nie so heftig wie diesmal und immer nur wegen Kleinigkeiten. Lag es daran, dass bald Vollmond war oder war es wirklich ernst? Denn in gewisser Weise hatte sie ja Recht, ihre Ehe war nicht mehr das, was sie sein sollte. Und sein Leben verlief wirklich anders, als das der meisten. Aber war es deswegen gleich weniger wert? Außerdem mochte er sein Leben, war das nicht die Hauptsache?! ~Flashbackend~ „Ich kann mich ändern, wenn du das willst?“, bot Harry ihr an. Doch Hermine schüttelte nur traurig den Kopf. „Was willst du dann?“, anstatt zu schreien, flehte er sie beinahe an. „Oh Harry...“, seufzte sie und verbarg ihr Gesicht in den Händen. „Ich würde alles für dich tun.“, sagte er schmerzhaft und kniete sich vor sie. Ein heftiger Heulkrampf schüttelte sie. Ihre Stimme versagte, während sie schluchzte. All die Selbstbeschimpfungen brachten nichts, sie konnte nicht anders, als ihn zu verletzen. Sie hatte letzte Nacht gewusst, dass sie 24 Stunden später dieses Gespräch würde führen und doch fiel es ihr so unendlich schwer. Obwohl sie übermüdet war, fielen ihre Augen ihr nicht zu, doch langsam brannte ihre Haut von den salzigen Tränen. „Es ist zu spät, Harry.“, flüsterte sie durch ihre Hände hindurch. Mit Gewalt riss er ihr ihre Hände vom Gesicht und sah sie eindringlich an, während beide weinten. „Sag es mir. Kann ich auch nur den kleinsten Hoffnungsschimmer haben?“, verlangte er zu wissen. Der Ausdruck in seinen Augen, sein tränenverschmiertes Gesicht, das zerraufte Haar, alles an ihm trieb ihr die Tränen in die Augen. „Nein.“, sie hasste sich selber, als er über ihren Beinen zusammenbrach. Wieder hatte sie das Bild eines Kindes vor Augen, das sich im Schoß der Mutter ausheulte, sie verwarf es schnell wieder, denn es passte so überhaupt nicht. Er hatte ihre zitternden Hände losgelassen, sodass sie ihm sanft ihm über den Kopf strich, über den Rücken, während ihre heißen Tränen sein nachtschwarzes Haar nässten und seine ihre Hose tränkten. Während sie so da saßen, minutenlang, ließ Hermine der Gedanke nicht los, dass das noch nicht alles war, dass es noch viel schlimmer werden würde. Noch grausamer und schmerzlicher. Ihr Geheimnis, sie hatte es so lange vor ihm geheim gehalten, viel zu viele Jahre. Er hatte ein Recht darauf gehabt es zu erfahren, aber sie war immer zu feige gewesen, hatte Angst gehabt, dass er sie verließ. Im Nachhinein wäre der Weg der Bessere gewesen, jetzt würde ihn die doppelte Last treffen. Sie wollte ihn schützen vor den Angriffen, doch sie war der Angreifer. Innerlich zerriss es sie. Warum hatte es nur so kommen müssen? Wäre vielleicht alles anders gekommen, wäre Irland nicht im EM-Finale gewesen und hätten sie Sam niemals dort in den Kindergarten geschickt? Doch der Gedanke half jetzt nicht mehr, wie sie schon gesagt hatte, es war zu spät. Keiner von beiden hatte in jener Nacht geschlafen. Sie waren im Wohnzimmer herum gewandert, hatten neben einander auf dem Sofa gesessen, sie hatten sich gegenseitig in den Armen gehalten. Tränen waren geflossen und nur schwer waren die Schreie zu unterdrücken gewesen, aber dieses Schauspiel hatten sie Sam ersparen wollen. Auf Sams Frage am nächsten Morgen, wieso sie so erschöpft aussehen, antwortete Harry, dass sie kaum geschlafen hatten. Hermine brachte ihre Tochter zu Ron und bat ihn Sam mitzunehmen. Der Rotschopf betrachtete seine Freundin mit einem besorgten Blick, stellte jedoch keine Fragen, sondern brachte Sam zusammen mit Timmy zum Kindergarten. Im Nachhinein konnte Hermine nicht mehr sagen, wie sie die Woche überlebt hatte. Es war schrecklich gewesen, für beide. Sie waren abgemagert, bleich und hatten tiefe Ringe unter den Augen. Schließlich hatte die Brünette das Notwendigste eingepackt und war in den Fuchsbau gezogen. Harry starrte mit leerem Blick in den Kamin, durch den Hermine und Sam gerade verschwunden waren. Er konnte es immer noch nicht fassen. Innerhalb einer Woche hatte er sein Leben verloren. Ron versuchte ihn zu trösten, zwang ihn zum Essen, aber sein Zustand änderte sich nicht. Hermine lag Stunden lang auf dem Bett in Rons altem Zimmer, starrte ins Nirgendwo oder weinte. Fred nahm Sam mit in den Kindergarten und holte sie abends mit ab, sodass Hermine ihre Ruhe hatte. Keiner stellte ihr dumme Fragen, nicht einmal Jaimee und Lucy. An einem verregneten Nachtmittag saß Ginny neben ihr auf dem Bett, im Schoß einen Teller Suppe. „Du musst etwas essen, Hermine.“, redete Mollys einzige Tochter auf sie ein. Hermine starrte an ihr vorbei, ohne zu reagieren. „Verdammt, Hermine, so kann das doch nicht weiter gehen. Du hast dich für diese Lösung entschieden. Du hast dich von ihm getrennt.“, fuhr Ginny sie an. „Soll es mir deswegen spitze gehen, Ginny? Ich war drei Jahre mit ihm verheiratet. Ich habe alles zerstört.“, keifte Hermine erzürnt zurück. „Keiner verlangt von dir, dass du strahlst. Aber du hättest dir das eher überlegen können! Du verhältst dich wie das Opfer, doch das bist du nicht.“, sagte die Rothaarige spitz, stellte den Teller etwas zu feste auf die Konsole. „Wenn du unbedingt für Harry Partei ergreifen willst, dann geh doch zu ihm.“, fauchte ihre Freundin. Ginny griff nach ihren in letzter Zeit stets kalten Händen. „Ich will dir doch nur helfen, Hermine. Du kannst dich nicht so hängen lassen, schon alleine für eure Tochter musst du stark sein. Sam versteht das doch alles noch nicht.“, versuchte sie Hermine zu überreden. Bei den Worten fing die Ältere erneut an zu weinen und zog sich die Decke über die angezogenen Knie. „Und du verstehst auch nicht.“, brachte sie kaum verstehbar hervor. Braune Augen musterten sie irritiert. „Ich habe mit ihm Schluss gemacht wegen einem anderen.“, gestand Hermine traurig. Sprachlos starrte Ginny sie an, bevor sie langsam anfing ungläubig den Kopf zu schütteln. In dem Moment wurde der Jüngeren erst richtig klar, wie endgültig diese Entscheidung war, dass es kein Zurück gab für ihre Freunde. Doch es schockte sie auch, dass Hermine einen anderen hatte. „Wen?“, fragte sie ungläubig. Die Antwort hatte Harry zu seinem ersten Wutausbruch gebracht, der mit einer kaputten Vase anfing und mit einem Flug durch die Fensterscheibe auf seinem Besen endete. Er war Stunden lang weg gewesen und Hermine hatte sich ernsthafte Sorgen um ihn gemacht. Obwohl Ginny anders reagieren würde, fiel es ihr schwer eine Antwort zu geben. So holte sie das kleine Büchlein aus der Schublade der Konsole, das Ginny ihr vor einer Woche gegeben hatte. Die braunen Augen weiteten sich in noch größerem Schock, geradezu Entsetzen. Erneut schüttelte sie den Kopf. „Das kann nicht dein Ernst sein.“, sagte sie völlig neben sich und noch immer kopfschüttelnd, „ihn? Das kannst du Harry doch nicht antun! Nicht seinen schlimmsten Feind?! Wie kannst du nur?“ Beinahe hätte Ginny die Brünette angeschrieen. Nie hätte sie Hermine das zugetraut. Hermine schwieg, den Blick nach unten, auf das Buch, gerichtet. Als Rons Schwester sich langsam wieder beruhigt hatte, setzte sie vorsichtig neu an: „Weiß Draco das?“ Hermine schüttelte den Kopf. „Ich war letztens bei ihm, nachdem du zum Kaffee dort warst.“, erzählte sie leise. ~Flashback~ Er spürte eine Hitze in sich aufsteigen. Eine Hitze, die er schon Jahre nicht mehr gespürt hatte. Sein Herz begann schneller, heftiger zu schlagen, während seine Hand ganz langsam, wie in Zeitlupe, zu seinem Hals fuhr. Als seine Fingerspitzen ganz sanft das feine Silber auf seiner Haut berührten, überrollte ihn eine weitere Hitzewelle. Er ließ seine Finger etwas länger als früher auf der Hitzequelle liegen, so als wolle er sicher gehen, dass er sich die Hitze nicht nur einbilde. Dann stand er auf und ging wie in Trance zum Fenster. Den nächsten Herzschlag empfand er am ganzen Körper, er schüttelte ihn förmlich, denn nur wenige Meter unter ihm stand sie. Noch immer klopfte ihr Herz wild und ihre Hände waren schweißnass, als wäre dies ihr erstes Date, nein, schlimmer noch. Sie hatte die Entscheidung gefällt und jetzt musste sie auch dafür gerade stehen. Tausend Gedanken rasten durch ihren Kopf, doch sie konnte keinen fangen, keinen zu Ende denken. Ihre Lippen aufeinander gepresst tippelte sie von einem Fuß auf den anderen. Eine innere Unruhe hatte sie erfasst. Zweifel plagten sie. Außerdem quälte sie die Ungewissheit, ob er kommen würde. Sie hatte ihn zwar die Kette tragen sehen, doch selbst wenn er sie in diesem Moment trug, garantierte das noch lange nicht, dass er ihrem Ruf folgen würde, wie damals. Aber klingeln hätte die Aufmerksamkeit der gesamten Familie auf sie gelenkt, zum einen würde das sein Verhalten ihr gegenüber beeinflussen und zum anderen wollte sie selber das Treffen unbemerkt belassen. Die einzige andere Möglichkeit, die ihr eingefallen war, war der alte Ruf. Der Zauber, mit dem sie sich damals immer getroffen hatten. Sie biss sich leicht auf ihre Unterlippen und wartete. Die Zeit wollte und wollte nicht vergehen und jede Minute überlegte sie, ob sie nicht doch lieber wieder heimlich verschwand, sagte sich, dass es ein Fehler war hergekommen zu sein. Dann, nach schier unendlich langer Zeit, erblickte sie ihn. Ihre Muskeln entspannten sich etwas, wenn auch nicht viel. Sie versuchte ihr Herz zu beruhigen, während sie ihn möglichst unauffällig musterte. Er trug ein schwarzes Shirt und helle Jeans, die diesmal von einem weißen Gürtel mit dem malfoyschen Wappen gehalten wurde. Doch obwohl die Kleidung gewöhnlich war, sah er toll aus. Ihre Augen wanderten höher und erblickten jene aus dünnem Silber hergestellte Kette, die ihr schon im Kindergarten schmerzhaft aufgefallen war. Jetzt brachte der Anblick ihr Herz zum Höherschlagen. Ihre Zunge schien plötzlich so schwer, dass sie diese nicht mehr vom Grund ihres Mundes herholen konnte. Verzweifelt suchte sie nach den richtigen Worten. Damals hatte sie sich ihm gegenüber niemals schüchtern verhalten, aber früher war ihre Situation auch eine ganz andere als jetzt gewesen. Ron hätte sie sicher ausgelacht, wenn er sie jemals so schüchtern erlebt hätte. Sie vertrieb den Gedanken an den Rotschopf, den er verband dessen Abneigung gegen ihren Gegenüber, und sie durfte jetzt nicht daran denken. Andererseits war es für einen Rückzieher längst zu spät. Hermine begegnete seinem Blick, was einen Hitzeschub aus dem Inneren ihres Körpers zur Folge hatte. Seine Augen gefielen ihr noch immer, dieser Silber-Blau-Ton war unglaublich, er fesselte sie, wie er es stets getan hatte. Doch wie nur einige Wochen zuvor konnte sie deren Ausdruck wieder nicht sicher deuten. Waren sie sich so fremd geworden? War er überhaupt noch der Junge, für den sie ihn hielt? Plötzlich erfasste eine leichte Unsicherheit sie, welche die innere Hitze vertrieb und Leere hinterließ. In eben diesem Augenblick trat der Blonde auf sie zu, ohne den Blickkontakt zu brechen. Er kniete sich andeutungsweise nieder, während er ihre kalte Hand in seine warme nahm und diese daraufhin zu seinen Lippen führte. Sein warmer Atem kitzelte ihre Haut und mit klopfendem Herzen sah sie zu, wie er ihre Hand zärtlich küsste. Er verharrte etwas länger als unbedingt notwendig in dieser Position, bevor er sich wieder erhob und mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen sagte: „Nicht das Sarah mich wieder wegen meiner Manieren aufziehen muss.“ Sein Lächeln steckte sie an, sodass sie wieder ermutigt erwiderte: „Sarah scheint bei deiner Erziehung schon weit fortgeschritten zu sein, wenn du ohne Widersprüche dem Ruf einer Frau folgst.“ „Deinem Ruf bin ich schon gefolgt, da konnte meine Nichte noch nicht einmal reden.“, erinnerte er sie. Hermine wog ihren Kopf leicht zur Seite. „Ich fürchte nur, dass sie noch etwas jung ist, um dich richtig zu erziehen. Sie wird die Bande der Ehe noch nicht komplett erfassen können, sonst hätte sie dir erklärt, dass ein verlobter Mann nicht so einfach dem Ruf einer verheirateten Frau folgen sollte.“, versuchte sie ihn aus der Reserve zu locken. „So kann deine Tochter dich auch nur falsch erzogen haben.“, spielte er den Ball gekonnt zurück, „sonst hätte sie dir beigebracht, dass eine verheiratete Frau nicht die Gesellschaft eines anderen und dann auch noch verlobten Mannes sucht.“ „Vielleicht traut die Frau der Verlobung des Mannes nicht, da seine Verlobte eine geheime Identität hat?“, erklärte die Brünette, der das Spiel langsam Spaß machte. „Die Frau scheint intelligent zu sein, doch ist sie auch intelligent genug das Rätsel zu lösen?“, überlegte der Hausherr extra laut. „Ich denke schon, denn bei seiner Verlobten handelt es sich um keine geringere als Bellatrix Lestrange einzige Tochter.“, flüsterte Hermine und sah ihn fragend an. Auf Grund der wenigen Zentimeter, die zwischen ihnen lagen, verstand er ihre Worte und sah sie leicht erstaunt an. „Elizabeth ist enttarnt. Ich wusste, dass das früher oder später passieren würde. Ihre Ähnlichkeit mit ihrer Mutter ist einfach zu groß, nicht?“, gab der Mann die Lösung preis. Die Braunhaarige nickte nachdenklich. „Ihre Name ist Elizabeth Lestrange Malfoy, nicht wahr?“, fragte sie, „ist das der einzige Grund für eure Verlobung?“, wollte sie wissen. Draco sah sie einige Sekunden lang genau an, musterte ihren Gesichtsausdruck eingehend, bevor er sich scheinbar entschieden hatte. „Lass uns woanders hingehen und ich werde dir die ganze Geschichte erzählen.“, schlug er vor. Sein Vertrauen überraschte sie, doch es ehrte sie auch, sodass sie erfreut nickte. Ohne ein weiteres Wort legte er ihre Hand auf seinen Arm und ließ seine andere Hand auf ihrer liegen. Ein Ziehen in der Bauchnabelgegend, dann hatten sie den Boden unter den Füßen verloren. Einige Sekunden später landeten sie sicher auf einem Hügel. Er ließ ihre Hand los, während sie gebannt die wunderschöne Natur um sie herum betrachtete. Die grünen Wiesen, die untergehende Sonne, die vielen Hügel und Berge und den kleinen Fluss der sich unten im Tal schlängelte. Der Blonde führte sie zu einer Bank unter einem großen Baum, die von den Sonnenstrahlen den ganzen Tag über angestrahlt worden und so noch warm war. Schließlich blickte Hermine Draco fragend an und er erzählte ihr alles, was er wusste. Bellatrix musste kurz vor dem Angriff auf die Longbottoms eine Tochter zur Welt gebracht haben, die sie bei ihrer Schwester Narcissa während des Angriffs gelassen hatte. Die Festnahme nach dem Angriff brachte sie lebenslang nach Azkaban. Da sie jedoch nicht wollte, dass ihre Tochter in eine Muggelfamilie oder ein Muggelwaisenhaus gebracht wurde, bat sie ihre Schwester das Mädchen zu adoptieren und ihre Identität bis zu Voldemorts Rückkehr zu verheimlichen. Elizabeth hatte ihre gesamte Jugend in Malfoy Manor verbracht, war von einem Privatlehrer unterrichtet worden. Bei Voldemorts Rückkehr hatte ihre wahre Mutter sie zu einer von ihnen gemacht. Doch sie war noch zu jung, nur wenige Monate jünger als Draco selbst, gewesen, sodass sie nur kleine Aufgaben zu erfüllen hatte. Da sie jedoch nirgendwo eingetragen war, wurde sie erst real durch die Verlobung mit Draco, erst dadurch bekam sie einen Namen und erst dadurch existierte sie richtig. Niemand hatte sie je als eine Todesserin entlarvt, sodass sie nach Voldemorts Vernichtung und dem Tod ihrer Eltern weiter bei den Malfoys, später als Dracos Verlobte, wohnte. Von der Existenz ihres Bruders hatte sie deswegen nie etwas erfahren, weil außer Bellatrix und Voldemort keiner von ihm wusste, er war geboren worden, um als Geheimwaffe eingesetzt zu werden. Mittlerweile eine entschärfte Geheimwaffe, in Dracos Gewahrsam. Hermine hatte ihm interessiert zugehört, den Blick nicht wie er in die Ferne gerichtet, sondern auf sein Gesicht. Sie hatte ihn beim Reden beobachtet, noch immer fragte sie sich, ob dieser Mann noch etwas von dem Jungen von damals hatte. Schließlich wandte er sich ihr zu und fragte ohne ein für sie sichtbares Gefühl: „Bist du deswegen gekommen? Wolltest du die Bestätigung für deine Vermutung?“ Er suchte mit seinen Augen ihr Gesicht, ihre Augen ab, auf der Suche nach Kennzeichen, die seine Frage bejahen würden. Doch nach einigen schweigsamen Sekunden schüttelte sie langsam den Kopf. „Weswegen bist du dann gekommen?“, jetzt klang seine Stimme schon viel weicher und der Ausdruck seiner Augen wurde gefühlvoller. Sie fragte sich, ob sie sich die Wärme in seinen Augen nur einbildete. Zu oft hatte sie mit ihm die Erfahrung gemacht, dass sie sich einbildete, er würde ihre Wünsche erfüllen. Sie deutete seine Reaktionen in ihrem Interesse, doch das entsprach leider nicht immer der Wahrheit, sodass sie vorsichtig war. „Warum bist du meinem Ruf gefolgt?“, stellte sie leise die Gegenfrage und sah ihm tief in die Augen. Er erwiderte ihren Blick. Sie fühlte jenes bekannte Gefühl, dass seine Augen sich immer tiefer in sie hinein bohrten. Nicht mehr lange würde sie ihre Fassade aufrechterhalten können. Seine Augen versuchten bis zu ihrer Seele durchzukommen, dann war sie hoffnungslos verloren. Sie brauchte vorher eine Antwort, doch sie konnte sich nicht abwenden. Seine Augen fesselten sie zu sehr. Außerdem schienen auch sie immer mehr Gefühle wiederzuspiegeln. Einbildung oder Realität? „Eine Frage mit einer Gegenfrage beantworten ist aber nicht gerade fair.“, zog er sie auf und stupste ihre Nase leicht an. Erschreckt wich sie zurück und schämte sich im gleichen Augenblick dafür. „Ich brauche diese Antwort.“, sagte sie ernst und legte ihm leicht die Hand auf sein Knie. Die Wärme drang durch den dünnen Stoff der Jeans und krabbelte ihren Arm hoch. Sein Blick war der Hand gefolgt, bevor er ihn wieder auf ihr Gesicht richtete. „Darf ich erfahren, warum dir diese Antwort so wichtig ist?“, fragte er nun ebenfalls ernst. „Bitte gib mir eine Antwort.“, bat sie ihn, während es langsam immer dunkler wurde. Er holte unbemerkt tief Luft, bevor er antwortete: „Ich war neugierig, warum du mich nach all den Jahren gerade auf diese Art rufst.“ Fragend musterte er sie, als würde ihm das die Antwort geben. „Es ist gemein, wenn deine Antwort auf meine Frage hinspielt.“, schmollte die Brünette leicht. Draco lachte sie fröhlich an. „Wie lange habe ich diesen Schmollmund nicht mehr gesehen.“, er streifte leicht ihre Unterlippe, während er ihre Augen mit den seinen fesselte und testete, wie sie reagierte. Ihre Augen weiteten sich für einen kurzen Augenblick, doch sie zuckte diesmal nicht zurück, wie bei seiner Berührung vorhin. Ihr Herz hämmerte wie verrückt und zum wiederholten Male hoffte sie, dass er es nicht bemerken würde, nicht bemerkt hatte. „Warum trägst du sie noch?“, wollte Hermine mit sanfter Stimme wissen und fuhr die dünne Kette nach, wobei ihre Fingerkuppe immer mal wieder seine warme Haut streiften. Zu ihrer Freude spürte sie, wie sein Puls raste. Doch er ließ sich nichts anmerken, als er ihre Hand mit seiner dort weg führte und einfach weiter festhielt in der Luft. „Die Kette erinnert mich an dich.“, flüsterte er mit leicht rauer Stimme. In der Dunkelheit wirkte sein Gesicht wie aus Marmor, während seine Augen freudig glänzten. Sie erschauderte. „Wegen mir?“, ihre Stimme wurde gegen ihren Willen dünner. Draco starrte sie einige Sekunden lang aus kleinen Augen an. Dann lehnte er sich zurück, ließ ihre Hand los und lachte laut auf. „Dein Gesicht war zu schön!“, behauptete er und erntete dafür einen Ellebogenhieb in die Seite. Hermine versuchte ihr Herz zu beruhigen und ihre Enttäuschung zu verstecken. Er war ihr so nah gekommen, dass sie seinen Atem gespürt hatte, die Wärme seiner Haut. An ihrer Hand spürte sie noch immer seinen Druck, um das Gefühl zu vernichten, bewegte sie die Finger etwas, es sollte ihm des weiteren auch zeigen, dass er sie ruhig sanfter hätte anfassen können. Aus dem Seitenwinkel musterte Draco sie genau. Sie wirkte recht gelassen. Aber war sie das in Wirklichkeit auch? „Das war eine ernstgemeinte Frage.“, sagte Hermine wütend. „Die Kette gefällt mir sehr gut. Und ich hatte mich daran gewöhnt sie zu tragen.“, erklärte er Schulter zuckend, während er nach vorne blickte. Mittlerweile war die Dämmerung vorüber und es war stockdunkel. „Du hast sie nie abgelegt?“, verlangte sie ungläubig zu wissen. Andeutungsweise bemerkte sie, wie er den Kopf schüttelte. Das irritierte sie extrem, nie hätte sie damit gerechnet, dass er gerade ihr Geschenk immer bei sich trug, die ganzen drei Jahre lang. „Ich versteh das nicht.“, gab sie leise murmelnd zu und sah ihn fragend an. Schließlich wandte er sich ihr wieder zu und sah sie traurig an. Nie hatte sie ihn so voller Trauer und Sehnsucht gesehen. Seine Gefühle rissen sie mit, überschwemmten sie und verwirrten sie so. Zärtlich legte er ihr die Hand an die Wange. Er wartete, ob sie sich dagegen wehrte, bevor er ihr sanft mit dem Daumen über die Haut strich. „Ich habe darauf gewartet, dass du mich eines Tages rufst. Ich habe die Hoffnung nie aufgegeben.“, gab er zu. „Oh Draco.“, sprach sie ihn das erste Mal am Abend mit dem Vornamen an. Minutenlang saßen sie so da, sahen tief in die Augen des anderen. „Dann versteh ich nicht, wieso du dich mit Elizabeth verlobt hast?“, meinte Hermine bestimmt. „Ich hatte dich damals schon über ein Jahr nicht gesehen. Meine Mutter wollte die Vermählung und da ich ihr kein anderes Mädchen vorweisen konnte, hatte ich keinen Grund abzulehnen.“, erzählte der Blonde schwerfällig. „Liebst du sie?“, verlangte die Brünette mutig zu wissen. „Elizabeth? Gott bewahre, nein.“, war seine schnelle Antwort. „Aber warum hast du dann damals Schluss gemacht?“, wollte sie traurig wissen. „Ich war jung, ich hatte dir nichts zu bieten. Ich war ein allen bekannter Todesser. Dich wollte ich da nicht mit reinziehen. Du hattest etwas Besseres verdient, jemand Besseren. Jemand, der dich glücklich machen kann. Niemand wusste von unserer Beziehung, du warst unbefleckt und solltest es auch bleiben! Potter kam mir da gerade Recht, man sah schon aus einer Entfernung von 100 Metern, dass er dich liebte. Wie sehr ich ihn auch gehasst habe, ich wusste, er ist der Richtige für dich.“, erzählte er und endlich war Hermine wieder in der Lage seine Gefühle zu erkennen, das ganze Anmaß seiner Verzweiflung. Mit Tränen in den Augen überwandt sie die letzten Zentimeter und nahm ihn in den Arm. Auch er legte seine kräftigen Arme um sie und sie spürte, wie sein Körper bebte. Sie selbst hatte eine Gänsehaut. Und noch immer klangen seine Worte in ihren Ohren nach. „Wie kannst du nur so dumm gewesen sein.“, hauchte sie ihm weinend ins Ohr, „ich war bis über beide Ohren in dich verliebt.“, gestand sie ihm das erste Mal in ihrem Leben, während sie ihre Wange an seine schmiegte. Langsam schob er sie von sich weg und sah ihr tief in die Augen, diesmal erreichte er den Grund ihrer Seele. Mutig nahm sie sein Gesicht in die Hände und näherte sich ihm langsam. Erstaunt blickte er sie an, während sie ihm in die wunderschönen silber-blauen Augen blickte. Er fühlte ihren warmen Atem im Gesicht, ihre Nähe. Ihr Herz hämmerte. Bumm-bumm, bumm-bumm, bumm-bumm. Immer schneller und schneller. Dann schloss sie die Augen und berührte seine Lippen. Sie waren warm und sanft. Vorsichtig küsste sie seine Oberlippe, bevor sie ihren Mund leicht auf seinen drückte. Blitzartig schlang Draco seine Arme um sie und drückte sie an sich. Ihr Herz machte einen Freudensprung, da spürte sie auch schon seine Zunge, die zärtlich über ihre Unterlippe strich. Sie öffnete ihren Mund einen Spalt und küsste ihn leidenschaftlich, während sie die Wärme seines Körpers deutlich wahrnahm. Minuten später trennte sie sich sanft von ihm und betrachtete ihn eingehend. Ein Lächeln lag auf seinen Lippen, während seine Augen Verwunderung und Freude bekündeten. Sie lächelte. „Ich muss jetzt gehen, Sam wartet auf mich.“, sagte sie leicht traurig und stand auf. Draco fuhr ruckartig auf und hielt sie sanft, aber bestimmt am Handgelenk fest. „Sehen wir uns wieder?“, fragte er mit noch immer leicht rauer Stimme. Seinen Gesichtsausdruck vermochte sie nicht einzuordnen, da sein Gesicht im Schatten lag und nur schemenhaft zu erkennen war. „Es wird nicht wieder so lange dauern, bis ich dich das nächste Mal rufe.“, versprach sie lächelnd. Dann löste sie sich von seiner Hand, ging sicherheitshalber ein paar Schritte. Sie drehte sich noch einmal ihm zu, um sich seinen Anblick zu merken. Sein Bild würde ihr vielleicht in den nächsten Wochen helfen, ihr sagen, dass es die richtige Entscheidung war. Schließlich hob sie die Hand, als er ihr zurück winkte, verschwand sie. So stand er alleine in der Dunkelheit auf dem Berg, der Wind wehte durch sein Haar und blies ihm einen schwachen Hauch ihres Duftes in die Nase. ~ Flashbackend~ Ginny schüttelte den Kopf. „Ihr hattet doch nur eine kurze Affäre in der 7. Klasse. Und er trägt die Kette immer noch?“, die Rothaarige schüttelte ungläubig den Kopf. So viel Gefühl hätte sie dem Blonden nicht zugetraut. „Wir waren immerhin ein paar Wochen zusammen.“, warf Hermine ein. „Also Draco weiß nicht, dass du wegen ihm deine Ehe mit Harry abbrichst?“, hakte die Jüngere nach. Hermine nickte schwach. „Aber Harry weiß, dass es wegen Draco ist?“, fragte sie weiter. Wieder nickte die Braunhaarige andeutungsweise. „Und er lässt dich einfach gehen?“, wollte Ginny ungläubig wissen. Jetzt zuckte die Freundin nur hilflos mit den Schultern. Die Tochter des Hauses schüttelte den Kopf. „Ich bringe dir erst mal eine Tasse von Mums Tee.“, entschied sie und stand auf. Hermine blieb alleine zurück, von Gedanken und Schuldgefühlen bombardiert. Es gab weder vor, noch zurück. Sie versuchte ja stark zu sein, stark für ihre Tochter, ihr ein und alles. Sie redete es sich immer und immer wieder ein, doch die Wirkung blieb aus, sie glaubte es einfach nicht. Die Trennung von Harry hatte sie schon so viel Kraft gekostet, dass sie sich völlig ausgebrannt fühlte, anstatt erleichtert zu sein. Ihr Leben lag in Scherben zu ihren Füßen, zu Sams Füßen, und sie war Schuld daran. Einerseits wünschte sie sich ihr altes Leben zurück, doch gleichzeitig wusste sie, dass sie Harry und sich selber völlig zerstört hätte, wenn sie kein Ende gesetzt hätte. Sie liebte ihn, sie hatte es immer getan. ‚Doch ich liebe auch Draco. Hätte mich früher jemand gefragt, ob eine Frau zwei Männer lieben kann, ich hätte eindeutig mit „nein“ geantwortet und ihr geraten sich zwischen einem von beiden zu entscheiden. Jetzt sehe ich das anders. Ich spüre es. Ich liebe Harry und Draco, aber halt jeden auf eine andere Art. Zwar liebe ich sie beide, wie eine Frau einen Mann, oder eben zwei, liebt. Doch meine Gefühle für Harry ... sie sind nicht schwächer, als die für Draco, sie sind einfach anders. Ich will mit Draco zusammen sein, obwohl ich Harry auch liebe. Ich wünsche mir so sehr, dass Harry glücklich ist, doch ich kann ihn nicht mehr glücklich machen. Ich brauche Draco. Ob Ginny verstehen würde, wenn ich versuchen würde es ihr zu erklären? Ich bezweifele es, sie hat noch nicht genug Erfahrungen mit Männern. Eines Tages werde ich vielleicht mit ihr darüber reden können. Harry wird es nie erfahren, Männer verstehen so etwas nicht, Draco auch nicht. Aber was mache ich jetzt nur?’ „Na, wie geht es unserer Patientin heute?“, fragte Molly fröhlich und schrubbte mit Begeisterung das Geschirr. Ginny starrte ihre Mutter ein paar Sekunden perplex an. Normalerweise benutzte die Frau des Hauses immer einen Zauber für solche Zwecke. ‚Sie tut grad so als wäre sie frisch verliebt’, stellte die Jüngere immer noch erstarrt fest, ‚aber das kann nicht sein, nein. Und wenn ich sie frage, nimmt sie es mir nachher noch übel. Also am besten so tun, als wäre nichts.’ „Um einiges schlechter als dir scheinbar.“, gab sie deswegen von sich. Molly warf ihr einen musternden Blick zu, bevor sie sich wieder dem Service widmete. „Ich wollte ihr einen von deinen Tees bringen.“, erklärte Ginny und fuchtelte mit dem Zauberstab rum. „Nicht doch.“, ging ihre Mutter ihr überschwänglich dazwischen. „Der Tee wirkt und schmeckt viel besser, wenn man ihn mit der Hand macht.“, gesagt getan, Molly wühlte im Schrank rum und hatte auch schnell das Gesuchte gefunden, sodass sie sich kurz darauf an die Teezubereitung machte, während Bläschen im Spülbecken im Takt zu ihrem Summen platzten. „Ich glaube, hier sind alle vom Malfoy-Virus befallen.“, murmelte Ginny leicht genervt und verdrehte die Augen. Bill hatte sich den ganzen Tag auch noch nicht blicken lassen. „Was hast du gesagt, Liebling?“, fragte ihre Mutter gut gelaunt nach. „Nichts, nichts.“, wich Ginny aus. „Okay.“, kam die gesungene Antwort. Ein paar Minuten später drehte Molly sich um, um ihrer Tochter zu sagen, dass der Tee fertig sei. Aber zu dem Zeitpunkt hatte Ginny die Küche längst verlassen und mit das gesamte Grundstück. Molly sah sich verwundert um, bevor sie schulterzuckend den Tee in die Hand nahm und ihn selber zu ihrem Gast brachte. Sie wollte einmal selbst sehen, wie es Hermine denn ging. Als sie die Tür öffnete, und hinein blickte, lag die Brünette mit geschlossenen Augen ruhig im Bett. Leise schlich Molly ins Zimmer, stellte die Tasse Tee neben die unangerührte Suppe auf das Konsölchen, bevor sie beides mit einem Dauer-Warm-Bleib Zauber belegte und Hermine wieder alleine ließ. Leise glitt die Tür ins Schloss, als sich langsam ein Auge öffnete. Der Tee wurde kurz betrachtet, dann verdeckte das Lid das Auge wieder und Hermine schlief kurz darauf tatsächlich ein. „Bill? Was machst du denn hier?“, fragte Victoria erstaunt. „Ich musste dich sehen.“, lächelte er und kam auf sie zu. Er bekam nicht nur einen, sogar gleich zwei Küsse, allerdings nur auf die Backen. Irritiert blickte er sie an. Was war das denn jetzt für eine Nummer? „Noch nicht in der Öffentlichkeit.“, bat sie ihn leise, als sie mit ihm Richtung Kindergartengruppenraum ging. Er verzog den Mund leicht, erfüllte aber ihren Wunsch, sodass er ohne Körperkontakt, abgesehen von ganz zufälligem Berühren ihrer Hand, neben ihr her schritt. „Aber warum hast du gerade hier auf mich gewartet?“, wollte sie leise wissen und blickte ihn aus ihren blau-silbernen Augen an. Er liebte diese Augen und versuchte beim Gehen möglichst lange Blickkontakt zu halten, doch sie brach ihn aus praktischen Gründen für seinen Geschmack viel zu früh ab. „Hätte ich dich Zuhause besucht, hättest du wieder rum gezetert, dein Bruder könne uns sehen. Und da ich dich nun schon gut eine Woche nicht mehr gesehen habe...“, erklärte er grinsend. „Ich hätte also gezetert?“, hakte sie mit kaltem Gesicht nach. „Du beherrscht diesen Blick immer noch so wunderbar wie früher.“, flüsterte er ihr ins Ohr, „eine Mischung aus Schmollen und Eis.“ Hätte sie ihn nicht freundlich weggeschubst, hätte er sich einen Kuss geklaut, doch nun war es zu spät und er spielte den Schmollenden. „Was hältst du davon, wenn Sarah und du mit mir Eisessen gehen? Ich lade euch ein.“, fragte er, als sie an der Tür angekommen waren. „Ich weiß nicht.“, gab sie zu bedenken. „Frag doch deine Tochter, was sie davon hält.“, schlug Bill vor. Sarah war begeistert, sodass sie das Gebäude zu dritt wieder verließen, um den restlichen Nachmittag gemeinsam im Sonnenlicht vor einer Eisdiele zu verbringen. Seine Hände glitten warm über ihren Körper. Es fühlte sich so ungemein gut an. Sie spürte seinen heißen Atem sanft über ihre Haut streichen und glitt mit ihren Fingern durch sein weiches Haar. Sie drückte ihre Lippen auf die seinen. Zärtlich küsste er sie. Sie presste sich an ihn, rutschte mit ihren Fingern unter sein Hemd und erforschte seine Muskeln. Es fühlte sich so unglaublich gut an. Vorsichtig und wild zugleich drückte er sie gegen die kalte Wand hinter ihr, strich ihr eine Locke hinters Ohr und knabberte zärtlich an ihrem Ohrläppchen. Mit geschlossenen Augen überließ sie ihm die Führung und genoss seine Berührungen. Nachdem er ihr Ohr zum Röten gebracht hatte, bohrte er sich mit seiner Zunge einen Weg an ihren Lippen vorbei. Spielend neckte er ihre Zunge und diese ging auf das Spielchen ein. Sie verschmolzen in ihrem Kuss. Langsam fing er an ihre Bluse aufzuknöpfen und auszuziehen. Sie streichelte dabei leidenschaftlich durch sein weiches Haar. Er küsste zärtlich ihren Hals und flüsterte anschließend mit heiserer Stimme: „Ich will dich, Herm.“ Eingehüllt in einen dunklen Mantel stand er vor ihr, den Kopf in einer Kapuze verborgen. Doch dieses Mal erkannte sie sein hellblondes Haar unter dem schwarzen Stoff hervorgucken und sah die Wärme in seinen silber-blauen Augen. Und in Gedanken antwortete sie glücklich lächelnd. „Ich liebe dich auch, William Draco Malfoy.“ Fortsetzung folgt Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)