Gefangen in der Unterwelt von Luthien12 (Nacktes Grauen) ================================================================================ Kapitel 1: Alles nimmt seinen Lauf ---------------------------------- Es war ein trüber Nachmittag. Graue Regenwolken zogen über den Himmel her und der Wind brachte die Bäume und Büsche zum Rascheln. In der Kaiba-Villa war die Stimmung einerseits so wie das Wetter, das andere Mal genau umgekehrt. Denn in dem Wohnzimmer saßen alle drei Bewohner dieser Villa: Mokuba, Seto und Nami. Die beiden Jüngsten unterhielten sich stark gestikulierend und erzählten sich Witze, der Leiter der KC saß an seinem Laptop, las und beantwortete E-mails und warf immer wieder skeptische Blicke zu den beiden hinüber. Eigentlich hätte er in Ruhe arbeiten wollen, doch sein kleiner Bruder musste ihn ja unbedingt mit nach unten schleifen. Also ließ er den Geräuschpegel wohl oder übel über sich ergehen. Als Mokuba nach kurzer Zeit auf das Sofa kletterte und irgendetwas dramatisch erzählte, mit den Händen eine Pistole formte und dann so tat als ob er das Hausmädchen erschießen wollte, die sich auch gleich fallen ließ und sich tot stellte, platzte Seto der Kragen. Gereizt stand er auf und blickte grimmig in die Runde. Die beiden anderen stellten sich auf der Stelle wieder aufrecht auf den Boden und tauschten kurze Blicke untereinander. Der Braunhaarige verschränkte die Arme vor der Brust und sah die beiden abwechselnd vorwurfsvoll an. "Ich versuche hier zu arbeiten und ihr..." , begann er in einem gebieterischen Ton, doch eine kleine, unsichere Stimme unterbrach ihn: "Aber Seto, ich habe dich doch aus deinem Arbeitszimmer geholt, damit du mal nichts für die Fimra tust!" Sein kleiner Bruder sah ihn mit großen Augen an. Der Ältere atmete geräuschvoll aus und sprach weiter: " Es tut mir wirklich Leid, aber ich habe im Augenblick sehr viel zu tun und deswegen kann ich mir nicht einfach mal so frei nehmen! Versteh das doch!" schloss er. Die erste Reaktion Mokubas war, dass er seinen Bruder einfach nur anblickte, dann sprach er tonlos zu ihm: "Du hast immer viel zu tun." Mit einem Mal machte er auf dem Absatz kehrt und lief hastig aus dem Zimmer. Nami wollte ihm schon folgen, da schritt Seto mit wenigen Schritten zu ihr und streckte den Arm aus, sodass er ihr den Weg versperrte. Ungerührt sagte er: "Lass ihn nur. Der fängt sich schon wieder ein." Mit diesen Worten setzte er sich an den Tisch und hackte, als ob nichts gewesen wäre, weiter auf seinem Laptop rum. "Aber wo er Recht hat, hat er Recht." ,gab ihm das Hausmädchen zu bedenken. Auch sie verließ den Raum. Nun war er wieder ganz alleine. Eigentlich hatte er es auch so gewollt, doch jetzt tat es ihm Leid, was er angerichtet hatte und legte seinen Kopf in seine Hände. Schwer stützte Seto die Ellbogen auf dem Tisch auf. Er hatte nun endgültig seine Konzentration verloren und schob den Laptop von sich. Was machte er nur immer falsch? Wenn er nicht arbeiten würde, dann würde die Firma den Bach runtergehen, so viel stand fest. Seufzend lehnte er sich zurück und blickte aus dem Fenster. Draußen war es windig und eine graue Wolkenschicht überdeckte den eigentlich blauen Himmel. Für einen Moment schloss der Braunhaarige die Augen. Wenn er es genauer betrachtete, musste er Mokuba sogar Recht geben. Eigentlich unternahm er nie etwas mit dem Jungen oder unterhielt sich länger mit ihm. Am liebsten hätte der Große gerade alles hingeschmissen, was seine Arbeit betraf, doch er entschied sich nicht so. Kühl wie immer blickte er auf den Bildschirm des Laptops und zog ihn wieder zu sich. Das unweigerliche Gefühl,dass der Laptop schon fast Teil seines Lebens geworden war, verspürte Seto, als er sich die nächste Mail vornahm. Kaum durchgelesen, musste er den Kopf schütteln. Was hatte er nur für unfähige Leute eingestellt? Die Hände leicht gefaltet, wie er es öfters tat, überlegte er, ob er den guten Mann nicht einfach feuern, ihm eine Mahnung schicken oder ihm einen verschlüsselten Hinweis darauf geben sollte, dass er unfähig war. Nach kurzem Überlegen entschied er sich für Letzteres und schrieb, seine Finger wussten genau, wo welche Taste war, eine Antwort zurück. So lief es fast jedes Wochenende, wenn er kein Meeting oder eine Telefonkonferenz hatte, über. Den ganzen Fragen und Antworten seiner Leute müde, schloss er das Programm und öffnete stattdessen Exel. Demnächst würde er wieder eine Präsentation machen. Um genauer zu sein, in drei Tagen, und hatte noch nicht einmal angefangen sich überhaupt Gedanken darüber zu machen. Mokuba hatte sich derzeit in seinem Zimmer eingeschlossen und sich auf das Bett geworfen. Mit dem Gesicht in dem Kissen, lag er ruhig da. In seinen Gedanken war er allerdings alles andere, als das, denn er musste an seinen Bruder denken.:,Immer sitzt er vor seinem komischen Laptop. Immer hat er nur die Firma im Kopf. Immer rastet er gleich aus, wenn man ihn von seiner Arbeit ablenkt und immer versinkt er in seiner eigenen Welt, wenn er bei der Arbeit ist, ignoriert alle und nimmt kaum noch etwas anderes wahr.' Todunglücklich darüber drehte sich der Junge auf den Rücken und presste das Kissen an seinen Bauch. Warum hatte alles so kommen müssen? Warum waren sie in einem Waisenhaus gewesen und hatten danach einen schrecklichen Stiefvater bekommen? Warum nur? So fragte sich der Junge immer weiter, bis er sich wieder bewusst wurde, dass Seto immer sein Bruder bleiben würde und auch immer für ihn da sein würde, wenn er sich einmal schlecht fühlen sollte. Starr blickte er zur Decke, abwesend von der Realität. Doch würde er ihm wirklich helfen? Würde Seto da sein, wenn er ihn brauchte? Völlig verunsichert drehte er sich einige Male hin und her. Als er dann endlich wieder Ruhe fand, lag er seitlich, das Kissen immer noch fest in seinem Griff. Aber er war nicht alleine. Hatte er nicht schon vor Wochen nach Aufmerksamkeit gesucht, weil Seto nie da war? Doch, das hatte er. Und damals war er sich sicher gewesen, dass es eine gute Entscheidung war, in ihren Kreis einzutreten, doch jetzt kam ihm ein mulmiges Gefühl in seiner Magengegend, als er an das dachte, was er getan hatte. Wann würden sie wohl zu ihm kommen? Dann schlief er ein. Es war kein erholsamer Schlaf, aber er war zu erschöpft gewesen um sich noch länger auf den Beinen halten zu können. Nami lief um die Zeit aufgescheucht durch die Küche, dann das Esszimmer, die Flure. Wo konnte es nur sein? Mit einem Mal blieb sie stehen. ,Vielleicht habe ich den Geldbeutel auch draußen fallen gelassen. Als ich zurückgekommen bin, habe ich zwei Tüten getragen....er muss mir wohl runtergefallen sein.' Mit diesem Gedanken im Hinterkopf zog sie sich rasch die Schuhe an und öffnete die Haustür. Draußen dämmerte es. Ein Rot ließ den Himmel am Horizont erstrahlen, der restliche Teil des Zeltes war überzogen mit Wolken, tiefhängenden, schweren Wolken. Ein kühler Wind blies um das Mädchen her und sie machte sich auf die Suche. Gründlich schaute sie den Weg ab, der bis zur Straße führte. Nichts. Sie suchte am Rande des Weges im Gras. Doch auch dort blieb sie unfündig. Dann jedoch sah sie im Gras etwas Blaues liegen. Sofort schoss ihr der Gedanke durch den Kopf, es könne ihr Geldbeutel sein. Als sie sich bückte um ihn aufzuheben, erstarrte sie mitten in der Bewegung. Ein merkwürdiges Gefühl machte sich in ihr breit, unbeschreiblich war es: In ihrem Magen zog es und sie spürte eine fremde Aura um sich. Geschwind packte sie ihr Eigentum und richtete sich auf. Ihr Herz klopfte, ihr Atem ging leicht unregelmäßig und das Hausmädchen schloss die Augen. Ja, sie wurde beobachtet. Das konnte sie fühlen. Langsam drehte sie sich um und schweifte mit den Augen so weit es ging umher. Einzig und allein der Wind blies, alles andere war still und unbewegt. Konnte es sein, dass sie sich getäuscht hatte? Verunsichert blickte sie sich noch einmal genauer um, ohne Erfolg. ,Da war etwas...' ,dachte sie beunruhigt. ,Das habe ich mir nicht eingebildet.' Mit diesen Gedanken schritt sie hastig wieder zurück und schloss die Tür hinter sich. Der Wind erstarb und erleichtert zog sie ihre Schuhe aus. Nebensächlich warf sie die Geldbörse auf den Fußboden und hastete in Richtung Esszimmer. Ganz sicher, dieses Etwas oder Jemand hatte sich in diese Richtung entfernt. Wenn sie Glück hatte, würde sie es noch sehen können. Und tatsächlich, an dem Fenster entlang rannte ein schwarzer Schatten, doch gleich war er wieder verschwunden. Nami erschrak, konnte sich nicht bewegen, doch dann eilte sie zu dem Fenster, öffnete es und blickte hinaus. Auch jetzt war nichts zu erkennen, die Person war spurlos verschwunden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)