Gefangen in der Unterwelt von Luthien12 (Nacktes Grauen) ================================================================================ Kapitel 9: Hoffnung ------------------- Leise setzte ein Fuß auf das Gras auf und noch einer. Es war fast still. Nur der Wind strich über die Pflanzen und die Person hinweg. Er war schwächer geworden. Viel schwächer im Vergleich zu dem Sturm in der Nacht. Der Mensch ließ sich nicht beirren von dem Säuseln des Windzuges, dass ihn nach unten ziehen wollte. Sein Körper war zu stark dazu und seine Gedanken waren nicht hier an diesem Ort. Ohne jeglichen Laut lehnte sich Seto an einen Baumstamm. Dieser war ziemlich rau, doch das war ihm egal. In Gedanken und Vorwürfen versunken, blickte er nur auf den Boden. Das Gras wehte in eine Richtung. In einer seltsamen Art und Weise war es angenehm und beruhigend, wie es hin und her schwang. Dem jungen Mann kam es vor wie ein böser Traum aus dem er nicht ausbrechen konnte. "Der Traum ist die Realität...und aus der kann ich nur ausbrechen, wenn ich in einen Traum hineinsteige. Das ist Irrsinn!" Seine Gedanken stritten miteinander. Auf der einen Seite klang es für ihn so logisch, doch auf der anderen konnte er nicht verstehen, warum er sich über so etwas den Kopf zerbrach. "Ich wusste von gar nichts. Nichts von den Leuten an der Tür, nicht warum mein Bruder sich so benahm, nicht warum er verschwand. Nicht einmal annähernd. Warum hat Mokuba mir von nichts erzählt? Sonst kommt er immer zu mir. Vielleicht bin ich nicht vertrauenswürdig. Aber wenn er gar nicht wusste, was passieren würde? Wenn doch...woher hat er es gewusst?" Immer noch blickte er stur auf das Gras, seine Hand streifte die Halme. "Werde ich ihn überhaupt wiedersehen? Es sah nicht gerade aus, als ob sie das nur aus Spaß machen würden. Ich hätte es verhindern können, wenn ich nur da gewesen wäre. Doch ich musste ja unbedingt etwas anderes tun." Ärgerlich verzog er das Gesicht und wendete seinen Kopf energisch von dem Gras ab. "Warum bin ich nicht zur Tür gegangen? Hätte sich dann alles verändert? Wären die Leute dann nicht gekommen? Hätten sie Mokuba vielleicht da gelassen?" Seine Gesichtszüge lockerten sich und sein Blick schweifte wieder nach unten. Erst jetzt war ihm aufgefallen, dass er auf dem Boden saß und nicht mehr stolz stand wie sonst. "Stolz. Auf was kann ich stolz sein? Dass ich meinen Bruder im Stich gelassen habe? So wie damals meine Eltern!? Darauf, dass ich sein Leben verdunkelt habe, als ich wollte, dass man uns adoptiert?!" Seine Gedanken standen für einen kurzen Augenblick still. Alle Anspannungen lösten sich. Er saß ganz locker da, fast schon zu locker. "Vielleicht bin ich ein schlechter Bruder. Ich kann mich nicht erinnern, einmal etwas Gutes für ihn getan zu haben." Mit diesen Worten stand er auf und in diesem Moment war ihm nicht bewusst, dass er auch viel Gutes getan hatte. Langsam trat der junge Firmenleiter aus dem Teil des Garten hinaus, was sein kleiner Bruder fröhlich als einen privaten Wald bezeichnete; was natürlich etwas übertrieben war. Jetzt befand er sich auf der großen Wiese. Normal schenkte sie Trost, doch jetzt nicht. Jetzt kam sie Seto vor wie ein riesiges leeres Gelände, ohne jegliche Art von Gefühl; und ohne Widerstand vegetierten die Pflanzen dort einfach vor sich hin. Der Braunhaarige seufzte. Er lächelte traurig und dachte sich, dass es ein paar Parallelen zwischen diesem Zustand der Wiese und ihm gab. Er machte sich nicht allzu viele Hoffnungen seinen Bruder wiederzufinden. Er hatte keinerlei Anhaltspunkte dafür, wer diese Männer waren und wohin sie Mokuba brachten. Es war fast Mittag, doch das Licht erschien ihm so trüb. Bildete er sich das nur ein, oder war es wirklich so? Auch wenn ihn das Licht nicht blendete, er hielt seinen Blick gesenkt, schaute trübselig auf den Weg, den seine Beine bestimmten. Er hatte nichts mehr von seinem Bruder gehört. Eigentlich nicht verwunderlich. Und doch, er hatte Angst. Angst davor, dass der Kleine sich nicht melden würde und davor, dass er sich melden würde. Er wusste nicht weiter, jeder Schritt den er sich ausmalte, schien falsch. "Warum musste das passieren?" Im Esszimmer war es behaglich. Kein Wind ging dort umher, alle Fenster waren geschlossen. Seto Kaiba saß am Tisch. Von der Küche kamen Geräusche und jemand trat in das große Zimmer ein, mit Essen in der Hand. Der Braunhaarige sah weg. Ihm war nicht zum Essen zumute. Allein der Gedanke daran, etwas zu essen, verursachte Übelkeit bei ihm. Das Mädchen stellte das Tablett auf den Tisch und teilte zu essen aus. Kurz bevor sie ihm etwas auf den Teller tun konnte, stand Seto auf. "Ich geh nach oben.", sagte er bestimmt. "Warum denn das?" fragte Nami und tat ihm trotzdem die Portion auf den Teller. "Ich habe keinen Hunger.", meinte er nur knapp darauf und schob den Stuhl an den Tisch ran. "Du kannst doch jetzt nicht einfach nichts essen! Auch wenn dein Bruder weg ist, das wird ihn nicht wiederbringen! Genauso wenig, wie wenn du in die Firma gehst.", erklärte sie leicht sauer. "Wer sagt, dass ich ihn wieder will?" fragte Seto darauf, sah das Hausmädchen aber nicht an. Er wollte ihn wieder, aber er wollte nicht hier sitzen und einfach etwas essen, wobei er nicht wusste, wie es seinem Bruder gerade ging. Kurzerhand schritt er von dannen. "Denk über das nach, was ich gesagt hab!" gab sie ihm noch mit auf den Weg und dann knallte die Tür zu. Er wusste, dass sie Recht hatte. Das machte ihn noch sturer, obwohl er auch wusste, dass es nicht richtig war. Bei seinem Schlafzimmer angekommen, öffnete er die Tür und schloss sie leise hinter sich zu. Er atmete tief aus und schloss für einen kurzen Moment die Augen. Er hatte keine Energie um jetzt zu diskutieren. Erschöpft setzte er sich in seinen Sessel und blieb ruhig. Doch gleich darauf stand er wieder auf. Gemächlich schritt er hinüber zu der Kommode. Auf ihr standen ein paar Bilder. Seto musste leicht lächeln als er das erste in die Hand nahm und betrachtete. Zwei Kinder waren darauf abgebildet, sie lachten in die Kamera. Er erinnerte sich an die unbeschwerten Tage in denen dieses Foto geschossen worden war. Damals hatten ihre Eltern noch gelebt, damals war die Welt noch heil. Er stellte es vorsichtig wieder hin, sein sonst so undurchdringlicher Blick wurde schwach. Niedergeschlagen nahm er das nächste in die Hand. Auf diesem Foto lächelte er kaum, sein Bruder gar nicht. In der Zeit kurz nach dem Unfall seiner Eltern, war der Schwarzhaarige sehr still gewesen und tief traurig, das wusste Seto. Er hatte versucht ihn zu trösten, war immer für ihn da gewesen, doch er hatte es nicht geschafft, das Mokuba auf dem Bild lächelte. Er fragte sich, ob er zu unfähig sei oder ein schlechter Bruder. Just in dem Moment erschrak er und ließ das Bild fallen. Der Rahmen, der aus Glas gewesen war, zersprang in tausend Scherben. Hektisch suchte er in seinen Manteltaschen nach seinem Handy. "Seto Kaiba.", meldete er sich kurz. Vom anderen Ende der Leitung war nichts zu hören bis auf ein leises Rauschen. "Se..Seto?" fragte eine ängstliche Stimme leise. "Mokuba.", flüsterte Seto ins Telefon, er konnte nicht fassen, dass es sein Bruder war. "Wo bist du?!" harkte er nach. "Es tut mir so Leid, Seto.", schluchzte der Kleine nur ins Telefon. "Geht es dir gut?" fragte Seto und schluckte. "Ich.. ich wollte das nicht. Ich will wieder zurück.", kam aufgelöst zurück. "Mokuba, hör mir zu. Wo bist du?" gab Seto energisch, aber doch sanft zurück. "Ich.. ich... ich kann es dir nicht sagen.", heulte er am anderen Ende der Leitung. "Ich muss jetzt aufhören. Sie suchen mich.", sagte Mokuba leise und aufgeregt ins Telefon. "Ich ruf dich wieder zurück.", meinte er und Seto wusste, dass das ein Versprechen war. "Mokuba, ich...", begann der Firmenleiter, doch da war auch schon nur noch ein Piepen zu hören. "Verdammt.", ärgerte sich Seto. Aufgebracht schmiss er das kleine Gerät auf sein Bett. Er spürte einen Kloß in seinem Hals stecken. Und seine Augen füllten sich mit Tränen. Er wollte sie sich wegwischen, wollte stark sein, doch er konnte nicht. Hoffnungslos schüttelte er den Kopf und ließ sich auf die Knie fallen. Unkontrolliert rollten ihm die Tränen über die Wangen und tropften auf seinen Schoß. "Ich finde dich. Ich werde dich finden und wenn es das letzte ist, was ich tue!", nahm er sich verzweifelt vor. Er hatte seine Eltern verloren, jetzt wollte er nicht auch noch Mokuba verlieren, seinen kleinen Bruder, seinen besten Freund, seinen einzigsten Freund. Er legte die Hände in sein Gesicht und wippte leicht vor und zurück. Er wusste nicht was er tun sollte, aber er wusste, was er wollte: alles rückgängig machen. "Ich will nicht mehr.", nuschelte er zu sich selbst und er weinte weiter. Er war am Ende. --- als Anmerkung: Mir ist auch schlecht, wenn ich an Essen denk(zumindest im Moment v.v) und ich schmeiß auch gerne Handys rum *gg* ich würde mich freuen, wenn ihr mir ein Kommi schreibt! ^^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)