Ruf der Klinge von Deloran (Pirates of Tokara) ================================================================================ Kapitel 1: Die Kinder des Drachen --------------------------------- Bem.: Der erwähnte Handelsfrachter ist ein Segelschiff westlicher Bauart (man stelle es sich grob so vor wie die "Dauntless" aus "Fluch der Karibik", nur nicht bis an die Zähne bewaffnet) Pirates of Tokara Die Kinder des Drachen 400 km südlich von Nagasaki / Japan Das Wasser war ruhig in den Morgenstunden. Nur das leise Plätschern eisiger, scheinbar unendlich tiefer Wassermassen an den hölzernen Flanken eines bauchigen Transportschiffes war zu vernehmen. Jedes andere Geräusch, das der Späher im Krähennest von der Welt außerhalb des kleinen Frachters hätte hören können, wurde vom dichten Nebel gedämpft. Unruhig starrte der Späher in die wabernde Wand und versuchte sie wie einen Vorhang mit seinen bloßen Augen zu teilen. Noch war es ein langer Weg nach Jileng (Taiwan), und vieles hatte man schon von dieser Handelsroute gehört. Entweder brachte die lange Fahrt dem Reisenden Gold - oder den Tod. "Zan-lian!" Erschrocken wandte sich besagter Späher nach seinem Freund um, der langsam den Rand des Krähennestes erklomm. "Erschreck mich doch nicht so!" Der drahtige kleine Mann lachte, als er sich neben seinem verschreckten Kameraden auf das etwas feuchte Holz plumpsen ließ. Es machte ihm immer wieder Spaß, den unerfahrenen Jungen einen Schrecken einzujagen. "Du sprichst wie ein altes Weib! Deine erste Fahrt, was?" Belustigt wühlte er in einer seiner Taschen herum. "Ja, aber du kennst doch die Geschichten! Und dann dieser Nebel..." "Das ist ganz normal. Wir haben Januar!" Eine Weile sprachen beide Männer nicht mehr. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach - der Neuankömmling stopfte müde ein kleines Pfeifchen, das er aus einer der vielen Taschen seiner weiten Weste hervorgekramt hatte, und der angespannte Späher tat seinen Dienst. "Im Januar ist das alles ganz normal..." -hob der Neuankömmling noch einmal zu Sprechen an. Nicht, um seinen Kameraden weiter beruhigen zu wollen, sondern um die drückende Stille ein wenig erträglicher zu machen. "Sag, ist das dort vorne eigentlich auch normal? Dieser Schatten?" Gelangweilt drehte sich der Neuankömmling um und versuchte im weißlichen Nebel zu erkennen, was sein junger Freund meinte. "Ist das ein Drache?" -fragte dieser noch einmal nach, als er einige wenige Details ausmachen konnte. Klappernd fiel das kleine Holzpfeifchen auf den Holzboden, doch bevor der Besitzer ein warnendes Signal an die Mannschaft auf und unter Deck geben konnte, ertönte ein beinahe schon melodisches Surren und ein schwarzweiß gefiederter Pfeil durchbohrte die Kehle des Neuankömmlings. Dem jungen Späher selbst blieb nicht viel Zeit, um seinen gefallenen Kameraden nachzutrauern, denn ein zweites Mal erklang das unheilvolle Surren und der Späher sank Sekundenbruchteile später neben seinem Freund zu Boden. Kurz darauf erhob sich der dunkle Drachen und verschlang das schwer beladene Segelschiff. Lautlos wie er kam, so glitt er auch wieder davon, ließ jedoch keine lebende Seele auf dem Handelsschiff zurück. Eines sei jedoch gewiss: Der Drachen hielt gen Norden. Nagasaki / Japan "Ich will nicht!!!" "Ranmaaaaaaaaaaaa-san!! Kommt sofort zurück! Euer Vater, der Kommandant, will Euch mitnehmen!" Schnelles, leichtes Getrappel von Kinderfüßen den mit teuren, indischen Teppichen ausgelegten Flur entlang wurde von dem heftigen Schnaufen eines betagten und gut genährten Kindermädchens gefolgt. "Nein! Ich will nicht schon wieder zu diesem Samurai-Mann und seiner Puppentochter!!" Keuchend blieb die alte Dame stehen und lehnte sich vornüber, stützte sich dabei auf ihre Oberschenkel. "Dieser Bengel..." Warum nur hatte sie sich von Nodoka-sama dazu überreden lassen, diesen Wildfang zu hüten?! Müde wischte sich die Frau mit den langen, längst ergrauten Haaren über die Stirn und rückte die bei der wilden Jagd etwas verrutschte Augenklappe über dem rechten Auge zurecht. Kaede war sich sicher, dass sie sich dieser Aufgabe nur aus ihrer tiefsten und ergebensten Loyalität ihrer Herrin gegenüber annahm. Wie waren noch gleich deren Worte? Sie, Kaede, sei wohl die einzige, die ihrem Sohn wenigstens ein paar Manieren beibringen könnte. Das Herz ihres Sohnes sei zu wild, und sein leicht erregbares Gemüt müsse ein wenig gezähmt werden. Kaede hatte schon Nodoka-sama als kleines Mädchen gehütet, und die Frau liebte ihre Herrin wie eine Tochter, sowie sie ihren jetzigen Schützling wie einen Enkel liebte. Nur gab es da ein kleines Problem: Dieser Enkel dachte nicht im Traum daran, sein Verhalten seinem Status wenigstens ein bisschen anzupassen. Wieder einmal stellte sie sich die Frage, ob der kleine Ranma wirklich der Sohn von Kommandant Genma Saotome war. Nicht, dass sie ihre geliebte Herrin der Untreue verdächtigte! Nein... Vielmehr war es der scheinbar unbändige Charakter des Kindes, der all diese Fragen aufwarf. Seine Mutter, Nodoka-hime, von Geburt hohen Blutes, war von sanfter Natur. Sie war zwar von einem unglaublichen Stolz erfüllt, doch jener konnte nicht mit dem ihres Sohnes verglichen werden. Ranmas Vater, Genma Saotome, ein gerissener aber durchaus fähiger Mann des Militärs, schien sich hingegen nie der Bedeutung des Wortes "Stolz" bewusst. Woher dann dieser feste Wille? Seine Eltern waren beileibe nicht so stur und dickköpfig wie ihr Sohn. Nodoka-sama, die einst auf dem Kontinent (Südkorea) lebte, gab ihren hohen Status für das Wohl ihres Volkes auf, indem sie Genma Saotome heiratete, dessen Nation Südkorea aus Handelsgründen mit allen Mitteln einzunehmen versuchte (Bitte die geschichtlichen Hintergründe einfach akzeptieren, ja?). Mit der Heirat eines einfachen Offiziers konnte sie großes Leid von ihren Menschen abwenden. Genma Saotome wurde darauf zum Kommandant befördert und hatte seine Gemahlin mit sich auf Kyushu geführt und dort mit ihr eine kleine Familie gegründet. Er selbst besaß praktisch keinen festen Willen, da sich sein Wille immer nach guten Gelegenheiten und Vorteilen richtete. Kaede schüttelte ein wenig verächtlich den Kopf und begab sich in die Richtung des Ortes innerhalb des luxuriösen Anwesens, welches Saotome-sama als Residenz beanspruchte, an dem sie den kleinen Ausreißer meistens finden konnte. Einmal noch atmete sie tief durch, bevor sie die kunstvoll bemalten Schiebetüren aus Papier aufschob und in ein kleines Paradies eintrat. Dieses Paradies, der zweite Garten Eden, war das verträumte Werk von Nodoka-sama. "Der Garten der Herrin", durfte von kaum einem Menschen betreten werden. Diese vielen Wunder botanischer Kunst und sündhafter Farbenpracht blieben nur wenigen Menschen vorbehalten, zu denen sich Kaede stolz hinzuzählen durfte. Hier verbrachte die Herrin einen großen Teil ihrer Zeit. Und wo man die Herrin finden konnte, dort konnte man meistens auch den jungen Herrn mit dem Zopf finden, falls dieser nicht in der Bucht mit seinen einzigen Freunden Ryoga Hibiki und Ukyo Kuonji spielte. Ja, sie hatte richtig vermutet. Einen Augenblick lang zögerte sie jedoch. Unsicher betrachtete sie das Bild vor sich, und wusste nicht, ob sie Saotome-sama nicht einfach sagen sollte, sein Sohn sei unauffindbar. Fast schon gerührt betrachtete sie, wie Mutter und Sohn einträchtig vor dem kleinen Seerosenteich saßen und den großen Koi bei ihren anmutigen Bewegungen zusahen. Kaede seufzte. Würde sie später als einzige eine Strafe erleiden müssen, würde sie den Herren vielleicht anlügen. Aber der junge Herr selbst würde einen saftigen Tadel von seinem Vater erhalten. Also räusperte sie sich leicht und machte so ihre Anwesenheit bemerkbar. Ranma, der zuvor friedlich auf dem Schoß seiner Mutter gesessen hatte, sprang wie vom Blitz getroffen auf und stellte sich schützend in Defensivhaltung vor seine Mutter, was Kaede leicht zum Schmunzeln brachte. Das Gesicht ihres kleinen Herren war einfach zu niedlich! Würde es nicht ihren Respekt für Ranma-san in Frage stellen, würde sie ihn direkt an sich knuddeln. Aber nunja... Nodoka-sama hingegen rührte sich nicht. Sie war nicht nur von adligem Blute, nein, sie stammte auch aus einer langen Linie ehrenwerter Samurai. Der Geist ihrer Familie lebte in ihr weiter, so wie er in ihrem Sohn einmal später weiterleben würde. Nodoka-sama hatte Kaedes Anwesenheit längst bemerkt - schon als sie die Türen zu dieser Pracht exotischer Farben öffnete, musste sie Kaedes Aura gespürt haben. Ranma hingegen hatte es noch nicht gelernt, Menschen in einem bestimmten Radius wahrzunehmen. Daher verließ er sich auf seine Augen und Ohren. In der Umarmung seiner Mutter allerdings vergaß der kleine Junge alle Vorsicht. "Verzeiht, dass ich Euch störe. Aber der Herr hat mich geschickt ihren Sohn einzufangen und für einen Besuch bei Gouverneur Tendo herzurichten." Nodoka-sama nickte und ließ darauf ihre melodische Stimme hören, welche ihren Sohn sofort aus seiner Defensivhaltung herausbrachte. Ihre Stimme schien immer diese oder eine ähnliche Wirkung auf ihren Sohn zu haben - könnte Kaede doch nur ebenfalls auf dieses Geheimnis kommen...! "Vielen Dank, Kaede. Ranma, gehe bitte mit ihr. Du weißt doch, wie ärgerlich dein Vater wird, wenn er alleine gehen muss." Ranma zog eine Schnute und drehte störrisch den Kopf seitwärts. "Ich will nicht. Der Alte kann machen, was er will. Der macht mir keine Angst!" Dies brachte ein Lächeln auf die Züge seiner Mutter. Auch Kaede konnte sich ihr Schmunzeln nicht länger verkneifen. "Ranma, du weißt doch, dass Kaede dann wegen dir bestraft wird, nicht wahr? Möchtest du das?" Ranma senkte den Kopf und wandte sich wieder dem Teich zu, sodass weder Kaede, noch seine Mutter seine Gesichtszüge erkennen konnten. Mit leiser, kaum hörbarer Stimme antwortete er dann. "Nein. Kaede-baba soll nicht bestraft werden." Einige Zeit später allerdings bereute Ranma es schon wieder, der alten Dame ihre ach so schlimme Strafe (Sattelleder des Pferdes des Herren putzen) und schlimmste Qualen erspart zu haben. Denn er musste nun selbst welche erleiden. Gelangweilt saß er in einem hohen Kirschbaum (xD...) und versuchte die provozierend beruhigende Präsenz unter sich zu ignorieren. Mädchen! Bäh!! Dort saß sie unter ihm, mit einer großen Stoffpuppe im Arm und blickte mit großen Augen zu ihm auf. Den Worten ihres Vaters zufolge war sie ungefähr eine Jahreszeit jünger als er, doch das konnte er nicht wirklich glauben. Sie war viel schwächer als er, konnte ja noch nicht einmal eine morsche Holzplanke brechen, ohne sich gleich weh zu tun. Außerdem ... Sie war halt ein Mädchen! Man sah sie immer mit dieser einen Stoffpuppe, die ihr auf so merkwürdige Art und Weise ähnelte, umhergehen. Sie raufte nicht, spuckte nicht, biss nicht, und tat alles, was ihr Vater und der Rest von ihr wollte. Wie eine willenlose Puppe, Marionette, ließ sie sich anziehen, anmalen und herrichten - ließ alles mit sich geschehen ohne ein Wort des Protests von sich hören zu lassen. Ihr Zimmer war der reinste Alptraum! Neben dieser einen Puppe waren dort noch schätzungsweise hundert weitere. Alle fein bemalt, mit kunstvoll gefertigten Gliedern, aber sie wurden nie angerührt. Die einzige Puppe in 'Gebrauch' war wie gesagt diese weiche Stoffpuppe, die er ihr noch nicht einmal klauen durfte. Dann weinte sie. Und das mochte er nicht. Rundum: Sie hieß Akane und war ein Mädchen! Furchtbar. Und mit ihr musste er immer "spielen", während sein Vater und Tendo-san irgendwas über "Verbobung" oder "Verglobung" redeten. Was das sein sollte, begriff er nicht, aber es war ihm auch egal. Was ihm allerdings nicht egal war, war, dass sie ihn die ganze Zeit ansah. Wenn ihm das Ignorieren solcher Blicke zu mühsam wurde, versuchte er so gemein wie möglich zurückzugaffen, aber das nützte irgendwie nichts. Sie wich weder zurück noch entschuldigte sie sich, wie es die Diener immer taten. Das einzige was sie tat, war ihm entwaffnend lächelnd wie die Morgensonne fröhlich entgegen zu strahlen, wenn er sie denn mal "bemerkte". Nie antwortete sie ihm, oder sprach ihn an. Sie lächelte nur. Spielen konnte man mit ihr schon einmal gar nicht. Sie wusste nicht, wie man "Pirat und Kommandant" spielte. Das Mädchen wusste ja noch nicht mal, wie man "Verkloppen und Beißen" spielte! (Spürt man da die Entrüstung?) Was konnte man da anderes tun, als sich zu langweilen?! Nunja, langweilen war vielleicht übertrieben. Natürlich blieb ja noch die Möglichkeit, den Garten zu betrachten. "Du siehst hübsch aus." Perplex starrte er nach unten und fand Akane unverändert vor: Die Puppe an ihren schmalen Körper gepresst und lächelnd, während der Wind einige ihrer mitternachtsschwarzen, langen Strähnen aus der kunstvollen Frisur entführte und mit ihnen und hunderten von Kirschblütenblättern spielte. Aber da war etwas in ihren Augen - so ein merkwürdiger Glanz, den er nicht einzuordnen vermochte. "Was?" - War nun das einzige, was ihm in dem Moment einfiel. Hatte er sich verhört oder wie? Hatte sie da gesprochen?? "Im Kirschblütenwind... siehst du hübsch aus!" Fast wäre er von seinem Ast gefallen. Sie hatte gesprochen! Ein Wunder. Aber er und hübsch? Das klang so furchtbar feminin! Trotzdem färbten sich seine Wangen leicht rötlich. Nicht, dass er sich jetzt geschmeichelt fühlte oder so... Aber er musste ja seine Fassung waren! "Du nicht." Sie weinte nicht, lächelte aber auch nicht mehr. Fragend legte sie ihren Kopf schief und sah ihn eine Weile an, bevor sie wieder sprach. "Magst du mich nicht?" "Nein!" "Warum?" "Weil du ein Mädchen bist!" Traurig senkte sie ihren Kopf. "Weißt du, ich habe keine Freunde. Möchtest du nicht mein Freund sein?" Hoffnungsvoll blickte sie wieder auf und fing seinen leicht verwunderten Blick auf. Fast wäre er der Versuchung erlegen und hätte 'ja' gesagt, aber rein aus Gewohnheit blieb er stur. "Nein. Ich hab dir doch gesagt: Du bist ein Mädchen!" "Du spielst doch auch mit Mädchen! Ich habe doch eines bei dir und dem anderen Jungen gesehen..." "Ukyo ist-" "Wer spricht denn da von mir?" Aus heiterem Himmel 'fielen' zwei weitere Kinder von der hohen Mauer, die den Kirschgarten begrenzte, in den Garten. Mit einem Freudengeheul begrüßte Ranma seine zwei Freunde, welche ihn ebenso herzlich begrüßten. Akane sah ihnen nur neugierig zu. "Wir kamen, um dich zu retten Ranma!" "Das ist echt nett von euch!" "Gut, dass du es zu schätzen weißt. Wir konnten dich doch nicht alleine lassen!" "A-aber... er ist doch gar nicht alleine....." Verwundert drehten sich die zwei neu hinzugekommenen Kinder nach der leisen und schüchternen Stimme um. "Aha! Dann bist du also das Mädchen!" "Ryoga, nicht so frech!" "Aber Ukyo..." Ranma sah dem Ganzen teilnahmslos zu, bis Ukyo sich an ihn wandte. "Ranma, zeig Ryoga doch mal den ganz großen Kirschbaum, von dem du uns erzählt hast, ja?" "Wolltest du den nicht auch sehen, Ukyo?" "Ich komm später nach, geht schon vor!" "Na gut, wie du willst!" Schon waren beide Jungen in den Kronen und hüpften von Baum zu Baum weiter. Dies hieß, dass Ukyo und Akane alleine zurückblieben. "Nimm Ryoga bitte nicht ernst, er ist nun einmal ein Blödmann! Du bist also Akane, ja?" Die Angesprochene nickte schüchtern, wagte es jedoch nicht, Ukyo in die Augen zu sehen. Verwundert zog Ukyo fragend die Augenbrauen hoch. Die Gouverneurstochter zeigte sich so schüchtern vor einer einfachen Fischertochter? Das hätte sie nicht vermutet. "Ukyo... Du bist doch ein Mädchen, oder?" Für einige Sekunden verkrampfte sich Ukyos kleiner Körper, entspannte sich dann aber wieder. Woher hätte Akane es denn wissen sollen...? "Ja." "Und warum spielt Ranma dann mit dir, und mit mir nicht?" Erschrocken bemerkte Ukyo die Tränen in Akanes Augen. Da war doch echt guter Rat teuer... Damit Akane nicht weinte, musste sie sich wohl oder übel dazu herablassen, sich mädchenhaft aufzuführen und Akane auf diese Weise zu trösten..... "Du magst Ranma, nicht wahr?" Akane nickte und presste die Stoffpuppe trostsuchend noch enger an sich. "Und du willst ein Freund von ihm werden, ja?" Daraufhin nickte Akane nur. Ukyo seufzte in Gedanken und versuchte es auf eine andere Art. "Versuch ein Junge zu werden." Tränen waren auf einmal vergessen. Akanes Augen wurden plötzlich irgendwie rund... und etwas größer. "Ein Junge? Aber ich bin ein Mädchen!" "Sieh mich an: Ich bin ein Junge, obwohl ich ein Mädchen bin! Es liegt einfach und allein an deinem Verhalten! Mmh. Du magst Ranma, hast du gesagt... Dann werd ein Junge! Ich kann dir zeigen, wie das geht! Du musst nur aufhören zu weinen und mit Puppen zu spielen! Lass dir nichts mehr gefallen, und du bist einer von uns!" "Wirklich?" Zweifelnd, aber auch ein wenig traurig, sah Akane ihre Puppe an, als ob diese ihr eine Antwort geben könnte. "Wirklich wirklich! Ich helf' dir auch dabei!" An diesem Abend wurde die Puppe, die Akane doch so ähnlich sah, zum letzten Mal für lange Zeit zärtlich umarmt und dann zu der großen Sammlung hinzugetan. Am nächsten Morgen begann das Training, ein Junge zu werden. Früh wurde Akane von Ukyo geweckt, die sie zum Strand führen wollte. Dass Ukyo später jeden Morgen unbefugt das Anwesen des Gouverneurs betrat, sollte bald niemanden mehr stören. Zuerst brachen sie zum Strand auf, wo sie die beiden anderen Jungen treffen sollten, welche nichts von ihrem Glück als "Jungenausbilder" ahnten. Die Überraschung war auch recht groß. Aber irgendwie gelang es Ukyo, beide Jungen zu überreden, indem sie ihnen mit einem Kuss auf die Wange drohte. Das wirkte. Zuerst wollte man in der Bucht schwimmen gehen und gegen die Wellen 'kämpfen' - echtes Männertraining halt- was letztendlich mit einer Rettungsaktion endete. Akane wurde ihr kurzes Leben lang von ihrem Vater wie einen Schatz behütet und dieser ließ nicht zu, dass seine Tochter sich so etwas Gefährlichem wie dem Meer näherte. Warum dies so war wusste Akane nicht, aber es war ihr und den anderen auch recht egal. Dass Akane aber nicht schwimmen konnte, störte Ukyos Pläne jedoch empfindlich. Die frisch überredeten Jungen waren nach diesem Erlebnis nicht unbedingt hochmotiviert... Also beschloss man, Akanes Mut zu testen, in dem man sie in den Wald führte, und ihr sagte, sie müsse dort eine halbe Stunde alleine ausharren und sei dann ein Junge. Das konnte nur ein Junge. Mädchen waren ja nicht mutig. Hierzu muss man sagen, dass in dem Wald neben Käfern keine wirklich gefährlichen Wesen umhergeisterten und die Lebenden ängstigten, sodass diese von Ukyo ausgewählte Mutprobe einfach bestanden werden konnte. Jedoch rechnete Ukyo nicht mit Akanes weit ausgeprägter Arachnophobie... Als Akane also einem Vertreter jener achtbeinigen Rasse begegnete, tat sie das einzige, was sie für richtig ersann: Schreien und Laufen. Zur Sicherheit hatten die drei anderen vereinbart, in der Nähe zu bleiben, falls Akane etwas passieren sollte. Das war ja immerhin Akanes erster Tag als Junge. Da konnte ja schließlich noch was passieren... Dabei teilten sie sich in zwei Gruppen: Ranma und Ryoga + Ukyo, da Ryoga einen bemerkenswert schlechten Orientierungssinn besaß, und ohne Ukyo sicherlich in Okayama gelandet wäre. Ranma war als schnellster bei Akane. Er sah sie rennen, und dann... verschwand sie einfach. Erschrocken machte er einen Satz zu der Stelle, an der Akane verschwunden war, und wäre beinahe einen Abhang hinuntergekullert. Dort also war Akane verschwunden! Der kleine Abhang war nicht tief - was Ranma aber Sorgen bereitete, war, wo Akane sich befand... denn direkt unter dem Abhang war eine recht tief aussehende Quelle... Wo diese mitten im Wald herkam, interessierte ihn recht wenig. Er beachtete nicht weiter das Schild "Vorsicht! Auch wenn sie ein Mädchen retten wollen, das hier abgestürzt, in die Quelle gefallen ist und wie eine Bleiente schwimmt: Nicht Nachspringen und Retten!!", welches neben der Quelle stand, und hechtete Akane nach. Mutig sprang er in das eiskalte Wasser und zögerte nicht, nach Akane zu tauchen, selbst, als er so ein merkwürdiges Ziehen und Reißen an seinem Körper spürte. Schnell hatte er sie ergriffen und war mit ihr zur Oberfläche zurückgeschwommen, als er sich bewusst wurde, dass etwas nicht stimmen konnte. Er fühlte sich so seltsam... Zuerst gedachte er, dieses komische Gefühl zu ignorieren, als er allerdings mit Akane im Arm auftauchte, erlebte er eine furchtbare Überraschung. Dort stand Ukyo und bedrohte ihn mit einem heftig beißenden, schwarzen Ferkel und mit den Worten "Lass sofort deine Finger von Akane, Mädchen, oder du bist des Todes!!" "Ukyo was soll der-" Aber mehr bekam er nicht mehr heraus. Seine Stimme war schrill, sie war hoch und... die Stimme eines Mädchens. So endete Akanes erster Tag als Junge. Am nächsten Morgen besuchten Ukyo, Ryoga und Akane Ranma in seinem Zuhause, da er nicht an ihrem Treffpunkt erschienen war. Von der alten Kaede erfuhren sie, dass er sich erkältet hatte und mit Fieber das Bett hüten müsse. Auf ihre Frage, warum Ranma völlig durchnässt heimkam, und sich bei Kontakt mit kaltem Wasser in ein Mädchen verwandelte, darauf gingen die Kinder nicht ein. "Ranma ist sicher am Boden zerstört, weil er jetzt ein Mädchen ist! Dabei hasst er Mädchen doch so..." "Sieh mich doch an! Ich bin jetzt ein Schwein!!" "Das bist du selber Schuld! Wärst du nicht in die vollkommen falsche Richtung gelaufen und in diese andere Quelle gefallen, wärst du auch jetzt kein Ferkel!" "Es tut mir so Leid... Das ist alles meine Schuld....." Ukyo und Ryoga sahen Akane nur schweigend an. Akane machte sich große Vorwürfe, aber wie sollte man sie trösten? Was sollte man als Junge da nur sagen?? Kurz darauf stellten sie fest, dass sie sich darüber überhaupt keine Sorgen hätte machen brauchen. "Quatsch nicht so wie ein Mädchen. Du kannst doch nix dafür, dass ich dir nachgesprungen bin!" "Ranma!!" Bevor Ranma seinen Satz vollständig beenden konnte, hatte sich Akane schon um seinen Hals geworfen und weinte heiße Tränen - teils der Erleichterung, aber teilweise auch der schieren Freude, ihn wiederzusehen. Ukyo schüttelte verblüfft ihren Kopf. Dieses Mädchen war wirklich 'anhänglich', im wahrsten Sinne des Wortes, hatte es erst einmal seine Scheu überwunden. "Meine Güte, du bist ja echt ein Mädchen!" Nachdem Ranma das gemurmelt hatte, schoss Akane die Schamesröte ins Gesicht, und Akane zog sich zögernd zurück. War Ranma nun böse...? Enttäuscht....? Seufzend beobachtete Ranma, wie Akane wieder in den "stillen Modus" verfiel und beschämt die Maserung des Holzfußbodens musterte. "Aber daran kann man wohl nichts ändern. Du bist ein Mädchen, total hilflos und kannst nicht kämpfen." Einen Moment lang war Stille, und Ryoga wusste nicht, was er tun sollte: Akane wegen der harschen Worte auf irgendeine Art zu trösten, oder Ukyo daran zu hindern, Ranmas Leben auf recht schmerzhafte Weise zu beenden. Zu Ranmas Glück jedoch fuhr er mit seiner 'folgenschweren' Rede fort, bevor Ukyo ihn für diese 'beleidigenden' Worte erwürgen konnte. "Da du aber jetzt unser Freund bist, müssen wir dann wohl halt für dich kämpfen. Ab heute beschützen wir dich, geht das klar Leute?" Diese 'Leute' waren begeistert. Nicht, dass solch extreme Stimmungsschwankungen oder eine gewisse Schizophrenie für diese Kinder normal seien - sie waren einfach nicht nachtragend und hatten alles wieder vergessen. Ukyo umarmte Akane, Akane heulte vor Freude, Ryoga sah sich selbst schon als Bodyguard, als strahlender Held und Ranma nieste. Ja, Kinderfreundschaften werden schnell geschlossen. Das Gemüt von Kindern ist unbesorgt, leicht und fröhlich. Innerhalb von zwei Tagen ist man plötzlich unzertrennlich und möchte jede freie Minute, die man nicht beispielsweise mit der Mutter verbringt, mit diesen Freunden und allerlei Albernheiten 'verschwenden'. Doch kann man denn auch wirklich sagen dass Freundschaften aus Kindertagen ewig halten stetig währen ein Leben lang? Eine Antwort auf diese Frage ist schwer zu finden. Dazu muss man hundert Leben leben. Ich selbst bin nur ein Mensch, ein Beispiel des perfekten Fehlers im System. Auf eine solche Frage vermag ich keine Antwort zu finden, denn es liegt im Auge des Betrachters selbst. Aber was soll man hier betrachten? Bitte keine Ungeduld! Betrachte das Leben eines jungen Mädchens, höre die Geschichte, die ich zu erzählen habe. Finde eine Antwort auf eine Frage, die hundert Leben fordert und doch vielleicht mit der Hilfe von hundert Worten von Dir gefunden werden kann. Stellst du dich der Herausforderung der hundert Leben? So lausche. Von diesem Tag an sah man die 4 Kinder fast ständig beisammen. Die niedliche Gouverneurstochter hatte Freunde gefunden, so erzählte man sich im Haushalt des Statthalters und bald auch in der ganzen umliegenden Umgebung. Die junge Herrin sei lieblich und anmutig, und ständig beschützt von drei mutigen kleinen Jungen (dem Gärtner, der stets versuchte, den Kirschgarten in Ordnung zu halten, auch bekannt als bärbeißige Leibwächter, die den Kirschgarten als das wahre Schloss der Herrin ansahen). Man dachte, dieses Bild einer unschuldigen Freundschaft, so rein, wie die frischen Farben der Kirschbäume, die der Frühling in die jungen Knospen trieb, würde... Man dachte, dieses Bild würde ewig währen. Ein orientierungsloser Junge, der sich die ganze Zeit mit einem sehr burschikosen Mädchen mit Pferdeschwanz stritt, und letztendlich ... Ja, selbst die Dienstmädchen im Haushalt des Gouverneurs wussten bald nicht mehr, wie sie die letzten zwei des unzertrennlichen Quartetts hätten den Dorfbewohnern beschreiben sollen. Ihre kümmerlichen Ansätze begannen alle mit einer märchengleichen Zuneigung zweier unschuldiger Kinder zueinander. Der kleine Sohn des Kommandanten in der Rolle des strahlenden Helden, der mutig alles tat, um seine Prinzessin zu schützen. Dass er sich bei Berührung mit kaltem Wasser in ein Mädchen verwandelte, trübte sein Ansehen nicht im Mindesten. Im Gegenteil! Dadurch bekam er in jenen Märchen den Ritterschlag! Kühn opferte er einen Teil seiner männlichen Stärke, um seiner Herrin das Leben zu retten. Die kleine Herrin hingegen war das Abbild der hilflosen Prinzessin, die auf ihren Helden vertraute. Ein kleines Kind, welches schon beim bloßen Anblick die Phantasien der Menschen dazu anregte, in ihr die reinsten Formen der Weiblichkeit zu sehen. Anmut, und eine gewisse Schwäche, die durch den Schutz des Helden ausgeglichen wurde. Zuneigung - so unschuldig wie die reinste aller Kirschblüten. Das alles mag reichlich übertrieben klingen, was es aber keinesfalls ist. Zu jener Zeit ruhten die Familienfehden in nächster Umgebung, kein neuer Gesprächsstoff also, und das einfache Volk fand großen Gefallen an der niedlichen Geschichte. Man mag es nicht glauben, aber aus dem einsamen Mädchen, das darauf hoffte, Kaede-'baba' würde 'Ran-chan' zu den viel zu seltenen Besuchen einfangen können, wurde innerhalb von 5 Tagen das Gesprächsthema No.1. Aber nach 5 Tagen schon schien das traumgleiche Märchen ein plötzliches Ende zu finden, denn die vereinigten Winde des Pazifischen Ozeans und des Chinesischen Meeres wehen kräftig und trieben den dunklen Drachen schnell voran. Am Abend des fünften Tages sollte die bezaubernde Geschichte des Mädchens also eine Wende erfahren. In der Nacht, als in Nagasaki jeder Mensch schlief, zog dichter Nebel vom Meer herauf; der Drache erreichte sein Ziel und faltete seine Flügel zusammen. Kurz darauf glommen im Nebel hunderte Lichter auf, welche sich rasch auf das Dorf zu bewegten. Die Alarmglocke, auf einem Turm innerhalb des Dorfes, wurde geläutet - man hatte die Eindringlinge entdeckt, was nicht mehr sonderlich schwer war. Daraufhin gaben die Schatten ihre Lautlosigkeit auf und machten einen Lärm, als ob die Wesen der Hölle aus den Schlünden der Mutter Knochen kriechen würden. (Anm.: Gemeint sind Vulkanausbrüche. Lava wird hier mit 'Teufeln aus dem Feuer' assoziiert) Wer sich aus der Sicherheit seiner Behausung wagte, war dem Tod als Opfer der Drachenkinder geweiht. Aber das Dorf war nicht das Ziel des plötzlichen Angriffs. "das Ziel" bestand aus zwei Hälften: Der Kommandant, und der Gouverneur. So huschten einige Drachenkinder zum Anwesen des Gouverneurs, und andere zu jenem des Kommandanten. Einige Zeit später versammelte man sich jedoch in der großen Empfangshalle des Kommandanten. Der Angriff auf das Dorf war nur ein geschicktes Ablenkungsmanöver. Das Schlachtfeld der Kinder des dunklen Drachen war die See, nicht das Land. An Land nahmen sie eher die Form eines Meuchelmörders an. Enttäuschend war dann aber zu sehen, dass die eigentlichen Opfer den Nebel frühzeitig gesehen und die Gefahr gespürt hatten, sodass sie schleunigst das Weite suchten. Von den Familien des Gouverneurs und des Kommandanten fehlte ebenfalls jede Spur. Nicht, dass man vorgehabt hätte, beide Männer mit ihren Angehörigen zu Erpressen und aus den Verstecken zu locken. Nein, nicht doch. "Verdammt! Es ist zum aus der Haut fahren!" "Stimmt, dann machen wir einmal eine Plünderung, und alles umsonst..." "Seid still." "Aber Inu-" Der groß gewachsene Mann gebot seinen Gefährten mit einer Handbewegung zu schweigen. Seine erstaunlichen Hundeohren drehten sich einmal in diese Richtung, dann wieder in jene, als ob sie ein bestimmtes Geräusch zu Erfassen versuchten. "Ich rieche etwas...-" Dies hatte er nur leise seinen Gefährten mitgeteilt, fuhr dann aber in lauterer Stimme fort. Einige seiner Freunde mussten wohl im ersten Moment ernsthaft aufgrund des plötzlichen Themenwechsels an seinem Verstand zweifeln, andere jedoch sprangen direkt auf die indirekte Aufforderung an. Jene mit solch schneller Auffassungsgabe hatten bemerkt, dass beide Hundeohren ihres Anführers nun unbeweglich nach hinten gerichtet waren und er die Geräuschquelle geortet hatte. Nun hieß es nur noch mitspielen. "-Tse. War das nicht klar? Dass dieser feige Bastard von Saotome fliehen würde?" Er horchte genau hin und lächelte dann, als die unruhigen Geräusche hinter der hohlen Wand keine 5 Meter hinter ihm auf ein gewisses Maß anschwollen - noch immer unhörbar für menschliche Ohren, für das feine Gehör eines Hundes aber leicht zu bemerken. Zufrieden nickte er seinen Gefolgsleuten zu. Diese Nacht würde nicht vollkommen erfolglos bleiben. "Ja! Beim ersten Windwechsel sucht er das Weite!" "Womöglich hat er auch noch sein schwaches Weib mitgenommen, das ihr Volk verraten hat!" Inu Yashas Lächeln weitete sich, sodass man im Mondlicht seine rasiermesserscharfen Fangzähne weiß aufleuchten sah. "Das reicht ihr Schweine!!" Ein Teil der Wand hinter Inu Yasha wurde kraftvoll 'aufgestoßen', und man sah ein verängstigtes, kleines Mädchen im Morgenmantel und einen mittlerweile kochenden, bezopften Jungen. Wortlos musterten die erstaunten 'Drachenkinder' die zwei eigentlichen Kinder. Inu Yasha allerdings drehte sich nicht einmal um. Das einzige, was er in diesem Moment tat, war einer schlanken Frau mit langen, in einem hohen Pferdeschwanz zurecht gemachten Haaren zuzunicken, welche daraufhin beruhigend lächelnd auf das kleine Mädchen hintrat. "Keinen Schritt weiter, ihr Piraten! Meinen Vater zu beleidigen ist eine Sache... ich weiß auch nicht, über welches ,Volk' ihr redet, aber meine Mutter ist NICHT schwach!! Hast du mich gehört, Mister?!-" Damit adressierte er zweifelsfrei Inu Yasha, der sich daraufhin scheinbar gelangweilt den Kindern zuwandte. Aber innerlich lachte er! Wie oft sah man einen jungen Menschen, der sich furchtlos einer gemischten Piratenbande aus Menschen und Dämonen gleichermaßen entgegenstellte? "Soso, du bist also der junge Prinz..." Als Antwort bekam er nur einen verständnislosen und irritierten Gesichtsausdruck. "... Ich habe bereits viel über dich gehört, Ranma Saotome." "Es ist mir egal, ob du mich kennst oder nicht, Mister! Aber ich rate dir bloß schnell abzuhauen! Und Lady-" Womit er sich mit einem todbringend giftigen Blick an die immer noch lächelnde Sango wandte "-ich hab doch gesagt 'Keinen Schritt näher!'. Sind sie taub oder was?!" Länger konnte sich der 'brutale Mister' nicht mehr zusammenreißen und lachte laut los. Ein angenehmes Lachen... Ranma bemerkte erstaunt, dass der Mister überhaupt nicht mehr so brutal wirkte, wenn er es sich selbst erlaubte, eine Emotion in seinem Gesicht Ausdruck finden zu lassen. Außerdem war es irgendwie beruhigend, endlich wieder nach all dieser Zeit in der hohlen Wand ein Geräusch zu hören... Was dachte er denn da? Das dort vor ihm war ein Pirat, ein Dieb, ein Mörder!! Er musste Akane beschützen!! Moment mal... Akane?!! Jene hatte sich jedoch in die Arme der freundlichen Dame geflüchtet, als ihr all die finsteren Gestalten zu viel wurden. Wütend stürzte er sich todesmutig auf die Dame und entriss ihr mit einem Kampfschrei seine Freundin. Die Dame allerdings, zu sehr damit beschäftigt, beruhigende Nichtigkeiten in Akanes Ohren zu wispern, erschrak furchtbar und reagierte dementsprechend in Defensivhaltung. Eine Handlung, die sie noch im selben Moment bereute, jedoch nicht ungeschehen machen konnte. Jahrelanges, hartes Training hatte nicht nur ihren Körper gestählt, sondern auch ihre Reflexe sensibilisiert. Sie wollte es nicht, aber nachdem Ranma sich völlig überraschend auf sie stürzte, hatte sie sich vollkommen unbedacht von ihren Instinkten leiten lassen, welche sie in dem Moment, in dem ihr Akane entrissen wurde, dazu brachte, ihr Katana aus der Schwertscheide zu ziehen und den Gegner so zu verletzen, dass er auf Distanz gehalten wurde, bis sie bereit war, einen weiteren Angriff zu parieren. Als sie jedoch das warme Blut auf ihrem Gesicht spürte und den schlecht unterdrückten Schmerzensschrei hörte, schrie sie selber gequält auf. Sie hatte... Sie hatte den Jungen verletzt! Inu Yasha rührte sich wieder nicht, er hatte dem ganzen nur schweigend zugesehen. Nun beobachtete er weiter, wie der kleine, heftig blutende Junge seine Freundin schützend sanft hinter sich drückte und mit ihr so weit an die Wand zurückwich, bis er höchstens frontal einen Angriff zu befürchten hatte. "Warte, komm hier her mein Kleiner! Lass mich nach deiner Verletzung sehen! Ich wollte dir nicht weh-" "Lass gut sein, Sango." Die erschütterte junge Frau namens Sango sah von dem verletzten Jungen und vollkommen verschreckten Mädchen zu ihrem Anführer, der jedoch ihren Blick nicht erwiderte. Gebannt musterte er den jungen Ranma Saotome und wartete auf dessen nächsten Schritt. Das kleine Mädchen schien langsam aber sicher aus ihrer Trance zu erwachen. "Ranma! Ranma, du blutest ja! Tut es sehr weh?" Besorgt versuchte die junge Akane, sich hinter Ranmas Rücken hervorzuschieben, um sich dessen Wunde, die quer über seine rechte Schulter und über einen Teil seiner Brust zog, näher anzusehen. Das teure Oberteil war an dieser Stelle glatt durchtrennt, und die im Tageslicht wohl himmelblaue Seide von Blut durchtränkt. "Nein, das tut nicht schlimm weh." Anerkennend nickte Inu Yasha leicht, ohne bemerkt zu werden. Lügen, um das Mädchen nicht weiter zu beunruhigen... Edle Züge wies der junge Herr auf. "Aber das ist der Grund, warum man Piraten nicht trauen darf! Sie hintergehen dich! Traue nie einem Piraten Akane!" Bei diesen Worten schluchzte die junge Sango leise auf. Das hatte sie doch gar nicht beabsichtigt! Nie hätte sie ihn verletzen wollen! Er war ja noch ein Kind! Aber ihr Anführer schien ihr Bedürfnis nach Trost zu spüren, denn auf gewisse Weise nahm er ihr einen Teil ihrer Schuldgefühle mit den nächsten Worten. "Nein junger Herr. Man darf uns nicht trauen. Aber es war dein eigener Fehler, deine eigene Unvorsichtigkeit und deine eigene Schwäche, die dich dieses Blut kosten." Diese harschen Worte ließen Ranma aufblicken. Sein schmerzverzerrtes Gesicht verzog sich noch ein wenig mehr. "Es war dein Fehler, Sango anzugreifen. Erwarte stets einen Gegenangriff, wenn du deinen Zorn und deine Kraft gegen jemanden erhebst. Es war auch deine Unvorsichtigkeit, und gleichzeitig deine Schwäche. Du hast ihren Schwerthieb nicht erwartet, warst somit nicht in der Lage, ihm auszuweichen." Inu Yasha erhielt darauf keine Antwort. Ranma war viel zu sehr damit beschäftigt, Akane hinter sich irgendwie festzuhalten, den Schmerz und die vielen, schweigenden Piraten zu ignorieren und die Worte des merkwürdigen Mannes zu verstehen. Das alles kostete nicht nur Kraft, sondern auch Nerven und Geduld. "Mister! Ich fordere dich heraus! Wenn ich gewinne, und das werde ich, verlasst ihr alle Kyushu und kommt nicht wieder zurück!" Inu Yasha löste seine Arme aus der scheinbar ewigen Verschränkung vor seiner Brust und entblößte klauenartige Hände, die noch vor wenigen Momenten in den weiten Ärmeln seines Gewandes verborgen waren. Aber die furchteinflößende Gestalt des großen Mannes ließ Ranma ziemlich kalt. Was hatte er zu verlieren? Nichts. Und was zu gewinnen? Alles! Das Leben von Akane, Ukyo, Ryoga und all den anderen! "Gut." "Ich werde dich nicht schonen Mister!" Die Drachenkinder wichen zurück und verbargen sich in den Schatten der nur von Mondlicht erhellten Eingangshalle, und Akane, die sich verängstigt an die Wand drückte, konnte aus der Dunkelheit die leuchtenden Augen einiger Dämonen glimmen sehen. Irgendwas stimmte da nicht! Was waren das für Wesen? Und warum hatte der große Mann silbernes Haar und Klauen? "Das habe ich auch nicht erwartet, Junge." Ranma begab sich in Kampfhaltung. Das heimliche Training seiner Mutter sollte sich nun also auszahlen! Er würde Akane retten... Leise zischte er seiner kleinen Freundin noch einige Worte zu, bevor er den Kampf mit einem recht gewagten Sprung in Richtung Gegner begann und versuchte, diesen mit allen ihm verbliebenen Mitteln außer Gefecht zu setzen. Der Junge wusste, dass er keine große Chance hatte, diesen Kampf lebend zu überstehen; sollte er es denn wirklich in seinem Zustand schaffen, den Anführer unschädlich zu machen, so waren die Piraten immer noch in der Überzahl. Letztendlich konnte er nur hoffen, dass Akane seinen Worten folgte. Drei Meter, zwei Meter, Kontakt! Verzweifelt versuchte der Kleine aus seinem Schwung heraus einige Treffer zu landen. Das junge Kämpferherz war stark, der Körper jedoch geschwächt. Viel Zeit würde ihm nicht bleiben, bis er mit seiner Kraft am Ende war. Also konzentrierte er seine Angriffe auf Schnelligkeit und möglichst niedrigen Energieaufwand. Leicht wich der Pirat mit den Hundeohren jedem schwungvollen Tritt und jedem Impulsschlag aus, fast wie in einem Tanz, dessen Bewegungen und Formen von bloßem Menschenauge kaum noch zu betrachten waren. Die Ausdauer seines Gegners brauchte er nicht in seine Rechnung mit einzubeziehen. Der Kleine war trotz seiner Verletzung verhältnismäßig schnell, aber mit der Geschwindigkeit eines Halbdämons, noch dazu eines so mächtigen, konnte er nicht mithalten. In diesem Kind lag einiges Potential ungenutzt verborgen. Sogar erstaunlich hohes Potential. Doch was hätte man anderes erwarten mögen? Aus einer so mächtigen Blutlinie konnte nur ein Krieger hervorgehen. Das schmutzige Blut des Vaters schien nicht durchzuschlagen. Der Halbdämon selbst wusste nur allzu gut, dass man aus unreinem Blut auch einige unvorhergesehene Stärken herausentwickeln konnte. Keuchend schlitterte Ranma wieder in seine Ausgangsposition, in der er schützend vor Akane stand. 'Stehen' war wohl der falsche Ausdruck. Krampfhaft versuchte er, sich auf den Beinen zu halten, und hing leicht nach vorn gebeugt und mit angewinkelten Knien über seiner Körpermitte. Seine linke Hand, die nun den Stofffetzen über der langen Wunde zusammenkrallte, war blutverschmiert, und die Fingerknöchel nahmen eine neben dem Blut unwirklich blass anmutende Farbe an. "Ranma, alles in Ordnung mit dir? Sag schon!" Ranma beachtete Akanes verängstigte und verzweifelte Stimme nicht. Unbeweglich fixierte er seinen Gegner, welcher ihn mit unabänderlich ausdruckslosem Gesicht entgegenblickte. "Warum hältst du dich so zurück, Mister?! Ich merk' doch, dass du nicht voll kämpfst!" Beinahe hätte er schon wieder lächeln müssen... Bei diesem Kind musste er ja wirklich aufpassen! Doch stattdessen: "Du bist kein Gegner für mich." Akane entfuhr ein erschrockener Schrei, Ranmas Augen hingegen weiteten sich nur ungläubig, zogen sich dann aber zu flammenden Schlitzen zusammen. Wutentbrannt stürzte er wieder auf den übermächtigen Halbdämon zu und schlug blindlings auf ihn ein. Zorn hatte die Stelle des Verstandes eingenommen. Er sollte ein Schwächling sein?! Er?!! "Mach endlich ernst!!" Vielleicht hätte er das nicht unbedingt sagen sollen. Das war unvorsichtig. Und dumm. Das ging ihm sekundenschnell durch den Kopf, als der Halbdämon ihn mit der flachen Handkante in der Bauchgegend traf und mit diesem einzigen Schlag gegen eine Wand schleuderte. "Eines gebe ich zu: Du bist mutig. Aus dir wird einmal ein großer Krieger werden. Aber dazu musst du hart trainieren. Du willst doch deine kleine Freundin beschützen können, oder?" Ranma richtete schwankend auf und sah überrascht zu Akane hinüber, die geschockt und paralysiert mit tränenverschmiertem Gesicht auf den Boden gesunken war und ihn mit bebenden Lippen anstarrte. Wo war ihr Lächeln? E-er musste doch... er musste doch i-ihr Lächeln beschützen. Er musste Akane beschützen! Er war doch ihr Bodyguard! "Dazu musst du stark werden, Ranma. Finde deinen Meister." Mit einer gewissen Ehrfurcht starrte der Junge dem Halbdämon einen Moment lang in seine leuchtenden gold-bernsteinfarbenen Augen. Was er dort erkannte, überzeugte ihn. Er kämpfte nicht nur mit einem Piraten - er kämpfte mit einem Krieger und mit einem Meister seiner Kunst. Zitternd, beinahe wie ein trockenes Blatt im Wind, stützte des Kommandanten Sohn sich schwer atmend auf seine Oberschenkel, kam schwankend zum stehen und erlaubte seinem nachtschwarzen Pony, über die saphirfarbenen Augen zu fallen und vor den Blicken anderer Menschen zu verbergen. |"Mein Kleiner, warum kämpft ein Krieger?" "Um Essen?" "Nein, mein Schatz..." Das überirdisch schöne Lachen seiner Mutter... "Um zu beschützen..."| "Akane, tu bitte was ich dir eben gesagt habe." Aufmerksam musterte der Halbdämon beide Kinder. Natürlich hatte er diese so 'geheimnisvollen' Worte mit seinem weit entwickelten Gehör vernommen, doch beabsichtigte er nicht, hier einzugreifen. Es wäre ein leichtes, die Tochter des Gouverneurs zu entführen und das Lösegeld zu erpressen, wovon ihr Vater genug besaß. Woher er wusste, dass die Kleine 'Akane' die Tochter des Gouverneurs war? Der Geruch, der ihren Eigengeruch leicht überlagerte, verriet sie. Ein Geruch, der sich in die Erinnerung des verhältnismäßig jungen Halbdämons ebenso eingebrannt hatte, wie das Bild einer gewissen Frau, der Akane Tendo so erstaunlich ähnlich sah. Aber warum kein Lösegeld erpressen? Einerseits war sie nicht das Ziel. Selbst als Pirat, Halsabschneider und als was man ihn alles noch betitelte... hatte er ein unglaubliches Ehrgefühl, welchem er sich nicht entgegen stellen konnte. Ein kleines, unschuldiges Kind für die Fehler büßen lassen, die ein anderer dumm, ohne Umsicht, aber mit voller Absicht begangen hatte? Ihren Vater hasste er mit jeder Faser seines Körpers... Aber weder die Mutter, noch das Kind. Doch das alles war unwichtig. Die Pläne für diese ereignisreiche Nacht waren kurzfristig geändert worden... Womit sein Blick wieder auf dem Jungen ruhte. "Aber Ranma..." Akane konnte Bitten und Flehen - ihr Spielkamerad hatte seine Aufmerksamkeit längst wieder auf den Inu Hanyou fixiert. "Ihr werdet sie nicht kriegen. Eher sterbe ich..." Damit trat er mühsam wankend einige Schritte vor und nahm wieder Kampfhaltung an. "Junge, ergebe dich. Ich werde versprechen, deiner Freundin kein Leid zuzufügen. Dafür musst du aber-" "Das Versprechen eines Piraten ist nichts wert! Man darf einem nie trauen!! Hör mir gut zu Akane, traue niemals einem Piraten! Hasse sie!" Sie nickte. Ihre Pupillen waren dermaßen geweitet, dass man ihre wunderschöne Augenfarbe nur noch an einem schmalen Ring um jene erkennen konnte. Sehen konnte sie nicht mehr. Für diesen einzigen Abend hatte sie zu viel gesehen. Ihr Freund opferte sich für sie, blutete wegen ihrer Dummheit, einem Piraten trauen zu wollen. Ranma hatte Recht.... traue... Piraten, nie... niemals traue.... traue niemals einem Piraten! "Wie schade. Ich hatte gehofft, ich müsste dir nicht noch weiter Schaden zufügen müssen." Inu Yashas Ohren zuckten amüsiert, als er erkannte, welche Reaktion ein solches Maß an Arroganz dem Jungen entlockte. Einen interessanten Charakter besaß er, der Sohn des Kommandanten! "Du glaubst wirklich, dass du es mit mir aufnehmen kannst?! Um mir Schaden zufügen zu können, musst du mich kriegen!!" Nach außen hin hörte sich das alles sehr mutig an. Ja, vielleicht sogar überzeugt und selbstsicher... Seine Grenzen jedoch waren ihm gut bekannt, und sein letztes Aufbäumen und seine letzten Mühen sollten Zeit schinden. Langsam, wie in Trance erhob sich Akane von ihrer knienden Position und ging auf das Portal zu, das nach draußen führte. Sie würde ihnen nicht trauen! Sie durfte nur Ranma trauen.... Ranma.... nur Ranma.... Inu Yasha wusste, worauf all dies hinauslaufen sollte. Die Hoffnungen des Jungen, seinem Gegner wenigstens in einem kleinen Schritt voraus zu sein, wollte er ihm aber nicht nehmen. Außerdem hatte er noch eine sich selbst auferlegte Aufgabe zu erfüllen. Mit letzter Kraft aber eisernem Willen sprang Ranma auf seine sichere Niederlage zu. Nun war es gleich, ob er durch die Hand eines verdammten Piraten starb oder nicht. Nur eines zählte. Das waren seine letzten Gedanken, bevor eine sanfte Welle der Ohnmacht über ihn hineinbrach und ihn in Dunkelheit hüllte. Der Schlag, der Ranma leblos in die wartenden Arme seines Gegners fallen ließ, war allerdings das letzte, was Akane von jener Szene mitbekam, denn mit einem Male rannte sie ohne Bestimmung einfach los. "'Yasha-sama, sollen wir sie wieder einfangen?" "Nein." Beinahe schon sanft klang seine Stimme, als er den ohnmächtigen Jungen in seinen Armen betrachtete. Wirklich eine unglaubliche Ähnlichkeit... "Wir haben nun alles." "Der Junge...? Aber wir wollten doch den Vat-" "Willst du wirklich das Urteil eines Oberen in Frage stellen?" Jegliche Fürsorge war aus seiner Stimme gewichen; eine gewisse Drohung ging durch seine Körperhaltung und seinen Ton mit einem Male von ihm aus, was auch den zweifelnden Dämon ruhig stellte, welcher sich eingeschüchtert zurückzog. Trotz aller Kälte jedoch achtete er darauf, dass er den Jungen behutsam in Sangos Arme legte, welche immer noch in Tränen und am Boden zerstört dort saß. Sie hatte ein Kind verletzt... ein Kind... "Sango, hörst du mich?" Tränenblinde Augen, in denen sich das Mondlicht spiegelte, blickten zu dem hochgewachsenen Halbdämon auf. "Sorge für ihn, ja?" Mit einem schmerzvollen Lächeln blickte sie auf den leblosen Körper des verletzten Jungen und drückte ihn vorsichtig, trostsuchend und doch fest an sich. Genau das würde sie für ihn tun - sich um ihn kümmern und für ihn sorgen... Diese Nacht barg viele Geheimnisse und brachte Trauer und Schmerz mit sich. Viele Opfer waren zu beklagen. Ranmas Freunde und eigentlich das ganze, kleine Dorf Nagasaki (heute eine Stadt) trauerten ihrem Helden nach. Unerwartet waren allerdings die Reaktionen seiner Eltern. Der Vater kochte innerlich vor Wut; beinahe so, als habe man ihm sein Hab und Gut gestohlen, nicht seinen Sohn. Für die größte Verwunderung allerdings sorgte Ranmas Mutter. Es war allgemein bekannt, dass sie ihren Sohn abgöttisch liebte - auch wenn ihr Gatte noch so sehr gegen jegliche Zärtlichkeiten im Umgang mit seinem Sohn war, da das seinen Erben 'verweichlichen' würde. Doch von ihr sah man keine einzige Träne in der Öffentlichkeit. Man erzählte sich zwar, dass die sagengleichen Blüten im Garten der Herrin im Morgenlicht durch Salzkrusten auf den Blütenkelchen glitzerten, da die Mutter während der Nacht die Pflanzen in leidvoller Sehnsucht mit ihren Tränen benetzte. Aber um der Wahrheit Ehre zu geben: Man sah Nodoka-sama kaum mehr außerhalb ihres eigenen kleinen Paradieses, und wenn man es tat, dann hatte ihr Gesicht eine kränklich blasse Farbe. Nie sah man jedoch eine Träne. Was nun Akane anging... Sie selbst trauerte, litt und grämte sich am meisten. Ihr Held war von ihr genommen worden, und sie gab sich selbst dafür die Schuld, so oft ihr auch jedermann versicherte, dem sei nicht so. Diese Art Zuneigung, die sie ihm gegenüber empfunden hatte, ging weit über Freundschaft hinaus. Natürlich darf man hier nichts falsches denken! Akane Tendo war zu diesem Zeitpunkt erst sieben Jahre alt! Mit dem Begriff der Liebe wusste sie nichts anzufangen. Vielmehr verspürte sie eine tiefe Verbindung zu dem Jungen, so, als seien beider Kinder Seelen einst eine gewesen. So stellte sie es sich auch oft vor: Ranmas und ihre Seele seien vor langer Zeit einmal eins gewesen, wie Yin und Yang. Doch dann fiel ein Stern vom Himmel, und teilte ihre Seele mit seinem feurigen Schweif in zwei Teile. Nacht für Nacht träumte sie, Nacht für Nacht betete sie, hoffte auf seine Rückkehr. Diese Einsamkeit, diese unauffüllbare Leere, die sie scheinbar verschlingen wollte, machte aus ihrem einst fröhlichen Wesen ein verbittertes. So veränderte sie sich. Aus dem lieblichen Mädchen mit den langen, samtenen Haaren wurde ein rebellischer Geist mit vom Schwert auf praktischer Länge kurz gehaltenen Haaren. Akane Tendo lernte, ein Junge zu sein. Hartes Training, eine Verbissenheit und ein derartiger Starrsinn, den man einst nur von dem jungen Ranma Saotome kannte, machten aus dem kleinen, schüchternen Mädchen einen selbstsicheren Schwertkämpfer mit einem Willen, den man weder brechen, noch unterdrücken konnte. Die langen, niedlichen Kleider westlicher Art, wie sie durch gute Handelsverbindungen Soun Tendos nach Kyushu gelangten, und die festlichen und edlen, traditionell japanischen Kimonos wurden sauber verwahrt - dort, wo kein Sonnenlicht die satten Farben je bleichen hätte können. Stattdessen setzte Akane auf Kleidung, die sie nicht behinderte oder in ihrer Bewegungsfreiheit einschränkten: Weite Hosen westlicher Art und für Dorfbewohner seltsam anmutend geschneiderte Oberteile. Sie ähnelten den Hemden der westlichen Seefahrer, die nach einstimmiger Meinung der Dorfbewohner für eine junge Dame "viel zu weit und unförmig" seien. Auch Akanes Vater hegte arge Bedenken gegen den vollkommen 'unweiblichen' Kleidungsstil seiner Tochter. Er konnte sich nicht erklären, weshalb seine Tochter diese Wesenswandlung vollzog. Sagen tat er jedoch nach ersten, fehlgeschlagenen Anfängen nichts - dafür liebte er seine kleine Tochter zu sehr. Die einzigen Menschen auf Kyushu, die keine Einwände gegen Akanes neuen Geschmack vorzubringen hatten, waren ihre engsten Freunde Ryoga und Ukyo. Ihnen war es vollkommen gleich, was Akane trug - obwohl sie jedoch ebenfalls darauf brannten zu erfahren, warum Akane eine solche Veränderung durchmachte. Auch ihr Charakter an sich hatte sich merkwürdig gewandelt - aus dem sanften Mädchen war ein harter Soldat geworden. Ihr Training beinhaltete auch, sich mit den Soldaten der in Nagasaki stationierten Truppen zu duellieren und zu messen. Nach einigen Jahren harter und verbissener Übungskämpfe jedoch waren jene Soldaten keine Gegner mehr für die Tochter des Gouverneurs, die so schon nach kurzer Zeit trotz ihrem Geschlecht zu hohem, militärischem Rang aufstieg: Leftenant Colonel, unter direktem Befehl von Kommandant Saotome. Bald schon verschaffte sich die scheinbar unbesiegbare Tochter des Gouverneurs einen Ruf als unerbittliche Piratenjägerin, die das Meer von jeglichem Abschaum bereinigte. Ihre Methoden waren hart aber gerecht - und wehe demjenigen Piraten, der ihr in die Fänge ging! Nicht, dass sie dessen Tod wollte. Nein, so blutrünstig war sie nicht. Man sagte ihr einen fast schon unverständlich fairen Gerechtigkeitssinn nach - welchen sie unabstreitbar auch besaß. Und doch war es wohl etwas anderes, das sie zur Jagd motivierte. Manche glaubten, es habe etwas mit der Entführung des längst tot geglaubten Jungen zu tun, und Akane wolle unbewusst während ihren abenteuerlichen Seegefechten ihren Freund aus Kindertagen suchen. Das stimmte auch, aber nur teilweise. Obwohl in ihr noch das leise Gefühl der Hoffnung existierte, so zwang sie sich dazu, sich dem Glauben der Allgemeinheit anzuschließen. Sie sah sich selbst als bodenständig, und ein Junge, der im Alter von 7 Jahren von Piraten entführt worden und nach all dieser Zeit nicht zurück gekehrt war, konnte einfach nicht mehr leben. So redete sie sich ein, dass Suchen zwecklos sei. Gerechtigkeitssinn und Sehnsucht waren eine Sache - Rache eine andere. Denn jedes Mal, wenn sie sich mit voller Absicht über Tag bis an den Rand der Erschöpfung überarbeitet und ihren Körper bis zur Ohnmacht strapaziert hatte, hallten immer noch Ranmas letzte Worte in ihren Gedanken wieder, bevor sie in einen erschöpften, unruhigen Schlaf glitt. |"... wenn ich mit ihm kämpfe, läufst du ganz schnell nach draußen und versteckst dich in der Bucht, ja?...-"| Sie lief. |"Ihr werdet sie nicht kriegen! Eher sterbe ich..."| Und er starb. |"...- Wenn ich ihn besiegt habe, komme ich dich holen, und wir werden deinen Papa suchen, ja?"| Aber er kam nicht. |"Hör mir gut zu Akane, traue niemals einem Piraten! Hasse sie!"| Und das tat sie. Piraten jagen, Unrecht bekämpfen - das tat sie alles für ihn, für denjenigen, den sie verehrte und bewunderte. Sie eiferte ihm nach, versuchte seinen Mut, seine Kraft, seine Stärke und seine Männlichkeit zu kopieren... Sie wollte so perfekt werden, wie sie ihren Helden in Erinnerung behalten hatte. Das war sie ihm einfach schuldig. Immerhin... war sie der Grund, warum er nicht mehr am Leben war. Nur weil sie ein Mädchen war, zu schwach, um sich selbst verteidigen zu können. Aus diesem Grunde hatte er sterben müssen, durch die Hände eines Piraten. Ihr altes Wesen streifte sie wie die große, schillernde Schlange ihre alte Haut ab und versuchte, ihrem toten Freund auf diese Art ein Stück näher zu kommen. Sie konnte nicht mehr darauf hoffen, ihren Ranma finden zu können- dafür aber seinen Mörder. ________________________________________________________ So... Dieser Teil ist eine reichlich misslungene, dafür aber offizielle Entschuldigung dafür, dass ich in letzter Zeit nicht in der Lage war, ENS bzw. E-mails zu beantworten und meine FF's fortzusetzen. Nicht, dass mich jemand vermisst hätte... Anywayzzz. Das hier wird wohl das letzte sein, was man zum. für 2 weitere Wochen von mir hört, da ich mich nach all dem Stress der letzten Wochen direkt in den Osterurlaub für eine Schlafkur verabschieden werde. Dummerweise gibt es dort allerdings kein I-net... So dürften Antworten noch ein wenig auf sich warten lassen. So, jetzt zur FF... Wie bereits irgendwo schon erwähnt sind die Hintergründe meiner Geschichte vollkommen fiktiv, und alle Charaktere ziemlich OOC. "Pirates of Tokara" ist nur ein Produkt des akuten Wahnsinns... Wer eine Fortsetzung möchte, den bitte ich, einen Kommentar zurückzulassen. Das hat einerseits natürlich den Grund, dass mein Ego um ein gutes Stück gepuscht wird und ich einen ganzen Batzen Motivation dadurch bekomme, andererseits ist es auch notwendig. Ich habe nicht sehr viel Freizeit und möchte sie nicht mit dem Schreiben einer Geschichte verschwenden, an der dann doch kein Mensch Interesse finden kann. Ich schreib ja eigentlich nur für euch (ebenso wie für mein selbstgefälliges Ego*g*) Also stempelt es ruhig als Comment-Hascherei ab;) Schöne Ferien! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)