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Cowboy Bebop - Poker Alice

no money no hope no future - awaken from a dream ... welcome to reality
von

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Deathfunk

"Alpha in Position." Die Koordination schien perfekt. Man wartete nur noch auf den Befehl zur Infilitrierung des Gebäudes - ein grauer Betonpanzer, der zum Schlüsselpunkt einer Katastrophe werden sollte. Vor 34 Stunden entschied sich eine terroristische Organisation namens Kalastan , das Konferenzgebäude in Kasei, die größte Stadt auf dem Mars, einzunehmen, um von dort aus die Drohung wahrzumachen, eine biologische Katastrophe auszulösen, sollten ihre Forderungen nicht erfüllt werden. Mit Terroristen wird nicht verhandelt - nach diesem Prinzip erfolgt die Sicherung des Staates auch im Jahre 2072 noch, nur mit dem Unterschied, dass ein wahrer Staat gar nicht mehr existiert, die Regierung brüchig ist und diese höchstens noch als Fassade für die hierarchische Führung des organisierten Verbrechens auf dem Planeten dient. Doch seit dem Zusammenbruch der größten Mafiaorganisation fängt auch dieser einst solider Zusammenhalt des Staates anfangen zu schwanken. Aus Red Dragon wurden die drei Triaden und da die Aufteilung von Macht grundsätzlich problamatisch zu sein scheint, hat auch dieser Versuch, die alten Traditionen beizhubehalten ein blutiges Ende genommen. Seitdem existiert die Hierarchie, welche früher noch für die Substanz auf dem Mars gesorgt hat, nicht mehr und es entstanden kleine, anarchistisch veranlagte Splittergruppen wie Kalastan, die glauben, durch gewaltsame Drohungen IHRE Hierarchie zurückkehren zu lassen.

Es dauerte nicht lange, bis der Befehl zum Angriff gegeben wurde. Der Einsatz der ISSP war gut durchdacht. Der Vormarsch der Einheiten erfolgte Präzise und schnell; diverse Schusswechsel wurden rasch beendet. Tragischerweise war die Führung Kalastans nicht bereit zu zögern. Sofort nachdem in Erfahrung gebracht wurde, das man nicht bereit sei, zu Verhandeln, wurde ihre Drohung wahr gemacht. Zivilisten auf der Straße wurden nun Zeuge der neuesten Möglichkeit zur Massenvernichtung. Sprengköpfe, deponiert in diversen Tiefgaragen der meisten Regierungsgebäude zündeten und führten zum Absterben aller Organismen in- und außerhalb der Bauten. Das Keuchen und Würgen der Passanten auf den Straßen durchzog die Häuserschluchten Kasei's als letztes Zeichen eines sterbenden Verzweifelten - des Todes einer ganzen Stadt.

Und kurz darauf war alles still. Es ist faszinierend mitzuerleben, wie nicht ein Ton aus dem Herzen der Stadt hinausquoll. Es war alles leise, kein Geräusch, als sei eine neue Wüste geboren worden. Doch diese Wüste war verdammt, voller Leichen und Tod in den Straßen. Menschen lagen einfach da, Frauen mit ihren Kindern, ihre Innereien auf den Gehwegen erbrochen, kurz bevor sie daran erstickten. Seen von Blut sammelten sich an jenen Plätzen an, an welchen vor Minuten noch eine riesige Menschenmasse ihrem Alltagsleben nachging. Nicht einmal die durch das aufprallen von Köpfen sterbender Menschen ausgelöste Hupkonzert, war zu vernehmen, denn es es gab nun niemanden mehr, der es hören könnte. Es war das jüngste Gericht, hervorgerufen von einer Gruppe Verrückter, die ihre Version von Gott durchsetzen wollten. Denn Gott sind sie selbst und so beendeten sie all das Leiden auf der Welt.
 

"Verlassen Sie sofort den Raum, Miss Ovilo." Mit Druck versuchte die aus den Lautsprechern rauschende Stimme die Frau, die gerade dabei war in einem luftleeren Forschungsraum zu experimentieren, dazu zu bringen, ihre Arbeit abzubrechen. "Noch eine Minute.", kam fast anteilnahmslos ihre Antwort zurück. "Hören Sie auf und kommen sie..." ... die Stimme brach ab und eine andere, fremde drang sich in die Geräuschkulisse des eigentlich um Ruhe bedürftigen Raumes. "Miss Ovilo, es wurde der Ausnahmezustand ausgerufen. Verlassen sie sofort diesen Raum. Das Gebäude wird evakuiert." Versunken in Konzentration dauerte es erst zwei Sekunden, bevor die Frau verarbeite, was so eben gesagt wurde. Ihre angespannte Haltung wich einer nervösen. Die Schweißperlen unter ihrem weißen Laborhelm schienen erst jetzt das Ergebnis unerträglicher Hitze zu sein. Gleichgültig warf sie all ihre Arbeitsgeräte auf den Tisch vor ihr, der zuvor noch mit allem Eifer der Arbeitsplatz für ein heikles, und nun doch allzu unwichtiges, Experiment geworden war. Hastig drehte sich die Frau zum Schaufenster des Raumes und blickte in mit Gasmasken verdeckte Gesichter, die darauf warteten, endlich mit ihrer Arbeit, der Evakuierung der Forschungsstation, abzuschließen. "Was ist passiert?", fragte sie noch entgeistert. Man sah deutlich, wie dem Enthusiasmus der Schock wich, welcher sich nun in ihrem bleichen Gesicht abzeichnete. "Nun kommen sie doch endlich raus. Wir haben jetzt keine Zeit für Erklärungen." Noch kurz wegen dem Anblick all der Karanteneeinheiten erstarrt, löste sich die Sperre in ihrem Kopf plötzlich und sie ging den Forderungen nach, öffnete die Tür des sterilen Laborraumes, durchwanderte die Luftschleuse und wurde gleich darauf hektisch von der plötzlich losrennenden Rettungseinheit mitgerissen. In all dem Chaos dachte sie nun gar nicht mehr darüber nach, was geschehen ist. Rein der Instinkt zu überleben schaltete sich nun ihrem Kopf ein und sie wurde nur noch von dem Gedanken gesteuert, dass Gebäude so schnell wie möglich zu verlassen. All das geschah sogar noch in ihrem luftdicht abgeschlossenen Laboranzug, welcher zwar nicht den Komfort für solch plötzliche Aufbrüche besaß, bei den außerhalb gegebenen Umständen aber durchaus ein Vorteil hätte sein können. Kurz vor dem Eintreten in den Hangar des Gebäudes wurden innerhalb einer Luftschläuse Schutzanzüge angelegt, um im folgenden, unsicheren Bereich überleben zu können. Alle Mitarbeiter des Station wurden auf einen improvisierten Evakuierungskreuzer der Regierung gebracht. Es handelte sich dabei ursprünglich um einen alten Umsiedlungsfrachter, dessen Typ schon in Zeiten kurz nach dem Terra-Forming des Mars genutzt wurde und dank seiner gewaltigen Kapazität den Umzugsdrang all der auf der Erde lebenden Menschen stark erleichterte.

Kurz darauf zündeten die von einem Atomreaktor angetriebenen Fusionstriebwerke und durchrüttelten das Schiff während des Startvorganges heftig. Ungeschickt und nicht gerade elegant, aber wenigstens sicher, steuerte man den Kreuzer senkrecht in die Luft und durch die künstlich erzeugte Atmosphäre unter der Kuppel der Stadt. Nicht einmal wissend, was geschehen ist, fühlte sich die Frau wie vor dem Tod gerettet, nahm endlich den Helm, welcher bereits Hitzetröpfchen am Visier absonderte, von ihrem Kopf und blickte aus dem Fenster des Raumkreuzers hinunter auf die Stadt Kasei. Aus dieser Höhe konnte sie unmöglich beurteilen, was an dem Ort geschehen ist, geschweige denn mit welch grauenhafter Präzision all das Leben dort blutig ein Ende nahm. "Ich glaub das alles nicht, Electra. Das muss ein Traum sein." Entgegnete ihr Sitznachbar geschockt, welcher ohne wahre Fixierung auf Kasei hinuntersah. Electra strich sich erschöpft durchs braune Haar, lehnte sich zurück und erwartete den nächsten Schritt in diesem unkontrollierbaren Spiel.
 

"STEEEEVE!!!" Ein verärgertes Schreien drang durch die Hallen der Memento, einem modi- fizierten Frachter, der nun als Mutterschiff für eine Gruppe Piraten herhalten muss, wenn man sie denn als solche bezeichnen kann. Erneut durchschallte die männliche Stimme die Decks des Schiffes:"Verdammt holt mir doch einer Steve hier her. Es steht schon alles unter Wasser." "Nerv mich nicht. Ich weiß auch nicht wo er ist.", erwiederte eine weibliche Stimme aus einem anderen Winkel des trägen Stahlhaufens." "Dann such ihn!!!!!", war die Antwort. Eine wahrlich friedsame Atmosphäre herschte unter den Kameraden. Man sagt, im Weltraum hört man niemanden schreien, doch die Kameradschaftlichkeit unter der Crew der Memento hätte man noch bis zum anderen Ende der Galaxie spüren können. Dann endlich kam Steve, ein kleiner, faltiger Mann, mit fettigem blonden Haar und typischer Mechanikerkleidung, an dem Ort an, zu welchem man ihn bereits Ewigkeiten zuvor bestellt hatte. "Ich bin schon da, Chef. Kein Grund sich...", "Halt dein Scheiß Maul", bekam der Zwerg in fast kreischender Tonlage zur Begrüßung um die Ohren gedonnert. "Sie dir lieber diesen Dreck hier an. Aus dem einen Rohr kommt Dampf, aus dem anderen Kühlflüssigkeit. Und in dem Ergebnis davon stehst du gerade!" Die fast schon zur Lächerlichkeit hin überzogen hartklingende Stimme gehörte übrigens zu Grasp, ein junger Schönling, der gerne Abenteurer spielt, niedere Leute, die sich nicht wehren können, herumkommandiert und sich schnell verpisst, sobald es brenzlich wird. Keifend und quietschig, fast ohrenbetäubend drängte dann auch nochmals die bekannte weibliche Stimme ihren Kommentar in die Unterhaltung der beiden. "Hört endlich auf zu Schreien ihr Bastarde. Ich kann so nicht schlafen. ... Und wann kommt Ramuhn endlich wieder?" Steve hat sich inzwischen an die Arbeit gemacht, die nötigen Lecks an den rostigen Rohren zu flicken. Eine harte Arbeit, bot der enge, Gang selbst bei seiner Größe kaum Platz für ihn UND Grasp, der respektlos im unterwässerten Weg stehen blieb, doch schien Steve dies kommentarlos hinzunehmen. "Fick dich, Jewel.", antwortete Grasp überheblich auf ihre Frage, "Wenn er wieder da ist, ok?" Jewel, eine wahrscheinlich noch minderjährige Schlampe, aufgetakelt bis zur Grenze, die aufs große Geld scharf ist, nicht ein wenig Ideologie besitzt und höchstens durch ihre Beliebtheit bei einsamen, durch den Weltraum reisenden Männern, die die Reize einer Frau höchstens vom Hörensagen kennen, punkten kann. Für Piraten ist es eine geschickte Taktik, wenn man sein Schiff als im Weltraum gestrandet ausgibt, ein Helfer kommt und auf dem Frachter eine unschuldige, kleine Dame vorfindet, die dringend Hilfe benötigt.Doch leider fehlt es ihr an Gehirnkapazität, diesen Vorteil wirklich für sich auszunutzen, denn vom großen Geld, welches ständig in ihren Träumen herumspukt, hat sie bis heute nichts gesehen - aus welchen Gründen auch immer.

Außer dem schwarzen Hühnen Ramuhn, ein ehemaliger Kopfgeldjäger, der nun selbst zum Gejagten wurde, war das ganze Treiben auf der Memento nur eine Odyssee im Weltraum mit einem Haufen schlechter Darsteller.
 

Schwarze Schatten umhüllten den großen Raum an Bord eines Kreuzers der Blue Phytons, eine einst unbedeutende Triade in der Welt des organisierten Verbrechens. Seit dem Zusammenbruch der Red Dragons sind sie allerdings die einzige Gruppierung, die überhaupt noch so etwas wie eine organisierte Herschaftsform kennt.

Vier nicht zu erkennende Gestalten standen auf einem etwas höhergelegenen Deck und starrten einschüchternd auf den jungen Mann auf der Plattform vor ihnen herab, um ihm abwechselnd Instruktionen zu geben. Jener Zuhörende lauschte den klapprigen Stimmen aufmerksam, aber mit Verachtung im Herzen.

"Vielleicht taten Sie uns einen Gefallen damit."

"Es ist nun alles vorbei."

"Alles, was gefährlich sein könnte."

"Oder werden könnte."

"Es ist tragisch."

"Sie taten uns einen Gefallen damit."

"Doch trotzdem ist es gut."

"Einen großen Gefallen."

"Vielleicht nicht so groß wie jetzt angenommen."

"Ja, es ist tragisch."

"Aber passiert."

"Es wurde Ärger aus dem Weg geräumt."

"Das ist gut so."

"Ihr macht euch jetzt auf den Weg."

"Es ist noch viel zu tun."

"Wir müssen uns organisieren."

"Wir müssen erfahren was passiert ist."

"Sagt unseren Freunden bescheit."

"Kalastan ist gefährlich."

"Noch immer gefährlich."

"Hört euch um."

"Organisiert uns."

Mit dem letzten Satz erloschen dann auch die spärlichen Lichter über den Köpfen der vier alten Männer, welche gerade in ihrer eigenen Komposition die Prophezeihung vom Tod ihres Feindes, Kalastan und seine Führung, aussprachen, um so die erträumte Macht zu erlangen. Der junge Mann, der seine Befehle mit einem kalten Kopfnicken als Vernommen bestätigte, machte sich danach auf in den Hangar des Kreuzers, stieg in seinen Hochgeschwindigkeitsjäger und startete die Maschinen mit direktem Weg auf Rivast, einer weiteren Hauptstadt auf dem Mars. Nur noch kurz hatte er das gewaltige Schiff seiner Triade im Rücken, welches in solch ruhiger, und doch bedrohlich wirkener Haltung langsam um den Planeten kreiste, bevor es hinter dem roten Planeten verschwand.
 

"Woran haben Sie zuletzt gearbeitet, Miss Ovilo?", fragte die vertraute Stimme eines alten Mannes die in ihrer rotbraunen Lederjacke vor sich hinträumende Electra. "Wollen Sie mich das wirklich fragen?", antwortete sie mit sanftem Lächeln, "Ich bin kein Doktor wie Sie, Mister Harasso. Ich war nur Officer bei den Marines und habe kaum Ahnung von all der Technik. Außerdem ... sollten Sie doch wissen, worin mein Aufgabenbereich besteht." Harasso ließ es sich nicht nehmen, ein kurzes Lachen bei sich aufkommen zu lassen. Ein Lachen, dass bei all dem Ernst in den Gesichtern der umliegenden Menschen auf Electra kurz wie eine Rettung aus all dem Chaos wirkte. Kurz trat Schweigen ein. "Was ist da draußen passiert, Mister Harasso?" Der verzweifelten Heiterkeit in Harassos Gesicht wich nun wieder der Ernst. "Ich weiß es nicht, Miss Ovilo. Es will mir kaum jemand Auskunft geben. Das einzige ist ...", Harasso unterbrach kurz, scheinbar um Mut zu fassen, das folgende aus seinem Mund verlautbaren zu lassen." "Es scheint niemand mehr da unten zu sein, der es uns erzählen könnte." Electra schloss die Augen, als ob sie bereits geahnt hätte, welches Ausmaß an Gefahr geschehen sein muss, um eine solche Evakuierung zu rechtfertigen, aber erst jetzt schien sie damit zu beginnen, die Tatsache zu verdrängen. Wieder wurde es still. "Und wohin bringt uns das Schiff jetzt?", fragte sie Harasso in schläfriger Haltung. "Die nächste große Forschungseinrichtung ist auf der Venus. Ich denke aber, dass sie vorerst die Überlebenden nach Rivast bringen werden." "Gibt es die denn?", fügte Electra mit fast erschreckender Kälte an. Wieder trat Schweigen ein.

Electra wurde nicht viel Zeit zugesprochen, ein wenig über die Vergangenheit nachzudenken. Es folgte eine brutale Beschallung der Ohren, ausgelöst durch den plötzlichen Alarm, der die gesamten Decks zusätzlich in ein rotes Licht flutete. In der Masse untergehendes Gemurmel wurde abrupt beendet, als die erste Explosion das Schiff durchrüttelte. Schwere Raumjäger der Kalastanseperatisten griffen den fast unbewaffneten Transporter an, der nun wie ein gestrandeter Wahl auf sein qualvolles Ende wartete. Nachdem Electra von der Attacke der Terroristen erfuhr, zögerte sie nicht lange, sich in den Hangar des Schiffes zu begeben, um dem Angriff in einem der wenigen, bewaffneten Militärjäger zusammen mit einer Hand voll Marines etwas entgegenzusetzen. Zwar verbuchte man Aufgrund der hohen Kampferfahrung für sich sprechende Verluste auf Seiten der Angreifer, doch konnten diese durch die klare Überzahl und der selbstmörderischen Taktik, alles Feuer auf das Mutterschiff zu konzentrieren, trotzdem ihr Ziel erreichen. Der gewaltige Transporter, hilflos und regungslos, zersplitterte in einer gewaltigen Explosion in seine Einzelteile. Drei Jäger der Marines, welche sich zu nahe am erschreckenden Schauspiel befanden, wurden ebenso ihrem Schicksal überlassen. Nur zwei, einer von ihen war Electra, überlebten den feigen Angriff und mussten mit Ansehen, wie zehntausende Menschen gleichzeitig ihr Leben lassen mussten. Es stimmt, ... im Weltraum hört man niemanden schreien und so verlieh diese Tatsache dem ganzen überflüssigerweise noch eine groteske Wirkung, als all das beklemmende Zusammenspiel aus Farben, Feuer und Licht ganz ohne Geräuschkulisse von statten ging. Das ganze Universum hielt den Atem an und seine unendliche Schwärze blickte auf das monströse Geschehen nieder. Für einen kurzen Moment schien die Zeit stehenzubleiben.

Dann ein Funken und ein Treffer am Triebwerk des zweiten Militärjägers führte zur langsamen Demontage des ganzen Gerätes, was in einer, im Vergleich zur vorherigen, fast peinlich wirkenden Explosion endete.

Obwohl Electras Jäger nun nur noch das einzige, potenzielle Ziel darstellte konzentrierte man nicht, wie sie zunächst eigentlich erwartete, alles Feuer auf sie, sondern brach zu einem schnellen Rückzug auf. Nur drei feindliche Jäger nahmen den Angriff auf sie auf, in Zeichen der Gurilliataktik natürlich ein logisches Verhalten. Die geschehene Katastrophe veranlasste sie dann auch zur Flucht, bei der Geschwindigkeit ihres Gefährtes und dem Alter jener ihrer Verfolger stellte das nun mehr kein Problem dar, so dass sie bald, kurz noch mit einem Blitz aufleuchtend, in der Schwärze des Weltraumes verschwand.
 

"Nun, also was denken Sie ist hier geschehen." Chief-Detective Quentin O'Revell, ein grauhaariger, alter Haase bei der ISSP hatte, nachdem von einem Blutbad in einer Bar berichtet wurde, sich zum Ort des Geschehens aufgemacht und fragte nun den zuständigen Officer, der mit der Sicherung des Einsatzgebietes beschäftigt war, nach Fakten aus. "Ganz offensichtlich ein Bandenkrieg, Sir.", antwortete der junge Polizist respektvoll. Für O'Revell war die blutige Szenerie, die er vorfand, nichts besonderes mehr. In seiner langen Zeit als Polizist war es bei weitem nicht das erste Mal, dass sich zwei Syndikate einen brutalen Schlagabtausch leisteten.

O'Revell machte sich in das Innere der Bar auf. Die Fenster der Einrichtung waren zerschossen; aus einem hing noch ein totes Syndikatsmitglied, seine Waffe fest in der steifen Hand umklammert. Eine Fütze von Blut sammelte sich vor ihm an. Der beigefarbende Musteranzug deutete auf die White Tigers hin, eine lateinamerikanische Mafiaorganisation, die seit dem Abbruch der Handlungsbeziehungen mit den Red Dragons immer mehr an Stärke und Einfluss einbußten und seitdem aus Kasei so gut wie vertrieben wurden. Rivast City schienen sie bisher aber immer noch unter sicherer Kontrolle gehalten zu haben. Für O'Revell machte es einfach keinen Sinn in Mitten einer völlig unwichtigen Stadt wie Rivast einen Krieg mit einer sterbenden Mafiabande anzufangen.

Sechs Leichen, allesamt angehörige der White Tigers, lagen auf dem Boden der Bar verteilt. Der Tresen wurde von Maschinengewehrfeuer geradezu zerfetzt. Der Barkeeper lag mit einer Kugel im Kopf hinter seinem Arbeitsplatz. Der Alkohol der zerschossenen Flaschen über ihn sammelte sich in seiner Blutlache an. Ein verdammt unangenehmer Geruch, solch eine Mischung. So dachte auch O'Revell, der ständig darauf achtete, seinen altmodischen, grauen Mantel nicht in Berührung mit all dem Dreck kommen zu lassen. Er war erfahren und sehr fähig, doch legte er in all den Jahren auch nie seine Eitelkeit ab. In so einem Job muss man sich an Traditionen klammern. Sagte er sich ständig selbst, seine schlechten Eigenschaften, die ihn schon bei manchen Kollegen unbeliebt gemacht haben, rechtfertigend.

O'Revell war angewiedert. Nicht wegen dem widerlichen, aus Blut und Gedärmen bestehenden Bild, das sich vor ihm entblößte, sondern wegen der Ungewissheit, die auf ihn zukam. Für gewöhnlich bedeuteten solche blutigen Schießereien nur Kämpfe zwischen sich bekriegenden Mafiasyndikaten und aus sowas versuchte sich die ISSP für gewöhnlich weitgehenst rauszuhalten. Nur aufpassen, dass es nicht ausartet, lautete die Deviese und so auch O'Revells Arbeitsprinzip. Und seit seiner Versetzung nach Rivast, eine Stadt die dank ihrer Bedeutungslosigkeit kaum großen Ärger machte, hatte er angenommen, sich für immer aus solchen Kriegen raushalten zu können. Ein Feind im Stillen musste dafür verantwortlich sein und so etwas bedeutet immer Gefahr, da man sein Gesicht nicht erkannte. Mit einem angewiderten Laut verließ O'Revell die Bar, ging zurück zum jungen Officer, mit welchem er vorher seine Standartunterhaltung führte und knurrte ihm seine Befehle entgegen: "Die Spurensicherung soll anrücken. Und sobald sie was finden, will ich der erste sein, der davon erfährt. Haben Sie sich das notiert?" O'Revell deutete beim Aussprechen seines letzten Satzes auf seinen Kopf, was seine arrogante Haltung gegenüber dem jungen Polizisten vor ihm bewies. Er hätte genauso gut sagen können, schreiben Sie sich's auf, sonst vergessen Sie es noch. Er hielt wahrhaftig nicht viel von jüngeren Kollegen. "Ja Sir." Jener schien allerdings zu ihm aufzuschauen, wie es wohl auch viele tun ... O'Revell gilt als Legende. Ob ihm dieser Titel tatsächlich zustand, sei dahingestellt.
 

"Hey ,,, ist sie tot?", quietschte Jewels Stimme durch die Krankenstation der Memento; Krankenstation ... so nannten sie es. "Kümmere dich um deine eigenen Angelegenheiten. Gibt's nicht irgendwo notgeile Spacetrucker, die du ficken kannst?" Kam Grasps kalte Antwort zurückgefaucht. Jewel kümmerte sich nicht weiter darum und verließ den Raum. Steve musterte den Arm der Patientin. "Was ist das für eine Tätowierung, Chef?" Ramuhn, der von seinem kurzen Abstecher zurückgekehrt war und wie alle gespannt um die Daliegende herumstand, gab Auskunft, auf seine Frage. "Ein Brandzeichen. Das bedeutet, sie war beim Militär." Aufgebracht viel Grasp ihm ins Wort: "Militär? Dann können wir sie unmöglich hierbehalten. Wir setzen sie zurück in ihren Flieger und schießen sie sonst wohin in die Galaxie." Von all dem Gerede bekam die Patientin nichts mit. Ihre Augen waren friedlich geschlossen. Die Stimmen der um sie herumstehenden Piraten hörte sie nur dumpf, ohne zu wissen, aus welcher Entfernung oder Richtung sie kamen. "Das is' nich'."lehnte Ramuhn den eben geäußerten Plan ab, "Sie bleibt hier. Sicherheitshalber natürlich als unsere Gefangene." Grasp fuhr mit seiner Hand, damit seine Meinung zu Ramuhns Vorhaben kommentierend, über sein unrasiertes Gesicht. "Bist du irre? Die sind doch eh schon auf der Jagd nach uns. Und so'n Soldat wird uns mit Sicherheit nicht einfach nur bei den Bullen abliefern. Die wird uns einfach den Schädel wegpusten." In einer einzigen, fließenden Bewegung schnappte Ramuhns riesige Hand plötzlich um Grasps Hals und schleuderte seinen Körper gegen die ihm gegenüberstehende Wand. "Ich werd dir sagen, was wir jetzt machen.", fauchte Ramuhn mit völlig ruhiger, eisiger Stimme in Grasps Gesicht. Selbst Steve, der vorher noch zappelig den Körper der Bewusstlosen beobachtete, starrte nun auf die beiden und hielt dabei den Atem an, "Das ist eine ganz unkomplizierte Sache." Grasp fing wegen dem extremen Gewicht, das nun auf seiner Brust lag, an zu röcheln. "Hör auf!!", quetschte er gequält aus seiner Lunge. Ein halbes Lächeln zeichnete sich auf Ramuhns Gesicht ab, während seine andere Hand zu der Pistole im Holster der Soldatin griff, die Waffe herausnahm und auf Grasps Schädel richtete. "Das werden wir machen.", fuhr der schwarze Riese fort. "Was?", röchelte Grasp hinterher. Plötzlich ließ Ramuhn locker und machte sich, die Pistole noch in der Hand, auf, den Raum zu verlassen. "Wir nehmen ihr die Knarre weg, dann kann sie uns auch nicht erschießen.", sagte er kühl ohne sich umzudrehen, während er aus der Tür trat.

Nach Luft ringend rieb sich Grasp noch Sekunden den Hals, bevor er all seine Wut herunterschluckte und sich wieder um die Frau auf dem Tisch kümmerte. Jene hatte ihre Augen bereits halb geöffnet, nahm das Geschehen um sie aber trotzdem noch nur zu einem Teil wahr. Plötzlich erschien das verschwommene Gesicht Grasp's über sie. Seine Worte kamen nur wiederschallend in ihren Ohren an. "Alles in Ordnung, Miss? Können Sie mich hören?" Es war merkwürdig, das Grasp die Frau mit "Sie" ansprach. In seinem ganzen Leben hatte er vor Leuten nie genug Respekt gehabt, diese so höflich anzusprechen. Plötzlich drängte sich auch Steves Fratze in das verwaschene Bild. "Wo bin ich?", fragte sie mit schwacher Stimme. Steve schien erleichtert. "Auf der Memento, Lady. Ein Frachtschiff." Grasp trat einen Schritt zurück. Die Frau schüttelte ihren mit braunem, kurzen Haar bedeckten Kopf durch, um kurz zur Besinnung zu kommen. "Was ist passiert?" Steve, wie immer für technische Sachen zuständig, ließ sich eine Antwort darauf nicht nehmen. "Sie hatten ganz schön Glück, dass wir sie gefunden haben. Lange hätten Sie's ohne Sauerstoff nämlich nicht mehr ausgehalten." Steve lachte, als hätte er einen lockeren Witz gemacht. "Wie ist Ihr Name?", stellte Grasp die nächste Frage. "Electra ... Electra Ovilo." Steve ging kurz auf Grasp zu, der sich noch ein wenig weiter entfernt hatte, um ihn ein hächelndes "Sie ist ganz schön heiß!" ins Ohr zu flüstert. Grasp kommentierte das allerdings nur dadurch, Steve einen leichten Schuppser nach hinten zu geben. "Komm schon.", raunzte er genervt. "Schleppen wir sie ins Verließ." "Verließ?", fragte Steve ungläubig. "Irgend'n Raum halt, den man absperren kann.", gab Grasp hinterher, "Nun komm schon." Die beiden halfen Electra vom Tisch runter und trugen die Bewusstlose unter ihren Armen in einen nach Grasps Meinung geeigneten Raum - eine winzige Abstellkammer.
 

"Dann haben Sie sich also doch entschlossen, beizutreten.?" Ein kleiner, stickiger Raum ... in der Mitte ein Tisch, um welchen zwei Männer saßen, ihre Kanonen auf jenem Tisch abgelegt ... war der erwählte Handlungsort für ein kriminelles Geschäft. Einer von beiden ist Joul Garon, der junge Mann, welcher von den Führern der Blue Phytons vor nicht allzu langer Zeit seine bekannten Befehle erhielt.

"Nicht in der Art, wie Sie sich es wahrscheinlich vorgestellt haben."

"Na dann spannen Sie mich nicht weiter auf die Folter. Was haben Sie sich denn vorgestellt?" Der im Schatten sitzende Mann sprach seine Worte mit beunruhigender Besonnenheit und heiterem Tonfall.

"Sie kennen meine Foltermethoden ja gar nicht." Joul lehnte seinen Kopf leicht in den Nacken, so dass sein langes, dunkelgraues Haar nach hinten fiel.

"Und dabei sollten wir es auch belassen." Ein gequältes Lachen folgte der Bitte von Jouls Geschäftspartner.

Die beiden Männer starrten sich kurze Zeit wortlos an. Dann eine zuckende Bewegung von Seiten des Unbekannten. Er erhob seine Hand und bat einen seiner Untergebenen, welcher wie unsichtbar in einer dunklen Ecke stand, zum Tisch zu kommen und einen Koffer auf die hölzerne Platte zu stellen.

"Ich hoffe ihnen wird unser kleines Spielzeug gefallen."

Joul schob den schwarzen Koffer zu sich ran um zu überprüfen, ob die soeben geäußerte Hoffnung tatsächlich gerechtfertigt war. Er öffnete ihn, mussterte kurz den Inhalt und klappte ihn ebenso schnell wieder zu. Noch einmal trat kurzes Schweigen ein. Dann erhob sich Joul, um den Raum kommentarlos zu verlassen, was für ihn soviel bedeutete, wie Alles zu meiner Zufriedenheit.

"Und meine besten Grüße." Warf der Mann im Schatten noch hinterher.

"Werd ich ausrichten.", antwortete Joul halb murmelnd, nahm seine Waffe und verließ seinen geschätzten Geschäftspartner.
 

Grasp lag gerade faul auf seiner braunen, mit seltsamen Flecken übersähten Couch, sich eine langweilige TV-Show anschauend, als Ramuhn in den Versammlungsraum gestürzt kam. "Na? Wieder auf Abenteuerjagd gewesen?", fragte Grasp, noch immer von der Glotze gefesselt. Anteilslos schmiss Ramuhn seine ergaunerte, gold glitzernde, Beute auf den Tisch vor Grasps Beine. "Wo ist Jewel??", raunzte der schwarze Mann. "Ich hab keine Ahnung.", antwortete Grasp anteilnahmslos. "Wahrscheinlich wieder ...", er gähnte genüsslich, bevor er fortfur, "sonstwo." Ein verärgertes Hmmmm kam aus der Richtung Ramuhns. "Was willst du denn von ihr?", wollte Grasp von ihm wissen, doch machte sich jener schon wieder auf, den Raum zu verlassen, was Grasp mit Sicherheit auch lieber war, als schon wieder die mieslaunigen Reden des alten Halunken anhören zu müssen. Doch kurz bevor Ramuhn durch die Tür treten wollte, kam Jewel in typisch hochnäsigem Gang hereingeschlendert. Sie musste wirklich denken, dass sie der Mittelpunkt allen Geschehens im Universum ist. "Wo bist du gewesen?", fauchte Ramuhn Jewel hinterher, doch diese setzte ihren Weg mit einem ignorierenden "Denke nicht, dass dich was angeht." zu ihrem Quartier fort. Auf ihrem Shirt waren verdächtige, weiße Flecken zu erkennen. Eigentlich hätte sich Ramuhn die Frage sparen können. Trotzdem wollte er sich einen nachträglichen Kommentar sparen, wobei der Versuch allerdings von Grasps plötzlichen Geschrei unterbrochen wurde. "Leute, kommt her, schnell!!" Wortlos und träge kamen sie Grasps Befehl nach und starrten darauf fassungslos auf den TV-Bildschirm.

Noch ist unklar, welche Substanz genau zu dieser Katastrophe führte, sicher ist nur, dass es sich dabei um einen biologischen Anschlag seitens der Terrororganisation Kalastan handelte.Soweit zuständige Behörden und auch das Militär beurteilen können, liegt die Überlebensquote unter einem Prozent, was bedeutet, dass die gesamte Stadt Kasei geradezu vollständig leergefegt wurde. Hinzu kommt noch, dass kurz darauf der Evakuierungskreuzer Eratus von Streitkräften Kalastans zerstört wurde. Auch hier liegt die Überlebensquote bei unter einem Prozent. Sollten sie Angehörige oder Familie haben, die in Kasei ansässig war, wenden Sie sich bit ...

Grasp schaltete den Fernseher aus. "Also, ... was haltet ihr davon? Das zeug läuft schon die ganze Zeit über alle Kanäle. Erst jetzt haben sie mal Bilder gezeigt." Ramuhn und Jewel saßen nur schweigend und fassungslos da, ihren Blick immer noch auf den Bildschirm gerichtet.

Viel Zeit zum Nachdenken gab es allerdings nicht, denn kurz darauf wurde die Memento Opfer einer Explosion, welche das Deck heftig durchschüttelte. Ramuhn machte sich sofort auf zur Steuerzentrale, um die Herkunft des soeben geschehenen Angriffes zu erfahren. "Verdammt, wer war das.", rief Grasp entsetzt. "Bullen?" "Nein.", antwortete Ramuhn darauf, immer noch konzentriert auf das Pult vor ihn blickend, "Kopfgeldjäger."

Das unbekannte, wesentlich formschönere Schiff hatte eine Rakete als Warnung auf die Memento gefeuert. Zwei, in kampftauglichen Raumanzügen gekleidete Mitglieder machten sich auf, die Memento zu entern und drangen über den Hangarpunkt ins Innere.

Kommentarlos machten sich die drei Crewmitglieder der Memento zum Kaperpunkt auf und verteilten sich auf dem Weg dorthin in drei Gänge, um die Angreifer in einer Zange zu überraschen. Jene erfahrenen Attackierenden infiltrierten das Schiff allerdings von unten durch die engen Versorgungsschächte. Der in einem blauen Anzug gekleidete Kopfgeldjäger wartete nun nur noch, bis einer der Piraten über den Gang über ihm rannte. Das erste Opfer schien Ramuhn zu sein, der unwissend durch die Flure der Memento flitzte, in der Hoffnung am anderen Ende die Angreifer zu stellen. Zu seiner Überraschung entstieg hinter ihm dann allerdings jener blaugekleidete Kopfgeldjäger, der ihm mit einem dumpf durch den Helm dringenden "Keine Bewegung, Freundchen. Du bist verhaftet." die Situation klarmachte. Ramuhn zeigte Kooperation, indem er seine Arme hob um klarzu- machen, dass er nicht vorhat, Widerstand zu leisten. Dies überließ er Grasp, welcher sich nun von hinten anschlich, um seinen Feind mit einem gezielten Kopfschuss ungefährlich zu machen. Das Entsicherungsklicken der Pistole ließ den Kopfgeldjäger allerdings blitzschnell reagieren, welcher herumfuhr und mit vier sicheren Schüssen in Grasps Oberkörper diesen in die ewigen Jagdgründe beförderte. Gerademal ein Schuss löste sich aus seiner Pistole, welcher allerdings unkoordiniert in Ramuhns Arm landete. Jener schrie nun mit einem schmerzverzerrten Gesicht auf, machte aber keine weiteren Anzeichen von Gegenwehr, als der Kopfgeldjäger ihm die Handschellen anlegte.

In einem anderen Teil des Schiffes hörte Jewel gerade die fallenden Schüsse, die sie kurz von ihrer Konzentration abbrachen und aufhorchen ließ. In einem entfernteren Gang zeigte sich nun ein grüngekleideter Kopfgeldjäger, welcher mit seiner Pistole direkt auf Jewel zielte. "Hey", rief ersterer, um die Aufmerksamkeit des überheblichen Mädchens, dass ihre Kanone leichtsinnig im Arm taumeln ließ, auf sich zu lenken. Jewel schaltete sofort und versuchte den Angreifer ins Visier zu nehmen. Als dann ein Schuss von ihrer Seite viel, duckte sich der Kopfgeldjäger in einer schnellen Bewegung und versuchte Jewel mit gezielten Treffern in die Beine bewegungsunfähig zu machen. Das ungeschickte Mädchen stürzte nach vorn, richtete ihre Waffe dabei allerdings auf sich selbst und drückte versehentlich den Abzug, was zur Folge hatte, dass, als sie auf den Boden aufschlug, die Hälfte ihres hübschen Gesichtes weggefetzt war. "Shit!", drang eine weibliche Stimme aus dem Helm, bevor sich ihr Intercom meldete. "Faye, alles klar bei dir? Ich habe Schüsse gehört." Faye nahm ihren Helm ab und blickte auf den Bildschirm ihres Intercoms. "Nichts ist klar. Das Kopfgeld für das Mädchen kannst du abhaken." Fayes enttäuschter Tonfall galt einzig dem verlorenen Geld. Die ziemlich widerlich hingerichtete Jewel ließ sie dabei fast völlig außer Acht. "Und wie sieht's bei dir aus?" "Rosiger.", fuhr ihr Gesprächspartner fort, "Der Anführer ist tot, aber ich hab den Mechaniker und den anderen ... du weißt, den Kriegsverbrecher. Beide sind unversährt." Darauf brach Faye die Verbindung ab, setzte ihren Helm auf und befand sich kurz darauf wieder auf dem Weg zum alten Mutterschiff.

Das Wort unversährt ließ Ramuhn grinsen, dessen auf seinem Rücken zusammengebundener Arm, vor Schmerzen pochend, noch immer nicht aufhörte zu bluten und eine kleine Fütze an roten Lebenssaft hinter ihm entstehen ließ. Der blaugekleidete Kopfgeldjäger legte Steve, welcher sich freiwillig ergab, gerade Handschellen an, während er eher instinktiv fragte, ob noch weitere Personen auf dem Schiff sind. "Keine!", antwortete Steve vorschnell. Der Kopfgeldjäger wollte gerade aufbrechen, als Ramuhn noch hinzufügte: "Unten ist noch jemand." "Wo?" fragte der andere nach.
 

Electra hatte verzweifelt versucht, in eine bequemere Sitzlage zu wechseln. Mit am Rücken an einem Rohr zusammengebundenen Händen, ihre Gelenke waren bereits wundgerieben, schien das allerdings hoffnungslos zu sein. Frustriert trat sie noch einmal gegen die Tür der Abstellkammer, worauf sich diese tatsächlich öffnete. Verdutzt blickte sie ins Freie, als sich plötzlich der blaugekleidete Kopfgeldjäger in den Weg stellte. "Electra!", erklang die überraschte Stimme des Mannes, welcher nun seinen Helm abnahm und in die gequälten Augen der Gefangenin blickte. "Jet!", rief sie freudig. Jener legte seinen überraschten Blick ab und setzte sein typisch breites Grinsen auf. "Lust auf eine kleine Reise?" Das erste mal seit langer Zeit schien sich wieder Hoffnung und Freude in Electras Gesicht abzuzeichnen.
 

SEE YOU, MARYS LITTLE LAMB

a lie and a cheat

Du warst es, der mir einst sagte, mach dir keine Gedanken über die Vergangenheit.

Ich gehe nicht dorthin, um zu sterben, sondern um herauszufinden, ob ich überhaupt noch am Leben bin.

Eine Frau namens Julia sagte es mir.

Schau in diese Augen. Eines von beiden ist eine Fälschung ... künstlich eingepflanzt.

Wenn ich dir etwas erzähle ... wirst du dann bleiben?

Wenn ich dir etwas erzähle ... lässt du mich dann gehen?
 

Schock! Faye saß plötzlich aufrecht in ihrem Bett, hellwach und doch völlig benebelt. Ihr zierlicher Körper war schweißnass, ihr violettes Haar völlig zerzaust. Minuten saß sie nur da, mit ihren grünen Augen die Wand ihrer winzigen Kabine anstarrend, und zeigte keine Regung ... oder waren es Stunden?

2:30. Nachts. Nicht das es im Weltall tatsächlich notwendig wäre, sich auf eine bestimmte Zeitrechnung festzulegen, doch half es sehr dabei, seinen Körper an einen gewissen Tagesrythmus zu gewöhnen. Gewohnheiten sterben nie. Vieles verändert sich, doch eigentlich neigen die Dinge doch dazu, sich ständig zu wiederholen. Faye musste lachen. Ob Jet jemals von seinem Spezialgericht ,Paprikaschoten mit Fleisch, herunterkommen würde? Oder würde man es sich wenigstens irgendwann leisten können, das ganze überhaupt mal mit Fleisch verzehren zu können? Oder würde Ed es jemals schaffen in der ersten Person zu sprechen? Ed, wiederholte sich die innere Stimme Fayes in ihrem Kopf. Das letzte, was ich zu ihr sagte war, dass das schönste im Leben zu wissen ist, dass es da draußen einen Ort gibt, zu dem man hingehört. Ob Ed ihn gefunden hat? Jet sagte mir, sie wäre noch auf der Erde verschwunden. Vielleicht wollte sie zu ihrem Vater. Ihn suchen gehen. Aber tatsächlich weiß niemand, wo sie nun gerade ist. Bei all den Gedanken an Früher hatte sich Fayes Kopf träumerisch nach links geneigt. Mit halbgeöffneten Augen schien sie noch immer die Wand anzustarren, in Wirklichkeit sah sie aber Bilder all der Erinnerungen an damals. Dabei versuchte sie krampfhaft nicht an Spike zu denken. Spike, der Idiot, der sein Leben wegschmiss. Spike, dem seine Vergangenheit wichtiger war, als seine Zukunft. Würdest du mich retten kommen, wenn ich dich darum bitte? Faye warf ihren Kopf zur Seite um die Gedanken an Spike abzuschütteln. Sie hatte ihn nicht geliebt. Vielleicht kurz, als er in ihre Augen blickte und von seinem falschen erzählte.Oder als er aus dem Fenster der Kathedrale stürzte, nachdem er sie befreit hatte und darauf tagelang schwerverletzt von Faye versorgt werden musste. Ja, in diesen Momenten liebte sie ihn. Doch viel wichtiger war ihr gewesen, dass Spike ihr das Gefühl gab, willkommen zu sein, ... in einer Familie. Obwohl Faye ihr Gedächtnis wiedererlangte, war ihre Vergangenheit zerstört. Ihr altes Leben zerbrach damals in tausend kleine Scherben, noch bevor es überhaupt weitergelebt werden konnte. Dieses Dasein hatte keine Zukunft mehr. Aber das, auf der Bebop. Doch als Spike ging, um niemals wiederzukommen, war auch diese Hoffnung zu nichte.

Ich will nicht für meine Schulden leben. Gedanken fuhren plötzlich durch ihren Kopf, genau wie Spike einen vernichtenen Schlag gegen jene auszuüben, bei denen sie in roten Zahlen stand. Tödlich, blutig und ohne Wiederkehr. Doch verwarf sie diesen selbstmörderischen Plan schnell wieder. Mach dir keine Gedanken über die Vergangenheit. Hatte er gesagt. Dabei hätte er derjenige sein sollen, der sich vom Vergangenen losreißt. Er lebte für die Liebe einer Frau. ... Nein, ... er lebte von der Liebe, einer Frau. Doch als diese Frau starb, starb auch Spike abermals und es war für ihn nur noch eine letzte Pflicht, all das Erlebte im Tode abzuschließen. Er war wahrhaftig jemand, der einen Traum lebt. Hätte man ihn aufgeweckt, hätte er vielleicht verstanden, was Zukunft wirklich bedeutet. Hätte ich ihn aufwecken können? Spike musste nicht für seine Vergangenheit sterben. Er hätte einfach in sein bevorstehendes Leben schauen können. Aber er existierte weiter in seinem Traum, bis dieser zerplatzte. In seinem Traum gab es keine Zukunft.

Und Faye hasste ihn dafür. Wäre er dageblieben, hätte ihr Leben auch weiterhin einen Sinn gehabt. Doch in seiner Welt sah Spike das nicht. In seiner Welt gab es keine Faye, keine Francoise, keinen Jet. Faye hasste ihn für diesen Egoismus. Doch dann erkannte sie irgendwann, dass Spike nie anders konnte. Wieder versuchte sie ihre Gedanken an ihn abzuschütteln.

Faye fehlte eine Perspektive, doch sie wollte nicht aufgeben. Seitdem Spike tot ist, sah sie die Bebop nicht mehr als ihr Zuhause, sondern nur noch als ein Ort, von dem aus sie in eine neue Zukunft wandern sollte. Doch bevor das geschehen konnte, muss sie ihrer Vergangenheit ersteinmal Herr werden. Im Gegensatz zu Spike konnte sie sich in diesem Falle nicht entscheiden. Wieder endete Faye mit der Tatsache, dass sie nun nur noch für ihre Schulden lebt.
 

6:30. Electra erwachte aus ihrem Halbschlaf. In den wenigen Stunden Ruhe, die sie fand, sah sie nur noch die Bilder all der Katastrophen, die sie in den letzten Tagen erlebt hatte. Sie wusste das es viel Kraft verlangen würde, all das Geschehene zu verarbeiten, besonders da sich bisher nie die Zeit ergab, sich selbst intensiv damit zu konfrontieren. Aber vielleicht ab jetzt, dachte Electra, die nach all den Strapazen auf der Bebop endlich eine gewisse Geborgenheit verspürte. Der alte Schiffkutter war schon immer ein Platz für Leute gewesen, die nicht mehr weiter wussten. Es erschien dabei als bittere Ironie, dass ihr Schlafplatz ausgerechnet die versiffte, gelbe Couch, Spikes alter Ruheplatz, darstellte.

Eine Weile lag Electra einfach nur da, beobachtete den Ventilator an der Decke, welcher scheinbar bereits vor Monaten seinen Geist aufgab. Tausende Gedanken schwebten durch ihren Kopf, doch nicht einen einzigen konnte sie festhalten. Es war fast so, als befinde sie sich in einem schwerelosen Zustand und fliege direkt auf eine Katastrophe zu, um sie herum all das Chaos und es gibt keine Möglichkeit, irgendetwas zu unternehmen. Dann rumorte es in ihrem Magen. Electra fragte sich, seit wie lange sie wohl nichts mehr gegessen hatte. All die Müdigkeit abschüttelnd erhob sie sich von der Couch und machte sich auf, etwas Essbares zu finden.

Mehr leer als voll war der Inhalt des Kühlschrankes, den Electra entgeistert auffand. Dosen mit cryptischen Aufschriften, abgelaufenes Hundefutter und haufenweise Reste waren das einzige, das sie vorfand. Sie entschied sich, vorerst nur ihren Durst zu stillen und nahm sich eine Flasche, dessen Inhalt sie wie bei allem anderen wegen der wirren Symbolsprache allerdings nicht identifizieren konnte. Sie schlug die Tür des klapprigen Kühlschrankes zu und sah plötzlich Jet in seinem typischen Outfit aus rotem Hemd und durchgehendem ISSP Overall, dessen Ärmel abgeschnitten waren, in dem Eingang zur Küche stehen. "Du kannst nicht schlafen?", fragte er, obwohl ihm die Antwort längst klar war und er diese auch nicht allzu überraschend finden würde. "Nein, .. nicht wirklich.", vernahm Jet leise piepsend aus Electras Richtung, welche sich mit ihrer ergatterten Flasche in der Hand an den Tisch in der Mitte des Raumes setzte. "Nun, ich auch nicht.", sagte Jet mit falscher Heiterkeit und setzte sich auf den Platz gegenüber von Electra. "Ich hab von allem gehört.", begann Jet mit sanfter Stimme, "Du warst da, oder? Sie haben gesagt, aus den abgeschotteten Laborzentren konnten sie alle retten. Es muss schrecklich gewesen sein." "Nun, du weißt mehr als ich.", sagte Electra leicht abweisend, während sie versuchte die Flasche zu öffnen, um Jets Blicken auszuweichen. Jener fuhr fort: "Ich weiß auch nicht viel. Die Sender halten sich begrenzt mit Informationen. Sie reden nur immer wieder von einem biologischen Anschlag und irgendeinem, unidentifizierten Erreger. Diese Feiglinge haben sogar eines der Evakurierungsschiffe zerstört." Electra konnte sich ein ironisches Lächeln nicht verkneifen. "Ich weiß ... ich war dort." Entsetzen stieg in Jets Gesicht auf. "Du warst dort?", fragte er. "Ach deshalb der Militärjäger im Hangar von den Piraten. Du bist von dem Evakuierungsschiff geflohen und bist dann ins Netz von diesen Dieben geraten." "So ähnlich." Electra beließ es bei dieser halbherzigen Antwort. Sie wollte jetzt nicht darüber reden. Jet konnte währenddessen nicht mehr mitansehen, wie sie verkrampft versuchte, die Flasche zu öffnen. Er nahm ihr das Getränk aus den Händen, was sie allerdings gar nicht wirklich zu bemerken schien, und öffnete die Flasche. Electra wusste, Jet würde weiter über das Thema reden wollen; sie verübelte ihm das ja nicht einmal. Doch weder konnte, noch wollte sie weitere Worte darüber verlieren. Sie musste das Thema wechseln. "Wo ist eigentlich Spike? Seine Swordfish war nicht im Hangar." Plötzlich trat Stille ein.

7:56. Faye erhob sich aus ihrem Bett. Als ewige Behausung war die Bebop wirklich der letzte Ort gewesen, den Faye bei freier Wahl auserkohren hätte. Die Winzigkeit ihrer stählernen Kabine musternd, dachte sie im Scherze daran, ob es nicht doch gemütlicher gewesen wäre, hätten Jet und Spike sie bei ihrer ersten Begegnung nicht doch der Polizei übergeben. Am Rande ihres Bettes saß Faye wieder einmal verträumt, aber diesmal mit einem Lächeln im Gesicht. Das Zusammenkommen der Drei war wirklich eine Geschichte, die man irgendwann seinen Enkelkindern erzählen würde. Faye schlüpfte darauf in ihren mintgrünen Bademantel, um sich unter die Dusche zu begeben und kam dabei an der Küche vorbei, in welcher Jet und Electra noch immer wortlos gegenübersaßen. "Hey, ihr seid schon wach?", fragte sie die beiden merkwürdig gut gelaunt. "Pass auf, wenn du duscht, Faye.", antwortete Jet ohne morgentliche Begrüßung. "Die Rohre sind wiedermal defekt. Es könnte sein, dass zwischendurch mal plötzlich die Temperatur wechselt." "Gott, Jet.", sagte Faye frustriert, als hätte sie es geahnt. Als sie ihren Weg zur Dusche dann fortführte, murmelte sie noch irgendetwas von ,Selbsterhaltung', ,nicht verdient' und ,Glatzen', was in Jets Ohren aber nur noch als aus den Gängen schallendes Gebrumme ankam. "Du hast doch sicher Hunger, oder?", fragte Jet Electra mit für ihn typischer Fürsorge. Jet war einfach die perfekte Mischung aus Vater, großem Bruder und Kopfgeldjäger. Electra beantwortete seine Frage lächelnd mit einem Nicken, was ihn sofort dazu veranlasste, sich seine weiße Schürze an der Wand zu schnappen und die aus dem Kühlschrank befindlichen Essensreste zusammenzukramen. Jets geschickte Kochkünste wurden nur kurz von einem hellen Kreischen aus Richtung Dusche gestört, bevor er dann darauf drei Teller mit seinem Menü füllte und zu Tische brachte. Erst beim Anblick des Essens schien Electra wieder munter geworden zu sein. Ihr skeptischer Gesichtsausdruck sprach dabei aber nicht wirklich über Sehnsucht nach dem dampfenden Fraß vor ihr.

"Jet ... was ist das?!"

"Paprikaschoten mit Fleisch."

"Ja aber da ist kein Fleisch dran. Also kannst du das wohl kaum als Paprikaschoten mit Fleisch bezeichnen."

"Doch, das kann ich."

"Aber ich seh da kein Fleisch!"

"Das ist, weil wir arm sind."

"Ich dachte, ihr seid Kopfgeldjäger."
 

Es war ein Tag wie jeder andere. Ich machte meine gewohnte Runde und versuchte alles beim Alten zu belassen. Es ist nicht leicht in einer Stadt wie Aruba City über die Runden zu kommen, aber meine Hoffnung nach Veränderung machte mir Mut. Der größte Teil der Stadt war verdreckt, mit Abschaum besudelt. Nutten, Irre, Dealer, Fixer, Mörder. Manchmal überrascht es mich, wie ich es in den letzten Monaten geschafft hab, immer noch lebend am Steuer meines Taxis zu sitzen. Ich bin ein Niemand ... irgendein Trottel der mit zwanzig den großen Traum träumte und schließlich doch nur als Lakei der Unterschicht endete. Ich fuhr überall hin ... egal welche Gegend, egal wie gefährlich. Nicht viele waren so eingestellt. Aber eigentlich war das auch gut so ... umso mehr Kunden konnte ich kutschieren. Mein Tag hat 48 Stunden, ohne Schlaf. Ich verdiente ne hübsche Stange Woolongs damit, durchgehend bei Nacht zu arbeiten. Es war nicht so viel ... aber es war genug, mir ein klein wenig Luxus zu gönnen. Am Ende sind wir doch alle Konsumenten und geben unser Geld für irgendwelchen sinnlosen Kram aus. Aber es hält uns am Leben. Etwas anderes bleibt uns nämlich nicht.

Als Taxifahrer erlebt man außerdem so manche merkwürdige Geschichte. Zwar keine Geschichten, die man irgendwann seinen Enkeln erzählen würde, aber doch schon ziemlich verrücktes. Einmal hatte ich einen Fahrgast, den ich die ganze Nacht, und damit meine ich wirklich die ganze, durch die Gegend gefahren habe, ohne ein klares Ziel genannt zu bekommen. Als wir im Westen der Stadt waren, wollte er nach Süden. Im Norden wollte er in den Osten und manchmal fuhr ich ihn auch einfach nur um ein paar Häuserblocks. Ich hatte nicht das Gefühl, dass er betrunken war ... vielleicht war er auf irgendeiner anderen, abgefahrenen Droge. Nur Gott weiß was für mieses Zeug die Verrückten gerade in diesem Moment wieder erfinden. Zumindest quatschte er mich über sein Leben voll ... naja, nicht wirklich über sein Leben. Eher über die Leere dadrin. Er erzählte mir, dass er an einen Punkt angelangt wäre, an dem es einfach nicht mehr weitergeht. Er schlief, aß, ging zu Arbeit ... doch nichts bewegte sich nicht mehr ... nichts großes zumindest. Wie war denn bloß sein Name?! Er meinte nur, vielleicht ändert sich ja dadran was, wenn er in Bewegung bleibt. Das war schon'n verzweifelter Kerl. Er schien nichts anderes mehr tun zu können, als einfach in die Welt zu blicken und zu hoffen, dass das Wunderbare geschieht. Verdammt wie war sein Name ... Als er ausstieg hat er dann sogar die ganze Summe bezahlen können, die fällig war und das war nicht wenig. Er zog einen Haufen Scheine aus der Tasche, zählte ab, schob mir das Geld unter und ging. Das war das einzige und letzte mal, dass ich ihn gesehen habe.

Ein anderes Erlebnis war da viel aufregender. Ich fuhr gerade am helligten Tage über die große Silver Rate Bridge, als da doch plötzlich so'n Vogel, ich mein ein so einen Jet, über meinem Kopf auftauchte. Das Ding war ziemlich zerschossen und notlandete direkt vor meinem Wagen. Aus der Luke stieg dann so ein komischer Kerl und rief unbeschieden Taxi. Damit meinte er mich. Das war schon'n Schock ... schließlich passiert sowas nicht jeden Tag. Sein Pech allerdings, dass wir darauf direkt in einen Stau fuhren. Frecherweise stieg er dann einfach aus und zahlte nicht einmal das Fahrgeld. Können Sie sich das vorstellen?

Joul saß seelenruhig und mit finsterem Blick auf dem Rücksitz des Taxis, die Geschichte des Fahrers mit ziemlichem desinteresse lauschend. "Sie sagten, dass wären Geschichten, die man seinen Enkeln bloß nicht erzählen sollte.", sagte Joul mit leiser, rauchiger Stimme. "Aber waren die nicht ein wenig harmlos?" "Nun ...", erwiederte der Taxifahrer, "ich will meine Fahrgäste ja nicht verschrecken, hehe." Der Fahrer erschien ziemlich heiter, als würde er vor stiller Freude platzen, endlich mal wieder jemanden seine Geschichtchen erzählen zu können. "Sie trauen mir wenig zu, wie ich sehe.", erklang es wieder aus dem hinteren Teil des Taxis. Ständig eine Gefahr erwartend, saß Joul tief in Schatten umhüllt. Ein klares Gesicht gab er dem Fahrer bisher nicht Preis.

"Wissen Sie, was die Leute noch so sagen?" fragte der am Steuer sitzende, noch immer von Heiterkeit umgebene Mann. "Ja ... man soll Acht auf seine Gäste geben. Sonst sind es am Ende die letzten, die man an ihr Ziel bringt." In Jouls Stimme zeigte sich plötzlich deutlich, wie angenervt er von seinem Fahrer war und hoffte, ihn mit dieser leisen Drohung endlich zum Schweigen gebracht zu haben. Dieser verstummte dann auch beim Anblick der grünleuchtenen Augen, die aus den Schatten hervorkamen und über den Rückspiegel fest in sein Gesicht starrten. Der Fahrer schluckte hastig seinen Brocken im Hals runter, beschloss dann aber, seine Rede zu beenden. "Ich meine die Geschichten über einen irren Taxifahrer, der hübsche Frauen von den Bürgersteigen in seinen Wagen lässt, um diese dann ..." "Das reicht .. ich weiß worauf Sie hinaus wollen.", unterbrach Joul das Gequatsche des Fahrers. Dieser fuhr fort: "Zumindest wurde ein Kopfgeld auf ihn ausgesetzt. 30.000, ... ein hübsches Sümmchen. Zuerst dacht ich ja, sie wären ein Cowboy und auf der Jagd nach ihm ... aber Sie sahen mir dann doch eher nach etwas anderem aus." Etwas anderem, ließ Joul die Worte in seinem Kopf wiederholen und unterdrückte dabei ein Grinsen.
 

"Taxi!!!" Die Stimme einer jungen, blondhaarigen Frau durchschallte die nächtliche Umgebung, die mit bunten Lichtern der Großstadt durchleuchtet wurde. Ein etwas zerbeulter Wagen, dessen Lack an der rechten Seite bereits ziemlich abgeschrammt war, hielt an der Straßenecke, um die Frau aufzugabeln. "Zum St. Jones Krankenhaus, bitte." Der Fahrer des Taxis gab ohne jegliche Mimik oder Gestik, dass er die Anweisung verstanden hätte, Gas. Es handelte sich um einen mittelgroßen Mann. Sein Gesicht erschien durch den Rückspiegel beobachtet sehr faltig. Um seinen Mund, aus welchem mit der Zeit die Melodie irgendeines fröhlichen Liedes erklang, wuchs ein sorgsam gepflegter, schwärzlicher Bart. Die Frau hatte sich unterdessen etwas nervös in die Ecke des Rücksitzes verkrochen, was den ständigen Blicken des Steuernden galt, der sie während der ganzen Fahrt im Spiegel beobachtete und ihre blonden Locken musterte. Kreuzten sich ihre Blicke, wendete er seine Augen schnell wieder der Fahrbahn zu, als fühlte er sich ertappt.

"Sagen Sie mir ihren Namen." Nach endlos erschienenen Minuten wurde das beunruhigende Schweigen plötzlich durch die versucht sympathisch klingende Stimme des Fahrers durchbrochen.

"Was?" Bei den Worten des Taxifahrers hätte sich die Frau am liebsten noch ein Stück weiter in die Ecke verkrochen. Der Klang seiner Stimme fuhr ihr wie tausende kleiner Eisbrocken über den Rücken.

"Wie heißen Sie? Sagen Sie mir ihren Namen."

"Wieso?" Gerne hätte sie mehr gesagt ... gerne wäre sie selbstbewusster aufgetreten, doch hatte sie nicht einmal mehr die Kraft, sich zu bewegen. Wie versteinert saß sie auf ihrem Sitz, jede Sekunde zählend, bis das Taxi endlich das Krankenhaus erreichen würde.

"Da ist doch nichts dabei. Sagen Sie mir ihren Namen."

Genug Abenteuer für eine Nacht, dachte sich die Frau und zwang sich dazu, die unheimliche Reise zu beenden. "Bitte halten Sie an." "Aber hier ist noch nicht das Krankenhaus.", sprach der Fahrer künstlich überrascht und rieb mit der rechten Hand über seine Stirn. "Es ist egal, ich geh zu Fuß weiter." Die Worte der Frau zitterten vor Angst. Wieder sah der Fahrer sie an, ihre schlanken, endlosen Beine beobachtend, diesmal aber ohne am Ende wegzuschauen. Er erhob sogar ganz offensichtlich seinen Kopf, um einen besseren Blickwinkel auf die blauäugige Schönheit zu erreichen. Wie aus leiser Panik heraus umklammerten plötzlich die Hände der Frau den Griff des Autos, nur um festzustellen, dass die Türen verriegelt waren. In ihrer Verzweiflung versuchte sie sogar die Fenster zu öffnen, doch auch diese waren nachträglich verschlossen worden. "Warum sind Sie denn so verspannt?!" Der Fahrer schien tatsächlich überrascht über das Unwohlsein seines Fahrgastes zu sein. Die Frau begann auf dem Rücksitz herumzuwühlen und mit flacher Hand gegen die Fenster zu schlagen, sich nach Rettung sehnend. "WIESO SIND SIE SO VERSPANNT?!?", brüllte der Fahrer plötzlich, "ich habe keine LUST mehr auf dieses ständige GEKEIFE!!!!" Darauf legte er eine Vollbremsung hin und begann wie Wild auf seinem Lenkrad einzuschlagen. "WIESO WIESO WIESO???? Hörn Sie auf ... hörn Sie doch auf ... wieso machen Sie das?!" Der Fahrer drehte sich bei seinem Ausraster nicht ein einziges Mal um, um direkt in die Augen seines Fahrgastes, welche bereits Tränen der Angst offenbarten, zu schauen. Die einzigen scheuen Blicke vollzog er noch immer nur über den Rückspiegel. "Hören Sie auf zu heulen!!!!!", schrie der Fahrer und legte sich schützend seine Hände auf die Ohren. Wieder versuchte die verängstigte, heulende Frau über das Fenster zu entkommen und schlug verweifelt gegen die Scheiben. Mit der Geduld des Fahrers war es nun vorbei. Wut entbrannt öffnete er den Schutzdeckel eines roten Schalters unterhalb des Armaturenbrettes. Die Betätigung des Knopfes führte dazu, dass Gas in den hinteren Teil des Taxis drang.

Langsam wurden die panischen Fensterschläge weniger, bis die Frau schließlich vernebelt auf der Rückbank zusammenbrach. Der Fahrer starrte ein paar Sekunden lang auf das Ergebnis hinter ihm. Darauf rastete er wieder aus, schlug blind auf Armaturen, Lenkrad und Hupe und trat umsich. Er beruhigte sich wieder und beobachtete das klare Himmelszelt über ihn. Ein Seufzer klang aus seinem Mund. Darauf öffnete er die Fahrertür, stieg aus dem Wagen und zog den sanft schlummernden Engel von der Rückbank des Taxis ins Freie. Dem Fahrer nicht bewusst, fiel dabei der Ausweis der Frau aus ihrer Tasche. Rebecca Keiens.
 

"Wie hast du es überhaupt geschafft, so weit ins All hinauszutreiben?!", fragte Faye, welche sich inzwischen wie gewohnt in ihre Mischung aus knappen, gelben Ledertop und knappen, gelben Shorts gezwängt hatte. "Es muss doch ne Weile dauern, bis der Sauerstoff zuende geht und bis dahin hättest du locker wieder umkehren können." Die grünäugige Femme Fatale hatte sich nach ihrer unangenehmen Heiß-Kalt-Erfahrung unter der Dusche zu den beiden anderen gesetzt, um Jets köstliches Mahl zu genießen und außerdem ihre Neugierde in Bezug auf Electras unerwartetes Erscheinen zu befriedigen. "Als wir gegen die Seperatisten kämpften, muss ein Treffer die Lebenserhaltungssysteme meines Jägers beschädigt haben. Ich kann mich nur noch daran erinnern, plötzlich unheimlich schläfrig geworden zu sein." "Ich weiß, es ist nicht gerade das rücksichtsvollste, dass ich jetzt sagen kann, aber weißt du schon, wohin du jetzt willst?", stellte Faye etwas bedrückt ihre nächste Frage. Es war schon merkwürdig genug, dass sie ihre Rücksichtslosigkeit selbst erkannte, doch noch verwirrender erschien es besonders Jet, mit welcher Anteilnahme Faye das Schicksal Electras handhabte. Ihn überraschte die merkwürdige Bindung zwischen den beiden Frauen schon sehr, denn erst nachdem sich Faye dazugesetzt hatte, konnte Electra frei über das Geschehene sprechen. Außerdem hätte Jet von Faye eigentlich erwartet, dass sie Electra zuallererst nach dem Militärjäger im Hangar der Bebop fragt, um diesen verscherbeln zu können. "Natürlich bleibst du vorerst bei uns.", viel Jet plötzlich in die Unterhaltung mit ein, was von Faye mit heiterem Kopfnicken bestätigt wurde und bei Electra ein sanftes, aber doch eher bedrücktes Lächeln auf ihren etwas blutig gebissenen Lippen auslöste. Die Situation erinnerte etwas an die "perfekte Fernsehfamilie". Alle saßen da, schwiegen, fühlten sich in diesem Moment aber doch sehr geborgen. Es war lange her, dass das Innere der Bebop einer Familie glich.

Mit einem halb leergegessenen Teller verließ Jet dann seinen Platz und begab sich mit faltiger Miene in den Wohnbereich des Schiffes, um sich dort auf der gelben Couch niederzulassen und das TV Gerät einzuschalten. Es war schon irgendwie witzig, dass der Platz tatsächlich wie ein gewöhnliches Wohnzimmer erschien, nur halt mit stählernen Wänden. "Jet, wir brauchen endlich wieder Kohle in der Kasse.", schallte Fayes Stimme nach einer Zeit aus den entfernteren Kabinen zu Jet, welcher sich gerade eine Zigarette anzündete. Mit einem Grinsen blies er den Rauch aus seinem Mundwinkel; genau diese banale Bemerkung hatte er von Faye erwartet und längst schon vermisst. "Was ist das? Big Shot?", fragte Faye, als sie alleine in den Raum trat. "Nein ... das bleibt abgesetzt.", antwortete Jet. "Das ist eine Alternativsendung. Sie zeigen hier kommentarlos die Verbrecherkartein aller möglichen Gangster und erwähnen es nebenbei, falls ein Kopfgeld ausgesetzt wurde." Faye setzte sich auf den durchgesessenen Sessel neben der Couch, steckte sich eine Zigarette in den Mund und begann nach ihrem Feuerzeug zu kramen. "Was für eine nutzlose Sendung.", nuschelte sie mit der Kippe zwischen den Lippen. "Was interessieren einem Verbrecher ohne Kopfgeld auf ihrem Kopf." Jet hielt Faye ohne sie anzublicken sein Zippo hin. "Es ist momentan das einzige seiner Art, also sei still." "Wieso soll ich still sein?!", keifte Faye, welche sich gemütlich in den mit Hundekratzspuren übersehten Sessel legte und etwas gelangweilt die weißen Stiefel an ihren Beinen baumeln ließ, "Die Sendung hat ja nichteinmal Ton." "Pssssst", setzte Jet der Nörgelei Fayes ein Ende, genau in dem Moment, als Informationen für ein Kopfgeld von einer männlichen Stimme durchgegeben wurden.

Und jetzt wieder ein paar Informationen für all die Kopfgeldjäger dadraußen. Es wird Jagd gemacht auf einen Taxifahrer in Aruba City, der zu nächtlicher Stunde schöne Frauen in sein Taxi holt, um sich mit diesen zu vergnügen ... und es handelt sich dabei nicht um die übliche Sorte von Frau, die gewöhnlich an Straßenecken lungert, sondern völlig gewöhnliche Heimkehrer. Bislang gibt es keinerlei Anhaltpunkte auf den Verbleib der bis jetzt mindestens 20 Opfer des Entführers. Das Kopfgeld beläuft sich auf eine Summe von 12.000.000 Woolongs ... eine motivierendes Endgeld also.

"Verdammt." Jet saß nachdenkend auf der Couch und ließ unvorsichtig seine Zigarette niederbrennen. "Was ist?", fragte die aufmerksam gewordene Faye, "Klingt doch nach einem netten Sümmchen." "Ja, aber das ist ein Taxifahrer.", sagte Jet mürrisch, "Seit den wirtschaftlichen Globalisierungen gibt es nur noch ein einziges Taxiunternehmen pro Planeten. Es dürfte fast unmöglich sein diesen einen Taxifahrer zu erwischen." Faye fing darauf an, mit fuchtelnden Armen ihre arrogante Haltung zu präsentieren. "Mal wieder typisch. Wir haben kein Geld, Jet. Wir ernähren uns von Resten!!! Aber dir ist das mal wieder viel zu schwierig." Sie deutete auf den mit einem großen, schwarzen Fragezeichen unterlegten Fernseher, was bedeutete, das es keinerlei Anhaltspunkte zur Identität des Gesuchten gib. Jet musterte Faye im Augenwinkel, konzentrierte sich dann aber wieder auf den TV Bildschirm. "Es gibt bestimmt noch andere Kopfgelder zu Jagen.", sagte er seltsam motiviert, in der Hoffnung, den Taxiplan über den Haufen schmeißen zu können. Faye allerdings erhob sich von ihrem Platz und begab sich eleganten Schrittes in Richtung der Steuerzentrale der Bebop. "Was hast du vor?!", fragte Jet entgeistert. "Kurswechsel zum großen Geld, Jet.", antwortete Faye, die nun ganz deutlich Blut geleckt hatte. "Aruba City." Jet kauerte sich darauf in der Ecke der Couch zusammen, schloss die Augen und schüttelte bei Fayes unkontrollierbarem Verhalten frustriert mit dem Kopf.
 

"Hey Travis, wie läuft das Geschäft?" "Ganz gut.", antwortete Travis und setzte sich an den Tisch seiner Kollegen, allerdings etwas Abstand haltend.Es war das Stammlokal der Taxifahrerclique; hätte Travis vor ein paar Monaten nicht zufällig eine Unterhaltung zweier Kollegen belauscht, wüsste er wahrscheinlich nicht einmal, dass es so einen Ort gibt. "Ich sagte ihr also, auf keinen Fall und damit war es eigentlich auch schon getan. Die beiden knutschten auf meiner Rückbank rum, als hätt ich einen Puff in meinem Taxi eingerichtet. Ich meine ... ich fand es ok, aber nur solange sie die Hosen anbehielten ... das sagte ich ihnen auch." Travis lauschte dem unbedeutenden Gequatsche der anderen Fahrer, während er die rothaarige, etwas vollschlanke Kellnerin an der Theke beobachtete, welche gerade ein unterhaltsames Gespräch mit ihrem älteren Chef zu führen schien. Der alte Mann hatte bereits Falten und Glatze, unterließ allerdings trotzdem nicht die offensichtlichen Annäherungsversuche bei seiner mindestens 20 Jahre jüngeren Mitarbeiterin. Irgendwie war es aber auch verständlich,denn in dieser Gegend von Aruba City war jeder Mann ein Schwein. Und damit ist nicht das allgemeine Men are such idiots gemeint. Es war nie zu übersehen, dass sich nur die notgeilsten Versager solch einen Ort zum Wohnen aussuchen würden. "Du schuldest mir noch Geld, Travis." Etwas konfus und gar nicht mitbekommend, dass man ihn angesprochen hatte, drehte er sein Gesicht plötzlich zu einem etwas dürren, viel zu groß geratenen, schwarzen Mann, schüttelte kurz seinen Kopf und griff dann in seine linke Jackentasche, um darauf ein riesiges Bündel Geldscheine hervorzukramen. "Wow Travis, du platzt ja fast vor Knete.", sagte der riesige Schwarze, der mit seinen überlangen Beinen den Eindruck machte, wie auf Kinderbänken zu sitzen. Um gemütlich sitzen zu können, war sein Rücken dabei tief gekrümmt. "Wer hatn heutzutage noch soviel Bargeld, Travis?!", fragte ein anderer seiner Kollegen. "Bei unserem Lohn kann ich mir die Steuer nicht mehr leisten.", antwortete Travis selbstbewusst, dabei gelassen einen fünfer Geldschein rüberreichend, als wäre er plötzlich mit Freuden in die Unterhaltungen der anderen Taxifahrer intigriert worden. Die bei seinem Eintreten begonnene Konversation wurde darauf beendet. "Naja um es also kurz zu machen ... ich hab sie rausgeschmissen." "Naja Jungs, ich muss dann wieder." Erzwungene Kopfnicker waren das einzige, das man dem kleinen, halbglatzigen Mann zum Abschied mitgab, doch er blieb neutral und sah seine Arbeit weiterhin nur als Mittel zum Zweck, was seine Kollegen miteinschloss.

Als Travis das weißgeputzte, mit braunen schmierflecken an den Wänden bedeckte Lokal verließ und in sein Taxi stieg um die letzten drei Stunden seiner immergleichen Schichten auslaufen zu lassen, blinkte das rote Lämpchen für eingehende Nachrichten zusammen mit einem leisen, klaren Piepen in der Mitte des Lenkrades auf. Jets Gesicht erschien plötzlich auf der Monitorfläche rechts neben dem Alarmlämpchen. "Hallo alter Freund. Is' lange her. Wir sollten uns treffen. Ich warte bei unserem alten Platz. Bis dann." Jets Stimme klang in Travis Ohren vertrauter denn je. Seit ihrem letzten Treffen ist eine lange Zeit vergangen, trotzdem war Jet der letzte, wirkliche Freund in seinem Leben. Trotzdem beunruhigte ihn die in seinen Augen aufkommende Verzweiflung, kurz bevor das Video mit einem Zischen in schwarzer Leere endete.
 

"Es ist nicht mehr viel, aber es ist alles, was ich noch habe."

"Ich habe gar nichts mehr." Eine gewaltige, melancholische Schönheit zeigte sich plötzlich in Electras Augen, schwimmend in Tränen der Angst und der Wut.

Fayes Gedanken waren von Zweifeln geplagt. War sie wirklich sie selbst ... die Bebop als ihr zuhause bezeichnend? Oder ist sie nur noch der Geist, der an die Orte zurückkehrt, an denen er sich am wohlsten fühlte. Oder kehrt er nur dorthin zurück, wo noch eine auf ewig unerfüllte Aufgabe vor ihm liegt?

"Das alles ist nicht wahr. Ich träume nur. Das alles ist nur ein Albtraum."

Electra starrte auf die große, vor ihr liegende weiße Tischfläche. Ihre Augen waren wie in Trance nur noch halb geöffnet. Mehr aus Gewohnheit pustete sie in ihre Tasse mit versüßtem Schwarztee, um diesen abzukühlen.

"Das ist kein Traum mehr." Mit diesen Worten verließt Faye ihren Platz, um ihren Redtail-Jäger für die kommende Kopfgeldjagd bereitzumachen.

Im Hangarbereich der Bebop war Jet gerade damit beschäftigt, ein paar lockere Schrauben und andere Kleinigkeiten an seinem Schiff zu erledigen. "Wenn du nicht bald mal ein paar Waffenupgrades an dem Schrotthaufen vornimmst, wird dich das irgendwann nochmal den Kopf kosten." Faye, welche sich entspannt an das Gittertor zum Hangar lehnte und genüsslich an ihrer Zigarette zog, sprach ihre arroganten Worte mit gewohnter Verachtung, ungleich dessen, wie ihre trümmerhaften Gefühle tatsächlich aussahen. Jet ließ sich vom Zickenalarm nicht stören und antwortete, ohne sich umzudrehen. "Du willst mitkommen?" "So hatte ich mir das vorgestellt." Faye stieß sich mit ihrem linken Stiefel vom Gittertor ab, um in einem motivierten Schwunggang das Cokpit ihrer Redtail zu besteigen. "Das kannst du gleich vergessen.", hielt Jet die Kopfgeldjägerin, deren Übereifer mit Sicherheit der hohen Kopfgeldsumme und dem dazu relativ einfach klingenden Auftrag gewidmet war. "Darf ich fragen wieso?" Eigentlich war die Frage unnötig, denn trotz der Infragestellung von Jets Befehl wartete Faye nicht dessen Antwort ab und war bereits kurz davor, in die Redtail zu steigen. Ein Knopfdruck neben der gelblich refklektierenden Sichtkapsel öffnete den Mechanismus zum Einstieg. Ein kleiner, silberner Stab, dessen Knopf an der Spitze darauf von Jet betätigt wurde, brach das Hochfahren der Elektronik allerdings ab und setzte das Fluggerät außer Gefecht. "Du wirst nirgendwo hingehen." Jet, hoch oben auf seinem Schiff stehend, begab sich soeben in den Hammerhead und betätigte die Zündelektronik zum Start. Faye, welche mit geschrenkten Armen und fassungsloser Miene im Zentrum der Halle stand, schockte die Handlungsweise Jets. Das Verhalten erinnerte sie viel eher an Spike, als an den alten Haudegen. "Sorg dafür, dass unsere beiden Gefangenen bei der Polizei abgeliefert werden. Und leg meinen Anteil beiseite. Mir ist's egal, was du mit deiner Kohle machst, aber meine soll nicht im Casino Endstation haben, klar?" Nicht einmal auf eine Reaktion von Faye wartend, tauchte Jet in seinen Hammerhead ab, ließ den Normaldruckbereich des Hangars abschotten und begann seinen Flug in Richtung Mars. Sekunden völliger Regungslosigkeit vergangen, bevor die violetthaarige Valentina den Hangarbereich verließ und ihre Stimmung dabei noch mit einem Fußtritt gegen die Redtail kommentierte. Der schallende, seelenlose Metallklang war dabei die Abgangssymphonie, welche Faye bei ihrem Verlassen des Hangars begleitete.
 

Ein kurzer Zwischenstopp. Evita Arvani hielt ihren roten Ford Thunderbird, eine Antiquität, wenn auch an moderne Vorraussetzungen angepasst, auf einem sandigen Streifen rechts neben der Landstraße an, um kurz die Strapazen der zurückliegenden Geschehnisse zu verarbeiten und ihrem schlanken, wenn auch sehr zierlichen und unscheinbaren Körper eine Pause zu gönnen. Sie stieg, eine Flasche Bier in der Hand haltend, aus dem Wagen und setzte sich auf die Haube des Kofferraumes. Sie stellte sich nun vor, die weite, grüne Graslandschaft, welche unter dem strahlend blauen Himmel und einem leichten Westwind wie gemalt erschien, zu genießen und die darliegende Schönheit mit einem sanften Lächeln auf ihrem schmalen Mund zu würdigen. Ihre Augen allerdings waren tot, ihr Blick starr und ihre Gedanken höchstens bei der tatsächlichen Existenz der vor ihr liegenden Wiese, welche am Horizont in einen breiten Waldstreifen überging, als auf die träumerische Pracht des Ganzen konzentriert. Für Evita stellte dies allerdings auch keinen Unterschied dar. Sie nippte genüsslich am Hals ihrer Bierflasche, der Inhalt war längst warm geworden, und starrte auf die grüne, lebendige, für sie allerdings allzu sterile, gewöhnliche Fläche vor ihr. Gewöhnlich ... das Wort spukte bereits eine Ewigkeit in ihrem Kopf herum, seit ein unbedeutender Bursche es in irgendeiner unwichtigen Unterhaltung einbrachte. War Evita gewöhnlich? Was ist gewöhnlich. Bedeutet es normal? So war sie es nicht. Doch sie dachte normal, normaler und logischer als die meisten anderen. Die Hälfte leergetrunken schleuderte sie, nachdem der perfekte Zeitpunkt für sie gekommen sei, die Flasche in die Luft und zielte mit ihrem Indexfinger, die Hand wie eine Pistole geformt, auf das routierende Gefäß. "Bang!"
 

"Es wundert mich, dass diese alte Ruine immer noch steht." Travis stand angelehnt an einen Pfeiler aus rotem Backstein, eine Zigarette im Mundwinkel qualmend, im Zentrum eines gewaltigen Burgkomplexes, der zu Beginn des Mars-Terraforming als sogenannte "Künstliche Traditionskultur" entstand, nach einem großangelegten Bombenanschlag, der wichtigen Politikern, wie auch zahlreichen Zivilisten das Leben kostete, allerdings weitgehend dem Erdboden gleichgemacht wurde. Das Bollwerk, dass errichtet wurde, um Geschichte zu kopieren, schrieb so selbst Geschichte. "Es muss ...", Jet, welcher genau an der gegenüberliegenden Seite des Pfeilers stand, sparte sich eine Erläuterung seines Gedankenweges. Da das Dach der Burg damals weggesprengt, wurde erstrahlte über den halbzerstörten Mauern ein Himmel in tiefstem Blau. Der Boden war mit quadratischen Marmorplatten, bzw. ein Material, dass diesem glich, gefließt worden. Einige nackte Flächen, an dessen Stellen weiches Mos den Defekt scheinbar beheben wollte, schlichen sich, teilweise künstlich hergestellt um den Eindruck einer altgewordenen Ruine zu verstärken, in der soliden Fläche ein. "Was willst du von mir, Jet ... was erwartest du." "Ich erwarte nicht viel. Nur, dass du einem alten Freund den Gefallen tust, den du ihm noch schuldig bist." Klänge der Enttäuschung durchzogen die toten Wände der Burg. Etwas folgenreiches musste in der Vergangenheit der beiden Männer geschehen seien. Etwas, dass diesen Ton der Verachtung rechtfertigen musste. "Ich hatte mir damals geschworen, dass ich dich bei unserem nächsten Treffen wieder als Freund umarmen kann. Vorher würde ich dich nicht sehen wollen. Warum machst du mir das so schwer." Travis drehte seinen Kopf zur linken Seite, als ob er eine bestimmte Antwort erwarten würde, die nun in sein Ohr zu dringen hat. "Die Welt dreht sich nach wie vor nicht nur um dich, Travis." Jet schnappte sich eine etwas zerknickte Zigarette aus seiner Jackentasche. "Männer müssen an ihr Ziel kommen. Und zwar auf einem Weg ... einem einzigen. Den, den SIE für richtig halten. Das hast du nie kapiert. Du musstest es dir leichter machen und wusstest dann nicht weiter, weil plötzlich zu viele Wege vor dir erschienen und nur einer konnte richtig sein." "Spar dir deine Weisheiten." Travis bellte seine Worte mit Wut und Hass zurück, Hass, welcher zum Teil auch auf sich selbst gerichtet war. Eine kurze Zeit hörte man nur den Wind, wie er Sandkörner oben von den Backsteinen der Mauern herunterfegte und dabei dieses reine Knistern verursachte. "Nennen sie dich immer noch .. Black Dog?", unterbrach Travis plötzlich die Stille. "Der Köter, der nie loslässt? Du hast dein Ziel auch außer Augen verloren, Jet. Du machtest dir's aber immer nur schwerer." Der winzige Travis ging nun um den ründlichen Pfeiler herum und stellte sich mit direkter Haltung neben Jet, welcher nachdenkend seine Kippe regungslos im Mundwinkel behielt und Travis ohne den Kopf zu ihm zu drehen nur in seinen Augenwinkeln beobachtete. "Also worum geht es?" Er wusste, dass er keine andere Wahl hatte, wenigstens sein innerer Konflikt ließ ihm keine andere Wahl, als sich kooperativ zu verhalten. "Ich muss Taxifahrer werden.", antwortete Jet kaltschneuzig. "Es geht um diesen berüchtigten Frauenmörder, der attraktive Vertreter in sein Taxi steigen lässt und sie dann entführt." "Ja, ich hab davon gehört. Man erzählt sich bei uns bereits düstere Geschichten über ihn. Ich hab sogar davon gehört, dass manche Wetten abschließen würden, wer von uns es denn sein könnte." Jet ging ein paar schritte Vorwärts. "Es ist schon komisch, dass du plötzlich Kopfgeldjäger bist." Der glatzköpfige Riese mit dem Stahlarm machte kurz Anzeichen, sich umdrehen zu wollen, setzte seinen Gang dann aber fort. Travis folgte ihm, blieb aber etwas zurück. "Gut, ich helfe dir. Du bekommst den Wagen vom alten Gilmore. Der hat schon vor Jahren aufgehört, sollte also niemandem auffallen. Ich stell dich den Kollegen dann als den Neuen vor. Ne Lizens kannst du natürlich leider nicht kriegen, das wär' zu heiß." Jet blieb stehen und wartete, bis Travis auf gleicher Höhe war. "Die Einzelheiten kannst du mir dann erzählen. Wann muss ich da sein?" "6 Uhr 30." Jet merkte Travis deutlich den versöhnlichen Ton in seiner Stimme an, ignorierte dieses eventuelle Vorhaben allerdings und konzentrierte sich weiter auf seine Aufgabe. "Dann sehen wir uns dann." Jet wollte gerade das Burggebiet verlassen, als sich Travis vor ihn hinstellte, um ein paar letzte, direkte Worte zu wechseln. "Wir sind keine Freunde mehr, Jet. Ich tu das um Alisas Willen. Das ich dir noch was Schulde, ist mir so gesehen eigentlich egal." Jet zuckte zusammen. Nicht, weil er vielleicht überrascht über Travis Reaktion war. Der Klang von Alisas Namen ließ eine unangenehme Gänsehaut auf seiner Haut und eine verräterische Blässe in seinem Gesicht entstehen. Fast kommentarlos, nur mit einem Kopfnicken als Zeichen dafür, dass man sich einig sei, verließ Jet Travis und die Burg, die Zigarette noch immer qualmend im Mundwinkel steckend, von welcher er seit Minuten keinen Zug mehr genommen hatte.
 

Keine Zukunft. Kein Schicksal. Meine Taten sind ihren Folgen nun vorraus. Lebt!!

"Was schreibst du da?" Mit typischer Bissigkeit fragte Electra, in reizvoller Haltung an die Gitterstäbe gelehnt, mit gespieltem Interesse nach der aktuellen Tätigkeit des gefangenen Ramuhns, der sich in der Ecke seines Gefängnisses zusammengekauert hatte. Der schwarze Hüne blieb verschwiegen. "Zeug." Electra trieb ihren überheblichen Ton darauf auf die Spitze. "Du weißt, dass für euch beiden die kleine Reise bald vorbei sein wird, oder? Ich werd dich und deinen kleinen, hässlichen Freund wirklich vermissen." Ramuhn ließ sich von dem Geschwafel der braunhaarigen Amazone nicht beirren und klopfte mit seinem Zeigefinger auf das Stückchen Metal, dass er aus der Wand seiner Zelle entfernen konnte. Mit einem silbernen Schmuckstück, das um seinen Hals gebunden war, krtzte er dabei eine Nachricht in die Stahlplatte. Als dies vollendet war, schleuderte er sie unter der Zellentür zu Electra hindurch, welche sich, nun leicht verdutzt, bückte, um diese aufzuheben. Der freie Blick auf Electras weibliche Reize ließ bei dieser Bewegung besonders Steve, welcher etwas unscheinbar im Schatten lungerte, aufmerksam werden. Er neigte seinen leicht übergewichtigen Körper etwas, um eine bessere Sicht auf die erotischen Rundungen zu erhaschen. Nicht sonderlich überrascht davon, aber angewidert von der Notgeilheit des kleinen Mechanikers, belohnte Electra seine Gier damit, ihm gezielt ins Auge zu spucken. Ungewöhnlich wutentbrannt stürzte sich Steve, nachdem er sich den Speichel aus den Augen gewischt hatte, zu den Gitterstäben, auf dessen Gegenseite Electra nun mit provozierender Pose auf seine Reaktion wartete. Sein Übereifer wurde allerdings schnell gestoppt. Noch bevor Steve, wirkungslos und in seiner Situation unnötig, am Gitter geflucht und gebrüllt hätte, zielte Electras Pistole auf seine runzlige Stirn. Ein erregtes Lächeln zeichnete sich sanft auf ihren Lippen ab, Steves hasserfülltes Augenfunkeln wandelte sich dagegen in angsterfüllte Ernüchterung um. Die letzten Tage mussten Electras Geist völlig vernebelt haben. Ihre sonst besonnene Art war ihr nun völlig Fremd. Auf Aktionen schien sie nur noch mit auf das Wesentlichste reduzierter Logik zu reagieren. Ein brutaler Wurf ins kalte Wasser war schon längst überfällig, um die träumende Schönheit zurück in die Realität zu holen. Dieser Moment schien nun gekommen - ohne Hast und Eile war Electra gerade dabei, die auf Steve gerichtete Waffe wieder in ihr Holster zu stecken, als sie sah, dass sich Ramuhn aus seiner Ecke erhoben hatte und sich scheinbar ohne Hintergedanken, nur aus menschlichem Interesse, dem skurillen Konflikt näherte. Mit Verachtung starrte Electra in die braunen Augen des breiten Schlächters, dieser nutzte allerdings diesen Moment der gelösten Konzentration, packte blitzschnell mit festem Griff Electras Waffe, zog ihren Arm heran und Schlug mit flacher Hand brutal auf ihren Ellenbogen, so dass dieser offen brach und der Speichenknochen hervortrat. Mit schmerzverzerrtem Gesicht, dessen Haut vor Anspannung fast zu Reißen drohte, und tapfer unterdrücktem Schreien, kauerte sich Electra mit blutenem Arm auf den Boden. Ganz im Gegensatz zu Steve, der sich, entsetzt von Ramuhns präziser Gewalttat, wieder in der schattigen Ecke versteckte. Die Waffe nun auf die, vor der Ohnmacht kämpfenden, Electra gerichtet, um ihr den letzten Gnadenschuss zu geben, trat plötzlich Faye in den Raum, welche die Situation sofort erkannte und mit ihrer Pistole in verteidigender Haltung auf den Gefangenen zielte. "Gleich bist du tot, Scheißkerl." Selbstüberzeugt und in dem Glauben,die Situation unter Kontrolle zu haben, spannte Faye den Hahn ihrer Glock. "Beachte ... wer hat wohl mehr zu verlieren?" Faye starrte in die leeren Augen Ramuhns. Er war deutlich dazu bereit, konsequent zu handeln. Endgültigkeit zeichnete sich in seinem entspannten Gesichtsausdruck ab. Der Anblick auf die am Boden liegenden Electra, unter der sich bereits eine kleine Blutlarche angesammelt hatte, ließ die zuerst so selbstsichere Faye allerdings zögern, bevor sie ihre Waffe schließlich frustriert und mit hasserfülltem Blick auf Ramuhn zu Boden warf. Mit einer wortlosen Kopfbewegung deutete Ramuhn auf die Schaltkonsole neben der Eingangstür des Raumes, um Faye dazu zu bringen, die Gefängnistür zu öffnen. Sein Wunsch wurde erfüllt.

"Sie braucht einen Arzt." "Sie hat Glück, dass sie keinen Bestatter braucht." An ein höhergelegenes Versorgungsrohr gekettet, versuchte Faye, die auf den Spitzen ihrer weißen Stiefel stehen musste, um nicht die ganze Last auf ihren Armen zu verteilen, Ramuhn an seine Menschlichkeit zu erinnern. Menschlichkeit schien er allerdings nur für sich selbst zu kennen. Überhaupt konzentrierte sich Ramuhn momentan nur auf den Bordcomputer der Bebop, an dem er verzweifelt versuchte, einen Kurswechsel vorzunehmen. Das aktuelle Ziel war das ISSP Hauptquartier in Aruba City, was, so dachte der schwarze Klotz, nicht unbedingt der erste Ort seines neuen, unabhängigen Lebens werden sollte. Leider verweigerte die Steuerkonsole Ramuhns Zugriffe. "Sag mir wie das geht." Ramuhn versuchte weiterhin, einen ruhigen, kontrollierten Eindruck zu machen, allerdings schien auch bei ihm nun die Nervosität durch, was auch für Faye deutlich zu erkennen war, obwohl er mit dem Rücken zu ihr stand und niemals Anzeichen machte, sich umzudrehen. Schweißperlen sonderten sich auf seinem rasierten Hinterschädel ab. "Verdammt, sie verblutet!!" Adrenalin schoss durch Fayes hängenden Körper. Ihre kraftvolle Stimme schlug wie ein Vorschlaghammer in Ramuhns Hirn, der, von der Hektik das Schiff umzulenken bevor es die künstliche Atmosphäre Aruba Citys erreichte, seine verschwitzte, dunkelblaue Manschaftsjacke der Memento ablegte, um sich Luft zu machen. Das Gefühl, Zentnerpfunde des Stresses von seinen Schultern genommen zu haben, hielt allerdings nur für Sekunden an. "Mach endlich das Maul auf und sag mir, wie das funktioniert." Ramuhns zitternde Hand ballte sich. Faye verstand, die einzige Möglichkeit, etwas zu bezwecken, war es, ihn weiter zu provozieren. "Ich weiß nicht ... ich kann nicht. Ich .. will weg ... lass mich ..." Die Wahrscheinlichkeit, dass er beide am Leben behält, sollte er fliehen können, war nebenbei eh gering. Hauptsächlich allerdings wären die erlittenen Strapazen eine gute Rechtfertigung dafür, das ganze Kopfgeld einzusacken. Der in armfreien Hemd herumzitternde Hühne, welcher eigentlich schon kompliziertere Situationen mit kühlerem Kopf gemeistert hatte, drehte sich zu Faye um und zog Electras erbeutete Pistole. Das für Ramuhn scheinbar so nah liegende Ziel musste eine wirklich gewaltige Bedeutung für ihn haben. Anders ließ sich seine unkontrollierte Haltung nicht erklären. Geisteslos stampfte er quer durch den Steuerraum zu Faye und hielt ihr die Mündung der Waffe so fest an die Stirn, dass ein runder Abdruck entstand. "Ich warn dich nicht mehr oft ..", drohte Ramuhn Faye mit zittriger Stimme und weit aufgerissenen Augen. Fayes erschöpfter Gesichtsausdruck wechselte allerdings nun einem spöttischen. Als würde sie sein Versagen auslachen, grinste sie in Ramuhns hasserfüllte Fratze. Mit seiner Zurückhaltung war nun entgültig schluss. In weitem Bogen holte er den Arm mit der Waffe in der Hand aus und schlug der gefesselte Faye ins Gesicht, dass sie Ohnmächtig zusammensackte und nur noch ihre mit Handschellen am Stahlrohr geketteten Hände, an denen sich blutige Ringe abzeichneten, ihren Körper aufrecht behielten.

Eine automatische und vor allem unauffällige Kursänderung war nun nicht mehr möglich. Die bewusstlose Faye würde erst aufwachen, wenn es längst zu spät wäre und die Unkontrolliertheit in Ramuhns nervösen Händen und sein vernebelter Verstand waren nicht mehr in der Lage, die komplizierte Elektronik der Bebop zu durchschauen. Ein Tropfen Blut viel zu Boden. Blut aus dem Mundwinkel Fayes.

Der schwarze Muskelmann sprang auf den gepolsterten, leicht zerkratzten Sessel an der Seite des Bordcomputers und umklammerte die manuelle Handsteuerung rechts neben ihm. Den alten Schiffkutter per Hand zu fliegen war nunmehr die einzige Möglichkeit Ramuhns, seinem vorgesehenen Gefängnisaufenthalt zu umgehen. Doch er musste sich beeilen, denn das Schiff war bereits kurz vor dem Eintreten in die Atmosphäre Aruba Citys. Zwar schaffte es Ramuhn, die schwerfällige Bebop von der Gefahrenzone wegzusteuern, doch war genauso der Moment verpasst, das Raumschiff auf einen anderen Kurs zu bringen. Ramuhn musste die Mühle Notlanden und brachte sie ungefähr 100 Kilometer vor Aruba City auf Wüstenland runter. Die holprige Prozedur, die zusätzlich einen Druckabfall in den Kabinen verursachte, riss der noch immer regungslos am Versorgungsrohr baumelnden Faye beinahe die Arme ab. Trotzdem landete Ramuhn den Stahlkasten in einem Stück. Seine nächste Aufgabe war es, zurück in den Raum seines ehemaligen Gefängnisses zu laufen und die auf Metal gekritzelte Nachricht zu holen, die er zuvor Electra anvertrauen wollte, bevor sich die Chance zum Ausbruch ergab. Keine Zukunft. Kein Schicksal. Meine Taten sind ihren Folgen nun vorraus. Lebt!!



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Kommentare zu dieser Fanfic (1)

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Von: abgemeldet
2004-02-15T02:23:04+00:00 15.02.2004 03:23
Mich hat diese Fanfic erstaunt. Ich les weißgott genug dieser Geschichten und viele sind so grauenhaft allein schon der Schreibweise wegen, dass diese hier eine wahre Wohltat war. Die Darstellung einzelner Charaktere gelingt dem Autor sehr gut, er flechtet geschickt absolut neue Charaktere in das Geschehen ein, immer darauf bedacht, korrekt an die Story der Serie anzukoppeln. Dadurch entstehen keine krassen Verfälschungen der Story CowboyBebops. Allein dieser Aspekt erfordert weit gefächertes Wissen über die Serie. Hier hat jemand genau aufgepasst beim Gucken;).
Die Darstellung der Ortschaften und Geschehnisse gelingen ihm sehr gut. Das ganze Schreiben basiert nicht auf unendlichen Dialogen, was die Geschichte hätte trocken und auf Dauer öde werden lassen.
Meiner Meinung nach eine gute Idee für eine Fortsetzung CowboyBebops.
Eines hätte ich noch zu bemängeln: Schreib bitte weiter!


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