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Dolphin's Cry

Eine Orlando Bloom Fanfic
von

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Kapitel 1
 

the way you're bathed in light
 

reminds me of that night
 

god laid me down into your rose garden of trust
 

and I was swept away
 

The Dolphins Cry - LIVE
 

"Also fragst du sie, ob sie mit dir ausgehen will, oder was?" Ich nahm einen tiefen Zug von meiner Zigarette und warf einen Blick zu Elijah, dessen blaue Augen gedankenverloren die Schiffe im Hafen begutachteten.
 

Er zuckte mit den Schultern. "Ich weiß nicht, Orli... vielleicht."
 

"Es kann doch nicht so schwer sein, herauszufinden, ob du das Mädchen magst oder nicht."
 

Es war später Nachmittag und wir hatten den Großteil des Tages am Strand damit verbracht, zu surfen und die Strandschönheiten zu treffen, die dort abhingen. Eine bestimmte war Elijah ins Auge gefallen, und sie hatte ihm ihre Telefonnummer gegeben, aber seitdem hatte er nichts mehr über sie gesagt. Ich hatte einen Haufen Nummern in meiner Tasche, aber ich bezweifelte, daß ich auch nur eine davon anrufen würde. Zu Anfang war es überwältigend gewesen, diese Mädchen, die sich mir an den Hals warfen. Aber so langsam begann sich der Reiz zu verlieren. Ich verstand jetzt, warum sich einige meiner Vorbilder zurückgezogen hatten. Es war unmöglich zu sagen, wie viele dieser Frauen mich um meinetwillen mochten oder weil ich der neuste Star in Hollywood war. Elijah hatte das alles schon hinter sich, er war damit aufgewachsen. Er schien das alles hinzunehmen und es mit einem Schulterzucken hinter sich zu lassen als sei das etwas, an das man sich gewöhnte. Ich wußte nicht, ob ich das jemals könnte.
 

Wir hatten viel darüber geredet, seit ich nach LA gezogen war. Was passiert mit dir, wenn du dich wirklich und ehrlich verliebst? Woher weißt du, daß sie dich auch lieben? Willst du diese Chance überhaupt ergreifen? Es schien, als ob Ehen in Hollywood bei jedem örtlichen Laden gekauft und verkauft werden. Täglich hörte man von Schauspielern, die gerade mal ein Jahr verheiratet waren und sich jetzt im "Schnellverfahren" scheiden ließen. Ich haßte den Gedanken daran, haßte die ewige Einsamkeit, die dadurch angedeutet wurde. Viele meiner Schauspielkollegen zuhause warnten mich, mich nicht zu sehr von Hollywood einlullen zu lassen, daß ich glücklicher wäre, wenn ich in England bliebe und zu den Drehs pendeln würde. Aber LA lockte mich. Ich wollte bei meinen Schauspielfreunden von ,Ringe' sein. Ich wollte alles, was LA zu bieten hatte. Ich hatte nur nicht mit der Zwecklosigkeit und der verdammten Einsamkeit gerechnet. Es war so leicht, in einen überfüllten Raum irgendwo in der Stadt der Engel zu stehen und sich immer noch völlig und total einsam zu fühlen. Ich haßte dieses Gefühl. Also versuchte ich, mich davon fern zu halten und es hinzunehmen wie Elijah. Er war mir nur im Geiste um Jahre voraus und mir sagte mein Agent täglich, daß ich noch nicht einmal damit begonnen hatte, den Gipfel meiner Popularität zu erreichen.
 

In Wirklichkeit hatte ich davor schreckliche Angst.
 

Ich brauchte einen Moment, um zu merken, das Elijah etwas sagte. Ich blinzelte ihn fragend an.
 

Elijah seufzte und sah mich mit dem Blick an, den ich mittlerweile so gut kannte. Der Blick, der zu fragen schien, ob ich ihm jemals zuhörte. "Ich hab gefragt, ob du schon mal Tiefseeangeln warst." Er nickte zu den Booten, die uns am Pier umgaben. "Es wäre cool, sich in den nächsten Tagen ein Segelboot zu mieten, die Jungs mitzunehmen und in die Karibik zu fahren. Einfach ein paar Wochen die Inseln umfahren. So was in der Art."
 

Ich zuckte mit den Schultern. Im Moment war ich für alles offen. Irgendwas neues vielleicht. "Mit Haien schwimmen," fügte ich hinzu. "Das wollte ich schon immer mal machen."
 

"Das würdest du," antwortete Elijah, als ob ich vorgeschlagen hätte, in einen mit Rasierklingen gefüllten Pool zu springen.
 

Der Pier reichte vom Strand etwa eine halbe Meile ins Meer und wir hatten fast das Ende erreicht. Nicht weit davon befand sich eine kleine Insel im Wasser, gebaut aus Pfeilern und Felsen, wo sich einige Seelöwen versammelt hatten und sich gegenseitig laut anbrüllten, so daß diese ständige Geräuschkulisse fast harmonisch mit dem Geschrei der Möwen über uns zu singen schien. Die Sonne war bereits am Untergehen und eine Brise kam über das Meer, und ich war froh, daß ich noch eine Jeans und eine Sweatshirt über meine Badehose gezogen hatte. Als wir das Ende des Piers erreichten, blickte ich zu Elijah, der gerade eine Zigarette hervorzog und sie anzündete, so daß mir der Geruch in die Nase stieg. Ruhig beobachtete er das Boot hinter mir, so dachte ich, sein dunkelblauer Blick schweifte nachdenklich über meine Schulter. Ich begann mich zu fragen, ob er darüber nachdachte, sich selbst ein Boot zu kaufen, und aus irgendeinem Grund fand ich diesen Gedanken sehr lustig, als sich seine Augen plötzlich weiteten.
 

"Or-"
 

Bevor er meinen Namen aussprechen konnte, fühlte ich, wie mich etwas, oder jemand, von hinten stieß und mich nach vorne drückte. Für einen Moment fühlte ich mich wie in der Zeit verloren, einfach nur da hängend, wissend, daß ich versuchte, meine Balance wieder zu kriegen und ebenso wissend, daß ich keine Erfolg haben würde, und dann fiel ich nach vorne, ich stürzte vom Pier und das kalte, dunkle Wasser verschluckte mich.
 

Ich schloß rechtzeitig meinen Mund, so daß nicht allzuviel Wasser in meine Lungen käme, aber es stieg mir in die Nase, was sich furchtbar anfühlte, so daß mein Auftauchen um einiges verzweifelter war. Ich schoß spuckend aus dem Wasser und versuchte, den Salzgeschmack aus meinem Mund zu kriegen, während ich mich fragte, was passiert war, als Elijahs Gelächter zu mir durchdrang. Wassertretend wischte ich mir über die Augen und schaute zu meinem so genannten Freund, der jetzt am Rand des Piers saß und sich seinen allseits geliebten Hintern ablachte, während er auf mich zeigte. Ich überlegte, ob ich versuchten sollte, sein Bein zu greifen, um ihn ebenfalls hinein zu ziehen, aber ich wußte, daß ich es nie erreichen würde. Der Pier war gute sechs Fuß über mir.
 

"Das ist - das lustigste - " Elijah brach abermals in Gelächter aus. Er griff sich wie unter Schmerzen an den Bauch und hielt ihn, als er seinen Satz vollendete: "-verdammt noch mal die lustigste Sache, die ich je gesehen habe!"
 

"Oh! Bitte sagen Sie das nicht!"
 

Zum ersten Mal drang eine weibliche Stimme zu mir durch und als ich meinen Kopf wandte, sah ich eine Frau am Rande des Piers stehen, die besorgt ihre Hände knetete. Unsere Blicke trafen sich und schnell kniete sie sich nieder, so daß sie über den Rand hing.
 

"Bitte sagen Sie mir, daß Sie okay sind! Ich hab Sie doch nicht umgebracht, oder? Gott, ich bin so schusselig! Ich habe Sie nicht gesehen und es tut mir schrecklich leid!"
 

Elijah lachte nur lauter.
 

Ich mußte gegen ein Grinsen ankämpfen, daß in mir hochstieg. Wenn Elijah nicht damit aufhörte zu lachen, würde ich auch die Komik dieser Situation erkennen, aber ich wollte verärgert bleiben. Zumindest gegenüber Elijah. Er hätte nicht so sehr lachen sollen. Und erst die Tatsache, daß ich eine perfekte Zigarette verloren hatte. Ich sah sie an mir vorbei schwimmen, bevor ich zu der panischen Frau sah.
 

"Nein, nicht tot, Süße. Aber so langsam etwa verwässert", sagte ich in der Hoffnung, daß die beiden Irren da oben den Wink verstehen würden. Ich wußte nicht, wer dusseliger war. Elijah oder die Frau, die mich hierher gebracht hatte.
 

"Oh! Natürlich!" Sie richtete sich wieder auf und verschwand aus meinem Blickfeld. Ich fragte mich, ob sie jetzt zum nächsten Telefon rennen und die Polizei anrufen würde. Oder vielleicht die Küstenwache.
 

Als ich zu Elijah blickte, hatte dieser endlich sein Gelächter einigermaßen unter Kontrolle gebracht, nahm nun einen langen Zug von seiner Zigarette und grinste mich blöd an. "Weißt du, du könntest mir helfen," sagte ich, wobei ich dachte, daß ich mehr Hilfe kriegen würde, wenn ich zu den Seelöwen schwimmen und mich zu ihnen legen würde.
 

"Ich weiß." Elijah blies gleichmäßig Rauch aus. "Aber so macht's mehr Spaß. Ich wünschte, ich hätte eine Kamera dabei. Die Jungs werden das lieben."
 

"Rache ist süß, Lij," warnte ich ihn.
 

Er schaute mich mit diesen verdammt unschuldigen Augen an. "Ich hab dich nicht reingeschubst. Sie war das." Er neigte den Kopf, als erwähnte "Sie" abermals auftauchte, in ihren Händen eine Aluminiumleiter, die man eigentlich an die Rückseite eines Bootes hängte.
 

"Los geht's," rief sie, als sie sie am Rand des Piers abstützte und sich dazwischen kniete, um sie festzuhalten. "Kommen Sie da ran?"
 

Ich mußte wie ein Delphin aus dem Wasser springen, um sie unterste Sprosse zu erreichen, was Elijah abermals zum Lachen brachte, aber ich bekam sie zu fassen und zog mich langsam aus dem Wasser. Und da stand ich nun vollkommen durchnäßt und wie eine nasse Ratte tropfend auf dem Pier und verfluchte leise die Brise, die vom Ozean herüber kam, während Schaulustige von anderen Booten herüber sahen und zweifellos genauso sehr lachten wie Elijah.
 

"Es tut mir wirklich leid," wiederholte die Frau, als sie die Leiter hochzog.
 

Ich wandte mich ihr zu und wußte nicht genau, was sie sagen sollte. "Kein Problem" erschien mir nicht angebracht, denn es war eine lange Fahrt bis nach Hause und mir war jetzt schon kalt. Sie drehte sich zu mir und ich sah in zwei sehr große, sehr grüne Augen, die mich irgendwie zum lächeln brachten. Sie trug ihr dunkles Haar zu einem hohen Pferdeschwanz gebunden und auf der Nase, die sich nach einem Sonnenbrand jetzt schälte, hatte sie kleine Sommersprossen. Sie roch nach Coppertone-Sonnencreme... und Fisch.
 

"Sie müssen frieren," sagte die Frau nochmals, als sie die Leiter hochzog.
 

Ganz Mann zuckte ich unbeteiligt mit den Schultern, die Tatsache ignorierend, daß ich meine Arme um meine Brust gelegt hatte und leicht auf und ab hüpfte, um nicht mit den Zähnen zu klappern. Ich wollte es nicht zugeben, aber ja, ich fror mir verdammt noch mal den Arsch ab.
 

"Kommen Sie. Ich habe auf dem Boot vielleicht etwas extra Kleidung für Sie." Sie nickte in Richtung des riesigen Fischkutters, den Elijah vorhin angestarrt hatte.
 

Ich schaute zu Elijah zurück, der aufsprang, um sich mir anzuschließen, und wir folgten ihr Richtung Boot. Als wir es erreicht hatten, wandte sie sich zu uns um und sah Elijah an.
 

"Rauchen verboten."
 

Er nickte, drückte die Zigarette aus und warf sie vom Pier. Wir kletterten nach ihr an Deck und erblickten einen Haufen von Netzen, Angelruten und Gewichten, die über das Deck verstreut waren. Zwei ältere Männer standen am Bug und nahmen Fische aus. Sie blickten zu uns, nickten ihr zu und warfen uns verwunderte Blicke zu, dann gingen sie wieder ihrer Arbeit nach. Der Geruch von Fisch und Salz und Blut und Öl umwehte uns, was Elijah die Nase rümpfen ließ. Die Frau vor uns schien davon keine Notiz zu nehmen, sondern winkte uns in eine Kabine, in die wir ihr folgten. Einen kurzen Augenblick fühlte ich mich etwas komisch, schließlich tropfte überall Wasser an mir hinunter, aber dann erinnerte ich mich, daß ich mich nicht auf einer Milliarden-Dollar-Yacht befand.

"Haben Sie immer Männerkleidung dabei?" fragte Elijah, während er zusah, wie sie eine Truhe an der Wand durchwühlte.
 

"Auf einem mietbarem Fischerboot kann alles passieren," antwortete sie und zog eine Hose und ein T-Shirt hervor. "Mein Onkel bereitet sich immer auf eventuelle Zwischenfälle mit den Kunden vor. Hier."
 

Sie war mir die Kleidung und ein Handtuch zu und deutete über ihre Schulter. "Dort hinten können Sie sich umziehen."
 

Ich ignorierte Elijah's Grinsen und verschwand in dem kleinen Raum, den sie mir gezeigt hatte. Es schien so etwas wie eine Kapitänskabine zu sein, überall lagen Karten und Kompasse, und in der Ecke befand sich eine kleine Schlafkoje. Ich schälte das triefende T-Shirt von mir und kämpfte mich ab, während ich mich fragte, ob es etwas ungemütlicheres gab als nasse Jeans. Als ich mich abtrocknete, schaute ich mich weiter um und betrachtete die alten Photos von Booten und Fischen, bevor ich die wunderbar warmen und trockenen Sachen anzog.
 

Ich betrat die Hauptkabine genau in dem Moment, als unsere Gastgeberin zu Elijah sagte: "Ich wußte doch, daß du mir bekannt vorkommst. In Wirklichkeit siehst du irgendwie anders aus. Ich fand dich ja so niedlich in ,Forever Young'." In diesem Moment hatte Elijah die Güte, rot zu werden, was ihn immer etwas unschuldiger und engelhafter aussehen ließ. "Du warst ziemlich gut in ,Herr der Ringe'."
 

Da hatten wir's. Sie wußte, wer wir waren und hatte ,Ringe' gesehen. Ich gab ihr das Handtuch zurück und erwartete ein unvermeidliches ,Oh, du warst so toll als Legolas! Würdest du mal mit mir ausgehen?' aber sie warf mir nur ein seltsames Lächeln zu und warf das Handtuch über einen Korb. Ich wurde von ihr abgelenkt, als ich ein Ziehen an meinem Ärmel bemerkte.
 

"Victoria hat mir erzählt, daß ihr Onkel dieses Boot vermietet - er nimmt Leute mit zum Angeln und sogar zum Wale beobachten," sagte Elijah und lehnte sich im Kapitänssessel zurück, als hätte er es sich in den zwei Minuten, in denen ich mich umgezogen hatte, häuslich gemacht.
 

"Oh?" Ich konnte nicht anders, als etwas Sarkasmus in meiner Stimme mitschwingen zu lassen. "Und zu dem Job gehört es auch, Leute ins Wasser zu werfen?" Victoria wandte sich mir zu und sah mich für einen Moment mit weit aufgerissenen Augen an, dann erkannte sie, daß ich nur Spaß gemacht hatte und sie lächelte. Auf einmal erschien sie mir sehr hübsch. "Ich bin der größte Schussel der Welt," antwortete sie prompt. "Kann ich es mit irgendwas wieder gut machen? Etwas frischem Lachs vielleicht?"

Ich lachte. "Sorry, Süße. Ich koche nicht."
 

"Oh. Also dann nicht. Vielleicht eine Freifahrt auf dem Boot, irgendwann?" Sie ging quer durch die Kabine an mir vorbei und schien den Stapel Gewichte nicht zu bemerken, der bei meinen Füßen lag, aber ich hatte ihn bemerkt und als sie stolperte, fing ich sie auf, bevor sie stürzen konnte.
 

Ich konnte nicht anders, als zu bemerken, daß sie unter ihrer Jacke und den Jeans sehr weich war. Sie schien geradezu in meine Arme zu passen. Sie stütze sich mit ihren Handflächen auf meine Brust und drückte sich etwas von mir ab, während sie mir ein verlegenes Lächeln schenkte, das ich in diesem Moment einfach nur bezaubernd fand.
 

"Sehen Sie?" fragte sie. "Schussel."
 

Hinter uns kicherte Elijah.
 

Ich ließ sie los und sie ging weiter durch die Kabine, um ein paar Dinge aufzuheben. Überall standen Becher und Teller herum, so als ob die Mannschaft gerade gegessen und sich dann verdrückt hatte. "Sie sind also auch ein Schauspieler, Mr... ?"
 

Sie machte eine Pause und ich bemerkte, daß Elijah uns einander gar nicht vorgestellt hatte. Er grinste uns einfach nur an, und ich verspürte den Wunsch, ihn über die Reling des Bootes zu werfen.
 

"Orlando Bloom... Du kannst mich Orli nennen. Das macht jeder," erklärte ich und sie lächelte wieder. "Und ja. Schauspieler, meine ich." Ich verstand nicht, warum ich auf einmal keine Worte fand. Ich hätte ihr längst schon den Kopf verdreht haben sollen.
 

"Er hat den Elb gespielt, Legolas, in ,Herr der Ringe'," fügte Elijah hinzu.
 

"Ich bin Victoria Adams," stellte sie sich vor und sah mich wieder an, während sie die Stirn runzelte. Ziemlich lange starrte sie mich an, dann schüttelte sie den Kopf. "Ich sehe es nicht. Du hattest blonde Haare und blaue Augen im Film, stimmt's? Ich hab ihn nur einmal gesehen, aber ich erinnere mich..."
 

Ich nickte. "Yeah. Perücke, Kontaktlinsen. Nicht mein gewöhnliches Outfit."
 

Sie zog eine wohlgeformte Augenbraue hoch. "Hmmm."
 

Das erregte meine Aufmerksamkeit. Nicht, daß sie es sagte, sondern wie sie es sagte. Es war eines dieser ,Nun, das ist ja interessant aber ich will das nicht ausweiten denn ich will nicht sagen was ich denke um dich nicht zu verletzen" hmmm's. Ich verschränkte meine Arme vor der Brust und beobachtete, wie sie ein paar Schalter auf der Täfelung neben Elijah drückte und dann einige Schlüssel aus dem Zündschloß zog. "Was meinst du mit hmmm?"
 

"Nichts." Sie drehte sich zu mir und ich mußte sie mit einem Blick angesehen haben, den sie verstand, jedenfalls erläuterte sie schließlich, "Es ist nur so, daß die Freundinnen, mit denen ich mir den Film angesehen habe, total verrückt nach dem blonden, blauäugigen Elb waren, und ich war überhaupt nicht beeindruckt. Ich denke nur, du siehst besser aus als du selbst." Dann schien sie zu realisieren, was sie gerade gesagt hatte, denn sie lief sehr rot an, bis zu den Ohren, und drehte sich schnell weg, um sich wieder mit dem Armaturenbrett vor sich zu beschäftigen.
 

"Danke," war alles, was ich dazu sagen konnte. Ehrlichkeit war in Hollywood eine seltene Sache, und so haute mich ihr Kommentar irgendwie um.
 

"Toll," ließ Elijah neben mir verlauten und rollte mit den Augen. "Als ob sein Ego nicht schon genug strapaziert wäre."
 

Ich holte aus, um ihm einen Klaps zu geben, aber er sprang aus dem Stuhl und mir aus dem Weg, bevor ich ihn berühren konnte. Also mußte ich mich mit einem warnenden Blick zufrieden geben, der ihn wissen ließ, daß die Zeichen schlecht für ihn standen. Die Rache käme noch. Elijah warf mir als Antwort einen Kuß zu und ging zu Victoria.
 

"Mein aufrichtigster Dank für diese unerwartete Unterhaltung."
 

"Nenn es nicht so!" rief sie und warf mir einen weiteren verlegenen Blick zu. "Es war total abscheulich von mir nicht darauf zu achten, wohin ich ging! Falls Herr Bloom sich den Kopf oder so gestoßen hätte, hätte er wegen mir ertrinken können."
 

"Orli, Süße," korrigierte ich sie und mußte wieder lächeln. "Und ich hab mir ja nichts getan. Haken wir es einfach als weiteres Abenteuer ab."
 

Victoria warf mir so etwas wie ein dankbares Lächeln zu. Sie hatte wirklich schöne Augen. "Danke, daß du nicht die Hollywood-Nummer abziehst. Onkel Tony hatte mal einen Schauspieler - ich nenne keine Namen - der das Boot gemietet hatte und er fiel über Bord und versuchte uns zu verklagen. Gott sei dank war es offensichtlich sein Fehler gewesen, aber trotzdem..."
 

"Das ist noch mehr Publicity, die ich nicht brauche," meinte ich abwinkend.
 

"Du?" Elijah sah mich mit einer hochgezogenen Augenbraue an. "Was ist mit der armen Victoria? Kannst du dir vorstellen, was passieren würde, wenn Tausende von Teenagerinnen in der Los Angeles Metro Area herausfinden würden, daß sie versucht hat, den neuesten Hollywood Hottie zu töten?"
 

Hollywood Hottie. Bei Elijah leichtfertigem Kommentar zuckte ich zusammen, und er wußte, daß ich das nicht mochte, aber er zuckte nur mit den Schultern und wandte sich wieder Victoria zu.
 

"Es war schön, dich kennenzulernen, auch über die Orli-ins-Wasser-werfen-Sache hinaus." Er lächelte mit seinen großen blauen Augen und ich fragte mich, ob Victoria dem gleichen Bann erliegen würde wie Millionen anderer Mädchen auf der ganzen Welt, wenn sie mit Elijahs Freundlichkeit konfrontiert wurden. "Wir müssen jetzt gehen. Ein Freund von uns hat heute abend die Eröffnung einer Ausstellung."
 

"Oh Scheiße! Viggo!" Ich hatte Viggos Vernissage durch die Abenteuer der letzten Stunden total vergessen.
 

Elijah verließ die Kabine und ging aufs Deck, ich folgte hinter Victoria. Elijah schüttelte ihre Hand und sprang wieder an den Pier, drehte sich zu mir, um auf mich zu warten, als ich zu Victoria schaute, die neben mir stand. Sie war nur ein paar Zentimeter kleiner als ich, so daß ich etwas verwirrt war, als ihr grünäugiger Blick meinen so direkt traf.
 

"Es tut mir wirklich leid," erklärte sie abermals.
 

Ich schüttelte den Kopf. "Hör auf, dich zu entschuldigen. Ich liebe das Wasser."
 

Sie lächelte und ein kleines Grübchen tauchte an ihrem linken Mundwinkel auf. "Nun, wenn du noch mal hinein geworfen werden möchtest..."
 

"Dann weiß ich, zu wem ich gehen muß."
 

Wir lachten beide und ich schüttelte ihre Hand, die sehr klein war, als ich sie hielt. Wißt ihr, wie das ist, wenn man Personen kennenlernt, von denen man, ohne sie wirklich zu kennen, weiß, daß sie gute Menschen sind, und die man gern besser kennenlernen möchte, um herauszufinden, ob deine Vorahnung richtig war, aber dann hast du keine Zeit oder du wirst abgelenkt und als nächstes bereust du, daß du die Chance verpaßt hast, sie besser kennenzulernen? Nun, all das schoß mir in diesem Moment durch den Kopf, in einem Zeitraum von nur ein paar Sekunden, bis mir klar wurde, daß ich ihr die geliehene Kleidung zurückbringen müßte du wir dann vielleicht etwas mehr Zeit zum Reden hätten.
 

"Ich bringe die hier so bald wie möglich zurück," sagte ich und deutete auf das T-Shirt und die Hose.
 

"Schon gut," meinte sie, "ist ja nicht so als würdest du hier mit einem Anthony Price -Anzug oder so weggehen."
 

Ich lächelte und wollte noch was sagen, aber Elijah rief mich vom Steg aus und machte klar, wie spät es war und ob ich jetzt endlich kommen oder noch ein Bad im Meer nehmen würde. Ich sagte ihr, daß es nett gewesen war, sie kennenzulernen, und dann war ich auch wieder auf dem Pier und folgte Elijah zum Parkplatz, wo meine Gedanken bald um den heutigen Abend kreisten.

Kapitel 2
 

with nothin' left to say

some helpless fool

yeah I was lost in a swoon of peace

you're all I need to find
 

The Dolphin's Cry - Live
 

Zwei Tage später geisterte mir der Gedanke an ein Paar erschreckend grüne Augen in meinem Kopf herum. Ich war zuhause und hatte gerade einen Blick auf das Drehbuch geworfen, das mir meine Agentin Fiona geschickte hatte, als ich diese Augen unbedingt wiedersehen wollte. Natürlich sagte ich mir, daß ich eigentlich nur die Kleidung zurückbringen wollte, die Victoria mir geliehen hatte, und daß es nichts damit zu tun hatte, daß ich sie wiedersehen wollte. Eigentlich war sie ja auch gar nicht so denkwürdig wie die große, langbeinige Rothaarige, die ich von Viggos Vernissage mit nach Hause gebracht hatte, die einfach überwältigend war und unglaubliche Sachen mit ihrem Mund machen konnte. Da machte es mir auch nichts aus, daß ich mich auf Teufel komm raus nicht an ihren Namen erinnern konnte, obwohl ich ihre Telefonnummer irgendwo im Haus haben mußte.
 

Manchmal kann ich nicht anders als zu denken "Jesus, Orli, du bist ein verdammter Bastard", aber dann merke ich, daß Mädchen wie die Rothaarige es nicht anders wollen. Ich bezweifelte stark, daß sie jetzt neben dem Telefon saß und mit angehaltenem Atem darauf wartete, daß ich sie anrief. Es war wahrscheinlicher, daß sie nichts besseres zu tun hatte, als ihren Freundinnen zu erzählen, daß sie Orlando Bloom gefickt hatte und daß sie damit etwas besseres war. Wahrscheinlich würde sie es sogar in ihr Resümee schreiben. Mein Zynismus erreichte neue Bestmarken.
 

Nachdem ich mir die Hose, das T-Shirt und meine Schüssel gegriffen hatte, was etwas länger dauerte, denn meine Wohnung war das Chaos, fuhr ich runter zum Hafen. Es war noch früh am Morgen und ich ertappte mich dabei, wie ich bereits darüber nachdachte, Victoria zu fragen, ob sie mit mir zum Lunch wollte, um zu zeigen, daß ich ihr wirklich nicht böse war, daß sie mich vom Pier geworfen hatte. Immerhin hatte sie Elijah damit eine Geschichte geliefert, die er unzählige Male jedem auf der Ausstellung erzählte, der ihm über den Weg lief und er beschrieb immer wieder meinen Gesichtsausdruck, als es passiert war. Nett gemeinte Sticheleien kann man gut ertragen. Solange es nicht darum geht, Frauen aufzureißen. Als Elijah die Geschichte auch noch einer Gruppe Frauen erzählen mußte, die sich um uns versammelt hatten, hatte ich genug. Er schien das zu fühlen, jedenfalls wurden die Abenteuer des Tages nicht noch einmal zur Sprache gebracht.
 

Der Verkehr auf dem Weg zum Hafen war nicht schlimm, und so schaffte ich es in Rekordzeit dorthin. Im Geiste ärgerte ich mich, daß ich Elijah nicht angerufen hatte, damit wir surfen gehen konnten - das Wetter war perfekt dafür. Anscheinend war ich nicht der einzige, der so gedacht hatte, den der Kai war unglaublich voll und ich fragte mich, ob das Boot von Victorias Onkel überhaupt am Dock war. Glücklicherweise sah ich es dann doch, es ankerte am selben Platz wie gestern, nur daß der Bug dieses Mal in Richtung Meer zeigte. Auf dem Heck waren die Worte "Dolphin's Cry" aufgemalt. Ich lächelte und mochte diesen Namen irgendwie, obwohl er eher zu einen schöneren Boot paßte als zu dem, dem ich mich näherte.
 

Eine Menschenmenge war gerade dabei, das Boot zu verlassen, was bedeutete, daß es gerade von einem Angeltrip kam. Ich wollte nicht im Weg sein und so lehnte ich mich etwas zurück und beobachtete, wie gut gelaunte Angler mit einer Angelrute in der einen und einem Sack voller Lachs in der anderen Hand an mir vorbei gingen. Eigentlich war das ziemlich lustig und ich mußte mir auf die Lippe beißen, um nicht laut los zu lachen. Ich wandte meine Aufmerksamkeit dem Deck zu, in der Hoffnung, Victoria irgendwo zu entdecken, aber die Minuten vergingen und sie war nirgendwo zu sehen. Als sich die Reihen der heimkehrenden Angler gelichtet hatten, kam ich näher und warf einen Blick durch das Fenster einer Kabine, um irgendwen von der Crew zu entdecken.
 

"Kann ich Ihnen irgendwie helfen?"
 

Ich zuckte zusammen, ziemlich heftig sogar, und entdeckte einen stämmigen Mann hinter mir, der die Arme vor der Brust verschränkt hatte und mich mit einem finsteren Blick musterte. Er war mindestens zwei Meter groß und gebaut wie ein Boxer. Er trug eine dunkelblaue Wollmütze über seinem ergrauten Haar und einen dazu passenden Pullover. Er roch total nach Fisch.
 

Ich versuchte, nicht die Nase zu rümpfen, als ich antwortete: "Ich suche Victoria Adams."
 

Er zog eine Augenbraue hoch. "Bist wohl der Brit den sie ins Wasser geworfen hat?"
 

"Yeah. Bist wohl Onkel Tony?" fragte ich genau so lässig wie er mich ,Brit' genannt hatte.
 

"Das bin ich." ,Onkel Tony' nahm die Arme runter und ging an mir vorbei, um auf das Boot zu klettern. "Siehst ja nicht allzu schlimm aus," meinte er und wickelte ein dickes Tau auf, das an Deck gelegen hatte.
 

"Nichts passiert," winkte ich ab. "Ich bin gekommen, um die Klamotten zurück zu bringen, die sie mir geliehen hat." Ich warf ihm die Kleider zu.
 

Der große Fischer schmunzelte. "Das ist meine Torrie. Ich liebe sie ja wirklich, aber sie hat den Tick, sich nicht um das zu kümmern, was um sie herum passiert. So vorsichtig wie ein dreibeiniger Elefant im Porzellanladen."
 

Ich grinste bei der Vorstellung. "Ist sie -"
 

"Nicht hier," unterbrach mich Tony, als ob er meine Gedanken lesen könnte. "Sie arbeitet nur am Wochenende bei mir. An Wochentagen hat Torrie einen normalen Job."
 

Ich stellte sie mir als Kellnerin vor und lag damit voll daneben.
 

" - drüben im Marine Mammal Center."
 

"Entschuldigung. Wie bitte?"
 

Tony stellte einen Fuß auf den Rand des Bootes und lehnte sich zu mir, als er sprach. "Sagte sie arbeitet im Marine Mammal Center. Drüben in Santa Monica."
 

"Oh." Nie davon gehört. Und ich war ein wenig enttäuscht, daß ich sie nicht sehen würde. "Nun, sag ihr ein Dankeschön für die Kleider."
 

"Sicher."
 

Als ich zum Auto zurück ging, sagte ich mir, daß es jetzt keinen Grund gäbe, sie noch Mal wieder zu sehen, schließlich hatte ich nur die Kleider zurückgeben wollen und könnte jetzt wieder nach Hause fahren, wo ich das Drehbuch zuende lesen und Victoria Adams und die Sache am Pier vergessen könnte. Zumindest redete ich mir das ein. Doch ich schlug den entgegengesetzten Weg als den nach Hause ein, um zu einen Ort zu finden, von dem ich nie gehört hatte und um jemanden zu treffen, die ich kaum kannte und von der ich nicht einmal wußte, ob sie mich sehen wollte. Um nicht zu vergessen daß ich noch nicht einmal begründen konnte, warum ich sie sehen wollte. Ich konnte mich kaum daran erinnern, wie sie aussah, außer, daß sie groß war und dunkle Haare hatte und eine sonnenverbrannte, sommersprossige Nase und unglaublich strahlende grüne Augen.
 

Ich verbrachte die nächste Stunde damit, in Santa Monica herum zufahren, bis ich das Marine Mammal Center fand, das am Wasser lag und zu dem auch ein privater Strand und die umliegenden Hügel gehörten. Der Parkplatz war einigermaßen voll, zwei Schulbusse warteten mit laufenden Motoren am Eingang. Ich blieb im Wagen und starrte auf das Gebäude vor mir, während ich an meinen Nägeln kaute und mich fragte, was zum Teufel ich hier tat. Elijah hätte mich ausgelacht. Alles was ich wußte, war, daß sie sich wohl kaum an mich erinnerte.
 

Glaubt nicht den Zeitschriften. Ich bin furchtbar unsicher. Jeder Schauspieler ist es. Darum machen wir diesen Job, weil es leichter ist, jemand anderen darzustellen als uns selbst. So können wir uns daneben benehmen und müssen nicht darüber nachdenken. Die Unsicherheit wächst nur dann, wenn die Welt etwas von dir erwartet, wenn jede Zeitschrift Dinge über dich schreibt - seien sie nun wahr oder nicht - und du jede Woche Tausende von Briefen von Frauen in deinem Briefkasten findest, die du überhaupt nicht kennst und nie treffen wirst. Jedes Mal wenn du aus dem Haus trittst, mußt du das Image, das du hast, erfüllen, egal ob das wirklich du bist oder nicht. Und dann kommst du abends nach Hause, schließt die Tür und wirst wieder du, und alle deine Ängste und Unsicherheiten kommen zurück und du weißt nicht, ob du die Maske aufbehalten kannst. Aber du machst es. Es wird zur Gewohnheit. Und ich kann nicht anders als mich zu fragen, ob mein wahres Ich irgendwann verschwindet und ich zu dem werde, was die Leute in mir sehen und dieser Gedanke ist etwas, mit dem ich nicht spielen will. Zu gruselig. Zu real.
 

Ich hatte mich durch fünf Fingernägel gebissen, bis ich endlich aus dem Auto stieg und auf das Gebäude zusteuerte.
 

Gleich hinter den Türen war ein Sicherheitsbeamter und ein Kartenschalter. Ein paar Familien warteten in einer Schlange, und hinter der Schranke sah ich eine Gruppe Schüler, die um ihren Lehrer herum standen und sich aufgeregt unterhielten. Ich fühlte mich lächerlich. Ich war nicht wegen einer Rundführung hier und ich wußte nicht, wo ich Victoria finden würde, als ich mir ein Erwachsenenticket für $8.00 kaufte, um hineinzukommen. Ich sah zum Andenkenladen zu meiner Rechten hinüber, aber dort stand nur ein junger Typ hinter der Ladentheke. Offensichtlich arbeitete sie hier nicht.
 

Verdammt, geh einfach heim, Orli, sagte ich mir.
 

"Kann ich Ihnen helfen, Sir?"
 

Ich wandte mich um und sah, wie der Sicherheitsmann sich mir näherte. Toll, der denkt wahrscheinlich, ich wollte den Laden ausrauben oder so was. "Nein, ich -"
 

"Sie sehen aus, als wüßten Sie nicht, wohin."
 

"Ich - " Zur Hölle, Orli, sag endlich was oder verschwinde von hier! "Ich suche Victoria Adams. Ihr Onkel sagte, sie sei hier."
 

"Torrie? Ja, sie ist hier. Ich glaube, sie ist bei den Ottern. Moment." Er wandte sich ab und sagte etwas in sein Funkgerät. Dann neigte er den Kopf und forderte mich so auf, ihm zu folgen.
 

Ich wußte, das war meine letzte Chance. Entweder drehte ich mich jetzt um und flüchtete durch die Tür, oder ich folgte ihm und machte einen Vollidioten aus mir.
 

Natürlich folgte ich ihm.
 

Wir umgingen den Ticketschalter, an den Schulkindern vorbei und betraten ein riesiges Foyer, angefüllt mit lebensgroßen Acryl-Modellen verschiedener Seetiere und Unmengen von Abbildungen der marinen Tierwelt. Es war fast still, als wir durch das Gebäude gingen, an zwei Touren vorbei, deren Teilnehmer gebannt dem lauschten, was der Tourführer ihnen erzählte, und dann durch die Flure, von denen ich wußte, das die Öffentlichkeit dort nicht hin durfte. Je weiter wir gingen, desto alberner fühlte ich mich. Ich hatte hier nichts zu suchen. Victoria würde wahrscheinlich denken, ich würde sie verfolgen oder so was. Oder daß ich sie vielleicht nun doch verklagen wollte. Scheiße, wie gerate ich nur immer in solche Geschichten?
 

Der Sicherheitsbeamte öffnete die Tür, durch die ein Lichtstrahl fiel. Er nickte mit dem Kopf. "Sie ist da drin." Dann drehte er sich um und ging und ließ mich dort stehen, vor mir die offene Tür und ohne Ahnung wie ich hier wieder weg kommen könnte. Ich hatte keine Wahl, außer ich wollte durch die Gänge irren, bis ich einen Ausgang fand.
 

Fuck. Ich näherte mich der Tür und lugte durch den Türspalt. Vier hohe Wände, mindestens vier Meter hoch, umgaben den Raum im Center, welcher ein tiefes Schwimmbecken war. Über mir war keine Decke, nur der hellblaue kalifornische Himmel mit ein paar Wolken. Am Ende des Beckens befanden sich künstliche Felsen, so welche, wie man sie im Zoo sieht, wenn man die Umgebung der Tiere echt aussehen lassen will, selbst, wenn sie es gar nicht ist. Ich denke, das dient mehr der Atmosphäre.
 

"Ist da jemand? Rein oder raus, bitte. Die Tür muß zu bleiben."
 

Victorias Stimme. Es war komisch, daß ich sie so leicht wieder erkannte. Sie rief nicht, sondern sprach sanft, als ob sie einen Vorschlag gemacht hätte. Ich steckte meinen Kopf durch die Tür und sah sie am Rand des Beckens sitzen, gekleidet in abgeschnittene Jeans, einem schwarzen Tank-Shirt und einer Baseballkappe, durch deren Loch am Hinterkopf sie ihr Haar gesteckt hatte. Auf ihrem Schoß hielt sie einen Otter, ihre Aufmerksamkeit war vollkommen auf die haarige Kreatur gerichtet.
 

Ich leckte mir nervös über die Lippen. "Ummm... hey."
 

Sie sah auf und starrte mich für einen Moment unverhohlen an, wodurch ich mich winzig fühlte und mir wünschte, im Erdboden zu versinken, aber dann lächelte sie, und es war eines dieser Lächeln, die dich denken lassen, daß alles in Ordnung ist. Es gibt solche Menschen, die dieses Lächeln haben, ein aufrichtiges, und wenn sie es dir zuwerfen, dann weißt du, daß es nur für dich und ehrlich und nicht erzwungen ist. Sie schenkte mir dieses Lächeln.
 

"Mister - äh, Orli, hallo. Was für eine Überraschung."
 

Ich trat ein und schloß linkisch die Tür hinter mir. Ich hatte keine Ahnung, was ich sagen oder wie ich meine Anwesenheit erklären sollte. Ich schob meine Fäuste in die Hosentaschen und balancierte auf meinen Fersen, dabei dachte ich, daß ich wie ein Trottel aussehen mußte. Gott, was tat ich hier?
 

"Schon mal einen Seeotter gefüttert?" fragte sie mich. Als ich den Kopf schüttelte - so wie wahrscheinlich die meisten Menschen auf dieser Welt, in Anbetracht der Tatsache, daß man nicht morgens aufwacht und eben mal beschließt, einen Seeotter zu füttern - winkte sie mich zu sich heran.
 

Und es war wirklich so einfach. Nicht, daß ich plötzlich wußte, wie ich meine Anwesenheit erklären konnte, aber dadurch, daß sie mich in ihre Welt einlud, fühlte ich mich plötzlich vollkommen wohl. Ich kniete neben ihr und sah, wie die dicke, haarige Kreatur mich mit seinen runden, schwarzen Augen anschaute und sich plötzlich meiner Anwesenheit bewußt war.
 

"Mach keine hastigen Bewegungen," erklärte mir Victoria sanft. "Und sprich leise. Seeotter werden leicht nervös, also versuchen wir sie in einer so ruhigen und leisen Umwelt wie möglich zu halten. Dieser kleine Kerl hier ist es zwar gewöhnt, so gehalten zu werden, aber er mag Fremde nicht besonders."
 

"Ich kann gehen, wenn - "
 

Sofort schüttelte sie den Kopf. "Nein. Das ist in Ordnung. Da ist ein Eimer hinter mir. Greif dir ein Stück von dem Thunfisch, der darin ist."
 

Ich lehnte mich zurück, griff in den Eimer und zuckte zusammen, als meine Hand auf eine kalte, schleimige Substanz stieß. Ich nahm ein Stück zwischen meine Finger und sah es mit leichtem Ekel an. Daß wir für das Zeug in Restaurants so viel Geld bezahlen.
 

"Pablo liebt Thunfisch," erklärte Victoria mir und strich mit der Hand über den Bauch des Otters.
 

"Er heißt Pablo?" grinste ich.
 

"Yeah. Sieht er nicht wie einer aus?"
 

Ich wandte leicht den Kopf und betrachtete das kleine Wesen eingehend. Sie hatte Recht. Er sah wie ein Pablo aus.
 

"Reich ihm langsam deine Hand und halte den Thunfisch an deinen Fingerspitzen. Halt die Hand flach, damit er dich nicht aus versehen beißt. Und erschrick nicht, wenn er mit seinen Pfoten danach greift. Er ist daran gewöhnt, sich sein Futter zu fassen."
 

Ich könnte schwören, daß Pablo mich ansah, als sei ich sein ,Futter'. Ich streckte langsam meine Hand zu ihm aus, die Finger gespreizt, wie meine ,Lehrerin' er mir gesagt hatte. Ich stoppte ein paar Zentimeter vor Pablos Maul, als er seine kleine Nase in die Luft streckte und in die Richtung der angebotenen Nahrung schnüffelte. Wie Victoria mich gewarnt hatte, steckte er seine Pfoten aus und umschloß damit meine Finger, seine langen Krallen wahren kalt auf meiner Haut und sahen tödlich aus. Ich blieb still, auch dann noch, als er meine Finger näher zu sich heran zog und an dem Thunfisch zu knabbern begann, bis er ihn schließlich vollständig von meiner Hand in sein Maul zog. Als er mich losließ, zog ich meine Hand zurück, damit Pablo nicht meine Finger als Nachtisch fraß.
 

Als ich wieder aufschaute, betrachtete Victoria mich mit einem kleinen Lächeln. Ihr Gesicht war immer noch so, wie ich es in Erinnerung hatte. Leuchtende Augen, umrahmt von langen, dunklen Wimpern, eine nicht allzu perfekte Nase, die an der Spitze ein wenig nach oben zeigte und von hellen Sommersprossen übersät war, und volle Lippen, die leicht zu lächeln schienen. Sie war hübscher, als ich mich erinnern konnte. Nicht zum Umfallen schön wie Liv oder Alicia Silverstone, aber bemerkenswert, so wie Kate Winslet. Zu anders, um sie als das Mädchen von nebenan abzustempeln, aber auch nicht die Sorte Mädchen, die nach dem ersten Treffen bei dir bleibt. Was mich zu ihr zog, wußte ich nicht. Aber da saß ich nun neben ihr, während sie einen Seeotter namens Pablo auf ihrem Schoß hielt und wir fütterten ihn mit Thunfisch. Wäre ich nicht dabei gewesen, ich hätte es nicht geglaubt.
 

"Ich habe die Kleider zu deinem Onkel zurückgebracht," sagte ich und brach das Schweigen.
 

"Du hast Onkel Tony kennengelernt?" Sie lächelte, lehnte sich nach vorne und ließ Pablo sanft in das Becken gleiten. Schnell tauchte er ab und schwamm von uns davon. "Er hat mich damit aufgezogen, daß ich versucht hätte, dich umzubringen. Als ich ihm sagte, daß du aus England kommst, warnte er mich, daß Großbritannien unser größter Alliierter sei und das ich das auch fast vermasselt hätte!" erzählte sie mir mit einem Lachen.
 

Ich lächelte. Es war schwer, nicht zu lächeln. Sie roch wieder nach Coppertone-Sonnencreme und dem Meer. "Also, was machst du hier?"
 

"Du meinst, abgesehen davon, unbedarften Männern beizubringen, wie sie sich ihre Finger von Seeottern abbeißen lassen?"
 

Sie stand auf und ich konnte nicht umhin, zu registrieren, daß sie lange, wohlgeformte Beine hatte, die leicht gebräunt waren. Beine einer Schwimmerin. Ich musterte sie heimlich weiter, während sie den Eimer griff und ein paar Stücke Thunfisch in das Becken warf, und kam zu dem Schluß, daß sie nur aus weichen Kurven bestand. Kurz erinnerte ich mich daran, wie ich sie an Deck gehalten hatte, als sie gestolpert war. Schnell aber zwang ich mich wieder zurück in die Gegenwart, als sie fortfuhr:
 

"Das Center rettet verletzte oder kranke Seetiere und wir bringen sie hier hin, päppeln sie wieder auf und wildern sie dann entweder wieder aus oder bereiten sie auf einen Umzug nach Sea World oder in ein nahegelegenes Aquarium vor, kommt auf die Umstände an. Ein paar behalten wir zur Beobachtung oder für Lernzwecke hier. Wir sind eine große Sehenswürdigkeit für die Schulen der Umgegend."
 

"Hab ich bemerkt," meinte ich und erinnerte mich an die Schulbusse und die Gruppen. "Also arbeitest du mit mehr als nur mit Ottern." Ich stand auf und folgte ihr zur Tür.
 

"Otter, Seelöwen, Robben, Delphine." Victoria zuckte mit den Schultern. "Alles, was unsere Hilfe braucht."
 

Sie hielt mir die Tür auf, als ich hinausging, und führte mich durch die Gänge, durch die ich dem Sicherheitsmann gefolgt war. Ich war überrascht, daß sie mich noch nicht gefragt hatte, was ich hier tat. Nicht, daß ich das wollte. Aber so würde ich nicht in die peinliche Situation kommen, erklären zu müssen, daß ich wirklich nicht wußte, warum ich ohne jeglichen Grund aufgetaucht war, um eine Person zu sehen, die ich gar nicht kannte. Ich denke, Victoria erkannte das und tat ihr bestes, um das Unbehagen zu zerstreuen, daß ich geschaffen hatte.
 

"Schon mal einen Seelöwen gestreichelt?" fragte sie.
 

"Ja, gerade heute Morgen," antwortete ich mit einem Grinsen. Ich war entspannt. Der smarte Typ in mir trat hervor.
 

Victoria rollte mit den Augen. "Dann können wir das ja überspringen."
 

Ich öffnete meinen Mund, um zu protestieren, schloß ihn aber sofort wieder. Du bekommst, was du gibst. Ich sah sie halb schmollend an und sie lachte. Als wir das Hauptgebäude wieder betraten, wandte sie sich in die entgegengesetzte Richtung des Eingangs und führte mich in den hinteren Teil des Centers, der näher am Meer lag. Auf dem Weg erklärte sie mir den Zweck der Anlagen, woher ihre Geldmittel kamen, welche Seetiere nur vorübergehend und welche beständig da waren und daß ihre Lieblinge ein Paar Delphine waren, die nur kurz nach ihr gekommen waren, als sie dort vor fünf Jahren begonnen hatte, zu arbeiten. Während ich ihr zuhörte, erkannte ich, daß sie etwas älter sein mußte, als ich sie vorher geschätzt hatte - so wie ich war sie anscheinend damit geplagt, jünger auszusehen, als sie wirklich war. Die Leute schätzen mich eher als neunzehn oder zwanzig ein anstatt fünfundzwanzig. Ich schätzte, sie war etwa siebenundzwanzig oder achtundzwanzig. Nicht, daß ich sie fragen würde. Dafür war ich ein zu großer Gentleman.
 

"Was ist mit Haien?" fragte ich, als die Unterhaltung für einen Moment zum Erliegen kam.
 

"Manchmal bekommen wir welche. Magst du Haie?"
 

Ich schüttelte den Kopf. "Ich fürchte mich schrecklich vor ihnen. Aber ich habe herausgefunden, daß es das beste wäre, mich meiner Angst entgegenzustellen, um sie zu verlieren. Ich habe schon zu Elijah gemeint, daß ich mal mit Haien schwimmen möchte."
 

Victoria lachte und warf mir von der Seite einen Blick zu. "Unter Aufsicht mit Haien zu schwimmen, die an Menschen gewöhnt sind, ist ganz und gar nicht dasselbe, wie einem weißen Hai auf offener See zu begegnen. Ich verstehe nicht, wie man so seine Furcht verlieren will."
 

"Hast du Angst vor Haien?"
 

"Nein. Nichts im Meer macht mir Angst." Sie machte eine Pause und sah mit gerunzelter Stirn nach vorn, bevor sei hinzufügte: "Außer, zu ertrinken. Auf einem Boot gefangen zu sein und zu sehen, wie das Wasser um dich herum steigt und du weißt, daß du sterben mußt und daß du nichts dagegen tun kannst, daß es keinen Fluchtweg gibt und du es noch nicht einmal beschleunigen kannst."
 

Ich zog eine Grimasse. "Danke für den netten Gedanken. Ich werde dir die Rechnungen meines Seelenklempners schicken, für die Phobie, die du jetzt in mir erweckt hast."
 

Kichernd hielt mir Victoria eine Tür auf - was sehr galant von ihr war, und als ich ihr dies sagte, rollte sie wieder mit den Augen - und wir verließen den hinteren Gebäudeteil. Vor uns lag ein riesiges Becken, was direkt aus dem Meer reichte und von einer durch Menschenhand erschaffenen Mauer umgeben war, die aus Felsen, Steinen und zwei herabstürzenden Wasserfällen gestaltet war. Über uns befand sich ein verketteter Zaun, wahrscheinlich um die Seelöwen zurück zu halten, die sich auf den Felsen ausgebreitet hatten und sich sonnten. Eine zementierte Terrasse erstreckte sich zum Becken, auf der sich ein paar Tische, Stühle, Kästen mit Ausrüstungsgegenständen und Fütterutensilien befanden. Ein Mann in einem Schwimmanzug stand am Rand des Beckens und sah zwei Seelöwen zu, die im Wasser herumtollten.
 

"Hey Scott," rief Victoria.
 

Er sah zu uns. "Wie geht's, Torrie?" Er warf mir einen kurzen Blick zu und sah dann wieder zu ihr. "Wie geht's Pablo?"
 

"Fast so weit, sich in seine neue Heimat zu begeben." Wir gingen zu ihm und hielten dann. "Monetery nimmt ihn."
 

Scott lächelte. "Sie werden ihm ein schönes Zuhause bereiten." Er klopfte ihr auf die Schulter und wandte sich mit seinem nächsten Kommentar an mich. "Sie haßt es, ihre Kinder wegzugeben."
 

Victoria seufzte. "Scott, das ist Orlando Bloom. Orli, Scott Heywood, Leiter der Anlage."
 

Wir schüttelten uns die Hände. "Orlando Bloom? Warum kommt mir der Name bekannt vor?" Er schielte mich in der Sonne an.
 

"Er ist ein bißchen sowas wie ein Schauspieler," antwortete Victoria, bevor ich es tun konnte. Ich sah sie an, aber sie kniete bereits am Pool und richtete damit die Aufmerksamkeit der Seelöwen auf sich.
 

"Oh?" Scott zog seine Augenbrauen hoch.
 

Ich konnte nicht sagen, ob es ein "Oh, ein Schauspieler..." oder ein "Oh, das ist cool" - ,Oh' war. Also ignorierte ich es und hockte mich neben Torrie, als sie mich am Hosenbein zog. Der Seelöwe tauchte unter, schwamm gewitzt zu uns und schoß nah genug aus dem Wasser, um mich etwas zurückfahren zu lassen. Er barkte laut, geradeso, als wollte er uns begrüßen. Victoria lehnte sich hinter Scotts Beine und griff in einen Eimer, der so aussah wie der, mit dem wir Pablo gefüttert hatten, und zog ein paar Elritzen heraus. Sie faßte eine am Schwanz und hielt sie nach vorn, woraufhin der Seelöwe sofort aus dem Wasser schoß und sie ihr aus der Hand schnappte. Sie gab mir auch eine, ich imitierte ihre Bewegungen und mußte lachen, als mir der Fisch gierig aus der Hand gerissen wurde. Dann hielt Victoria die Elritze näher an den Rand des Beckens, so daß der Seelöwe näher zu uns schwimmen mußte. Während sie ihn mit einer Hand fütterte, streichelte sie mit der anderen Hand seinen Kopf und forderte mich mit einem Wink auf, dasselbe zu tun. Seine Haut war unglaublich glatt und weich und er schien sich in meine Hand zu kuscheln, als ich ihm über den Rücken fuhr. Ein bißchen erschreckend war es schon, wie groß das Tier war, und mit seinen Zähnen war nicht zu spaßen, aber er verhielt sich mehr wie ein niedliches Hündchen als wie etwas, daß das Wort ",Löwe' im Namen trug.
 

"Er mag dich," bemerkte Scott von hinten.
 

Wie als Antwort rollte sich der Seelöwe auf den Rücken und klatschte mit den Flossen, wodurch er uns naßspritze. Victoria und ich wichen zurück, um dem Großteil der Attacke zu entgehen, und Scott lachte uns aus. Ich schaute zu ihr und sie zu mir und es war offensichtlich, daß wir an dasselbe dachten, denn wir brachen in Gelächter aus.
 

"Warum werde ich immer pitschnaß, wenn ich in deiner Nähe bin, Süße?" fragte ich, als wir uns wieder gefangen hatten.
 

"Dasselbe habe ich mich auch gerade gefragt."
 

Wir mußten wieder lachen.
 

Ich saß noch eine Stunde bei ihr am Becken und sah den fünf Seelöwen zu, die von der Einrichtung gerade wieder ausgewildert wurden. Victoria erzählte, daß sie in der Umgegend von San Francisco geboren und aufgewachsen war, in einer Familie, die Angeln und die Seefahrt liebte. Das Meer und alles, was dazu gehörte, war ein Teil ihres Lebens, seit sie denken konnte. Deshalb war es naheliegend, ihren Abschluß in Meeresbiologie am Scripps Institution of Oceanography zu machen, während sie in den Ferien Praktika bei Marine World in Marin County absolvierte. Nur Monate, bevor sei ihren Abschluß machte, wurde ihr die Stelle im Center angeboten.
 

Es war lustig, mitanzusehen, wie lebhaft sie wurde, wenn sie über die Tiere und über ihre Erlebnisse und Erfahrungen mit ihnen sprach. Sie liebte ihre Arbeit wirklich und erklärte mir offen, daß sie sich in der Gesellschaft von Tieren wohler fühlte als mit Menschen. Ich wollte nichts sagen, was sie verlegen machen würde, aber ich fand, daß sie einfach wunderbar mit Menschen umgehen konnte, denn ich fühlte mich bei ihr sehr wohl. Aber wir sehen uns alle anders als die Menschen um uns herum, glaube ich, und offensichtlich dachte sie, daß sie nicht das richtige Geschick habe, mit Menschen umzugehen, was sie auf ihre Zerstreutheit schob. Ich glaube, sie war etwa so unsicher wie ich, aber ich konnte mich nicht dazu durchringen, ihr dies zu sagen.
 

Es war unglaublich, wie schnell die Zeit davon raste. Ich merkte, daß ich sie von der Arbeit abhielt und ich hatte sie noch nicht einmal zum Lunch eingeladen! Ich wollte sie wiedersehen, aber ich wußte nicht, wie ich sie fragen sollte. Ich dachte darüber nach, als wir zum Eingang zurück gingen und das Gespräch zwischen uns verebbte. Aber es war eine angenehme Stille, nichts, wodurch ich mich unbehaglich fühlte, gerade so, als wären wir für einen Moment in unseren eigenen kleinen Welten und wollten den anderen nicht stören. Ich neige dazu, mit meinen Gedanken immer abzuschweifen, und so ging es ihr wohl auch, dem nach zu urteilen, was ihr Onkel gesagt hatte. Aber es war schön zu wissen, daß ich nicht total unhöflich war, im Gegenteil, sie schien gar nicht zu merken, daß ich genauso still war wie sie.
 

Als wir die Türen erreicht hatten, dachte ich schließlich, daß ich nichts außer meiner Ehre zu verlieren hätte - hey, so denken wir Schauspieler nun mal - und platzte heraus: "Wollen wir mal was zusammen unternehmen, Torrie?"
 

Victoria seufzte und es fühlte sich an wie ein Schlag unter die Gürtellinie. An den Reaktionen von Menschen kannst du erkennen, was sie sagen wollen. Ich wußte, dies war definitiv ein Nein. Abweisung ist scheiße. Ich kann damit nicht umgehen. Überlegt mal - in letzter Zeit sagt man mir ständig, ich könnte jede Frau haben, die ich will. Und dann mache ich mal den Mund auf und sie sagt nein. Dadurch will man sich am liebsten in ein dunkles Loch verkriechen und nie wieder hervorkommen. Aber bevor ich dieses beschissene Wort - Nein - hören mußte, schob ich eine schnelle Entschuldigung nach:
 

"Entschuldige, Süße. Ich hätte das nicht fragen sollen. Ich meine, ich komme hier urplötzlich zu deiner Arbeit und - "
 

"Orli." Sie legte einen Arm auf meine Hand und hielt mich fest.
 

Gott, ich hasse Ablehnung. Es tut körperlich weh. Ich wollte noch nicht mal, daß sie mich anschaute, damit sie nicht sah, daß ich gar nicht so unbekümmert darüber war, wie ich zu sein vorgab.
 

"Es ist nicht so wie du denkst," sagte sie und hob ihre Hand, um mit den Fingern zu wackeln.
 

Ich weiß nicht, warum ich das nicht bemerkt hatte. Vielleicht habe ich es geistig einfach übersehen. Aber der einzelne Diamant, der mir von ihrem Finger aus zuwinkte, war jetzt, wo sie es ansprach, schwerlich zu übersehen. Verdammt, verdammt, verdammt.
 

Ich zwang mich zu einem mich selbst mißbilligendem Lächeln. "Er ist ein Glückspilz."
 

Sie zuckte mit den Schultern. "Ja, nun... keine Ahnung, ob er dem zustimmen würde."
 

Jetzt war die Stille unbehaglich und ich haßte mich selbst, daß ich überhaupt da war. Haßte mich dafür, die Chance ergriffen und mich für die Ablehnung angeboten hatte. Da denkt man, man hat seine Lektion gelernt - also laßt sie nur kommen. Was, wenn sie wirklich nicht wußten, wer ich war, dann mußte ich mir darüber weniger Gedanken machen. Zumindest bedeutet das, daß du nicht allein nach Hause gehen mußt. Einsam. Verdammt.
 

"Danke für den Nachmittag," sagte ich und meinte es auch so. "Ich hatte Spaß."
 

Verdammt, es war schön gewesen.
 

Sie lächelte, und es sah fast schmerzlich aus. Jetzt haßte ich mich dafür, daß sie sich durch mich auch unbehaglich fühlte. Ich beugte mich vor und küßte sie auf die Wange. Ich weiß nicht, warum. Ich hatte das Gefühl, es tun zu müssen, vielleicht entschuldigte ich mich im Stillen dafür, so viel dummes Zeug zu tun und vielleicht wollte ich einfach nur wissen, ob ihre Haut so weich war, wie sie zu sein schien. Und sie war es, und der Geruch von Coppertone-Sonnencreme - von Kokosnuß und Sonne und Sand - war noch stärker. Ich trat einen Schritt zurück und rechnete nun damit, sie nie wieder zu sehen, aber ich wünschte mir, daß wir wenigstens Freunde sein könnten, doch es schien mir lächerlich, sowas auch nur zu fragen. Ich wußte, daß ich jetzt gehen und versuchen würde, sie zu vergessen und das ich wieder in mein Hollywood-Image stürzen würde.
 

"Tschüß, Torrie." Ich wandte mich ab.
 

"Orli?"
 

Ich zögerte, stoppte und sah über meine Schulter. "Ja, Süße?"
 

"Ich schulde dir noch einen Ausflug auf dem Boot meines Onkels."
 

Ich riß mich zusammen, um nicht zu lächeln. Es ging nicht. "Du schuldest mir gar nichts, Torrie."
 

Sie lächelte. Verdammt, sie würde immer schöner, je länger ich dort stand. "Ich weiß. Aber das Angebot steht. Wenn du bereit bist."
 

Und da hatten wir's. Eine erneute Einladung in ihre Welt. Ein Wink, daß sie auch eine Freundschaft nicht ablehnen würde. Vielleicht sah sie mich so wie ich sie sah. Manchmal ist es so, daß sich zwei Menschen zueinander hingezogen fühlen, obwohl es Tonnen von Schwierigkeiten zwischen ihnen gibt. Ich wollte nur ein Teil ihrer Welt sein, egal welcher. Heute fühlte ich mich, als hätte man mich am Boden gehalten, und das braucht jeder ab und zu.
 

Vielleicht würde ich ihr eines Tages zeigen, wie es war, zwischen den Sternen zu laufen.

Kapitel 3
 

so when the time is right

come to me sweetly, come to me

come to me
 

The Dolphins Cry - LIVE
 

Ich hatte nicht die Absicht, auf Torries Angebot einzugehen. Ich verbrachte den Rest der Woche damit, mich um Drehbücher und Angebote und Treffen mit meiner Agentin zu kümmern und die üblichen Interviews für Magazine oder Unterhaltungssendungen zu geben. So langsam wurde es schwerer, auf die Straße zu gehen, ohne erkannt zu werden. Am Anfang hatte mich jeder nur als Legolas gekannt, aber ohne die blonde Perücke wußten nicht viele Leute, wie ich wirklich aussah. Aber ich erschien in immer mehr Magazinen, und meine Anonymität wurde allmählich von mir weggezogen. Mich kümmerte das wenig, das ist der Preis, den man für den Ruhm bezahlen muß. Aber Ian hatte mir mal gesagt, er hoffe, nie richtig berühmt zu werden, und so langsam verstand ich, was er meinte. Jeder hat mal solche Tage, wenn man einfach nur in Ruhe gelassen werden will, wenn du in deiner eigenen kleinen Welt bist und nicht gestört werden willst. Wenn du berühmt bist, darfst du solche Tage nicht haben, sonst wirst du vielleicht von einem Fan angesprochen und es läuft darauf hinaus, daß du ihn anmotzt, weil du schlechte Laune hast und am nächsten Tag steht es überall im Internet und plötzlich will dich keiner mehr buchen wegen deines Image-Problems. Sowas reicht schon aus, daß man das Haus gar nicht mehr verlassen will.
 

Es war Freitag abend und Elijah und ich hatten uns in eine Nische im Club zurückgezogen, während um uns herum die Musik dröhnte, die Leute lachten und die Gläser klirrten. Elijah lehnte sich in seinem Sessel zurück und rauchte eine Zigarette, während er eine niedlich kleine Blondine beäugte, die auf der Tanzfläche war. Ab und zu warf sie ihm einen Blick zu, aber egal, wie oft ich ihm sagte, er solle zu ihr gehen, hatte er sich nicht ein Stück bewegt.
 

"Billy hat heute angerufen," schrie er mir über die Musik hinweg zu und blies etwas Rauch in die Luft. "Sagte, er sei zu Tode gelangweilt und kommt nächste Woche rüber." Ich lachte. "Woher weiß er, daß es hier besser ist?"
 

Elijah zuckte mit den Schultern. "Ich hab ihm gesagt, er soll Dom mitbringen. Wir rufen Sean an und schauen zu, ob wir fünf nicht irgendwas anstellen können."
 

"Sollte nicht allzu schwer sein."
 

Plötzlich wandte er den Kopf und richtete sich auf. "Hey, ist das nicht... ach verdammt, wie war ihr Name? Die Fisch-Tussi... "
 

"Victoria?" Ich sah Elijah ausdruckslos an und folgte dann seinem Blick durch den Club. Yep, sie war es, und in ihrem kurzen schwarzen Kleid und mit herabfallendem, dunklem Haar sah sie etwas anders aus als in ihrem gewöhnlichen Outfit. "Es ist Torrie."
 

"Torrie also?" Elijah musterte mich und nahm einen weiteren Zug von seiner Zigarette. "Was hab ich verpaßt?"
 

"Nichts, Lij. Ignorier das." Ich versuchte, mich auf meinen Drink zu konzentrieren, aber mein Blick wanderte wieder zu ihr zurück. Ein Mann war bei ihr, groß, breitschultrig, schwarze Harre. Ich runzelte die Stirn. Anscheinend ihr Verlobter. Ich versicherte mir rasch selbst, daß ich ihn nicht mochte, weil er offenbar nicht zu ihr paßte.
 

Ich hätte Elijah schlagen können, denn er stand auf und steckte seine Finger in den Mund, um laut durch den Club zu pfeifen. Als er Torries Aufmerksamkeit hatte, winkte er sei zu unserem Tisch. Fuck. Da kam sie mit ihm Verlobten, einem großen, grobschlächtigem Typ in eine grauen Seidenanzug, der geradezu herausschrie, daß er sich für etwas Besseres hielt. Ich wußte noch nicht mal seinem Namen, aber ich haßte ihn.
 

"Orli! Elijah! Hi!" Torrie kam zu unserem Tisch und Elijah rutschte rüber, damit sie sich setzen konnte. Ich lächelte ihr kurz zu, aber mein Blick ging wieder zu Brutus. Alles an ihm mißfiel mir. "Jungs, das ist mein Verlobter, Steve Rubin. Steve, das sind Orlando Bloom und Elijah Wood."
 

Steve streckte sich und schüttelte unsere Hände. Ich glaube, er versuchte meine zu brechen, war mir aber nicht sicher. Sogar Elijah schien zusammenzuzucken. Arschloch.
 

"Schauspieler, huh?" "Sorry, hab noch keinen eurer Filme gesehen."
 

Na, warum überrascht mich das nicht? überlegte ich. Wahrscheinlich hätten wir erst in einem Steven-Segal-Streifen mitspielen müssen.
 

"Was macht das Angelgeschäft?" fragte Elijah Torrie, während er Steves Anwesenheit komplett überging. Ich wollte es ihm gleichtun, aber sein Eau de Cologne war einfach zu stark, um ignoriert zu werden. Ich spülte den Rest von meinem Scotch hinunter und dachte daran, mir noch einen zu bestellen, als Torries nächste Bemerkung meine Aufmerksamkeit erregte.
 

"Warum findest du das nicht selbst heraus? Ich habe schon Orli gesagt, daß er dazu eingeladen ist, mich auf einem Ausflug zu begleiten." Sie sah zu mir und ich lächelte ihr zu. "Ihr seid beide eingeladen, meinen Onkel und mich morgen zu begleiten."
 

Elijah sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen fragend an und wandte sich dann an Steve. "Was ist mit dir, Steve? Angelst du?"
 

"Nein." Eine flache, kurze Antwort. Sein Tonfall ließ darauf schließen, daß etwas wie Angeln unter seiner Würde war. Ich zweifelte nicht daran, daß es zu seinen Hobbies gehörte, kleinen Kindern die Süßigkeiten wegzunehmen und Hundebabys zu treten.
 

Hör auf, Orli, tadelte ich mich in Gedanken selbst. D u kennst den Kerl noch nicht mal!
 

"Also, was ist?" drängelte Victoria. "Seid ihr dabei?"
 

"Hört sich cool an," antwortete Elijah. "Stimmt's, Orli?"
 

Ich wünschte, der Sessel würde mich verschlucken. Wie stark würde Elijah mich nur auslachen, wenn er wüßte, daß ich sie bereits gefragt hatte, ob wir etwas zusammen unternähmen, nur um herauszufinden, daß sie verlobt war. Es würde mir weniger ausmachen, wenn nur Torrie hier wäre und vielleicht hätten wir uns noch etwas über ihre Arbeit und über meinen Sturz am Pier lachen können. Aber Steve war hier, und ich konnte mir nur vorstellen, was sie ihm über mich erzählt hatte und ob sie darüber lachten, daß ich sie gefragt hatte, und ich wußte verdammt noch mal nicht, warum ich mir darüber überhaupt Gedanken machte. Es war ja nicht so, daß ich überhaupt an Torrie interessiert war - sie war ja noch nicht mal mein Typ! Aber trotzdem fühlte ich mich unbehaglich und verlegen und wollte da irgendwie raus und da kam Elijah an und entschied, daß ich den nächsten Tag mit ihr verbringen sollte. Verdammt, verdammt, verdammt.
 

"Ich sehe da hinten einen Kunden von mir," sagte Steve plötzlich. "Bin gleich zurück, Babe."
 

Babe. Innerlich kicherte ich vor mich hin, als Steve Torries Wange küßte und ohne Elijah und mich eines weiteren Blickes zu würdigen davonging. Ich bemerkte, daß Elijah ihm ebenfalls nachsah und seinen Blick dann sofort wieder zu Torrie ging. Ich war gespannt, was jetzt kommen würde. Bei Elijah wußte man nie so genau. Manchmal war er einfach entwaffnend ehrlich.
 

"Also, wie lang seid ihr schon zusammen?"
 

"Etwas über ein Jahr," antwortete Torrie. Ihr Blick wanderte fast nervös über uns hinweg. Sie spielte mit einem weggeworfenen Strohhalm, den sie um ihre Finger wickelte. "Er ist Makler. Sehr klug. Spielte im College Football."
 

"Wirklich?" Ich versuchte, mich interessiert und erstaunt zu geben. Ich glaube, es hat nicht funktioniert, denn sie sah mich seltsam an, sagte aber nichts.
 

"Kommt ihr zwei öfter hierher?" fragte Elijah, während er Torrie ruhig musterte.
 

Sie schüttelte den Kopf. "Nein. Steve haßt Tanzen. Ich glaube, er hat heute nur einen guten Abend." Sie lächelte mich schnell an. "Nicht, daß er tanzen würde, aber die Atmosphäre ist gut."
 

"Orli wird mit dir tanzen."
 

Lieber Lij, wenn der Abend vorüber ist, bringe ich dich um. Gezeichnet Orli.
 

Ich warf ihm meinen finstersten Blick zu, aber er schien mich einfach zu ignorieren oder hatte den Blick aufgefangen und tat einfach so, als wäre er nicht da. Alles was ich wußte, war, daß Steve ankommen und mich niederschlagen würde, wenn er mich beim Tanzen mit Torrie erwischen würde. Sogar sie schien zu zögern und sah Elijah unsicher an.
 

"Ich glaube nicht, daß - "
 

"Ach komm schon," unterbrach Elijah mich. "Orli war schon den ganzen Abend pingelig und hat noch mit niemandem getanzt und du bist extra hierher gekommen, obwohl du wußtest, daß daraus nichts wird. Wo liegt für euch beide das Problem?"
 

Ich würde ihn umbringen. Wirklich. Aber jetzt konnte ich Torrie nicht einfach so da sitzen lassen, so total unwohl und bereit, davonzulaufen. Vielleicht wäre morgen doch ein guter Zeitpunkt, um angeln zu gehen. Dann könnte ich Elijah als Köder benutzen. Keiner würde ihn vermissen. Tagelang nicht. Ich glitt aus meinem Sessel und trat an Torries Seite.
 

"Komm, Süße. Bevor Lij auf weitere tolle Ideen kommt."
 

Sie lächelte, nahm meine Hand und ließ sich von mir auf die Tanzfläche ziehen. Natürlich war Nelly Furtados ,I'm like a bird' zuende, als wir sie erreichten und wurde sofort abgelöst durch ,Unstoppable' von The Calling. Also mußte ich sie an mich heranziehen und festhalten, als wir uns langsam zur Musik bewegten und ich haßte die Tatsache, daß sie größenmäßig genau zu mir paßte. Heute abend roch sie würzig, doch trotzdem war noch die kleinste Prise Kokosnuß an ihr, und ihr Haar war so unglaublich weich an meiner Wange.
 

"Come and lay right on my bed, sit and drink some wine

I'll try not to make you cry
 

And if you'd get inside my head, then you'd understand

Then you'd understand me
 

Why I've felt so alone, why I kept myself from love

And you became my favourite drug
 

So let me take you right now and swallow you down

I need you inside"
 

Ich fing an, dieses Lied zu hassen.
 

"If we had this night together
 

If we had a moment to ourselves
 

If we had this night together, then we'd be
 

Unstoppable"
 

Für einen Augenblick schien Torrie sich zu entspannen und legte ihren Kopf auf meine Schulter. Ich hielt sie etwas fester und erlaubte mir, es etwas mehr zu genießen. Alles in allem war es nur ein harmloser Tanz. Nichts, worüber man sich aufregen mußte. Sie war verlobt und ohnehin nicht mein Typ, sicher konnten wir gut miteinander auskommen und ich war gern in ihrer Gesellschaft, aber das war nur eine langsam wachsende Freundschaft und Freunde können doch miteinander tanzen, ohne darüber großartig nachdenken zu müssen. Stimmt's?
 

Ich lehnte meinen Kopf gegen ihren und verlor mich allmählich in dem Lied und in meinen Gefühlen für sie. Ich kann nicht wirklich sagen, wie ich mich fühlte, aber es war sehr friedlich. Nur für einen Augenblick gab es keinen Druck, keine Sorgen, nur wir zwei, die wir uns zur Musik bewegten, keine Gespräche, kein Grund, Eindruck zu schinden. Ich schloß meine Augen und fühlte, wie ihr Herz gegen das meine schlug - oder war es der Baß der Musik?
 

"Do you think that this is right, or is it really wrong
 

I know that this is what I've been wanting
 

And all this is burning in my soul, it fills up to my throat
 

It fills up till my heart is breaking"
 

"Du tanzt gut," sagte Torrie an meinem Hals.
 

Ihre Stimme war etwas heiser, weich. Ich mochte sie. Ich öffnete meine Augen, um etwas zu antworten - wißt ihr, so was kluges wie zwei linke Füße oder etwas ähnlich dummes - aber ich sah, wie Steve uns beobachtete, und alles, was ich sagen wollte, war vergessen. Er starrte uns wütend an und sah ziemlich verärgert aus. Was hatte der Typ für ein Problem? Etwas in mir wollte ihr meine Hände auf den Hintern legen, aber ich glaube, das wäre bei Torrie nicht so gut angekommen. Also ließ ich davon ab und warf Steve indessen ein widerlich süßes Lächeln zu. Elijah tauchte neben ihm auf und sagte etwas, wahrscheinlich erklärte er, wie sehr Torrie hatte tanzen wollen und daß ich mich dazu bereit erklärt hatte und wahrscheinlich stellte er es so dar, als wäre das alles meine Idee gewesen. Mann, sie war doch nicht sein Eigentum, warum also dann die bösen Blicke? Ich beschloß, das zu ignorieren, schloß meine Augen wieder und verlor mich wieder in der Musik und dem Gefühl, diese sehr weiche Frau bei mir zu haben.
 

"Now, we both can learn
 

Somehow, you'll see it's all we have
 

Love, it keeps us together
 

And I need love"
 

Das hätte ich nicht tun sollen. Das nächste, was ich sah, war Steve neben uns, seine Hand auf Torries Arm, während er mir diesen ,Ich bin größer als du, als paß besser auf, Arsch'-Blick zuwarf, und ich hätte ihn wirklich gerne verprügelt, aber ich wußte, daß ich dabei nur mich selbst verletzen und am Ende wie ein totaler Idiot da stehen würde.
 

"Komm, Babe. Wir müssen gehen," erklärte Steve und zog sie von mir weg.
 

Total unhöflich, wenn ihr mich fragt. Sogar Torrie warf mir einen entschuldigenden Blick zu und alles was ich tun konnte, war ihr zuzulächeln. Jetzt hatte ich erst recht vor, mit ihr auf den Angeltrip zu gehen.
 

"Um wieviel Uhr morgen?" fragte ich, bevor er sie von der Tanzfläche ziehen konnte.
 

Steve guckte wütend. Torrie lächelte. "Vier Uhr."
 

"Morgens?" quietschte ich ungläubig.
 

Sie nickte lächelnd, bevor sie in der Menge verschwand.
 

Beschissene vier Uhr morgens? Ach, Scheiße.
 

***
 

Als ich Elijah sagte, wann wir morgen da sein müßten, sah er aus, als würde er einen Schlaganfall bekommen. Dann erklärte er mir, ich würde ihn anlügen. Dann wollte er wieder absagen. Ich hatte damit kein Problem. Ich würde hingehen, egal was kommen würde, nur, weil ich wußte, daß Steve mitgehen würde, den Blicken nach zu urteilen, die er mir auf der Tanzfläche zugeworfen hatte.
 

Da stand ich also um vier Uhr an diesem Morgen, neben mir ein schläfriger Elijah, auf dem Kai vor der ,Dolphin's Cry'. Vor uns waren bereits einige Angler, die das Boot betraten. Es war immer noch stockdunkel und vom Meer her kam eine kalte Brise. Ich hörte die Seelöwen aus der Ferne brüllen und den ganzen Pier auf und ab wurden Schiffsmotoren gestartet.
 

"Ich brauche Kaffee," gähnte Elijah neben mir.
 

"Du hattest gerade einen."
 

"Ich brauche mehr."
 

"Komm schon, daran solltest du gewöhnt sein. Denk dir einfach, du kriegst jetzt deine Hobbit-Füße angezogen."
 

"Ugh." Elijah zog eine Grimasse. "Ich schlafe im Auto."
 

"Nix da." Ich griff ihn am Arm und zog ihn mit mir. Onkel Tony stand am Rand des Stegs und zog seine dunklen Augenbrauen hoch, als wir uns näherten.
 

"Na, her für noch eine Schwimmlektion?"
 

"Lieber nicht," antwortete ich. Elijah gähnte wieder. "Torrie hat uns eingeladen."
 

"Sie ist in der Kabine," sagte Tony und nickte uns an Bord. Er sah zu Elijah. "Zieh ihm besser eine Rettungsweste an, nur für den Fall, daß er schlafend ins Wasser fällt."
 

"Würde ihm recht geschehen," erklärte ich zu Tonys Erheiterung, als ich Elijah über den Rand des Bootes zog. Sofort fand er eine Bank und ließ sich darauf fallen, lehnte den Kopf zurück und schloß die Augen.
 

"Weckt mich, wenn wir Fische finden," rief er mir zu, als ich wegging.
 

Als ich die Kabine betrat, sah ich Torrie auf dem Kapitänssessel sitzen, während sie den Motor anwarf und hier und dort ein paar Schalter umlegte. "Hey," rief ich ihr zu.
 

Sie sah über die Schulter und lächelte. "Hey zurück. Bin überrascht, daß du es geschafft hast."
 

Ich trat zu ihr. "Was? Dachtest du, wir Hollywood-Typen schlafen den ganzen Tag und feiern die ganze Nacht?"
 

"Ist das nicht so?"
 

Ich lachte. "Denkst du. Aber Lij und ich sind gestern abend um etwa halb zwölf gegangen, damit wir dich in dieser gottlosen Stunde am frühen Morgen treffen können."
 

"Ah, aber du bist allein nach Hause gegangen?"
 

"Autsch!" Ich legte meine Hand in gespieltem Schmerz auf mein Herz. "Das tat weh."
 

"Und?"
 

Ich ließ den Kopf hängen. "Leider ja."
 

Torrie lachte. "Armes Kind! Keine Auswahl oder ständige Ablehnung?"
 

"Ja." Grinste ich.
 

Kopfschüttelnd glitt Torrie aus dem Sessel und kam zu mir. Ich runzelte die Stirn, als sie dies tat, ergriff sie am Arm und hielt sie an. Sie sah mich verwirrt an, als ich ihre linke Wange berührte, auf der im schwachen Licht ein dunkler Bluterguß zu sehen war.
 

"Wie zur Hölle hast du denn den bekommen?" fragte ich.
 

Torrie lächelte. "Du kennst mich doch. Schussel. Ich habe heute morgen verschlafen und als ich mich beeilt habe, aus dem Bett zu kommen, habe ich mich in den Laken verfangen und bin auf den Nachttisch gefallen. Toll, huh?"
 

Ich verzog das Gesicht und schüttelte den Kopf. Hast du eine Lebensversicherung? Du brauchst eine."
 

"Yeah, na ich versuche, mich von Autobahnen und so fernzuhalten."
 

"Auch gut."
 

Ich folgte ihr aus der Kabine wieder an Deck, wo sich die letzten Passagiere versammelt hatten. Die Mannschaft war damit beschäftigt, die Leinen zu lösen und den Anker zu lichten, während Tony an uns vorbei in die Kabine ging und in dem Sessel Platz nahm, den Torrie gerade verlassen hatte. Ich stolperte etwas, als sich das Bot vom Pier weg bewegte, wartete ein wenig, bis sich meine Körper an die Schiffsbewegungen gewöhnt hatte und ging dann zu Torrie, die neben Elijah Platz genommen hatte.
 

"Habt ihr Kaffee?" fragte er Torrie, als ich mich neben sie setzte.
 

"Tut mir leid, mein Lieber. Onkel Tony und ich können Kaffee nicht ausstehen. Ich habe Cola, wenn du magst."
 

"Später vielleicht." Er schloß die Augen.
 

"Ah, einundzwanzig und faul dazu," scherzte sie, woraufhin Elijah kurz ein Auge öffnete und sie ansah und es dann ohne zu reagieren wieder schloß.
 

Ich lehnte mich zurück und verlor mich in dem Geräusch der Motoren und dem Schäumen des Wassers, als das Boot es durchrauschte. Um uns herum war alles dunkel, als ob wir uns durch ein großes Nichts bewegen würden, und ich vermied es, auf Wasser zu schauen, denn es erschien mir bedrohlich, so schwarz wie es war. Torrie neben mir war genauso still, ihr Blick war auf Wasser gerichtet und schweifte nur ab, als wir an der Felseninsel mit den sehr lauten Seelöwen vorbeifuhren. Verstohlen musterte ich ihr Profil im heller werdenden Licht und dachte mir wieder einmal, daß sie hübscher war, als ich bei unserem ersten Treffen dachte. Sie hatte ein jugendliches Äußeres, aber jetzt, wo ihre Gedanken abschweiften, bemerkte ich einen dunklen Schatten, einen gehetzten Ausdruck in ihren Augen flackern. Diese Erscheinung ließ mich schaudern und ohne nachzudenken streckte ich meine Hand aus und umschloß ihre. Sie reagierte nicht, wandte sich nicht zu mir, sondern drückte nur meine Finger, ihr Blick aufs Meer gerichtet. Innerlich seufzte ich erleichtert. Ich weiß nicht, was mich dazu bewogen hatte, sie so anzufassen, und ich hätte sicherlich auch nicht gewußt, was ich hätte sagen sollen, wenn sie mich gefragt hätte. Torrie schien mich besser zu kennen als ich mich selbst und sagte nichts darüber.
 

Die Sonne fing an, über dem Horizont aufzugehen und warf ihr Licht auf den nun blauen Ozean, als das Fischerboot schließlich langsamer wurde und die Passagiere um uns herum damit anfingen, ihre Angelruten vorzubereiten und Päckchen mit Ködern und Gewichten hervorzogen. Torrie zog ihre Hand von meiner fort - ich weiß nicht, wie lang ich sie gehalten hatte, aber Elijah hatte es gesehen und eine Augenbraue hochgezogen, was ich ignorierte - und stand auf.
 

"Bin gleich zurück." Sie verschwand in Richtung Bug.
 

Elijah rutschte zu mir und ich erwartete das unvermeidliche.
 

"Was war das denn?"
 

"Was war was?" fragte ich unschuldig.
 

"Du hast ihre Hand gehalten. Die Hand einer verlobten Frau."
 

Also ob ich das nicht wüßte. Ich zuckte mit den Schultern. "Das war nichts, Lij. Nur zwei Freunde, die sich an den Händen gehalten haben."
 

"Wo wir gerade dabei sind, wann genau seid ihr eigentlich ,Freunde' geworden?"

Ich seufzte. "Lij - "
 

"Offensichtlich habe ich da irgendwas irgendwo verpaßt. Ich meine, du hast nicht gerade überrascht ausgesehen, als sie uns letzte Nacht ihren Verlobten vorgestellt hat."
 

"Mußt du nicht noch etwas weiterschlafen?" fragte ich gereizt.
 

Elijah lachte. "Ja, Mann. Hab verstanden. Ich hör ja schon auf. Dann warte ich halt bis nächste Woche, wenn die anderen da sind."
 

Bei dem Gedanken verzog ich das Gesicht. Toll. Vier Hobbits, die mich mit Fragen über die verlobte Frau löchern würden, deren Hand ich gehalten und mit der ich im Club getanzt hatte und an der absolut nichts war, was mich sonst zu Frauen hinzog, außer daß sie sehr süß war. Ich mag Blondinen, sie war brünett. Ich wollte jemanden, der mich brauchte, Torrie machte einen ziemlich unabhängigen Eindruck auf mich. Es machte nur Sinn, daß ich letztlich bei jemandem aus dem ,Business' landen würde, Torrie war so weit weg von Hollywood, wie man es nur sein konnte. Ich redete mir ein, daß ich nur daran interessiert war, sie kennenzulernen, weil sie ein so komplett anderes Leben als ich führte und ich sehen wollte, wie das war. Außerdem hatte sie mich dazu eingeladen. Sie könnte mich genauso gut ohne ein Wort gehen lassen, und das wäre es dann gewesen.
 

Gott, so langsam wurde ich wehrhaft und begann, mit mir selbst zu streiten. Wen interessierte es, wenn Torrie und ich Freunde wurden? Sie war cool und es war lustig, mit ihr abzuhängen. Fuck.
 

"Hey ihr zwei!" Ich sah hoch zu Torrie, die uns vom Bug des Bootes zuwinkte.
 

Elijah sprang vor mir auf, wodurch ich fast gestolpert wäre und weswegen ich ihm einen bösen Blick zuwarf, den er übersah, und wir gingen zum Bug zu Torrie. Sie reichte jedem von uns das Ende einer Angelrute, deren Leinen schon tief im Wasser hingen. Ich lugte über die Reling und hielt die Rute neben mir.
 

"Wir sind jetzt etwa bei einer Tiefe von hundert Fuß," erklärte mir Torrie und lehnte sich vor, um meinem Blick zu folgen.
 

"Du meinst, ich muß hundert Fuß Angelschnur wieder aufspulen?" rief Elijah unglücklich.
 

Torrie lachte. "Wenn was anbeißt, ja."
 

"Oh Scheiße." Er steckte das Ende seiner Angel in eine Halterung und lehnte sich gegen die Reling , die Hände in den Hosentaschen seiner Jeans. Ich sah zu Torrie und wir grinsten uns an.
 

Die nächsten Stunden gingen schneller vorbei, als ich gedacht hätte. Ich hatte drei mal etwas an der Angel, was Rekord war, wogegen Elijah keinen einzigen Biß an seiner Angel hatte. Ich weiß nicht, ob er darüber letztendlich froh oder traurig war. Beim ersten Biß half mir Torrie noch und legte ihre Arme gelegentlich um mich, um den Druck auf der Angel zu verstärken oder zu verringern. Sie griff sich den Käscher, als der Fisch sich der Wasseroberfläche näherte, und brachte ihn geschickt aufs Boot. Ich war von mir selbst beeindruckt, als sie verkündete, daß es bis jetzt der größte Fang des Tages sei und er sechsundzwanzig Pfund wog. Nicht, daß ich viel damit zu tun hatte, außer die Angel zu halten. Ich verstand nicht, warum die Leute dies als Sport betrachteten. Und als ich fragte, ob wir ihn wieder zurückwerfen könnten, grinste Torrie mich an und für einen Moment dachte ich, sie würde es auch tun, aber dann kam Onkel Tony, nahm ihn uns weg und gab mir einen Klaps auf den Rücken und sagte mir, ich müsse noch zwei fangen. Torrie zuckte mit den Schultern und als sie an mir vorbeiging, flüsterte sie mir zu, daß, wenn wir einmal allein hier draußen wären, wir den ganzen Tag damit verbringen könnten, die kleinen Scheißerchen frei zu lassen. Ich lachte. Ich hatte mich warmgelaufen und fing noch zwei Fische, diesmal ohne Torries Hilfe. Ich wollte sie weggeben, denn ich hatte nicht die leiseste Idee, wie ich sie zubereiten sollte, aber Elijah erinnerte mich daran, daß Dom, der Ex-Koch der Gruppe, nächste Woche in der Stadt sei und er für uns alle ein nettes Essen kochen könnte. Ich konnte es kaum abwarten, sein Gesicht zu sehen, wenn ich ihm sagte, daß ich sie selbst gefangen hatte.
 

Zwischen meinen beeindruckenden Phasen als Fischer - kleiner Scherz am Rande - unterhielten Torrie, Elijah und ich uns nett. Elijah und ich brachten sie mit Geschichten über unsere Späße in Neuseeland zum lachen und sie erzählte uns ebenso lustige Dinge über ein paar frühere Passagiere auf dem Boot. Bald begann Elijah sie mit Fragen über ihren Job zu löchern, etwa so, wie ich es ein paar Tage früher getan hatte, und Torrie wurde in ihren Antworten bald lebhaft. Ich bemerkte bald, daß es liebte, ihr zuzusehen, wenn sie über ihre Arbeit sprach, die Liebe zu den Tieren schien in ihren Augen und ihrem Lächeln zu leuchten. Ich wurde still, als ich zuhörte, wie sie und Elijah über Südkalifornien und von Orten sprachen, die ich noch nie gesehen oder von denen ich noch nie gehört hatte. Sie fanden sogar heraus, daß sie ein paar gemeinsame Freunde hatten und ich bemerkte, daß ich eifersüchtig darüber war, daß er mit ihr soviel gemeinsam hatte und ich nicht.
 

Nein. Wartet. Es war nicht Eifersucht. Es konnte gar nicht Eifersucht sein. Das hätte ja gezeigt, daß ich an ihr mehr interessiert war als nur an ihr als Freundin, und so war es nicht. Sie war verlobt. Und sie war nicht das, was ich wollte. Ich war nicht eifersüchtig. Ich fand es nur ärgerlich, daß ich mich eigentlich mit ihr anfreunden wollte, Elijah aber so viel mit ihr gemeinsam hatte. Sie sprachen sogar über sein Remake von ,Flipper' und ich wußte nicht, was ich sagen sollte, außer, daß ich es einmal gesehen hatte, als wir in Neuseeland alle damit beschäftigt gewesen waren, die Filme der jeweils anderen zu sehen. Abgesehen davon bin ich kein eifersüchtiger Typ. Sogar wenn Torrie und ich uns verabredeten. Was wir nicht taten. Oder nie würden. Verdammt. Warum war ich nur so davon besessen?
 

Elijah fragte sie schließlich nach dem Bluterguß auf ihrer Wange und nach einer urkomischen Schilderung ihres Sturzes aus dem Bett erzählte er ihr im Gegenzug etwas über unsere Verletzungen beim Dreh von ,Herr der Ringe'. Letztendlich verglichen wir unsere Narben was irgendwie zu Tattoos führte, und ich war überrascht zu sehen, daß Torrie einen Delphin an derselben Stelle hatte wie ich meine Sonne, schräg rechts unter dem Bauchnabel. Elijah, ganz Elijah, bemerkte, daß sie einen schönen Bauchnabel habe, und ich schwöre, daß Torrie rot bis zu den Ohren wurde, bevor sie ein schnelles ,Danke' murmelte. Ich wollte wissen, warum er ihr auf den Bauchnabel guckte, aber ich hielt mich zurück, ihn in ihrer Gegenwart zu fragen.
 

Etwa um die Mittagszeit kehrten wir wieder an den Pier zurück Ich wollte noch nicht gehen und selbst Elijah schien noch bleiben zu wollen, während die anderen Passagiere von Bord gingen. Tony kam zu uns, klopfte mir hart auf den Rücken und gratulierte mir dazu, den größten Fang gehabt zu haben, dann warf er Elijah einen mitleidigen Blick, der mich zum Lachen brachte. Torrie, die die letzte halbe Stunde verschwunden gewesen war, kam schließlich vom Bug zu und uns reichte mir einen Sack, den ich fast fallen ließ, weil er so schwer war.
 

"Dein Fang, du Meisterangler," erklärte sie mir lächelnd. "Ich habe sie ausgenommen und filetiert. Du brauchst sie nur noch zu kochen."
 

"Verzeihung, Dom wird sie kochen," antwortete Elijah und spähte in den Sack.
 

"Danke, Torrie." Was sollte ich sonst sagen? Hey, ich würde dich gerne wiedersehen, aber ich bin mir nicht sicher, ob dein Verlobter das gut fände. Nein, das würde nicht funktionieren. Aber überlaßt das nur Elijah...
 

"Du solltest nächste Woche zum Essen zu uns kommen," schlug mein stets-vertrauenswürdiger junger Hobbit ihr vor, ganz Unschuld und Grazie. "Du könntest die Jungs kennenlernen und mir helfen, sie davon zu überzeugen, daß Orli die hier wirklich allein gefangen hat."
 

Ich wußte nicht, ob ich wollte, daß sie ja oder nein sagte. In Wirklichkeit hielt ich den Atem an, als wir auf die Antwort warteten. Sie schien einen langen Augenblick darüber nachzudenken und lächelte dann.
 

"Steve wird auf Geschäftsreise und nicht in der Stadt sein, das sollte gehen." Ich atmete wieder. "Natürlich will ich nicht stören..."
 

Wir versicherten ihr beide schnell, daß sie keineswegs stören würde. Elijah gab ihr seine Telefonnummer (Verdammt mutig! Warum hatte ich nicht daran gedacht?), und dann, ganz Gentleman, bot ich ihr an, sie an diesem Abend von ihrer Arbeit abzuholen und sie zu Elijah mitzunehmen, damit sie nicht versuchen mußte, seinen mehr als schlechten Wegbeschreibungen zu folgen. Ich hatte mich durch sie schon zwei Mal verirrt.
 

"Das wäre schön, Orli," antwortete Torrie und schenkte mir ein Lächeln. "So lang es keine Umstände macht."
 

"Sollte es nicht," antwortete Elijah bevor ich etwas sagen konnte und ich biß die Zähne zusammen, wissend, daß jetzt irgendeine dumme Bemerkung kommen würde. Er ließ mich nicht im Stich. "Orli kann gut Frauen aufreißen."
 

Torrie lachte und ich lächelte ein wenig, in der Hoffnung, daß sich meine Verlegenheit nicht zeigen würde. Elijah stieß mir seinen Ellbogen in die Rippen und warf dann seine Arme um Torrie, um sie zu umarmen und ihr für den Spaß zu danken.
 

Ich blieb etwas zurückhaltender und lächelte sie nur an. "Danke nochmals, Torrie. Es war... eine Erfahrung."
 

"Wenigstens bist du nicht hineingefallen," neckte sie.
 

"Naja, ich bin noch nicht an Land, oder?"
 

Sie lachte. "Auf wiedersehen, Orli. Bis nächste Woche."
 

"Bye, Süße."
 

Still und nachdenklich folgte ich Elijah zurück zum Auto. Er sagte auch nichts, bis wir die Türen schlossen.
 

"Scheiße sowas, oder?"
 

Ich sah zu ihm als er den Schlüssel ins Zündloch steckte und den Motor anließ. "Was denn?"
 

"Solche Frauen sind immer vergeben."
 

Ich sagte nichts. Ich wollte nicht. Ich versuchte mir vorzustellen, mich mit Steve und Torrie anzufreunden. An der Bar abzuhängen oder sie zum Essen zu treffen oder sie zu einer Premiere einzuladen.
 

Ich versagte kläglich.

Kapitel 4
 

oh yeah, we meet again

it's like we never left

time in between was just a dream

did we leave this place?

The Dolphin's Cry - LIVE
 

Ich liebe einkaufen. Komisch für einen Kerl, ich weiß. Aber meine Schwester hat mich darauf gebracht, sie pflegte mich immer auszustatten und so weiter und ich erkannte, wie sehr man sich durch Kleidung ausdrücken kann. Und glaubt mir, ich kann nichts besser, als mich durch meine Kleidung auszudrücken. Manchmal bekomme ich ein ,Orli, bist du sicher, daß du das zu dem Event tragen willst?' zu hören, aber dann lächele ich nur, wofür ich entweder ein Augenrollen der einen verzweifelten Seufzer ernte. Ich liebe die Hemden, die ich zu den Premieren von ,Die Gefährten' getragen habe, obwohl sie mir die Augen verdrehten, als ich sie mir im Spiegel betrachtet habe. Sie waren mehr als cool. Und dadurch hat man mich bemerkt. Ich sehe mich selbst nicht als bemerkenswerte Person. Ich meine, in Wahrheit sehe ich ziemlich durchschnittlich aus. Schlammbraunes Haar, braune Augen, durchschnittliche Größe, durchschnittlicher Körperbau. Nichts außergewöhnliches. Ja, ich weiß. Da gibt es Leute, die dagegensprechen würden. Ich habe die Artikel in den Magazinen gelesen, Leute, die mich sexy und gutaussehend nennen und so ein Unsinn. Ich sehe mich einfach nicht so. Daher die Klamotten.
 

Hier bin ich also, von mir selbst denkend, daß ich ziemlich gut darin bin, für ein Ereignis die perfekte Kleidung rauszusuchen. An jenem Abend bei Elijah mit den Jungs und Torrie konnte ich mich absolut nicht entscheiden, was ich anziehen sollte. Verrückt, oder? Sollte ich bei den gewöhnlichen Jeans und T-Shirt bleiben? Oder eines meiner Hemden anziehen? Oder die Jeans gegen eine Dockers-Hose eintauschen? Ich fing an, auf meinen Fingernägeln rumzukanbbern, als ich weiter in den Spiegel starrte. Fuck.
 

Wenn ich mich nicht bald entscheiden würde, würde es zu spät sein. Ich sollte Torrie um sechs vor dem Marine Mammal Center abholen. Es war fast halb sechs. Dom und Billy waren gestern eingeflogen und blieben bei Elijah. Ich konnte es kaum erwarten, sie alle wiederzusehen. Sean hatte versprochen, auch zu kommen. Ich denke, er brachte Christine mit. Zumindest würde sich Torrie als einzige Frau dort nicht seltsam vorkommen, obwohl ich das nicht dachte. Sie schien sich auf einem Boot voller Fischer wohl zu fühlen, und ich nehme an, sie könnte sich auch mit vier Hobbits und einem Elb wohl fühlen. Ich grinste mein Spiegelbild an. Ich fragte mich, wie sie damit wohl umgehen würde, wenn wir uns alle so benahmen?
 

Scheiße. Ich gab es auf, darüber nachzudenken, was ich anziehen sollte und ging mit dem, was ich an hatte, Jeans und T-Shirt, über das ich eine blaue Jacke zog. Da, entspannt und ganz anders, als Torrie mich kannte. Yeah, wie auch immer. Ich schwöre, der LA Smog setzte mir zu.
 

Als ich vor dem Marine Mammal Center vorfuhr, stand Torrie schon draußen und unterhielt sich mit dem Sicherheitsmann, den ich neulich getroffen hatte. Sie winkte mir rasch zu, sagte noch etwas zu dem Mann neben ihr und kam dann zum Auto. Sie trug weiße Caprihosen, ein passendes Oberteil und Riemchensandalen. Sie sah bezaubernd aus. Ich runzelte die Stirn. Ich müßte die Hobbits mit einem Stock von ihr fernhalten. Ich wischte den Gedanken beiseite, als sie sich durch das Fenster lehnte.
 

"Du bist spät dran," neckte sie mich lächelnd.
 

Ich glaube, ich hätte so etwas Kluges sagen sollen wie ,Ein Schauspieler ist niemals zu spät, Torrie Adams. Oder zu früh. Er kommt genau dann, wenn er es für richtig hält' aber das schien mir mehr Elijahs Art zu sein als meine. Statt dessen zuckte ich mit den Schultern. "Yeah. Tut mir leid."
 

Sie öffnete die Tür und glitt auf den Sitz. Ich sah sie weiterhin an und war innerlich froh darüber, daß der Bluterguß auf ihrer Wange so weit verblaßt war, daß man genau hingucken mußte, um ihn zu finden. Irgendwas an ihm störte mich. Vielleicht gefiel mir der Gedanke einfach nicht, daß sie Schmerzen hatte ertragen müssen. Torrie rutschte auf dem Sitz herum, bis sie leicht zu mir gewandt saß. Ich legte den Gang ein und fuhr los zu Elijah.
 

"Beschäftigte Woche?" fragte Torrie und sah mich mit einem nachdenklichen Blick an.
 

Ich zuckte mit den Schultern. "Meetings mit meiner Agentin, Interviews wie immer. Warum?"
 

"Du bist nicht unerwartet ins Center gekommen."
 

Ich sah sie an. "Das war ziemlich dumm von mir."
 

Schnell schüttelte sie den Kopf. "Nein, Überhaupt nicht. Ich war froh, das du vorbeigekommen bist." Sie machte eine Pause, als ob sie ihre nächsten Worte abwägen würde. "Ich fürchtete, ich würde dich nicht mehr sehen."
 

Schau auf die Straße, Orli, mußte ich mir immer wieder sagen, aber trotzdem sah ich wieder zu ihr. "Wirklich? Also hast du die Klamotten deines Onkels doch unbedingt wiederhaben müssen?"
 

Torrie lachte. "Nein." Sie zuckte mit den Schultern. "Es ist nur... nun, du und Elijah schienen sehr nett, das ist alles."
 

Ich und Elijah. Toll. Nun, was hatte ich erwartet? Was hatte ich hören wollen? Ich erlaubte mir nicht, darüber noch weiter nachzudenken.
 

Ich mußte wirklich die Rothaarige noch mal anrufen.
 

Wir unterhielten uns, bis wir Elijahs Haus erreichten. Ihr wißt schon, das Wetter und wie schlimm der Verkehr in LA war und die neusten Filme in den Kinos. Dann berichtete mir Torrie von den neusten Ereignissen bei ihrer Arbeit und von der Robbe, die sie Anfang der Woche gefunden hatten. Sie hatte ihn schon Bob genannt - darüber mußte ich ziemlich kichern - und wie unglaublich klug er war und wie gut er sich an die Behandlung durch Menschen gewöhnt hatte. Ich konnte nicht anders, als mir vorzustellen, daß Torrie sich in eine Meerjungfrau verwandeln und im Meer verschwinden und nie wieder an Land zurückkommen würde, wenn sie nur die Gelegenheit dazu hätte. Nun, das war dann doch etwas phantasievoll von mir, oder?
 

Als wir bei Elijah vorfuhren, sprang ich schnell aus dem Auto und erreichte die Beifahrerseite, um Torries Tür zu öffnen, bevor sie es tun konnte. Sehr galant von mir, eh. Ich nahm sogar ihre Hand und half ihr hinaus. Natürlich war das dumm, denn so erinnerte ich mich wieder, wie weich und klein ihre Hände waren und daß ich sie nicht loslassen wollte, auch wenn ich fühlen konnte, wie sich dieser verdammte Diamant in meine Handfläche bohrte. Das sah dem guten alten Steve ähnlich, ihr etwas so unoriginelles zu schenken. Ich an seiner Stelle hätte etwas mit Saphiren oder so gewählt, in einer Platinfassung mit... Himmel, Orli! Was denkst du nur?!
 

"Orli ,stimmt etwas nicht?"
 

Ich schreckte aus meiner Abwesenheit auf und bemerkte, daß ich ziemlich grimmig geguckt haben mußte. Ich zwang mein Stirnrunzeln in ein Lächeln. "Nein. Entschuldige. Mir ist nur gerade eingefallen, daß ich noch etwas hätte erledigen müssen," log ich.
 

"Oh."
 

Die Tür öffnete sich, als wir gerade die Veranda erreicht hatten und Elijah warf sich Torrie entgegen, eine Flasche Bier in der einen und eine Zigarette in der anderen Hand. "Ihr seid gekommen!"
 

Torrie stolperte etwas zurück und warf mir einen Blick zu, der ,In was bin ich da nur hineingeraten?' zu schreien schien, aber sie umarmte Elijah im Gegenzug und lachte. "Natürlich bin ich gekommen. Glaubst du, ich habe das nur gesagt, um dich von meinem Boot und aus meinem Blickfeld zu kriegen?"
 

Elijah tat so, als hätte er darüber nicht nachgedacht. "Hey Orli." Er nickte mir kurz zu, bevor er sich Torries Hand griff und sie ins Haus zog. Und dann begann die Bekanntmachung.
 

Offensichtlich hatte Elijah schon jedem von Torrie erzählt, denn sie bestürmten sie sofort mit Fragen über ihre Arbeit, das Boot ihres Onkels und wie unterhaltsam es gewesen sein mußte, ich ins Wasser zu werfen. Ich zeigte demjenigen, der diesen Kommentar gebracht hatte - ich glaube, es war Dom - meinen Finger und ging dann in die Küche, um mir ein Bier zu holen. Elijah kam mir nach, trank die Flasche aus, die er gerade in der Hand hatte, warf sie in den Müll und griff nach einer neuen. Ich starrte sehnsüchtig auf seine Zigarette und wünschte mir, ich hätte nicht aufgehört. Oh Mann. Fingernägel waren nicht so lecker, wie ich gedacht hatte.
 

Er hüpfte auf die Anrichte. "Ich habe Billy und Dom gewarnt, daß sie verlobt ist."
 

"Das ist gut." Ich nahm einen Schluck von dem Bier und verzog das Gesicht während ich mir wünschte, ich hätte statt dessen ein Glas Scotch.
 

"Wo wir gerade dabei sind, dachte ich, ich erinnere dich auch noch mal daran."
 

Ich prustete und erstickte beinahe an dem Schluck, den ich gerade genommen hatte. "Wie bitte?"
 

"Du hast richtig gehört." Er nahm einen langen Zug und schaute mich schweigend an, während ich mit meinem Handrücken das Bier von meinem Mund wischte. Ich starrte ihn nur an. "Ach, komm schon, Orli. Ich hab gesehen, wie du ihre Hand auf dem Weg zur Tür gehalten hast."
 

"Das heißt doch überhaupt nichts, Lij. Ich habe also ihre Hand gehalten. Ist doch keine große Sache." Ich nahm noch eine Schluck und wich seinem durchdringendem Blick aus. "Sie ist noch nicht einmal mein Typ."
 

Elijah lachte und sprang von der Anrichte. "Yeah. Das sagst du dir ständig."
 

Er ging aus der Küche, bevor ich ein weiteres Argument bringen konnte. Ich folgte ihm ins Wohnzimmer wo Torrie auf der Couch saß und sich mit Sean und seiner Frau Christine unterhielt. Billy und Dom saßen ihnen gegenüber, hörten zu und streuten ab und zu einen Kommentar ein, während Elijah es sich auf der Armlehne des Sofas neben Torrie bequem gemacht hatte. Er reichte ihr eine Flasche Bier, woraufhin sie etwas das Gesicht verzog, wie ich bemerkte, sie aber dennoch nahm, bevor sie ihre Aufmerksamkeit wieder Christine zuwandte. Ich rollte meine Augen angesichts Elijahs Scharfsinns, ging hinüber und nahm ihr die Flasche Bier aus der Hand.
 

Beide, sie und Elijah, sahen mich an, aber ich ignorierte ihn und fragte sie: "Kann ich dir etwas zu trinken bringen - etwas, das du wirklich trinken möchtest?"
 

Torrie lachte und warf Elijah ein kleines Lächeln zu, der die Stirn runzelte. "Wodka Collins, wenn es nicht allzu große Umstände macht?"
 

"Kommt sofort," antwortete ich, bevor ich wieder in der Küche verschwand.
 

"Ich dachte, jeder mag Bier," hörte ich Elijah neben Torrie sagen, die daraufhin lachte.
 

Das Essen war großartig, wie immer, wenn Dom kochte. Er hatte den Lachs gebraten und servierte ihn mit Reis und Spinatsalat und frisch gebackenem Brot mit Käsekuchen als Nachtisch und wir reichten zwei Flaschen Wein herum, den wir anfangs noch in unsere Gläser gossen, ihn gegen Ende des Essens aber direkt aus der Flasche tranken. Wir lachten viel, und ich glaube, die Hälfte der Zeit wußten wir noch nicht einmal, worüber wir lachten, was meistens passiert, wenn ich die Hobbits treffe. Wir können einander nur ansehen und fangen an zu lachen, weil wir dasselbe zu denken scheinen und die meisten Leute verstehen das nicht und behandeln uns wie dumme Kinder oder so. Sie scheinen zu vergessen, daß Billy und Sean in ihren Dreißigern sind. Allerdings glaube ich, daß Billy das auch manchmal vergißt.
 

Torrie schien das alles sehr gelassen zu nehmen und paßte eigentlich sehr gut dazu. Ich meine, sie schien kein wenig geschockt von dem Unsinn, den wir von uns gaben und lachte immer mit uns und gegen Ende des Abends wurde sie richtig schlagfertig. Zwei mal machte sie Billy total sprachlos und wenn jemand das tat, dann werden die Hobbits und ich richtig ehrfürchtig. Kurz darauf fragte Billy sie, ob sie ihn heiraten wollte. Gott, er war betrunken. Etwa zwanzig Minuten später kippte er um. Ich hoffte, er würde sich am nächsten Morgen an nichts mehr erinnern, der Arme.
 

Nachdem Sean und ich Elijah geholfen hatte, Billy in eines der Gästezimmer zu verfrachten, setzten wir uns zusammen, um Karten zu spielen. Fragt mich nicht, was für ein Spiel das war. Elijah und Dom versuchten uns das Spiel zu erklären und ich denke, sie haben es sich einfach ausgedacht, aber sagte natürlich nichts und tat so, als wüßte ich genau, worüber sie sprachen. Hab dann einfach ein paar eigene Regeln dazu erfunden, was soll's. Christine und Torrie warfen uns die ganze Zeit natürlich ungläubige Blicke zu und Sean weigerte sich sogar, seine Karten auch nur anzurühren. Er kannte uns zu gut. Wir versuchten, Strip Poker vorzuschlagen, aber die Damen sahen uns mit vernichtenden Blicken an - ihr wißt schon, diese Art von Blicken, die sie schon von Geburt an zu benutzen wissen. Also spielten wir weiter unser ausgedachtes Spiel, aber nach einer Stunde wurde es so verflucht verwirrend, daß es Sean zu dumm wurde und er den Fernseher anschaltete. Elijah saß zusammengesunken in seinem Sessel und rauchte noch eine Zigarette, während Dom aufsprang, um Sean Gesellschaft zu leisten. Christine und Torrie waren in ein ,Nur für Frauen'-Gespräch verwickelt. Ich glaube, sie sprachen über Waschmaschinen, war mir aber nicht sicher. Mein Kopf brummte. Lag zweifelsfrei an der letzten Flasche Wein. Ich stand auf und murmelte, daß ich etwas frische Luft brauchte, größtenteils um von Elijahs Zigarette wegzukommen oder es würde damit enden, daß ich ihn nach einer fragte.
 

Die Hintertür schlug ziemlich laut hinter mir zu, wodurch ich mich in der Stille der Dunkelheit etwas erschreckte. Ich atmete tief ein und merkte, daß sich die Welt etwas drehte und setzte mich schnell auf den nächsten Gartenstuhl. Seit wir uns das letzte Mal getroffen hatten, hatte ich nicht viel getrunken und merkte das jetzt natürlich. Ich hoffte, es würde Torrie nichts ausmachen, bei Elijah zu übernachten, den ich war nicht mehr fähig, uns noch irgendwo hinzufahren. Ich konnte nicht anders als mich zu fragen, was der gute alte Steve wohl denken würde, wenn er wüßte, daß sie die Nacht mit Orlando Bloom in Elijah Woods Haus verbringen würde. Dieser Gedanke ließ mich albern kichern.
 

"Irgendwas lustig?"
 

Verdammt. Hatte sie noch nicht mal aus dem Haus kommen hören. Ich sah zu Torrie, wie sie zu mir kam, die leichte Brise wehte ein paar Strähnen dunklen Haares in ihr Gesicht. Sie lächelte mich so süß an und ich glaube ich grinste sie wie ein totaler Idiot an. Hey, ich war betrunken. Wenigstens beugte ich mich nicht vor und kotzte auf ihre Schuhe.
 

"Du bist ein wenig betrunken, mein Lieber," erklärte sie und setzte sich neben mich.
 

"Ich war schon mal betrunkener, Süße."
 

"Kann ich mir vorstellen."
 

Ich lachte und sie kicherte und ich zeigte noch stärker lachend auf sie. "Du bist auch betrunken!"
 

Sie wedelte mit ihrer Hand. "Ich, mein lieber Junge, weiß, wann ich aufhören muß."
 

"Und wann wäre das?"
 

Torrie dachte kurz über meine Frage nach und sagte dann: "Etwa vor zwei Flaschen Wein und drei Wodka Collins!"
 

Ich ließ mich lachend in den Stuhl zurück fallen. Gott, es fühlte sich toll an.
 

Die frische Luft half uns, wieder etwas nüchterner zu werden und das Gelächter wich schließlich einer Unterhaltung. Sie fragte mich, wie ich zur Schauspielerei gekommen war und das daraufhin erzählte ich ihr von meinen Jahren bei Guild Hall und wie ich die Rolle des Legolas zwei Tage vor meinem Abschluß bekommen hatte - ihr wißt schon, der ganze Mist, der überall in den Magazinen gedruckt worden ist. Nur hatte sie noch nie davon gehört und bombardierte mich mit allen möglichen Fragen, auf die ich gerne antwortete. Ich erzählte ihr, wie ich mir den Rücken gebrochen hatte, und einen Moment glaubte ich, sie würde zu weinen anfangen. Vielleicht war es auch nur der Mond, der sich in ihren Augen spiegelte, aber dann tadelte sie mich, daß ich nicht vorsichtiger sei und sagte etwas sehr Süßes; daß die Welt etwas vermissen würde, wenn der Sturz schlimmer gewesen wäre. Wäre ich nüchtern gewesen, dann hätte mich diese Bemerkung vielleicht mehr gerührt und ich wäre später nicht so ein Tolpatsch gewesen, aber so ging es bei mir in ein Ohr rein und auf der anderen Seite wieder hinaus.
 

"Es überrascht mich, daß du keine besondere Frau in deinem Leben hast," bemerkte sie, als unsere Unterhaltung schließlich in Stille übergegangen war.
 

Ich blinzelte und sah zu ihr. "Ich habe meine Arbeit. Das ist im Moment genug."
 

"Autsch. Hört sich ziemlich schmerzhaft an."
 

Ich schenkte ihr ein müdes Lächeln und tippte mir mit dem Finger an den Kopf. "Sowas nennt sich Anpassung."
 

Torrie lächelte. "Ah ja, es ist der Alkohol. Vertrau mir." Sie fixierte mich mit ihrem stets grünem Blick - ich schwöre, diese Augen wurden immer heller - und fragte: "Also, was ist da gelaufen? Oder möchtest du lieber nicht darüber reden?"
 

"Ist nicht viel." Ich zuckte mit den Schultern. "Alles erschien perfekt und richtig und war es plötzlich doch nicht. Ich könnte bequem sagen, der Drehplan von ,Ringe' war schuld, aber ich weiß, das war es nicht. Sie war neun der fünfzehn Monate, in denen wir dort waren, bei mir. Ich glaube, wir haben einfach aufgegeben, es weiter zu versuchen."
 

"War es Liebe?"
 

Ich starrte in die Nacht hinaus und überdachte diese Frage. Wie wußte man, wann es wahre Liebe war? War es lediglich die Chance, die man ergriffen hatte? Man ging einfach hin und gab sein Leben in die Hände von irgend jemandem weil du zu fast 99% sicher warst, daß es Liebe war. Und wenn es nicht funktionierte, was war es dann? Die 0h-ich-dachte-es-wäre-Liebe-aber-da-lag-ich-wohl-falsch-Beziehung. Oder vielleicht gab es da draußen so was wie ,wahre Liebe' gar nicht. Vielleicht war das menschliche Herz einfach dazu bestimmt, sich in einem durchschnittlich langem Leben mehrmals zu ver- und entlieben. Vielleicht waren wir gar nicht fähig, nur eine Person für immer und ewig zu lieben. Verdammt deprimierender Gedanke, sowas.
 

Ich seufzte. "Yeah. Ja, ich glaube das war es. Vielleicht nicht die Liebe, die Dichter immer beschreiben oder die in romantischen Stücken vorkommt oder so. Aber Liebe... sicher."
 

"Also bist du nie mit einem weißen Pferd zu ihr geritten, um sie auf dein Schloß zu entführen, hmm?"
 

Ich lachte. "Was?"
 

Torrie lächelte und sah weg, gerade so, als sei sie verlegen. "Mein liebster Liebesroman - Ich hab ihn in meinem Leben etwa dreißig mal gelesen - am Ende reitet der Held zu der Frau, die er liebt, zieht sie vor sich auf seinen weißen Hengst und sie reiten fort in sein Schloß, um dort für immer glücklich zu leben. Ich fand immer, daß sei das perfekte Ende."
 

"Ach naja. Niemand ist perfekt."
 

Wißt ihr, wie das ist, wenn man wirklich, wirklich dumme Dinge tut? Es ist, als ob sich die intelligente Seite des Hirns plötzlich abschaltet und dich mit nichts außer deinen niederen Instinkten zurückläßt, denselben Instinkten, sie uns sagen, daß wir zu Kannibalen werden sollen, wenn wir am Verhungern sind. Und da bist du also, ein perfektes menschliches Wesen, hast dich immer für ziemlich helle gehalten und immer die besten Absichten gehabt und urplötzlich wirst du ein bekloppter Idiot. Hallo. Das bin ich. Orlando Bloom - bekloppter Idiot. Ich bin sogar im Wörterbuch abgebildet.
 

Die eine Minute saßen wir nur da und lächelten uns an, genossen die Gesellschaft des jeweils anderen und in der nächsten umschloß ich ihr Gesicht mit meinen Händen und preßte meine Lippen auf ihre, und sie schmeckte nach Wodka und Käsekuchen und ihr Mund war so weich und geschmeidig auf meinem. Ich schloß meine Augen und verlor mich in diesem Kuß, vergaß alles über mich und sie und was wir hier taten und mein Körper reagierte darauf und mir wurde heiß und kalt, während mich das Verlangen praktisch erstickte. Ihr Haut war unter meinen Finger wie Seide und sie roch so süß, was aber auch die Jasminbüsche hinter uns sein konnten. Ich wußte es nicht. Und es war mir sicherlich auch egal, von welchem Geruch ich schon wieder betrunken wurde. Alles was ich wußte, war, daß sie das war, was ich im Moment am meisten auf der Welt wollte.
 

Und dann fuhr sie ruckartig von mir weg und ich hielt nur noch Luft in meinen Händen, während ich immer noch in diesem euphorischen Zustand war, in den wir Männer zu verfallen neigen, wenn es sich um das andere Geschlecht handelt. Wißt ihr, unsere Gehirne schalten sich einfach ab, wenn wir in diesem Gemütszustand sind und man könnte uns sagen, daß das Haus über unseren Köpfen abbrennen würde und es würde uns überhaupt nichts ausmachen, denn während solcher Momente ist unsere Sicht irgendwie vernebelt und unscharf. Wenn man mich in solchen Momenten nach dem Namen fragen würde, dann würde ich bestimmt mit etwas antworten, was zwischen "Duh" und "Was?" lag. Ich wußte, daß ich etwas falsch gemacht hatte, und Torrie stand da und starrte mich einfach nur an, doch ich konnte einfach nicht begreifen, warum wir nicht einfach mit dem Küssen weitermachen konnten.
 

"Ich dachte, du wärst mein Freund, Orli," hörte ich sie sagen, bevor sie an mir vorbei rauschte und ins Haus zurück ging.
 

Und dann klärte sich der Nebel.
 

Fuck.
 

Ich sank in meinem Gartenstuhl zusammen, ließ meinen Kopf in meine Hände fallen und fragte mich, wann zur Hölle ich verlernt hatte, vernünftig zu denken und mich vernünftig zu verhalten. An diesem Mist war nur ich alleine schuld, und Mist war es auf jeden Fall. Ich hatte noch nicht mal den Mut, ihr hinterherzugehen und mich zu entschuldigen, wie ich es hätte tun sollen. Natürlich schob es der kleine Teufel in mir auf zuviele Drinks und fragte mich, warum ich mich überhaupt entschuldigen sollte. Sie hatte offensichtlich so sehr wie ich gewollt, daß etwas passierte oder sie wäre niemals so nachgiebig unter meinem Mund gewesen. Wow. Ich mußte aufhören, sowas zu denken.
 

Ich dachte, du wärst mein Freund, Orli.
 

Verdammt.
 

Die Tür ging auf. Ich sah auf und hoffte, es sei Torrie. Zog ein Gesicht, als ich sah, daß es Elijah war, der mir diesen typischen Elijah-Blick zuwarf. Natürlich ist er die personifizierte Jugend und Unschuld, aber er hat es auch drauf, daß du dich fühlst, als sei er der Erwachsene und zwingt dich, dich schuldig zu fühlen. Nur mit einem Blick. Ich glaube, es sind seine Augen. Die anderen Hobbits und ich hatten darüber schon lange Diskussionen geführt. Elijah sagt, wir wären alle Freaks, aber andererseits ist es auch nicht so, daß er die Blicke aus diesen Augen ertragen muß.
 

"Was zum Teufel ist hier draußen passiert?" fragte er und ließ sich in den gegenüberliegenden Stuhl fallen.
 

Ich vergrub mein Gesicht in meinen Händen und stöhnte.
 

"Torrie stürmte herein, als wäre ihr Satan höchstpersönlich auf den Fersen und fragte, ob jemand sie zu ihrem Auto zurückfahren könne."
 

Ich lachte und stellte mir mich als Teufel vor, wobei ich in diesem Moment dachte, daß es auf groteske Art und Weise passen würde. Ich fuhr mir mit der Hand über die Augen und Elijah noch einmal an. "Ist sie noch da?"
 

"Nope. Christine und Sean haben ihr angeboten, sie mitzunehmen. Sie sind nicht so betrunken wie der Rest von uns." Als ob er diese Bemerkung unterstreichen wollte, hickste er laut. "Also, du hast meine Frage nicht beantwortet."
 

"Ich habe sie geküßt," gab ich zu und wartete auf Verurteilung.
 

Elijah lachte. "Du blöder Idiot! Wenigstens hättest du damit warten und sowas vor Steve tun können. Hast die perfekte Möglichkeit vermasselt."
 

Überlaßt es nur Elijah. Er machte einen Fehler noch dümmer, als ich ursprünglich angenommen hatte. Er kicherte mir gegenüber immer noch vor sich hin und versuchte stark, nicht... okay, vielleicht versuchte er es gar nicht. Eigentlich erschien er mir sehr bereit, über meine Dummheit zu lachen. Wofür sind Freunde sonst da, nicht wahr? Ich runzelte die Stirn.
 

"Das ist nicht lustig, Lij."
 

"Im Gegenteil, es ist verdammt noch mal genial," kicherte er. Dann imitierte er mich auf schauerlichste Weise, "Sie ist nicht mein Typ." Er brach in einen erneuten Kicheranfall aus.
 

"Ich hasse dich."
 

"Nein, tust du nicht." Er sprang auf und kam zu mir, griff mich an einem Büschel meines Haares und gab mir einen großen, schlabberigen Kuß auf die Stirn. "Du liebst mich. Na los. Komm mit rein uns erzähl Dom alles darüber was für ein spitzer, kleiner Scheißer du bist. Er wird die Geschichte mögen."
 

"Fick dich, Lij."
 

Er lachte wieder und winkte mich zu sich. Ich stand auf, um ihm ins Haus zu folgen und haßte mich immer noch und Elijah und den Wein und das Bier und alles, was ich dafür verantwortlich machen konnte, daß ich mich in erster Linie so unvernünftig verhalten hatte. Mein Kopf schmerzte und mein Kiefer tat von Zähnezusammenbeißen weh und ich konnte immer noch Torries Lippen auf meinen spüren, und das machte mich verrückt. Und nun mußte ich mich entschuldigen und hoffte bei Gott, daß ich sie nicht allzusehr verärgert hatte.
 

Verdammt. Sie war noch nicht mal mein Typ.

Kapitel 5
 

life is like a shooting star

it don't matter who you are

if you only run for cover,

it's just a waste of time

The Dolphin's Cry - LIVE
 

Ich wachte spät am nächsten Morgen auf. Okay, es war schon eher früher Nachmittag. Mein Kopf pochte, mein Magen rebellierte, alles weil ich nach meinem idiotischen Verhalten Torrie gegenüber noch mehr trinken mußte. War nicht mein Fehler. Dom drückte mir einen Drink in die Hand und sagte, ich solle es vergessen. Das ist etwa das letzte, an das ich mich erinnere.
 

Ich setzte mich auf dem Sofa auf und griff mir an den Kopf, damit er sich nicht von meinen Schultern drehte, und ächzte. Neben mir, auf dem Boden, gähnte Dom, streckte sich und begann dann leise zu schnarchen. Ich stand vorsichtig auf, um nicht auf Dom zu treten, schwankte etwas, bevor ich mich Richtung Badezimmer aufmachte. Ich lief dabei Billy über den Weg, der fröhlich und fit aussah, weil er so viel früher als wir zu Bett gegangen war. Er wollte mir einen guten Morgen wünschen, aber ich warf ihm diesen ,Sprich mich an und stirb'-Blick zu und er zog nur die Augenbrauen hoch und ging weiter in die Küche, gesegnet sei sein schottisches Herz.
 

Nachdem ich mich erleichtert und eine kurze, kalte Dusche genommen hatte, um wach zu werden, ging ich schließlich in meinen zerknitterten Klamotten zurück ins Wohnzimmer. Billy aß eine Schale Müsli vor dem Fernseher, während Dom weiter auf dem Boden schnarchte. Elijah war nirgends zu sehen, wahrscheinlich lag er zufrieden eingekuschelt in seinem Bett, um den Tag zu verschlafen.
 

"Wo ist denn Torrie?" fragte Billy und machte damit den Beginn des Tages noch schlimmer. "Dachte, sie wäre mit dir gekommen."
 

"Ist sie auch." Ich setzte mich wieder auf das Sofa.
 

"Und?"
 

Ich seufzte. "Sie ist mit Sean gegangen."
 

"Warum denke ich, daß ich was verpaßt habe?"
 

Ich fixierte ihn mit meinem Blick. "Wenn du nicht aufhörst, mich zu löchern, werde ich nicht erwähnen, wie du sie letzte Nacht gefragt hast, ob sie dich heiraten will....Ups!"
 

Billys Kinnlade fiel runter. "Ich hab was?"
 

Ich grinste nur.
 

"Ich Blödmann!" rief er, den Mund voller Müsli. "Hab ich nicht, oder?"
 

"Nein, hast du nicht, Bill," versicherte ich ihm und stand auf. "Wenn Lij aufwacht, sag ihm, daß ich los bin, um mich dem Erschießungskommando zu stellen."
 

"Eh?"
 

"Er wird wissen, wovon ich rede."
 

"Bis später dann?" fragte Billy. "Vielleicht können wir lange genug nüchtern bleiben, um später weiterzumachen?"
 

Ich lachte und dachte, wie albern das sei, als meine Schläfen pochten, dann winkte ich Billy zu und verschwand aus der Tür. Ich saß etwa zehn Minuten im Auto um darüber nachzudenken, wohin ich jetzt fahren sollte. Der Angsthase in mir - ja, da gibt es einen und er steckt ab und zu mal seinen gottverdammten Kopf raus, wenn ich es am wenigsten will - wollte einfach nur nach Hause, sich ins Bett legen und so tun, als sei die letzte Nacht nie passiert. Aber der mutige, verantwortungsvolle - ich könnte euch sogar etwas Land in Bruchtal verkaufen - Typ in mir wußte, daß ich sofort zu Torrie gehen und mich bei ihr entschuldigen mußte. Sogar, wenn das bedeutete, daß ich auf meinen Knien rutschen mußte. Oh ja, wir Jungs wissen, wie man auf den Knien rutscht. Unsere Mütter lehren uns das, bevor sie uns aus dem Haus lassen, denn sie wissen, daß wir so die meiste Zeit unseres Lebens verbringen werden. Außer man hat selbst einen Sohn, wette, ihr wußtet das nicht!
 

Also fuhr ich zu Torries Arbeit und spulte in meinem Kopf immer wieder das ab, was ich ihr sagen würde. Es reichte von ,Ich bin ein totaler Idiot, Torrie. Vergib mir' bis ,Also...was denkst du?' Yep. Mein männlicher Stolz trat wieder hervor und brannte darauf zu wissen, ob es nicht der beste Kuß war, den sie jemals erlebt hatte und falls nicht, könnte ich dann noch eine Chance haben, um meine Männlichkeit zu beweisen? Ich würde da nicht wirklich reingehen und das fragen, aber diese Gedanken schossen mir durch den Kopf, als ich fuhr. Der Alkohol, den ich getrunken hatte, vernebelte mir sowieso größtenteils die Erinnerung daran, sie zu küssen, was ziemlich scheiße war, weil ich mich gerne daran erinnern wollte und ich wirklich nicht wußte, ob ich sie wie ein liebeskranker Teenager beim ersten Date vollgesabbert hatte. Vielleicht war es deshalb so herzzerreißend gewesen, als sie sagte ,Ich dachte, du wärst mein Freund, Orli'. Vielleicht hatte ich sie vollgesabbert oder auf ihre Lippe gebissen oder etwas ähnlich Dummes.
 

Wunschdenken.
 

Das Center war ruhig, als ich durch die Haupttüren eintrat. Die Ticketverkäuferin sah gelangweilt aus. Sie setzte sich auf, als ich zu ihr kam, und als ich näher trat, weiteten sich ihre Augen mit erkennendem Blick. Toll.
 

"Ohmeingott! Sie sind Orlando Bloom!"
 

Ich wollte wirklich antworten "Bin ich das?" aber ich sagte mir selbst, daß ich nett sein sollte und zwang mich zu einem Lächeln. "Das bin ich. Ist Torrie Adams hier?"
 

"Kann ich Ihr Autogramm haben? Mein Freunde werden mir das nicht glauben!"
 

"Sicher." Sie steckte ein Stück Papier durch den Schlitz im Fenster. "Wie heißt du, Sweetie?"
 

Oh ja, ich kann meinen Charme einschalten wenn es Zeit ist, sich wie Orlando Bloom, der Schauspieler, zu benehmen.
 

"Laurie. L-A-U-R-I-E." Sie platzte fast vor Freude und riß mir förmlich das Stück Papier aus der Hand, als ich es ihr zurückschob.
 

War es wirklich so aufregend, ich zu treffen? Ich glaubte nicht.
 

"Oh danke, danke!" Laurie lächelte mich bewundernd an. Oh ja, sie war niedlich. Zierlich, blond, kornblumenblaue Augen. Sie konnte nicht älter als siebzehn sein.
 

"Kein Problem. Ähm... Torrie Adams, ist sie - "
 

"Oh! Sorry!" Sie lachte und rollte mit den Augen. "Ich Dummchen! Hab ich total vergessen. Sie ist hinten im Delphinbecken. Ich bringe Sie hin."
 

Bevor ich etwas sagen konnte, war sie aus ihrem Ticketschalter raus und drängelte mich, ihr in die Flure zu folgen. Ich wollte sie nicht in Schwierigkeiten bringen, weil sie ihren Posten verließ und sagte ihr dies, aber sie winkte nur ab und sagte, daß ohnehin nicht viel los wäre und sie sich mal die Beine vertreten müßte. Laurie schnatterte die ganze Zeit, wie oft sie ,Die Gefährten' und ,Black Hawk Down' gesehen hatte und daß sie ,Die zwei Türme' kaum erwarten konnte und daß es unglaublich war, wie anders ich ohne die Perücke aussah. Ich lächelte du nickte und streute hier und dort ein Bemerkung ein, obwohl ich wußte, daß ich alles, was sie sagte, wahrscheinlich Wort für Wort auswendig kannte. Ich schätze das, denkt nichts Falsches. Aber es ist so, daß man dieselben Komplimente immer und immer wieder hört, und irgendwann bedeuten sie dir einfach nicht mehr so viel. Ich würde nur einmal gerne hören "Hey Orli, in ,Die Gefährten' warst du echt scheiße, Mann". Okay, das ist übertrieben. Aber ihr wißt, was ich meine. Aber man kann nur so lang perfekt sein, bis man von seinem Podest fällt. Also verbringt man die Zeit bis dahin mit der Frage, wann dieser Augenblick gekommen ist und wohin er führen wird. ,Genieß es, solange es geht' hat nirgendwo so eine Bedeutung wie in Hollywood.
 

"Da sind wir ja."
 

Laurie hielt bei einem Paar Glastüren, die nach draußen führten. Durch die Fenster konnte ich den Leiter Scott sehen, der am Rand eines Beckens stand und dessen Mund sich bewegte, als würde er zu jemandem sprechen. Ich folgte seinem Blick hinaus aufs Wasser, wo ich Torries dunklen Kopf erblickte, der mit den leichten Wellen auf und ab schwamm. Plötzlich erschien neben ihr ein Delphin und tauchte dann schnell wieder ab. Torrie lachte.
 

"Falls sie noch irgend etwas brauchen..." fuhr Laurie hoffnungsvoll fort.
 

"Nein. Das ist toll. Danke, Laurie," erklärte ich ihr, stieß die Türen auf und trat in die Sonne.
 

"Nun... sicher."
 

Ohne einen Blick zurück überquerte ich den Hof und lächelte Scott zu, als er sich zu mir drehte.
 

"Mr. Bloom. Hallo." Er streckte seine Hand aus und ich schüttelte sie. "Torrie erwähnte nicht, daß sie vorbeikommen würden."
 

"Äh... sie wußte es nicht."
 

"Ah." Er nickte und musterte mich und registrierte zweifellos, daß ich in meinen Klamotten geschlafen hatte. Er drehte sich wieder zum Wasser. "Hey, Torrie. Du hast Besuch."
 

Sie lachte über etwas, was die Delphine, die mit ihr schwammen, taten. Dann wandte sie sich um, sah mich und ihr Lachen erstarb. Einfach so. Verdammt. Das ist die letzte Wirkung, die du auf einen Menschen haben willst. Ich zwang mich zu einem Lächeln und winkte etwas, aber sie fuhr nur weiter damit fort, Wasser zu treten und mich anzusehen. Ich begann mich zu fragen, ob sie meine Anwesenheit einfach ignorierte und mich dazu bringen wollte, zu ihr zu schwimmen. Einer der Delphine schubste sie von hinten und lenkte ihren beständigen Blick einen Moment von mir ab. Torrie sprach mit dem Tier, streichelte seine Nase und drehte sich dann, um in Scotts und meine Richtung zu schwimmen. Als sie den Rand des Beckens erreicht hatte, reichte Scott ihr seine Hand, um sie heraus zu ziehen. Ich mußte mich echt zusammenreißen, um sie nicht anzustarren, denn der Schwimmanzug schmiegte sich an sie wie eine zweite Haut. Ich meine, was wäre das für eine Art, sie wegen des Küssens um Verzeihung zu bitten, entschuldige bitte, während ich dich für einen Moment anglotze.
 

Ich ging zu ihr, sah, wie sie mir einen verstohlenen Blick zuwarf, bevor sie sich ihr nasses Haar aus der Stirn strich. Wassertröpfchen glänzten an ihren langen Wimpern und sie hatte einen Klecks hellgelbe, wasserfeste Sonnencreme auf ihrer Nase. Bezaubernd.
 

"Hallo, Orlando," begrüßte sie mich kühl.
 

Orlando. Autsch. Ich zuckte innerlich zusammen.
 

"Um... hey, Torrie." Ich schob meine Hände in die Taschen meiner Jacke und wußte nicht, was ich sagen sollte.
 

Torrie schien auf etwas zu warten, gab dann auf und warf mir einen angeekelten Blick zu, bevor sie sich neben den Pool kniete und ein paar Fische zu den Delphinen warf. Ich seufzte, ging zu ihr, um mich zu ihr zu knien und schwieg länger, als ich eigentlich sollte. Aber ich wollte mir sicher sein, daß ich das richtige sagte. Ich wollte nicht, daß sie dachte, ich würde mich nur entschuldigen, um mein Gewissen zu beruhigen. So abgedroschen das auch klang, ich wollte ihr zu verstehen geben, daß ich sie viel mehr respektierte, als wie ich es ihr in der vorherigen Nacht gezeigt hatte. Ja, ja ,ja. Ich habe schon zugegeben, daß es abgedroschen klang, aber so fühlte ich nun mal. Ich wollte nicht, daß sie böse auf mich war. Ich bestimmt wollte ich ihre Freundschaft nicht verlieren.
 

"Du hättest wenigstens den Anstand besitzen und nach Hause gehen können, um dich umzuziehen, bevor du hierher kommen würdest," murmelte sie neben mir.
 

Nun, da hatte sie recht. "Vielleicht hätte ich das. Aber dich zuerst zu sehen war mir wichtiger."
 

Torrie sah auf ihre Uhr. "Zuerst, eh?"
 

Ich zuckte mit den Schultern. "Falls du es nicht bemerkt hast, habe ich gestern abend etwas zu viel getrunken."
 

"Verstehe. Ist das deine Entschuldigung?" Sie schüttelte ihren Kopf. "Also habe ich mehr Eindruck gemacht, als ich gesollt hätte."
 

Torrie stand auf und ging weg. Verdammt. So sollte das eigentlich nicht ablaufen. Ich folgte ihr zurück in den Hof, wo sie Dinge forträumte, die Delphinspielzeuge zu sein schienen. Ja, klingt auch für mich albern, aber das war es nun mal.
 

"Torrie."
 

Sie ignorierte ich.
 

"Torrie, bitte. Verdammt."
 

Diesmal sah sie zu mir.
 

"Es tut mir leid." Da, ich sagte es. Und es war gar nicht so schlimm. "Ich hätte dich gestern Abend nicht küssen sollen. Ich habe meine Grenzen überschritten und ich will nicht, daß du jetzt einen falschen Eindruck von mir hast."
 

Sie zog eine Augenbraue hoch. Ich zog ein Gesicht, sah weg und trat nach irgendwas, was auf dem Boden lag. Stille.
 

"Ich wünschte, ich könnte es auf den Alkohol schieben," fuhr ich fort. "Aber ich weiß, das wäre zu einfach. Vielleicht lag es einfach an all diesen Dingen, die da zusammen gekommen sind. Wie wir über Romantik geredet haben und wie wohl ich mich bei dir gefühlt habe und wie du gerochen hast und das Mondlicht und der Verlust von Hemmungen durch den Alkohol." Ich zuckte mit den Schultern. "Ich weiß nicht, was ich sagen soll, außer, daß es mir leid tut. Ich will nicht, daß du denkst, ich wollte mich dir aufdrängen oder so."
 

Torrie schüttelte den Kopf. "Das würde ich niemals über dich denken, Orli. Aber im Nachhinein, es ist nicht so daß... nun, es ist nicht so, daß ich total dagegen war."
 

Mein Kopf fuhr bei dieser Bemerkung hoch und unsere Blicke trafen sich. Sie schob ihre Unterlippe besorgt vor und verdammt, der kleine Teufel steckte seinen häßlichen Kopf wieder hervor und ich bemerkte, daß ich diese Lippe wieder auf meinen eigenen spüren wollte. Ich konzentrierte mich von ihrem Mund wieder auf ihre Augen.
 

"Aber deswegen darf es nicht noch einmal passieren, Orli," fuhr sie sanft fort. "Und vielleicht sollten wir uns jetzt voneinander verabschieden und es nicht weiter probieren."
 

Sie ging fort. Ich wurde panisch. Ich langte aus, um nach ihr zu greifen und sie mit dem Gesicht zu mir zu drehen, und als ich das tat, erschreckte ich sie vielleicht ein wenig, jedenfalls war da ein Funke Angst in ihren Augen, den ich nicht verstand und sie los ließ. Ich schüttelte den Kopf und hielt nur ihre Hand.
 

"Nein, Torrie. Ich will nicht einfach Lebewohl sagen und das war's. Ich mag dich. Ich verbringe gern Zeit mit dir. Ich mag die Welt, in der du lebst und ich will die Gelegenheit nicht vermissen, sie ab und zu zu besuchen. Bitte, zwing mich nicht, zu gehen. Und bring mich nicht dazu, zu denken, daß mein einer kleiner Fehler mich das kostet, was eine wunderbare Freundschaft werden könnte."
 

Oh ja, ich war auf meinen Knien. Nicht buchstäblich, aber so gut wie. Mein Schwester beklagte sich immer, ich würde das benutzen, was sie ,Hundeaugen' nannte, damit unsere Mutter mir das gab, was ich wollte. Nun, ich benutzte sie jetzt. Ich hielt mich kein Stück zurück. Und Torrie wurde weich. Go me.
 

"Außer natürlich du denkst nicht so?" fiel ich mit der Tür ins Haus und brachte das schlechte Gewissen ein. Ihre Augen weiteten sich und vielleicht war sie etwas mitgenommen von dem, was ich tat, aber es war mir egal.
 

Während sie eine Strähne nassen Haares hinter ihr Ohr strich, sah Torrie für einen Moment fort und dann wieder zu mir. Ich konnte verdammt noch mal nichts aus ihrem Blick lesen und das war mehr als frustrierend. "Ich mag deine Gesellschaft," gab sie schließlich zu.
 

Innerlich vollführte ich einen kleinen Tanz. Äußerlich lächelte ich ein bißchen über ihr Geständnis. "Also, warum streiten wir dann darüber? Wir sind beide erwachsen, Torrie. Ich kann mich benehmen, solange du lernst, deine gierigen Pfoten von mir zu lassen."
 

Torrie lachte, und das war genau das, was ich hatte erreichen wollen.
 

"Ich schwöre, ihr Frauen wollt alle nur meinen Körper," fuhr ich fort.
 

"Und das wäre schlimm, weil...?" stichelte sie.
 

Ich lachte mit ihr. Eigentlich stellte sich der Tag um einiges besser heraus, als ich erwartet hatte. Und ich hatte mir bewiesen, daß es wirklich der Alkohol in mir gewesen war, der mich sie hatte küssen lassen, denn als ich hier so mit ihr stand, verspürte ich nicht das Bedürfnis oder das Verlangen, es nochmal zu tun. Ich hielt ihre Hand und das fühlte sich schön an, aber ich wurde nicht durch irgendeinen Drang verzehrt, sie mit ins Bett zu nehmen oder so. Sie war bezaubernd, wenn sie lachte und das Wasser an ihren Wimpern blitzte wie Diamanten, aber sie war nicht so hinreißend, daß ich mich in mein Badezimmer zurückziehen würde, um mir zu Photos von ihr einen runterzuholen.
 

Ich hätte mich also verabschieden und gehen und ihr sagen sollen, daß ich sie anrufen würde oder so, damit wir mal wieder was unternehmen könnten. Aber ich tat es nicht. Und es brauchte nur fünf Minuten bis sie mich dazu einlud, ihr zu helfen, ihren Neuzugang zu füttern, Bob die Robbe. Ich folgte ihr in den Robben-Raum, wo ich dem niedlichsten Wesen vorgestellt wurde, das ich je gesehen hatte, einer Pacific Harbor Robbe, die, wie ich fand, nicht wie ein Bob aussah, aber dann öffnete er sein Maul und barkte uns an und ich entschied, daß er wie ein Bob klang, so komisch sich das auch anhören mag. Torrie lachte mir zu und gab mir einen ,Ich hab's dir ja gesagt'-Blick. Irgendwann zog ich meine Jacke aus und wurde mindestens genau so naß wie Torrie und Bob, während wir ihn mit Fisch und Tintenfisch fütterten und seinen Nacken kraulten, was er zu lieben schien.
 

Wir redeten ununterbrochen. Diesmal erzählte ich ihr ein bißchen was über mein Familie und sie erzählte mir von ihrer. Ihr Eltern waren geschieden und sie hatte eine Halbschwester, die sie nicht sehr gut kannte. Es klang so, als sei Torrie zuhause nie wirklich glücklich gewesen, was mich traurig machte, denn ich hatte so eine enge Beziehung zu meiner Mutter und Samantha. Ich fing an, über ihre Beziehung zu Steve nachzudenken - man mußte nicht allzu aufmerksam sein um zu bemerken, daß sie nicht viel gemeinsam hatten. Also begann ich, ein wenig nachzuhaken, nicht direkt natürlich, aber genug, um in meinem Kopf eine Idee zu formulieren, warum sie mit diesem Kerl zusammen war. Ich begann, ihre Antworten mit den Informationen, die sie mir über ihre Familie gab, zu kombinieren.
 

Meine Theorie ist diese: Kinder, die in problematischen Familienverhältnissen aufgewachsen sind, wo sie entweder ignoriert oder gezwungen werden, etwas zu sein, was sie gar nicht sind, wachsen mit dem Bedürfnis nach Akzeptanz und Stolz von Seiten ihrer Eltern auf. Also tun sie alles, um sie zu beeindrucken, egal was, um sie glücklich zu machen. Ich fand, daß hier Steve ins Spiel kam. Er war all das, was ein Vater wie der von Torrie für sein ,kleines Mädchen' wollen würde. Erfolgreich, gutaussehend (in einer schleimigen, Gangster-artigen Art), angefüllt mit mehr Testosteron als ein Football-Stadion. Ihr wißt schon, der Mann der Männer. Und deshalb war sie mit diesem Kerl zusammen, weil es das war, was ihre Familie erwartete, einen Kerl zu finden, der sie am liebsten als Hausfrau sehen würde, wenn sie einmal heiraten würden, der ihr jede Woche ein Taschengeld gab und sie verhören würde, was sie eingekauft hatte und der jeden Abend das Essen auf dem Tisch haben wollte, wenn er heimkam. Okay, vielleicht gab ich dem Typ keine Chance. Vielleicht war da mehr an Steve Rubin, als das, was ich sah. Aber wenn ich dem zuhörte, was Torrie über ihn erzählte... ich weiß nicht. Ich mochte ihn einfach nicht und es war so gottverdammt offensichtlich, daß sie zu ihm aufzuschauen schien, als ob er was besseres sei als sie. Ich hoffte wirklich, daß er nicht derjenige war, der ihr diesen Mist einredete. Aber wie sie so sagte "Steve macht sich über meine Schusseligkeit lustig... Steve erlaubt mir einen Abend mit den Mädels...Steve mag nicht die Musik, die ich höre..." Ich wollte sie einfach nur greifen und schütteln und schreien kapierst du nicht, was du da sagst?! Aber das war nicht meine Aufgabe, ihr dies zu sagen. Nicht, wenn sie soviel Wert darauf legte, was ihre Familie über sie und ihre Lebensentscheidungen dachte. Vielleicht später, wenn wir uns besser kannten und einander besser verstehen würden, konnte ich sie fragen Was zum Teufel, Torrie?
 

Oder ich könnte Elijah es tun lassen.
 

Langsam lenkte ich das Gespräch von ihrem Verlobten weg und zurück zu angenehmeren Dingen. Ich sagte ihr, meine Lieblingsfarbe sei gelb, und sie sagte, ihre sei grün. Wir lachten darüber, wie erbärmlich das klang. Ihr aktueller Lieblingssong war Angels von einer Kanadischen Band mit Namen Tea Party und ich erklärte ihr, sie müsse sich mal das Album Punishing Kiss von Ute Lemper anhören, auf das Atti mich gebracht hatte. Sie blinzelte bei dem Namen Atti und ich erzählte ihr schnell alles von meinem besten Freund, André Schneider, den ich kennenlernte, nachdem eine meiner Exfreundinnen begonnen hatte, sich mit ihm zu treffen. Sie fand das lustig und ich mußte zugeben, daß es etwas seltsam war. Sie sagte, es klang wie ein Country-Music-Lied, wie ,Meine Frau ist mit meinem besten Freund abgehauen und ich vermisse ihn' und ich lachte und sagte nur, daß sie mich mit Country Music vergleichen würde. Es gab so viele Dinge, in denen wir grundverschieden waren, wie zum Beispiel ihre Vorliebe für Milchprodukte - sie konnte eine halbe Gallone Milch auf einmal trinken, und als ich daraufhin einen Würgelaut ausstieß, wies sie darauf hin, daß sie sich noch nie einen Knochen im Körper gebrochen hatte. Touché. Als ich ihr sagte, daß ich ein Technophob sei, gab sie zu, daß sie eher ein Internetfreak sei und ruhige Abende zuhause nach der Arbeit damit verbrachte, das Web nach Neuigkeiten zu durchstreifen und mit anderen Biologen auf der ganzen Welt zu reden. Je mehr wir redeten, desto offensichtlicher wurde es, daß wir in keiner erdenklichen Art zusammenpaßten. Aber das hieß nicht, daß wir nicht Freunde sein konnten.
 

"Ich muß jetzt wirklich gehen," sagte ich schließlich, als ich auf die Uhr schaute und sah daß es schon halb fünf war. Scheiße. Ich mußte nach Hause und mich umziehen und sehen, was die Jungs für heute Abend vorhatten.
 

"Verdammt, es ist spät!"
 

Ich half Torrie hoch und sie bot mir an, mich zum Eingang zurückzubringen. Auf dem Weg dorthin gab ich ihr meine Telefonnummer und fragte, ob ich ihre haben könnte.
 

Sie zögerte einen Moment. "Nun, ich lebe bei Steve und ich glaube nicht, daß er... nun, er will nicht, daß ich die Nummer allzu oft fortgebe."
 

"Oh?" Der Mann war ein totaler Freak.
 

"Du kannst mich aber hier immer anrufen," bot sie mir an und gab mir eine Visitenkarte vom Center, als wir die Lobby durchquerten.
 

"Hast du kein Handy?" fragte ich.
 

Torrie seufzte und ich unterbrach sie, als sie antworten wollte.
 

"Laß mich raten: Steve."
 

Sie schenkte mir ein kleines Lächeln. "Er denkt, es sei nicht nötig, daß wir beide eins haben."
 

"Weißt du, Torrie," begann ich und änderte dann schnell meine Absicht. Das war nicht meine Aufgabe, ihr dies zu sagen. Ich war hergekommen, um mich zu entschuldigen, nicht, um sie wieder zu verärgern. "Schon gut."
 

Sie sah mich seltsam an, aber fragte nicht weiter. Ich wünscht irgendwie, sie hätte es getan. Dann hätte ich ihr vielleicht etwas gesagt, anstatt es vor mir herzuschieben. Ich konnte jetzt schon sagen, daß ich sie nur dann sehen würde, wenn sie im Center war, auf Angeltour mit ihrem Onkel oder wenn ihr Verlobter nicht in der Stadt war. Der glücklicherweise, laut Torrie, viel reiste. Ich konnte nicht anders als mich zu fragen, ob sie ihre Musik so laut stellte, daß es die Fenster raushauen würde, wenn er nicht in der Stadt war. Gott, ich hoffte, sie tat es.
 

"Ich hab massenweise Meetings nächste Woche," sagte ich ihr. "Aber wir müssen uns mal treffen und CDs austauschen."
 

Torrie lächelte. "Yeah. Klingt gut. Vielleicht irgendwann zum Lunch."
 

"Perfekt." Ich schenkte ihr ein Lächeln.
 

Ich beugte mich vor und umarmte sie und sie legte ihre Arme um mich und für einen Moment hielten wir uns einfach nur fest. Es war schön. Sie war mittlerweile getrocknet, roch aber immer noch nach Salzwasser und Robben und ich bemerkte, daß es bei mir nicht anders sein mußte, was ein wenig seltsam war. Das hört sich jetzt ziemlich komisch an, aber Menschen sind einfach zum Umarmen gemacht Da gibt es solche, die du umarmen könntest, aber es ist nicht angenehm, weil sie irgendwie steif sind und vielleicht riechen sie nicht richtig oder fühlen sich falsch an und die ganze Erfahrung ist einfach furchtbar. Und dann gibt es solche, die fürs Umarmen gemacht sind und auch zurück umarmen. Torrie war so. Sie war die personifizierte Wärme und Sanftheit und Zartheit und sie entspannte sich in meiner Umarmung, als ob sie sie wirklich wollte, als ob sie mir im Stillen sagte, daß sie gern so nah bei mir war. Da war nichts sexuelles dabei, obwohl es unter anderen Umständen hätte so sein können, vor allem, wenn die Ticketverkäuferin, Laurie, uns nicht von ihrem Fenster aus mit aufgerissenen Augen und einem irgendwie neidischen Gesichtsausdruck beobachten würde. Ich lächelte nur und drückte Torrie etwas fester.
 

"Victoria."
 

Torrie zuckte in meinen Armen zusammen und stieß sich von mir weg, als ob sie sich verbrannt hätte. Sie sah mich nur kurz an, bevor sie sich abwandte, um Steve zu begrüßen, der auf uns zukam und unsere Blicke trafen sich und wir starrten den jeweils anderen nieder. Der Mann war nicht erfreut, das war offensichtlich. Meine Güte, es war ja nicht so, als hätte ich sie auf dem Boden liegen gehabt und sie vor aller Augen gefickt hätte. Es war einfach eine kleine Umarmung zwischen zwei Freunden und er sah mich mit einem Blick an, der mir klar sagte, daß ich aus Angst vor ihm am ganzen Körper zittern sollte. Statt dessen lächelte ich.
 

"Tag, Steve. Dachtest, du wärest nicht in der Stadt?"
 

Torrie versuchte, meine Aufmerksamkeit auf sie zu lenken, aber ich drehte mich nicht vor dem Mann vor mir weg. Das war falsch von mir, ihn so ködern, aber ich war so abgenervt von der arroganten Art dieses Kerls, daß ich weder klar sehen noch denken konnte.
 

"Orlando, nicht wahr?" antwortete Steve kühl und mit einem Nicken. "Haben wir uns verlaufen? Ich dachte, Hollywood wäre in der Richtung?" Er deutete mit seinem Kopf.
 

Ich wippte auf meinen Fersen. "Ich habe gerade die Zuneigung zum Meer entdeckt."
 

"Ist das so?"
 

Wow. Man hätte die Spannung mit einem Messer schneiden können.
 

"Orli wollte gerade gehen," sagte Torrie und ich sah zu ihr und sie war mir einen kurzen Blick zu, bei dem ich schwören könnte, daß darin eine Bitte lag. Ich versuchte, ihren Blick zu halten, aber sie drehte sich wieder zu Steve und sagte, wie sehr sie ihn vermißt hatte und daß sie froh war, daß er vorbeigekommen war, um sie abzuholen. Sie zog ihn schon mit sich fort, zurück in das Gebäude, aber sie sahen beide zurück auf mich, er mit einer stummen Warnung, sie mit einer stummen Entschuldigung.
 

"Bis später dann, Torrie!" rief ich.
 

Ich glaubte, sie nicken zu sehen, aber Steve griff sie am Arm und führte sie um eine Ecke und aus meiner Sicht.

Kapitel 6
 

You won't say you're hurting

You still dream in the undertow
 

Just a safe place a haven

Just a kind face just to overthrow
 

1.1 Soulbreaking - The Tea Party
 

Es war fünf Tage später und Torrie beantwortete meine Anrufe nicht. Es begann, mich zu ärgern. Ich rief sie auf der Arbeit an und man sagte mir, sie sei zu beschäftigt, um ans Telefon zu kommen. Also mußte ich eine Nachricht hinterlassen. Nichts. Elijah sagte mir, ich hätte wahrscheinlich schlechten Atem gehabt, als ich sie geküßt hatte. Idiot.
 

Dom und Billy reisten ab, was irgendwie scheiße war, aber ich versprach, wenn ich das nächste Mal in England sei, würden wir uns treffen. Eigentlich hatte ich ein wenig Heimweh und würde wahrscheinlich in den nächsten paar Wochen heimfliegen. Ich wollte auch Atti wiedersehen, aber er war mitten in einem Stück und würde da auch nicht so bald rauskommen. Yeah, ein Heimatbesuch klang mit der Zeit für mich immer besser.
 

Ich war tödlich gelangweilt. Die letzten paar Tage hatte es nur diese hochgejubelten Hollywood-Meetings gegeben, mit Leuten, die nie im Leben einen deiner Filme gesehen haben und trotzdem diejenigen sind, die dafür zahlen, daß Filme gemacht werden. Dieser Ort macht mich ohne Unterlaß krank. Kein Wunder, daß Ian hauptsächlich beim Theater bleibt. Es ist schwer, dich durch all den Mist zu kämpfen, mit dem du täglich konfrontiert wirst. Einer dieser Typen wollte gestern mit mir meine ,Marktfähigkeit' besprechen. Ich war verleitet, ihn zu fragen, ob er mir das Wort buchstabieren könnte, aber Fiona, die neben mir saß, gab mir einen Blick, der besagte, daß ich mich besser benehmen solle oder mein Kopf würde rollen. Meine beschissene ,Marktfähigkeit', kann man so einen Scheiß glauben? Als ob ich ein Gegenstand und kein Schauspieler wäre. Er wollte mir einen Stylisten aufschwatzen der mir erzählen sollte, in welcher Kleidung ich gesehen werden und wie ich meine Harre frisieren sollte. Er fragte mich, wie lang ich Single bleiben wolle und daß sie mir auf verschiedenen Veranstaltungen verschiedene Schauspielerinnen zur Seite stellen könnten, damit ich ein Playboy-Image entwickeln könnte. Ohne Scheiß! Am Ende dieses Meetings war ich so verdutzt, daß ich Fiona sagte, wohin sie sich diesen Hollywood-Bullshit stecken konnte und ging. Ich kam nach Hause, regte mich ab und rief sie an, um mich zu entschuldigen. Nicht, daß ich vor hatte, mich auf diesen ,Marktfähigkeits'-Scheiß einzulassen. Glücklicherweise war sie auch nicht so sehr davon begeistert.
 

Auf Torries Empfehlung hin ging ich los und kaufte eine der Tea Party CDs, Interzone Mantras. Sie war nicht leicht zu finden, aber das war es wert. Am nächsten Tag kam ich wieder und kaufte Tangents. Diese Jungs haben echt tiefgehende Texte, wirklich nachdenklicher Shit über das Leben und die Liebe. Manches ist etwas deprimierend, manches unglaublich sexuell. Mann, ich bin begeistert. Sie sind ein bißchen wie die Smashing Pumpkins, aber weniger kommerzialisiert. Ich fragte mich, ob sie Ute Lemper schon angehört hatte.
 

Fuck.
 

Ich griff das Telefon und wählte die Nummer, die ich mittlerweile schon perfekt auswendig kannte. Es klingelte zwei Mal, bevor abgenommen wurde.

"Marine Mammal Center."

Klang wie Laurie. "Ist Torrie Adams zu sprechen?"

"Darf ich fragen, wer da ist?"

"Orli."

Eine Pause. "Oh hi, Mr. Bloom. Hier ist Laurie."

"Hey Laurie."

"Ich hol sie. Bleiben Sie dran."

Die Warteschleife. Eine Frau sagte mir, was in dem Center passierte und was für Patienten sie gerade hatten und zu welchen Zeiten ich sie besuchen konnte. Ich konnte dieses verdammte Ding auswendig.

"Mr. Bloom?" Laurie wieder. "Nur noch einen Moment. Sie ist unterwegs." Es geschehen noch Zeichen und Wunder! "Sie war im Delphinbecken."

"Danke, Laurie."

Pause. "Um, werden Sie irgendwann nochmal vorbeikommen?"

Ich lächelte. "Wahrscheinlich schon, warum?"

"Nun, meine Freunde glaubten mir nicht, daß Ihr Autogramm echt war, also hatte ich auf ein Foto gehofft... wenn es keine Umstände macht?"

"Überhaupt nicht. Hab nur immer eine Kamera dabei, falls ich mal unerwartet vorbeikomme."

"Das werde ich! Danke! Okay, ich verbinde sie jetzt. Auf Wiederhören, Mr. Bloom!"

Ich lachte, als Torrie das Gespräch annahm.

"Hallo, Orli."

"Hey, Torrie. Dachte, du würdest mir wieder aus dem Weg gehen." Ich ließ mich aufs Sofa fallen und lehnte mich zurück, während ich einen Arm hinter meinen Kopf steckte.

"Ich bin dir nicht aus dem Weg gegangen." Eine Pause. "Ich war nur beschäftigt."

"Hmm. Du willst mir also erzählen, daß die gesamte Meerestierwelt Südkaliforniens plötzlich deine Hilfe brauchte?" Okay, ja, ich war etwas zynisch. Ich hasse es, ignoriert zu werden. Ich würde es vorziehen, wenn man mir sagt, daß ich verdammt noch mal verschwinden soll, als ignoriert zu werden.

Ein Seufzer. "Nein. Ich... wolltest du was?"

Ziemlich abrupter Themenwechsel. "Ich hab zwei Tea Party CDs gekauft."

"Oh?" Ein Fünkchen Interesse. "Hast du mich angerufen, weil du jemanden brauchst, der dir zeigt, wie man sie in den CD-Player steckt?"

Ah, Sarkasmus. Muß man lieben. "Du kannst eine ganze schöne Zicke sein, weißt du das?" bemerkte ich schonungslos.

Torrie lachte. "Ja, ich weiß. Überrascht dich das?"

"Ein wenig," antwortete ich mit einem Lächeln. Dann begann ich plötzlich zu singen "So sexy sexy babe you know I need some to pass the time away to get relief from all this life that's filled with wanton tragedy."

"Du hast deine Hausaufgaben gemacht," bemerkte Torrie und klang beeindruckt. Ich konnte sie durch das Telefon lächeln hören. "Denkst du darüber nach, der Band beizutreten?"

"Nein. Ich übe nur, damit ich dir eines Tages ,Angels' als Ständchen vor deinem Schlafzimmerfenster vorsingen kann."

"Oh, Steve wäre begeistert." Ihre Antwort klang etwas verbittert.

"Ich würde warten, bis er aus der Stadt wäre," erklärte ich ihr und kaute nachdenklich an einem Fingernagel. "Würdest du mich auf dein Zimmer einladen, wenn ich fertig wäre?"

Ein erneuter Seufzer, diesmal mit einem angedeuteten Lächeln. "Du bist unverbesserlich, weißt du das?"

"Ja, das tue ich. Deshalb kommst du auch immer wieder zu mir zurück."

"Orli."

"Ja, Süße?"

"Du hast mich angerufen."

Ich lachte. "Ja, und du hast den Anruf angenommen." Ich sprang wieder auf und wanderte umher. Ich war auf einmal voller Energie und wußte, daß ich sie sehen wollte. "Triff mich zum Lunch."

"Orli-"

"Komm schon! Ich kenne da einen großartigen kleinen Laden nicht weit von dir. Es wird dich noch nicht einmal jemand bei der Arbeit vermissen. Bitte?"

Stille.

Sehr gut. Zeit, die schweren Geschütze aufzufahren. "Wenn du nicht ja sagst, hole ich Lij ab und wir kommen vorbei und lassen unsere Rache am Center aus. Ich werde sogar ,Frodo lebt' auf Bob in leuchtendem Orange sprühen."

Gelächter. "Das würdest du nicht?! ... Doch, das würdest du! Na gut. Zum Lunch also."

Ich lächelte und hüpfte ein wenig auf meinen besockten Füßen. "In einer Stunde. Das Café heißt By the Shore. Davon gehört?"

"Ja, ich weiß wo es ist."

"Treffen wir uns da?"

"Hab ja keine andere Wahl, oder?"

"Jetzt hast du's kapiert," grinste ich und hängte auf.

Also trafen wir uns zum Lunch. Torrie war zu Anfang etwas still, bis ich sie nach einem Riß im Mundwinkel an ihrer Unterlippe fragte. Sie erzählte, sie sei am Wochenende auf dem Boot ihres Onkels gewesen und hatte nicht aufgepaßt, als sie mit ein paar Angelruten hantiert hatte. Einer der Haken war nicht richtig gesichert gewesen und hatte sich in ihrer Lippe verfangen. Ich sagte, sie hätte Glück gehabt, daß es nicht ihr Auge erwischt hatte und ob sie nicht lernen könne, etwas vorsichtiger zu sein. Sie schien über meinen Kommentar etwas bestürzt zu sein und deshalb machte ich einen Scherz darüber, daß sie wirklich schöne Lippen hatte (ich sollte es wissen!) und daß es eine Schande wäre, diese zu verstümmeln. Diese Bemerkung bewirkte aber, daß sie sich noch mehr in sich selbst zurückzuziehen schien und ich mußte noch härter arbeiten, um sie wieder hervorzulocken.

Als das Essen kam - Salat für mich, Krabbenkuchen für Torrie - begann ich, ihr etwas über meine Woche mit den Hollywood-Mächten zu erzählen. Ich brauchte nicht allzulang, bis ich sie zum Lachen gebracht hatte. Ich schwöre, man könnte sich als Komödiant verdient machen, indem man nur vom Leben hinter den Kulissen des Filmemachens in Hollywood erzählte. Als sie sich ein wenig entspannt hatte, erzählte mir Torrie von den Fortschritten, die Bob machte und daß Pablo zum Monetary Bay Aquarium verschifft worden war und wie sehr sie ihn vermissen würde.

Ich ließ sie reden, ohne sie unterbrechen zu wollen. Mein Blick schweifte immer wieder zu dem Riß an ihrem Mundwinkel. Irgendwas daran störte mich. Es war, als sei tief in mir drin eine Alarmglocke, die mich auf etwas aufmerksam machen wollte, was ich bisher nicht hatte zugeben wollen. Zu diesem Zeitpunkt konnte ich einfach nicht begreifen, was es war. Es verschloß sich mir einfach. Manche Dinge wollte man lieber nicht näher untersuchen. Und verdammt, sei es so oder nicht, ich sorgte mich um sie. Ja, soviel konnte ich zugeben. Und dich mochte den Gedanken nicht, daß sie Schmerz ertragen mußte oder in Gefahr war. So einfach war das.

Ich erfuhr, daß sie Punishing Kiss gekauft hatte. Wir lachten beide, als sie es zugab und fanden es komisch, daß wir dem Musikgeschmack des jeweils anderen so leicht vertrauten. Ich fragte sie, was sie über ,Little Water Song' dachte, aber sie zuckte irgendwie nur mit den Schultern. Seltsame Reaktion.

Der Lunch war viel zu schnell vorbei. Wir standen draußen auf dem Parkplatz bei unseren Autos und redeten noch eine weitere halbe Stunde. Sie fragte nach Billy und Dom und sagte dann, daß sie und Christine vorhatten, sich am nächsten Wochenende zum Einkaufen zu treffen. Die Erkenntnis, daß sie immer mehr in meinen Freundeskreis gelangte, war irgendwie aufregend. Wenigstens wußte ich so, daß ich sie nicht aus den Augen verlieren würde. Als es Zeit war, sich zu verabschieden, umarmte ich sie, sie umarmte mich und da waren wir wieder, hielten den anderen plötzlich im Arm und ich wußte, daß kaum die Chance bestehen würde, daß Steve aus dem Nichts auftauchte. Ich kann euch gar nicht sagen, wie froh ich war, daß sie ihn während des Mittagessens kein einziges Mal erwähnt hatte. Ich hätte andernfalls meinen Appetit verloren.

Ich entzog mich ihrer Umarmung und küßte ihre Wange, dann fuhr ich mit dem Daumen über ihren Mundwinkel. "Sei ein bißchen vorsichtiger, verstanden?"

Torrie lächelte, sah mich aber nicht an. "Ja. Versprochen."

"Und geh meinen Anrufen nicht mehr aus dem Weg. Versprochen?"

"Versprochen."

Ich stand noch eine Weile da, nachdem sie fortgefahren war, lehnte mich an mein Auto und kaute nachdenklich an meinen Fingernägeln. Es war so, als hätte Wolken den Tag verdunkelt. Ich wollte einfach jetzt nichts mehr machen. Ich hatte nächste Stunde ein Telefoninterview und fühlte mich jetzt nicht in der Stimmung dafür, aber... Ich glaube, das ist der Preis, den man für den Ruhm bezahlen muß. Oder sowas. Abgesehen davon würde mir Fiona den Kopf abschneiden, wenn ich das verpassen würde.
 

***
 

Zwei Tage später rief Torrie mich an. Oh ja, man hätte mich jetzt sogar mit einer Feder umhauen können, so überrascht war ich.

Die Musik dröhnte und ich... okay, jeder neigt dazu, zu tanzen und zu singen, wenn man allein im Haus und die Musik an ist. Verklagt mich doch. T-Shirt, Boxershorts, Socken. Ja, bei mir ging was ab. Ich würde liebend gern wissen, was meine Fans denken würden, wenn sie mich so sehen würden. Soviel zum Thema ,Ruinieren des Images'.

Da klingelt also das Telefon. Ich hatte es fast überhört.

"Yeah?"

"Hey Orli. Hier ist Torrie."

Als ob ich mich nicht an ihre Stimme erinnern würde. Schnell drehte ich die Stereoanlage leiser. "Hey, Sweetie. Wie geht's?"

"Ich hab mich gefragt, ob du heute Nachmittag was vor hast?"

Hmmm... abgesehen davon, in meiner Wohnung in Unterwäsche herum zu tanzen... "Nope. Hab nichts vor. Warum?"

"Hab eine Überraschung für dich. Macht's dir was aus, wenn ich vorbeikomme und dich abhole?"

Ich liebe Überraschungen. Wer nicht? Und diese verspielte, geheimnisvolle Seite an Torrie war entzückend verführerisch. "Kein bißchen!"

Ich gab ihr einen Wegweiser zu meiner Wohnung, dann hängte sie auf und ich fragte mich, was zum Teufel da vor sich ging. Oh ja, in meinem Kopf spielten sich alle möglichen Szenarien ab. Ich drehte die Musik wieder auf und sang auf dem Weg zu meinem Zimmer, wo ich mich in eine Jeans warf und vor dem Spiegel mit den Fingern durch meine Haare fuhr. Das war genug. Ich wechselte das T-Shirt, das ich gerade trug und das mit Spaghetti vollgekleckert war - fragt nicht - gegen ein schwarzes aus. Es war ja nicht so, daß sie mir gesagt hatte, ich solle mich für etwas spezielles herausputzen.

Das Telefon klingelte. Ich stürmte drauf zu und dachte, sie hätte vielleicht etwas vergessen.

"Torrie?"

Stille. "Oh, jetzt ruft sie dich sogar an?"

Elijah. Ich rollte mit den Augen. "Was willst du?"

Gelächter. "Offensichtlich bin ich total unerwünscht."

"Ich bin beschäftigt." Ich kaute auf einem Nagel und zuckte etwas, als ich bemerkte, daß ich ihn etwas zu weit heruntergebissen hatte. Blut. Wunderbar.

"Und ich langweile mich. Ich dachte, wir könnten an den Strand oder so."

"Geht nicht. Torrie ist auf dem Weg hierher."

"Oh?"

Es war so ein ,Oh' bei dem er darauf wartete, daß ich fortfuhr und für ein paar pikante Details sterben würde. Nun, ich war nicht in der Stimmung, sie ihm zu geben. Abgesehen davon machte es Spaß, Elijah zu ärgern.

"Nun, tut mir leid, daß ich dich abwürgen muß, aber - "

"Warte eine gottverdammte Minute," unterbrach er mich. "Warum kommt Torrie zu dir? Was geht da vor zwischen euch? Und warum tust du so verdammt geheimnisvoll?"

Ich lachte. "Später. Lij."

"Nicht später. Ich will Klartext."

"Da gibt es keinen Klartext," versicherte ich ihm. "Wir sind nur Freunde."

"Einen Scheiß seid ihr," gab er als Antwort.

Ich seufzte. "Männer und Frauen können Freunde sein, Lij."

"Yeah. Ich weiß. Ich bezweifle nur, daß du und die Frauen Freunde sein können."

Dieser Kommentar ließ mich die Zähne aufeinander beißen. "Was zum Teufel soll das heißen?"

"Nichts. Herrgott Orli, du wirst einfach zu wehrhaft, wenn es um diese Tussi geht."

Das war ein Argument, auch wenn ich es ungern zugab.

"Falls du darüber reden willst..." bot er an, um abzulenken.

"Danke Lij. Aber da gibt es nicht zu bereden. Wirklich."

Da war nichts.

Die Türklingel. Ich machte mich zur Tür auf und sagte Elijah, "Muß jetzt weg. Sie ist da."

"Ja, mach nichts, was ihren Verlobten verärgern würde," warnte er mich und änderte dann seine Meinung. "Nein, warte. Da könnten ein paar gute Orli-Geschichten oder so herausspringen."

"Auf Wiederhören, Lij," sagte ich etwas angeekelt und hängte das Telefon zu seinem Gelächter auf.

Ich öffnete die Tür. Sonnenlicht sickerte hinein. Torrie lächelte mich an, gekleidet in Shorts und einem kurzen Top, was ihr Becken andeutungsweise zeigte, die Haare unter einer Raiders-Kappe. Ich warf das Telefon hinter mich auf die Couch. Es fiel auf den Boden. Ups.

"Hey." grinste sie.

"Hey zurück." Ich lehnte mich vor und zog meine Schuhe an, die ich ganz nach meiner Gewohnheit immer neben der Tür ließ. "Sagst du mir, wo es hingeht?"

"Nope."

"Dann sollte ich wohl aufhören, zu fragen."

"Yep."

Ich grinste, griff meine Schlüssel und schloß die Tür hinter mir, als ich ihr nach draußen folgte. Wir plauderten darüber, was für ein perfekter Tag es war, als wir zu ihrem Auto gingen, was glücklicherweise ein Chrysler Sebring Cabriolet war, dessen Dach bereits heruntergeklappt war. Ich liebte ihr Auto und sagte ihr das auch, als ich auf den Beifahrersitz kletterte. Ich fragte sie, ob sie einen freien Tag hatte, aber sie sagte nein, wohin wir gingen sei Teil ihres Jobs. Das machte mich noch verwirrter. Als sie das Auto startete, schaltete sich die Musik ein und Tea Party's Temptation dröhnte aus dem Lautsprechern.
 

"Driven by restrained desire

I want what I need

Shaking as her sex takes hold

I've lost all control"
 

Als wir vom Parkplatz runter fuhren, sangen wir bereits aus voller Kehle mit.

Zwischen unseren schamlosen Singanfällen redeten wir albern über alles mögliche. Einen Großteil der Zeit lachte ich über die Kommentare, die sie von sich gab, während sie fuhr. Ehrlich, man kennt eine Person erst dann richtig, wenn man mit ihr Auto fährt. Kennt ihr das Sprichwort, daß jemand mit einem losen Mundwerk in eine Bar geht und die Seemänner heraus rennen? So war Torrie. Vor allem, wenn sie hinter dem Lenkrad saß. Keine Gnade mit Idioten, das war sicher. Ich wartete nur darauf, daß sie die falsche Person anblaffte und jemand wegen uns ausflippen würde. Aber die Hälfte der Leute, die sie anschrie, waren andere Frauen, was ich unglaublich lustig fand.

Wir fuhren etwa eine Dreiviertelstunde Richtung Süden an der Küste entlang. Während wie einer langen, kurvigen, einspurigen Straße folgten, erblickte ich den Ozean nur ein paar Hundert Meter entfernt zu unserer Rechten. Torrie fuhr das Auto schließlich zu etwas, was wie ein anderes Aquarium aussah, aber es war umzäunt und sie mußte sich ausweisen, bevor wir schließlich durch das Tor fahren durften. Ich sah sie prüfend an.

"Sagst du mir, wo wir sind?"

"Forschungsinstitut."

Oh, das könnte wie Zähneziehen werden. "Und?"

Sie gab mir ein geheimnisvolles Lächeln, während ihre grünen Augen tanzten. "Sie haben mich gefragt, ob ich nach einem ihrer Tiere sehen kann. Während ich dort war, dachte ich, ich könnte auch einen Fisch besuchen, den wir letztes Jahr im Center hatten."

"Einen Fisch?"

"Mmhmm."

"Und warum brauchst du mich dafür?"

Torrie lächelte nur und fuhr das Auto zu einem Parkplatz vor dem eher schlichten Gebäude. Vor Verzweiflung seufzend stieg ich aus und folgte ihr durch die Tür. Als wir uns näherten, öffnete sie sich und ein älterer Mann, vielleicht irgendwo in seinen späten Fünfzigern, frühen Sechzigern, trat lächelnd heraus.

"Hallo Victoria. Ich bin froh, daß du kommen konntest."

"Ich bin froh, daß du angerufen hast, Don. Das ist mein Freund, Orlando Bloom. Ich dachte, ich nehme ihn mal mit auf eine Tour in das Becken."

Don sah mich an und grinste. Ich wurde plötzlich zappelig und fragte ich, wohin sie mich gebracht hatte. Torrie trat ein, bemerkte meine Aufregung und ergriff meine Hand, um mich mit sich zu ziehen.

"Keine Sorge, mein Sohn," sagte Don neben mir, während er die Tür schloß und die Sonne des hellen Tages ausschloß. "Sie will dich ja nicht an einen Großen Weißen verfüttern oder so."

Es dauerte einen Moment, bis sich meine Augen umgewöhnt hatten. Die Wände waren schwarz, aber hatten dicke Fenster, durch die Myriaden von Fischen in über einem Dutzend Tanks schwammen. Ich ging zu einem und sah zu, wie sich ein Aal an meinem Blick vorbeischlängelte. Daneben konnte ich ein Paar Seeschildkröten und einen Schwarm Elritzen sehen. Eine Krebs krabbelte über den sandigen Boden.

"Schön, nicht wahr?" flüsterte Torrie neben mir. "Denk nur, wir wissen mehr über das All als über die Meere auf unserem eigenen Planeten. Wir werden wohl eher Hotels auf dem Mars haben als einen Weg finden, den tiefsten Punkt unserer Meere zu erreichen."

Ich sah zu ihr. Das gedämpfte Licht des Tanks gab ihrer Haut einen seltsamen Schimmer. Ich schwöre, sie schien zu dem grün und blau des Ozeans zu gehören, ihre Augen widerspiegelten geradezu das Wasser. Sie bemerkte meinen intensiven Blick und dreht sich zu mir, so daß wir uns einen Moment ansahen, dann lächelte sie und erhellte so die Stimmung, die sich niedergelegt hatte.

"Ich werde mir kurz eine Seeschildkröte ansehen, die wir in Einzelhaltung haben. Sollte nicht zu lang dauern."

Ich nickte und sah ihr nach, als sie mit Don davonging und mich in der Stille der mich umgebenden Tanks zurückließ. Es war zugleich gruselig und cool. Der Tank mir gegenüber war dunkler als die anderen und beinhaltete Fische, die ich noch nie zuvor gesehen hatte und von denen viele durchsichtig waren. Wesen aller Formen und Farben und einige, die aussahen, als kämen sie direkt aus der Science Fiction, schwebten und schwammen an meinem Blick vorbei. Bei manchen war es etwas verwirrend, sie zu betrachten. Ich ging weiter zu den anderen Tanks und verbrachte die meiste Zeit vor einem, in dem der größte Oktopus war, den ich jemals außerhalb eines Filmes gesehen hatte. Er war wirklich häßlich, was ihn aber seltsam schön machte. Ich dachte darüber nach, was Torrie darüber gesagt hatte, daß wir mehr über das All als das Meer wußten. Das war was, über das man sonst nicht nachdachte. Ich meine, die Meere sind da und waren immer da. Wir überqueren sie mit Flugzeugen und würdigen die blauen Teppiche, die unseren Planeten umfassen, kaum eines Blickes. Und doch ist jeder vom Mond und den Sternen und der Idee, zwischen ihnen zu fliegen, fasziniert.

"Zurück."

Ich erschrak bei ihrer Stimme und drehte ich zu Torries Lachen um. Ich runzelte die Stirn. "Sei nicht so fies zu den Menschen."

"Entschuldige." Meinte sie nicht so. Sie grinste.

Mein Blick schweifte über sie. Sie trug einen Schwimmanzug und hielt einen anderen in der Hand, den sie mir zuwarf, so daß mich ein Ärmel im Gesicht traf.

"Was ist das?" fragte ich.

Sie ignorierte mich. "Ich bringe dich zur Umkleide."

Dann drehte sie sich um und ging zurück in Richtung Flur. Ich folgte. Sie brachte mich zur Umkleide und ich versuchte, so schnell wie möglich in diesen Schwimmanzug zu kommen - was nicht so leicht ist, falls ihr mal einen anhattet - weil ich mich fragte, was da vor ging. Als ich aus dem Raum kam, warf mir Torrie nur ein Lächeln zu und führte mich wieder durch einige Flure. Wir betraten einen riesigen Raum, dunkel wie alles andere, mit nur ein paar fluoreszierenden Lichtern an der Decke über uns. Vor uns zeichnete sich ein enorm großer Pool ab. Ich wollte mich gerade zu Torrie wenden, als etwas im Wasser meine Aufmerksamkeit erregte. Mein Blick schoß zurück zu dem Becken und mein Blick weitete sich etwas, denn ich dachte, ich hätte Halluzinationen.

Torrie stand neben mir und sah mich an. Schließlich drehte ich mich zu ihr und kreuzte ihren Blick, und dann grinste sie mich breit an. "Bereit, mit ein paar Haien zu schwimmen?"

Etwas in meinem Gesichtsausdruck mußte lustig gewesen sein, jedenfalls lachte sie, als sie zum Rand des Beckens ging, sich setzte und ihre Beine ins Wasser hängen ließ. Innerlich schreckte ich zurück und wartete nur darauf, daß ihre Beine an den Knien abgebissen würden. Okay, vielleicht hatte ich ,Der Weiße Hai' etwas zu oft gesehen. Ich sah fasziniert zu, als sie in den Pool rutschte und sich zu mir drehte.

"Kommst du? Oder muß ich all diesen Magazinen da draußen erzählen, daß der große Orlando Bloom kneift?"

Kneifen. Der Tag sollte noch kommen. Ich kam zum Rand des Beckens und spähte ins Wasser, aber ich sah nichts. Vorsichtig kniete ich mich nieder und ließ mich schließlich neben Torrie hinab, wobei ich wegen der kalten Temperatur etwas zuckte. Ich hielt mich am Rand fest und trat Wasser so sanft ich konnte. Torrie sah mich immer noch an. Schließlich warf ich ihr einen kurzen Blick zu.

"Wie viele Haie genau sind hier drin?"

"Nur ein paar," versicherte sie mir. Sie wandte sich um, als Don auftauchte und ihr zwei Sauerstoffmasken reichte. Sie gab mir eine und stülpte sich dann die andere über das Gesicht. Ich tat es ihr nach und sah zu, wie sie sich vom Rand abstieß, sich in die Mitte des Pools bewegte und mich dazu aufforderte, ihr zu folgen.

,Nur ein paar', meine Fresse. Das war also das Haifischbecken des Forschungsinstitutes, wo sie das Verhalten in einer natürlichen Umgebung beobachten konnten, von der Geburt bis zum Tod. Das war mein einziger tröstlicher Gedanke, daß diese Haie an Menschen gewöhnt waren, da sie von Geburt an von ihnen betreut wurden. Es gab dort Hammerhaie, Walhaie, Sandtiger und Blauhaie. Ich blieb dicht bei Torrie, die zu wissen schien, wie sie durch sie hindurch schwimmen konnte, welchen man sich nähern konnte und von welchen sie sich fernzuhalten schien. Irgendwann nahm sie meine Hand und fuhr fort, mich so herumzuführen, bis ich mich etwas entspannt hatte und bemerkte, daß noch keiner von uns beiden gefressen worden war.

Sie bedeutete mir, anzuhalten und schwamm zu einem Blauhai, der sich nahe des Bodens ausruhte. Ich hielt den Atem an als sie sich ihm näherte und die Hand ausstreckte, um seine Rückenfinne zu berühren. Sie wandte ihrem Blick wieder mir zu und winkte mich heran, und, darauf vertrauend, daß sie wußte, was sie tat, kam ich herüber. Als ich mich ihr näherte, nahm sie meine Hand und legte sie auf den Körper des Hais. Wow, war das ein herzergreifender Moment. Er schien uns zu ignorieren und ich war schnell damit beschäftigt, seine seltsam rauhe Haut zu berühren und seine Rückenfinne und die Brustflossen zu streicheln. Doch ein paar Minuten später schien die ganze Aufmerksamkeit den Hai zu stören und er schwamm fort. Torrie zog mich etwas zurück und beobachtete ihn vorsichtig, bis er im Wasser verschwunden war. Der Walhai wurde schnell zu meinem Favoriten, so harmlos wie er war, aber doch so groß. Torrie nahm meine Hand und ergriff die Rückenfinne, und das nächste, was ich wußte, war, daß er uns durch das Wasser zog. Sehr cool.

Wir schwammen noch etwa eine Stunde, bis Torrie ein Paar Blauhaie entdeckte, die uns zu umkreisen begannen und gab mir schließlich ein Zeichen, wieder an die Oberfläche zurückzukehren. Don wartete, um uns hinaus zu helfen und gratulierte mir zu meinem Überleben. Ich konnte nicht aufhören zu reden. Ich fühlte mich wie ein Kind an Weihnachten. Ich erzählte Torrie alles darüber, was ich da draußen gefühlt und erlebt hatte und daß ich immer noch von diesen verdammten Viechern zu Tode geängstigt sei aber das machte nichts weil sie mich dazu gebracht hatte, mich der Furcht zu stellen und das war so ziemlich das coolste, was jemals jemand für mich getan hatte. Und ich wußte, das ich mich für den Rest meines Lebens an diese Erfahrung erinnern würde und ich nicht eine einzige Sache wußte, mit der ich angemessen ausdrücken konnte, was mir das, was sie getan hatte, mir bedeutete.

Ich dachte immer noch darüber nach, als wir auf den Parkplatz meines Wohnkomplexes fuhren. Wir waren auf dem Rückweg beide ungewöhnlich still gewesen. Mein Kopf war immer noch voll von dem, was wir getan hatten, von der wundervollen und schrecklichen Welt, die sie mir gezeigt hatte. Ich wußte nicht, was sie schweigen ließ. Vielleicht hätte ich fragen sollen.

"Torrie..." Es gab einfach keine ausreichenden Worte, um zu beschreiben, was ich fühlte und sagen wollte. Ich denke, sie wußte das, weil sie mich nur irgendwie anlächelte. Ich bemerkte, daß sie den Motor nicht abstellte, was bedeutete, daß sie nicht vor hatte, ihr Auto zu verlassen. Ich seufzte. "Danke, Torrie."

Sie zuckte mit den Schultern. "Sicher. Wozu sind Freunde sonst da, als einen in Angst und Schrecken zu versetzen."

Ich lachte. Ich wollte noch etwas sagen, aber mir fiel nichts ein. Statt dessen stieg ich aus dem Auto, ging zur Fahrerseite uns küßte ihre Wange. "Wir hören voneinander?"

"Natürlich. Tschüß, Orli."

Sie fuhr weg und ich bemerkte, daß ich sie noch auf einen Drink oder so hätte einladen sollen.

Kapitel 7
 

To think we can find happiness

hidden in a kiss

Ah, to think we can find happiness

that's the greatest mistake there is

The Sweetest Embrace - Nick Cave
 

Die nächsten zwei Monate rasten nur so vorbei. Ich flog eine Wochen nach Hause und besuchte Atti in Deutschland und sah mir die Show an, an der er arbeitete, die wie üblich großartig war. Ich kam für drei Wochen zurück und mußte dann nach Neuseeland hinunterfliegen, um ein paar Reshoots für ,Die zwei Türme' zu drehen. Trotzdem brach der Kontakt zu Torrie nicht ab. Wenn ich in der Stadt war, ging ich mit ihr zu Mittag essen, wann immer es möglich war, und wenn Steve nicht in der Stadt war, traf sie Elijah und mich für Drinks und zum Tanzen. Während ich in Europa und Neuseeland war, rief ich sie jeden Tag an und sie manchmal mich. Ich fand heraus, daß sie nicht gern nachts allein in Steves Haus war (ich habe es einmal gesehen und es war ein völlig monströser Ort, um alleine zu sein) und so bekam sie selten viel Schlaf, wenn Steve nicht in der Stadt war.

In einer dieser Nächte redeten wir über so ziemlich alles, auch über Sex. Es ist komisch, mit einer Frau über sowas zu reden, vor allem mit einer, mit der man sich vollkommen gut versteht. Ich lernte ein bißchen was von ihr, das Erstaunlichste war, daß Frauen genau so pervers und sexgierig waren wie Männer, die Gesellschaft lehrte sie nur, es zu verbergen. Oh ja, sie erzählte mir ziemlich abgedrehtes Zeug, vor allem im Hinblick auf Fan Fiction; das ist, wenn Fans einer Sache - sei es eines Films, einer TV Show, eines Schauspielers oder so - ihren eigenen Teil dazu schreiben. Ich glaube, dieser Kram ist überall im Netz. Egal. Torrie erzählte mir auch von Slash Fan Fiction, wobei diese Leute über zwei Angehörige desselben Geschlechts schreiben, die sich füreinander zu interessieren beginnen und schließlich loslegen. Erst glaubte ich ihr nicht. Dann beschloß sie, es mir ganz primitiv beizubringen und fand ein paar davon im Internet, druckte sie aus und gab sie mir. Jesus Christus, wenn es nicht über mich und Viggo war, dann über Elijah oder einen der Hobbits und Zeug über Legolas und Aragorn und so ging es in einem fort. Ich war total und vollkommen sprachlos. Ich erzählte Elijah davon, und wißt ihr, was er gesagt hat? "Oh ja, Mann. Kann nicht glauben, daß du nicht wußtest, daß es diesen Scheiß da draußen gibt." Und dann fragte mich doch dieser kleine Mistkerl, direkt vor Julie, ob wir irgendwas davon mal miteinander versuchen sollten. Blödmann. Irgendwann, und das schwöre ich, werde ich ihn übers Knie legen und seinen Hintern grün und blau schlagen. Diese Slasherleute würde das bestimmt liebend gern hören.

Zwischen meinen Reisen, als ich wieder in LA war, lernte ich dieses Mädchen kennen, Julie Wiles. Absolut atemberaubend. Ich meine, zum Umfallen schön. Langes, weißblondes Haar, tiefblaue Augen, perfekt gebräunte Haut, die danach schrie, berührt zu werden. Sehr, sehr süß, manchmal etwas schüchtern und wortkarg, vor allem, wenn wir in einer Gruppe Menschen unterwegs waren. Sicher, die war keine Raketenwissenschaftlerin oder so, aber wenn ich eine anregende Unterhaltung wollte, dann wandte ich mich sowieso an Elijah oder Torrie. Julie, oder Jewels, wie ich sie nannte, war das perfekte Mädchen zum Weggehen. Und der Sex mit ihr war auch nicht schlecht. Sie hatte diese unmöglich langen Beine und eine Zunge, die Erstaunliches leisten konnte. Torrie nannte sie ,Trophy', ,Trophäe' , und Elijah sagte immer, ich solle zuerst an ihn denken, wenn es mir einmal mit ihr zu langweilig würde. Hmph. Sie war ein wenig jung - neunzehn - aber sie war auch ein Model und die mußten schnell aufwachsen. Ich wußte nicht, ob daraus etwas ernstes werden würde, oder ob ich das überhaupt wollte, aber es war verdammt noch mal besser, als allein zu sein.

Ich war gerade eine Woche in Neuseeland gewesen, als mich Torrie eines Nachts anrief. Das war gewöhnlich die Zeit, an der wir miteinander sprachen, wenn sie zur Mittagspause war. Ich lag auf dem Boden und schaute den Drehplan für den nächsten Tag durch, als das Telefon, das neben mir stand, klingelte.

"Ja?"

"Du mußt dir ein besseres Benehmen am Telefon angewöhnen."

Ich lächelte. "Sei froh, daß ich nicht gefragt habe, was du verdammt noch mal willst."

Normalerweise hätte sie über so etwas gelacht, aber diesmal tat sie es nicht. Oh ja, mittlerweile kannte ich Torrie sehr gut. Irgendwas stimmte nicht. Aber ich konnte nicht einfach hingehen und fragen was los sei, sonst würde sie noch gehemmter sein. Wenn es eine Sache gab, die ich schnell gelernt hatte, war es die, daß sie nicht gerne andere mit ihren Problemen belästigte. Sie haßte es, daß man ihretwegen bekümmert war. Ich hatte versucht, ihr zu erklären, daß ich als ihr Freund für sie da war und daß ich ihr bei allem, was ihr Sorgen bereitete oder sie verletzte, helfen wollte. Torrie sagte aber nur immerzu, daß ich bestimmt wichtigere Dinge zu tun hätte, als ihren weinerlichen Geschichten zuzuhören. Das frustrierte mich ohne Ende. Es war die einzige Barriere, die noch zwischen uns stand und die ich umgehen mußte, um an sie heran zu kommen, und manchmal war da ein kleiner Teil in mir, der Angst davor hatte, dies zu tun.

"Wie sind die Nachdrehs?"

"Großartig!" Ich könnte das umgehen, erst mal etwas Small Talk machen, wenn es ihr angenehmer war. "Es ist wie die Wiedervereinigung einer Familie. Manchmal denke ich, es ist nicht gut für die Menschen, soviel Spaß am Filmset zu haben. Die Hobbits und ich waren heute Nachmittag surfen - Billy wurde ziemlich gemein herunter geworfen. Hat sich das Board an den Kopf geschlagen. Verdammt ekelhafter Bluterguß an der Stirn."

"Armer Kerl! Ich hoffe er ist okay."

"Oh ja. Du kennst Billy. Er hat beschlossen, sich den Schmerz im Pub wegzuspülen."

Sie lachte. Gutes Zeichen.

"Die nächsten paar Tage will sich Peter auf Szenen mit Sam und Frodo konzentrieren, der Rest von uns setzt dann nach Sydney über. Lij muß nächste Woche nach LA zurück, um mit dem Dreh seines neuen Films zu beginnen, bis dahin sollten wir also fertig sein."

"Ich hab mich schon gefragt, wann es soweit ist." Sie machte eine Pause und ich hörte ein Zögern aus ihrer Stimme heraus, wie, wenn jemand etwas sagen will, sich aber nicht traut. Ich wartete. Fing an, auf meinen Nägeln zu kauen.

Eine lange Stille, keiner von uns sagte viel. Verdammt, mußte ich denn jedesmal ihre Hand halten?

"Torrie - " begann ich wieder, aber sie unterbrach mich.

"Ich glaube, Steve betrügt mich."

Whoa. Das hatte ich nicht kommen sehen. Ein Teil in mir wollte aufspringen und ein bißchen tanzen. Vielleicht würde sie so erkennen, was er für ein Ekel war, und ihn verlassen. Natürlich tat es mir als ihr Freund leid. Nichts könnte schlimmer sein, als herauszufinden, daß die Person, die du liebst, anscheinend nicht dieselben tiefen Gefühle hat.

"Jesus, Liebes, das tut mir leid." Das sagte man doch, oder? Ich fuhr mir durchs Haar. "Wie hast du das herausgefunden?"

"Ich bin mir nicht sicher," sagte sie zögernd, doch sie wußte es besser, das hörte man durch ihre Stimme hindurch. "Es sind nur kleine Dinge. Anrufe, bei denen aufgelegt wird, wenn ich sie annehme. Quittungen von Juwelieren. Der Geruch von Parfüm, das ich nicht benutze, auf seiner Kleidung. All der Kram."

"Hast du ihn schon mal darauf angesprochen?"

Eine lange Pause. "Uh... nein. Ich denke nicht... Ich meine, ich weiß nicht, ob ich die Nerven hätte, das zu tun."

Ich runzelte die Stirn. Das klang so gar nicht wie Torrie. Sie hatte nie damit Probleme gehabt, mir was auch immer ins Gesicht zu sagen, wenn ich mich wie ein Idiot benahm. Eines Tages sah ich sogar, wie sie ihrem Boß gegenüber ausflippte, weil er es zugelassen hatte, daß sich ein anderer Angestellter um die Delphine kümmerte und das Männchen war krank geworden, weil der Angestellte ihn mit verdorbenem Fisch gefüttert hatte.

"Du mußt etwas sagen, Tor," sagte ich ihr. Du kannst ihn nicht einfach so weiter machen lassen und es ignorieren. Entweder, du bringst ihn dazu, daß er es zugibt oder verleugnet, wenn er das kann. Aber ich werde dich verdammt noch mal nicht einfach zusehen lassen, wie er sich durch die Gegend vögelt. Das ist Bullshit."

Noch eine Pause. "Du hast Recht... natürlich."

"Torrie, was stimmt nicht?" Da war nicht einfach nur Zögern in ihrer Stimme. Es war fast so wie... nun, eigentlich Angst. "Hast du vor etwas Angst? Hast du vor seiner Reaktion Angst?" Ich wußte nicht, warum ich sie das jetzt fragte, aber zu diesem Zeitpunkt erschien es mir angemessen.

"Nein... nein. Das ist es nicht. Vielleicht habe ich einfach nur Angst vor seiner Antwort."

"Verdammt, Torrie. Du hast mich vorher noch nie angelogen." So langsam wurde ich sauer. Ich konnte an ihrer Stimme hören, daß sie mir nicht alles erzählte. Ehrlich gesagt hatte ich sie noch nie so gehört und ich wünschte mir plötzlich, ich sei wieder in LA. Es ist besser, wenn sich dir jemand Angesicht zu Angesicht öffnet. Dann können sie wenigstens deinem Blick nicht ausweichen.

"Ich lüge nicht, Orli," verteidigte sie sich. Erbärmlich. "Hör mal, ich muß jetzt zurück zur Arbeit."

"Leg jetzt verdammt noch mal nicht auf!" blaffte ich sie an. "Du hast angerufen, erinnerst du dich?"

Stille. Ich stand auf und wanderte umher.

"Torrie?" fragte ich schließlich.

"Es tut mir leid, Orli. Ich wollte dich nicht verärgern..."

"Ich bin nicht verärgert, Süße." Ich trat gegen die Wand als ich sie erreichte, drehte mich um und lehnte mich dagegen. "Ich hasse es nur, dich so zu hören. Ich wünschte, ich könnte da sein."

"Es unterliegt nicht deiner Verantwortung, aus meinem Leben ein Bett aus Rosen zu machen."

"Nicht?" Wenn nicht mir, wem dann? Steve? Offensichtlich war ihm so eine Aufgabe nicht wichtig. "Ich würde dich jetzt umarmen, wenn ich da wäre."

"Ich weiß." Ich fühlte ihr Lächeln. So fühlte ich mich etwas besser.

"Wirst du mit Steve reden?"

"Ja.. Wenn er nächste Woche aus Houston zurückkommt."

Nun, das war ein Anfang. "Die nächsten paar Tage werde ich in Sydney sein, aber ich rufe dich an, wenn ich Gelegenheit dazu habe."

"Viel Spaß. Und sei brav."

Ich lächelte. "Immer doch."

"Liebe dich."

"Liebe dich auch."

Wir legten auf. Oh ja, die ganze ,Liebe dich'-Sache. Hab nicht die leiseste Ahnung, wann oder wie wir damit angefangen haben. Es war etwa so vor einem Monat, aber ich bin mir nicht sicher. Alles was ich weiß, ist, daß es sehr natürlich aus mir raus kam und es klang richtig und ich konnte nicht mit ihr sprechen, ohne ihr das zu sagen. Ich war nicht in sie ,verliebt'. Ich liebte sie nur. So eine Bruder/Schwester-Sache, aber nicht total. Elijah fielen fast die Augen raus, als er uns dies das erste Mal sagen hörte. Ich sagte ihm, er solle erwachsen werden. Er fand das aus irgendeinem Grund unglaublich komisch.

Julie flog herunter, um ein paar Tage mit mir in Sydney zu verbringen. Wir hatten eine gute Zeit. Ich schaffte es nur einmal, Torrie anzurufen, aber es schien ihr besser zu gehen, erzählte mir, sie sei den ganzen Tag mit Christine einkaufen gewesen. Es war nur ein kurzes Gespräch, denn sie war beschäftigt mit einer Gruppe, die gerade beim Center ankam und Julie zerrte an mir und sagte mir, ich solle mich beeilen, damit wir endlich in den Club könnten. Ich fand es etwas komisch, Torrie zu sagen, daß ich sie liebte, so direkt mit Julie neben mir, und deshalb antwortete ich nur ,dito', als sie es zu mir sagte und fühlte mich dann den Rest des Abends wie ein Bastard. Ich versuchte, sie am nächsten Tag anzurufen, aber es ging niemand ans Telefon.

Wir mußten nur noch ein paar Szenen drehen, und ich dachte daran, wieder nach Deutschland zu fliegen, wenn wir fertig waren, damit ich noch etwas Zeit mit Atti verbringen konnte. Elijah würde am nächsten Tag nach LA zurückfliegen und ich bat ihn, nach Torrie zu sehen, wenn er die Gelegenheit dazu hatte. Ich hatte immer noch nichts von ihr gehört seit unserem letzten Telefonat und ich hoffe, sie würde nicht denken, daß ich sie loswerden wollte. Ich hatte sie gestern bei der Arbeit angerufen, aber man sagte mir, sie sei krank. Ich hoffte, Steve würde sich um sie kümmern, bezweifelte dies aber stark.

Das Telefon klingelte, als ich meine letzten Sachen zusammenpackte. Ich überlege, es einfach klingeln zu lassen, weil ich wirklich nicht in der Stimmung war, mit jemandem zu reden, aber dann dachte ich daran, daß es vielleicht Torrie sein könnte. Wir hatten fast eine Woche nicht miteinander geredet, und ich begann mir Gedanken zu machen.
 

"Hallo?" Da, ich war höflich, nur, falls sie es war.

"Orli?"

"Ja?" Die weibliche Stimme am anderen Ende klang etwas vertraut, aber ich erkannte sie nicht sofort.

"Hier ist Christine."

Das war seltsam. Ich glaube nicht, daß sie mich jemals zuvor angerufen hatte. Ich runzelte die Stirn. "Hey Christine. Wie geht's?"

"Entschuldige bitte, wenn ich dich störe, aber ich habe gerade mit Sean telefoniert und er meinte, ich sollte dich anrufen." Sie redete sehr schnell und ihr Tonfall ließ alle Alarmglocken in meinen Kopf schrillen.

Ich kaute jetzt schon an meinem Nagel, oder an dem, was davon übrig war. "Worum geht's?"

"Um Torrie..."

Ich wartete und wollte nicht hören, daß sie in irgendeinen schrecklichen Autounfall verwickelt worden sei oder daß sie wieder in diesem verdammten Haifischbecken geschwommen war und einer der Blauen sie attackiert habe. Ich glaube, ich hielt auch die Luft an. Vielleicht hatte ich deswegen nichts von ihr gehört und sie deshalb nie an die Strippe bekommen. Aber ich hatte gestern mit dem Center gesprochen, und dort sagte man mir, sie sei krank. Ja, das war es. Sie war krank. Vielleicht war sie sehr krank und hatte Christine gebeten, mich anzurufen.

Als sie nichts sagte, war ich gezwungen, wieder auszuatmen und direkt zu fragen. "Was ist mit Torrie, Christine?"

Eine Pause. "Ich fühle mich so, als würde ich meine Nase in Angelegenheiten stecken, die mich nichts angehen, aber... nun, ich wußte nicht, was ich noch tun sollte und dachte, du wüßtest es vielleicht. Wenn Sean hier wäre... Nun, er sagte, du würdest vielleicht selbst lieber zu ihr gehen wollen, da ihr ja beide so eng miteinander befreundet seid."

Jetzt begann ich mir wirklich Sorgen zu machen. "Christine, was zur Hölle ist los?"

"Nun, vom Center erfuhr ich, daß sie krank sei, und deshalb beschloß ich, mal bei ihr vorbeizukommen und nachzusehen, ob ich ihr irgendwie helfen könnte. Als sie die Tür öffnete... Gott, Orli! Ich kann es nicht beschreiben. Ihr Gesicht war blau und grün, ihr Auge geschwollen - sie sah furchtbar aus! Ich fragte sie, was passiert war und die erzählte mir diese dumme Geschichte von wegen eine der Robben hätte sie im Center angegriffen."

Ich schwieg. Wußte nicht, was ich sagen sollte. Ich stand da mitten im Zimmer und verleugnete alles, was mir durch den Kopf schoß. Ich griff das Telefon fester.

"Orli," sagte Christine sanft. "Ich glaube... Ich glaube, Steve hat ihr das angetan."

Ich fühlte mich, als hätte mich jemand in den Magen geschlagen. Ich erinnerte mich an ihre Geschichten wie sie aus dem Bett gestolpert und gegen den Nachttisch gefallen war und wie sich der Angelhaken in ihrer Lippe verfangen hatte. Ich erinnerte mich an das Gespräch, wie sie mir sagte, das Steve sie betrügen würde und an die Angst in ihrer Stimme. Heilige Scheiße, ich fühlte mich schlecht.

"Orli?"

"Ich bin dran, Christine." Verdammt, ich war so ruhig.

"Was soll ich tun? Ich habe versucht, mit ihr zu reden, aber sie sagte nur, daß alles in Ordnung wäre und schickte mich fort. Ich glaube, Steve war da."

"Tu gar nichts." Ich warf den Rest meiner Sachen in den Koffer und schloß ihn. "Torrie wird sich dir nicht öffnen. Gott, sie wird sich auch mir nicht anvertrauen, aber diesmal lasse ich sie nicht so leicht davon kommen. Ich fliege heute abend zurück. Wenn du kannst, versuch morgen früh noch mal zu ihr zu gehen. Ich rufe dich an, wenn ich ankomme."

"Okay. Sean sagte, du würdest wahrscheinlich den nächsten Flug zurück nehmen."

Mit meinen Gedanken war ich bereits weit weg von diesem Gespräch. In meinen Gedanken sah ich mich schon Steves Gesicht zu Brei schlagen, und ich bin eigentlich keine sehr gewalttätige Person. Aber hier war ich bereit, eine Ausnahme zu machen. Schande über Torrie, daß sie mir das verschwiegen hatte.

Ich legte auf und rief beim Flughafen an. Glücklicherweise gab es einen Flug, der in vier Stunden ging. Ich buchte ihn und wollte gerade auflegen, als Sean und Elijah eintraten. Sie erklärten mir schnell, ich solle auch für sie buchen. Ich tat es.

Als ich das Telefon weglegte, zitterte ich. Sean gab mir etwas zu trinken, keine Ahnung, was es war, aber es brannte beim Schlucken und ich wurde ein wenig ruhiger. Nicht viel. Elijah sagte, ich solle mich beruhigen. Ich sagte ihm, er solle sich verpissen. Oh nein, es ging mir gar nicht gut. Ich konnte nicht sagen, wer der von uns am wahnsinnigsten war - Steve dafür, daß er sie schlug, Torrie dafür, daß sie es mir nicht sagte, oder ich, daß ich es nicht gleich gesehen hatte. Tief in mir hatte ich immer gewußt, daß da was nicht stimmte. Aber ich hatte es ignoriert. Im einen Moment war das Glas in meiner Hand, im nächsten zerschmetterte es an der Wand. Elijah zwang mich, mich hinzusetzen. Sean versprach, daß wir uns um alles kümmern würden. Ich hörte weder den einen noch den anderen. Ich war zu beschäftigt damit, mich selbst anzuklagen, weil ich es nicht verhindert hatte.

Wenn die beiden nicht gewesen wären, hätte ich nicht gewußt, wie ich zum Flughafen hätte kommen oder den langen Flug hätte überstehen sollen, bis wir endlich in LA angekommen waren. Sean rief Christine an, als wir ankamen und erfuhren, daß Torrie heute morgen zur Arbeit gegangen war. Nun, wenigstens war sie nicht bei Steve. Das würde es einfacher machen, sie darauf anzusprechen. Sie zugeben zu lassen, daß sie gelogen hatte. Ich hatte keine Ahnung, was ich tun würde. Ich würde sie nur auf keinen Fall wieder zu diesem Bastard zurück oder in seine Nähe kommen lassen. Ich hatte nicht viel gesagt, seit wir Neuseeland verlassen hatten, selbst Elijah und Sean neben mir waren angespannt. Sie wollten mich erst zu meiner Wohnung bringen, damit ich mich etwas beruhigen konnte, aber ich lehnte ab. Ich wollte Torrie sofort sehen, egal, ob sie mitkommen würden oder nicht. Sean warnte mich, daß ich mich erst mal beruhigen müßte, bevor ich zu ihr ging und sie vielleicht verschreckte. Ich hörte nicht zu.

Laurie war im Tickethäuschen, als wir ankamen. Ich war nicht in der Stimmung, mit ihr zu reden. Hätte auch nichts ausgemacht. Als sie Elijah und Sean bei mir sah, vergaß sie förmlich, daß ich existierte. Sie fragte sofort nach Autogrammen.

Sean schüttelte den Kopf. "Vielleicht später, Liebes," erklärte er ihr. "Jetzt müssen wir Torrie sehen. Ist sie da?"

Ihre Augen weiteten sich. "Wow. In welchen sozialen Kreisen bewegt sie sich eigentlich?"

Ich wollte etwas sagen, was bestimmt unhöflich gewesen wäre, aber Elijah legte eine Hand auf meinen Arm und sagte, "Wir müssen sie wirklich dringend sehen."

Der Teenager blinzelte einen Augenblick und nickte dann. "Ja. Okay. Sie ist bei den Delphinen. Mr. Bloom weiß, wo - "
 

Bevor sie ihren Satz beenden konnte, war ich schon an ihr vorbei, Elijah und Sean dicht hinter mir. Ich führte sie zum Außenbecken, wo wir Torrie allein erblickten, die am Wasser kniete und Fisch zu den beiden Delphinen hinaus warf. Sie wandte ihren Rücken zu uns und trug ein langärmeliges T-Shirt und Jeans. Sie war sie für gewöhnlich zur Arbeit nicht gekleidet. Ich runzelte die Stirn, öffnete die Tür und trat hinaus.

Torrie sah über ihre Schulter und ihre Augen weiteten sich. Sie stand auf, drehte sich zu uns und ich atmete scharf ein.

Heilige Scheiße! Christine war noch großzügig gewesen. Torries rechtes Auge war umgeben von roten und schwarzen Ringen, auf ihrer linken Wange breitete sich ein ähnlicher Bluterguß aus und ihre Unterlippe war wieder einmal eingerissen. Ich fühlte mich schlecht. Ich hörte kaum, wie Elijah neben mir einen ungläubigen Laut von sich gab.

"Orli." Torrie schenkte uns ein nervöses Lächeln. "Hallo Jungs. Was... was macht ihr hier? Ich dachte, ihr wärt noch in Neuseeland." Ihr Blick schweifte zu Sean. Wenn Torrie etwas nicht war, dann war sie dumm. Sie wußte sehr gut, warum wir hier waren. Sie wußte, daß Christine uns angerufen hatte.

Ich ging zu ihr, immer noch unsicher, was ich sagen sollte, und sagte mir immer wieder, daß ich sie nicht anschreien dürfte. Als ich ausreichte, um nach ihr zu greifen, zuckte sie zusammen und fuhr zurück, als ob sie Angst vor mir hätte. Das war es.

"Was zum Teufel, Torrie?" verlangte ich zu wissen.

Sie blinzelte und zuckte etwas. "Ich - "

"Er hat dir das angetan, nicht wahr?"

Angst. Definitiv. Ihr Gesichtsausdruck bestand nur daraus. Ihr Blick ging von mir zu Elijah und Sean und wieder zurück. "Ich weiß nicht, wovon du redest."

Sie versuchte, wegzugehen, aber ich griff sie am Arm und zog sie zurück. "Hör auf damit, Torrie! Hör einfach auf. Ich habe deine Lügen satt! Ich hab diese Scheiße satt, daß du einfach nur zerstreut bist. Schau mir in die Augen und sag mir, daß eine gottverdammte Robbe dir das angetan hat!"

Sie zitterte. Ich haßte ich selbst, daß ich sie anschrie, aber ich wollte sie nicht wieder mit Lügen daraus kommen lassen. Ich wollte, daß sie es zugab. Ich wollte, daß sie mir genug vertraute, um mir die Wahrheit zu erzählen. Sie versuchte, die Tränen in ihren Augen zurückzuhalten. Sie sagte nichts.

Elijah tauchte neben mir auf. Vielleicht hatte er etwas Angst vor meinem Temperament. "Torrie, wir wollen dir nur helfen," erklärte er ihr sanft, viel ruhiger, als ich mich im Moment fühlte. "Wir sind deine Freunde."

Nichts. Sie guckte wie ein in die Enge getriebenes Tier, das bereit war, sich das eigene Bein abzubeißen, um von uns wegzukommen. Ich haßte es, sie so zu sehen. Das war nicht Torrie. Das war nicht dieselbe Frau, die furchtlos mit einem Dutzend Haie schwamm. Das war nicht dieselbe Frau, die am Wochenende auf einem Boot voller rauhbeiniger Fischer das Kommando übernahm oder die meine Freundin meine ,Trophäe' nannte oder Elijah die Zigaretten aus dem Mund schnippte, wenn sie genug von seiner Raucherei hatte.

"Willst du, daß ich zu Scott gehe und ihn frage, ob dir eine Robbe das Gesicht zerschlagen hat?" fragte ich. "Was glaubst du, was er antworten wird? Was für eine Lüge wirst du ihm erzählen? Das du die verdammten Treppen hinuntergefallen bist?"

"Orli." Sean sprach sanft, aber warnend, meinen Namen aus. "Bleib ruhig."
 

Zur Hölle mit dem ruhig bleiben. Ich ging eine Schritt auf sie zu und hielt sie fest, als sie sich weg bewegen wollte. Ich umschloß ihr Kinn mir meiner Hand und hob ihren Kopf, so daß sie mir in die Augen sehen mußte. Sie kämpfte immer noch gegen die Tränen an. Ich lockerte meinen Griff, da ich wußte, daß sie daß sie am Ende ihrer Kräfte war. Die Schuld hatte mich die letzten vierundzwanzig Stunden fast erstickt. Oh ja, das war alles nur mein Fehler, und ich wußte es.

"Bitte, meine Liebste," bat ich sie sanft. "Du hast ihn auf seine Betrügerei angesprochen und er hat dir das angetan, nicht wahr? Torrie? Sag mir nur, ob er das war oder nicht."

Ihr Lippe zitterte. Ihre Augen flatterten einen Moment, dann nickte sie.

Ich hörte Sean hinter mir fluchen und Elijah noch einen Laut ausstoßen und weggehen, aber ich blickte weiterhin Torrie an. Die Tränen begannen zu fließen und ich zog sie in meine Arme, hielt sie und sie begann zu schluchzen und ich schob den ganzen Ärger - den puren Haß auf Steve Rubin - für einen Moment beiseite und konzentrierte mich darauf, meine Freundin zu trösten. Ich strich ihr übers Haar und streichelte ihren Rücken, während Elijah den Pool umrundete, vor sich hin murmelte und Sean an der Seite stand, sich durchs Haar fuhr und mich und Torrie ansah, während er ungläubig den Kopf schüttelte. Es war alles ziemlich surreal. Man kann sich einfach nicht vorstellen, daß man mal in so einer Situation landet. Männer, die Frauen schlugen, waren für einen etwas, was man nur in Dramen oder Fernsehfilmen sah oder von denen man in den Nachrichten im Zusammenhang mit irgendwelchen Profisportlern hörte. Das passierte nie jemandem, den man kannte, und ganz bestimmt sollte es nicht Torrie passieren. Ich weiß nicht, wie ihr das seht, aber für mich waren Frauen in solchen Situationen immer milde Wesen ohne Rückgrat oder Bildung oder Selbstbewußtsein. Torrie hatte sicherlich auch ihre Unsicherheiten, aber hatten wir die nicht alle?
 

Fuck.
 

"Ich lasse dich nicht wieder dahin zurück, hast du mich verstanden?" fragt ich sie sanft. Ich wartete, bis ich sie an meiner Brust nicken fühlte, bevor ich fortfuhr. "Laß es einfach nur zu, daß ich mich um dich kümmere. Ich sorge dafür, daß die sowas nicht mehr passiert, Liebste, ich verspreche dir das."

Es war schwer, meine eigenen Tränen zurückzuhalten, als sie sich an mich schmiegte. Ich hielt sie ein wenig fester. Meine eigene Stimme ging mir nicht aus dem Kopf, die ihr sagte, ihn zu konfrontieren. Sie hatte am Telefon Angst gehabt. Ich hatte es gewußt und es ignoriert. In diesem Moment haßte ich mich so sehr, wie ich Steve haßte.

"Ich bin jetzt da, Baby," versicherte ich ihr und vergrub mein Gesicht in ihrem Haar. "Ich bin da."

Kapitel 8
 

Now, we can both learn

Somehow, you'll see it's all we have

Love, it keeps us together

and I need love

Unstoppable - The Calling
 

Die Vorbereitungen waren getroffen. Torrie würde bei mir wohnen, bis sie eine eigene Wohnung gefunden hatte. Ich ließ sie bei Elijah und Sean, während ich ihren Onkel anrief. Oh, glaubt ruhig, daß ich Onkel Tony angerufen habe. Hab ihm alles erzählt. Erwähnte, daß sie ihr Zeug brauchte, es aber alles in dem Haus des Arschlochs sei und daß ich sie da nicht wieder hingehen lassen würde. Tony sagte, er würde sich darum kümmern. Ich bemerkte, daß ich gerne dabei wäre, aber er sagte, daß wäre keine gute Idee. Irgendwas von wegen je weniger Zeugen, desto besser. Ich fragte nicht nach Einzelheiten.

In ihrem Auto fuhr ich Torrie und mich zurück zu meiner Wohnung. Sie schwieg die ganze Zeit und hatte sich auf dem Parkplatz kaum von Elijah und Sean verabschiedet. Während der Fahrt hielt ich ihre Hand und redete sanft mit ihr, dumme kleine Geschichten über Neuseeland und einige Nachdrehs, die wir gehabt hatten. Ich glaube, sie hat nicht ein Wort davon gehört. Sie zog sich von mir zurück und verschanzte sich, und das gefiel mir nicht. Zum ersten Mal, seit wir Freunde geworden waren, wußte ich nicht, was sie dachte. Das machte es nur noch schwieriger, herauszufinden, wie sie sich etwas öffnen konnte.

Als wir schließlich meine Wohnung erreichten, führe ich Torrie hinein, warf meine Taschen neben der Tür auf den Boden und fragte sie, ob sie etwas brauchte. Keine Antwort. Ich seufzte, sagte ihr, sie solle es sich gemütlich machen und ging dann in mein Schlafzimmer, wo sie nicht sehen konnte, wie ich nach ein paar Dingen trat. Ich wünschte, Tony hätte mich mitkommen lassen. Ich hatte dieses überwältigende Verlangen, etwas Energie in Steves Gesicht abzulassen. Ich sah auf meinem Bett und zwang mich, mich zu beruhigen, denn ich wußte, daß ich so angespannt keine Hilfe für Torrie wäre. Ich glaube, zehn Minuten vergingen, als ich mich schließlich wieder ins Wohnzimmerzwang.

Sie kniete vor meinem CD-Player und ich hörte Ute Lemper Stimme leise ,Little Water Song' aus den Lautsprechern singen. Ich blieb still, wollte Torrie nicht stören und ballte meine Fäuste an meinen Seiten, als ich ihre Stimme mit Utes mitsingen hörte:
 

"For under here, my pretty breats are piled high

With stones and I cannot breathe

And tiny little fishes enter me

Under here, I am made ready

And under here, I am washed clean

And I glow with the greatness of my hate for you"
 

Verdammt.

Plötzlich war das Lied für mich ruiniert.

Ich ging schnell weiter in die Küche, um uns etwas zu essen zu machen, um alles normal und richtig aussehen zu lassen und um auf sie aufzupassen, wie ich es versprochen habe. Unglücklicherweise war ich gedanklich nicht so bei der Sache und es war ohnehin nicht zu Essen im Haus und ich verbrannte mir die Hand, bevor ich die Suppe für uns überhaupt fertig hatte. Ich griff mir zwei Schüsseln und brachte sie ins Wohnzimmer, stellte sie auf den Kaffeetisch, aber Torrie rührte ihre nicht an. Ich versuchte sie dazu zu überreden, aber sie sagte, sie sei nicht hungrig. Wo wir gerade dabei sind, ich war es auch nicht. Ich aß ein paar Löffel und fragte mich dann, ob es das wert gewesen war, mich dafür zu verbrennen.

Ich warf die Schüsseln in die Spüle und ging wieder zu Torrie. ,Little Water Song' war immer noch an und ich haßte es. Ich kniete neben ihr und fuhr mit einem Finger über ihre Wange, um ihre Aufmerksamkeit auf mich zu lenken.

"Willst du ein heißes Bad oder so nehmen? Das wird dich ein wenig entspannen," schlug ich sanft vor.

Sie nickte nur.

Ich half ihr hoch und führte sie ins Bad, wo ich das heiße Wasser aufdrehte und ihr sagte, sie solle sich hinein setzen, während ich mich nach etwas umsehen würde, was sie als Schlafanzug benutzen könnte. Ich griff ein Paar Pyjamahosen und ein T-Shirt und ging wieder zum Bad, wo ich an die Tür klopfte. Keine Antwort. Ich öffnete es, lugte hinein und biß mir auf die Lippe, um nicht laut aufzuschreien. Sie hatte ihr Shirt ausgezogen, stand vor dem Spiegel und sah sich an, und ihre Schultern und Arme und ihr Rücken waren mit noch mehr Blutergüssen übersät. Ich drückte den Türknauf so stark, daß ich überrascht war, daß er nicht abbrach. Torrie sah zu mir und unsere Blicke trafen sich, ich schwöre, ich habe noch nie so einen Schmerz gesehen. Ich glaubte, damit nicht umgehen zu können. Vielleicht war ich nicht die richtige Person, um ihr zu helfen. Ich hätte sie zu Sean oder zu ihrem Onkel schicken sollen. Ich wußte nicht, was ich tun sollte. Ich begann, panisch zu werden.

Torrie langte aus und nahm mir die Kleidung aus den Händen. "Danke, Orli," sagte sie leise.

Ich nickte nur, aus Angst, zu reden, und schloß die Tür.

Ich ging wieder in mein Zimmer, setzte mich aufs Bett und weinte. Ich konnte nicht mit dem Gedanken umgehen, wieviel Scherz sie hatte erleiden müssen und daß sie es für sich behalten hatte. Ich konnte nicht begreifen, warum jemand einen Menschen so verletzen wollte, vor allem Torrie. Ich beschuldigte mich immer noch, daß ich ihr geraten hatte, eine offensichtlich unvernünftige und verrückte Person zur Rede zu stellen. Ich hätte für sie da sein sollen. Ich hätte die Zeichen verstehen sollen, statt sie zu ignorieren, weil ich Angst hatte, die Wahrheit zu glauben. Ich saß dort im Dunkeln bis nach Mitternacht, ohne auf die Zeit zu achten.

Ich stand auf und ging ins Wohnzimmer, wo Torrie eingekuschelt und schlafend auf der Couch lag. Ich setzte mich neben sie, strich ein paar Augenblicke über ihr Haar, mein Blick fuhr über ihre Blutergüsse. Plötzlich erschien sie mir zerbrechlicher als je zuvor. Ein überwältigendes Gefühl, sie beschützen zu müssen, kam über mich. Ich lehnte mich über sie, küßte sie auf die Stirn und legte dann eine Decke über sie, um sie warm zuhalten.

Ich wußte, daß ich mich auch etwas entspannen mußte, oder ich würde niemals schlafen können, und nahm ein heiße Dusche. Ich stand gute dreißig Minuten unter dem laufenden Wasser und versuchte, die Erlebnisse der vergangenen Tage in meinem Hirn zu ordnen. Wahrscheinlich würden Sean und Elijah die nächsten paar Tage bei uns vorbeikommen, um nach uns zu sehen, das wußte ich. Ich hoffte, Sean wurde Christine mitbringen. Torrie könnte vielleicht eine weibliche Schulter zum ausweinen brauchen.

Ich war zu müde, um mich abzutrocknen und warf mich nur in ein paar Boxershorts, dann krabbelte ich ins Bett und starrte an die Decke. Ich hätte Torrie mein Zimmer anbieten sollen, hatte es aber verpaßt, als sie mit ihrem Bad fertig war. Jetzt wollte ich sie nicht aufwecken. Gott, ich konnte nicht klar denken. Ich wollte Atti anrufen und ihn fragen, was ich tun sollte. Oder vielleicht Viggo. Er würde wissen, was zu tun sei, er ist gut darin, mit Leuten umzugehen und sich um sie zu sorgen und Dinge richtig zu machen.

Ich sah zur Tür, als ich ein Geräusch hörte. Torrie stand da und sah mich an, sie sah so allein und verwundbar aus in der Dunkelheit. Ohne ein Wort warf ich die Bettdecke zurück und sie kam sofort zu mir, krabbelte zwischen die Laken und kuschelte sich an meine Seite. Sie zitterte. Ich hielt sie und küßte ihre Augenbraue und flüsterte so was dummes wie ,Du bist sicher', aber es schien nicht zu helfen. Ich streichelt ihren Rücken und zog sie näher an mich und legte ein Bein über sie, aber sie zitterte immer noch. Ich wußte nicht, was ich noch tun sollte und begann langsam, einen ihrer Lieblings-Tea Party-Songs zu singen:
 

"So never put it out my love

The spirit is the flame

That burns within

Hold on to me, it'll be alright

Sleep now is descending

Like a dream

Still I'm shaking from the softness

Of your skin

Hold on to me, it'll be alright"
 

Ich fühlte ihre Tränen am meiner Brust, ihre Hand wanderte in meine. Ihr Haar roch nach meinem Shampoo. Die Kleider, die sie trug, waren meine. Mein Geruch schien sich an sie zu schmiegen. Ich hatte mich in meinem ganzen Leben noch nie so besitzend gefühlt.

Ich sang weiter.
 

"With your arms around me

You're singing softly

And I fade from memories

And move on

May nothing harm you

I'm still inside you

With my wings around you

You'll go on

Sweet lover go on

My love be strong"
 

Ihr Atem wurde gleichmäßig und ihr Zittern hatte nachgelassen. Ich blieb bewegungslos und hielt sie, ich wollte schlafen, aber dennoch wach bleiben, falls sie mich brauchte. Ich fühlte mich unpassend, als ob ich nicht die richtigen Dinge zu tun und sagen wüßte. Ich hatte Angst, ich würde es vermasseln. Ich hatte Angst, daß sie mehr von mir brauchte und daß ich nie wüßte, was es war. Am meisten hatte ich davor Angst, daß ich mich nicht verstand, wenn es um Torrie ging. Ich konnte die Tiefe der Gefühle, die ich für sie hatte, nicht verstehen, noch mir selbst eingestehen, daß es mehr war als nur das Bedürfnis, jemanden zu beschützen, der mich brauchte. Vielleicht rührte es alles nur von dem egoistischen Bedürfnis her, jemanden um mich zu haben, der mich auf dem Boden hielt, der ich davon abhielt, mich zu sehr von den Geschichten, die die Presse über mich schrieb und von den Kommentaren meiner Agentin, wie, daß ich eines Tages populärer wäre als Tom Cruise, einwickeln zu lassen. Scheiß drauf.

Irgendwann in der Nacht, während ich mich über meine Fähigkeit, Torrie zu helfen und meine Unfähigkeit, es auch zu tun sorgte, schlief ich ein. Ich wachte spät am Morgen auf, das helle Sonnenlicht schien durch das Fenster. Torries warmer Körper war immer noch an meinen gedrückt und ich drehte den Kopf, nur um zu sehen, daß sie wach war und mich ansah. Ihr Blick war etwas beunruhigend, aber ich sah nicht weg und zappelte nicht herum, obwohl mein Körper danach schrie. Unsere Hände waren immer noch ineinander gelegt und eines ihrer Beine war zwischen meine gedrängt. Ihr wißt ja, daß eine bestimmter Teil des männliches Körpers jeden Morgen hellwach ist? Verdammt, aber das war echt peinlich. Ich hoffte, sie würde es nicht bemerken. Ich versuchte, mich nicht zu bewegen. Ich hoffte, sie würde es tun.

"Kein Wunder, daß Frauen auf der ganzen Welt Webseiten kreieren, die dir gewidmet sind," sagte Torrie schließlich, und ihre Worte waren kaum ein Flüstern in der Stille.

Ich blinzelte und verstand nicht. "Was?"

"Wenn sie nur wüßten, wie wunderbar du wirklich bist," fügte sie hinzu. "Schön anzusehen, mit einer passenden Seele."

"Bin ich nicht," stritt ich ab, denn es war mir unangenehm, über mich und meine Fans zu reden. Unangenehm, weil ich wollte, daß sie mich weiterhin so ansah und weiter so über mich redete und ich wußte nicht warum.

Sie bewegte sich und ich rückte weg, weil ich immer noch nicht wollte, daß sie meine Erektion bemerkte. Sie runzelte die Stirn.

"Wir sind doch Freunde, nicht wahr, Orli?"

"Ja."

"Dann hör auf, so naiv zu sein. Ich bin kein Kind. Ich weiß genau, wie empfindlich Männer morgens sind und ich bin nicht so dumm, zu glauben, daß es etwas mit mir zu tun hat," lachte sie einen Augenblick und setzte sich dann auf, zog ihr Bein von meinen weg und küßte meine Stirn.

Ich mochte ihre Worte oder ihren Tonfall nicht. Ich wollte etwas sagen, aber ich wußte nicht, was. Ich hätte schwören können, daß ich mich auf Eierschalen bewegte. Sie krabbelte aus dem Bett und stapfte Richtung Flur, während ich mich aufsetzte und ihr nach sah.

"Ich nehme an, da du so lang nicht da warst, ist nichts zum Frühstück im Haus," hörte ich sie sagen, als sie um die Ecke verschwand.

"Ummm... nein," rief ich zurück, schwang mich aus dem Bett und griff nach einem Paar Jeans auf dem Boden. Während ich in sie hinein hüpfte, ging ich in Richtung Küche, wo sie in meinen leeren Kühlschrank schaute. "Letzte Nacht erschien mir nicht als die beste Zeit, kurz einkaufen zu gehen..."

Sie winkte ab, schloß die Tür und warf mir ein schnelles Lächeln zu. "Ich kaufe was auf dem Weg zur Arbeit ein."

Ich schüttelte schon meinen Kopf, als sie an mir vorbeigehen wollte. "Du gehst heute nicht zur Arbeit."

"Orli, ich habe einen Job zu erledigen."

"Und was, wenn Steve vorbeikommt und nach dir sucht? So sehr ich auch glauben möchte, daß dein Onkel ihn zu den Fischen geschickt hat, denke ich nicht, daß er der Typ ist, der einen Mord begehen würde.."

Daran hatte Torrie offensichtlich nicht gedacht. Sie zog ein Gesicht, sah weg und legte ihre Arme um sich, als wäre ihr auf einmal kalt.

"Hör mal, ich bin mir sicher, wenn du Scott anrufst und ihm erklärst - "

"Nein!" Sie sah wieder zu mir. "Ich werde keinem bei meiner Arbeit davon erzählen. Es ist schon schlimm genug, daß du und Sean und Elijah davon wissen! Es ist so schön zu wissen, daß die Darsteller von ,Herr der Ringe' etwas haben, was sie auf der nächsten Premiere bereden können. Vielleicht willst du sogar ein paar Fotos machen, zum rumzeigen? Es ist unglaublich, daß du mir diese Frage noch nicht gestellt hast, die doch so in deinem Blick brennt."

"Über was zur Hölle redest du da?" fragte ich, aber sie drehte sich fort und ging ins Wohnzimmer. Ich folgte. "Welche Frage? Und wie kannst du nur glauben, daß ich diese Situation und dich so grausam ausnutzen würde! Ich kann dir garantieren, daß weder Lij noch Sean auch nur ein verdammtes Wort über diese Sache verlieren werden und wenn du auch nur eine Minute daran denkst, ich zu beschuldigen, dann kennst du mich wahrscheinlich nicht so gut, wie ich dachte!"

Torrie antwortete nicht darauf und tat so, als würde sie mich ignorieren. Verdammt, ich wollte einfach zurück ins Bett. Dort war es gemütlicher, wir hatte einander gehalten und nichts gesagt und jetzt war da überall diese Spannung und ich hatte furchtbar Angst, etwas Falsches zu sagen. Ich sollte sie trösten, nicht anschreien, verdammt. Ich ging zu ihr, schlang meine Arme um sie, zog sie an meine Brust und hielt sie fest. Sie wehrte sich nicht. Wir standen eine Weile schweigend dort, ihr Hinterkopf an meiner Schulter, mein Kinn an ihrer. Sie roch immer noch wie ich und es erschien mir so, als ob sie hierher gehörte. Ich wollte sie hier. Ich hoffte, daß sie nicht gehen wollte.

"Die Tiere brauchen mich," sagte Torrie schließlich und brach das Schweigen.

"Sie werden es schon einen Tag ohne dich schaffen." In meinen Armen drehte ich sie, so daß wir uns ansahen, meine Arme immer noch um ihrer Taille. "Morgen gehe ich mit dir zur Arbeit. Ich habe die nächsten paar Tage nichts vor, als werde ich einfach rumhängen und dich mir alles über die Welt der Meeresbiologie beibringen lassen."

"Ich brauche keinen Bodyguard," schmollte sie stur.

Dem stimmte ich weiß Gott nicht zu, aber ich sagte es nicht laut. Ich lehnte mich vor und drückte meine Stirn an ihre. "Denk einfach, daß ich dich nicht aus den Augen lassen will. Ich habe dich vermißt."

Sie runzelte die Stirn, ihre Augen bewegten sich, um kurz meinen Blick zu kreuzen. "Und was wird Trophy dazu sagen?"

"Julie weiß, daß wir Freunde sind, Tor. Sie wird damit umgehen müssen."

"Sie akzeptiert es offensichtlich besser als ich es in so einer Situation tun würde."

"Das bezweifele ich." Ich küßte ihre Wange. "Und jetzt sei brav und zerstöre nicht meine Wohnung, während ich einkaufen gehe."

Sie gab mir einen dieser ,als ob'-Blicke, als ich mich losmachte und ich lachte. Sie ließ sich auf die Couch fallen, griff sich die Fernbedienung und schaltete den Fernseher an. Ich sah noch einen Moment zu ihr, bis ich schließlich zurück ins Schlafzimmer ging, um mich anzuziehen. Auf dem Weg nach draußen sagte ich Torrie, daß Sean oder Elijah vorbeikommen oder anrufen könnten und daß sie alles von mir anziehen könne, falls sie nicht im Schlafanzug bleiben wolle, bis ihr Onkel mit ihren Sachen auftauchte. Ich fragte ich, wie das wohl ginge. Ich hoffte insgeheim, daß Steve sich gewehrt hatte. Ich wußte, daß Torrie das nicht mögen würde, aber ich wollte sie später mit zur Polizei nehmen und Steve anzeigen. Sie könnte zumindest eine Verfügung bekommen, daß er sich von ihr fernhalten müsse, falls er versuchen würde, ihr aufzulauern. Ich wäre ohnehin nur ein mittelmäßiger Bodyguard, wenn ich nicht plötzlich anfangen würde, einen Bogen und Pfeile und ein Paar Dolche mit mir herumzutragen. Oh yeah. Das wäre zu gut.

Als ich vom einkaufen zurückkam, dröhnte Tea Party aus meiner Stereoanlage und Elijah lümmelte auf der Couch neben Torrie, und die beiden mußten sich anschreien, um sich über die Musik hinweg zu verständigen. Torrie trug eine meiner Jeans und ein langärmeliges, gestreiftes Shirt. Dieser Anblick bewegte etwas in mir, etwas darüber, daß sie meine Kleider trug, in meiner Wohnung und der Couch mit meinem Kumpel war. Es war, als würde man in einen verdammten Spiegel von mir sehen oder in den einer Hälfte von dir, von der man nicht wußte, daß sie existierte. Ich kann das nicht wirklich erklären, aber es fühlte sich richtig an. Angenehm. Als ich durch den Flur ging, nahmen sich die beiden genug Zeit, um mir zuzuwinken, bevor sie sich wieder ihrem Gespräch zuwandte, das sich um die Vorzüge von Superman gegen Batman zu drehen schien. Ja, so war Torrie. Ich schwöre, sie könnte über alles ein sachkundiges Gespräch führen.

Ich packte die Lebensmittel weg und goß ein großes Glas Milch mit Eis für Torrie ein, von dem ich wußte, das sie es liebte, und tat dann ein paar Eggo's in den Toaster. Hey, ich bin Junggeselle! Ich wollte ihr ja kein Gourmet-Omlett machen oder so. Als ich wieder ins Wohnzimmer kam, reichte ich Torrie die Milch, wofür sie mir dankte, und ging dann hinüber, um die Anlage leiser zu drehen. Die beiden sahen mich an, als ob sie sich fragte, was es für einen Grund gäbe, dies zu tun, aber ich ignorierte sie und ließ mich in einen Stuhl fallen.

"Superman ist nur super weil er ein Außerirdischer ist, der seine Kräfte von unserer Sonne bekommt," erklärte Torrie Elijah, bevor sie einen Schluck von ihrer Milch nahm. "Batman dagegen ist ein normaler und dennoch unglaublich kluger Mann. Er baut all seine Apparate selbst. Er denkt erst nach und löst dann das Problem, das sich ihm stellt, anstatt Hals über Kopf in eine Situation hineinzugeraten."

"Das mag ja wahr sein, aber in einem Kampf Mann gegen Mann würde Superman Batman in den Arsch treten."

Torrie rollte mit den Augen. "Du hast so unrecht."

"Was denkst du, Orli?" Elijah sah mich mit hochgezogener Augenbraue an. "Wer, glaubst du, würde gewinnen?"

Ich zuckte mit den Schultern. "Superman muß Batman was voraus haben. Ich meine, Batman muß eine Maske tragen, um seine Identität zu verbergen. Alles was Superman tun muß, ist, seine Haare anders zu kämmen."

Elijah lachte und Torrie stöhnte kopfschüttelnd. "Warst du nie in einer Debattiergruppe, Orli?" fragte sie.

Ich grinste.

Nachdem ich zwei Teller mit Eggo's und Sirup zubereitet hatte - Elijah, der heute morgen schon etwas gegessen hatte, wollte auch welche - drehte sich die Unterhaltung um den kommenden Spiderman-Film und dann um Filme generell. Torrie war verrückt nach alten Filmen, wie Zeug aus den 30ern und 40ern und sie nannte viele Sachen, über die Elijah und ich nur den Kopf schüttelten. Ihr Lieblingsfilm hieß 'Camille', mit Greta Garbo und als sie herausfand, daß noch keiner von uns ihn gesehen hatte, mußten wir ihr versprechen, daß wir ihn mit ihr ansehen würden, wenn ihr Onkel mit ihren Sachen auftauchen würde. Nicht, daß wir irgendwas für den Tag geplant hatten.

Ich war so froh, daß Elijah da war. Die Erwähnung ihres Onkels löste irgendwas in Torries Gedächtnis aus und sie wurde danach sehr still und Elijah warf sich sofort in eine neue total sinnlose Diskussion und lockte sie damit wieder hervor. Ich denke, ich war zu betroffen von der Situation, um etwas anderes zu tun als dort zu sitzen, mich um sie zu sorgen und sie zu trösten. Elijah war für uns beide eine willkommene Ablenkung.

Als die Türklingel ertönte, sprang ich auf und war nicht überrascht, daß Onkel Tony vor mir stand. Zwei Crewmitglieder standen hinter ihm und trugen Kisten.

"Hey Tony."

"Orlando."

Er nickte und ging an mir vorbei in die Wohnung. Ich hatte keine Ahnung, wo das ganze Zeug hin sollte. Eigentlich hatte ich ihn gefragt, ob ich Torrie zu ihm bringen sollte, aber anscheinend lebte er allein über einem Angelladen im Hafen. Ich wollte Torrie nicht dorthin bringen. Deshalb entschied ich, daß sie bei mir wohnen könnte. Nachdem ich die beiden Männer hinter Tony hineinließ, hörte ich den großen Seemann ein paar Schimpfworte ausstoßen und ich begriff, daß er Torrie zum ersten Mal gesehen haben mußte. Ich hoffte, er würde sie nicht zu sehr durcheinanderbringen und eilte zurück in das Wohnzimmer, um mich zu vergewissern, daß alles in Ordnung war. Er drückte sie und murmelte etwas über Männer, die seinem kleinen Mädchen weh taten und warf dann mir und Elijah diesen Blick zu, bei dem ich mich fühlte, als wäre ich gerade mal einen halben Meter groß. Da war wieder dieses beschissene Schuldgefühl.

"Also, was ist passiert?" fragte Torrie, als sie sich von ihm löste.

Ihr Onkel runzelte die Stirn. "Nichts, worüber du dir Sorgen machen mußt, Kleines. Wir haben alles geholt, von dem der Bastard zugeben konnte, daß es dir gehörte." Er deutete auf die Kisten, die seine Crewmänner unaufhörlich hineinbrachten und die sich so langsam hochstapelten. Ich wünschte, ich hätte eine größere Wohnung.

"Es gibt im Hafen eine leere Lagerhalle, in die wir deine Möbel stellen könnten, bist du eine eigene Wohnung gefunden hast."

Torrie nickte und sah mich zögerlich an und ich lächelte ihr zu. Ich wollte, daß sie wußte, daß alles so war, wie ich es wollte und daß sie sich nicht darüber sorgen mußte, im Weg zu sein. Ich wußte, sie würde das trotzdem tun.

Als alles da war, folgte ich Tony hinaus und schloß die Tür ein Stück hinter mir, als ich ihn aufhielt. "Also, was ist passiert? Hast du ihn dazu gebracht, zuzugeben, was er getan hat?"

Tony runzelte die Stirn. "Er tat es etwas... widerwillig." Er sah mich einen Augenblick an, als ob er mich prüfen wollte oder so und ich versuchte, unter seiner Musterung ruhig zu bleiben. Schließlich fragte er, "Kannst du damit umgehen? Ich meine, ich mache dir keine Hoffnungen, daß er das einfach so geschehen läßt. Er wird vielleicht bei ihrer Arbeit auftauchen oder den Weg hierher herausfinden."

Ich nickte, denn ich hatte dasselbe gedacht. "Ich wollte Torrie heute mit zur Polizei nehmen und Anzeige erstatten und eine Verfügung bewirken und so weiter. Sie wird okay sein. Ich... Ich werde auf sie aufpassen."

"Ich denke, das wirst du," lächelte Tony, und daran war etwas seltsam, aber ich wußte nicht, was. Er schüttelte mir die Hand. "Wenn du etwas brauchst, dann ruf ruhig an. Und sag Torrie, sie solle sich keine Sorgen machen, am Wochenende zum Hafen zu kommen."

Ich ging wieder hinein und Torrie und Elijah wühlten sich durch die Kisten, warfen Dinge hier und dorthin (glücklicherweise habe ich keinen Ordnungsfimmel!), bis sie ,Camille' gefunden hatten. Ohne weitere Worte zu verlieren, machten wir es uns auf der Couch gemütlich, Torrie in der Mitte, mit verschränkten Beinen und an mich gelehnt, und begannen, den Film zu gucken, den Torrie als ihren absoluten Favoriten auf der ganzen Welt bezeichnete. Ich komme gut genug mit meiner Männlichkeit klar, um zuzugeben, daß ich am Ende wie ein Baby heulte. Elijah auch. Wir alle. Es war ein ziemlich erbärmlicher Anblick, wir alle drei saßen dort, umarmten uns und heulten, jammerten über die Grausamkeit der Liebe und lachten ebenso oft, weil wir wußten, daß wir einfach nur lächerlich aussehen mußten. Aber ich glaube, wir mußten das rauslassen, und es fühlte sich verdammt gut an.

Sean rief kurz darauf an und ich ließ Torrie mit Christine sprechen, während Elijah mir half, ein paar Sachen in mein Schlafzimmer und in den Flur zu stellen. Nach dem Anruf schlug ich den Besuch bei der Polizei vor. Wow, Torrie mochte das gar nicht. Glücklicherweise war Elijah da und wir machten ihr klar, daß es zu ihrer eigenen Sicherheit geschah und für die Sicherheit der Frau, mit der Steve in Zukunft einmal zusammen sein würde. Das hörte sie auch nicht gern, aber ich wußte, daß ich sie dazu bringen mußte, sich der Realität zu stellen. Die ganze Situation war scheiße.

Elijah ging nach dem Abstecher bei der Polizei nach Hause. Wir waren drei Stunden dort. Man wollte Torrie am nächsten Tag weitere Informationen geben und das Urteil in der Verfügungssache. Sie fühlte sich die ganze Zeit unwohl, spielte mit dem Ring an ihrem Finger, von dem ich wünschte, daß sie ihn abnehmen würde, aber ich hatte noch nichts dergleichen gesagt. Schließlich hatte sie diesen Kerl mal geliebt. Denke ich. Sie hatte mir es nicht in genau diesen Worten gesagt, weshalb ich mich immer mehr fragte, warum sie mit ihm zusammengewesen war und warum sie es zugelassen hatte, daß er ihr dies antat. Ich wußte, sie würde es mir sagen, wenn sie dazu bereit war, und wollte sie nicht drängen.

Es war spät, als wir nach Hause kamen, und Torrie war natürlich erschöpft, emotional und körperlich. Ich dachte nicht zweimal darüber nach, ob sie wieder neben mir schlafen würde. Es schien einfach natürlich, daß sie dort war. Sie kuschelte sich wieder an ich und wir hielten uns bei den Händen und irgendwann gegen Mitternacht begann sie, von ihrer Beziehung mit Steve zu erzählen. Ich sagte nichts und ließ sie einfach nur erzählen, in ihrer eigenen Art und Weise. Das meiste war genau so, wie ich vermutet hatte. Steve war all das, was ihre Eltern für sie wollten. Als er sie gefragt hatte, ob sie mal ausgehen wollten, hatte sie nicht einmal daran gedacht, nein zu sagen. Er war in diesen ersten Monaten extrem charmant und süß und intelligent gewesen und sie dachte, er sei der perfekte Mann. Sicher, sie hatten nicht viel gemeinsam und sie glaubte manchmal, aß er nicht allzuviele intelligente Gespräche von einer Frau erwartete, aber davon ließ sie sich nicht einschüchtern. Ihre Familie vergötterte ihn. Ihr Mutter hatte ihr gesagt, daß sie diesen nicht gehen lassen sollte und ihr Vater hatte gesagt, daß es schön anzusehen sei, daß sie einmal in ihre Leben eine gute Entscheidung getroffen hatte. Gott, ich haßte ihre Eltern. Ich fragte mich, wie Onkel Tony nur so einsichtig und nett sein konnte, wo er doch mit ihrer Mutter verwandt war. Er hatte Steve von Anfang an nicht leiden können, hatte er mir gesagt.

Steve schlug sie ein paar Wochen, nachdem sie bei ihm eingezogen war, zum ersten Mal. Sie hatte ein paar Möbel mit seinen gemischt und sich darüber gestritten und er hatte sie geschlagen. Natürlich hatte er ihr sofort reuevoll gesagt, wie leid es ihm tat und wie sehr er sie liebte und blah blah blah. Torrie sagte, sie habe sich schließlich selbst beschuldigt, sich gesagt, daß er Recht hatte und sie versucht hatte, in Dinge vorzudringen, wo sie nicht erwünscht war. Von da an war es immer so gewesen. Sie schob seinen Ärger über sie immer auf ihre eigene Unsicherheit und Fehler. Sie gab sich so verzweifelt Mühe, daß ihre Familie stolz auf sie war, daß sie gewillt war, alles zu tun, um die Beziehung am Laufen zu halten. Als er ihr schließlich einen Antrag gemacht hatte, hatte sie noch mehr daran gearbeitet, ihre Gewohnheiten und ihre Persönlichkeit so sehr geändert, daß sie ihm paßten. Doch auch ohne Fehler hätte sie ja etwas tun können, was ihm eventuell mißfiel. Steve sagte ihr schließlich, daß er nur zu ihrem eigenen Wohle so handelte und ihr dabei helfen wollte, die Person zu werden, die sie sein sollte.

Fuck, ich haßte diesen Mann. Ich habe noch nie jemanden in meinem Leben so gehaßt. Das machte es noch schwerer, die Frage zu stellen, die in meinem Kopf kreiste. Torrie war eine Weile still gewesen und ich lag nur da, wollte das Thema nicht anschneiden aber ich wußte, daß ich es letztendlich doch tun würde. Ich mußte es wissen, auch wenn ich um die Antwort bangte,

"Torrie?"

"Hmm?"

"Der Bluterguß auf deiner Wange... den ich das erste Mal sah, als Lij und ich mit dir angeln waren... wie lange war es da her gewesen, daß er dich geschlagen hatte?"

Eine Pause, dann, "Etwa sechs Wochen."

Ich biß die Zähne zusammen. "Er hat dich geschlagen, weil wir miteinander getanzt haben, nicht wahr?"

Stille. Das war alles, was ich wissen mußte.

"Er hat dich wieder geschlagen, weil ich im Center war und diese Dinge gesagt habe, stimmt's?"

Torrie drückte meine Hand, lehnte sich dann auf ihren Ellbogen, um meinen Blick zu kreuzen.

Ich konnte nicht aufhören, mich selbst zu verurteilen. "Das letzte hier war, weil ich dir gesagt habe, du sollst ihn mit deinem Mißtrauen konfrontieren."

"Hör auf, Orli," sagte sie sanft. "Du bist nicht der erste Mann, mit dem er mich gesehen hat und der ihn verärgert hat. Er hatte sogar Probleme mit meinem Boß, um Himmels Willen."

Ich ignorierte sie. Ich berührte sie und fuhr mit dem Fingern zart über ihr Augenlid. "Ich hätte das hier auch gewesen sein können." Gott, es schmerzte.

"Orli, bitte, tu das nicht." Torrie lehnte sich runter und küßte meine Wange. Ihr Haar fiel in mein Gesicht, mein Geruch. Sie bettete ihren Kopf neben mich. Ihr Mund an meinem Ohr. "Du hast mir das Leben gerettet, Orli. Verstehst du? Eines Tages wäre Steve vielleicht zu weit gegangen und du hast das verhindert. Du hast mir gezeigt, daß ich es auch ohne ihn schaffen kann - daß ich es ohne ihn schaffen muß. Ich hätte nicht die Kraft gehabt, fortzugehen, wenn du nicht meine Hand gehalten hättest, Orli."

"Doch, das hättest du," antwortete ich sanft. "Du bist stärker, als du denkst."

Sie küßte meine Schulter. Ihr Lippen waren weich. "Ich liebe dich, Orli."

"Ich liebe dich auch, Engel."

Kurz darauf schliefen wir ein.
 

(Aber von wegen, jetzt sind sie keinesfalls zusammen ;) Das wäre ja für Dolphin's Cry Maßstäbe viel zu simpel...

Kapitel 9
 

And it feels now

just like heaven's coming down

your soul shakes free

as its conscience hits the ground

this time, no tears

Heaven Coming Down - Tea Party
 

Zwei Wochen später wurde eine Zweipersonenwohnung in meinem Wohnkomplex frei und wir zogen ein. Es bestand nicht länger die Frage, ob Torrie sich eine eigene Wohnung suchen würde - zu diesem Zeitpunkt fanden wir es einfach zu angenehm, den anderen da zu haben. Die erste Nacht war etwas seltsam, denn sie hatte jetzt ihr eigenes Schlafzimmer und ich hatte mich daran gewöhnt, daß sie jede Nacht neben mir schlief. Ich mochte es, daß meine Kissen und Laken jeden Morgen nach Kokosnuß rochen. Julie schien mit der neuen Wohnung etwas glücklicher zu sein, da ich ihr in diesen zwei Wochen nie erlaubt hatte, vorbeizukommen. Es erschien mir Torrie gegenüber einfach nicht fair, wenn sie sich nirgendwo vor uns zurückziehen konnte. Außerdem wollte ich nicht, daß Julie von unseren Schlafarrangement erfuhr.
 

Ich lernte drei Sachen über Torrie, während ich mit ihr lebte. Erstens, Frühstück bestand aus Diätcola und einem getoasteten Zwiebel-Bagel mit Frischkäse.

Jeden Morgen.

Zweitens, egal, was sie aß, sie schaffte es, genausoviel davon auf sich wie in ihren Mund zu bekommen.

Drittens, das Fernsehprogramm blieb immer auf einem von zwei Sendern, dem Discovery Channel oder Cartoon Network.

Oh, sie ist von ihren Cartoons besessen, besonders von den Looney Tunes. Sie kennt alle Episoden auswendig und kann die Titel sagen, wenn sie nur ein paar Sekunden gesehen hat, und sie weiß auch, wer Regie geführt hat. Besessen, sage ich euch. Beleidigt niemals Bugs Bunny, wenn sie anwesend ist.
 

Nachdem die Blutergüsse verblaßt waren, wurde Torrie wieder etwas selbstbewußter und Elijah und ich nahmen sie mit in die Clubs. Das waren einige die besten Momente und sie riefen mir die Zeit mit den Jungs in Neuseeland wieder ins Gedächtnis. Wir drei stürmten die Tanzfläche und schämten uns nicht, zusammen ziemlich lüstern abzutanzen. Schließlich waren wir Freunde, und da lief nichts weiter. Elijah und ich bewerteten Typen für Torrie, manchmal stimmte sie uns zu, manchmal sagte sie, daß wir wahrscheinlich besser zu ihnen passen würden als sie. Sie verkuppelte Elijah immerzu mit irgendwelchen Mädchen, und manchmal ging er ein paar Mal mit ihnen aus, manchmal warf er Torrie tödliche Blicke zu.

Wenn sie nicht gerade auf einem Fotoshooting war, kam Julie mit, aber diese Abende waren gewöhnlich gedrückter und immer öfter endete es damit, daß Elijah und Torrie uns allein ließen, um ins Kino oder so zu gehen. Sie kamen nie an und sagten, daß sie Julie nicht mochten, sie kümmerten sich zu sehr um mich, als daß sie mir dies hätten sagen wollen, glaube ich, aber es war offensichtlich, daß sie nicht zu viel Zeit mit ihr verbringen wollten.
 

Besonders, als eines Tages Julies Freundin Traci begann, uns zu begleiten. Traci war... nun, sie hatte eine Stimme wie Minnie Maus. Ohne Scheiß. Und ihre Persönlichkeit war irgendwie auf Grundschulniveau hängen geblieben. Sie giggelte. Sehr viel. Sie war süß, versteht mich nicht falsch. Aber fünf Minuten in ihrer Gesellschaft und man war bereit, sich zu erschießen. Ich erinnere mich, als Julie sie das erste Mal mitbrachte, sah ich zehn Minuten nach ihrer Ankunft zu Elijah und Torrie. Ich wünschte, ich hätte einen Fotoapparat dabei gehabt. Die beiden starrten sie einfach nur an, die Augen ungläubig geweitet.

Ein paar Minuten später stürmten sie die Tanzfläche und kamen nicht wieder. Ich wollte mich ihnen irgendwie anschließen. Julie bewunderte ihre Freundin und ich wollte sie nicht beleidigen.
 

Oh ja, fast hätte ich Steve vergessen. Drei Tage, nachdem Torrie von ihm weggekommen war, war ich mit ihr bei ihrer Arbeit und wollte gerade gehen, nachdem ich den ganzen Tag mit den Delphinen geschwommen war (es war einfach zu cool!), als er auf dem Parkplatz auftauchte und auf sie wartete. Torrie ließ Laurie die Polizei rufen, da Steve sich ihr nicht auf mehr als fünfzig Meter nähern durfte, während ich draußen bei der Tür blieb und ihn beobachtete. Seine Nase schien gebrochen zu sein und er hatte zwei Veilchen. Gott, ich liebte Onkel Tony. Ich sah zurück und erblickte Torrie, wie sie mit der Polizei telefonierte und sich von mir abwandte, und ich beschloß, hinauszugehen. Oh ja, ich wollte das Arschloch immer noch verprügeln. Mit meinen Händen in meinen Taschen, um so unbedrohlich wie möglich auszusehen, schlenderte ich zu Steve, der mich mit festem Blick beobachtete, als ich mich ihm näherte.

"Du weißt, daß du nicht hier sein dürftest, nicht wahr, Steve?" fragte ich lässig.

"Fick dich, Arschloch! Ich weiß, daß du der Arsch bist, der Torrie gegen mich aufgebracht hat!"

Ich zog eine Augenbraue hoch. "Sie gegen dich aufgebracht? Fuck, Mann, du hast alles aus ihr herausgeprügelt. Ich glaube nicht, daß sie um die Blutergüsse gebeten hat."

"Du solltest lernen, dich um deine eigenen beschissenen Angelegenheiten zu kümmern, Kleiner," spöttelte er.

Ich rollte mit den Augen. "Yeah. Was zur Hölle auch immer. Weißt du eigentlich, wie verdammt erbärmlich das aussieht, wenn du hierher kommst? Großer Mann auf seinen Knien, der darum bettelt, daß sein Mädchen wieder zu ihm zurück kommt."

Das klang, als wollte ich ihn provozieren? Nun, das wollte ich. Ich wußte, daß die Polizei unterwegs war und ich wollte sicherlich keine Körperverletzung in meiner Akte. Aber Selbstverteidigung. Nun, damit konnte ich umgehen. Ich war ganz und gar darauf vorbereitet, als er zum Schlag nach mir ausholte, genug, um mich zu ducken, so daß er mich total verfehlte. Ich lachte ihn aus, nannte ihn einen Verlierer oder ähnliches und seinem nächsten Schlag tanzte ich aus dem Weg. Was ich nicht erwartete, war, daß er mich zu Boden werfen würde. Mein Kopf schlug hart auf dem Asphalt auf und ein paar Sterne, Glocken und sogar ein paar kleine Vögelchen tanzten vor meinen Augen. Es tat auch ein gutes Stück weh. Und dann war er auf mir drauf und nagelte mich mit seinen Knien fest und ich fühlte die erste Faust auf meinem Kiefer und ich fragte mich, in was mich meine Frechheit wieder gebracht hatte. Seinen nächsten Schlag fing ich ab, bevor er in meinem Gesicht landete, aber Steve nahm einfach die andere Hand, griff mich am Nacken und rammte meinen Kopf wieder auf den Boden. Wow. Dieses Mal trugen die Vögelchen Lampenschirme auf dem Kopf und tanzten Tango.
 

Die Streife traf ein, zumindest schien es so. Ich hörte, wie ein Frau schrie "Nimm die Hände von ihm, du Schwein!" und Steve schien nach hinten zu fallen und ein dunkler Schatten kam über mich.

"Du Idiot," hörte ich Torrie neben mir murmeln, als ihre sanften Hände auf meinen Schultern waren und mir langsam halfen, mich aufzusetzen.

"Was passiert da?" Ich sah hinüber zu Steve, über dem gerade eine erzürnte Laurie stand, die ihn immer wieder in die Rippen trat und ihm alle möglichen Obszönitäten an den Kopf warf.

Torrie lächelte, als sie sich meinen Kopf ansah und zärtlich über den Fleck strich, an dem sich, da war ich sicher, schon eine riesige Beule gebildet hatte. "Es zahlt sich aus, treue Fans zu haben, denke ich."

Zu Steves Glück kam die Polizei bald darauf. Torrie machte keine Anstalten, Laurie von ihm wegzuziehen und sie ihr Schlimmstes tun zu lassen, und ich war gar nicht in dem Zustand, einzugreifen, weil ich zu beschäftigt war, mich mit den Vögelchen, die immer noch um mich herum tanzten, anzufreunden. Ich konnte ihn wegen Körperverletzung anzeigen, und Steve hatte gegen die Verfügung verstoßen und ihr könnt euch ja vorstellen, daß ich meinen Anwalt auf seinen hetzen würde. Als Steve abgeführt wurde, konnte ich nicht anders, als mich hämisch darüber zu freuen, wie dumm es von ihm gewesen war, den aktuellen Hollywood Hottie anzugreifen. Elijah würde das mögen. Torrie neben mir unterdrückte ein Kichern.
 

Torrie und ich diskutierten dann eine halbe Stunde darüber, ob ich ins Krankenhaus sollte. Ich sagte ihr, es sei nicht so schlimm. Abgesehen davon wollte ich keine Fotos davon, wie man mich ins Krankenhaus brachte. Ich mußte mich schon mit damit rumschlagen, daß ich über Torries und mein Zusammenleben ausgefragt wurde. Oh ja, solche Nachrichten drangen nach draußen. Eigentlich glaube ich, daß Julie etwas gesagt hat. Sie redet gern über mich und unsere Beziehung, was ich irgendwie süß finde. Jetzt folgte gelegentlich ein Reporter Torrie zur Arbeit, fragt sie, in welchen Stadium unserer Partnerschaft wir uns genau befanden, wie wir uns kennengelernt haben, blah blah blah. Sie nimmt das ziemlich locker. Meistens sagt sie ihnen, sie sollen mich fragen, und dann muß ich mich mit immer wieder denselben Fragen auseinandersetzen. Auch meine Fans fragen mich nach ihr, wenn ich welche treffe. Kürzlich wurde ein Foto von Elijah und Torrie aufgenommen, als sie zusammen nach einem gemeinsamen Abend aus dem The Lounge Club kamen. Glaubt mir, das hat die Gerüchteküchen noch mehr angeheizt. Was machte die Frau, mit der ich zusammenlebte, mit Elijah? Manchmal wünscht du dir, daß sich die Menschen sich genauso sehr für ihre eigenen Leben interessieren würden als für jedes andere. Die Welt wäre höchstwahrscheinlich ein besserer Ort zum Leben.
 

Mit Torrie um mich herum war es, als wären meine Mutter, meine Schwester und meine beste Freundin unter demselben Dach wie ich. Manchmal war sie etwas nervig - wenn sie zum Beispiel darauf ansprach, daß ich die Orangensaftflasche leer in den Kühlschrank zurückgestellt oder dreckige Teller im Wohnzimmer hatte stehen lassen. Dann war da diese Nacht, in der Julie und ich etwas laut in meinem Schlafzimmer wurden, und das nächste, was ich wußte, war, daß Torrie an die Tür hämmerte und uns sagte, wir sollten etwas leiser sein oder sie würde anfangen, Eintritt zu nehmen. Arme Julie. Es war ihr so peinlich. Dafür schulde ich Torrie noch etwas.
 

Auf der anderen Seite gab es Seiten an Torrie, die ich gegen nichts auf der Welt eingetauscht hätte. Sicher, sie war eine unglaublich gute Köchin und immer da, um mich aufzuheitern und mich zum lachen zubringen, wenn ich down war, aber ich liebte es, wie sie sich um mich kümmerte. Männer sind Babys. Ich kann das zugeben. Wir wollen verhätschelt und umsorgt und von Kopf bis Fuß verwöhnt werden. Und wenn wir krank werden, ist es noch schlimmer. Der kleinste Nieser, und uns ist klar, daß wir sterben müssen. Wenn man dem einen Husten und Kopfschmerzen hinzufügt, kannst du ebensogut deinen Letzten Willen und dein Testament niederschreiben, soweit es uns betrifft.
 

Es war etwa vierundzwanzig Stunden her, seit Torrie und ich uns das letzte Mal gesehen hatten. Ich war die ganze Nacht mit Julie unterwegs gewesen, und als ich heimkam, war Torrie schon zur Arbeit gegangen. Mir ging es schlecht. Mein Kopf fühlte sich an, als würde er jeden Moment implodieren. Ich rollte mich auf dem Sofa zusammen und sah auf die Uhr. Ich sollte Julie diesen Abend auf die Premiere des neuen Julia-Roberts-Streifens mitnehmen. Ich wußte nicht, wie ich das rumkriegen sollte. Ich hatte gerade meine Augen geschlossen, als ich hörte, wie sich die Tür öffnete und das unverkennbare Geräusch einer stolpernden Torrie hörte.

"Gottverdammt, Orli! Wie oft habe ich dir schon gesagt, daß du deine verdammten Schuhe nicht bei der Tür lassen sollst?"

Ich stöhnte nur und vergrub mein Gesicht in der Armlehne. Ich hörte, wie sie in das Zimmer kam und ein paar Taschen auf den Tisch stellte.

"Was ist los mit dir?" Stille. Schritte über den Teppich, ihre Hand auf meiner Schulter, sie drehte mich zu ihr. "Agh! Du siehst aus, als hätte sich der Tod dir vorgestellt, Schatz."

"Danke." Ich zog eine Grimasse.

Sie legte ihre Hand auf meine Stirn. Sie fühlte sich angenehm und kühl an und ich wollte, daß sie sie dort ließ. "Orli, du brütest ein Fieber aus."

Ohne Scheiß.

"Schatz?" Sie saß neben mir und fuhr mit ihren Fingern durch mein Haar. Es fühlte sich wirklich gut an und ich lehnte mich bald in ihre Hand und wollte mehr. Wenn ich eine Katze gewesen wäre, hätte ich jetzt geschnurrt. "Seit wann fühlst du dich so?"

"Seit letzter Nacht," gab ich mit verschnupfter Nase zu.

"Und du bist nicht nach Hause gekommen und hast geschlafen, wie du gesollt hättest." Torrie seufzte und schüttelte den Kopf: "Na komm. Ab ins Bett mit dir."

Ich schüttelte schwach den Kopf. "Ich hab heute abend diese Premiere - "

"Ja, ich hab auch eine," sagte Torrie, griff meinen Arm und zog mich mit sich. "Sie heißt 'Orli Entscheidet Sich Einmal, Sich Um Sich Selbst Zu Kümmern'. Die Besetzung besteht aus Orlando Bloom, Torrie Adams und der armen, deprimierten Freundin, gespielt von Trophy. Es geht um das arme Mädchen, das einen Anruf aus dem Nirgendwo erhält, der ihr sagt, sie soll allein zu dem verdammten Film gehen."

"Ich habe die Tickets," antwortete ich, während ich mir auf die Füße und in mein Schlafzimmer helfen ließ. Schlaf klang besser und besser.

"Na dann. Dann muß sie sich wohl heute abend um ihre Haare oder so kümmern."

Ich lächelte. Torrie setzte mich auf mein Bett und verschwand dann im Bad. Sie kam mit zwei Aspirin und einem Glas Wasser zurück und stand neben mir, bis ich das ganze Wasser ausgetrunken hatte. Dann kniete sie vor mir und zog mir die Schuhe aus, half mir, mein Hemd und dann meine Jeans auszuziehen. Ich fühlte mich wieder wie ein Kind, es war toll. Sie steckte mich ins Bett, sagte mir, ich solle schlafen und versprach mir, daß sie mir etwas Suppe für später zubereiten würde. Ich erinnerte sie an Julie und sie nahm das Telefon neben meinem Bett und drückte die Schnellwahl.
 

"Hi. Kann ich bitte mit Tro - Julie sprechen?"

Ich lächelte über diesen Ausrutscher.

"Julie? Torrie hier. Ich rufe nur an, um dir zu sagen, daß Orli krank ist und ich ihn so nicht aus dem Haus lasse, also ich denke, heute abend ist für euch zwei gestorben... Nein, ich kann mich um ihn kümmern... Wir wollen doch nicht, daß du auch krank wirst, nicht wahr?... Gutes Mädchen... Ja, ich sage ihm, er soll dich anrufen, wenn es ihm besser geht... Buh-bye."

Gegen Ende des Gesprächs hatte ich fast schon die Augen zu. Ich fühlte wieder ihre Finger und dann ihre Lippen auf meiner Stirn. "Schlaf ein wenig, Liebling," flüsterte sie. Und ich tat es.
 

So ging das die nächsten Tage weiter. Torrie gab mir Antibiotika und massenweise Saft und machte diese geniale Gemüsesuppe und am ersten Tag fütterte sie mich tatsächlich, denn ich war einfach zu matt, um selbst was zu tun. Ich schlief viel und sie kam jeden Tag zur Mittagszeit heim, um sich zu vergewissern, daß ich alles hatte, und saß sie nachts bei mir, als wir zu Abend aßen, und sie sagte mir, ich solle mich wieder ins Bett legen. Ich war total und gänzlich verwöhnt und ich liebte jeden Augenblick davon. Ich kann euch sagen, Elijah war eifersüchtig. Er sagte Torrie, ich sei schon groß und könnte mich um mich selbst kümmern, woraufhin Torrie lediglich antwortete, daß er im Garten seiner Mutter wohnte, während meine Mutter auf der anderen Seite der Welt war. Elijah schmollte nur.
 

In Rekordzeit ging es mir besser, was ich dem ganzen Verhätscheln zu verdanken haben, denke ich, und wir feierten das, indem wir ausgingen. Gottseidank war Traci nicht in der Stadt und so waren es nur ich, Julie, Elijah und Torrie.

Wir gingen in The Lounge in West Hollywood und bestellten ein paar Drinks, bevor Elijah und Torrie sich schnell entschuldigten und sich auf die Tanzfläche verkrümelten. Ich setzte mich und legte den Arm um Julie und sah meinen beiden Freunden zu, wie sie sich albern und wie zwei sexhungrige Teenager auf der Tanzfläche hin und her bewegten. Oh ja, da gab es schon etwas zu sehen, wenn sie zusammen unterwegs waren. Sie hatten einfach zu viel Spaß und schienen die Macken des jeweils anderen aufzuarbeiten. Torrie schien in den Wochen, nachdem sie Steve verlassen hatte, wie eine andere Person aus ihrem Schneckenhaus herauszukommen. Sie war nicht komplette anders, aber wie Torrie hoch zwei. Sie lachte und scherzte mehr und ging mehr aus sich heraus und war aggressiver. Es schien, als habe das Leben sich ihr einmal erkenntlich gezeigt, und nun griff sie danach mit beiden Händen. Ich kannte das Gefühl, hatte es selbst erlebt. Es war schön, sie so zufrieden zu sehen, so selbstbewußt und energisch.
 

"Orlando? Hörst du mir zu?"

Ich blinzelte aus meiner Träumerei, meine Freunde zu beobachten, und sah Julie , die mir einen mißbilligenden Blick zuwarf. "Sorry, Süße." Ich küßte ihre Wange. "Ich war in Gedanken."

"Du hast Torrie angestarrt. Du starrst Torrie immer an."

Sofort schüttelte ich den Kopf. "Nein Jewels, du weißt, daß das nicht wahr ist. Ich habe nur ihr und Elijah beim Tanzen zugesehen. Ich weiß nie, wann ich sie mal hier rausziehen muß, bevor sie verhaftet werden."

Sie schien über meine Antwort nicht glücklich zu sein, guckte nur in ihren Drink und spielte mit den schmalen Strohhalm.

"Was ist los?" fragte ich sie, zog sie näher an mich und küßte ihre Schläfe. "Du scheinst schon den ganzen Abend durcheinander zu sein. Willst du nicht mit mir reden?"

"Ich will dich nicht verärgern."

Ich lächelte. "Ich werde dir nicht böse sein. Ich könnte dir niemals böse sein, Süße. Und jetzt sag es mir, ja?"

Julie seufzte, ihr Blick schweifte wieder auf die Tanzfläche. "Versteh mich nicht falsch. Ich mag Torrie. Sie ist lustig und war immer nett zu mir aber... nun, ich dachte, sie wollte sich eine eigene Wohnung suchen. Ich verstehe nicht, warum ihr zwei unbedingt zusammen wohnen müßt. Es... es ist mir unangenehm."

"Und würdest du dich auch so fühlen, wenn ich satt dessen mit Elijah leben würde?"

"Das ist nicht dasselbe, Orli, und das weißt du!"

"Es ist dasselbe," antwortete ich ruhig. "Torrie ist eine Freundin. Nicht mehr. Nie. Wir betrachten uns einfach nicht als was anderes."

"Ein Mann und eine Frau können nicht miteinander leben, ohne daß letztendlich etwas passiert, Orli."

"Das zeigt ja, wieviel du weißt," lachte ich und küßte sie, obwohl sie mir ausweichen wollte. "Zwischen mir und Torrie wird niemals etwas dergleichen passieren. Ich bin nicht interessiert und sie würde mich höchstwahrscheinlich umbringen."
 

Julie wurde sehr still danach und ich denke nicht, daß sie mir glaubte. Ich wußte nicht, wie ich es beweisen sollte. Sicher, wenn die Beziehung zu Julie ernster würde, wäre es wahrscheinlich nicht klug, mit Torrie weiterhin zusammen zu wohnen. Weil es einfach für beide unfair war. Ich wollte nicht, daß die Eifersucht Julie auffraß, denn es gab einfach keinen Grund dafür. Aber im Moment war ich mir nicht sicher, was meine Gefühle für Julie waren der wie weit sie gehen würden. Sie war schön und ich liebte es, mit ihr auszugehen und Zeit mit ihr zu verbringen und ich glaube, ich war ihr wirklich wichtig, aber wie weit das gehen würde, das wußte ich nicht. Das konnte ich mir nicht vorstellen.
 

Eine Antwort war anscheinend nicht genug für Julie, denn an diesem Abend ging sie sehr früh und klagte über Kopfschmerzen. Ich ließ sie gehen und schloß mich dann Elijah und Torrie auf der Tanzfläche an. 'My Sacrifice' wurde gerade gespielt und wie üblich vergaßen wir die Menge um uns herum und kümmerten uns nur um uns selbst. Ich war hinter Torrie, mein Arm locker um ihre Taille gelegt, und Elijah und sie sahen sich an, während sich ihre Oberschenkel berührten und Elijahs Hand gelegentlich über ihre Hüfte fuhr. Jeder, der uns zugesehen hätte, hätte sein Geld darauf verwettet, daß da mehr lief als nur Freundschaft. Julie wäre ausgetickt. Aber für uns war es nur tanzen und so bedeutete es nicht viel, wohin unsere Hände gingen und was sie anfaßten oder was für Bewegungen wir machten. Sicher, wenn ich mich einen Moment hingestellt und darüber nachgedacht hätte, hätte ich wahrscheinlich gedacht "Was zur Hölle tun wir da?" aber wir hatten immer so viel Spaß und am Ende des Abends wäre alles vergessen. Wenn Torrie mir also an den Hintern griff oder ihre Hand um meinen Kopf legte, um mich an den Haaren zu sich zu ziehen und mir mit den Lippen über den Hals fuhr, dann bedeutete das nichts. Dasselbe mit Elijah, wenn er sie an sich zog, seine Hüfte an ihrer rieb und sie sanft in die nackte Schulter biß.

Nur Spaß. Stimmt's?
 

Scheiß drauf. Vielleicht mußte ich etwas von Julie lernen.

Am nächsten Morgen wachte ich leicht verkatert von den Drinks der vorherigen Nacht auf. Wir drei waren in die Wohnung zurückgekommen und tranken und redeten noch bis spät in die Nacht. Schließlich war ich gegen drei Uhr morgens ins Bett gestolpert, während Elijah und Torrie noch weitermachten. Gähnend schlug ich die Decke zurück, saß einen Moment da, damit mein Kopf sich nicht mehr drehte, bevor ich auf die Toilette ging und dann den Flur betrat. Ich ging auf dem Weg in die Küche gerade an Torries Tür vorbei, als diese sich öffnete und Elijah hinaustrat, gekleidet in Boxershorts, mit verwuschelten Haaren und schläfrigen Augen.

"Hey Orli." Er drängelte sich an mir vorbei und ging den Flur hinunter in das andere Badezimmer.

Ich stand einfach nur da. Mein Hirn hatte Probleme, zu begreifen, was es gerade sah. Mein Augen weigerten sich. Irgendwie bewegte ich mich den Flur hinunter, durch das Wohnzimmer in die Küche. Ich griff den Orangensaft, öffnete die Flasche und trank daraus.

Was zum Teufel tat er in ihrem Zimmer?!

"Danke, daß du mir was abgibst," bemerkte Elijah, als er in die Küche kam.

Ich prustete. "Was?!" Mein Gedanken gingen in eine vollkommen andere Richtung.

Er zog eine Augenbraue hoch und sah mich mit einem leichten Grinsen an. Dann deutete er auf die Flasche. "Der Orangensaft. Dürfte ich ein Glas davon abhaben, bevor du ihn gänzlich leer trinkst?"

"Huh? Oh... ja." Ich gab ihm den Saft und sah schweigend zu, als er sich ein Glas aus dem Schrank nahm und es füllte. Er gab mir den Saft zurück, aber ich schob ihn nur in den Kühlschrank zurück. Es war kaum noch ein Schluck drin.

"Du scheinst etwas neben dir zu sein, Orli," bemerkte Elijah, nachdem er eine Schluck genommen hatte und Saftreste an seiner Oberlippe klebten. "Kater?"

"So in der Art," murmelte ich.

"Morgen Jungs!"
 

Wir beiden sahen auf, als Torrie in die Küche kam, gekleidet in die üblichen Flanellhosen ein T-Shirt und so aussehend, als wüßte sie beim besten Willen nicht, was ein Kater war. Als sie an Elijah vorbeiging, bemerkte ich, daß sich seine Hand zu ihr schlängelte und ihr über den Bauch strich. Mir war schlecht. Ich wußte nicht, warum ich so reagierte. Ich hätte sie darin ermutigen sollen, ihnen gratulieren sollen, ihnen sagen sollen, was für ein schönes Paar die beiden abgaben und so ein Schrott. Statt dessen wollte ich Elijah meinen Daumen in eines seiner unmöglich blauen Augen stecken und ihn dann aus dem Fenster werfen.
 

Er hatte sie gefickt - meine Torrie!! Und sicher war dies kein Neid angesichts der Tatsache daß er etwas getan hatte, was ich nicht getan hatte, aber sie gehörte mir, verdammt! Mitbewohnerin oder Freundin oder was zur Hölle sie auch immer für mich war, er hatte kein Recht, einfach anzukommen, unter meinem Dach in ihr Bett zu klettern, während ich nur ein Zimmer weiter allein schlief. Jetzt wußte er, wie sie roch, wenn sie sich an ihn schmiegte, er wußte, wie warm sie war, wie der Geruch nach Kokosnuß an ihm haften und den ganzen Tag bei ihm belieben würde. Er wußte, wie sich ihre Lippen auf seiner Haut anfühlten und fuck, er wußte bestimmt einiges, was ich nicht wußte. Nicht, daß ich das wollte, aber trotzdem gehörte sie immer noch mir, verdammt. Sie hatte meine Kleider getragen, in meinem Bett geschlafen, in meiner Wohnung gelebt, mich gehalten, wenn ich krank war und wann auch immer sie angerufen hatte, mit meiner Mutter geredet und sie 'Mum' genannt.

Sie flüsterten miteinander und lachten über etwas, und ich haßte sie beide so sehr, daß ich einen Moment nur dort stand, die Anrichte mit meinen Fingern

Griff und wütend ihre Hinterköpfe anstarrte.

Elijah küßte ihren Hals, trat zurück und erklärte uns ,"Ich muß jetzt in das Büro meines Agenten für ein paar Promo-Fotos. Man sieht sich später?"

"Sicher, Lij." Torrie lächelte über ihre Schulter und wandte sich dann wieder ab, um die Eier fürs Frühstück zuzubereiten.

Ich folgte Elijah aus der Küche in Torries Zimmer, wo er sich seine Hose schnappte, die in einem unordentlichen Haufen auf dem Boden lag. Er hüpfte auf einem Bein in sie hinein, als er bemerkte, daß ich in der Tür stand und ihn beobachtete.

Er grinste. "Ich wußte nicht, daß du für Voyeurismus zu haben bist, Orli."

Das reichte. "Was zum Teufel, Lij?" wollte ich wissen.

Elijah zog ein wenig die Augenbrauen hoch, als er sich sein Shirt überzog. "Was zum Teufel was, Orli?"

Ich streckte die Hände aus und umfaßte Torries Bett und die zerknitterten Laken vor uns. "Was zum Teufel ist das? Was zum Teufel geht da zwischen dir und Torrie vor? Und wann sollte ich davon in Kenntnis gesetzt werden?"

"Wow, Orli. Reg dich ab. Du bist im Moment etwas überdreht." Er wandte sich ab und begann, nach seinen Schuhen zu suchen.

Kleiner Wichser. Ich wollte ihm in den Arsch treten.

"Ich habe gefragt, wann ihr es mir sagen wolltet? Oder wolltet ihr diese kleine Sache für euch behalten?"

Elijah hatte seine Schuhe gefunden, zog sie an und richtete sich auf. Er sah mich angewidert an. "Da gibt es nichts zu erzählen. Da läuft nichts. Wir waren betrunken, wir suchten Gesellschaft, wir hatten ein bißchen Spaß. Ende der Geschichte. Habe ich mich amüsiert? Zur Hölle, ja. Wird es noch einmal passieren? Ich bezweifle es. Das war's. Ende."

"Bullshit," schnappte ich.

"Okay, Mann." Elijah hob sich gespielt ergebend die Hände. "Ich gebe auf. Und du solltest erwachsen werden. Verdammt."

Er drängelte sich an mir vorbei in den Flur. Ich folgte. Während er seine Jacke griff und zur Tür ging, rief er, "Bye, Torrie. Sag deinem Freund, er soll sich verdammt noch mal ein Leben zulegen!"

Die Tür schlug zu. Torrie kam mit fragendem Gesichtsausdruck aus der Küche. Ihr Blick ging von der Tür zu mir und ich sah sie nur mit einer versteinerten Meine an. Ihr Blick weitete sich etwas und sie lehnte sich an die Wand und verschränkte die Arme vor der Brust.

"Könntest du mir erklären, was das eben war?"

Ich verschränkte meine Arme. "Könntest du mir erklären, warum du es für nötig hieltest, einen meiner Freunde im Zimmer neben mir zu ficken?"

Ihr Mund öffnete sich für einen Moment, dann schloß sie ihn wieder. Ihr Augen blitzten. "Ich kann nicht glauben, daß wir so ein Gespräch führen werden." Sie wandte sich ab und ging in die Küche.

"Du hast verdammt noch mal Recht, das werden wir!" Ich folgte ihr. Ich glaube, durch den Kater war ich nicht mehr in der Lage, gerecht zu urteilen. Ich hätte es dabei belassen sollen. Nichts mehr sagen sollen. Ich schien zu vergessen, daß, wenn Torrie und ich zu streiten anfingen, wir uns gewöhnlich die gemeinsten Dinge an den Kopf. Wir liebten es, einander anzuschreien. Vorher ging es immer um liegengelassene Schuhe an der Tür oder darum, daß der Fernseher zu laut war oder ähnlich dummes Zeug. Jetzt war alles etwas persönlicher und ich hätte mich wirklich zurückhalten sollen. Aber ich konnte nicht klar denken und hörte nicht auf, um über das Warum nachzudenken. "Seit wann hattest du vor, Elijah in dein Bett zu nehmen? Oder war das schon immer dein Ziel gewesen?"

Torrie preßte den Spachtel gegen die Pfanne. Am Ende meiner Frage ergriff sie ihn am Stiel und er flog quer durch die Küche. "Orlando Bloom, du entschuldigst dich besser sofort für diese Aussage oder du wirst den Rest deines Lebens Sopran singen!"

"Vielleicht hättet ihr mich einladen sollen! Ich hätte dem Kleinen ein paar Tips geben können."

"Du solltest dich hinsetzen und darüber nachdenken, was du sagst," erklärte Torrie mir ruhig, obwohl sie die Bratpfanne, Eier und alles in die Spüle warf und mich schnell aus dem Weg schob, so daß sie die Küche verlassen konnte.

"Hast du kein Gewissen?" fragte ich. Oh ja, Orli, bohr nur weiter drin rum. Wahrscheinlich wirst du China erreichen, ehe du hier fertig bist.

"Du bist unglaublich!" Sie warf die Hände in die Luft und drehte sich zu mir. "Was genau ist so schlimm daran, daß Elijah und ich eine vergnügliche Nacht zwischen zwei Freunden hatten - erwachsenen Menschen, da mußt du mir zustimmen - die einsam waren?"

Weil jetzt dein Geruch überall an ihm ist und du nicht mehr mir gehörst, schrie es in mir. Ich antwortete, "Das ist doch nicht alles. Ich hab gesehen, wie ihr euch letzte Nacht und davor schon auf der Tanzfläche aufgeführt habt. Ihr hättet es mir wenigstens sagen können, statt es vor mir zu verheimlichen -"

"Was sagen?" fragte Torrie, die Hände in die Seiten gestemmt, als sie auf mich zukam. Erinnert ihr Euch, daß ich einmal sagte, sie wäre hübsch, wenn sie lächelte? Sie war wunderschön, wenn sie wütend war. Und jetzt hatte ich ja schließlich alles dafür getan. "Um Gottes Willen, falls du dich nicht erinnerst, ein oder zwei Mal waren meine Hände auch auf deiner Hose. Da läuft nichts zwischen Lij und mir, Orli. Wir sind Freunde. Wir haben uns gestern abend gegenseitig getröstet. Fuck, deine Eifersucht auf Lij ist etwas seltsam, weißt du."

"Meine Eifersucht auf Lij? Vielleicht sollte ich auf jeden eifersüchtig sein. Vielleicht möchtest du, daß ich den Rest auch einlade - Dom, Billy, Viggo - dann kannst du sie hier alle ficken, in unserer Wohnung! Außer Ian natürlich. Du bist nicht sein Typ." Ich wußte nicht, woher das kam. Wut. Irgendein dunkler Dämon in mir. Ich schreckte in dem Moment zurück, als ich es sagte.

"Du beschissener, selbstgerechter Bastard," fauchte Torrie. "Kein Wunder, daß du keine Beziehung lang am Laufen hältst."

Das tat weh. Und als Reaktion darauf ging ich einen Schritt auf sie zu, einen Schritt, den ich nicht hatte gehen wollen, den ich niemals gehen würde, aber diese Bemerkung ging über alles hinaus, was ich erwartet hatte. Und Torrie sah die Dunkelheit hinter diesem Schritt, die Absicht, die ich niemals haben würde, aber es war genug - da war genug Wut und Schmerz zwischen uns in diesem Moment - und sie schreckte zurück. Sie schloß die Augen und versteifte für den Schlag, den sie jetzt erwartete, und ich stand einfach nur da, total geschockt, einerseits, weil sie dachte, ich würde so etwas je tun, andererseits, weil ich so nah daran gewesen war, es zu tun.

Die Stille zog sich hin. Torrie richtete ihren Blick schließlich zu mir und bei dem Schmerz, den ihre Augen reflektierten, wich ich zurück. Ich wußte, wenn ich dir Kluft, die sich zwischen uns aufgetan hatte, jetzt nicht überbrücken würde, würde ich es nie tun. Das wäre das Ende. Ich würde sie vollkommen verlieren, und das wollte ich nicht zulassen.

"Torrie," sagte ich sacht. "Du weißt, daß ich dir nie wehtun würde."

"Bitte... sprich jetzt nicht mit mir," antwortete sie und wandte sich ab, um in ihr Zimmer zu gehen. Ich ergriff sie, bevor sie verschwinden konnte, und sie wehrte sich bei meiner Berührung. Sie stieß sich weg. "Laß mich los."

"Nein." Ich drehte ihr Gesicht zu mir, legte meine Arme um ihre Taille und ließ sie dort. "Torrie. Es tut mir leid. Ich weiß nicht, was heute morgen über mich gekommen ist. Ich glaube...ich glaube, zu sehen, wie Lij aus deinem Zimmer kommt, war ein Schock für mich. Es ist nur... für so eine lange Zeit waren da nur du und ich, weißt du? Und ich glaube, ich bin es nicht gewohnt, zu teilen."

"Und Julie."

"Was?"

Sie sah zu mir auf. "Julie. Ich teile dich ständig mit ihr. Damit habe ich nie Probleme gehabt."

"Ich weiß." Ich seufzte. "Es tut mir so leid, Engel. Bitte glaub mir. Ich habe nichts von dem Mist, den ich gesagt habe, auch so gemeint, und wenn du sagst, es war eine einmalige Sache, gut, und wenn nicht, nun, dann freue ich mich für dich. Es gibt nichts auf der Welt, was ich mehr will, als dich glücklich zu sehen. Das weißt du doch, oder, Engel?"

Torrie nickte und lehnte sich gegen mich, ihr Kopf auf meiner Schulter, und wir hielten einander. "Es tut mir leid, wegen des Kommentars über Beziehungen, Orli."

Ich streichelte ihren Rücken und versuchte, Elijahs Geruch zu ignorieren, der von Nelken und Rasierwasser, der aus ihren Haaren stieg. "Ich weiß. Mach dir keine Sorgen darüber."

Unser erster großer Streit. Ich meine, der erste, der von Bedeutung war. Nach dieser Sache, bemerkte ich, daß sich zwischen Torrie und Elijah eine Kluft auftat, und ich haßte es, der Auslöser dafür zu sein. Alles änderte sich plötzlich. Wir gingen nicht länger zu dritt aus und wenn, dann ins Kino oder surfen oder so. Elijah fing an, sich regelmäßig mit Mädchen zu treffen, und Torrie war mit einem Arbeitsprojekt sehr beschäftigt und ich sah Julie mehr und mehr. Ich begann, den Spaß, den wir drei hatten, zu vermissen, den totalen Mangel an Anstand, der zutage trat, wenn wir zusammen waren, und ich konnte nicht anders, als mich zu fragen, ob es ihnen auch so ging.

Kapitel 10
 

Soul searching breaks you down

You'll never learn

Annihilate yourself

All things must burn
 

Gyroscope - The Tea Party
 

"Hallo?"

"Hey Engel."

"Orli! Hey Liebling, wie geht's? Ziemlich spät bei euch, oder?"

"Yeah." Ich sah auf die Uhr. Drei Uhr morgens. Sicher, es war spät. "Es ist nicht leicht, dich zwischen Arbeit und Ausgehen zu erreichen."

"Das hört sich so an, als wäre ich ein gesellschaftlicher Schmetterling." Torrie lachte. Ich hatte ihre Stimme vermißt.

Die letzten sechs Wochen war ich in England gewesen und hatte einen neuen Film gedreht. Fiona hatte mich vor dem Projekt gewarnt und mir gesagt daß ich jetzt, wo ich gefragt war, mit meinen Entscheidungen vorsichtiger sein müßte. Ich widersprach. Ich wollte die Leute im Unklaren lassen. Dieser Film handelte also von einem Serienkiller und meine Wenigkeit spielte den Serienkiller. Die Rolle war etwas abgefuckt, definitiv nichts für den Mainstream. Und mich jeden Tag in den Charakter meiner Rolle zu versetzen, setzte mir zu. Ich hatte die letzten paar Wochen beschissene Alpträume gehabt und alles um mich herum schien irgendwie ins Wanken zu geraten. Ich hatte versucht, es Julie zu erklären, als sie mich besuchte, aber sie verstand es einfach nicht. Sie sagte mir, ich solle damit aufhören, meine Arbeit mit nach Hause zu nehmen. Was auch immer. Ich wußte, das Torrie mich verstehen würde, aber ich konnte es ihr nicht am Telefon erklären. Also mußte ich warten, bis alles vorbei war. Nur noch ein paar Tage.

"Nun, ich habe in der letzten Zeit mehr Fotos von dir als von mir in den Magazinen gesehen," bemerkte ich und versuchte, diese Anmerkung für sie nicht so verbittert klingen zu lassen, wie sie sich für mich anhörte.

"Die Paparazzi langweilen sich, wenn du nicht in der Stadt bist, Sweetie. Sie brauchen immer etwas, mit dem sie Geld machen können." Sie machte eine Pause. Ich hörte Kleiderrascheln und ich erkannte, daß sie sich gerade zum Ausgehen fertig machte. "Ist Julie noch da?"

"Nein. Sie ist vor ein paar Tagen abgereist."

"Ah ha."

"Ah ha was?"

"Ich wußte, daß es einen Grund gab, warum du mich angerufen hast. Du hast dich einsam gefühlt und hattest niemanden," klagte sie. Und obwohl ich ein Lächeln aus ihrem Ton heraushören konnte, wußte ich, daß in dieser Bemerkung mehr Schmerz steckte, als sie zugeben würde.

"Ich bin scheiße. Ich weiß," antwortete ich. "Ich hätte dich öfter angerufen zwischen den Drehzeiten und dem Pressemist und den gelegentlichen Besuchen bei Mum und Sam und dann war Julie hier und - "

"Whoa, Junge!" lachte Torrie. "Ich will dich doch gar nicht beschuldigen. Ich habe dich einfach nur vermißt."

"Ich habe dich auch vermißt."

"Also, wann kommst du heim?"

"In vier Tagen."

Ein Seufzer. "Ausgerechnet."

"Was?"

"Ich fliege am Mittwoch nach Alaska. Dort hat es in letzter Zeit vermehrt Krankheitsausbrüche in einer Robbenpopulation gegeben und das Team da oben will Hilfe."

"Oh." Nachdenklich nagte ich auf einem Fingernagel. "Dann muß Lij mich abholen. Wie lang wirst du fort sein?"

"Nur bis Samstag. Dann werde ich wieder zuhause sein."

"Mir scheint, als wäre es eine Ewigkeit gewesen." Ich jammerte wie ein verwöhnter Fratz und ich wußte es. Ich hatte mich nun mal daran gewöhnt, daß Torrie da war, wenn ich sie brauchte. Doch die letzten paar Monate hatten wir uns kaum gesehen. Nicht, daß ein großer Teil davon nicht mein Fehler war.

"War es ja auch!" rief sie. Dann, "Oh shit. Tut mir leid, jetzt so plötzlich abbrechen zu müssen, aber Sean ist gerade gekommen. Ich nehme an, wir sehen uns dieses Wochenende?"

"Yeah." Ich ließ mich aufs Bett fallen und versuchte, nicht mehr zu jammern. "Viel Spaß. Und grüß Sean von mir."

"Mach ich. Liebe dich."

"Liebe dich auch."

Piepton. Ich starrte lange den Hörer an, bis ich ihn schließlich auflegte und ich auf meinem Bett auf dem Bauch ausstreckte, der Kopf auf den 'Armen, und die aufgeklappte Ausgabe des Hello Magazines anzustarren. Die Kopfzeile war 'Bean's Babe' und darunter war ein Bild von Sean und Torrie auf der LA-Premiere seinen neusten Streifens, Equilibrium.

Das da war alles mein Werk.

Vor ein paar Monaten war Torrie zu einer Benefizveranstaltung des Centers eingeladen und ich sollte sie ursprünglich dorthin begleiten, aber dann mußte ich absagen, denn Julies Großvater war gestorben und sie wollte, daß ich sie zur Totenwache begleiten würde. Elijah drehte gerade woanders und Torrie wollte nicht allein gehen, denn sie behauptete, dies bei solch einer Veranstaltung zu tun wäre ein Freibrief für all die alten Lüstlinge, die bei solche Versammlungen anwesend waren. Ich hätte Viggo für sie angerufen, aber sie hätten sich gegenseitig zu Tode gelangweilt - ich rede hier von zwei Menschen, die nichts gemeinsam haben! Dann erinnerte ich mich, daß Sean für ein paar Filmverhandlungen in der Stadt war und nachdem ich Torrie überredet hatte, daß sie seine Gesellschaft genießen würde, rief ich ihn an und fragte ihn für sie. Er hatte an diesen Abend nichts vor und so schickte ich Torrie los, ihn von seinem Hotel abzuholen.

An dem Abend kam sie nicht nach Hause. So naiv, wie ich war, wenn es um Torrie geht, rief ich am nächsten Morgen panisch bei Sean an und fragte ihn, ob er wüßte, wo sie war. Als er am anderen Ende der Leitung zögerte, kam die Erleuchtung über mich und ich stammelte irgendeine Entschuldigung, bevor ich auflegte. Torrie tauchte später an diesem Morgen auf, wechselte die Kleidung und ging wieder, während sie verkündete, daß die beiden zum Strand gehen würden. Seitdem hatten sie sich immer wieder getroffen. Ich versuchte, jeden erdenklichen Grund zu finden, warum es nicht gut paßte und mir fiel echt nichts ein. Zumindest nichts plausibles. Ich versuchte mir einzureden, er sei zu alt für sie, aber das konnte ich mir nie wirklich einreden. Und Sean betete sie an, soviel war sicher. Er schickte ihr jeden Tag Blumen, als er wieder in England war und schickte mir eine Dankeskarte dafür, daß ich die beiden zusammengebracht hatte. Als ob ich das mit Absicht gemacht hätte. Und von dem zu schließen, was ich so hörte, mochten Seans Töchter Torrie auch. Ein paar Wochen, nachdem sie angefangen hatten, sich zu treffen, nahm er sie nach England mit. Ihre erste Reise nach England. (Sie war so aufgeregt und alles, was ich tun konnte, war, mir selbst in den Arsch zu treten dafür, daß ich sie nicht vorher mitgenommen hatte.) Oh ja, es schien wie so eine bescheuerte himmlische Verbindung. Ich konnte nicht anders, als mir trotzdem Sorgen zu machen. Der Mann hatte nicht gerade die besten Beziehungen hinter sich.

Torrie war so glücklich, und ich glaube, daß war das wichtigste. Als ich das letzte Mal mit Elijah sprach, sagte er, daß Sean wahrscheinlich das beste sei, was ihr je hätte passieren können. Wow. Das tat mehr weh, als ich zugeben wollte. Ich mußte über die Tatsache hinwegzukommen, daß sie nicht mir allein gehörte, und ich wußte, daß ich das bald tun mußte, oder es würde damit enden, daß ich sie von mir wegstieß. Es war ihr gegenüber nicht fair, wie ich mich benahm und wie ich sie immer für mich da haben wollte, als ob ich ihre einzige Pflicht wäre, und ich wußte das. Letzte Woche sagte Julie zu mir, daß ich mich endlich entscheiden müsse - sie oder Torrie. Das klang so lächerlich, denn sie waren beide grundverschieden und spielten verschiedene Rollen in meinem Leben. Julie war meine Freundin und Torrie war meine beste Freundin und wie zur Hölle konnte Julie erwarten, daß ich mich dazwischen entschied? Gott, manchmal waren Frauen einfach nur frustrierend. Vielleicht hatte Ian Recht. Schick sie alle zum Teufel. Männer waren wenigstens leichter zu verstehen. Wir waren simpel. Füttert uns und versorgt uns mit Sex und wir sind ziemlich glücklich. Scheiß auf Julie und Torrie und Joanne und -

Verdammt. Vielleicht setzte mir dieser Film mehr zu, als ich dachte.

Elijah holte mich ab, als ich wieder in LA ankam und hing mit mir an diesem Abend in seiner Wohnung ab, wo wir ein paar Drinks zu uns nahmen und erzählten. Elijah traf sich mit diesem Mädchen, Rebecca, und wir redeten fast eine Stunde über sie. Offensichtlich total verliebt. Es war niedlich. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so begeistert von eine Mädchen geredet habe. Nun, abgesehen von Torrie, aber sie war nicht meine Freundin, also war das was anderes.

Nach diesem Morgen, an dem ich Elijah aus Torries Schlafzimmer hatte kommen sehen und an dem ich mich ziemlich daneben benommen hatte, hatte ich den Mut gefunden, bei ihm für mein Verhalten um Verzeihung zu bitten. Er hatte abgewunken, als ob nichts wäre. Abgesehen davon, daß wir drei von nun an nichts mehr zusammen unternahmen, schien es ihre Beziehung überhaupt nicht beeinträchtigt zu haben. Sie giggelten immer noch wie Kinder, wenn sie zusammen waren, und schienen bestens darüber Bescheid zu wissen, was im Leben des jeweils anderen geschah. Ich glaube, zwei Menschen konnten miteinander schlafen, und trotzdem Freunde sein. Dann dachte ich aber, daß nur Torrie und Elijah das konnten.

"Also gingen Becca und ich neulich Abend mit Sean und Torrie weg, bevor sie nach Alaska abreiste," bemerkte Elijah und nahm einen Zug von seiner Zigarette.

Er beobachtete mich, als er das sagte, und ich fragte mich, weshalb. Er sah mich immer seltsam an, wenn Torries Name genannt wurde. Es weckte in mir immer den Drang, ihn zu schlagen. "Oh?"

"Sie geben ein schönes Paar ab, denkst du nicht?"

Ich zuckte mit den Schultern und trank meinen Scotch.

"Sean meint es wohl ernst mit ihr. Du hättest das Armband sehen sollen, daß er ihr geschenkt hat. Überhäuft mit Diamanten und Rubinen." Elijah kicherte. "Aber du kennst ja Torrie. Das erste, was sie dazu sagte, war 'Soll ich das als Delphinspielzeug benutzen oder was?' Sean wußte nicht, wie er das zu verstehen hatte und sie konnte sich wohl nicht vorstellen, wann in aller Welt sie so ein erlesenes Schmuckstück brauchen würde."

Ich zog ein Gesicht. Niemals, meiner Meinung nach. Torrie würde nie irgendeinen Schmuck brauchen. Sie war perfekt, wie sie war. Ich trank meinen Scotch aus und schenkte mir einen neuen ein.

"Sie scheinen gut mit der Fernbeziehung umzugehen."

Ich rollte die Augen. "Jesus Christus, Kumpel. Werden wir die ganze verdammte Nacht über Sean und Torrie reden?"

"Nein." Elijah drückte seine Zigarette im Aschenbecher aus und sah mich wieder an. Ich wich seinem Blick aus und nahm einen Schluck. "Ich unterhalte mich nur."

"Dann red über was, was mich auch interessiert."

Elijah hob seine Augenbraue aber kommentierte das nicht, Gott sei Dank. "Sehr gut. Wie steht's mit der Premiere von 'Die zwei Türme'? Bereit dafür? Nur noch zwei Monate."

"Yeah." Ich lehnte mich auf der Couch zurück. "Der Presserummel geht bald los. Ich denke, es wird dieses Jahr noch verrückter als letztes."

"Oh, da wette ich drauf. Dich wird es wahrscheinlich schlimmer treffen als den Rest von uns. Hoffe, du bist vorbereitet."

Ich sah ihn stirnrunzelnd an. "Warum sagst du das?"

"Oh komm schon, Orli. Genug der Bescheidenheit. Die da oben haben augenscheinlich nicht begriffen, was für eine Wirkung du auf die Öffentlichkeit haben würdest, als 'Die Gefährten' herauskam. Jetzt wissen sie es. Glaub mir ruhig, du wirst den größten Anteil haben an Trailern, Werbung, Spielzeugen, blah blah blah."

Toll. Das war nicht wirklich das, was ich wollte. Ich konnte mir alles nicht noch verrückter vorstellen und hoffte bei Gott, daß Elijah nicht Recht hatte. Ich wollte keine Ikone sein. Ich wollte schauspielern. Ich wollte glücklich sein. Konnten die Leute das nicht verstehen? Fuck.

Torrie kam Samstag Nacht spät zurück. Ich war schon im Bett eingeschlafen und wachte auf, als ich fühlte, wie sich die Matratze neben mir bewegte und ich Kokosnuß roch und sich Torrie über mich lehnte und in mein Ohr flüsterte, "Hey du. Dachte, du würdest mich begrüßen, wenn ich ankäme?"

Ich rollte mich rüber und lächelte zu ihr hoch.. Ihr Haar war offen und beschattete ihr Gesicht vom Mondlicht, daß durch die teilweise verdunkelten Fenster schien. Ihre Augen schienen in der Dunkelheit zu leuchten. Gott, wie lang war es her, daß wir uns mal wieder so gegenüber waren? Zwei Monate?

"Sorry. Ich wußte nicht, wann du heimkommen würdest." Ich reichte aus und schob ihr Haar hinter ihr Ohr. Da. Jetzt konnte ich sie besser sehen.

"Rutsch rüber."

Ich tat es. Sie zog Schuhe und Jeans aus und kletterte in T-Shirt und Unterhosen neben mir ins Bett. Ich rollte mich sofort zu ihr, legte meinen Kopf an ihre Schulter und drückte sie fest an mich. Das war besser. Verdammt, sie roch gut. Es schien, als ob das Meer immer bei ihr war, als ob sie es in eine Flasche gefüllt hatte und nun als Parfüm trug. Meine Meerjungfrau. Sie gähnte.

"Wie war dein Flug?" fragte ich.

"Furchtbar." Sie schüttelte sich demonstrativ.

Ich lächelte. Sie haßte das Fliegen genauso sehr wie Sean. Ich konnte mir nur vorstellen, wie ihr Flug nach England hatte gewesen sein müssen. "Habt ihr herausgefunden, was mit den Robben los war?"

"Yeah." Sie gähnte noch mal. Ich wußte, ich sollte sie etwas schlafen lassen, aber es war schön, einfach nur da zu liegen und wieder so zu reden. Es war so lang her, seit wir dies getan hatten. "Eine örtliche Shampoo-Firma hatte Chemikalien in die Bucht abgelassen, die Fische hatten davon gefressen und wurden im Gegenzug von den Robben gefressen. Ich muß dir ja nicht erzählen, daß die Firma jetzt alles tut, um sich zu bessern und zu entschuldigen und was nicht alles."

"Sind viele gestorben?"

"Leider." Ihr Finger fuhren gedankenverloren durch mein Haar und kneteten meine Kopfhaut. Es fühlte sich unglaublich an. Julie tat das nie. Julie...

Fuck, ich mußte damit aufhören, die beiden zu vergleichen. Sie waren nicht ein und dieselbe Person. Ich wollte beide aus verschiedenen Gründen bei mir haben. Julie war einfach nicht so... mütterlich wie Torrie. Und diese Seite von Torrie rührte wahrscheinlich auch von ihrem Job her. Sie war daran gewohnt, sich um alles um sie herum zu kümmern. Ich hoffte, daß Sean das zu schätzen wüßte, und dann haßte ich mich selbst, daß ich darüber nachdachte, denn ich konnte nicht anders, als mir vorzustellen, wie Torrie Sean hielt, wie sie es gerade mit mir tat und ihn sich so willkommen und geliebt fühlen ließ.

Torrie seufzte und ich lenkte meine Aufmerksamkeit wieder auf sie. "Da waren diese Babys, die wir gefunden hatten... Ihre Mutter war schon gestorben... wir haben nur eines von ihnen retten können..."

Ich stützte mich auf meinen Ellbogen und küßte die einzelne Träne weg, die an ihrer Wange herunterrann. "Das tut mir Leid, Engel. Ich bin mir sicher, ihr habt getan, was ihr konntet."

Sie schüttelte den Kopf. "Manchmal wünschte ich, die Menschheit würde nicht existieren."

Ich zog eine Grimasse. "Das Gefühl kenne ich. Und jetzt schlaf."

Ich kuschelte mich abermals an sie und schloß die Augen. Ihre Finger übten weiter ihren zärtlichen Dienst aus, bis der Schlaf über mich kam.

In dieser Woche schien es, als seinen die Dinge zwischen uns wieder so wie zu der Zeit, als Torrie gerade eingezogen war. Die einzigen Unterschiede waren die Nächte, in denen Julie bei mir blieb oder die täglichen Anrufe, die Torrie von Sean bekam. Es schien, als würden sich die beiden bis zur Premiere von 'Die Zwei Türme' nicht wiedersehen können, zu der Peter Sean gesagt hatte, daß er dort sein müßte oder nicht. Torrie tat so, als würde ihr das nichts ausmachen, aber ich kannte sie besser. Sie war wie ich. Wenn sie erst einmal mit jemandem zusammen war, mochte sie es nicht, wenn sie über lange Zeiträume hinweg voneinander getrennt waren. Ich glaube, das war teilweise ein Grund, warum wir, nachdem wir so lang getrennt gewesen waren, jetzt aneinander zu kleben schienen.

Wie ich vermutet hatte, verstand Torrie besser als Julie, warum mich der Charakter, den ich kürzlich gespielt hatte, so durcheinanderbrachte. In der zweiten Nacht, nachdem sie nach Hause gekommen war, war ich schreiend aufgewacht und sie war fast sofort bei meiner Seite gewesen und hatte mich gehalten, bis ich mich beruhigt hatte. Sie brachte mich dazu, zu reden, ihr alles über den Film zu erzählen und was ich gefühlt hatte, als wir die etwas grausameren Szenen gedreht hatten, und ich öffnete mich ihr wie gewohnt, weinte etwas, und sie milderte meine Ängste und flüsterte zu mir, bis ich wieder eingeschlafen war, Danach konnte ich besser schlafen und es schien, als hätte ich irgendwie mein Dämonen vertrieben. Oder Torrie hatte das getan. Jedenfalls fühlte ich mich nun besser in Bezug auf den Film und auf die Teile meiner Psyche, die unfähig schienen, mit vielen Dingen des Films umzugehen.

Halloween stand bevor und Elijah hatte uns Einladungen für eine riesige Kostümparty gesichert. Torrie konnte Sean nicht mitnehmen und Julie war bei einem Fotoshooting in Mexiko, also beschlossen wir einfach, gemeinsam hinzugehen. Es war ja nicht so, als daß man sich nicht die Münder über uns zerriß, wenn unser Zusammenleben zur Sprache kam. Also beschlossen wir einfach, uns einen Spaß daraus zu machen und sicher zu gehen, daß unsere Kostüme zusammenpaßten. Torrie schlug vor, als Sam und Frodo zu gehen, aber ich warnte sie, das Elijah und Sean uns umbringen würden. Ich schlug Aragorn und Arwen vor, und dann sahen wir einander an und kicherten. Schließlich, nach einigen Schäkereien, einigten wir uns auf König Ludwig XIV und Marie Antoinette. Ich weiß nicht, woher diese Idee kam, aber als wir sie schließlich hatten, begannen wir, einander zu sticheln, sie sagte ich müßte Absätze tragen und eine Perücke und ich antwortete, ihre Perücke müßte höher sein als meine, und daß ihre Brüste an diesem Abend wenigstens einmal aus ihrem Gewand fallen müßten. Wir lachten uns den Arsch ab und es war abgemacht. Diesen Kostümwettbewerb würden wir gewinnen, verdammt.

Am Morgen von Halloween wachte ich etwas später als gewöhnlich auf. In der Nacht hatte Torrie einen Anruf von ihrer Arbeitsstelle bekommen, weil einer der Seelöwen krank geworden war und ich hatte sie dorthin gefahren. Wir kamen nicht vor zwei Uhr zurück. Glücklicherweise ging es dem Seelöwen namens Bucky bald wieder gut.

Als ich den Flur hinunter ging, hörte ich Torries Stimme aus dem Wohnzimmer, offensichtlich telefonierte sie. Ich wollte gerade in die Küche gehen, als etwas, das sie sagte, mich innehalten ließ, und ich schlich mich durch den Flur und lauschte, was ich eigentlich nicht hätte tun sollen. Es war unhöflich und falsch und ich wäre besser dran gewesen, hätte ich dieses Gespräch nie gehört.

"Ich liebe ihn, das weißt du... Nein, das wird einfach nicht passieren... Er verdient etwas besseres, deshalb... Oh bitte! Ich bin nichts, während er alles ist. Er verdient wenigstens etwas, das ihm gleichkommt. Jemanden, der so rätselhaft und schön und perfekt ist wie er... Ist er aber!..." Ein genervter Seufzer. "Ich wußte doch, daß ich das nicht mit dir diskutieren sollte... Ich bin nur eine Meeresbiologin. Nicht gerade etwas für die Schlagzeile... Sei nicht albern. Das ist ein Märchen, Lij... Deshalb. Ich will am Boden bleiben, weißt du..." Ein leichtes Lachen. "Er ist mein Retter, und das weiß er... Ist er. Mein Ritter in glänzender Rüstung... Ich glaube einfach nicht, daß ich dir das sage. Und halt deinen kleinen verwunschenen Mund, verstanden?... Weil ich weiß, wo du wohnst! Und Onkel Tony wird dir einen Besuch abstatten!... Reicht es dir nicht, wenn ich dir sage, daß ich ihn liebe?"

Ich konnte es nicht mehr hören. Ich betrat den Raum und macht soviel Lärm wie möglich. Torrie wirbelte herum und sah mich an, als ob ich sie ertappt hätte. Ich versuchte, ihr zuzulächeln, aber es kam wohl nicht so an. In diesem Moment fühlte ich mich wie Scheiße und wußte nicht genau, warum.

"Äh... Lij, ich muß Schluß machen. Orli ist wach... Um, ja. Sehen wir dann ja, nicht wahr? Ja, bis heute Abend. Sechs Uhr." Sie legte auf und sah mich immer noch an.

"Lij?" fragte ich. Offensichtlich.

"Ja." Sie neigte leicht den Kopf. "Seit wann bist du da?"

Ich zuckte mit den Schultern. "Lang genug." Ich seufzte. "Also, du liebst Sean, eh?"

Torrie blinzelte. Zweimal. "Ummm... Ja. Sean. Ich... liebe ihn."

Ich nickte, mein Magen rumorte. Ich hätte mich für sie freuen sollen, verdammt. "Das ist nicht wahr, weißt du."

"Was nicht?" Ihr Augen weiteten sich und sie schien panisch zu werden.

"Daß du nicht gut genug bist für ihn. Das ist nur dumm. Und wir würden beide dasselbe sagen. Ich wünschte, du würdest erkennen, wie wundervoll du bist, Torrie."

Sie drehte sich ab und ging Richtung Küche, als ob sie mich plötzlich nicht mehr ansehen könnte.

"Nun, ich denke, wir sehen uns alle unterschiedlich," antwortete sie, als sie anfing, Töpfe und Pfannen herum zu schieben.

Ich ging zur Tür und sah zu, wie sie unser Frühstück machte.

"Ich bezweifle stark, daß du jeden Tag in den Spiegel siehst und einen der schönsten lebenden Männer siehst?" Sie sah mich an, als sie das fragte.

Ich lachte. "Kaum. Ich bin nur... Orli. Nichts besonderes."

"Hmm." Torrie wandte sich wieder ihrer Arbeit zu, nervöser als üblich. Ich denke, es gefiel ihr nicht, daß ich ihre wahren Gefühle für Sean kannte, und das tat irgendwie weh. Ich meine, daß sie mit Elijah darüber reden konnte, aber nicht mit mir.

Nicht, daß ich mich im Moment besser fühlte. Vielleicht hätte ich es kommen sehen sollen. Sie verbrachten viel Zeit miteinander und er machte sie glücklich. Ich meine, wenn er sie anrief, lachte sie viel am Telefon und es gab sogar ein gerahmtes Bild von den beiden, wie sie am Tisch im Wohnzimmer saßen. Ich hatte das Armband gesehen, daß er ihr geschenkt hatte, und es war bezaubernd. Wenigstens wußte ich, daß er sie richtig behandeln würde. Ich wollte mich wirklich für sie freuen. Ich wollte wirklich, daß sie dachte, daß ich mich für sie freute. Also warum wollte ich dann wieder unter meine Decken krabbeln und mich den Rest des Tages dort verstecken? Verdammt.

Ich ging in die Küche, faßte Torrie beim Arm und wandte ihre Konzentration von den Omeletts ab. Sie sah zu mir auf und ich fragte mich plötzlich, ob Sean sie fragen würde, ob sie ihn heiraten wolle, und ob er wissen würde, wie besonders diese kleine Dinge waren, die sie tat, wie zum Beispiel, ihm jeden Morgen das Frühstück zu machen. Ich hoffte, er würde ihr jeden Tag sagen, daß er sie liebte und daß sie eine der bemerkenswertesten Frauen auf der Welt war. Ich hoffte, sie würde das glauben.

"Ich freue mich für dich, Torrie. Ich hoffe, du weißt das."

Sie lächelte, aber aus irgendeinem Grund lächelten ihre Augen nicht mit. Vielleicht glaubte sie mir nicht. Vielleicht sah sie etwas in mir, das die sie die Ehrlichkeit meiner Worte in Frage stellen ließ. Was auch immer es war, sie umarmte mich plötzlich und ich schloß meine Arme um sie und wußte insgeheim, daß ich nichts mehr wollte, als sie in diesem Moment zu halten.

"Trophy... Julie macht dich glücklich, nicht wahr?"

Ich wunderte mich über diese Frage. Torrie hatte mich sowas noch nie gefragt. "Yeah... Ja."

Manchmal. Aber manchmal glaubte ich nicht, daß sie mich wirklich verstand. Aber andererseits kann man von seinem Partner keine Perfektion erwarten. Ich glaube, ich machte Julie glücklicher, als sie mich, und es war schön zu wissen, daß ich das für jemanden tun konnte. Vielleicht war das ein Teil meiner Beziehung zu ihr, daß ich wußte, daß ich ihr etwas gab, was sie brauchte. Ich weiß nicht, ob es meine Freundschaft oder sonst was war aber Julie brauchte mich. Und das war doch was.

Torrie seufzte "Das ist alles, was zählt."

Ich bemerkte, daß sie Recht hatte. Unser Leben lang, seit dem Tag, an dem wir geboren wurden, streben wir Menschen nach der ultimativen Glückseligkeit. Sei es in unserer Karriere oder unserem spirituellen Dasein oder unserer finanziellen Sicherheit oder in der Liebe, es ist das totale Glück, was wir suchen. Kann man das von jemandem anderen bekommen? Oder kann man es nur allein finden? Ich wußte, wenn ich mit meinen Freunden zusammen war, war ich glücklich. Ich wußte, wenn ich an einem Film arbeitete, war ich glücklich. Und ich wußte, in diesem Moment, mit Torrie in meinen Armen, egal, wie weh es tat, zu wissen, daß ich sie bald gänzlich an Sean verlieren würde, war ich glücklich. Wegen Kokosnuß und dem Meer und Cartoon Network und Gemüsesuppe und den Omeletten, die neben uns anbrannten. Torrie machte mich glücklich.

Kapitel 11 (Normalversion, ab 16 Jahre)
 

this crazy fog surrounds me

you wrap your legs around me

all I can do to try and breathe

let me breathe so that I

so we can go together!
 

The Dolphins Cry - LIVE
 

Wir lachten so stark, daß wir ewig brauchten, um die Tür zu öffnen. Ich erinnere mich nicht einmal mehr, was uns dazu gebracht hat, wahrscheinlich hatte es damit zu tun, wie ich in diesen albernen Absätzen, die ich trug, die Treppen zu unserer Wohnung hoch stolperte. Gott, warum haben Männer sich dies angetan? Kein Wunder, daß wir uns davon losgesagt und es den Frauen überlassen haben, diese übertrieben hohen Schuhe zu tragen. Unsere Heiterkeit könnte auch von einer Bemerkung stammen, die Torrie über Elijah in seinem Tarzankostüm gemacht hatte. Ja, Elijah ging auf der Kostümparty als Tarzan. Das an sich ist schon komisch, aber Torrie nannte ihn Jungle Boy, bis ihn gegen Ende des Abends jeder so nannte, und Elijah schmollte. Und er ist entzückend, wenn er schmollt. Schon okay. Ich bin sicher, Becca hat sich um ihn gekümmert.

Es gab viel Champagner. Ich hatte ziemlich früh entdeckt, daß der Champagner Torrie direkt in den Kopf stieg. Sie war ziemlich angeschickert, als ich sie hinausgeschleppt habe. Mir erging es nicht besser, aber zumindest hatte ich nicht versucht, wie Madonna auf dem Tresen zu tanzen. Fuck. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so stark gelacht habe. Oh ja, den Kostümwettbewerb haben wir auch gewonnen. Go us. Wie hätten wir auch anders - Torrie war absolut atemberaubend in ihrem Marie Antoinette-Gewand. Sie zog alle Register - große, weiße Perücke, ein irres blaßgrünes Satinkleid mit silbernen Schnürungen und diesem Korsett, das ihre Brüste bis zu ihrem Hals hoch drückte, und ich schwöre, die Hälfte der Typen auf der Party wetteten, wann sie herausfallen würden. Taten sie nie, verdammt. Ich glaube, sie hat sie festgeklebt. Sie zickte ziemlich herum, wie teuer die Verkleidung gewesen sei und der erste, der seinen Drink darauf verschüttete, würde seinen Porsche verkaufen müssen, um es zu bezahlen. Keine Drinks würden verschüttet. Zumindest nicht auf ihr Kleid.

Ich verlor meine dumme Perücke irgendwann am frühen Abend. Irgendwann glaubte ich, daß Dracula sie trug. Oder vielleicht war es Gandalf. Scheiße. Es gab dort haufenweise 'Ringe'-Charaktere. Auch einige ziemlich schlechte Legolas'. Irgendwann tanzte Torrie mit einem von ihnen - keinen blassen Schimmer, wer das war - aber ich mußte mich bei Torrie wegen ihres schlechten Geschmack, was Elben anging, beschweren.

"Hilf mir aus diesem gottverdammten Kleid!" brüllte Torrie aus dem Wohnzimmer.

Ich hatte es kaum durch die Tür geschafft. Ich zog diese dummen Schuhe aus und folgte ihren grummelnden Geräuschen, um zu sehen, daß sie den halben Rock über ihrem Kopf hatte und sich in Unmengen von Stoff verloren hatte, und ich lachte, als ich zu ihr ging, um ihr zu helfen. "Du dumme Kuh, du mußt erst die Schnürungen öffnen, damit du es ausziehen kannst."

"Ach, leck mich!"

Ich kicherte, tat, wie sie verlangte und biß sie in die Schulter, als ich die Verschnürungen auf ihrem Rücken aufband. Sie quietschte und wand sich unter meinen Händen - sie war schon den ganzen Abend aufgedreht gewesen. Wir verbrachten fünf Minuten mit dem Versuch, das Kleid über den Reifrock zu kriegen, als wir erkannten, daß es leichter war, es einfach über den Kopf zu ziehen. Duh. Unser beider Denkfähigkeit war an diesem Abend ziemlich eingeschränkt. Als sie aus dem Kleid raus war, befreite ich sie schließlich von den Verschlüssen der Reifen und Torrie trat mit einem dankbaren Seufzer aus ihnen heraus. Ich starrte sie einfach nur an, gekleidet in dem Korsett, dem Unterhemd und den Unterhosen, die sich an ihre wohlgeformten Figur zu schmiegen schienen. Sie trug noch ihre Perücke und hatte ihre Haut mit hell gepudert, es schien, als wäre irgendeine kranke Phantasie von einer Kurtisane aus dem achtzehnten Jahrhundert wahr geworden. Gott, hoffentlich hatte ich das nicht laut gesagt.

Hatte ich offenbar nicht, denn sie schien mir keine Aufmerksamkeit zu schenken, als sie Richtung Küche ging und die gerade Linie nicht mehr so ganz hinbekam, worüber ich lächeln mußte, als ich mich auf die Couch fallen ließ.

"Willst was trinken?" hörte ich sie aus der Küche rufen.

"Hast du nicht genug gehabt?" antwortete ich, als ich mich aus dem langen, schwarzen Samtmantel meines Kostüms schälte.

"Nein, Papi. Hab ich nicht." Sie kam wieder ins Wohnzimmer, warf mir ein Bier zu und kletterte neben mir auf die Couch, Wine Cooler in der Hand. "Was läuft im Fernsehen?"

"Wen kümmert's?"

"Mich." Sie wühlte zwischen den Polstern nach der Fernbedienung, quietschte, als sie sie gefunden hatte und zappte herum, während ich mich um mein Bier kümmerte.

Die Looney Tunes sind am besten, wenn man sie betrunken anschaut. Dann sind sie verdammt lustig. Torrie schien das auch zu denken.. Daffy veranlaßte sie immer wieder zu Lachanfällen und mußte dafür noch nicht einmal sprechen. Ich lehnte mich an die Lehne der Couch zurück und betrachtete sie nur. Mein Blick schweifte immer wieder zu diesem gottverdammten Korsett und wie ihre Brüste daraus hervorquollen. Dafür, daß sie so viel Zeit in der Sonne verbrachte, war ihre Haut überraschend blaß, aber durch die Unmengen von Sonnencreme, die sie benutzte, schien sie ihre Haut mit dem Duft von Kokosnuß eingefärbt zu haben. Es ist unglaublich, was diese Korsetts aus einer Taille machen konnten. Ich glaubte, daß ich ihre wahrscheinlich mit meinen Händen umfassen könnte, aber ich habe lange Finger und deshalb bedeutete es nicht viel. Finde nur ich das, oder sind Schlüsselbeine unglaublich sexy?

Fuck. Da sprach der Alkohol aus mir. Ich richtete meinen Blick wieder auf den Fernseher und nahm noch einen tiefen Schluck von meinem Bier. Den Fehler würde ich nicht nochmal machen. Nie im Leben. Torrie hat mir absolut klar gemacht, daß sie auf diese Weise nicht an mir interessiert war. Aber warum sie Elijah gut genug fand, um mit ihm zu schlafen, das versuchte ich immer noch herauszufinden. Oh ja, wenn ich darüber zu lang nachdachte, machte mich diese Sache immer noch ohne Ende wütend. Das sollte sie nicht. Das hatte nichts mit mir zu tun. Was vielleicht der Grund war, warum es mich so ärgerte.

Ich sollte wirklich aufhören, mich nach meiner besten Freundin zu verzehren. Bei Gott, ich war so hart wie Granit.

Irgendwann wurde der Fernseher aus- und der CD-Player angeschaltet und wir begannen, uns zu unterhalten, immer noch trinkend, immer noch in diesen albernen Klamotten, immer noch auf der Couch. Ich lehnte entspannt an der Armlehne, mein Arm hinter meinen Kopf gesteckt, Torrie saß am anderen Ende, die Beine unter sich verschränkt, mit einer langen Locke ihrer Perücke lose auf der Schulter. Ja, noch eine Sache, die meinen Blick dorthin zog, wo er nicht hingehen sollte. Es war ungefähr zwei Uhr morgens wir waren betrunken, die Musik sorgte für den Hintergrund und wie üblich wurde die Unterhaltung nachdenklich und tief. Denn nur diejenigen, die betrunken oder stoned sind, können wirklich brillante philosophische Gespräche haben. Ich weiß nicht, warum. Aber so ist die Regel.

Ich wurde nach und nach mürrisch. Dazu neige ich, wenn ich zu betrunken bin. Plötzlich erscheint mir mein Leben total beschissen und ich fragte mich, was ich damit anstellen sollte. Ich jammerte über unglückliche Beziehungen und den plötzlichen Ruhm, von dem ich wußte, daß er nicht anhalten würde, weil es sowas nie gab, nicht, wenn er aus dem Nichts kam wie bei mir. Und dann begann ich von meiner Beziehung zu Julie und dann von meinen Fans, wobei ich immer noch Probleme hatte, zu begreifen, daß ich welche hatte und die mir, laut meiner Agentin, Bilder und Unterwäsche und so ein Zeug schickten. Es war erschreckend und ich verstand es nicht und hatte Angst, daß ich eines Tages den ganzen Hype glauben würde. Irgendwann würde ich diese Dinge glauben, die die Zeitschriften schrieben, daß ich hübsch und sexy war.

Ich hörte auf, als ich plötzlich bemerkte, daß Torrie über mich lachte. Das machte mich sauer. "Was zum Teufel?" blaffte ich.

Sie hielt sofort inne und wandte ihren Blick zu mir. "Nichts."

Ich runzelte die Stirn. "Sag nicht 'Nichts'. Du wolltest was sagen. Tu es."

Torrie schüttelte den Kopf, schneller als üblich. Vielleicht wegen dem fünften Wine Cooler in ihrer Hand. Sie seufzte. "Orli, der einzige Grund warum sie diese Dinge schreiben ist, weil es das ist, wie sie dich sehen. Wie deine Fans dich sehen. Zur Hölle, wie jede Frau dich sieht." Sie machte eine Pause. "Vielleicht auch viele Männer."

"Erzähl mir nicht so einen Scheiß. Du bist betrunken."

"Betrunken, ja. Blind, nein." Sie stelle die leere Flasche auf den Kaffeetisch und sah mich noch einmal an. "Sicher hörst du es oft genug von Julie, wie eine Frau dich überall berühren will, wenn sie dich nur ansieht?"

Ich zog eine Grimasse. Tatsache war, daß ich mich zu fragen begann, ob Julie mich überhaupt attraktiv fand. Ich sagte ihr ständig, wie schön sie war. Sie schien es von mir zu erwarten. Ich glaube, sie hat mir vielleicht zwei Mal gesagt, ich sei niedlich. Niedlich. Wie ein Welpe oder so. Ich setzte mich auf, genervt von dieser Unterhaltung und mehr als ein bißchen durcheinander - weshalb, wußte ich nicht - und wollte mich einfach nur ins Bett fallen lassen und den üblichen Kater, den ich haben würde, verschlafen. Aber Torries Hand auf meiner Schulter stoppte mich und ich drehte mich um und sah ihr in die Augen.

"Sagt sie dir das nicht?" fragte sie sanft und musterte mit ihrem Blick mein Gesicht. "Du siehst es wirklich nicht, nicht wahr?"

"Was sehen?" An diesem Abend roch Torrie nach Rosen. Sie hatte gemeint, daß sie bezweifeln würde, daß Marie Antoinette nach dem Meer riechen würde.

Ihre Hand fuhr über meine Wange und durch mein Haar. Ich schloß die Augen, wollte sie nicht mehr ansehen, wollte mich nicht der Tatsache stellen, daß ich mich nach meiner Mitbewohnerin verzehrte, nach ihren Berührungen, ihren Küssen, danach, mich in ihr zu vergraben. Ich wollte es so sehr, daß es schmerzte und ich wollte einfach nur, daß sie mich zur Hölle in Ruhe ließ.

"Wie schön du bist," flüsterte sie.

Ich schüttelte den Kopf. "Torrie, bitte..."

Ich öffnete meine Augen, um sie erneut anzusehen, und sie saß wieder auf ihren Fersen, sah aber nicht weg. Ich konnte ihren Gesichtsausdruck nicht deuten, wobei ich sie normalerweise doch so leicht lesen konnte. Ihr Mund war leicht geöffnet, als ob sie wachsam oder von etwas überrascht war. Und diese dumme Perücke... Ich langte aus und riß sie von ihr runter und ihr dunkles Haar fiel ihr über die Schultern und da war sie wieder, meine Torrie, nur erschien sie in diesen Unterkleidern so lüstern und verlockend. Und ich wand mich und zitterte und hielt mich davon ab, so nach ihr zu greifen, wie mein Körper danach schrie. Ich drehte mich wieder weg, kämpfte mit mir selbst, befahl mir selbst, aufzustehen, wegzugehen und nicht einfach dazusitzen und mich verleiten zu lassen.

Und dann waren ihre Finger an meinem Kiefer und sie zog meinen Kopf zurück und mit Panik in ihrem Blick flüsterte sie, "Jesus, Orli, stopp es," bevor sich ihr Mund über meinen legte und ich mich verlor. Wir beide taten das.

Ihr Mund war weich und warm an meinem, sie drückte mich zurück in die Couch und ich ließ sie gewähren, obwohl ich tief in mir wußte, daß ich hätte vernünftig sein sollen. Ich hätte Stop sagen sollen. Ich hätte sie an Sean und das Schuldgefühl, daß sie am Morgen haben würde, erinnern sollen, aber ich tat es nicht. Ich konnte nicht. Weil sich ihre Lippen auf meinen so unglaublich anfühlten, sie so süß schmeckte und ihre Zunge meine neckte und sie über meinen Gaumen und meine Zähne strich, und dann schob sie mir das T-Shirt über den Kopf und ihre Hände waren auf meiner Brust und alle vernünftigen Gedanken verließen mich.

Eine Nacht. Eine Nacht war alles, was ich brauchte, und dann wäre diese seltsame Besessenheit, die ich für meine Mitbewohnerin hegte, aus und vorbei.

Torrie bewegte ihren Mund von meinem fort und küßte auf einmal meinen Hals, knabberte ab und zu an der Haut und dann war ihre Zunge auf meiner Brust und umspielte eine Brustwarze und ich zitterte bei der Berührung, flüsterte ihren Namen, vergrub meine Hände in ihrem Haar. Sie ging über zu meinem Bauch, verweilte bei meinem Sonnentattoo, fuhr es mit ihrer Zunge nach, während ihre Finger über die Vorderseite der Satinhosen tanzten. Und dann hielt sie mich in der Hand, streichelte mich und dann verlor ich die Kontrolle und wollte verzweifelt ihre Wärme um mich spüren.

Ich schoß nach vorn und meine Hände zerrten an dem gottverdammten Korsett, kämpften mit den Schnüren, die es zusammenhielten bis ich fluchte und Torrie lachte sanft bei mir während sie meinen Nacken küßte und an meinen Ohrläppchen saugte. Fuck. Ich bezweifelte, daß wir es überhaupt bis ins Schlafzimmer schaffen würden.

Schließlich fiel das Korsett von ihr ab und ich riß das Unterhemd fort - Torrie nannte mich dafür einen Idioten und ich sagte ihr, sie solle den Mund halten - und ich stürzte mich auf eine Brustwarze, knabberte daran mit meinen Zähnen und sie hielt den Mund, zumindest für einen Moment, bevor sie meinen Namen flüsterte und nach mehr bettelte. Ihre Beine wickelten sich um meine Taille und sie faßte mich am Haar und zog mich zu ihrem Mund hoch und wir küßten uns wieder und ich schwöre, ich hätte für immer so bleiben können, die Zungen ineinander verschlungen, sie auf meinem Schoß balancierend und sich an meiner Erektion reibend. Ich konnte nicht genug davon bekommen, sie zu berühren, meine Hände schienen ein Eigenleben zu führen, als sie über ihre Haut fuhren und ihre Brüste umfaßten, als sie sich meinen Berührungen entgegenwölbte. Ich wühlte mich durch den Stoff ihrer Hosen, meine Finger erforschten ihre Nässe und Wärme und spielten mit ihrer bereits verhärteten Knospe.

"Orli," wimmerte sie und drückte sich gegen mich. "Bitte..."

"Ich weiß, Engel." Ich küßte ihren Mundwinkel, meine Zunge fuhr ihre Lippen nach, die nach Wildberry Cooler schmeckten. "Ich weiß."

Ich faßte sie bei den Hüften und stand ruckartig und leicht stolpernd auf, da ich vergessen hatte, wieviele Stunden und Biere vergangen waren, seit ich das letzte Mal gestanden hatte, und schaffte es nur bis zum Eßtisch. Fuck. Ich stieß sie darauf zurück, riß die Hosen von ihren Hüften und Beinen und drang dann in sie ein, keuchte vor Wonne, als ich fühlte, wie sie mich umschloß, dicht um mich war und mich noch tiefer in sich zog, als sie ihre Beine wieder um meine Hüfte legte. Und ich tauchte in ihr ein, immer und immer wieder und sie wölbte sich unter mir, rief meinen Namen, bohrte ihre Fingernägel in meine Arme und dieser Schmerz fühlte sich exquisit an und sie begann unter mir zu zittern, ihre Muskeln spannten sich an und wurden wieder locker, und meine Erlösung kam schnell und hart und ich fiel gegen sie, mein Mund forderte ihren abermals. Und es war nicht vorbei. Es war sowas von nicht vorbei.

Irgendwie schafften wir es ins Schlafzimmer, obwohl wir den Weg durch den Flur nur gestolpert und gelacht hatten, unfähig, davon abzulassen, einander zu berühren und zu schmecken. Aber irgendwann hatten wir uns von allen Kleidern befreit, nur Haut an Haut, und diesmal zwang ich mich, es langsam anzugehen und jeden Zentimeter von Torrie zu erforschen, um herauszufinden, was sie dazu brachte, meinen Namen auszurufen - Gott, ich liebte es, das zu hören -, wo sie kitzlig war, und ich konnte sie mehrmals zum Kichern bringen, bevor ich sie wieder in Ekstase versetzte. Ich liebte ihren Geschmack, das Gefühl ihrer Finger in meinen Haaren, wie sie mich zu sich zog, ihr Wimmern, ihre Schreie, ihre langen Beine um mich gewickelt. Als wir wieder zusammen kamen, saß sie rittlings auf mir und ich setzte mich auf und wir hielten uns bei den Händen, die Finger verflochten und wir starrten einander nur in die Augen, als wir uns miteinander wiegten und uns in dem Gefühl verloren, zusammen zu sein, sowohl in dem Wissen als auch in der Ahnung, das dies nur zwei Menschen konnten, die sich so nahe standen, wie wir es taten. Die Erlösung kam für uns beide gleichzeitig, unsere Blicke schweiften nicht ab, und sie war so unglaublich schön als sie über mir zitterte, meinen Namen immer und immer wieder aussprach und ich zog sie zu mir und küßte sie und hielt sie fest und wollte mit ihr für immer in ihr bleiben.

Irgendwann in der Nacht weinte Torrie. Ich verstand nicht, warum, und ihre Tränen zerrissen mich und ich versuchte, sie zum Reden zu bringen, aber sie vergrub nur ihr Gesicht an mir und ich hielt sie fest und sang zu ihr und bemerkte, daß auch ich weinte. Ich wußte, was passiert war, aber ich konnte es nicht wahrhaben. Würde es nicht wahrhaben. Die Nacht würde niemals enden, sagte ich mir immer und immer wieder. Die Sonne würde niemals aufgehen und wir müßten uns nie der Wahrheit stellen.

Aber dann ging die Sonne auf und der Morgen kam.

Meine Kopfschmerzen waren weniger schlimm als ich erwartete hatte. Natürlich hatte ich meine Augen noch nicht geöffnet und wollte das auch nicht wirklich. Das Bett war angenehm und mein Körper fühlte sich schlaff an. Ich wollte mich nicht bewegen. Ich rollte mich hinüber, auf der suche nach Torries weichem Körper, aber ich fand nur kalte Laken unter meiner Hand. Ich öffnete die Augen starrte auf den leeren Platz neben mir. Ich haßte den Gedanken, daß sie zurück in ihr eigenes Bett gegangen war. So eine Tat hätte sehr weh getan. Ich sah auf die Uhr und bemerkte, daß es schon nach elf war. Ohne Zweifel war sie schon vor langer Zeit aufgestanden. Ich hatte sie noch nie länger als bis neun schlafen sehen, egal, wie verkatert sie war.

Ich setzte mich auf und fuhr mir mit der Hand über die Augen, wischte mir den Schlaf weg und streckte mich dann gähnend. Ich glitt aus dem Bett, schlüpfte in meine Boxershorts und schlurfte aus meinem Zimmer Richtung Küche. Als ich das Wohnzimmer betrat, hielt ich abrupt an, mein Herz klopfte wild in meiner Brust und meine Augen glaubten nicht, was sie das sahen.

Torrie sah auf, als ich eintrat, und wir standen eine lange Zeit einfach nur da und starrten uns an. Ich wußte nicht, was ich sagen sollte.

"Morgen," sagte sie schließlich, bevor sie anfing, auf ihrer Unterlippe zu kauen.

Ich hatte keine Stimme, um zu antworten. Ich starrte einfach nur weiter auf die Koffer, die sich zu ihren Füßen stapelten. Ich wußte, daß sie nicht verreisen wollte.

Torrie folgte meinem Blick und seufzte. "Orli - "

"Nein." Ich schüttelte den Kopf. "Nein. Sag mir, daß das hier nicht passiert."

"Kannst du mir sagen, daß die letzte Nacht nicht passiert ist?"

"Da war nichts falsches an letzter Nacht!" stieß ich hervor. Ich fühlte, wie der Schmerz und die Wut über mich hereinbrachen.

"Nein," stimmte sie mir zu. "Nichts war falsch an letzter Nacht. Es war schön und perfekt und ich werde keinen einzigen Moment davon vergessen."

"Aber warum - " deutete ich hilflos auf ihre Taschen. "Ich verstehe nicht. Du und Lij - ."

"Als Lij und ich Sex hatten, wurde dabei keiner verletzt, Orli," sagte sie leise. "Ich hätte es niemals getan, wenn es so gewesen wäre. Aber wir müssen an Sean und Trophy denken."

"Weil du Sean liebst." sagte ich fast anklagend.

"Sowas in der Art," zuckte sie mit den Schultern.

Ich schüttelte den Kopf. "Wir können einfach vergessen, daß es jemals passiert ist. Sie müssen es nie erfahren."

"Orli," begann Torrie. "Kannst du da stehen und mir sagen, daß es nie wieder passieren wird?"

"Es wird nie wieder passieren." Ich war davon fast selbst überzeugt.

Torrie schaute weg und ich legte die Arme um mich, plötzlich schmerzlich kalt. Gott, das konnte einfach nicht passieren. Die Ängste, die ich die letzten paar Monate gehegt hatte, gingen schließlich in Erfüllung. Ich verlor sie.

"Ich hab's vermasselt, nicht wahr?" Meine Augen brannten von den Tränen, die mir kamen.

"Was? Nein!" Torrie ging auf mich zu und ich wollte nicht, daß sie mich anfaßte, aber sie barg mein Gesicht in ihren Händen und zwang mich, sie anzusehen, und ich sah, daß sie ebenfalls den Tränen nah war. "Ich habe gestern Nacht den ersten Schritt gemacht, nicht du. Wir hätten beide Stop sagen sollen, aber wir haben es nicht getan. Hier sind wir also. Und wir können es nicht noch einmal geschehen lassen. Verstehst du das? Ich werde das niemandem mehr antun - nicht Sean, niemandem. Und ich will sicherlich auch nicht die andere Frau sein."

Ich sah weg. Ich wollte nicht zugeben, daß sie Recht hatte. Und ich wollte nicht, daß sie ging. Ich wollte nicht wieder alleine sein. Sie war meine andere Hälfte, die ich nicht gehen lassen konnte. Ich wußte, daß da etwas sein mußte was ich sagen könnte, um ihre Meinung zu ändern, um sie zum bleiben zu bringen. Aber mir fiel nichts ein. Keine Entschuldigungen. Es war vorbei.

Du bist ein großer Junge, Orli, sagte ich mir. Nimm es hin. Geh damit um.

Ich drehte mich wieder zu ihr. "Ich weiß nicht, ob ich mich wieder daran gewöhnen kann, ohne dich zu leben."

Torrie lächelte weich und liebkoste meine Wange. "Laß Trophy bei dir einziehen. Das würde sie glücklich machen, oder? Und sie käme endlich aus ihrem Elternhaus weg."

Ich wollte Julie nicht hier haben. Aber ich lächelte. "Yeah. Vielleicht."

Sie wandte sich ab und ich wollte sie zurückhalten, aber ich stand einfach nur da und sah zu, wie sie ein paar CDs von dem unordentlichen Stapel griff, der unsere Sammlung geworden war. Gott, wenn das schon schwer war, wie war dann eine Scheidung? Ich biß die Zähne zusammen und suchte nach Worten.

"Wo wirst du bleiben?"

"Bei Myra, bis ich eine eigene Wohnung gefunden habe."

Myra. Eine gute Freundin von ihr, die ich ein paar Mal getroffen hatte. Sie war nett, intelligent, es machte Spaß, mit ihr wegzugehen. Nicht wie Traci.

Bitte verlaß mich nicht. "Läßt du ihre Nummer da? Ich meine... nur für den Fall."

"Ich werde nur einen Anruf entfernt sein," antwortete sie mit einem Lächeln.

"Manchmal bedeutet das um die halbe Welt," bemerkte ich ruhig und ließ meinen Blick wieder über ihre Taschen schweifen.

Stille. Dann, "Orli, wir sind immer noch Freunde."

"Sind wir das?" Ich fühlte mich verbittert und betrogen und in diesem Moment schmerzte es so sehr, daß ich nicht klar sehen konnte. Ich wußte nichts außer dem Verlangen, das nicht mehr zu fühlen. Ich wollte, daß es sie genauso schmerzte, wie mich.

"Ich hoffe es," flüsterte sie.

Eine erneute lange Pause.

"Ich wünschte, die letzte Nacht wäre nie passiert," sagte ich ihr.

Ich meinte es nicht so. Ich würde die Erinnerung an letzte Nacht für immer bewahren. Aber ich wollte, daß sie dachte, ich würde es bereuen. Ich wollte, daß sie wußte, daß mir ihre Freundschaft alles bedeutete.

Torrie wich meinem Blick aus. "Nun, das ist es aber. Und wir können es nicht rückgängig machen."

Geh nicht aus dieser Tür.

"Es wird nicht wieder passieren." Ich bemerkte, daß ich fast bettelte. "Engel, ich verspreche, daß es nicht wieder passieren wird."

Sie flüsterte etwas, aber ich konnte es nicht verstehen. Es hörte sich fast an wie "Aber ich nicht" aber ich war mir nicht sicher, und dann wandte sie sich zu mir und sagte, "Du kannst nicht uns beide haben, Orli. So funktionieren Beziehungen einfach nicht. Julie hat unser Zusammenleben solange hingenommen und jetzt würdest du sie verlieren, und wo wärest du dann? Ich dachte, du wolltest diese Beziehung am Laufen halten?"

"Wollte ich - will ich!" korrigierte ich schnell.

Ich fühlte mich frustriert und verwirrt. Es hatte eine Zeit gegeben, da hatte ich gedacht, daß Julie alles war, was ich wollte. Jeder sagte, wir wären ein schönes Paar und ich hatte mir vorgestellt, den Rest meines Lebens mit ihr zu verbringen. Jetzt wußte ich nicht, was ich wollte. Und wenn Jungs verwirrt sind, sind wir dumm.

Und so öffnete ich meinen Mund und sagte, "Wenn ich Julie aufgeben müßte, um dich bei mir zu behalten, dann wäre es das vielleicht wert. Freundinnen gibt es wie Sand am Meer. Aber Freundschaften wie unsere gibt es nur einmal im Leben, Tor."

Sie starrte mich nur an. Schon mal so gefühlt, als hättet ihr vielleicht was Falsches gesagt?

Schließlich schüttelte sie den Kopf. "Ich muß jetzt gehen."

"Torrie - " Ich ging einen Schritt nach vorn, aber ihr Blick stoppte mich.

"Nein, Orli. Nichts, was du sagst, wird meine Meinung ändern. Das ist besser. Für uns beide."

Sie sammelte ihr Taschen zusammen und ich stand nur da und starrte, ohne eine Idee, was ich tun oder sagen sollte. Torrie ging zu mir und küßte mich auf die Wange und ich schloß die Augen, ich wollte nicht zusehen, wenn sie aus der Tür ging.

Sie öffnete sich.

"Ich rufe dich an," hört ich sie sanft zu mir sagen.

Sie schloß sich.

"Bitte, geh nicht," flüsterte ich in die Stille, die mich plötzlich und gänzlich umgab.

Kapitel 12
 

You have only been gone ten days, but already I'm wasting away.

I know I'll see you again

Whether far or soon.

But I need you to know that I care

And I miss you.
 

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Der Presserummel um den Start von 'Die zwei Türme' war in vollem Gange und zog mich in einen Strudel von dem ich nicht wußte, ob ich ihn bewältigen konnte. Elijah hatte Recht gehabt. Das Studio hatte sich entschlossen, das Geld, daß sie machen konnten, aus meinen Fanlegionen zu ziehen, und plötzlich machte ich die dümmsten Werbungen überhaupt weil das Studio mich unter Vertrag und mich bei meinen verdammten Eiern hatte. Ich haßte alles, was sie mir auflegten, hatte enorme Streitereien mit Fiona darüber und versuchte ihnen zu sagen, wohin sie sich ihre Verträge schieben konnten, aber es gibt da bestimmte Drohungen, die ein Schauspieler nicht gern hört, wie 'du wirst nie wieder in diesem Geschäft arbeiten' und so gab ich immer wieder nach.
 

Julie zog bei mir ein, denn ich konnte nicht mit der Stille umgehen, die mich immer begrüßte, wenn ich nach Hause kam. Ich hatte mich an Frauenlachen und Parfüm und hausgemachtes Essen gewöhnt, und an jemanden, der einkaufte und Medizin holte und mich ins Bett schickte, wenn ich krank war.

Nur war Julies Lachen nicht dasselbe und ihr Parfüm war wirklich stark und sie konnte noch nicht einmal Wasser kochen und schien es nicht zu bemerken, wenn ich krank wurde. Traci war ununterbrochen da und sie redeten ständig und dann fragte mich Traci, ob ich sie nicht mit einem meiner Schauspielfreunde bekanntmachen könnte und ich ging dann, angeekelt von ihr und Julie und mir. Nachts im Bett war Julie dann warm und einladend und sie schien meine Termine sehr gut zu behalten, sagte mir, wo und wann ich für ein Treffen sein mußte und es machte ihr nichts aus, wenn ich plötzlich irgendwohin fliegen mußte. Sie schien sich noch nicht einmal um meine Fans zu kümmern, die letztendlich herausfanden, wo ich lebte und wodurch wir gezwungen waren, woanders hinzuziehen. Ich gab nach und kaufte ein Haus und ließ Julie es einrichten, weil sie das unbedingt tun wollte. Als Elijah einmal vorbei kam, sagte er, es sähe aus wie ein Hotel in Vegas. Julie hatte nur gelacht. Gottseidank hatte sie die Beleidigung nicht mitgekriegt.
 

Den Schmerz, den ich fühlte, nachdem Torrie mich verlassen hatte - und das ist genau, was sie gemacht hatte, mich verdammt noch mal verlassen - wandelte sich schnell zu Ärger und Beleidigung.

Es war ihr gottverdammter Fehler gewesen, daß wir Sex gehabt hatten, und aus irgendeinem Grund mußte ich jetzt dafür zahlen. Alles in allem war sie doch eine typische Frau. Sie reizen dich gnadenlos, bis du bettelst, machen dann die Beine breit und das nächste, was du weißt, ist, daß du dafür bezahlen mußt. Ich wachte jeden Morgen auf und sagte mir, daß ich sie haßte und dann verbrachte ich den Tag damit, mir zu wünschen, daß sie da wäre, und nachts sagte ich mir immer wieder, daß ich sie haßte und dann träumte ich von ihr. Wir waren immer am Strand und sie sagte mir, wie leid es ihr tat, daß sie einfach gegangen war und daß sie zurück kommen würde und sie und ich und Julie zusammenleben würden. Zur Hölle, ich sagte doch, es war ein Traum.
 

In der ersten Woche rief sie ein paar Mal an, nachdem sie den Rest ihrer Sachen abgeholt hatte, aber ich nahm nie ab und rief nie zurück. Glaube, ich wollte sie dafür bezahlen lassen. Ich wollte, daß sie dachte, daß ich keinen Gedanken mehr an sie verschwendete, daß ich nur auf Partys unterwegs war, so, wie nur Orlando Bloom das konnte. Eines Abends, als Julie zu einen Fotoshooting fort war und Elijah und ich die Clubs abklapperten, fragte er mich, was zum Teufel ich da tat. Ich sagte ihm, das ginge ihn nichts an und es tat weh zu erfahren, daß Torrie offensichtlich mit ihm sprach. Ich fragte mich, ob sie ihm erzählt hatte, was zwischen uns geschehen war und hatte nicht den Mumm, ihn zu fragen. Ich war nicht in der Stimmung, Erkenntnisse über unsere sexuellen Begegnungen mit ihr auszutauschen.

Ich wollte jede Erinnerung an die Nacht, die Torrie und ich miteinander verbracht hatten, auslöschen, und es war verdammt unmöglich. Ich hatte genug vom Eßtisch und meinem Bett.

Als Julie mich danach fragte, sagte ich nur, es wäre Zeit für ein paar neue Möbel.
 

Die einzigen Dinge, an denen ich festhielt, waren meine Tea Party CDs und eine Ausgabe von Torries Lieblingsbuch, die ich versteckt hatte, als sie kam, um ihr Zeug zu holen. Ich weiß nicht, warum ich das getan hatte. Aber ich war neugierig geworden und las das verdammte Ding und es war der größte Haufen Müll, an den ich je Zeit verschwendet hatte. Wie lesen Frauen solche Dinge? Es drehte sich alles um einen Ritter und seine Lady, die seit ihrer Kindheit Freunde waren, und als sie älter wurden, sagte man ihnen, daß man sie miteinander verlobt hätte, wovon die Familien dachten, daß es ihnen gefallen würde, aber wegen irgendeines falschen Stolzes oder so wurden die ziemlich zickig, als sie die Nachricht von ihrer Verlobung hörten. Also waren sie keine Freunde mehr und versuchten, den jeweils anderen zu verärgern oder eifersüchtig zu machen, obwohl sie eigentlich die ganze Zeit ineinander verliebt waren. Also bitte! Dann am Ende starb die Lady fast und der Ritter, der davon total bestürzt war, erfuhr von seinem Knappen, daß sie die ganze Zeit in ihn verliebt gewesen war und er es nicht gemerkt hatte und dann erkannte der Ritter, daß er sie auch liebte. Also ritt er auf seinem weißen Hengst - natürlich - vor dem Palast der Königin vor und sagte ihr, daß er sie liebte und ob sie mit ihm zu seinem Schloß reiten würde oder so was dummes. Und sie tat es und sie lebten glücklich bis an ihr Lebensende.

Das dümmste, was ich je gehört habe.

Ich habe es vier mal gelesen und immer noch nicht verstanden, warum Torrie so verrückt danach war.
 

Also hatte ich erfolgreich einen Monat rum gebracht, ohne sie zu sehen. An jedem Tag, an dem es leichter werden sollte, wurde es schwerer. Ich wollte das Telefon abheben und sie anrufen, sie zum Mittagessen treffen, sie mit Elijah in die Clubs mitnehmen. Irgendwas. Ich wollte ihre Stimme hören und wissen, ob es ihr gut ging und mehr als alles in der Welt wollte ich wissen, ob sie mich so sehr vermißte wie ich sie. Und ich wurde immer verbitterter darüber, daß sie mich dazu brachte, daß ich es so sehr wollte.
 

Als die Premiere in Birmingham stattfand, war ich nicht darauf vorbereitet, sie zu sehen. Ich war nicht vorbereitet, sie ins Theater gehen zu sehen, zu sehen, wie sie Seans Hand hielt und über etwas lächelte, das er sagte. Es tat körperlich weh. Ich langte nach Julies Hand, ergriff sie und drückte sie und hoffte auf etwas Unterstützung, aber sie entzog sie mir und warf mir einen abwehrenden Blick zu, bevor sie sich wieder ihrem Gespräch mit Mark Ordesky zuwandte. Und da stand ich nun allein, sah Torrie und Sean zu, wie sie neben Peter hielten, und Sean stellte sie vor und ich wußte, das ich das eigentlich hätte tun sollen und nicht Sean, der jetzt seinen Arm um ihre Taille legte und etwas sagte, das sie erröten ließ und Peter zum Lachen brachte.

Fuck.

Und dann gingen sie auf mich zu und ich sah Torrie zögern und etwas zu Sean sagen, und er sah sie nur seltsam an und ich erkannte, daß sie nicht mit mir reden wollte, was mehr schmerzte als alles, was ich mich vorstellen konnte. Nicht einen Moment dachte ich daran, daß meine Ablehnung, auf ihre Anrufe zu antworten sie zurückzurufen oder sie selbst anzurufen, das verursacht hatte, daß sie jetzt zögerte, mit mir zu sprechen.

Nach allem war sie schließlich hier im Unrecht. Nicht ich.

"Hey Orli," grüßte Sean mich und umarmte mich. Ich starrte sie über seine Schulter hinweg an und sie sah weg.

"Hey Sean," lächelte ich und war ein wenig überrascht, daß ich das konnte.

Hier, ich würde ihr zeigen, daß ich das wie ein Erwachsener behandeln konnte. "Hallo, Torrie."

Sie sah mich mit diesen grünen Augen einen Moment an du ich fühlte mich komplett und total scheiße.

Schlampe.

"Hallo, Orli. Wie geht's dir?"

"Großartig!" lächelte ich wieder und biß die Zähne zusammen. "Könnte nicht besser sein. Dir?"

Torrie zuckte mit den Schultern. "Okay, denke ich."

Verdammt, mußte sie immer so beschissen ehrlich sein? Hätte sie nicht lügen und sagen können, daß ihr Leben perfekt sei, damit ich sie noch mehr hätte hassen können? Ich fühlte, wie Julie neben mich trat und Torries Blick schweifte zu ihr.

"Schön, dich wieder zu sehen, Julie."

"Dich auch, Torrie. Ist lange her. Wir vier sollten wirklich mal was miteinander unternehmen."
 

Notiz an mich: Julie sagen, daß sie die gesellschaftlichen Verpflichtungen mir überlassen soll.
 

"Das hört sich gut an!" stimmte Sean zu.

Torrie und ich sagten nichts dazu. Ich griff mir ein Glas Wein von einem Tablett, das gerade an mir vorbei getragen wurde, und stürzte es runter. Julie fing damit an, Sean zu sagen, wie sehr sie 'Equilibrium' gemocht hatte und sie begannen, sich zu unterhalten, während Torrie und ich stehengelassen wurden. Sie sah überall hin, nur nicht zu mir, und ich merkte, daß ich mich ihrem Unbehagen weidete, welches ich verursachte, indem ich nirgendwo hinsah als zu ihr. Ich fing ihren Blick auf, während er durch den Raum schweifte, und sagte:

"Lij ist noch nicht da."

"Oh."

Irgendein Reporter rempelte sie an und drückte sie näher an mich, füllte meine Sinne mit dem Duft von Kokosnuß. Ich haßte diesen beschissenen Geruch. Ich stellte das Weinglas auf ein vorbeigetragenes Tablett, griff zwei weitere und reichte ihr eines davon.

"Wein?"

"Um... Danke."

"Kein Problem."
 

Ich beobachtete sie, während sie davon nippte, wie ihre vollen Lippen über den Rand des Glases glitten und sagte dann, "Zu schade, daß sie keinen Champagner servieren. Du und ich und Sean hätten heute Abend noch etwas Spaß haben können."
 

Torrie zuckte zusammen, als hätte ich sie geschlagen. Ich weiß nicht, was mich dazu gebracht hatte, das zu sagen. Manchmal tue ich Dinge, für die ich keine Erklärung habe. Sie griff den Stiel ihres Weinglases so fest, daß ich dachte, es würde zerbrechen, und dann drehte sie sich einfach fort und ging, ohne ein Wort zu sagen. Ich sah zu Sean und Julie, die nicht bemerkt zu haben schienen, was vor sich ging, wandte mich dann ab und folgte ihr durch die Menge.

Sie verschwand in den Flur, fort von dem Getümmel, und ich eilte ihr hinterher, ohne wirklich zu wissen, warum oder was ich tun sollte, wenn ich sie erreicht hatte.

Torrie hatte das Glas auf einem nahegelegenen Vorsprung abgestellt und lehnte mit geschlossenen Augen an der Wand, als ich mich näherte.

"Was willst du, Orli?"

Sie sei verdammt. Sie wußte immer, wann ich in der Nähe war.

"Ich fragte mich nur, warum du die Party so plötzlich verlassen hast?"

Sie öffnete die Augen und konzentrierte ihren Blick auf mich. Ich glaube nicht, daß ich sie jemals zuvor so verärgert gesehen habe. "Was ist aus unserer Freundschaft geworden?" fragte sie.

Ich runzelte die Stirn. "Du bist diejenige, die unsere Freundschaft im Stich gelassen hat, Torrie. Nicht ich."

"Fuck, Orli!" Sie drückte sich von der Wand ab und kam auf mich zu. "Willst du wirklich damit weitermachen, dich wie ein Riesenbaby zu benehmen, nur weil ich ausgezogen bin? Weil ich dich mit niemandem zurückgelassen habe, der dir deine Wäsche macht und dir dein Essen kocht und dein Haus putzt und dir deinen gottverdammten Arsch abwischt!"

Ich zog ein Augenbraue hoch. Ich liebte es, wenn sie wütend war. "Letzeres hast du, glaube ich, nie getan. Aber du bist willkommen, einzuziehen und es zu tun."

"Du bist so beschissener Wichser," flüsterte sie atemlos.

"Ich kann mich nicht erinnern, daß du dich an Halloween beschwert hast."

Torrie holte aus, um mich zu schlagen, aber ich ahnte es und fing ihr Handgelenk mit meiner Hand auf und hielt sie dort, zog sie eigentlich noch näher an mich. Sie kämpfte und versuchte sie zu befreien.

"Laß mich los!" verlangte sie.

"Nein."

Und dann drückte ich sie zurück an die Wand, bedeckte ihren Mund mit meinem und verlor mich in der Erinnerung an ihren Geschmack und das Gefühl für sie. Ich brauchte einen Moment, um zu erkennen, daß sie kalt und unnachgiebig unter meinem Griff war und daß ich mich nach ihrer Wärme und Süße sehnte und zähmte meinen Kuß, während ich mit meinen Daumen die zarte Haut ihrer Handgelenke streichelte, die ich hielt.

"Bitte Engel," flüsterte ich an ihren Lippen. "Ich brauche dich so sehr. Bitte. Du bist so süß... so süß..."

Ihr Mund öffnete sich unter meinem und ich forderte sie mit meiner Zunge, trank noch einmal der unglaublichen Nektar, der für mich nur noch eine Erinnerung gewesen war. Ich ließ ihre Handgelenke los, meine Hände glitten über ihre Taille, ihre Brüste, meine Hände umspielten ihre Brustwarzen durch den Stoff hindurch. Ich drängte meine Hüften gegen ihre und zeigte ihr, wie sehr ich sie brauchte. Ich hatte mich an diesen Schmerz gewöhnt, dieses Verlangen, von dem ich bemerkt hatte, daß es immer über mich kam, wenn Torrie in der Nähe war. Ich war besessen. Sie war mein Besitz. Sie sollte immer für mich da sein und ich sollte verdammt sein, wenn ich ihr das nicht beibringen konnte.

"Gott, ich will dich," sagte ich ihr, bevor ich an ihrer Unterlippe saugte. "Wir können uns während des Films in mein Hotelzimmer verdrücken... keiner wird merken, daß wir fort sind..."

Sie schüttelte wieder den Kopf, ihre Hände fuhren zwischen uns hoch und sie versuchte, mich wegzudrücken. Ich bewegte mich nicht. Sie würde nicht nein sagen. Nicht jetzt.
 

"Orli! Was zur Hölle?"

Elijah packte mich und zog mich zurück und Torrie schnellte von der Wand weg, aus meiner Reichweite, hinter ihn, und starrte mich klagend mit diesen Augen an. Als ob sie mich dafür haßte, daß ich sie dazu bringen wollte, mich zu wollen oder so. Oh ja, ich weiß, ich hätte sie dazu gebracht, nachzugeben, wäre Elijah nicht aufgetaucht und hätte uns unterbrochen. Aber jetzt würde sie mir gegenüber wieder selbstgerecht werden. Freunde. Ha! Als ob wir dahin jemals zurückkehren könnten.

" Was zum Teufel?" Elijah sah zu uns beiden und runzelte die Stirn. Er blickte zurück zu Torrie, nahm ihre Hand. "Bist du okay?"

Das machte mich wütend. Sie nickte auf seine Frage hin, wandte aber ihren Blick nicht von mir. Ich verschränkte die Arme vor der Brust und versuchte ruhiger auszusehen, als ich mich fühlte. Höchstwahrscheinlich würde ich mir auf der Toilette einen runterholen müssen, bevor ich wieder in die Lobby zurückgehen könnte. Verdammt sei sie.

"Komm," sagte Elijah zu ihr und versuchte sie zurück zur Menge zu ziehen. "Laß uns was essen gehen."

Immer noch sah sie mich an. Ihre Augen waren groß und fragend. Sanft fragte sie mich, "Was bin ich für dich?"

Ich schwieg.

Wieder.

"Was bin ich für dich?"

Über ihre Schulter hinweg sah ich Sean um die Ecke biegen und auf uns zu kommen. Elijah hielt ihre Hand, Sean kam, um sie zu fordern.

Ich lächelte höhnisch. "Die Hure der Gefährten."

Schmerz.

Exquisiter, herrlicher Schmerz flackerte in ihren Zügen auf. Wie fühlte es sich an?

"Fuck, Orli." flüsterte Elijah neben ihr, zog sie zurück zu Sean, der schließlich zu uns kam, wo sich das Schweigen summierte und Verwirrung sein Gesicht verdunkelte.

Ich ließ meinen Blick auf Torrie ruhen, die vor meinen Augen zu schrumpfen begann. Etwa zweieinhalb Sekunden genoß ich diesen Moment, bevor ich mich selbst zu hassen begann. Sie tastete blind nach Sean, der sie an den Schultern griff und sie fragte, was nicht stimmte. Torrie schüttelte den Kopf, stritt ab, daß es ein Problem gab und ob er sie bitte hinausbringen könnte, sie bräuchte etwas frische Luft.

Und dann waren sie fort und ich blieb mit Elijah zurück, der mich wütend anstarrte.

Es sind diese Augen, wißt ihr.

Er kann sie bestens benutzen. Im Moment sagten sie mir schweigend alle furchtbaren Dinge über mich, die ich im geheimen schon wußte.

"Du bist der unwissendste, beschissenste Bastard, den ich je getroffen hatte, weißt du das, Orli?" fragte er leise.

"Was geht dich das an?" blaffte ich und versuchte mich, an ihm vorbei zu drücken.

Er griff mich am Arm und hielt mich auf. "Wenn du ihr noch mal so weh tust, bei Gott, Orli, dann werde ich Julie jedes kleine schmutzige Detail darüber erzählen, was zwischen dir und Torrie passiert ist."

Mein Unterkiefer zog sich zusammen. "Sie hat dir davon erzählt, nicht wahr?"

Elijah blinzelte, als ob er merkte, daß er das besser nicht hätte sagen sollen. Dann schließlich schien er nachzugeben und zuckte mit den Schultern. "Yeah. Und sie sagte, es sei der größte beschissenste Fehler gewesen, den sie je gemacht hätte. Jetzt weiß ich, warum."
 

Das tat weh. Oh Gott tat das weh. Ich zuckte zusammen. Der Schmerz überflutete mich Welle für Welle nach der Erkenntnis, das Torrie es als den größten Fehler ihres Lebens ansah, Sex mit mir gehabt zu haben. Also bereute sie es doch, wo sie mir doch gesagt hatte, daß sie es niemals würde. Jetzt wußte ich, warum sie gegen meine Berührungen angekämpft hatte. Jetzt wußte ich, daß sie nichts mit mir zu tun haben wollte. Es war alles vorbei. Und ich hatte gerade wirkungsvoll jegliche Chance, unsere Freundschaft zu retten, zerstört.
 

Der Rest der Premiere war nicht mehr als ein Schleier für mich. Julie klammerte sich in dem Moment an mich, als ich zu ihr zurückkehrte, und ich ließ sie gewähren. Sie brabbelte etwas von wegen Barry habe gesagt, in irgendeinem neuen New Line Film, über den gerade verhandelt werde, habe man vielleicht ein Rolle für sie, aber ich hörte sie kaum. Die paar Mal, die ich Torrie sah, war sie dicht an Seans Seite und sie sah nie in meine Richtung. Er blickte ab und zu zu mir. Ich glaube, er wußte nicht, was passiert war, war aber offensichtlich neugierig. Ich wußte nicht, was ich sagen würde, wenn er damit auf mich zukommen würde. Elijah sprach auch nicht mit mir. Jeder schien es zu fühlen, verstohlene Blicke schweiften durch die gesamte Besetzung. Billy und Dom tauchten auf und redeten kurz mit mir, bevor sie sich wieder an Elijahs Seite begaben. Ich bemerkt, daß ich die Hobbits haßte. Viggo blieb an meiner Seite; vielleicht hatte er bemerkt, daß ich Unterstützung brauchte. Ich hätte nie danach gefragt. Ich konnte es nicht.

Glücklicherweise begann der Film und wir begaben uns alle in die Dunkelheit. Ich paßte kaum auf, aber das Publikum schien es zu mögen. Julie drückte immer wieder meinen Arm und sagte mir, wie wundervoll ich war und daß meine Fans noch verrückter werden würden, wenn sie es erst sahen. Und dann war es vorbei und Applaus brandete auf und es gab Händeschütteln und jeder des Teams umarmte sich, außer mir und Elijah. Mir gefiel das nicht, denn ich hatte Angst, ihn auch zu verlieren, und im Moment brauchte ich ihn wirklich. Schließlich war er meine einzige Verbindung zu Torrie.

Der Abend wurde durch ein Gewitter verdorben, das aufgekommen war, während wir im Theater gewesen waren. Draußen hämmerte der Regen auf die Straße und jeder drängelte sich innen, sah zu und bemerkte, daß keiner daran gedacht hatte, einen Regenschirm oder einen Regenmantel mitzubringen.

Gelächter. Ich sah bei dem Geräusch auf und erkannte, daß es Torrie war. Sie war am anderen Ende der Türen, stand bei Billy und Dom und sie alle lachten und stichelten sich gegenseitig. Ich kann nicht beschreiben, wie froh es mich plötzlich machte, daß sie trotz allem noch lachen konnte, daß meine grausamen Worte sie nicht komplett zerstört hatten. Ich wollte sie zurücknehmen. Ich wollte, daß sie wußte, daß ich es nicht so gemeint hatte. Ich wollte sie wieder halten und daß sie mir sagte, daß alles okay war und daß wir eines Tages wieder mit den Haien schwimmen würden und auf dem Boot ihres Onkels angeln gehen würden. Aber das waren schlicht hoffnungslose Wünsche, die nie wieder zwischen uns beiden zur Sprache gebracht werden würden.
 

Torrie drückte plötzlich die Tür auf und rannte hinaus in den Regen, lachte hinauf, als er sich über sie ergoß und drehte sich um und neckte Sean, versuchte ihn zu überreden, ihr zu folgen, rief ihm zu, daß das wenig Regen ihn nicht schmelzen würde. Er ging einen zögerlichen Schritt hinaus und dann griff sie ihn bei der Hand und zog ihn vollständig nach draußen und er stimmte in ihr Lachen ein und sie begannen zu tanzen. Genau dort, im Regen, vor der Menge, die auf sie deuteten und mit ihnen lachten. Kameras blitzten und ich wußte, daß Bilder von ihnen am nächsten Morgen in allen Zeitungen wären, 'Bean und sein Babe' wären die Überschriften, oder etwas ähnlich dummes. Und ich biß mir auf die Lippe, bis ich Blut schmeckte, versuchte nicht herauszuschreien, daß es unfair war und daß es vor nicht allzulanger Zeit ich gewesen wäre, den sie nach draußen gezogen hätte, und sie sahen so fröhlich und sorglos aus und Julie, die neben mir stand, bemerkte, das Torrie das Kleid, das sie trug, gerade total ruiniert hatte.

Und ich wollte sie schlagen, weil sie nicht sah, was wirklich vorging. Sie konnte nicht sehen, daß Torrie es gerade offensichtlich gemacht hatte, daß es ihr egal war, was ich gesagt hatte und was ich fühlte und daß sie frei war von mir.

Daß ihr Leben schön war, wie es war, und daß sie mich nicht brauchte.

Sie brauchte mich verdammt noch mal nicht.

Und dann umarmte Torrie Sean und unsere Blicke trafen sich über seine Schulter hinweg, durch den Regen, durch das, was Meilen zwischen uns zu sein schienen und sie sah mich einen langen Augenblick an und lehnte sich dann an Seans Ohr und ich sah ihren Mund die Worte Ich liebe dich, Sean, flüstern.

Meine Welt brach zusammen.
 

"Bist du okay?" Elijah war neben mir. Ich weiß nicht, wann er dort aufgetaucht war.

Ich konnte als Antwort nur nicken, meine Augen flimmerten von der Szene vor mir. Ich fühlte seine Hand auf meiner Schulter, eine sanfter Druck.

Vielleicht wußte er, was ich gerade fühlte.

Vielleicht konnte er sehen, daß ich mich nur an einen Seidenfaden klammerte.

Vielleicht hatte er es die ganze Zeit gewußt.
 

Ich liebte Torrie.

Zwischenspiel

- Zwischenspiel-
 

Why I've felt so alone, why I kept myself from love

And you became my favorite drug

So let me take you right now and swallow you down,

I need you inside

Unstoppable - The Calling
 

"Verdammt, Torrie! Paß bitte ein wenig auf, ja?"

"Entschuldigung."

Ich änderte meinen Griff an dem jungen Tigerhai und hielt ihn ein wenig fester, während Scott nochmals versuchte, im eine Spritze zu setzen. Glücklicherweise war der Hai noch nicht ausgewachsen und als er versuchte, sich aus meinem Griff zu befreien, hielt ich ihn fest, jetzt, da meine Konzentration wieder da war.

"Das sollte es gewesen sein," sagte Scott, ich ließ den Hai los und sah ihm nach, als er durch das Wasser hindurch fort glitt.

Wir hatten seit langem keinen Hai in der Anlage gehabt. Dieser war an den Strand gespült und von ein paar Surfern gefunden worden. Er war wahrscheinlich mit einem sehr viel größeren Hai oder ein paar örtlichen Fischern zusammengeraten, denn er war von gemeinen Schnitten bedeckt, von denen sich die meisten entzündet hatten, als wir ihn bekamen. Dem Hai ging es jetzt aber viel besser und würde bald wieder gesund genug sein, um ins Meer zurückzukehren. Er hatte mich schon einmal gebissen - eine netter, sauberer Abdruck einer Zahnreihe quer über meinen Unterarm.

Dafür nannte ich ihn im Gegenzug zärtlich Orli. Passend, eh?

Ich stieg aus dem Becken, trocknete mich ab und schaute auf die Uhr. Noch eine Stunde, dann mußte ich Sean vom Flughafen abholen. Ich schälte mich aus dem Schwimmanzug, hinunter zu meinem Badeanzug und schlüpfte in meine Jeans und mein T-Shirt. Als ich mich umdrehte, bemerkte ich, daß Scott mich beobachtete und die Stirn runzelte. Er runzelte in letzter Zeit mir gegenüber sehr oft die Stirn, also war das nichts neues für mich. Aber diesmal wußte ich, daß er etwas sagen wollte.

"Weißt du, Torrie," begann er und ich rollte die Augen, ich haßte es, wie Recht ich hatte. "Wenn du etwas Zeit für dich brauchst -"

"Es geht mir gut, Scott." wischte ich seine Sorgen fort und ging zurück in Richtung Hauptgebäude. Er folgte.

"Nein, geht es dir nicht. In den letzten zwei Monaten warst du nicht du selbst. Deine Konzentration war am Arsch, deine Begeisterung existierte nicht und deine Laune war entweder 'Laß mich verdammt noch mal in Ruhe' oder 'Interessiert mich nicht'. Was dann? Ich will dich nicht zwingen, eine Auszeit zu nehmen, weil ich mir um die Tiere im Center Sorgen machen muß."

Ich hielt an und drehte mich ihm zu, wütend darüber. "Ich würde niemals das Leben eines Tieres in Gefahr bringen, Scott. Niemals!"

Er hob die Hände. "Ich weiß, ich weiß. Ich wollte damit auch gar nicht sagen, daß du das würdest. Es ist nur so, daß deine Konzentration total abhanden ist, und wenn dir ein Urlaub hilft, dann biete ich ihn dir an."
 

Ich seufzte und wandte mich wieder ab. Ein paar Monate ohne Arbeit klangen himmlisch. Ich wußte, ich würde die meiste Zeit davon damit verbringen, mich in Selbstmitleid und Ärger zu suhlen und den Rest damit, Sean zu unterhalten. Danke, aber nein danke. Ich hatte genug davon, verwöhnte, kindische Männer glücklich zu machen.

"Ich muß Sean abholen," murmelte ich und ging durch den Flur Richtung Haupteingang.

"Das ist doch was. Vielleicht brauchst du einfach nur einen guten Fick," rief Scott gutmütig.

Ich zeigt ihm meinen Finger.

Er lachte und sagte, "Hab ein schönes Wochenende."

Ich hatte meine LifeHouse-CD aufgedreht und versuchte mich, auf dem Weg zum Flughafen zu beruhigen. Ein Monat war vergangen, seit Sean und ich uns gesehen hatten und diese letzte Woche war nicht gerade angenehm gewesen.

Seit der Premiere von 'Die zwei Türme' in Birmingham war ich ein einziges Nervenbündel. Sean hatte ständig gefragt, was los sei, aber sagt, wäre es nicht etwas unschön gewesen, die Wahrheit zuzugeben? Abgesehen davon denke ich, daß er das letzte Mal, als wir zusammen waren, etwas herausgefunden hat. Zumindest war er, als wir uns wieder trennte, etwas kühler als gewöhnlich zu mir gewesen. Ich war mir nicht sicher, und vielleicht verdiente ich es. Ich hatte es in letzter Zeit einfach drauf, Dinge zu vermasseln.
 

Zwei Monate waren vergangen, seit ich Orli getroffen hatte.

Zwei Monate, seit er mich die Hure der Gefährten genannt hatte.

Der kleine Bastard.

Das Schlimmste war, daß ich ihm sofort vergab. Wie könnte ich nicht? Ich verzieh Orli alles, was er tat, jeden kleinen Schmerz, den er hervorrief, weil ich mir nicht vorstellen konnte, ihm ernsthaft böse zu sein. Und todsicher konnte ich nicht aufhören, ihn zu lieben.

Ja, ich liebe Orli.

Liebte ihn, seit ich ihn auf dem Pier habe stehen sehen, tropfnaß, als er versuchte, so zu tun, als ob das, was passiert war, keine große Sache war und mir dieses Lächeln mit diesen gottverdammten Grübchen schenkte. Ich liebte seine Augen und seine Stimme und sein Lachen und wie er sich wie ein Kind an mich kuschelte, wenn er sich nicht gut fühlte. Ich liebte jede seiner Macken - von denen er viele hat - und ich liebe seine Stärken, von denen er noch mehr hat. Er war mein Retter, mein Schutzengel, mein Beschützer. Er hat mir mein Leben zurück gegeben.

Und es machte nichts, daß er, als ich erst einmal bei ihm eingezogen war, meine Liebe für ihn ausnutzte. Es machte mir nichts aus. Ich wußte, daß ich nie das wäre, was er wollte, ich könnte mich niemals mit den Frauen messen, mit denen er sich traf oder die sich ihm an den Hals warfen. Ich war nur die schlichte, langweilige, bodenständige Torrie die Meeresbiologin, aber ich begann zu glauben, daß ich es besser hatte. Ich hatte seine Freundschaft. Das war etwas, das halten würde. Ich hatte sein Vertrauen. Ich war diejenige, zu der er kam, wenn er mit jemandem reden mußte, wenn er Ermutigung brauchte, wenn ihm jemand versichern mußte, daß er vielleicht halb so gut war wie die Medien forderten. Und das war vielleicht der Anfang vom Ende.

Ich liebte ihn dadurch nur noch mehr und ließ mich glauben, daß ich ohne ihn nicht leben könnte.

Und ihn mit Julie zu sehen, zerstörte mich Stück für Stück.
 

Elijah wußte es. Durch das alles war er mein Fels gewesen. Der stille Beistand, der aus dem Hintergrund zusieht und einschreitet, wenn die Ding etwas aus der Bahn geraten.

Die Nacht, in der wir miteinander schliefen... Alles begann, als er mich fragte, ob ich in Orli verliebt sei. Ich konnte es nicht leugnen. Und es tat weh, es laut zu sagen, schmerzte, weil ich wußte, daß ich mit einer wohldurchdachten Lüge lebte, wo ich gezwungen war, zu lächeln und zu lachen und für Orli da zu sein, bis er sich wieder Julie zuwandte. Bis dahin war es für mich zu einer Sucht geworden und ich konnte ihn nicht gehen lassen. Ich wollte nicht. Ich wollte vorgeben, daß Orli mich wirklich brauchte und daß er auf mich zählte und daß er mich da haben wollte. Ich hätte in diesen ersten zwei Wochen ausziehen sollen. Ich hätte ihn mich niemals trösten lassen sollen, ihn niemals jede Nacht neben mir im Bett halten sollen. Seine Wärme macht süchtig. Wenn er dich einmal gehalten hat, willst du nie mehr, daß er dich losläßt. Du willst nie mehr glauben, daß es etwas anderes da draußen geben könnte. Denn wenn er dich hält, dann weißt du, daß es ehrlich ist. Du weißt, daß er dich trösten will und du weißt, daß er sich sorgt.

Und das ist so eine Seltenheit.

Also hatte ich in dieser Nacht geweint, war zusammengeklappt, und Elijah hatte mir seinen Trost angeboten, den ich annahm. So einfach war das.

Ich hatte solch eine Reaktion von Orli nicht erwartet. Ich glaube, er konnte sich nie wirklich dafür erwärmen, daß ich mich mit seinen Freunden anfreundete. Vielleicht bedrohte es in irgendeiner Weise ihre Freundschaft, daß ich mit Elijah geschlafen hatte. Ich verstehe es immer noch nicht. Ich meine, es bedeutete nichts zwischen den zwei Leute, die es taten. Gott, manchmal lachen wir immer noch darüber. Es war ja nicht so daß es romantisch oder intensiv oder so was war.

Verdammt, ich fand es noch nicht mal sehr gut. (Shhh, laßt Lij nie wissen, daß ich das gesagt habe!)
 

Danach begann ich zu begreifen, daß meine Besessenheit für meinen besten Freund mich selbst daran hinderte, irgendein Leben zu führen. Orli würde nie mir gehören, und das hatte ich verstanden. Er sagte mir, daß er mich liebte.

Oft.

Aber als Freund, und nicht mehr. Manchmal stellte ich es mir aber vor, wenn er diese Worte sagte. Nur manchmal stellte ich mir vor, daß er wirklich meinte, er würde mich lieben, und daß er nicht ohne mich leben könnte. Ich würde immer besser darin, mir Lügen einzureden.

Also beschloß ich, aufs nächste Level zu gehen. Zu versuchen, Orli aus meinen Gedanken zu kriegen. Mit etwas anderem zu beginnen, mein Leben als Individuum wieder aufzubauen. Zu dieser Zeit machte Orli mich mit Sean bekannt und es erschien wie die perfekte Gelegenheit, wieder Fuß zu fassen.

Ich nutze Sean nicht aus. Das könnte ich nie tun. Ich glaube auch nicht, daß er das je mit sich machen lassen würde. Aber er war dir richtige Person zur richtigen Zeit und ich ergriff diese Gelegenheit. Orli kam Julie näher und ich konnte das nicht mehr hinnehmen. Ich fühlte mich so einsam, und Sean füllte diese Leere. Er könnte Orli nie ersetzen, der einen kleinen, geheimen Fleck in meinem Herzen haben würde, der immer ihm gehören würde. Aber Sean brachte mich manchmal dazu, es zu vergessen. Und das war schön.

Abgesehen machte es Spaß, wenn Sean bei mir war und ich fühlte mich so unglaublich weiblich und winzig, wenn er bei mir war. An so ein Gefühl bin ich nicht gewohnt.

Normalerweise bin ich einer der Jungs oder so. Aber mit Sean konnte ich diejenige sein, die man beschützen und um die man sich kümmern mußte, und das war schön.

Für einige Zeit. Dann wurde es Arbeit. Und ist es noch.

Sean muß immer amüsiert, immer unterhalten werden. Er langweilt sich schnell. Ich glaube, deshalb sind seine Ehen gescheitert. Er findet etwas, das er will, und stürzt sich total hinein und verdreht armen, unwissenden Frauen den Kopf, und für eine Weile ist alles das pure Glück und dann, aus dem Nichts, ist er gelangweilt und sie fängt an, sich unpassend zu fühlen und das ist das Ende.

Ich bin den anderen ein Stück voraus. Erstens bin ich es gewohnt, mich zu verbiegen, um Männern zu gefallen.

Für Steve tat ich es, mit verhängnisvollen Folgen, und dann hatte ich einen Rückfall und tat es auch für Orli. Ich weiß also, wie ich Sean das gebe, was er braucht. Und zweitens liebe ich einen anderen, also würde es mir nicht wirklich viel bedeuten, wenn Sean sich mir entfremden würde. Ich erwarte es. Ich könnte natürlich auch falsch liegen. Es könnte so enden, daß ich mich so gut in Seans Leben eingliederte, und daß er gar nicht nach einem Ausweg suchte. Das wäre meiner Meinung nach nur ein weiterer Zuckerguß auf dem Kuchen.

Die Gefährten fickende Hure.

Ich kann immer noch nicht glauben, daß er das zu mir gesagt hat. Es tat weh - Gott weiß tat das weh.

Und dann machte es mich wütend. Er machte mich wütend. Orli hat seine Art, es zu tun. Meine Gefühlte für ihn sind nie ausgeglichen. Entweder ich liebe ihn oder ich hasse ihn. Ich kann ihm nicht wirklich weh tun - er müßte sich mehr um mich sorgen, als er es tut - aber nach dem Kommentar mit der Hure war das einzige, woran ich denken konnte, es ihm direkt zu zeigen. Deshalb habe ich mich versichert, daß er mich sah, als ich Sean sagte, daß ich ihn liebte. Und ich liebe Sean wirklich.

Nur nicht so sehr wie Orli.

Ich werde nie jemanden so lieben wie ihn, egal, wie weh es tut. Gott bewahre, sollte Orli es trotzdem je herausfinden. Ich könnte mit seiner Ablehnung nicht umgehen.
 

Alles das wäre sehr viel leichter, wenn Halloween nie gewesen wäre. Ich schwöre, ich würde diesen Tag nie wieder so sehen. Erst rennt Orli direkt in mein Gespräch mit Elijah und ich war gezwungen zu lügen und ihm zu sagen, ich würde über Sean reden.

Und dann diese Nacht... Ich glaube, ich wußte die ganze Zeit, was ich tat. Sicher, ich hatte zu viel getrunken - mehr, als mein Körper gewohnt ist - aber ich frage mich, ob ich das nicht vorhatte. Ich meine, sowohl Sean als auch Julie waren nicht da und Orli gehörte nur mir und vielleicht wollte ich nur einmal meinen Anspruch auf ihn erheben.

Abgesehen davon sah er in diesen engen Satinhosen so unglaublich sexy aus. Er sieht immer sexy aus, er strömt das aus, aber in dieser Nacht war es einfach zuviel und ein Teil in mir trank, um es zu ignorieren, und der andere Teil trank sich Mut an, um meine Unsicherheiten und Ängste zum Teufel zu schicken.

Und ich tat es.

Und es war verdammt unglaublich.

Orli war unglaublich. Er hat die sanftesten Küsse überhaupt - diese perfekten Lippen. Ich versuche so sehr, mich nicht daran zu erinnern, weil es so weh tut. Ich hatte mir vorstellen wollen, daß er das alles aus Liebe getan hat, das jede Berührung, jedes Streicheln, jeder Kuß für mich und nur für mich gemeint war. Gott weiß, daß ich mich in nichts zurückhielt. Vielleicht konnte ich ihm nicht sagen, daß ich ihn liebte, aber ich konnte es ihm verdammt noch mal zeigen. Und deshalb tat es so weh, in dieser Nacht erkannte ich, daß ich die ganze Zeit nur gegeben und gegeben hatte, daß ich immer etwas wollte, aber nie erwartete, etwas dafür zu bekommen, und das zerriß mich. Ich hatte Angst, dafür über ihn verbittert zu sein.

Also ging ich. I

ch dachte, es wäre das beste für uns beide.

Glaube, da lag ich falsch. Nicht das erste Mal.

Dank des Verkehrs kam ich etwas spät zum Flughafen. Als ich ans Gate kam, lehnte Sean an einer Säule und las in einer Zeitschrift, während niemand um ihn herum ihn zu erkennen schien. Kein Wunder. Das amerikanische Publikum war gewohnt, ihn als Bösewicht zu sehen und da die Bösewichte am Ende des Filmes immer sterben, löscht man sie gewöhnlich aus dem Gedächtnis. Ich bin sicher, wenn er den Bart und die Haare aus 'Die Gefährten' tragen würde, würden Leute quer durch den LA Flughafen 'Boromir' brüllen.

Statt dessen war er sauber rasiert und wie gewöhnlich zwanglos in Jeans und einen schwarzen Pulli gekleidet.

Als ich mich näherte sah er auf und lächelte, und ich wollte, daß meine Knie weich wurden und mein Herz in meiner Brust raste. So wie bei Orli.

Aber sie taten es nicht.

"Tut mir leid daß ich zu spät bin," entschuldigte ich mich. "Der Verkehr."

"So spät bist du ja gar nicht, Kleines," antwortete Sean, zog mich in einer Umarmung an sich heran und küßte mich mit überraschender Leidenschaft. Normalerweise war er nicht für öffentliche Zärtlichkeiten und ich konnte nicht anders, als mich zu fragen, was los war. Obwohl es nett war.

Wir plauderten zwanglos, während wir uns durch den Gepäckbereich zum Auto begaben. Als die Türen erst einmal geschlossen waren, lehnte ich Sean zu mir und küßte mich abermals. Er war ungewöhnlich zärtlich. Ich starrte ihn an, als er sich zurücklehnte und er lächelte nur, während sich seine stahlgrauen Augen in mich bohrten.

"Was ist?'" fragte ich.

"Kann ich nicht nur glücklich sein, dich zu sehen?" fragte er im Gegenzug und lehnte sich in seinem Sitz zurück. "Es ist ne Weile her."

Ich glaubte ihm nicht. "So ist es." Ich startete den Wagen.

Wir unterhielten uns pausenlos und auf dem Weg zu meiner Wohnung war unser Gespräch pausenlos und lebendig. Ich erwägte, kurz einzukaufen - ich wollte an diesem Abend wirklich nicht ausgehen - aber Sean schlug vor, etwas for takeaway mitzunehmen.

Das war immer besser als kochen. Wir hielten und nahmen etwas vom Chinesen mit, bevor wir schließlich nach Hause fuhren. Sean schmiß seine Taschen ins Schlafzimmer und kam dann zu mir in die Küche, wo ich das Moo Shoo Pork zusammen mit Reis und Eibrötchen auf einzelne Teller löffelte. Er lehnte sich an die Anrichte und sah mir für ein paar Augenblicke schweigend an.
 

Seine nächsten Worte erwischten mich komplett unerwartet.

"Orli ist mir letzte Woche in London über den Weg gelaufen."

Der Behälter mit Reis flog mir aus dem Händen.

Sehr schlau.

Sean sagte nichts. Sah mich einfach nur an, während ich versuchte, den Dreck wegzumachen.

"Er sah furchtbar aus."

Diesmal versuchte nicht zu reagieren. "Oh?"

"Yeah. Dünner als gewöhnlich. Müde. Schien auch nicht erfreut gewesen zu sein, mich zu sehen."

Ich wollte das nicht hören.

Kürzlich hatte ich ein Foto von Orli in einer Zeitschrift gesehen und was Sean sagte, stimmte. Er erschreckte mich.

Kümmerte sich Julie nicht um ihn? Er brauchte jemanden, der auf ihn aufpaßte, denn in seinem Herzen war er noch so sehr ein kleiner Junge und dieser plötzliche Ruhm übte so einen großen Druck auf ihn aus und ich glaube, er wußte nicht so recht, wie er damit umgehen sollte. Orli wußte einfach nicht, wann er Stop sagen sollte, wann er zu sagen hatte, daß es genug war. Er brauchte jemanden, der es für ihn tat.

"Das ist seltsam," murmelte ich und wußte gar nicht richtig, was seine Worte gewesen waren.

"Ist es das?"

Ich sah zu ihm und er betrachtete mich genau. Ich sah wieder auf das Essen. Plötzlich hatte ich keinen Hunger.
 

"Was ist zwischen euch beiden passiert?" Das war eine direkte Frage. Überlaßt es Sean.

"Passiert? Wann?" Ich schob ein Eibrötchen in meinen Mund und vermied es, ihn anzusehen.

"Bei der Premiere im Dezember. Als ich auftauchte und dich und Lij und Orli bei etwas vorfand, was ein extrem unbequemes Schweigen zu sein schien. Du und Orli habt seitdem nicht miteinander geredet. Erscheint mir seltsam für zwei Leute, die sich so nahe standen, wie ihr das tatet."

"Leute entfremden sich." log ich.

Sean holte aus, ergriff mich an der Schulter und drehte mich zu sich, daß ich ihn ansehen mußte. "Hör auf, Kleines," sagte er sanft. "Ich bin kein Idiot, verstanden? Ich habe die Zeichen gesehen, ich habe euch beide zusammen gesehen und ich habe den Zustand gesehen, in dem ihr euch seit Birmingham befindet. Glaubst du wirklich, daß ich so dumm bin?"

Gott, war das offensichtlich? "Sean, ich - "

Er legte einen Finger an meine Lippen und brachte mich zum Schweigen. "Keine Ausreden. Keine Entschuldigungen. Sieh mich an." Er hob mein Kinn, bis sich unsere Blicke trafen. "Ich weiß, daß du Gefühle für ihn hast, Torrie. Ich kann es sehen."

Ich nagte auf meiner Unterlippe und war mir nicht sicher, was ich sagen sollte. Jetzt wußte ich, daß Sean mich verlassen würde und ich hätte wirksam zwei der Gefährten verscheucht.

Vielleicht hatte Orli mit dem, was er gesagt hatte, Recht gehabt. Natürlich würde ich immer Lij haben.

Ich hatte das Gefühl, daß er immer da sein würde.

Ich war unabstreitbar überrascht als er seine Lippen auf meine legte und mich sanft und zart küßte. Es war beinah zu viel. Sean hatte mein dunkelstes Geheimnis entdeckt, und dennoch wollte er mich trösten. Ich verstand es nicht. Ich sagte nichts, als er sich zurückzog.

Sean strich mein Haar zurück und steckte es hinter mein Ohr. "Ich liebe dich, Torrie. Und ich werde was auch immer tun, um ihn aus deinem Gedächtnis zu streichen. Den letzten Monat habe ich viel darüber nachgedacht und wie gern ich mit dir zusammen bin und ich soll verdammt sein, wenn ich ihn sich unserer Freude, die wir haben können, in den Weg stellen lasse. Ich werde dich dazu bringen, daß du mich so liebst, Kleines, wie ich dich liebe."

"Ich lieb-"

"Ich weiß, daß du das tust", unterbrach er mich und küßte mich auf die Stirn. "Aber nicht genug. Ich will dich nicht teilen. Und wenn er zu blind ist, zu erkennen, was er hätte haben können... Nun, ich bin froh, das zu übernehmen. Aber ich werde dich nicht teilen, Torrie. Ich kann nicht."
 

Ich nickte und ließ ihn mich an sich ziehen und mich halten. Das war einfach eine weitere Sache, mit der ich umgehen mußte, die ich zu akzeptieren hatte. Nie im Leben hätte ich erwartet, daß Sean so was sagen würde. Ich wußte nicht, daß seine Gefühle für mich so stark waren.

Es erschreckte mich. Weil ich nicht wußte, ob ich es jemals rückgängig machen könnte. Ich wußte nicht, ob er mich Orli je vergessen lassen würde oder ob sonst irgendwer das konnte. Und Sean verdiente was besseres von mir.

Ich wollte Orli nicht vergessen. Er war wie dieser Traum, an dem man sein Leben lang festhält, denn wenn man keine Träume hat, an die man glauben kann, was ist dann der Sinn des Lebens? Ich wußte, daß ich ihn niemals haben könnte, aber trotzdem wollte ich ihn bewahren, in einem Herzen. Doch so lang ich das tat, würde ich nie fähig sein, Sean das zu geben, was er wollte. Ich hätte ihm das sagen sollen. Ich hätte es dort beenden sollen. Es wäre für uns beide einfacher gewesen.
 

Sean blieb eine Woche. Er fing an davon zu reden, nach LA zu ziehen, ein Haus zu kaufen, das wir teilen und in dem uns seine Töchter besuchen könnten.

Ich wußte nicht, ob ich dafür schon bereit war und ich glaube, er konnte es in meinen Augen sehen, denn er ging dem nicht weiter nach. Ich wußte, daß es letztendlich wieder zur Sprache kommen würde, daß er dann eine Antwort haben wollen und die Zukunft unserer Beziehung davon abhängen würde.

Verdammt, warum mußten sich die Dinge ändern?
 

An seinem letzten Abend in LA gingen wir in ein nettes italienisches Restaurant in West Hollywood. Es war wirklich sehr romantisch und süß und Sean war der Charme in Person.

Ich bin zu dem Schluß gekommen, daß jeder Mann mit britischem Akzent einer Frau den Kopf verdrehen kann. Oder zumindest uns Amerikanerinnen.

Sean schien das zu spüren, denn wenn er meine Aufmerksamkeit wirklich wollte, wenn er wollte, daß ich ihn mehr als nur anhimmelte, verfiel er wieder zurück in seinen schweren Akzent, bis ich kaum noch ein Wort aus seinem gottverdammten Mund verstehen konnte und natürlich interessierte mich das in diesem Moment auch herzlich wenig.

Ich wäre sogar glücklich gewesen, wenn er mir das Telefonbuch von Los Angeles vorgelesen hätte.

Wie ich sagte, war er den ganzen Abend sehr charmant. Neben den Blumen und dem Akzent sagte er mir immer und immer wieder, wie schön ich war, und streichelte meine Hand, die er in seiner hielt...

Gott, er hätte mich hier und jetzt fragen können, und ich wäre sein gewesen.

Das ist einer der Hauptfehler bei der weiblichen Spezies. Männer können uns auf der Stelle den Kopf verdrehen. Gott sei dank sind nicht allzuviele darin begabt.
 

Wir beendeten schließlich unser Essen und ich ging in die Lobby, um auf Sean zu warten, während er nach hinten auf die Toilette verschwand. Ich kuschelte mich gerade in meinen Mantel, als eine Stimme hinter mir sagte:

"Hallo Torrie."

Ich erstarrte, mein Herz klopfte wild gegen meine Brust.

Sean hatte die ganze Nacht gebraucht, um meine Gefühle in Wallung zu bringen.

Orli brauchte dafür nur zwei beschissene Worte.

Ich atmete tief ein und drehte mich zu ihm. Ich hatte nicht begriffen, was es für einen Einschlag auf mich haben würde, ihn wiederzusehen meine ich. Es hatte sich wie ein Ewigkeit angefühlt. Seine Augen waren sogar noch schöner als ich mich erinnerte, aber Sean hatte Recht gehabt, er war dünner und hatte dunkle Ringe unter seinen Augen.

"Ummm... hallo Orli", krächzte ich schließlich und haßte es, daß er das mit mir machte. Haßte es, daß ich hier und jetzt nach ihm greifen und ihn halten und ihm sagen wollte, wie sehr ich ihn vermißt hatte und daß es mir leid tat. Ich wollte mich verdammt noch mal für das entschuldigen, was er zu mir gesagt hatte. Kann an diesen Mist glauben?

"Wie geht es dir?"

Standardfrage. Zu dumm, daß ich nicht wußte, was ich antworten sollte. "Gut. Dir?"

Er zuckte mit den Schultern und ich wollte schreien, denn Orli war normalerweise so lebhaft und wollte dich immer wissen lassen, was in seinem Leben vorging. Er rauchte auch wieder, das konnte ich riechen und es verwirrte mich ebenfalls.

"Wo ist Trophy?" fragte ich. Dann kann ich ein wenig Mitgefühl in sie prügeln, fügte ich insgeheim hinzu.

"Draußen. Ist einem Freund über den Weg gerannt. Du bist mit Sean hier?"

Ich nickte und wollte, daß Sean nie zurück kam und ihn gleichzeitig verzweifelt an meiner Seite.

Stille. Ich zappelte herum. In seiner Gegenwart hatte ich mich noch nie so unwohl gefühlt. Aber dann war es auch nur ein Schatten von dem Orli, in den ich mich verliebt hatte.

"Du siehst schön aus."

Mein Kopf ruckte hoch. Niemals, seit ich ihn kannte, konnte ich mich erinnern, daß Orli mich als schön bezeichnet hatte.

Und es hatte so viele Zeiten gegeben, in denen ich es hatte hören wollen.

Doch jetzt klang es in meinem Kopf wie eine Totenglocke.

"Dan- danke", stotterte ich und empfand meine Antwort als unangemessen.

Er lächelte mich leicht an, ein perfektes, kleines Orli-Lächeln, daß mich innerlich zerriß, und hob dann die Hand, als ob er noch etwas sagen wollte.

Ich wollte ihn so sehr umarmen, daß es schmerzte. Aber ich hatte Angst, daß ich ihn niemals loslassen würde, wenn ich es tat.

"Na das ist ja eine Überraschung. Hey Orli."

Bei Seans Stimme drehte ich mich um und war dankbar, daß er da war.

Er und Orli gaben sich die Hände und ich hielt mich an Seans Arm wie an einer Rettungsleine fest. Ich brauchte das. Ich brauchte ihn, damit er mich am Boden hielt, mich wieder in die Realität und aus der Phantasie herausbrachte, in der ich immer lebte, wenn Orli in der Nähe war.

Doch Sean fühlte es, und ich glaube, das war eine Probe, denn er entzog sich mir nicht gerade sanft und sagte, daß er schon mal gehen und den Wagen vorfahren würde und Orli und ich noch ein paar Minuten für uns hätten.

Und dann ging er und warf mir im Gehen noch einen Blick zu, sah mich noch einen letzten Moment an, als die Türen sich dann schlossen.

Verdammte Männer. Zur Hölle mit ihnen.

"Ich... Ich sollte gehen," sagte ich und mußte raus. Ich brauchte Luft.

"Torrie, warte." Er berührte meinen Ärmel und zog daran.

Ich drehte mich wieder zu ihm, wollte seinem Blick ausweichen, sah ihn dennoch an.

"Torrie, ich..." Schon wieder diese Handbewegungen. Ein kleines Flattern in der Luft, das zeigte, daß er sprechen wollte, aber nicht wußte, wie oder was er sagen sollte. Es tat weh, das zu sehen.

Wir hatten uns immer so gut verstanden. "Torrie, ich weiß daß du mich haßt und ich will nur, daß du weißt, daß es mir leid tut. Was ich zu dir gesagt habe, habe ich nie so gemeint."
 

Da hatten wir es. Ich war schon wieder verloren.
 

"Orli, nein." Ich schüttelte den Kopf, berührte seine Wange, die überraschend kalt war. "Ich könnte dich nie hassen, Orli, Niemals. Und ich... ich habe dir in dem Moment verziehen, als du es gesagt hast."

Er lehnte sich in meine Berührung und ließ seinen Blick nicht von mir. Wir standen einfach nur da, sahen einander an, und die Stille zwischen uns war auf einmal sehr viel angenehmer.

Ich erkannte, daß ich wollte, daß er mich küßte und es war mir egal, ob Sean vorbeikommen und uns sehen würde. Ich wollte, daß die Zeit anhielt. Und mehr als alles wollte ich, daß dieses schöne Wesen mich liebte. Gott, Orli, wollte ich weinen, warum kannst du mich nicht lieben?

"Sean wartet sicher auf dich," sagte er leise und trat zurück, aus meiner Reichweite.

Ich nickte. "Ja, Ich... ich gehe besser."

Ich bewegte mich zur Tür, wollte ihn nicht aus den Augen lassen. Ich wußte, daß ich aufhören mußte, mich so von seinen Launen abhängig zu machen, aber ich wollte wirklich ,daß er sagte, er würde mich brauchen.

Alles, was er zu tun hatte, war, das zu sagen, und ich wäre nicht von seiner Seite gewichen, zur Hölle mit Trophy und Sean und allen anderen.

"Es war schön, dich zu sehen!" rief er.

"Dich auch! Paß... paß auf dich auf, Orli."

Er schenkte mir ein scheinbar trauriges Lächeln und nickte, und in diesem Moment liebte ich ihn mehr als je zuvor.

Kapitel 13
 

And it's been awhile

Since I could hold my head up high

And it's been awhile

Since I first saw you

And it's been awhile

Since I could stand on my own two feet again

And it's been awhile

Since I could call you
 

Its Been Awhile - Staind
 

Die Rolle des Legolas in 'Herr der Ringe' war die Chance meines Lebens gewesen.

Ich wußte das. Ich war kein totaler Idiot.

Der Filmdreh war unglaublich gewesen, genau so wie die Premiere von 'Die Gefährten'. Ich hatte all diese wunderbaren Freunde gefunden, und keiner von uns wußte, was passieren oder wie es ausgehen würde. Wir wußten nicht, was wir zu erwarten hatten. Gewiß deckte sich keiner meiner Erwartungen mit dem, was sich mir in den Weg stellte. Ich meine, ich liebe, was ich tue. Schauspielen ist der großartigste Job der Welt. Ich will das auch weiterhin machen, aber... es scheint, als wäre ich irgendwann nicht mehr als Schauspieler gefragt, sondern nur noch mein Gesicht. Ich soll Kinosäle füllen und Poster verkaufen und die Leute dazu bringen, bei Preisverleihungen einzuschalten. Und obwohl es schmeichelnd ist, wenn mich diese Fremden sexy oder gutaussehend oder was auch immer nennen, so ist es doch auch erschreckend.
 

Wißt ihr, was Ruhm ist?

Ruhm ist, aufzuwachen, und Mädchen vorzufinden, die auf deinem Rasen campieren.

Rum ist, im gottverdammten Lebensmittelladen einen Blowjob angeboten zu bekommen.

Ruhm ist, Drohungen von eifersüchtigen Lovern zu erhalten, die dir drohen, daß sie dich vermöbeln werden, sollten sie dich jemals treffen.

Ruhm ist, wenn ein kleines Mädchen sich umbringt, weil sie dich nie treffen und von dir geliebt werden wird und dann versuchen ihre Eltern, dich zu verklagen.

Und du mußt den Rest deines Lebens mit dieser Schuld leben.

Das ist Ruhm.

Zumindest ist es das, was Ruhm für mich geworden ist.

Und ich hasse es.
 

Ich bin so müde. Einfach ausgebrannt.

Und es ist noch kein Ende in Sicht. Kein Stop.

Man muß immer irgendwo sein, irgendwas filmen, irgendwem die Hand schütteln.

Ich habe Julie gefragt, ob wir ein Pause nehmen könnten, ob wir einfach Urlaub nehmen und irgendwo zusammen hingehen können, nur wir zwei.
 

Ich dachte, es würde helfen. Es würde mir helfen, so viele Dinge... zu vergessen.

Aber sie sah mich an, als hätte ich eine Reise zum Mond oder sowas vorgeschlagen.

"Orlando," sagte sie. Sie lehnte es ab, mich noch 'Orli' zu nennen, weil die Fans mich 'Orli' genannt haben und das war für sie unangebracht der so ein Scheiß. "Orlando, kannst du nicht ernst sein? Ich bin diesen Monat auf der Cosmo. Wir müssen auf Partys anwesend sein, in Erscheinung sein. Wir können nicht nach Lust und Laune verreisen."

"Warum nicht?" wollte ich wissen.

Sie rollte mit den Augen in meine Richtung. "Oh Orlando. Werd erwachsen."
 

Das hörte ich oft von ihr.

Orlando, werd erwachsen. Jetzt lache ich nur. Das ist alles, was ich tun kann.

Habt ihr euch schon mal gefangen gefühlt?

Ich habe diese Hölle geschaffen.

Wenn ich mir wirklich weh tun will, wenn ich einfach nur denke, daß ich nichts als Schmerz verdiene, dann lasse ich meine Gedanken einfach los und letztendlich denke ich immer an Torrie, und in diesen Momenten höre ich nur ichliebesieichliebesieichliebesieichliebesieichliebesie, immer und immer wieder, bis ich es nicht mehr aushalte.

Warum hatte ich so lange gebraucht, es zu begreifen?

Ich hatte sie die ganze Zeit geliebt, das wußte ich jetzt, aber ich hatte mir idiotisch immer wieder eingeredet, daß sie nicht mein Typ war, daß sie nicht das war, was ich wollte. Wer kann schon sagen, warum wir uns in bestimmte Menschen verlieben. Ich hätte niemals gedacht, daß es sie wäre. Und vielleicht war das mein Fehler gewesen.

Sie letzte Woche im Restaurant zu sehen...

Gott, sie war so schön gewesen. Oder vielleicht war sie schon immer so schön gewesen und ich sah es jetzt erst.
 

Fuck.

Nun, wenigstens redete sie mit mir, was mehr war, als ich erwartet hatte.

Verzieh mir sogar für mein beschissenes Verhalten auf der Premiere. Nicht, daß ich ihr wirklich glaubte. Ich glaube, dieser Kommentar von mir wird immer zwischen uns hängen, sonst hätte sie schon längst angerufen, nur zum reden. Ich will sie anrufen. Manchmal komme ich sogar so weit, daß ich wirklich den Hörer abnehme.

Aber was sollte ich sagen? Hey Torrie, Lust, die Clubs unsicher zu machen?

Irgendwie erscheint mir das nicht mehr angemessen. Und es ist nicht so, daß ich sie fragen könnte, ob wir angeln gehen oder ob ich mit ihr im Center abhängen kann... dafür hat sie jetzt Sean.
 

Die Türklingel. Ich lag dort auf der Couch, wo ich seit letzter Nacht gewesen war, und überlegte, nicht hinzugehen, aber wer auch immer dort war, er klingelte immer und immer und immer wieder.

Entweder ging ich hin oder bekam davon Migräne.

Ich nahm mir Zeit, aufzustehen, die Klingel läutete weiter, und ich war mehr als verärgert, als ich die Tür öffnete.

"Was zum Teufel, OB?"

"Oh Scheiße." Ich rieb mit der Hand über mein Gesicht, mehr um dem wütenden Blick, den mir mein Besucher zuwarf, auszuweichen. "Atti. Ich dachte, du kommst morgen an?"

"Diesen Morgen, du Genie," murmelte er und drängelte sich durch die Tür an mir vorbei, seine Reisetaschen in den Händen. "Ich hatte ein verdammtes Glück, daß ich deine gottverdammte Adresse hatte. Hatte einen netten Taxifahrer, obwohl ich glaube, daß er etwas geisteskrank war."

Ich stand da, kam kaum auf den Gedanken, die Tür zu schließen, und drehte mich dann um zu Atti, der mich anstarrte. Sein Blick schweifte zu der Zigarette in meiner Hand und dann zurück zu mir.

"Dachte, du hättest aufgehört?"

"Ja. Dachte ich auch."

Er runzelte die Stirn, ging dann einen Schritt auf mich zu und umarmte mich. Die Berührung fühlte sich gut an und ich entspannte mich irgendwie in seiner Umarmung, denn ich brauchte die Berührung eines Freundes. Er schien das zu spüren - Atti tut das immer - und hielt mich eine lange Weile, bis er schließlich zurücktrat und mir ein Lächeln zuwarf.

"Jeeesus, OB! Du siehst scheiße aus."

"Danke." Nichts geht über einen Freund, der dir Selbstwertgefühl schenkt.

Er grinste nur und folgte mir ins Wohnzimmer. "Also, wo ist denn deine alte Fußfessel?"

"Nenn sie nicht so." Das war zu nah an der Wahrheit. "Sie ist gestern nach Hawaii geflogen."
 

"Phan-fucking-tastisch!" Atti ließ sich auf die Couch fallen und legte die Beine hoch. "Das bedeutet, nur wir beide, und wenn die Katze aus dem Haus ist..." Er brach ab und wackelte mit den Augenbrauen in meine Richtung.

Ich schüttelte nur den Kopf, drückte meine Zigarette aus und griff mir eine neue aus der Packung auf dem Sofatisch. Atti setzte sich auf und sah mir zu, während ich versuchte, ihn zu ignorieren, als ich sie anzündete, denn ich wußte, sein Blick war mißbilligend, ohne daß ich hinsah. Er seufzte, sagte Gott sei Dank nichts und ich drehte mich zu ihm, gerade noch rechtzeitig um zu sehen, wie er die leere Scotchflasche vom Ende des Tisches nahm. Scheiße.

"Hattest du letzte Nacht eine Party?" Er sah zu mir.

"Nein." Ich blies den Rauch gleichmäßig heraus und sah ihn an.

"Trink niemals allein, OB," war alles, was er sagte, obwohl er sehr die Stirn runzelte.
 

Ich wollte die Unterhaltung in eine andere Richtung lenken und zeigte ihm das Gästezimmer, wo er einige seiner Klamotten in die Schubladen und den Schrank warf, während wir uns auf den Neusten stand brachten. Er war gerade mit seiner Show fertig geworden, die drei Monate gelaufen war und sah sich jetzt in LA um. Ich war von der Idee begeistert, Atti die ganze Zeit bei mir zu haben. Es würde mich für den Verlust entschädigen...

Fuck. Sie schon wieder.

Wir gingen wieder ins Wohnzimmer, wo mir Atti von den ganzen Zeitschriften erzählte, auf denen ich in Europa abgebildet war und von den Chats, in denen er sich aufhielt, und die mit meinen Fans angefüllt waren, die ihn persönliche Dinge über mich fragten.

Er liebte diese verdammte Aufmerksamkeit. Er hatte Spaß daran, machte sie zu einem Spiel. Manche Dinge, die aus seinem Mund kamen...

Nun, wenn ich sowas jemals sagen würde, hätte ich die Hölle am Hals.

Aber Atti war so. Er konnte total geschmacklos sein, und niemanden schien es zu stören.

Es war schmeichelnd. In der Minute, in der ich etwas tat, das gerade mal an der Grenze zur Geschmacklosigkeit war, wurde ich sofort als eine Art wilder, unbezähmbarer Partyboy abgestempelt. Niemand schien zu verstehen, daß ich einfach ein Teil der Action sein wollte, daß ich da sein wollte, um sie zu sehen, die Aufregung zu spüren, das Leben zu fühlen. Ich wollte nicht derjenige sein, der sie verursachte.

Und trotzdem war ich immerzu der Gefährliche, wobei Elijah verdammt wilder war, wenn es hart auf hart kam.

"Also, willst du mir vielleicht erzählen, was los ist?"

Ich sah bei dieser Frage zu Atti. Er sah zu mir und lächelte diesmal nicht.

Ich schüttelte den Kopf. "Nichts. Nicht mehr als gewöhnlich."

"Fuck, OB," blaffte er und lehnte sich zu mir, ich saß neben ihm auf dem Sofa. "Ich habe dich noch nie so gesehen. Du bist nah dran, ein wandelndes Skelett zu sein, du hast vier Zigaretten weggeraucht, seit ich angekommen bin und du hast offensichtlich diese Flasche Scotch kurz bevor ich hergekommen bin, geleert. Ist das irgendein neu erfundener schneller Weg in ein frühes Grab oder was?"

"Es ist nichts. Mir geht's gut." Ich versuchte, aufzustehen, aber er griff mich am Arm und hielt mich zurück.

"Hör auf, mich anzulügen, verdammt. Oder ich bin hier weg, OB."
 

Stille. Ich wollte nicht, daß er ging. Ich brauchte ihn hier.

Und vielleicht würde er lachen und mir sagen, was für ein Idiot ich doch war und daß ich es vergessen sollte und daß mein Leben viel besser war, als was ich daraus machte und daß ich Julie wirklich liebte.

Ich wollte Torrie nur, weil ich sie nicht haben konnte.

Das wollte ich hören. Das war es, was ich mir die letzten paar Wochen eingeredet hatte. Und vielleicht könnte mich jemand darin unterstützen.

Ich atmete tief ein und erkannte, daß ich dies nie zu irgendwem laut ausgesprochen hatte.

"Ich... ich glaube, ich liebe sie." Ich schloß die Augen. Das war nicht richtig, "Ich weiß, daß ich sie liebe."

Atti runzelte die Stirn. "Julie?"

Ich glaube, darüber lächelte ich. Ich weiß nicht. Ich schüttelte nur den Kopf.

"Oh." Dann, "Oh!" Atti begriff. "Torrie! Du liebst Torrie!"

Man gebe diesem Manne eine Auszeichnung.

"Das verstehe ich nicht." Atti schüttelte den Kopf. "Wo ist das Problem? Ich meine, wenn du in Torrie verliebt bist, was machst du dann mit Julie?"

"Ich wußte nicht, daß ich Torrie liebe," erklärte ich sanft. "Und jetzt ist es zu spät."

Atti machte ein klickendes Geräusch mit seiner Zunge. "Es ist nie zu spät für die Liebe, OB. Das solltest du wissen."

Ich schüttelte den Kopf. Meine Augen brannten.

"Weiß Torrie es?"

Wieder schüttelte ich den Kopf.

"Dann sag es ihr!" rief Atti. "Das ist normalerweise etwas, was man dem Objekt seiner Zuneigung nicht verschweigt, OB."
 

Ich stand auf. Lief umher. Zündete mir noch eine Zigarette an.

"Du verstehst das nicht, Atti. Ich kann es ihr nicht sagen." Ich wandte ich um, um ihn anzusehen. "Sie ist jetzt mit Sean zusammen. Sie liebt ihn."

"Vielleicht, vielleicht nicht." Atti lehnte sich zurück und musterte mich einen Moment. "Du mußt es ihr sagen, OB. Laß sie die Entscheidung treffen."

"Fuck, Atti! Das kann ich Sean nicht antun!" antwortete ich, und der Schmerz der ersten Tränen trat in meine Wangen. "Er ist einer der Gefährten - er ist mein Freund! Sowas werde ich nicht machen und sein Glück für meine eigenen egoistischen Gründe zerstören."

"Sogar, wenn Torrie mit dir glücklicher wäre?"

Ich spottete darüber. "Sieh mich an, Atti. Glaubst du wirklich, ich könnte sie glücklich machen? Habe ich wirklich je eine Frau glücklich gemacht? Wieviele von ihnen sind wegen des Glückes, das ich ihnen gab, bei mir geblieben? Fuck, sogar Julie ist bereit, mir davon zu laufen. Ich kann es sehen."

Es schmerzte, das zuzugeben. Jede gescheiterte Beziehung lag an mir.

Ich wußte, das es so war. Ich weiß nicht, was erst sie zu mir zog, und Gott weiß lerne ich, daß es nicht genug ist, um sie bei mir zu halten.

"Nun, wenn das nicht irgendeine selbstmitleidige Scheiße ist, dann weiß ich auch nicht!" stieß Atti hervor und sprang auf. "Jesus Christus, OB. Jede Frau, die alle Sinne beisammen hat, würde sich die Haare ausreißen, um an deiner Seite zu sein, und das weißt du verdammt gut! Du wälzt dich in Selbstmitleid, das du um dich herum aufgebaut hast, und aus irgend einem verdammten Grund kann dich niemand da rausholen."

Ich schüttelte den Kopf. "Nein, Atti. Du verstehst nicht - "

Das Telefon klingelte. Wir standen beide einen langen Moment da, bis er mit der Hand in die Richtung schnippte und mir sagte, ich solle abnehmen. Ich tat es.

"Ja?"

"Hey, Orli. Freundlicher Nachbarschafts-Hobbit hier."

"Hey Sean, wie geht's?" Ich versuchte, besser zu klingen, als ich mich im Moment fühlte. Ich sah zu Atti, der durch den Raum wanderte und mit sich selbst auf Deutsch redete.

"Christine und ich veranstalten morgen ein kleines Treffen, nur Essen und Reden und so, und es wäre schön, wenn du vorbeikommen würdest."

"Oh... em... sorry, Sean, aber Atti ist gerade zu Besuch und ich will nicht -"

"Bring ihn mit! Wir würden uns freuen, ihn wiederzusehen. Ich versuche, so viele Gefährten wie möglich zusammen zu bekommen - zumindest die, die in der Stadt sind. Lij bringt Becca, Viggo wird da sein, Dom, Sean und Torrie -"

"Sean und Torrie?" wiederholte ich. "Nein, ich glaube nicht - "
 

Atti schnappte sich das Telefon aus meinen Händen. Ich versuchte, es wiederzugreifen, aber er stieß mich einfach aus dem Weg. Ich war zu müde, um zu kämpfen.

"Hey, hier ist Atti. Ist da Astin?... Hey. Mach dir nichts draus, OB. Er ist in so einer mürrischen Stimmung... Ja, deshalb bin ich hier. Schau, wir kommen morgen. Wann?... Großartig! Sollen wir was mitbringen?... Cool. Vielleicht kann ich hier ein gutes deutsches Lagerbier auftreiben... Heh. Ja. Bis dann."

Er legte auf. Ich sah ihn wütend an. "Warum zum Teufel hast du das getan? Ich will da nicht hin."

"Du gehst aber, mein Freund," erklärte Atti mir und zog mich hoch. "Und du wirst mich dieser Torrie vorstellen, von der du so oft gesprochen hast, aber bei der du nie die Liebenswürdigkeit gehabt hast, sie mir vorzustellen, und ich werde herausfinden, was zur Hölle da zwischen euch vorgeht."

"Bitte, Atti," bettelte ich. "Tu nichts, was -"

"OB." Er griff mich bei den Armen und zwang mich, ihn anzusehen. "Du bist mein Freund. Ich will dir helfen. Du bedeutest mir viel und im Moment erschreckst du mich zu Tode, okay? Ich kann es nicht ausstehen, dich so zu sehen. Ich weiß, dein Leben ist mit 'Ringe' ein wenig verrückt geworden. Zur Hölle, dieses dumme, beschissene Paar, was dich für den Tod ihrer Tochter verklagen will, ging über mein Verständnis! Aber wenn es etwas gibt, was ich tun kann, um dir da durch zu helfen, und wenn es das ist, das Herz der Frau zu gewinnen, in die du verliebt bist, dann werde ich es tun. Verstanden?"

Ich nickte.

Atti umarmte mich wieder und rieb meinen Rücken in kreisenden Bewegungen, flüsterte dumme Dinge, wie wundervoll ich doch war und wie sehr ich das erkennen mußte.

Ich war so froh, daß er da war. Ich wollte nur jemanden, mit dem ich reden konnte, jemanden wie Atti, der sich nicht scheute, mir zu sagen, daß ich mich selbst überwinden mußte.

Atti entzog sich mir und sagte, was ich wirklich bräuchte, wäre eine Nacht in der Stadt mit ihm.

Bevor ich protestieren konnte, drängelte er mich die Treppen hoch, sagte mir, ich solle duschen und mich um Gottes Willen rasieren und mich herausputzen, weil wir jetzt durch dir Clubs ziehen würden.

Und wenn Atti etwas beschloß, dann gab es keine Widerrede.
 

Also tat ich wie mir geheißen und verwandelte mich in Orlando Bloom, den Schauspieler, und folgte ihm später am Abend durch die Tür.
 

Wir waren in drei Clubs, bis wir einen fanden, den Atti annehmbar bezeichnete. Wie in den meisten guten Clubs war es dunkel und verraucht und der Baß der Musik vibrierte im Boden unter unseren Füßen. Wir fanden eine Ecke und ich bestellte einen Scotch, während Atti schnell die Menge musterte. Er fragte mich, ob ich tanzen wolle, aber ich schüttelte den Kopf, denn ich fühlte mich im Moment etwas elend. Ich mußte erst was trinken.

Atti zuckte mit den Schultern und sprang auf die Tanzfläche, wo er bald anfing, mit einem gutaussehenden, blonden Typ zu tanzen. Die nächste halbe Stunde hüpfte er zwischen dem Blonden und einer kleinen Rothaarigen, bis alle drei eine nette Zeit zusammen hatten. Ich leerte gerade meinen dritten Drink, als er wieder zum Tisch zurück kam und sich neben mir fallen ließ.

"Komm schon, OB. Du verpaßt den ganzen Spaß!"

"Mir ist nicht so nach tanzen, Atti."

"Aber dir ist danach, dich zu betrinken, was?" fragte er, nahm mein leeres Glas und sah hinein. "Ohwarte. Ich glaube, es gab heute gar keinen Moment, in dem du nicht betrunken warst."

"Atti, fang nicht damit an."

"Dann tanz mit mir. Tanz dir diese gottverdammte Scheiße aus dem Kopf."

Ich ließ ihn mich mit sich ziehen, in die Mitte der kreisenden Menge, eine Masse von verschwitzten Körpern, die sich um und drängelten.

Die Luft war voll von zu viel Parfüm, zu viel Aftershave. Mir war schwindlig.

Atti griff mich und brachte mich dazu, mit ihm zu tanzen, und dann machte die kleine Rothaarige mit und fing irgendwann an, mich zu betatschen.

Ich ließ sie einfach. In diesem Moment war es mir echt egal.

Eine Weile später zog Atti sie fort, ich denke, er sah den angewiderten Ausdruck in meinem Gesicht, deutete ihn aber falsch.

Ich war nicht so angewidert von ihr wie von mir.

Atti brachte mich hierher, um mal abzuschalten, und ich konnte nur daran denken, wie ich und Elijah und Torrie das letzte Mal zusammen getanzt hatten und wie er eine Sehnsucht in ihr ausgefüllt hatte, die ich in dieser Nacht nicht gesehen hatte, die ich komplett ignoriert hatte.

Und dann drehten sich meine Gedanken um die Nacht, die wir miteinander verbracht hatten, als ich sie dazu gebracht hatte, mich zu lieben und nicht wußte, daß ich es tat und mich nur darauf konzentrierte, wie gut es sich anfühlte. Wie ich dachte, daß ich es nur tat, weil ich betrunken war. Die ganze Zeit, als ich sie wollte, hatte ich mich nach ihren Berührungen gesehnt, und ich hätte sie nicht aus der Tür gehen lassen sollen.

Ich hätte alles tun sollen, um sie da zu behalten.
 

Ich wußte nicht, wo Atti war.

Er war von der Menge verschluckt worden und dann war da plötzlich dieses Fanmädchen bei mir, ihre Hände wurden intimer, als ich es hätte erlauben sollen, aber ich stand einfach nur da und ließ sie mich berühren, und sie preßte sich gegen mich und sagte mir, wie sexy ich war und was für einen tollen Elb ich abgab und daß sie mir wirklich etwas dafür, was meine schönen Augen ihr gaben, zurückgeben wollte, und ob ich sie das tun lassen würde?

Und ich ließ sie mich von der Tanzfläche in den hinteren Teil des Clubs ziehen, und ich blieb stumm, als sie mich gegen die Wand drückte und mich mit ihren kalten, dünnen Lippen küßte, ihre Zunge benutzte und ich öffnete einfach meinen Mund und ließ sie weitermachen, mich zu schmecken.

Und dann waren ihre Hände an meinem Reißverschluß und sie ging auf die Knie, nahm mich in den Mund und begann, mir einen zu blasen.

Ich fühlte nichts. Ich war betäubt. Und es machte mir Angst.

Ich sah auf und Atti stand mir gegenüber, die Arme vor der Brust verschränkt.

Zusehend. Wütend.

Er schritt nach vorn, griff das Mädchen bei den Haaren und riß sie fort, stieß sie durch den Flur.

"Hey! Ich bin noch nicht fertig!" jaulte sie.

"Doch, das bist du," antwortete Atti und sah mich immer noch an.

Sie verfluchte uns beide, rappelte sich dann auf und ging zurück in den Club.

"Steck deinen gottverdammten Schwanz weg, OB," murmelte Atti.

Ich tat, wie er sagte, und dann griff er mich am Arm und zog mich aus dem Club. Keiner von uns sprach ein Wort, als er mich zu Parkplatz stieß und dann in meinen Taschen nach dem Autoschlüssel kramte. Ohne Widerrede setzte ich mich in den Beifahrersitz, zuckte etwas zusammen, als Atti die Tür mir gegenüber zuschlug. Er startete den Wagen, setzte sich dann zurück, und seine Hände ergriffen das Lenkrad.
 

"Ich verstehe dich nicht, OB," sagte er, als er sich zu mir wandte, seine Augen traurig. "Ich weiß nicht, woher dieses zerstörerische Verhalten kommt. Ich verstehe überhaupt nichts."

"Ich auch nicht," flüsterte ich, bevor ich meinen Kopf gegen das kühle Glas der Fensterscheibe lehnte und das Bewußtsein verlor.

Kapitel 14

(Notiz, da es schon einige verwirrt hat: "Sean", Torries Freund, ist Sean Bean (Boromir). Sean Astin (Sam Gamdschie) ist glücklich mit Christine verheiratet und nur ein Freund.)
 

And I watched as you turned away

You don't remember, but I do

You never even tried

Don't fall away and leave me to myself

Don't fall away and leave love bleeding in my hands, in my hands again
 

Hemorrhage - Fuel
 

"Hör auf, herumzuzappeln," bemerkte Atti, als wir vor der Tür der Astins standen. Ich seufzte. "Du siehst zum Anbeißen aus, weißt du?" neckte er.

Ich runzelte die Stirn. An jenem Nachmittag hatte Atti darauf bestanden, daß ich für das Treffen bei den Astins bestens aussah. Dann fuhr er damit fort, mir zu sagen, daß ich wirklich scheiße aussah und meine Freund in Panik geraten würden, wenn sie mich so sahen und daß ich sonst was machen müßte, um präsentabel auszusehen.

Ich haßte es, wenn er so beschissen ehrlich war. Ich brachte mich dazu, ein weißes, durchgeknöpftes Hemd und eine schwarze Hose anzuziehen, erklärte mir, daß ich vorsichtig bleiben sollte, wenn jemand die dunklen Ringe unter meinen Augen bemerken würde. Glücklicherweise hatte er mein Verhalten in der letzten Nacht den ganzen Tag nicht zur Sprache gebracht.

Gott weiß ich hätte ich es verdient, wenn er es getan hätte.
 

Die Tür öffnete sich und enthüllte einen grinsenden Sean.

"Orli! Atti! Kommt rein!" Er führte uns hinein, als Christine gerade um die Ecke des Flurs kam, um uns zu begrüßen und zu umarmen.

Atti überreichte ihnen zwei Flaschen Wein, die wir gekauft hatten und sie bedankten sich, während sie uns ins Wohnzimmer brachten.

Elijah erschien aus dem Nichts und warf mich mit einer überschwenglichen Umarmung fast zu Boden. Es war schließlich schon eine Weile her, daß wir uns gesehen hatten.

Dom tauchte als nächster auf und Viggo war auch da, alle umarmten mich und klopften mir auf den Rücken und sagten Dinge wie 'Es ist ne Weile her, Mann' und 'Wir sollten uns mal wieder treffen' und so einen Mist.

Ich lächelte und nickte und machte mit und entspannte mich erst, als mir schließlich jemand einen Drink in die Hand drückte.

Es glaube, es war Elijah. Er sei gesegnet.

Es klingelte.

Sean entschuldigte sich und Elijah zog Becca zu sich und wir machten uns einander bekannt, während Atti mit Viggo zu plaudern begann. Becca war wirklich sehr niedlich und süß, und sie und Elijah hielten die ganze Zeit Händchen, und ab und zu lehnte er sich zu ihr und flüsterte ihr etwas ins Ohr, was sie zum Kichern brachte. Es war schwer mitanzusehen. Ich meine, ich war wirklich froh für Elijah, daß er das hatte, aber es tat dennoch weh. Ich wollte wieder glücklich sein. Ich wollte es wirklich.

"Torrie!" rief Elijah und ich biß die Zähne zusammen, blickte zu Atti, als Elijah sich von Beccas Seite löste und sich Torrie in die Arme warf.

"Gott, Lij!" hörte ich Torrie lachen. "Es ist doch nicht so als hätten wir uns in der letzten Woche nicht gesehen."

"Kann ich nicht froh sein, dich zu sehen?" fragte Elijah. "Hey Sean. Gerade wieder in der Stadt?"

"Yeah. Wir kommen eigentlich geradewegs vom Flughafen," antwortete Sean.

Weitere Grüße wurden ausgerufen. Ich weigerte mich, mich umzudrehen. Ich stand da, hielt meinen Drink fest und sah, wie Atti sich mir näherte. Er warf mir einen scharfen Blick zu und drehte sich dann zu den anderen.

Laut sagte er, "Also, Orli, das muß die berühmt-berüchtigte Torrie sein, von der du mir erzählt hast. Warum stellst du uns nicht vor?"
 

Schlechte, schlechte Wortwahl, Atti, dachte ich, als es still im Raum wurde.

Ich fürchtete, Torrie würde denken, ich hätte ihm alles von der Premiere erzählt und was ich zu ihr gesagt hatte und daß sie mich nun noch mehr hassen würde.

Atti piekte mich, ich drehte mich um und sah Sean und Torrie nur ein paar Meter von uns weg stehen, und Torrie sah so unglaublich schön aus in ihrem enganliegenden, weißen Pulli und der schwarzen Hose, die Haare zurückgebunden. Ich wartete darauf, daß etwas Schlimmes passierte - das erwartete ich in letzter Zeit immer - aber dann trat Torrie plötzlich vor.

"Und du mußt Atti sein. Nett, dich endlich mal Angesicht zu Angesicht kennenzulernen." Sie lächelte und sie umarmten sich und ich stand einfach wie betäubt da.

Sean kam zu mir und legte seine Hand auf meine Schulter. "Hey, Orli. Wie geht's?"

"Gut. Danke."

"Sean," rief Elijah durch den Raum. "Was machst du schon wieder so früh hier? Ich dachte du wärst nach England zurück geflogen."

"Bin ich auch." Er ging an mir vorbei, küßte Torrie schnell auf die Wange, bevor er sich den drei Hobbits zuwandte. "Torrie und ich werden zusammenziehen. Ich bin zurückgekommen, um ihr bei der Wohnungssuche zu helfen."
 

Ich fühlte, wie es mir den Atem nahm. Ich ließ mich hart auf die Couch fallen.

Ich hörte, wie Atti neben mir einen Laut von sich gab. Ich hatte immer noch nichts zu Torrie gesagt, und jetzt dachte ich, daß ich es nicht konnte.

Ich versuchte, die Stimmen um mich herum zu ignorieren, als die Leute zu fragen begannen, nach was für einem Haus sie suchten und wie cool es wäre, wenn Sean die ganze Zeit hier wäre und daß man jetzt nur noch Billy und Ian dazu bringen müßte, herzuziehen, und alles wäre toll. Yeah, verfickt toll.

Ich leerte meinen Drink und stand schnell auf und ging in die Küche, um mir noch einen zu holen. Glücklicherweise war nur Christine dort, die mit dem Essen beschäftigt war. Sie sagte mir, ich solle mich bedienen und ich tat es, fand zwar keinen Scotch, aber Wodka, was genug war. Ich goß mir ein Glas ein, trank es aus und goß mir ein weiteres ein, bevor ich es ergriff und mich wieder zu den anderen begab.
 

Atti hatte gerade die verzückte Aufmerksamkeit der Gruppe und erzählte ihnen alles über das letzte Stück, in dem er mitgemacht hatte.

Torrie stand neben Sean am Fenster, sein Arm war um ihre Taille gelegt und ich umfaßte das Glas fester. Sie lachte über etwas, das Atti sagte und ich versuchte, mich an das letzte Mal zu erinnern, an dem ich sie so zum Lachen gebracht hatte. Aber ich konnte mich nicht mehr entsinnen.

Und dann sah sie zu mir und unsere Blicke trafen sich und sie sah mich mit dem gleichen Ausdruck an, wie Atti es getan hatte, als er gestern das erste Mal durch die Tür gekommen war.

Als ob er nicht wußte, wer ich war, mich nicht erkannte. Dadurch fühlte ich mich komplett scheiße.

Ich meine, daß letzte, was ich von ihr wollte, war Mitleid.

Ich drehte mich weg, unterbrach den Blickkontakt und suchte etwas, mit dem ich mich beschäftige konnte. Eigentlich sah ich nirgendwo hin und kümmerte mich nur um meinen Drink, während Attis Stimme hinter mir tönte.

Irgendwie wünschte ich mir, daß Julie hier wäre. Sie wäre zumindest etwas gewesen, worauf ich mich hätte konzentrieren können.
 

Ich roch sie, bevor ich fühlte, wie sie meinen Arm berührte, bevor ich sie sanft fragen hörte, "Orli?"

Fuck. Geh weg. Fuck. Geh weg. Fuck.

Ich drehte mich um und fand Torrie neben mir vor, ihr Blick musterte mein Gesicht. Ich sah ihr nicht in die Augen, sondern über die Schulter. Das war sicherer.

"Hattest du nicht vor, heute abend mit mir zu sprechen?" fragte sie beiläufig.

Fuck. Das war's, Orli. Tu ihr wieder weh.

"Doch... Ich meine... Es tut mir leid. Torrie. Ich bin nur..." Ich seufzte. "Ich habe nur gerade an was anderes gedacht."

"Oh." Sie legte die Arme um sich und stand da, sah mir irgendwie genauso über die Schulter wie ich bei ihr.

Verblüffend. So viel ich ihr auch sagen wollte, so wenig konnte ich sagen.

"Also du und Sean, ihr zieht zusammen? Das ist ja toll," sagte ich ihr.

Torrie lächelte. Irgendwie. "Ja. Er will...ich meine, wir wollen mehr Zeit miteinander verbringen."

Ich runzelte die Stirn. Sie klang nicht so erfreut, wie sie hätte klingen sollen. "Torrie - "

"Essen ist fertig!" rief Christine, und bevor ich irgend etwas wußte, geleitete Sean Torrie fort und wir wurden alle ins Eßzimmer geführt.

Ich hätte mir darüber, daß ich nicht fähig war, mit ihr zu reden, keine Sorgen machen sollen. Jemand hatte heute Abend seinen Spaß mit mir.

Wir wurden nebeneinander gesetzt. Ich saß zu ihrer Linken und Sean zu ihrer Rechten und Atti uns gegenüber und ich konnte ihn nicht ansehen, denn ich wußte, was ich sehen würde, wäre, daß er mich verspotten würde, als ob er erwartete, daß ich dort am Tisch aufsprang und ihr meine Liebe erklärte. Ich wünschte, er könnte verstehen, daß ich das Sean niemals antun würde.

Aus meinem Augenwinkel beobachtete ich ihn und Torrie während des Essens. Gelegentlich beugte er sich zu ihr und küßte sie auf die Wange oder strich eine Haarsträhne ihres Pferdeschwanzes hinter ihr Ohr. Er achtete darauf, daß ihr Weinglas immer gefüllt war und legte seine Hand auf ihren Oberschenkel und was am meisten weh tat, war, daß er sie so gottverdammt gut behandelte und nun, es war genau so wie sie behandelt werden sollte. Ich wollte Sean hassen - ich wollte wirklich einen der Gefährten hassen! Aber ich konnte es nicht. Ich konnte nicht, denn er machte alles richtig und ich mußte einsehen, daß ich einfach zu lang gewartet hatte. Ich ließ sie gehen. Und vielleicht war es richtig, daß ich für meinen eigenen Fehler bezahlte.

Die meiste Zeit während des Essens wurde damit verbracht, Christine für das Essen Komplimente zu machen. Dom erzählte ein paar Witze und Elijah war so albern wie üblich und brachte uns alle zum Lachen.

Dann fing Atti mit dem an, was er zärtlich als seine "OB Geschichten" bezeichnete. Ich versuchte, sie zu ignorieren, aber dann bemerkte ich, wie Torrie mich gelegentlich ansah und ich lächelte zu ihr und versicherte ihr, daß die Hälfte von dem, was er erzählte, sowieso Unsinn war.

"Natürlich hat OB nicht allen Unsinn allein verzapft," bemerkte Atti und warf mir einen Blick zu, bevor er seinen Blick zu Torrie wandte.

Gott Atti, tu das nicht, dachte ich panisch.

"Erzähl," ermutigte Elijah ihn.

"Nun, es gab mal eine Zeit, da erhielt ich einen Anruf mitten in einer Probe von einem leicht angetrunkenen OB und seiner leicht angetrunkenen Mitbewohnerin."

Jeder sah zu mir und Torrie.

Ich wollte mir Geschichten über uns zwei nicht anhören müssen. Ich wollte diese Art von Erinnerung nicht.

Torrie vergrub einfach nur ihr Gesicht in ihren Händen und weigerte sich, irgendwen anzusehen.

"Da bin ich also am Telefon, frage mich, warum zum Teufel er anruft, und ich höre Torrie aus dem Hintergrund rufen, daß sie nicht auf die Treppe der Nachbarn kotzen will." Gackern am Tisch. "Und ich frage 'OB, was zum Teufel? Weißt du, daß ich im Moment beschäftigt bin?' und OB antwortet 'Nein, du?' Also merke ich, daß so eine Unterhaltung nirgendwo hinführen wird und ich frage ihn, warum zur Hölle er anruft. 'Torrie und ich haben uns aus der Wohnung ausgeschlossen' sagt er und wieder höre ich aus dem Hintergrund 'Mach mich nicht dafür verantwortlich, du blöder Kerl.'"

Mehr Gelächter.

"Also sage ich 'OB, was zur Hölle glaubst du, kann ich tun?' Und er antwortet 'Ich hoffte, du könntest uns rein lassen'. Ich saß einfach nur da für den längsten Moment meines Lebens und sagte schließlich 'OB, ich bin verdammt noch mal in Deutschland!' Und dann kommt eine lange Pause, gefolgt von einem 'Oh. Richtig, Kumpel. Vergiß es. Wir hören uns' und er legt auf!"

Okay, das war nicht so lustig. Anscheinend dachte Elijah es doch, denn er hämmerte auf dem Tisch herum und Dom fiel von seinem Stuhl. Sogar Viggo lachte herzlich - was man selten sah.

Ich sah zu Torrie, die einen gekränkten Ausdruck auf ihrem Gesicht hatte und Sean, der kicherte und sie neckte, daß sie nicht vor die Tür des Nachbarn hatte kotzen wollen.

Astin wischte sich die Tränen aus den Augen und fragte, "Wie seid ihr dann schließlich reingekommen?"

Ich seufzte, sah zu Torrie, die eine Grimasse zog und antwortete, "Nun, wir schliefen im Auto - nachdem ich in die Büsche gekotzt habe." Sie machte eine Pause, damit die andern noch mehr über sie lachen konnten.

"Dann wachten wir auf und Orli bemerkte, daß die Schüssel in seiner Hosentasche waren."

Oh yeah. Wir saßen zusammen am Tisch wie kleine Kämpfer, während sich der Tisch wieder vor Lachen bog.

Ich mußte mir schließlich ein Grinsen erlauben, als ich mir viele der lustigen Momente wieder ins Gedächtnis rief, die Torrie und ich miteinander erlebt hatten. Sie mußte an dasselbe gedacht haben, denn wir sahen uns beide an und sie schenkte mir ein kleines Lächeln, das ich erwiderte, und ihren Augen sah ich die Vergangenheit aufleuchten.

Ich erinnerte mich an die Nächte, in denen wir aneinandergekuschelt schliefen und Essenskämpfe in der Küche und späte Abende mit Cartoons und in ihrem Cabrio herumzufahren, die Musik laut aufgedreht, und wie wir aus vollem Halse mitsangen.

Telefonate über lange Entfernungen hinweg, wenn ich einfach nur ihre Stimme hören wollte.
 

Ich entschuldigte mich vom Tisch, ging in die Küche und suchte nach der Wodkaflasche. Ich fand sie nicht, dafür aber eine ungeöffnete Flasche Bourbon, die ich aufmachte.

Ich haßte Bourbon, aber jetzt würde alles gehen. Ich würde Atti umbringen, wenn wir nach Hause kämen, soviel war sicher. Torrie war neben mir so angespannt gewesen, während Atti von dem Telefonat erzählt hatte. Ich verstand das nicht. Sie hätte mit den anderen lachen sollen. Dann wieder hätte ich das auch tun sollen. Ich denke, sie wußte genauso wie ich, daß alles, über das sie lachten und witzelten, die Vergangenheit war und daß wir die Vergangenheit nicht zurückbringen konnten. Die Freundschaft, die wir geteilt hatte, war vorbei, obwohl keiner das einsehen wollte, aber wir wußten es und das machte es schwer, im selben Raum zu sein. Alles nur wegen dieser einen Nacht...

"Was tust du dir an?"

Ich erschrak bei der tiefen Stimme hinter mir, drehte mich um und sah Sean, der im Türrahmen lehnte und mich ansah. Ich sah über seine Schulter hinweg, daß Torrie immer noch am Tisch saß und nun von uns beiden verlassen war.

Ich wandte meinen Blick wieder zu ihm und fragte, "Was meinst du?"

"Sieh dich an, Orli. Du siehst furchtbar aus. Jeder sieht es." Er runzelte mir gegenüber die Stirn. Er senkte seine Stimme noch mehr. "Torrie sieht es, und es tut ihr weh. Ich sehe es nicht gerne, wenn ihr etwas weh tut, Orli."

Ich wandte mich wieder zur Anrichte, goß mir Bourbon ein, schluckte ihn hinunter und versuchte nicht zu würgen. "Ich versteh nicht, wie meine Anwesenheit ihr weh tun sollte, Sean."

"Nicht?" Sean trat in die Küche.

Ich wollte keine Auseinandersetzung. Nicht jetzt.

"Torrie sorgt sich um ihre Freunde, Orli. Oder wußtest du das nicht? Ihr zwei habt lange zusammen gelebt und du glaubst wirklich, daß sie sich keine Sorgen macht, wenn du auftauchst und wie ein gottverdammter Drogensüchtiger aussiehst?"

Ich zuckte zusammen. Schenkte mir noch ein Glas ein.

Sean schnaubte in offensichtlicher Ungläubigkeit. "Das ist ein wenig zu hart für dich, nicht wahr, Junge?"

"Ich bin kein Junge," murmelte ich und griff nicht nach dem Glas, obwohl ich es wollte. Schmerzlich.

"Ich verstehe." Sean verschränkte die Arme und sah mich weiterzu an, obwohl ich seinem Blick auswich. "Hör zu, Orli. Ich weiß nicht, was du mit dieser Abwärtsspirale beweisen willst - ich weiß nicht, ob das deine Art ist, mit dem Ruhm oder der Presse oder deinen Fans oder was klarzukommen, aber es verletzt diejenigen, die sich um dich sorgen. Mehr, als du zu glauben scheinst. Ich meine das in Bezug auf Torrie, daß sie glücklich sein sollte. Aber solange du weiter versuchst, dich zu zerstören, wird das nie passieren."

Ich lachte plötzlich rauh. "Dann sag Torrie, daß sie sich um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern soll."

Seans Augen verengten sich. Ich wandte mich von seinem Blick ab, nahm mein Glas, schwenkte die goldene Flüssigkeit darin und ließ die Stille zu. Sean trat zurück.

"Ich vermute, du hast vor, jeden einzelnen von uns zu vergraulen, Junge?" Er drehte sich um und ging.
 

Ich leerte das Glas, griff die Flasche und stieß dann wieder zu den anderen.

Das Essen war vorüber und jeder siedelte ins Wohnzimmer über, um dort mit der Unterhaltung fortzufahren. Torrie fragte nach Alexandra und Sean sagte, sie besuche ihre Großeltern, weshalb er gedacht hatte, daß es die perfekte Gelegenheit war, die Gruppe zusammen zu holen. Unausweichlich drehte sich die Unterhaltung bald um Filme und wie verrückt das Anlaufen von 'Die zwei Türme' gewesen war.

Es war immer noch die Nummer eins in der Welt und kletterte täglich in den Ranglisten hinauf. Wir waren alle stolz auf die unglaubliche Arbeit, die aus den ganzen Monaten in Neuseeland entsprungen war, keiner bestritt das. Aber so langsam wurde es zu diesem Monster, was wir nicht erwartet hatten. Zumindest ich. Vielleicht hatte ich nie gewußt, was ich zu erwarten hatte. Ich war wirklich nicht allzu beteiligt an der Unterhaltung.

Meine Aufmerksamkeit schweifte zu Torrie und Sean, die zusammen auf dem Sofa saßen. Sie lehnte an seiner Schulter, ihre Augen fielen gelegentlich zu, als ob sie von der Unterhaltung in den Schlaf gelullt würde. Ich wollte, daß sie wieder an meiner Seite einschlief, im Bett aneinandergeschmiegt, uns an den Händen haltend. Wenigstens wollte ich meine Augen schließen und davon träumen. Aber ich wußte, ich konnte es nicht.

"Ich glaube, es gäbe schlimmere Dinge als in den Phantasien von Frauen auf der ganzen Welt zu sein. Richtig, Orli?" fragte Dom.

"Was?" Ich sah auf und wandte meine Aufmerksamkeit wieder der Gruppe zu. Sie alle grinsten mich an.

"Gut, daß er vom Internet fort bleibt," fügte Elijah hinzu. "Wenn er den Trubel sähe, den die Fans da veranstalten, würde es damit enden, daß er sich seine eigene Versicherung zulegen würde."

Alle lachten sie. Ich nahm noch einen Schluck Bourbon und gewöhnte mich so langsam an dieses gemeine Zeug.

"Ich möchte wissen, warum er haufenweise Östrogenbrigaden da draußen hat und ich keine einzige!" sagte Dom mit einem Schmollen.

"Nur hübsche Jungs kriegen Östrogenbrigaden, Dom," bemerkte Viggo mit einem Lächeln.

Bei diesem Kommentar biß ich die Zähne zusammen.

"Auf unseren Elb, den hübschen Jungen," verkündete Elijah und hob sein Bier.

"Hier, hier," sagten sie im Chor und hoben gutmütig ihre Gläser. Eigentlich war es schmerzlich, das zu hören.

War es das, was sie in mir sahen? Nicht mehr als ein Gesicht, das überall in den Magazinen zu sehen war.

War das alles, was ich für sie war? Ein hübsches Gesicht, das kleine Mädchen in den Tod schickte?

"Fickt euch alle," murmelte ich und starrte in meine Glas.

Viggo war mir am nächsten. Er wandte sich zu mir, seine Augen suchten den Kontakt mit meinen. "Was war denn das, Orli?"

Ich sah auf. Alle sahen mich jetzt an. Sogar Torrie hatte sich aufgesetzt. "Fickt... euch... alle."

Sean, unser Gastgeber, ging einen Schritt auf mich zu. "Whoa. Sieh mal, Orli, Kumpel -

"Nein!" schrie ich. "Ihr seht mal!" Ich trat vor, breitete weit die Arme aus, stellte mich zur Schau, daß mich alle sehen konnten. "Das ist es, was ihr seht, nicht wahr? Euren beschissenen, hübschen Jungen? Ihr findet es alle so gottverdammt lustig, daß ich Frauen habe, die in meinem Vorgarten campieren, mir in der Tiefkühlabteilung an meine Eier greifen - SICH IHRE BESCHISSENEN VIERZEHNJÄHRIGEN KEHLEN AUFSCHNEIDEN!! EINEN SCHEISS WISST IHR!" brüllte ich. "NIEMAND VON EUCH! ALSO FICKT EUCH!"
 

Ich lief aus dem Raum in Richtung Tür und ließ die Stille des Raumes hinter mir. Ich kam aber nicht sehr weit. Der Vorgarten, die Auffahrt. Dann brach ich einfach zusammen.

Es traf mich wieder, wie kalt es doch war. Ich saß da an der Stoßstange meines Wagens, zitterte, legte meine Arme um mich und wünschte mir, mir könnte wieder warm sein. Wünschte mir, daß der ganze Schmerz weggehen würde. Ich erkannte, daß ich verloren hatte, daß ich all meine Freunde vor den Kopf gestoßen hatte, die Leute, die sich um mich sorgten und die das nicht verdienten. Aber ich hatte es einfach über. Ich konnte mir diesen Mist nicht mehr anhören, darüber, wer ich war und was ich sein sollte. Das zu tun, würde bedeuten, dem Wahnsinn nachzugeben.

Ich wollte mich in ein kleines dunkles Zimmer einschließen und nie wieder raus kommen. Ich wollte einfach nur... allein sein. Komisch angesichts der Tatsache, wie schlecht mir war, wenn ich mich einsam fühlte.

Schritte. Ich wischte ein paar vereinzelte Tränen fort, die sich davongestohlen hatten, und versuchte, gerader zu sitzen, war darauf vorbereitet, mich demjenigen entgegenzustellen, der gekommen war, um mich zurückzuholen. Höchstwahrscheinlich Atti. Er würde mir sagen, war für ein Volltrottel ich wäre und mich ins Auto schaffen, so daß wir heimfahren konnten. Und dann würde er mich damit ärgern, wie ich ihm seinen lustigen Abend ruiniert hatte.

"Orli?"

Mein Kopf ruckte bei Torries Stimme herum und ich konnte nichts anderes tun als zuzusehen, wie sie um die Ecke ihres Autos kam und ihr besorgter Blick mich nicht aus den Augen ließ. Ich wollte sie nicht hier haben. Ich konnte es nicht verkraften. Ich war nicht stark genug, nicht, als ihre Hand meine Wange umfaßte und sie sich vor mir auf den Boden kniete, ihre andere Hand sanft auf meinem Knie.

"Orli, Baby, was ist los?"

Ich brach zusammen. Ich lehnte mich an ihre Seite, schluchzte. Sie nahm ich in die Arme, sagte nichts, sondern strich mir über den Rücken und das Haar und murmelte sanfte Worte zu mir, die ich nicht verstand.

Ich begann zu erzählen, sagte ihr alles, was passiert war mit dem Teenagermädchen, die sich umgebracht hatte - sie war vierzehn Jahre alt gewesen und hatte Amanda geheißen - und wie ihre Eltern und deren Anwalt mir eingeredet hatten, daß es mein Fehler gewesen sei.

Und Julie sagte mir, daß ich alles viel zu persönlich nahm und daß ich aufhören sollte, über meinen Ruhm und mein Glück zu jammern, wo doch so viele für das Glück, das ich hatte, über Leichen gehen würden und ich dachte, daß sie vielleicht Recht hatte und daß ich ein Arsch war, weil ich es nicht zu schätzen wußte, was mir geschehen war.

Aber nachts träumte ich von einem armen, kleinen Mädchen, das sein Leben haßte, nur weil ich existierte und kein Teil davon war und ich konnte nicht mehr schlafen, weil ich überall das Foto von Amandas Gesicht sah und nicht wußte, wie lang ich das noch verkraften konnte.

Torrie hielt mich fest, während ich neben ihr zitterte und weinte. Ich weiß nicht, wie lang wir in der Auffahrt saßen, aber ich war erschöpft, als meine Tränen endlich versiegten. Sie hatte sich bewegt, um an der Stoßstange zu lehnen, und ich lehnte an ihr, ihr Herzschlag hallte in meinem Ohr. Es war so ein schönes Geräusch.

Ihre Hand fuhr über meinen Rücken, gleichmäßig und sanft, während ihre andere Hand meine umschloß. Ich fühlte, wie sie meinen Kopf küßte und ich schloß die Augen, versuchte mir vorzustellen, daß es andere Umstände waren, glückliche Umstände, wo ich ihr gerade gesagt hatte, daß ich sie liebte und sie war nicht länger mit Sean zusammen und sie liebte mich auch. Die Tränen kamen wieder.

"Es war nicht dein Fehler, Baby," flüsterte sie in mein Haar.

"War es nicht?" frage ich monoton. "Wenn es mich nicht gäbe, dann würde Amanda noch leben."

Torrie griff mein Kinn und hob meinen Kopf hart an, damit ich ihr in die Augen sehen konnte. "Sag sowas nie wieder, Orlando Bloom! Verstehst du mich? Mein Gott, wie kannst du sowas nur sagen, es erst recht laut aussprechen - ausgerechnet mir gegenüber!" Sie war wütend auf mich, ihre Augen blitzten, obwohl sie auch von Tränen glänzten. Ich fühlte mich scheiße, daß ich sie zum Weinen brachte. "Orli, begreifst du überhaupt, wieviel Freude du den Menschen jeden Tag bringst? Du. Nicht Orlando Bloom, der Schauspieler, nur Orli, der schöne Mann mit dem Herz eines Jungen."

Ich schüttelte den Kopf und löste mich aus ihrem Griff. "Nein. Da draußen sind noch andere Mädchen wie Amanda. Und es wird mehr geben. Aus irgendeinem dummen Grund wird es so sein. Ich kann nicht für jeden alles sein, Torrie, und ich fühle mich, als sei ich ein Fehler, wenn ich es nicht versuche. Und es tut weh."

"Orli, du mußt nicht für irgendwen irgendetwas sein, wenn du es nicht willst," erklärte Torrie mir sanft. "Sieh mich bitte an."

Ich tat es. Eine einzelne Träne rann über ihre Wange, die ich verursacht hatte. Seans Worte darüber, daß sie glücklich sein sollte, kamen mir wieder in den Sinn. Er würde mich töten, wenn er sie jetzt so sah. Ich hob die Hand und wischte sie fort, unsere Blicke wandten sich nicht voneinander ab.

"Du machst mir Angst, Orli," sagte sie. "Du bist anders als der Mann auf dem Pier."

"Ich glaube, der existiert nicht mehr," antwortete ich. Ich versuchte zu lächeln. "Vielleicht betrauere ich nur sein Ableben."

Sie lächelte nicht zurück. Wenn überhaupt, dann sah sie verärgert aus.

"Das ist nicht lustig."

"Ist es nicht? Mein ganzes Leben ist ein Witz," erklärte ich ihr. "Ich bin mir sicher, jeder in diesem Haus lacht jetzt darüber. Sie haben davor darüber gelacht. Sie machen Witze darüber, daß sie keine Zeitschrift aufschlagen können, ohne einen Artikel zu sehen, der darstellt, wie heiß ich bin und daß Frauen auf der ganzen Welt Phantasien über mich haben und sie können darüber lachen, denn ihnen passiert es nicht. Sie sind nicht diejenigen, die ihre Identität verlieren."

Torrie berührte wieder meine Wange. "Nein, Baby. Die Leute in diese Haus lieben dich. Und sie haben genau so Angst wie ich. Sie versuchen, dir zu helfen, das zu meistern. Sie versuchen, dir zu helfen, darüber zu lachen. Sie lassen dich wissen, daß du nicht allein bist. Wir sind alle für dich da, Orli."

"Aber warum fühle ich mich dann so einsam?"

Sie schüttelte ihren Kopf. "Du bist der einzige, der das beantworten kann, mein Schatz. Vielleicht Trophy - "

"Julie liebt mich nicht, Tor," blaffte ich und ärgerte mich, daß ich es schließlich laut zugab. "Zwischen uns ist es nicht wie zwischen Sean und dir. Julie wird bei mir bleiben, bis ich ihr nicht mehr das bieten kann, was sie nicht selbst bekommt. Ich habe nur eine Weile gebraucht, das zu erkennen. Am Anfang schien sie so süß... aber das war nicht wirklich sie."

"Aber warum - "

Ich zuckte mit den Schultern, konnte ihre Frage erraten. "Weil ich mich an sie gewöhnt habe. Ich habe mich daran gewöhnt, daß sie bei mir ist."

Torrie schenkte mir ein kleines Lächeln. "Dafür scheinst du eine Neigung zu haben."

Ich zuckte zusammen. So fühlte sie? Das ich ihr nur irgendwie erlaubt hatte, mit mir zu leben, weil ich mich einfach nur daran gewöhnt hatte, sie um mich zu haben? Und was, wenn sie Recht hatte? Ich hatte alles, was sie mir gegeben hatte, ausgenutzt. Kein Wunder, daß sie gegangen war.

"Da seid ihr zwei ja."

Wir sahen beide auf zu Sean und Atti, die vor uns standen. Atti betrachtet mich schweigend, seine Augen fragend. Ich zuckte nur leicht mit den Schultern. Sean kniete sich neben uns, sah erst zu Torrie, dann zu mir.

"Bist du okay, Orli?" fragte er.

"Umm... ja. Ich bin in Ordnung." Ich wich ihren Blicken aus und fixierte den Boden. "Es tut mir leid, wie ich da drin ausgeflippt bin. Es ist nur... ich weiß nicht. Die Dinge habe mir einfach zu sehr zugesetzt, glaube ich."

"Ist schon okay. Sean klopfte mir auf die Schulter. "Wir müssen alle ab und zu mal Dampf ablassen." Er wandte sich wieder Torrie zu, die immer noch meine Hand hielt und deren Daumen die Unterseite meines Handgelenks streichelte. "Bereit, nach Hause zu fahren, Kleines?"

"Ja."

Sie entzog ihre Hand und stand auf und ich weinte fast über den plötzlichen Verlust. Sie bewegte sich von mir weg zu Atti und flüsterte ihm etwas zu, das ich nicht hören konnte. Ich sah auf und bemerkte, daß Sean mich immer noch ansah. Trotzdem schwiegen wir beide, bis Torrie wieder zu uns kam. Sean stand auf, aber Torrie beugte sich zu mir, fuhr mit der Hand über meine Stirn, leicht und zärtlich.

"Bitte ruf mich an, wenn du irgendwas brauchst, okay?" fragte sie leise.

Ich wußte, daß ich es nicht tun würde. "Sicher."

Dann küßte sie mich auf die Stirn und war fort.

Atti kniete neben mir und wir schwiegen, als Torrie und Sean in ihrem Auto davon fuhren.

"Verdammt. Du hattest Recht."

Ich sah zu ihm. "Was?"

"Er liebt sie wirklich."

Zwischenspiel-2

- Zwischenspiel-
 

You can't stand the distance

You can't stand to not be afraid

You won't show resistance

You can't seem to run away

Because every time the past's awakened

Every time your soul starts breaking

Soulbreaking - The Tea Party
 


 

Sean ließ sich mit dem Haus, das er für uns gekauft hatte, nicht lumpen. Genau am Strand außerhalb von Santa Monica. Es war so unglaublich süß von ihm, so etwas für mich zu tun. Ich wußte wirklich nicht, was ich denken sollte. Ein Teil von mir dachte, daß es alles etwas zu schnell ging und ein Teil begrüßte es, denn ich dachte immer noch, daß es mich vergessen lassen würde. Ein Teil von mir wollte, daß er damit erfolgreich war, Orli aus meinen Gedanken zu radieren. Ein anderer Teil in mir tat das nicht. Ich fühlte mich, als würde ich in zwei Teile zerrissen, und das Schlimmste war, daß ich es keinem zeigen konnte. Sean verdiente so viel von mir und ich wußte nicht, ob ich jemals fähig wäre, es ihm zu geben. Ich versuchte es aber auch nicht.

Das Haus hatte fünf Zimmer - genug Platz, damit seine Töchter uns besuchen könnten - plus ein Trainingsraum, eine riesige Küche, die ich liebte, ein Unterhaltungsraum, ein Studio, daß sich zur hinteren Veranda und zum Strand hin öffnete und ein wundervoller Whirlpool im Hauptschlafzimmer. Okay, das war eine der besten Annehmlichkeiten, abgesehen vom Strand direkt vor meiner Tür. Jeden Morgen vor der Arbeit verbrachte ich damit, am Strand zu sitzen und die Sonne hinter mir aufgehen zu lassen. Ich hätte das nicht tun sollen, es war einer der Gründe, warum ich mir gewünscht hatte, daß Sean diesen Weg mir eine Freude zu bereiten nicht eingeschlagen hätte und einfach ein Haus in Beverly Hills oder so gekauft hätte. Ich konnte den Ozean nicht mehr ansehen, ohne an Orli zu denken. Ich konnte keine Zeit mehr mit den Tieren verbringen, ohne an die Zeit zu denken, in der er zu mir zur Arbeit kam, mit den Haien und den Delphinen schwamm, Pablo fütterte und bei mir saß, während Bucky krank war. Das Meer verband mich mit Orli, und ich begann es so sehr zu hassen, wie ich es liebte.

Es hatte mich fast umgebracht, Orli an dem Abend vor Seans und Christines Haus zu verlassen. Er schien so unglücklich und am Boden zerstört über den Tod dieses Mädchens. Ich war froh, daß wenigstens Atti bei ihm war. Obwohl er jemand war, der wohl gerne Unruhe stiftete, war es leicht zu sehen, wie sehr er Orli liebte und dieser brauchte das jetzt.

Gott, ich haßte Trophy immer mehr und mehr. Ich schwöre, wenn sie mir je über den Weg gelaufen wäre... Wie konnte sie nur den Schmerz nicht erkennen, in dem Orli steckte? Wie konnte sie sich nicht darum kümmern? Und seine Trinksucht... Ich wollte ihm jedes Glas aus der Hand schlagen, aber ich wußte, daß das nicht meine Aufgabe war. Er ist ein großer Junge. Er kann auf sich selbst aufpassen. Richtig?

Ein paar Tage nach dem Dinnerabend rief Atti mich an. Ich war ein wenig überrascht, als Sean mir sagte, wer dran war, und zugleich etwas erschrocken. Ich meine, ich wollte nicht den Hörer nehmen und erfahren, daß Orli etwas passiert war. Ich glaube, Sean spürte das, denn er blieb an meiner Seite, als ich den Anruf entgegen nahm und bot mir ruhig seine Unterstützung an, falls es etwas wäre, das ich nicht hören wollte.

"Hallo?"

"Hey Torrie, Hier ist Atti."

"Hey."

"Hör zu, ich weiß, es ist etwas seltsam, daß ich dich anrufe und so..."

"Ein wenig... ja." Ich sah zu Sean. Glücklicherweise schien es nichts ernstes zu sein und so lächelte ich ihn an. "Was kann ich für dich tun?"

"Nun, du weißt doch, daß ich gehofft hatte, ich könnte für eine Weile wegen eines Stückes in der Stadt bleiben?"

"Ja. Ich erinnere mich, daß du das gesagt hat."

"Leider ist der Regisseur ein totaler Arsch und ich würde noch nicht einmal für ihn arbeiten, wenn er mir Millionen bieten würde."

"Tut mir leid, das zu hören, Atti."

"Yeah, nun man hat mir zuhause eine Filmrolle angeboten und ich fliege morgen zurück. Ich weiß nicht, wann ich wieder hier sein kann..."

"Oh." Ich wartete und spürte, daß der Mann am anderen Ende der Leitung versuchte, seine Worte mit Bedacht zu wählen. Sean zog mir gegenüber eine Augenbraue hoch und ich zuckte nur mit den Schultern, wußte nicht, was da vor sich ging.

"Sieh mal, Torrie, ich habe ich gefragt... Nun, könntest du für mich nach OB sehen?"

Ich blinzelte. "Nach Orli sehen? Ich verstehe nicht."

"Du weißt, daß es ihm nicht gut geht. Du hast ihn bei der Dinnerparty gesehen. Zur Hölle, du warst diejenige, der er sich wegen dieser Selbstmordgeschichte anvertraut hat. Es ist nur... aus irgendeinem beschissenen Grund vertraut er sich mir nicht mehr an. Er verkriecht sich immer und immer mehr in sich selbst und ich habe einfach nur ein wenig Angst um ihn."

Ich schob meine Unterlippe vor. Das würde die Dinge für mich verkomplizieren, soviel war sicher. "Warum ich? Ich meine, sicher kann jemand anderes - "

"Wer? Julie? Sie ist eine der hirnlosesten, gefühllosesten Schlampen, die ich in meinem ganzen verdammten Leben kennengelernt habe!"

Ich lächelte. Das tat gut.

"Die Wahrheit ist eigentlich - außer ich kann OB dazu überreden, nach Hause zu fliegen, was er wirklich braucht, damit sich seine Mum für eine Weile um ihn kümmern kann - daß du alles bist, was er hat. Sicher, da ist noch Lij , aber der ist mit seinem neuen Film beschäftigt und es scheint da ein wenig... naja, Spannung zwischen ihm und OB zu geben."

"Was ist mit Viggo? Und Dom lebt jetzt auch hier. Vielleicht kann er - "

"Torrie," unterbrach Atti und klang leicht gereizt. "Ich dachte du wärest seine gottverdammte Freundin. Da hab ich wohl falsch gedacht. Tut mir leid, dich gestört zu haben - "

"Nein, warte! Atti, ich wollte nicht..." seufzte ich. "Natürlich bin ich seine Freundin. Ich... ich habe nur auch ein Leben."

Stille. Ja, lahme Ausrede, ich weiß. Klang selbst für mich schlecht.

"Er braucht dich, Torrie," sagte Atti sanft. "Er..."

""Was, er?"

"Nichts. Ich hab versprochen... schon gut." Noch eine Pause. "Sieh mal, versprich mir nur, daß du ab und zu mal nach ihm siehst. Ruf ihn an und frag ihn, wie es ihm geht. Sowas. Ich meine nicht, daß du den Babysitter spielen sollst, obwohl er ganz sicher jetzt einen braucht. Zeig ihm nur, daß er nicht allein ist, sowas in der Art."

Er brauchte mich, Gott, wie ich es haßte, das zu hören. "Okay, Atti. Ich verspreche es dir."

Ein erleichtertes Seufzen. "Danke, Schatz. Ich schätze das sehr."

Ich legte auf und drehte mich um zu Sean, der mich immer noch mit hochgezogenen Augenbrauen ansah. "Was ist los?"

"Atti verläßt die Stadt und fragte sich, ob ich ein Auge auf Orli haben könnte."

Sean nickte. "Klingt vernünftig. Der Junge scheint das zu brauchen."

Ich zögerte bei dem ersten Anruf bei Orli. Die Angst, mich wieder zu sehr an ihn zu binden, nun, daß ich fühlte, daß zwischen meine Gefühle für ihn und Sean eine Distanz kam. Es wäre einfacher gewesen, wenn Sean über die neue Aufgabe, die Atti mir gegeben hatte verärgert oder so gewesen wäre. Aber er stimmte dem total zu und sagte, daß er selbst ab und zu bei Orli vorbeischauen würde und daß wir ihn und Trophy zum Essen oder so einladen könnten. Wow, ich hatte überhaupt kein Bedürfnis, so weit zu gehen. Und wenn Trophy mein Haus je betreten würde, dann könnte ich für nichts garantieren. Sean lachte, als ich das sagte, als ob ich einen Scherz gemacht hätte. Hatte ich nicht. Es war genau das, was ich auch täte, wenn ich jemals Amandas Eltern begegnen würde. Jeder, der Orli weh getan hatte, mit Absicht oder nicht, war seit kurzem auf meiner schwarzen Liste. Und es war beschissen, daß ich mich ihm gegenüber so fürsorglich fühlte, egal, wie sehr ich versuchte, mich von ihm zu distanzieren. Vielleicht verwandelte ich meine Liebe in etwas Schwesterlicheres oder Mütterlicheres oder so und ich kam an der intensiven Leidenschaft vorbei. Vielleicht bewegte ich mich endlich vorwärts. Ich konnte es nur hoffen.

Das erste Mal, als ich Orli anrief, hatte ich nur den Anrufbeantworter dran. Ich hinterließ eine Nachricht, sagte, daß ich nur an ihn gedacht hätte und über die Unterhaltung, die wir auf der Party geführt hatten und daß ich einfach nur wissen wollte, wie es ihm gehe. Ich glaubte nicht, daß er zurückrufen würde. Ich fürchtete irgendwie, das Trophy die Nachricht zuerst hören und löschen würde. Dann, gegen Mitternacht, als ich gerade meine Augen zum Schlafen geschlossen hatte, klingelte da Telefon. Es war auf meiner Seite des Bettes, also löste ich mich aus Seans Umarmung und ergriff es.

"Hallo?"

Eine Pause. "Torrie?"

"Orli." Ich sah auf die Uhr, zog eine Grimasse und legte mich wieder auf mein Kissen.

"Ist es zu spät? Ich kann nochmal anrufen - "

"Nein, Schatz. Ich hab noch nicht geschlafen. Was gibt's?"

"Nicht viel." Er klang müde, lustlos. Er lallte leicht. Das war nicht mein Orli. "War froh, als ich deine Nachricht gehört hab."

Ich lächelte. "Ich fürchtete, daß du sie nicht kriegen würdest." Ich nannte keine Namen.

"Ja." Er schien zuzustimmen. "Ihr seid eingezogen?"

"Mmmhmm. Du solltest mal vorbeikommen und es dir ansehen. Du würdest es mögen. Direkt am Strand."

"Perfekt für dich. Du mußt es genießen."

"Wie könnte ich nicht?" Sean rollte zu mir, legte seinen Arm um meinen Bauch und schlief prompt wieder ein. Aus irgendeinem Grund erschien es mir falsch, mit Orli zu reden, während ich neben Sean lag, aber was konnte ich schon tun? "Was hast du so gemacht?"

"Nur 'n paar Drehbücher."

"Ein neuer Film? Das ist gut. Nicht wieder so weit weg, hoffe ich."

"Nein." Er rauchte. Ich konnte es durch die Leitung hören. Während dieser langen Pause kaute ich auf meiner Lippe und hörte zu, wie er einen tiefen Zug nahm und dann hinaus blies. Schließlich sagte er, "Torrie, ich..."

Noch eine lange Pause.

"Was ist denn, mein Lieber?" ermutigte ich ihn.

"Ich will mich entschuldigen."

Ich runzelte die Stirn. "Für was?"

"Alles. Jede gottverdammte Sache, die ich dir je angetan habe. Jeden Schmerz, den ich verursacht habe - "

"Orli, stop," unterbrach ich ihn. "Ich weiß nicht, wie du darauf kommst, aber du mußt dich für nichts entschuldigen, absolut gar nichts."

"Ich hab dir nie gesagt..."

Noch eine Pause. "Was nie gesagt?"

"Wie sehr..." Er nahm noch einen Zug von seiner Zigarette. "Wie sehr mir all das, was du für ich getan hast, bedeutet."

Nicht weinen. Nicht weinen. "Ich habe überhaupt nichts gemacht, Orli. Du warst derjenige, der mich gerettet hast, erinnerst du dich?"

"Vielleicht."

"Orli - "

"Sieh mal, Julie ist grade heimgekommen. Ich muß auflegen. Paß auf dich auf, ja?"

"Was macht Trophy, das sie jetzt erst nach Hause kommt?"

"Bye, Engel."

"Orli - "

Er hatte aufgelegt. Zur Hölle mit ihm.

"Was war das denn?" murmelte Sean an meinem Ohr.

"Orli, der sich mal wieder unberechenbar aufführt." Ich knallte den Hörer auf den Nachttisch und ließ mich wieder in mein Kissen fallen. Ich wußte, daß ich in dieser Nacht nicht eine Mütze Schlaf kriegen würde.

"Glaubst du, es geht ihm gut?"

"Ich weiß nicht mehr. Trophy ist gerade heimgekommen, also ist er nicht allein, aber..." Ich seufzte. Ich wollte wirklich bei ihm sein. Gott helfe mir, ich wollte bei ihm sein.

"Es wird ihm gut gehen, Kleines." Sean zog mich näher an sich und küßte meine Schläfe. "Er ist ein kluger Junge, im Moment steht er nur ein wenig neben sich. Man kann es ihm nicht übel nehmen. Seit den Gefährten lastet ein gewaltiger Druck auf ihm."

"Ich weiß. Aber er geht damit nicht so um, wie er es sollte. Ich wünschte, ich wüßte nur, was Julie ihm eingeredet hat. Ich schwöre, diese Frau -"

Sean lachte.

"Was?"

"Kleines, er könnte mit der perfektesten Frau der Welt zusammen sein und du würdest trotzdem denken, daß sie nicht gut genug für ihn wäre."

Ich schwieg und haßte es, daß er Recht hatte. Es gab keine Frau, die meiner Meinung nach gut genug war für Orli. Keine würde ihm die Liebe geben, die er verdiente. Ich wußte nicht, ob irgendwer dazu fähig wäre. Oh ja, ich hatte Orli auf einen Thron gestellt. Ich wußte das. Und obwohl er oft an dessen Rand schwankte, mußte er erst noch hinunterfallen. Ich hätte ihn schon vor langer Zeit hinunterwerfen sollen. Es wäre das beste für uns beide gewesen, aber ich konnte es einfach nicht tun. Wenn ich an Orli dachte, dachte ich an einen leuchtenden, süßen, talentierten und schönen Mann, der mit so einer Vitalität nach dem Leben griff, die vielen auf dieser Welt fehlte. Für mich war er nicht perfekt, aber verdammt nah dran. So sah ich ihn trotz allem und es war nicht fair, ihm gegenüber, mir gegenüber oder speziell Sean gegenüber. Wie würde er sich je damit messen können?

Zwei Mal in der Woche versuchte ich noch, Orli zurückzurufen. Einmal erwischte ich den Anrufbeantworter, das andere Mal Trophy. Sie schien nicht gerade erfreut zu sein, daß ich anrief und fragte mich, warum ich das täte. Ich sagte ihr, weil ich Orlis Freundin sei und ich immer anrufen könnte, wann zur Hölle ich das wollte. Sie legte einfach auf. Das erfreute mich nicht so sehr. Ich rief noch einmal an, aber natürlich nahm sie nicht ab. Ich war verleitet, rüber zu gehen und der Schlampe die Fresse zu polieren, aber ich hatte noch ein Meeting und als ich damit fertig war, war alles vergessen.

Die Dinge bei der Arbeit wurden hektisch und stressig. Die Spenden gingen uns aus und man dachte daran, uns zu schließen. Natürlich würde keiner von uns, der dort arbeitete, die Dinge hinnehmen, ohne etwas zu unternehmen. Tag und Nacht diskutierten wir Wege, mehr Geld einzuholen. Manche sprachen davon, das Aquarium zu erweitern, welches immer kleiner gewesen und der Forschung gedient hatte statt der Öffentlichkeit. Unglücklicherweise brauchte es dafür Geld. Keine Idee, die zur Sprache gebracht wurde, war besonders durchführbar. Dann war es überraschenderweise Sean, der uns rettete.

Ich war auf Arbeit und ging gerade einige Spendenzusagen im Delphinbereich durch, als Sean auftauchte und einen Mann mitbrachte, den ich noch nie in meinem Leben gesehen hatte. Ich lächelte, als er sich näherte und reckte mein Gesicht für einen Kuß.

"Was für eine schöne Überraschung, dich zu sehen," sagte ich ihm.

"Ich bin voller Überraschungen," antwortete er flüsternd. "Torrie, ich möchte dir Don Williamson vorstellen. Don, das ist Victoria Adams." Wir gaben uns die Hände und Sean wandte sich wieder zu mir. "Don und ich sind alte Freunde. Er ist einer der Produzenten vom Discovery Channel."

"Oh?" Ich blinzelte und sah fragend zu Sean.

Er lächelte, dieses breite strahlende Lächeln, das ich zu lieben gelernt hatte. "Wir haben vor ein paar Tagen miteinander gegessen und irgendwie kam die Idee für eine neue Show auf, in der es darum gehen würde, den Zuschauern etwas über Meerestiere beizubringen, mit einem bestimmten Gastgeber, der um die Welt reist und jede Woche auf neue Wunder und was weiß ich trifft. Sowas wie der Crocodile Hunter im Wasser oder so. Don fragte, ob er dich kennenlernen könnte, um zu sehen, ob du daran interessiert wärest."

Ich starrte Sean nur an und wußte nicht, was ich sagen sollte. Don sprach und lenkte meine Aufmerksamkeit auf sich.

"Natürlich würden 30% der Showeinnahmen helfen, das Center und die Arbeit, die Sie hier machen, zu unterstützen, und am Ende jeder Show gäbe es eine Bitte um Spenden oder so. Die Show würde auch jede Woche ein Tier zeigen, daß hier rehabilitiert wird. Man könnte endlos etwas daraus machen! Und Sie wären natürlich der Gastgeber."

Ich glaube, ich hatte die Kraft verloren, zu sprechen. Ich wollte schreien und Sean küssen und Don küssen und zugleich allen davon erzählen. Statt dessen stand ich da nur wie der Ochse vorm Berg. Sean lächelte mich an. Ich glaube, er wußte, daß ich wie betäubt war.

"Nun, Mrs Adams?" fragte Don. "Was sage Sie?"

"Ich... äh..." Sammle dich! Was für eine Sendung willst du machen, wenn du wie ein Idiot herumstotterst? "Ja! Natürlich! Das klingt wundervoll! Es tut mir leid, ich bin nur im Moment etwas überwältigt. Normalerweise bin ich viel lebhafter."

"Das glaubst du lieber," seufzte Sean.

Ich knuffte ihn mit dem Ellbogen.

"Großartig!" Don lächelte und schüttelte abermals meine Hand. "Bevor die Show losgeht müssen wir noch einige Planungen machen, Verträge schließen und so, aber ich werde mich bei ihnen melden." Er schüttelte Seans Hand. "Danke Sean, ich schätze das. Wir hören voneinander."

Ich stand da und wartete, bis Don durch die Türen verschwunden war, wandte mich dann um und war mich dann quietschend in Seans Arme.

Die ganze Nacht bestand aus einer Feier mit Wein und einem gemütlichen, kleinen Essen für zwei. Ich konnte immer noch nicht glauben, daß Sean sowas für mich und das Center getan hatte. Es machte alles soviel komplizierter für mich. Ich empfand jetzt, daß ich ihm etwas schuldete, obwohl er mir versicherte, daß das Unsinn sei. Er hätte das einfach für jeden gemacht. Soviel verstehe ich. Was kam als nächstes? War das ein Fortschritt in unserer Beziehung? Er nannte es eine geschäftliche Transaktion. Ich war mir da nicht so sicher und fühlte mich schrecklich, sowas zu denken. Ich hätte es ausschlagen können, aber das hätte ich dem Center nicht antun können. Als ich es Scott erzählte, brach der arme Mann fast in Tränen aus. Dies war eine Gelegenheit, die Projekten wie unserem nicht täglich angeboten wurden.

Das Telefon klingelte gegen sieben. Ich räumte gerade die Teller weg und wischte mir die Hände am Geschirrhandtuch ab, bevor ich den Hörer griff. Sean war gerade hinter mir aufgetaucht und fing an, an meinem Nacken zu knabbern, als ich abnahm und verzweifelt versuchte, nicht zu kichern, als es kitzelte.

"Ha - Hallo?"

"Torrie?"

"Yeah - ja."

"Hier ist Atti."

"Atti." Ich runzelte die Stirn und sah zurück zu Sean, der sich aufrichtete und da stand und mich ansah. "Was gibt's?"

"Torrie, hast du kürzlich mal mit Orli gesprochen?"

"Nicht seit Anfang der Woche, nein. Warum?"

"Er geht nicht an sein Handy. Schon den ganzen Tag nicht."

"Atti, ich verstehe nicht warum - "

"Julie hat ihn vor zwei Tagen verlassen."

Es war so schwer, nicht vor Freude aufzuschreien.

"Er hat es nicht gut verkraftet, als ich gestern mit ihm telefoniert habe. Redete immer wieder davon, daß alle ihn verlassen würden und warum ich immer noch sein Freund wäre und so ein Scheiß. Ich habe ihm gesagt, daß er aufhören soll, sowas zu denken und sich zu beruhigen und daß ich ihn heute zurückrufen würde, aber jetzt nimmt er nicht ab. Torrie, könntest du mal rüberfahren und nach ihm sehen?"

"Natürlich, Atti. Ich gehe sofort. Wie ist deine Nummer, damit ich dich anrufen kann?"

Sean griff einen Block und einen Stift aus der Schublade, gab sie mir und lehnte an der Anrichte, während ich Attis Informationen aufschrieb. Ich versicherte Atti nochmals, daß ich auf dem Weg zu Orli sei und ich ihn anrufen würde, sobald ich wußte, daß alles in Ordnung war. Mein Herz klopfte, obwohl ich äußerlich ruhig war. Atti war in Panik. Und das konnte nichts gutes bedeuten.

"Was ist los?" fragte Sean, als ich auflegte.

"Es geht um Orli." Ich war schon aus der Küche raus, griff meinen Mantel und die Schlüssel. "Atti sagt, Trophy habe ihn verlassen und daß er das nicht verkraftet. Er will, daß ich nach ihm sehe."

"Ich komme mit," antwortete Sean und folgte mir aus der Tür. Ich widersprach nicht.

Als wir bei Orlis Haus ankamen, war es dunkel, aber sein Auto parkte draußen. Ich war aus der Tür hinaus, bevor Sean das Auto parkte. Er erreichte mich, als ich mir schon eine Knöchel an der Tür wund geklopft hatte. Ich rief Orlis Namen, aber nichts geschah. Ich sah panisch zu Sean.

"Bleib hier," sagte er und verschwand. Ich hämmerte weiter an der Tür.

Drei Minuten später öffnete sie sich und Sean stand da. "Hintertür," erklärte er, als ich mich an ihm vorbei drängte. Die Wohnung war ein Chaos. Leere Bierflaschen, Scotch, Wodka, Zigarettenschachteln, umgeworfene Möbelstücke, dreckige Teller. Meine Nägel bohrten sich in meine Handflächen, als ich die Fäuste ballte.

"Orli?" rief ich. "Orli, hier ist Torrie. Schatz, bist du zuhause?"

Nichts.

"Sieh oben nach," schlug Sean vor. "Ich sehe mich weiter hier um."

Ich nickte und eilte die Treppen hinauf. Ich lief durch die beiden Gästezimmer, fand nichts und ging dann in das Hauptschlafzimmer. Auch nichts. Ich wollte gerade wieder die Treppen hinunter gehen, als ich Licht im Badezimmer bemerkte. Ich rief wieder Orlis Namen und bewegte mich zögernd zur Tür. Aus irgendeinem Grund war ich zu Tode geängstigt von dem, was ich auf der anderen Seite vorfinden würde. Ich könnte das auf eine Vorahnung schieben oder auf irgendeine andere seltsame Verbindung zwischen mir und Orli. Von dem Moment an, in dem Atti angerufen hatte, wußte ich, daß etwas nicht stimmte. Ich zwang mich um die Ecke zu gehen.

"Oh Gott, Orli!"

Meine Beine versagten fast unter mir, aber irgendwie schaffte ich es nach vorne zu der Badewanne, in der Orli lag, den Kopf auf dem Rand, eine Hand hing auf dem Boden und hielt eine leere Flasche Scotch umfaßt. Seine Haut war bleich, fast blau. Einen Moment lang dachte ich, er wäre tot. Ich reichte aus und berührte seine Wange, die unter meinen Fingern erschreckend kalt war.

"Orli?" flüsterte ich, die Tränen ließen meinen Blick verschwimmen.

Seine Augen flatterten und er starrte mich an.

"Oh Gott, Baby," weinte ich. "Was hast du getan? Sean!" brüllte ich. "Sean!"

Orli bewegte sich nicht, sondern sah mich einfach weiter an. Ich langte ins Wasser, um einen Arm um ihn zu legen und kreischte bei dem kalten Wasser. Fuck. Wie lang war er da drin gewesen? Ich hörte Sean hinter mir auftauchen und fluchen.

"Es ist eiskalt," erklärte ich ihm und versuchte, meinen Blick nicht von Orli zu wenden. "Er ist so kalt, Sean. Er antwortet mir nicht. Er - " Ich brabbelte und zitterte und zog weiter an seinem Arm, versuchte, ihn aufzurichten.

"Ruhig, Kleines," sagte Sean sanft und zog mich zurück. "Geh und such nach ein paar Decken."

"Aber - "

"Jetzt!" befahl er und ich ging.

Ich rannte ins Schlafzimmer und riß die Überdecke vom Bett. Ich hörte das Geräusch vom Wasser in der Badewanne und wandte mich um, um zu sehen, wie Sean aus dem Badezimmer kam und Orli in seinen Armen trug. Er kam mit ihm zum Bett und legte ihn auf die Überdecke. Schnell wickelte ich sie um ihn. Orli blieb währenddessen unbeweglich, sprach kein Wort, sein Blick ließ kaum erkennen, ob er wußte, daß wir da waren. Sean versicherte, daß er kein Zeichen von Unterkühlung sah, aber ich konnte die Panik in mir nicht beruhigen. Ich kletterte neben Orli aufs Bett und zog ihn an mich und versuchte ihn dazu zu bringen, mit mir zu reden, aber es passierte immer noch nichts. Ich wußte, daß ich weinte, und es war mir egal. In diesem Moment war es mir vollkommen egal, was Sean dachte. Alles, was ich wußte, war, daß ich dieses schöne Wesen neben mir verlieren könnte und ich nie gewußt hätte, was er mir bedeutete. Es tat mehr weh, als ich es mir vorstellen konnte.

"Versuch ihn aufzuwärmen," schlug Sean vor. "Ich werde Kaffee machen, damit wir den Alkohol aus seinem Körper holen und seinen Blutkreislauf wieder in Gang bringen. Obwohl ich sagen muß, daß, wenn er nicht so vollgelaufen wäre, er jetzt vielleicht tot wäre. Der Alkohol hat ihn gerettet, so komisch das auch klingen mag." Ich blieb wo ich war und drückte Orli an mich. Sean runzelte die Stirn. "Torrie, hörst du mir zu?"

"Warum hat er das getan?" flüsterte ich.

"Torrie!"

Mein Kopf fuhr herum, damit ich ihn auf diesen Schrei hin ansehen konnte.

"Orlando braucht dich jetzt, und du mußt stark sein," erklärte Sean mir. "Und jetzt versuch, seine Gliedmaßen aufzuwärmen oder wir müssen ihn ins Krankenhaus bringen, und dann wird es überall in der Presse stehen, daß er Selbstmord begehen wollte."

"Orli würde nie - "

"Nein." nickte Sean. "Ich glaube, das wollte er nicht. Ich glaube nicht, daß er bei Sinnen war. Aber die Presse wird auf alles anspringen, was sie kriegen können. Kannst du ihm jetzt bitte helfen, während ich in die Küche gehe?"

Ich nickte, Sean wandte sich ab und verließ den Raum, während ich vom Bett rutschte, einen von Orlis Füßen in meine Hände nahm und ihn energisch zu reiben begann. Er war so gottverdammt kalt und zäh bei der Berührung. Ich arbeite mich zum anderen vor und hinauf zu seinen Fußknöcheln und den Hüften, während ich die ganze Zeit über törichte Dinge wie das Wetter und die Arbeit und was ich zum Essen hatte und so einen dummen Scheiß redete, damit er wußte, daß ich da war. Als Sean mit dem Kaffee kam, fing Orli an zu zittern, offensichtlich kam wieder Leben in ihn. Sean gab mir eine Tasse und ich kletterte wieder zu ihm, versuchte ihn zum trinken zu bringen, während Sean an meiner Stelle seine Beine und Arme rieb. Überraschenderweise nahm Orli die Tasse und trank den Kaffe langsam, obwohl seine Zähne aufeinander schlugen und die Tasse zeitweise abrutschte. Ich fuhr mit meinen Fingern durch sein Haar, flüsterte immer noch, während er trank und sah genauso oft zu Sean, der Orli besorgt ansah.

"Wir nehmen ihn mit nach Hause," sagte Sean schließlich. "Wir machen es ihm in einem der Gästezimmer gemütlich und wir können die nächsten paar Tage ein Auge auf ihn werfen."

Ich war so erleichtert, als Sean das vorschlug. Ich hatte nicht vor, von Orlis Seite zu weichen. Sean fand ein paar Klamotten und kleidete ihn vorsichtig ein, legte dann die Decke um ihn und hob ihn wieder in seine Arme. Ich stopfte etwas Extrakleidung in eine Tasche und folgte Sean aus der Tür und zum Auto. Sean legte ihn auf den Rücksitz und ich krabbelte neben ihn, legte meine Arme um ihn und plazierte seinen Kopf auf meiner Schulter. Die Fahrt zu unserem Haus war still und erschreckend.

Sean trug ihn ins Gästezimmer und ich schlug die Decken zurück, sah wie eine Mutter zu als er Orli vorsichtig auf die Matratze legte. Wir zogen ihn bis auf die Unterhosen aus und stapelten noch mehr Decken auf ihn. Ich stand da, sah zu und wünschte mir, daß er etwas sagte, damit er nicht so hilflos und blaß auf den Laken aussähe. Ich bemerkte kaum, wie Sean neben mir auftauchte und meinen Mantel auszog.

"Na los, Kleines," sagte er sanft. Ich sah zu ihm auf und verstand nicht. Er nickte zu Orli. "Er braucht dich jetzt bei sich. Laß ihn wissen, daß du da bist."

Ich hatte Sean erzählt, wie Orli und ich uns gehalten hatten, wenn wir durcheinander oder einsam waren. Er hatte daß sehr süß gefunden, aber es überraschte mich, daß er es jetzt vorschlug, besonders, da er geschworen hatte, daß er mich Orli vergessen lassen würde. Ich zögerte nur einen Moment, bevor ich meine Schuhe auszog, zwischen die Laken kletterte und Orli an mich zog.

Orli zitterte an mir. Ich hielt ihn so fest ich konnte, legte meine Arme um ihn, küßte seine Stirn, fuhr ihm durchs Haar. Seine Haut wurde langsam wärmer, der bläuliche Farbton jetzt bleich. Ich konnte meine Tränen nicht zurückhalten. Ich hatte noch nie in meinem Leben so eine Angst gehabt. Ich versuchte aber, mich zu beruhigen, um Orlis Willen. Sean hatte Recht gehabt. Er brauchte mich jetzt und es war meine Aufgabe, ihn wissen zu lassen, daß ich da war. Da ich wußte, wie sehr es mich beruhigte, wenn er es tat, begann ich zu singen und flüsterte wirklich die Worte zu "These Arms of Mine".

Ich machte einen Augenblick Pause, als ich bemerkte, daß er weinte, leise, seine Tränen näßten meine Schultern. Seine Hand klammerte sich hart in meine und ich hielt ihn genauso fest.

Er flüsterte etwas. Ich stoppte. "Was hast du gesagt, Baby?"

"Warum verläßt mich jeder?" weinte Orli und begann dann bitterlich zu schluchzen, jede Träne zerriß mein Herz, als er sich an mich schmiegte und sein Gesicht in meiner Kehle vergrub und seine Arme um meine Taille legte. Er bebte und ich weinte und hielt ihn weiterhin fest, bis er in einen erschöpften Schlaf fiel.

Kapitel 15
 

And everything I can't remember

As fucked up as it all may seem

The consequences that I've rendered

I've gone and fucked things up again

Its Been Awhile - Staind
 


 

Ich lag eine Weile still da und starrte einfach nur die Wand vor mir an. Mein ganzer Körper tat weh, mein Kopf dröhnte und ich brauchte wirklich einen Drink. Ich war nicht aufgewacht, als Torrie gegangen war, aber es konnte nicht allzulang her sein, denn ihr Duft hing immer noch an dem Kissen neben mir. Sie hatte mich die ganze Nacht gehalten und ich hätte nie gedacht, daß ich einmal wieder so friedlich schlafen würde wie in ihren Armen. Sie hatte mit mir geweint. Ich hatte sie zum Weinen gebracht. Was für ein Bastard war ich eigentlich?

Atti mußte sie angerufen haben. Andernfalls hätte sie nicht gewußt, daß sie nach mir sehen mußte. Ich wußte nicht, was ich hatte tun sollen, ich wollte nur... ich wollte, daß alles aufhörte. Der Schmerz, die Verwirrung, die Angst, der Verlust der Kontrolle. Also trank ich einfach weiter, trank mich selbst in Betäubung. Mehr wußte ich nicht, bis ich in Torries Armen aufwachte und ihre süße Stimme sanft zu mir sang. Es tat weh, sie so nah und fürsorglich und noch nicht nah und fürsorglich genug bei mir zu haben. Ich wünschte, ich hätte sie bleiben lassen können. Ich wünschte, ich könnte es fertig bringen, daß sie nie wieder meine Seite verließ. Aber ich wußte, daß sie es tun würde. Das taten sie immer.

"Orli, Schatz?"

Ich dachte daran, Schlaf vorzutäuschen, aber entschied mich dagegen, rollte mich rüber, um sie anzusehen, wie sie im Türrahmen stand, eine Tasse in der Hand, und mich besorgt ansah.

"Wie spät isses?" Ich kam mir vor als könnte ich kaum zusammenhängend sprechen. Meine Zunge fühlte sich geschwollen an und so, als würde sie an meinem Gaumen kleben.

"Gerade Nachmittag. Ich habe dir etwas Tee gebracht." Sie kam herüber und stellte ihn auf den Nachttisch neben mich, wandte sich dann wieder zu mir und fuhr mit der Hand über meine Augenbraue. Ich schloß meine Augen und verlor mich in der Berührung. "Wie fühlst du dich?"

Ich zuckte mit den Schultern. Sollte ich ihr sagen, daß sich mein Körper wie Scheiße anfühlte und überall schmerzte, oder sollte ich ihr sagen, daß ich mich fühlte, als sei die Sonne in dem Moment im Zimmer aufgegangen, in dem Moment, als sie es betrat? Daß mich ihre Berührung auf meiner Haut denken ließ, daß vielleicht alles in Ordnung wäre? Ich schwieg und sah sie an.

Sie schien gehen zu wollen, als ob sie nicht hier sein wollte. Ich konnte es ihr nicht übel nehmen. Aber dann krabbelte sie plötzlich neben mir aufs Bett und berührte mich wieder, fuhr mit der Hand über meine Wange und durch mein Haar. Ihre Berührung war so zart und sanft und für einen Moment dachte ich, daß sie sich wirklich um mich kümmerte. Ich wollte mir einreden, daß sie es tat. Daß sie nicht einfach etwas von mir wollte oder Mitleid empfand oder daß sie im Moment nichts besseres zu tun hatte. Aber das waren die Gedanken, die mir durch den Kopf gingen. Ich fühlte mich, als sei Glück nur eine Lüge. Daß ich es nie wieder fühlen würde, weil es nicht existierte.

"Du hast mir so schrecklich Angst eingejagt," flüsterte Torrie.

Ich runzelte die Stirn. "Es tut mir Leid."
 

Ihre Hand hielt in der Bewegung inne. "Nein, tut es nicht. Ich kann es in deiner Stimme hören." Sie fuhr zurück, kreuzte die Beine unter sich und sah mich an. Lange saß sie dort schweigend, bis ich schließlich meinen Blick zu ihr erhob. Tränen standen in ihren Augen, aber ihr Gesichtsausdruck war wütend. "Warum, Orli? Warum tust du dir das an? Ich verstehe es nicht. Verdammt, du bist doch nicht dumm!"

"Ich will darüber nicht reden." Ich wandte mich ab und starrte die Vorhänge an, die die Fenster bedeckten. Ich wünschte, sie würde gehen. Allein ist es leichter, sich in Selbstmitleid zu suhlen.

"Nun, wir werden aber darüber reden. Weil es mir im Moment verdammt noch mal egal ist, was du willst, Orli. Es ist offensichtlich, daß es nicht gut für dich ist, was es auch immer sein mag. Und ich werde dich nicht..." Sie holte Atem und machte eine Pause. "Ich werde dich nicht verlieren."

Ich drehte mich nicht wieder zu ihr und sagte nichts. Ich wünschte, sie würde mich in die Arme nehmen und mir sagen, daß alles okay wäre, aber darum würde ich nicht bitten. Niemals wieder würde ich diejenigen um Liebe bitten und Liebe von denjenigen erwarten, die nicht fähig waren, sie mir zu geben. Vielleicht waren das alle. Vielleicht war Liebe auch nur eine Lüge und Glück war ein Nebenprodukt davon. Ihr Hand berührte mich wieder, und ich konnte mich dem nicht entziehen. Nur ein sanftes Streichen durch mein Haar. Ich dachte, es würde mich umbringen. Irgendwie wünschte ich es mir.

"Orli, was ist mit Tro - Julie passiert?"

Ich zuckte mit den Schultern. "Irgendwas. Nichts. Ich weiß es nicht."

"Erzählst du es mir bitte?"

"Ich glaube, sie hat jemand anderen gefunden. Jemanden, der sie glücklich machen konnte," sagte ich und zuckte zusammen. Es tat weh, zuzugeben, daß ich sie nicht glücklich machen konnte.

Wie immer wußte Torrie, was ich dachte. "Orli, du hast all deine Energie aufgewandt, um sie glücklich zu machen. Du hast alles getan, was du konntest. Offensichtlich war Julie keine glückliche Person. Ich bezweifle, daß irgendwer es ihr wirklich recht machen konnte."

"Oder vielleicht ist Glück nur eine Lüge."

Die Stille hing zwischen uns. Ich wandte mich zu ihr, um sie anzusehen. Sie sah mich mit einem seltsamen Gesichtsausdruck an.

"Bist du glücklich, Torrie? Macht Sean dich glücklich?"

"Ja," flüsterte sie.

Ich haßte Sean. Ich haßte sie. Ich drehte mich wieder weg.

"Orli," sagte Torrie sanft. "Du brauchst Hilfe. Diese Trinkerei - "

"Was?" stieß ich hervor und sah sie wieder an. "Ich brauche keine Hilfe, Torrie. Ich bin kein gottverdammter Süchtiger, ich brauche nicht zu den Anonymen Alkoholikern oder so einen Müll. Mir geht es gut, verstanden? Gut!"

"Dir geht es nicht gut, Baby," antwortete sie.

Einen Moment starrte ich sie wütend an, dann schob ich die Decken zurück und sprang aus dem Bett. Meine Beine protestierten angesichts des unerwarteten Gewichtes und ich fiel beinahe hin, doch ich würde keine Schwäche zeigen. Ich kämpfte um meine Kraft, bewegte mich zum Fenster und zog die Vorhänge zurück. Draußen war es sonnig, der Himmel von einem perfekten Blau. Dieser beschissene Ort war immer so gottverdammt sonnig. Ich wünschte, nur einmal würde das Wetter meinem Gemüt entsprechen.

Die Stille zwischen uns streckte sich hin. Ich wollte, daß sie ging und gleichzeitig, daß sie blieb. Durch ihre bloße Anwesenheit im Zimmer fühlte ich mich besser. Es war wie ein beruhigender Effekt. Ich brachte mich dazu, daß ich ihr alles erzählen wollte. Ich konnte ihr nicht alles erzählen.

"Ich fühle mich so einsam," sagte ich schließlich und starrte immer noch aus dem Fenster. "Selbst, wenn ich von Leuten umgeben bin, von Fans, was auch immer - ich fühle mich einsam. Es ist so, als ob ich schreien würde, und keiner würde mich hören, keiner würde mich sehen..." Ich sah zu ihr und versuchte zu lächeln. "Ziemlich idiotisch, was? Ich meine, mein Gesicht ist überall hingepflastert und trotzdem fühle ich mich, als würde mich keiner sehen."

"Es ist nicht idiotisch, Schatz." Torrie glitt über das Bett und kam zu mir. Sie legte ihre Hand auf meine Schulter und streichelte meine Haut. "Manchmal fühle selbst ich mich so, und ich habe nicht den Druck des Ruhms und den ganzen Mist, mit dem ich umgehen muß."

"Andere Leute gehen mit dem Ruhm prima um."

Torrie zuckte mit den Schultern. "Andere Leute haben ihn auch nicht so schnell und hart ins Gesicht geworfen bekommen. Andere Leute haben nicht versucht, für jeden alles zu sein, so wie du. Andere Leute haben sich die Zeit genommen, es langsam anzugehen." Sie machte eine Pause und fuhr mir mit der Hand über meinen Arm. Ich zuckte bei ihrem Gesichtsausdruck zusammen. Ich wußte, daß ich in letzter Zeit viel Gewicht verloren hatte und die Kleider an mir schlackerten. "Ich möchte, daß du eine Weile hier bleibst, Orli. Ich will nicht, daß du allein bist."

"Ich werde nichts dummes machen," protestierte ich.

"Nein?" Torrie sah mich an und ich erkannte, daß sie mir nicht glaubte.

Ich sah weg. "Was ist mit Sean?"

"Eigentlich war es sein Vorschlag."

Natürlich. Ich biß mir auf die Lippe, um nichts mehr zu sagen.

"Warum gehst du nicht wieder ins Bett und schläfst etwas? Dein Körper braucht das," schlug sie vor. "Ich wecke dich zum Abendessen, dann kriegst du etwas Essen in deinen Körper und dann... dann reden wir noch ein wenig. Okay?"

Ich nickte, sie umarmte mich und ich legte meinen Kopf für einen Moment auf ihr Haar, genoß ihre Wärme und das Gefühl ihres Atems auf meiner Haut. Ich würde schlafen, wir würden reden und vielleicht wäre alles in Ordnung. Torrie folgte mir zum Bett, deckte mich zu, als ich zwischen die Laken kletterte und küßte dann meine Wange. Sie wollte gehen, als ich nach ihrer Hand griff und sie zurückzog. Sie sah mich fragend an.

"Würdest du... ich meine, könntest du hierbleiben, bis ich eingeschlafen bin?" fragte ich.

Sie lächelte und setzte sich neben mich. "Natürlich, Baby. Ich gehe nirgendwo hin."

Ich verbrachte vier Tage bei Sean und Torrie und erlaubte ihr ohne Protest, mich zu verhätscheln, obwohl es Zeiten gab, in denen es richtiggehend frustrierend war, besonders, weil Sean zu allem seinen Senf hinzugeben mußte. Ich schätzte alles, was sie für mich taten, sie stellten ihr ganzes Leben um, nur damit ich mich willkommen und wohl fühlte. Aber... es war einfach zu seltsam, dort zu sein. Ich meine, jeden Abend mußte ich mit ansehen, wie Torrie mit Sean im Schlafzimmer verschwand, und es wurde unerträglich. Ich wollte, daß sie wieder neben mir war. Fuck, ich wollte wieder in ihr sein. Ich wollte, daß sie meinen Namen ausrief. Ich wollte ihre Hände und ihren Mund auf mir. Ich wollte, daß ich jeden Abend einschlafen konnte und wissen würde, daß sie es war, was ich als erstes am Morgen sehen würde. Während dieser vier Tage, in den ich mit ihr in einem Haus lebte, fing meine Besessenheit wieder an zu wachsen. Ich haßte mich, daß ich sie liebte und es nicht früher erkannt hatte. Und ich haßte sie dafür, daß sie mich nicht liebte, daß sie mit Sean zusammen war und daß sie an diesem Tag vor so langer Zeit aus der Wohnung gegangen war.

Letztendlich überzeugte ich die beiden davon, daß es mit gut ging und ich ging nach Hause. Es war unheimlich still im Haus, aber ich sagte mir, daß ich schon vorher allein gelebt hatte und mich daran gewöhnen könnte. Ich räumte auf, was ich konnte, richtete alles wieder her, kaufte etwas ein und versuchte, mein Leben wieder in Ordnung zu bringen. Ich mußte begreifen, daß Torrie niemals mir gehören würde, ich mußte akzeptieren, daß sie mit Sean glücklich war und ich mit meinem Leben weitermachen müßte. Trotzdem war es schwer. Wir hatten geredet, sie und ich, während ich dort war, und daß sie meinen Problemen zuhörte, ließ sie ein bißchen weniger unüberwindbar erscheinen. Ich fühlte mich immer noch verlassen und einsam, aber Torrie versicherte mir immer und immer wieder, daß meine Freunde sich um mich sorgten und für mich da waren. Ich wußte, daß sie Recht hatte, aber ich wollte sie nicht mit meinen Problemen belasten müssen. Ich wollte niemandem eine Last sein. Torrie hatte vorgeschlagen, eine Weile nach Hause nach England zu gehen, und ich begann zu erkennen, daß das gar keine so schlechte Idee war. Dann konnte ich sie vielleicht auch vergessen.

Ich ging nach Hause, fast einen ganzen Monat. Atti besuchte mich und haute mir prompt erst einmal ein runter, dafür, daß ich ihn zu Tode erschreckt hatte. Doch das ist okay. Atti ist nicht wirklich ein Faustkämpfer. Er hatte mir seine Meinung dargestellt und ich entschuldigte mich ausgiebig bei ihm, bevor alles vergeben und vergessen war. Es war auch schön, Mum und Sam wiederzusehen, obwohl Mum sich nicht einkriegte, wie dünn ich war und warum ich wieder rauchte und so. Ich glaube, dazu sind Mütter da. Sie versuchte, mich etwa sechs Mal am Tag zu füttern und versteckte jede Zigarettenschachtel, die ich ins Haus brachte. Durch all das hätte ich mich besser, stärker fühlen sollen. Aber es war eine lebende Lüge, und ich wußte das. Ich vergrub einfach nur alles in mir. Es würde wieder an die Oberfläche kommen. Ich wußte, das würde es. Ich wußte nur nicht, wann oder wo.

Als ich wieder nach LA kam, wurde es Zeit, einen neuen Film zu drehen. Der Serienkiller hatte sich nicht so gut gemacht - die Kritiken hatten ihn zerrissen - und er hatte fast sogar Verlust gemacht. Ich glaube, die einzigen, die den Film sahen, waren meine Fans, und die wußten nicht, in was sie sich da hineinbegeben hatten. Dieser Film war eine Komödie, von der mir Fiona versicherte, sie machen zu müssen, und die Leute, die daran arbeiteten, waren Arschlöcher. Sie schienen es geradezu auf mich abgesehen zu haben. Ich bemerkte das erst sehr viel später, sie betrachteten es als falsch, daß sie so viele Jahre gebraucht hatte, um dort zu sein, wo sie jetzt waren, und dann kam ich einfach an, bekam die Rolle des Legolas und wurde augenblicklich ein Star. Scheiß drauf. Es war ja nicht so, daß ich gewußt hatte, daß das passieren würde. Und daß ich das wollte. Es war halt so. Doch dabei blieb es nicht. Amandas Eltern meldeten sich wieder, brachten den Fall vor ein Zivilgericht und irgendein beschissener Richter sprach ihnen zehn Millionen Dollar für den Tod ihrer Tochter zu, die ich bezahlen sollte! Als ob ich zehn beschissene Millionen Dollar hätte. Hallo, es ist nicht so als wäre ich Mel Gibson oder so. Verdammt, ,Ringe' hatte wohl ihren Maßstab durcheinandergebracht. Mein größtes Problem hatte ich aber damit, daß man einen Preis für den Tod seines Kindes verlangen konnte. Als ob das Geld sie sich besser fühlen lassen würde. Mein Anwalt versicherte mir, daß er in Berufung gehen und die Entscheidung von einem höheren Gericht gefällt werden würde. Ich ignorierte es einfach. Ich wartete nur noch darauf, daß mein Film jetzt zu einen Fernsehfilm umgewandelt werden würde.

Ich war gerade ein paar Tage zurück, als Elijah mich anrief und sagte, daß alle zusammen kämmen, um Sean Beans Geburtstag in einem Club zu feiern. Er hoffte, daß ich auch käme. Ich wollte wirklich nein sagen. Soviel ich Sean und Torrie auch dafür schuldete, was sie für mich getan hatten, wollte ich doch keine Zeit mehr mit ihnen verbringen. Ich fühlte, daß ich so langsam über Torrie hinweg kam. Die Liebe verblaßte. Aus den Augen, aus dem Sinn, nicht wahr? Aber Elijah bestand darauf, daß dies sowas wie eine Wiedervereinigung der Gefährten sei. Billy, Dom, Sean und Christine, Ian, Viggo - natürlich würde John nicht kommen, das tat er nie - aber der Rest der Gefährten war da und ich mußte einfach auch kommen. Also konnte ich nicht ablehnen.

Es war eigentlich gar nicht schlecht. Wir trafen uns bei Sean und Torries Haus und aßen zu Abend, eine kleine, zwanglose Sache, angefüllt mit Scherzen und Gelächter. Seans Töchter waren zu Besuch, also drehte sich die meiste Aufmerksamkeit um sie, und es machte mich froh, zu sehen, daß sie Torrie zu akzeptieren schienen. Sie schien an diesem Abend besonders glücklich zu sein, ihre Augen strahlten und sie lachte, machte mit, wenn wir uns neckten und zielte dabei besonders auf Elijah ab, genau wie in der Zeit, als wir drei zusammen etwas unternahmen. Sie zog mich ebenfalls gutmütig auf, was ich nur belächelte. Einmal kam sie einfach zu mir und drückte mich fest und flüsterte in mein Ohr, wie froh sie sei, daß es mir wieder gut zu gehen schien. Ich umarmte sie ebenfalls, küßte ihren Kopf und sah dann auf, wobei ich bemerkte, daß Sean uns beobachtete. Scheiß auf ihn. Ich war über sie hinweg. Er mußte einfach mit seiner Eifersucht umgehen, was unsere Freundschaft anging.

Später am abend fuhren wir in The Lounge, fanden eine große Sitzecke, die für uns alle paßte, und Dom, Billy, Elijah und Becca stürmten sofort die Tanzfläche, während sich der Rest von uns setzte und ein paar Drinks bestellte. Wir unterhielten uns, sahen den Hobbits zu, wie sie ziemlich albern tanzten. Sean zog schließlich Christine für ein paar langsamere Nummern mit sich, bevor sie sich entschieden, nach Hause zu fahren. Wir verabschiedeten uns und sie wünschten Sean noch einen schönen Geburtstag und es blieben nur noch ich, Viggo, Ian, Sean und Torrie übrig.

Nicht lang danach hüpfte Elijah zu uns und bettelte, daß wir mitmachen würden. Wir schüttelten alle unsere Köpfe, aber dann griff er Torries Hand und fing an, daran zu ziehen und daß er so lang nicht mit ihr getanzt hatte und daß sie einfach mußte. Sean stieß sie leicht an, sagte ihr, sie solle nur gehen, und sie erlaubte dem blauäugigen Wunder, sie zu den anderen mitzunehmen. "Golden Years" von Bowie wurde gespielt und bald darauf tanzten alle fünf einen unglaublich albernen, synchronen Tanz, welcher eine Mischung aus dem Macarena und dem Ententanz zu sein schien. Wir in unserer Ecke kringelten uns. Dann fingen sie alle an, nach mir zu rufen, damit ich mitmachen würde, und als ich zu Torrie sah, lockte sie mich mit ihrem Finger. Ich hatte Angst, mitzumachen, wieder mit ihr und Elijah zu tanzen und alte Erinnerungen wiederzubeleben. Aber Viggo, Ian und Sean begannen ebenfalls, mich zu ermutigen, und bevor ich irgendwas wußte war ich inmitten der fünf und Torrie war an meinem Rücken und sang mit der Musik in mein Ohr.

"In walked luck and you looked in time

Never look back, walk tall, act fine

Come get up my baby

I'll stick with you baby for a thousand years

Nothing's gonna touch you in these golden years, gold

Golden years, gold whop whop whop"

Ich lächelte, entspannte mich und genoß den Spaß, machte sogar den dummen Tanz mit, den sie erfunden hatten. Torrie nahm meine Hand und plötzlich tanzten wir miteinander, ihre Hände wanden sich um meine Schultern, zogen mich an sich und ich legte meine Hände um ihre Taille und wir bewegten uns miteinander. Billy tauchte hinter mir auf und Dom machte bei Elijah und Becca mit, und dann machten wir wieder diesen Synchrontanz, lachten uns die ganze Zeit den Arsch ab, denn wir wußten, wie albern wir aussehen mußten, aber es war uns scheißegal. Es war einfach zu viel Spaß. Torrie kam näher zu mir und sang immer noch mit:

"Don't cry my sweet, don't break my heart

Doing all right, but you gotta get smart

Wish upon, wish upon, day upon day, I believe oh lord

I believe all the way"

Unsere Augen begegneten sich und ich verlor mich irgendwie in ihr. Ich erkannte, daß ich mich den letzten Monat belogen hatte. Ich liebte sie immer noch. Ich würde niemals aufhören, sie zu lieben.

"I'll stick with you baby for a thousand years

Nothing's gonna touch you in these golden years, gold"

Ich konnte es nicht mehr ertragen, sie so nah bei mir zu haben. Ich löste mich von ihr, während ihre Augen mir folgten, fragend, verletzt. Ich wollte schreien Ich liebe dich und Es tut mir leid, dich immer wieder zu verletzten, aber ich konnte meine Lippen nicht dazu bringen, sich zu bewegen. Es war sowieso das beste. Ich wandte mich ab und verließ sie Tanzfläche, zurück in unsere Ecke. Sean steckte gerade sein Handy ein und die anderen sahen mich verwundert an, als ich nach einem Drink bei einer vorbeigehenden Kellnerin rief.

"Fertig mit tanzen?" fragte Viggo.

Ich nickte.

"Das war bestens," bemerkte Ian. "Wenn die Presse je in Besitz von Fotos eurer Faxen käme, wären eure Karrieren für immer ruiniert!"

"Ich muß gehen," sagte Sean und stand auf. "Die Mädchen haben gerade angerufen. Anscheinend haben sie einen kleinen Streit und wollen, daß ich ein Machtwort spreche."

Er sah hinüber zur Tanzfläche und ich sah, wie er Torrie ansah.

"Ich hasse es, den Spaß zu beenden, den sie hat." Sean sah zu mir herab. "Orli, würde es dir was ausmachen, Torrie für mich heimzufahren? Ich würde sie gerne noch eine Weile bei euch lassen."

Gott, ich wollte NEIN! schreien. "Sicher, kein Problem," antwortete ich.

"Großartig! Ich werde ihr sagen, daß ich gehe; wir sehen uns." Er ging weg in Richtung Tanzfläche.

Als mir mein Drink gereicht wurde, nahm ich ihn entgegen und stürzte ihn runter, sah, wie Sean den Club verließ und Torrie wieder von den Tanzenden auf der Tanzfläche verschluckt wurde. Viggo und Ian unterhielten sich neben mir und versuchten offensichtlich, mich miteinzubeziehen, aber schließlich gaben sie es auf und ließen mich dort, vor mich hinbrütend und mit meinen Zigaretten und meinen Drinks. Einmal sagte Ian, ich sollte es mit dem Scotch etwas zurückschrauben, wenn ich Torrie noch heimfahren sollte, aber ich sagte, ich wüßte, wann ich aufhören müßte, vielen Dank. Es schien, als wollte mir in letzter Zeit jeder reinreden. Die beiden gingen bald und ich blieb allein sitzen und sah den Mätzchen auf der Tanzfläche zu.

Ich weiß nicht, wieviel Zeit vergangen war.

"Ich bin erschöpft!" lachte Torrie, als sie wieder in die Sitzecke kam und sich neben mir fallen ließ. "Ich bin bald zu alt für sowas."

Ich lächelte nur.

Elijah und Becca kamen angerannt und ließen sich ebenfalls fallen. "Ich schwöre, Billy und Dom bringen es noch soweit, daß dieser Schuppen geschlossen wird!" rief Elijah. Er sah sich um. "Wo sind denn alle hin?"

"Nach Hause. Schon vor langem," antwortete ich. Ich hätte es anhand meiner Drinks zählen können. Ich glaube, es war sechs Scotch her, daß Ian schließlich gegangen war.

"Du hättest auch auf die Tanzfläche kommen sollen," erklärte Torrie mir. "Statt hier allein rumzusitzen."

"Mir war nicht mehr nach Tanzen," antwortete ich und leerte meinen Drink. "Bist du fertig?" Aus irgendeinem Grund wollte ich hier weg.

Sie sah einen Moment auf den Tisch und antwortete dann, "Ähm... sicher."

Torrie erhob sich, verabschiedete sich von Elijah und Becca, während ich aus der Sitzecke glitt. Ich schwankte ein wenig als ich aufstand, schob es aber schnell auf die Tatsache, daß ich nach dem Tanzen so lange unbeweglich gesessen hatte. Ich griff Torries Hand und führte sie aus dem Club zu meinem Auto, während ich in meiner Hosentasche nach den Schlüsseln suchte. Torrie wurde langsamer, als wir uns dem Auto näherten und ich sah zurück zu ihr.

"Orli, vielleicht solltest du mich fahren lassen," schlug sie vor.

Aus irgendeinem Grund machte mich das wirklich wütend. "Ich bin nicht betrunken, Torrie. Diese Diskussion hatten wir schon einmal. Ich weiß, wann ich aufhören muß. Ich kenne meine Grenzen. Mir geht es gut. Und jetzt steig in das verdammte Auto."

Sie stand da, guckte wütend und ich seufzte.

"Es tut mir leid. Bin wohl müde. Also laß uns bitte beide einfach nach Hause gehen, okay?" Ich öffnete ihr die Tür und wartete, bis sie endlich eingestiegen war.

Ich vergaß, daß ich Tea Party im CD-Player hatte, als ich das Auto anließ. Ich wollte es ausschalten, aber Torrie bat mich, es anzulassen. Also drehte ich es nur ein wenig leiser und fuhr vom Parkplatz. Wir fuhren einige Zeit schweigend und hörten nur der Musik zu. Als ,Gyroscope' anlief, lehnte sich Torrie vor und drehte es ein wenig lauter. Ich hatte vergessen, daß es eines ihrer Lieblingslieder war.

"Come face to face with it

Pushed on your side

Lose all your self control

Worlds will collide"

"Orli?"

"Hmmm?"

"Witness the fall from grace

You shed your skin

Change if it please you

Just don't give in"

"Könntest du bitte etwas langsamer fahren?"

Ich sah zu ihr. "Torrie, ich fahre immer so schnell."

"Ja, aber..." Sie machte eine Pause und kaute einen Moment auf ihrer Unterlippe. "Ich hab mich nur gefragt, ob du - "

"Sieh mal, ich hab jetzt keine Lust auf eine verdammte Nörgelei. Ich habe Kopfschmerzen und würde uns beide nur gerne nach Hause bringen," blaffte ich. Ich packte das Lenkrad. Dadurch, daß sie neben mir war, war ich aus irgendeinem Grund angespannt. Ich hatte die Vision, den Wagen an die Seite zu fahren, sie auf den Sitz zu werfen und hier und jetzt zu nehmen. Ich schüttelte den Kopf.

"Warum benimmst du dich so? Was habe ich dir heute abend getan?"

Ich schwieg. Vielleicht sollte ich ihr sagen, daß sie zu gut roch und zu schön lächelte und sie mich bannte, wenn sie es nicht sollte. Durch sie kam der ganze Schmerz wieder zurück, den ich begraben geglaubt hatte. Ich mochte es nicht, Sean zu hassen, der mein Freund war, aber immer, wenn Torrie in der Nähe war, tat ich es. Ich fühlte mich wie der schäbigste Bastard der Welt. Es tat weh. Alles, was begraben gewesen war, kam wieder hoch und alle Lügen, die ich mir eingeredet hatte, kamen wieder zu Wort.

"Annihilate yourself

All things must burn

Inside out you can't cope

My gyroscope"

"Du bist ausgezogen, Torrie. Warum bist du ausgezogen?" fragte ich und wühlte in meiner Hosentasche nach einer Zigarette. Ich fand eine und wollte sie anstecken und der Wagen schleuderte ein wenig, so daß Torrie die Tür ergriff.

"Das haben wir schon diskutiert, Orli. Wenn ich geblieben wäre, wäre es nicht gut für unsere Beziehungen gewesen - "

Ich lachte bitter. "Meine Beziehung war sowieso schon am Arsch. Versuch's nochmal."

Sie starrte mich wütend an. "Meine nicht."

"Oh ja. Die perfekte kleine Torrie mit ihrem perfekten Leben, rundum glücklich und zufrieden mit der Liebe ihres Lebens und der Welt in ihren Händen. Es macht mich froh zu hören, daß du so eine strahlende Existenz führst, Puppe."

"Mein Leben ist nicht perfekt, Orli, und das habe ich auch nie behauptet. Und ich habe auch nie gesagt, daß ich alle Liebe der Welt hätte!" schimpfte sie. "Du bist betrunken! Fahr das Scheiß-Auto ran."

"Ich werde dich nicht fahren lassen," antwortete ich stur. "Sean hat mir gesagt, ich soll dich Heim fahren, und genau das werde ich tun."

"Ich werde laufen."

"Warum beantwortest du mir nicht meine Frage?"

"Das habe ich, verdammt! Ich bin gegangen, weil ich mußte, Orli! Ich konnte nicht bleiben und das Sean antun. Ich konnte nicht dein gottverdammtes Spielzeug sein, während du damit weitergemacht hast, deine Trophy in der Stadt herumzuzeigen!"

"Glaubst du, daß du das warst? Mein Spielzeug?"

"Abgesehen von deinem Dienstmädchen und deiner Mutter."

Bei dieser Bemerkung sah ich zu ihr, das Auto schlingerte und Torrie kreischte, während sie sich am Armaturenbrett festhielt.

"Orli, halt an!"

"Nein." Ich sah wieder auf die Straße. "Nicht, bis wir fertiggeredet haben. Nicht, bis du zugegeben hast, daß du mich nur wie alle anderen benutzt hast! Nicht bis du zugegeben hast, daß du die ganze Zeit vorhattest, auszuziehen!"

"Das würde ich dir nie antun," flüsterte sie.

"Warum hast du mich gefickt, Torrie?" Ich ignorierte ihr Keuchen. "Warum?"

"Warum sagst du das so gefühllos und schrecklich?" fragte Torrie. "Verdammt, Orli! Nur du bringst mich soweit, daß ich mich so schlecht fühle und jede meiner Entscheidungen furchtbar finde."

"Wie fühlt sich das an?" wollte ich wissen.

"Das ist nicht mein Fehler."

"Das denke ich schon."

"Halt das verdammte Auto an, Orli! Ich will raus!"

"Ich sagte nein." Ich trat auf das Gaspedal, nur um sicherzugehen, daß sie nichts dummes tat und heraussprang, wenn ich langsamer wurde.

"Orli, halt das Scheiß-Auto an!"

Ich wurde schneller. "Wie fühlt sich das an, Torrie? Wie fühlt sich das an, die Kontrolle zu verlieren? Nicht zu wissen, was als nächstes passieren wird, oder wann alles zusammenbricht? So fühle ich mich in letzter Zeit an jedem gottverdammten Tag meines Lebens! Und ich habe endlich herausgefunden, wann das alles begonnen hat, aber fuck, ich will damit nichts mehr zu tun haben!"

Torrie umklammerte die Beifahrertür und starrte mit geweiteten Augen und verängstigt auf die Straße. Fuck, wußte sie nicht, daß ich ihr niemals wehtun würde? Ich würde es nie erlauben, daß ihr etwas Schlimmes passierte. Ich wollte nur ein paar Antworten. Und vielleicht wollte ich mir selbst soviel Angst einjagen, daß ich ein paar Geständnisse machte. Ich mochte es nicht, sie anzuschreien. Ich mochte es nicht, ihr Schmerzen zuzufügen. Und doch war es das, was ich immerzu getan hatte. Ich wollte damit aufhören, ich wußte nur nicht, wie ich es angehen sollte. Ich wollte Worte von ihr hören, von denen ich wußte, daß sie sie nie sagen würde. Ich glaube, ich wollte sie so sehr ängstigen, daß sie sie sagte.

Dann ließ ich meine Zigarette fallen. Fluchend beugte ich mich hinab, um sie zu finden, suchte am Boden zu meinen Füßen und hoffte, daß ich kein Loch in meine neuen Schuhe brennen würde oder daß sonst etwas ärgerliches geschah.
 

Dann schrie Torrie.

Kapitel 16
 

Daylight licked me into shape

I must have been asleep for days

And moving lips to breathe her name

I opened up my eyes

And found myself alone alone

Alone above a raging sea

That stole the only girl I loved

And drowned her deep inside of me

Just Like Heaven - The Cure
 

Ich lag dort im Bett und starrte an die hellen Lichter über mir, während die wilden Geräusche der Notaufnahme an mein Ohr drangen. Ich hob meine Hand und fuhr behutsam über den Verband meiner gebrochenen Nase, welche ein Ergebnis des Airbags auf der Fahrerseite war. Das war eigentlich nichts - ich hatte mir früher schon mal die Nase gebrochen. Mein Rücken brachte mich um, das war zu erwarten gewesen. Man hatte mir eine Thorazin-Spritze gegeben und jetzt war alles um mich herum etwas verschwommen und ich sollte schlafen, aber ich erlaubte es mir nicht. Ich wollte den Schmerz fühlen. Alles war besser, als den Schmerz in meinem Herzen zu spüren.

Ich hatte immer wieder nach Torrie gefragt, aber keiner sagte mir etwas. Die Krankenschwestern sagten mir, ich solle mich wieder hinlegen und ruhig bleiben und die Ärzte sagten, diese Informationen seien nur für ihre Angehörigen. Vielleicht war das eine Art Strafe dafür, was ich getan hatte. Die Unwissenheit fühlte sich wie eine Strafe an.

Als ich wieder zu mir gekommen war, vielleicht ein paar Sekunden, nachdem das Auto in den Laternenmast gefahren war, schmeckte ich zuerst das Blut, das mir in den Mund rann. Ich brauchte einen Moment, um alles zu begreifen, und dann drehte ich mich zu Torrie. Die Beifahrerseite hatte keinen Airbag. Sie war anscheinend in das Armaturenbrett geschleudert worden und durch die Kraft des Aufpralls war eine tiefe Schnittwunde auf ihrer Stirn, aus der Blut strömte. Ich hatte geschrien und den Airbag weggeschlagen, um zu ihr zu gelangen.

"Torrie?" Ich rief ihren Namen, kroch zu ihren Sitz und zu ihr und berührte ihr Gesicht. "Torrie, Engel? Baby, sag doch was, bitte."

Sie atmete, war aber bewußtlos. Ich wiegte sie an mir und ignorierte, wie ein paar Fußgänger, die den Unfall mit angesehen hatten, an die Scheibe klopften. Ich strich ihr die blutgetränkten Haarsträhnen aus dem Gesicht, versuchte, es vor ihren Augen und Wangen zu wischen und küßte sanft ihre Lippen.

"Bitte, Torrie. Bitte sei in Ordnung. Ich wollte das nicht, Baby. Ich wollte nicht. Du weißt, daß ich dir niemals weh tun würde," flüsterte ich. "Ich liebe dich so sehr. Ich habe dich immer geliebt. Bitte, Engel, bitte. Bitte wach auf."

Sie wachte nicht auf. Ich hielt sie in meinen Armen, bis die Sanitäter ankamen und mich von ihr wegziehen mußten. Ich bettelte darum, bei ihr bleiben zu dürfen, aber sie steckten mich in einen anderen Krankenwagen. Ich habe sie seitdem nicht gesehen.

"Orli?"

Ich sah zum Vorhang, wo Elijah seinen dunklen Kopf um die Ecke steckte. Bei seiner Erscheinung weinte ich fast.

"Lij!" Ich setzte mich etwas zu schnell auf, denn die Welt um mich herum drehte sich. Er schien das zu bemerken, denn er war schnell an meiner Seite und legte seine Hand auf meinen Arm.

"Bist du okay?" fragte er leise.

Die Sorge in seiner Stimme tat am meisten weh. "Ja. Mir geht es gut. Aber man will mir nichts über Torrie sagen. Ich habe immer und immer wieder gefragt und jeder ignoriert mich. Ich will sie sehen - "

Elijah schüttelte seinen Kopf. "Das ist keine gute Idee, Orli. Nicht jetzt."

"Aber - "

"Sean ist hier und er ist verdammt wütend, Mann. Ich habe ihn noch nie so gesehen. Torrie konnte ihn als einzige davon abhalten, zu dir zu gehen."

Ich blinzelte. "Torrie ist wach? Ist sie okay?"

Elijah sah mich einen Moment an, bevor er antwortete, "Ja. Sie ist wach, Sie hat einen Schock und ein paar gebrochene Rippen vom Gurt. Sie wollen sie über Nacht zur Beobachtung da behalten."

Ich schloß meine Augen und schickte ein stummes Dankgebet an welche Macht auch immer, die sie davor bewahrt hatte, ernsthaft verletzt zu sein.

"Warum hast du das gemacht, Orli?" fragte Elijah plötzlich. "Warum bist du gefahren, nachdem du so viel getrunken hast? Torrie sagte, sie habe dich gebeten, an die Seite zu fahren, und du hättest es nicht getan."

"Das hat sie gesagt?"

Elijah nickte und ich mußte mich schließlich von seinem ernsten Blick abwenden.

"Ich weiß nicht," antwortete ich ehrlich. "Ich fühlte mich... wie außer Kontrolle, glaube ich." Ich wollte die Unterhaltung in eine andere Richtung lenken und fragte, "Wo ist Becca? Wie bist du hierher gekommen?"

"Ich habe sie nach Hause gebracht. Das Krankenhaus hat Sean angerufen, Sean hat Viggo angerufen und Viggo mich. Er meinte, daß du wohl etwas Unterstützung bräuchtest."

Ich schenkte ihm ein kleines Lächeln. "Danke, Lij."

Bei dem wütenden Blick, den er mir zuwarf, zuckte ich zusammen. "Ich bin nur hier, weil du einer der Gefährten bist und du mal Orli, einer meiner besten Freunde, warst. Aber jetzt weiß ich nicht mehr, wer zur Hölle du bist."

Die Wahrheit war, daß ich es auch nicht wußte. Aber ich glaube, ich verstand so langsam. Oh ja. Ich konnte so langsam ziemlich klar erkennen, was ich im Moment war. Ein Stück Scheiße. Ein Bastard. Ein Arschloch. Gott, vielleicht sogar ein Alkoholiker. Ich hatte fast eine meiner besten Freunde umgebracht, die Frau, die ich mehr als alles andere auf dieser Welt liebte, und nur aus dem Grund, daß ich nicht damit zufrieden war, wie das Leben mich im Moment behandelte. So mußte sich der Abgrund anfühlen. So war es also, das Ende der Grenzen zu erreichen. Tiefer konnte man nicht fallen.

"Schau, ich sehe mal nach, ob es okay ist, dich hier raus zu holen, okay?" Elijah klopfte mir auf die Schulter und verschwand ein weiteres Mal hinter dem Vorhang.

Ich saß noch eine lange Zeit da und hörte den Geräuschen um mich herum zu, ein weinendes Baby, eine Frau, die auf Spanisch schrie, piepende Bildschirme, vorbeirollende Tragen. Ich krempelte die Ärmel meines Hemds hoch und sah auf das Pflaster über meiner Vene, wo sie mir etwas Blut abgenommen hatten. Wieviel Alkohol hatte ich im Blut? fragte ich mich. Weil ich jetzt vollkommen nüchtern war. Scheiße. Es war mir egal, ob Sean die Scheiße aus mir rausprügelte, ich mußte Torrie sehen. Ich mußte mich entschuldigen, selbst wenn sie mir niemals vergab.

Ich glitt vom Bett, griff meinen Mantel und drückte den Vorhang beiseite, sah mich um und suchte nach einem bekannten Gesicht. Nichts. Ein paar Arzthelferinnen drängelten sich an mir vorbei und ich ergriff eine am Arm.

"Entschuldigung, können Sie mir sagen, wo ich Victoria Adams finde? Sie hatte einen Autounfall - "

"Entschuldigung, Sir. Ich bin im Moment beschäftigt," sagte sie, machte sich los und eilte davon.

Ich sah ihr nach und wandte mich dann der Auskunft zu. Vielleicht konnten sie mir etwas sagen. In dieser Nacht schien die Notaufnahme unglaublich voll zu sein. Aus dem was ich hörte, konnte ich schließen, daß es auf einer Versammlung in der Stadt eine Lebensmittelvergiftung gegeben hatte und alle betroffenen Personen hatte man hierher gebracht. Ich wollte gerade in die Vorhalle gehen, als ich Sean ein paar Meter von mir entfernt sah. Er sprach mit einem Arzt und hatte mich noch nicht gesehen. Ich hätte mich leicht umdrehen und den Flur hinunter verschwinden können, aber ich tat es nicht. Ich wollte, daß er mich sah. Ich wollte mich entschuldigen. Das verdiente er von mir. Also ging ich ein paar Schritte nach vorn und wartete, bis er mir seiner Unterhaltung mit dem Arzt fertig war, als er plötzlich aufsah und unsere Blicke sich trafen.

"Du verdammter kleiner Bastard!" sagte er, kam dann zu mir und bevor ich reagieren konnte, hatte er seine Faust in meinen Kiefer gerammt und riß meinen Kopf zurück. Er griff mich an meinem Hemd und stemmte mich gegen die Wand, so daß ich hochgehoben wurde. "Nach allem, was wir für dich getan haben, ist daß die Art, wie du dich revanchierst?"

"Bitte, Sean," würgte ich. "Laß mich - "

"Was hast du gedacht, du Arsch? Daß keiner sie haben könnte, wenn du sie nicht haben kannst?"

Ich blinzelte und fragte mich einen Moment, ob er es wußte. Nein, wie könnte er? Ich stammelte, "Sean, es tut mir leid! Ich wollte nicht - "

"Du wolltest jemanden umbringen, der nichts getan hat, außer deine Scheiße hinzunehmen und dir immer und immer wieder zu vergeben?" fragte Sean und schlug mich wieder hart gegen die Wand. "Ist es das, was du nicht wolltest?"

Ich wollte noch etwas sagen, als er plötzlich von zwei Arzthelfern zurückgezogen wurde und Elijah zwischen uns stand und zwischen uns hin und her sah, als ob er sich für keine Seite entscheiden konnte. Sean schüttelte die Arzthelfer ab, sagte, er sei ruhig, aber dann drehte er sich wieder mir zu und die Wut in seinem Gesicht brachte ihn dazu, mich wieder an die Wand zu pressen.

"Komm nie wieder in ihre Nähe, verstehst du das, Orlando? Komm ihr nicht zu nah, rede nicht mit ihr, schau sie verdammt noch mal nicht einmal an oder ich werde deinen kleinen, knochigen Hintern in Stücke reißen, so wahr mir Gott helfe. Verstanden?" Er sah einen Moment zu Elijah, drängte sich dann an uns vorbei und ging den Flur hinunter zurück in das Hauptgebäude des Krankenhauses. Zurück zu Torrie.

Ich glitt die Wand hinunter zum Boden, den Kopf in meinen Händen. Fuck. Was hatte ich getan?

"Mr. Bloom?"

Ich sah auf und erblickte zwei Polizisten vor mir; Elijah immer noch neben mir, der seinen Kopf langsam schüttelte. "Ja?"

"Sir, würden Sie bitte mit uns mitkommen? Wir müssen sie mit aufs Revier nehmen, um Ihnen ein paar Fragen zum Unfall zu stellen."

Ich seufzte. "Warum sagen Sie mir nicht einfach, daß Sie ich wegen Trunkenheit am Steuer einsperren werden?"

Sie gingen nicht auf meine Frage ein. "Sir, bitte kommen Sie mit."

Ich stand auf. Elijah berührte meinen Arm. "Ich komme in meinem Auto nach."

Ich schüttelte den Kopf und wollte ihn da nicht mit reinziehen. "Du mußt nicht."

"Ich weiß. Ich will aber."

Nach etwa sechs Stunden konnte ich schließlich das Polizeirevier verlassen, und die Sonne stand bereits hoch am Himmel. Man warf mir Fahren unter Einfluß von Alkohol und gedankenloses Verhalten und noch andere verdammte Regelverstöße vor. Meine Kaution betrug 15,000$ und man gab mir die Adresse eine Rehabilitierungsklinik, mit der ich mich am nächsten Tag in Verbindung setzen sollte. Elijah zahlte die Kaution für mich und mein Anwalt versprach, das sich um alles gekümmert würde. Mein Gerichtstermin war in vier Wochen. Es war mir wirklich egal, was passierte. Sperrt mich für alles ein. Dann wäre ich wenigstens keine Gefahr mehr für andere. Mein Anwalt sagte, das Schlimmste, was passieren könnte, wäre meine Ausweisung. Verdammt toll.

Elijah fuhr mich nach Hause. Die Stille im Auto war fast unerträglich. Besonders von ihm. Ich war daran gewöhnt, daß er mich immerzu stichelte über die verrückten und dummen Sachen, die ich machte. Ich war daran gewöhnt, daß er ich in meinen schlimmsten Momenten auslachte. Aber die Stille... das war fast zu viel. Ich wollte ihn nicht auch verlieren, aber ich fürchtete, daß das bereits geschehen war. Vielleicht war das das Letzte. Ich schloß die Augen, lehnte meinen Kopf an die Scheibe und meine Gedanken schweiften zurück zu dem Unfall. Torrie hatte so hilflos und verletzlich in meinen Armen ausgesehen. Der Gedanke, sie zu verlieren... wenn ich sie getötet hätte, dann wußte ich, wäre ich nicht fähig gewesen, mit der Schuld und dem Schmerz zu leben. Statt dessen mußte ich mit dem Wissen leben, daß ich sie hätte töten können und daß ich sie auf eine andere Art verloren hatte. Sie war immer noch da, aber nicht für mich. Niemals mehr für mich.

"Lij? Könntest du mal kurz an die Seite fahren? Ich glaube, mir wird schlecht."

Er tat es und prompt taumelte ich aus der Tür auf meine Knie, würgte an der Straßenseite, bis ich dachte, daß ich meine Lunge heraushusten würde. Elijah kam herum, kniete sich neben mich und strich mir sanft über den Rücken, um mich zu beruhigen. Als nichts mehr zu kommen schien, setzte ich mich auf, lehnte mich gegen die Seite des Autos, der schweigende Elijah neben mir.

"Ich habe es dieses Mal wirklich vermasselt, nicht wahr, Lij?"

"Ja, Orli." antwortete er leise. "Das hast du wirklich."

Als wir schließlich bei mir ankam, bot mir Elijah an, eine Weile zu bleiben, aber ich versicherte ihm, daß es mir gut ginge. Er schien mir nicht zu glauben und ich wußte, was er dachte. Es war schwer, ihm zu erklären, daß der Unfall vielleicht das beste war, was mir hatte passieren können. Meine Augen hatten sich geöffnet und ich mochte nicht, was ich sah. Nachdem er gegangen war, wanderte ich eine lange Zeit im Haus herum und dachte einfach nur nach.

Ich liebte Torrie. Das war etwas, mit dem ich lernen mußte, umzugehen. Ich war dumm und hatte es nicht gesehen, bis es zu spät gewesen war, und auch damit mußte ich umgehen. Sie würde nie mir gehören, und das mußte ich akzeptieren. Ich mußte mich für sie und Sean freuen, und das tat ich auch, wirklich. Es war nur... Ich glaube, ich begriff endlich, was ich verloren hatte, und das tat mir verdammt weh. Das Schlimmste war, daß ich ihre Freundschaft hätte bewahren können. Das weiß ich jetzt. Sie hatte es so sehr versucht und ich hatte ihr immer wieder weh getan und sie von mir gestoßen. Ich hätte sie wenigstens immer hier haben und mit ihr reden und ausgehen können. Das hatte ich jetzt auch verloren. Und es war einzig und allein mein Fehler. Also, was nun? Nun, ich glaube, das war die Frage, nicht wahr?

Ich rief meine Mutter an und erzählte ihr, was passiert war. Sie flippte natürlich aus - wozu sind Mütter sonst da? - aber ich versicherte ihr, daß ich okay war und Torrie auch. Sie wollte, daß ich heimkäme, aber ich erinnerte sie an meinen Gerichtstermin. Dann entschied sie, daß sie mich besuchen würde. Das kann man meiner Mutter nicht verbieten. Nachdem ich aufgelegt hatte, rief ich Atti an.

"Hallo?"

"Hey Atti."

"OB! Hey Kumpel, was geht?"

"Wo soll ich anfangen?"

Stille. Dann, "Was ist passiert?"

Ich erzählte es ihm. Alles. Bis hin zu Sean Angriff und dem Polizeirevier. Atti hörte schweigend zu und verurteilte mich nicht, wie ich es gewußt hatte. Als ich fertig war, saß ich still auf dem Boden meines Schlafzimmers und wartete darauf, daß er etwas sagte.

"Ich bin froh, daß es dir gut geht," sagte er schließlich. "Und Torrie auch."

"Yeah." Ich fing an, auf einem Fingernagel zu kauen. Ich wußte nicht, wo meine Zigaretten hingekommen waren. "Hör zu, Atti... ich will mich entschuldigen. Für alles. Ich war in letzter Zeit ein echtes Stück Scheiße und ich will dir nur sagen, daß ich es wirklich zu schätzen weiß, daß du trotz allem noch zu mir hältst."

"Ich bin dein Freund, OB. Nichts zu danken."

"Yeah, naja. Trotzdem."

Mehr Stille. Dann, "OB, was wirst du jetzt machen?"

"Was kann ich schon machen? Wieder versuchen, Orlando zu sein, glaube ich. Weiter weiß ich nicht. Mein Anwalt sagte, man würde mich wegen des Unfalls vielleicht ausweisen. Und dann ist da noch Torrie... Ich will nur... Ich will mich nur bei ihr entschuldigen..."

"Ich wünschte, du würdest endlich Nägel mit Köpfen machen und ihr sagen, daß du sie liebst," bemerkte Atti.

Ich lachte. "Das kann ich nicht machen, Atti. Besonders nicht jetzt. Ich muß akzeptieren, daß Sean und sie glücklich sind. Ich habe meine Chance vor langer Zeit vertan. Abgesehen davon glaube ich, daß ich die letzte Person bin, die sie jetzt sehen will."

"Nein, vielleicht nicht. Aber wenn du ihr etwas Zeit gibst..."

"Ich muß aufhören, in einer Traumwelt zu leben, Atti, und wieder in die Realität zurückkommen. Vielleicht werden sie und ich eines Tages wieder Freunde sein. Das wäre schön, weißt du?"

Er sagte nicht mehr wirklich viel dazu. Wir redeten noch eine Stunde darüber, was er in letzter Zeit so gemacht hatte, über gemeinsame Freunde und ich mußte ihm versprechen, daß ich auf mich aufpassen würde und bald wieder anriefe. Dann legten wir auf.

Ich überlegte, wie ich durch den nächsten Monat kam, denn ich konnte kaum etwas tun. Mum kam, blieb, mietete sich ein Auto und fuhr mich zu der Beratung, die mir das Gericht auferlegt hatte und bestand praktisch darauf, mich zu verhätscheln, obwohl ich ihr versicherte, daß ich das nicht brauchte. Wir redeten viel und ich erzählte ihr von Torrie, und sie gab zu, daß sie sowas vermutet, aber nie verstanden hatte, warum ich Torrie nie etwas gesagt hatte. Sie stimmte mir zu, daß es jetzt schlecht wäre, da Torrie und Sean sich so gut verstanden und sie sagte mir, ich hätte ihr etwas in dem Moment sagen sollen, als ich über meine Gefühle für sie klar wurde. Sie hatte Recht. Ich weiß nicht, was dabei herausgesprungen wäre, aber wenigstens hätte ich es nicht so lange in mich hinein gefressen.

Mum blieb lang genug, um mit mir vor Gericht zu gehen. Glücklicherweise schien mein Anwalt da ein paar Fäden gezogen zu haben - er meinte, das sei leicht, wenn es um Schauspieler ging - und ich glaube, auch New Line hatte ein paar Dinge zu sagen, denn sie entschieden, mich nicht fort zu schicken. Statt dessen entzogen sie mir meinen Führerschein, ließen mich eine saftige Geldstrafe bezahlen und legten mir zweihundert Stunden gemeinnützige Arbeit auf. Der Richter sagte, ich hätte meine gute Absicht gezeigt, indem ich regelmäßig zur Therapie ging und solange ich keine anderen Verstöße begehen würde, würden wir alle gut miteinander auskommen. Die Wahrheit war, daß ich nicht länger eine Flasche Alkohol ansehen konnte, ohne mich schlecht zu fühlen. Es erinnerte mich einfach an Torrie und was ich getan hatte und mein Kopf wollte da einfach nicht mehr mitmachen. Sicher, irgendwann wäre es vergessen und ich wäre wieder ich, hoffentlich stärker und kämpferischer, aber im Moment wollte ich da Zeug einfach nicht anrühren.

Als Mum wieder nach England zurückkehrte, fühlte ich mich beinahe wieder wie der Alte. Gott weiß gab sie mir genug zu essen, um zwei aus mir zu machen! Ich versprach, bald nach Hause zu kommen und gab ihr ein paar Geschenke für Sam mit und erkannte, daß ich England unglaublich vermißte. Doch ich war noch nicht bereit, nachzugeben und heimzufliegen. Noch nicht. Ich hatte mir noch zu viele Dinge zu beweisen. Zu viele Dinge, die ich mir beweisen mußte und mir zeigen mußte, daß ich wieder stark war.

Ich saß eines Nachmittags zuhause und wartete auf einen Anruf meiner Agentin, die mit mir über ein paar Drehbücher reden wollte, als die Türklingel ertönte und mich aus meiner Träumerei heraus riß, in die ich mich verloren hatte, während ich Tea Party hörte. So seltsam es auch war, ich verband so viele Dinge mit ihrer Musik und dankte Torrie innerlich, daß sie mich darauf gebracht hatte, wenn ich ihre CDs spielte.

Ich stand auf und ging durch das Haus, öffnete die Tür und fand Elijah auf der Veranda vor. Wir sahen einander nur eine lange Zeit an, dann warf er sich mir entgegen. "Jesus, Orli! Du siehst toll aus!"

Ich schwankte zurück und umarmte ihn lachend. "Äh... danke, Lij. Das meinst du jetzt aber nicht ironisch, oder? Denn falls doch muß ich darauf zurückkommen."

Elijah lachte und sprang von mir zurück und boxte mich in den Arm. "Blödmann! Aber wirklich, du siehst gut aus. Besser, meine ich. Freut mich, das zu sehen."

Ich lächelte. "Da sind wir schon zu zweit. Wo zum Teufel hast du gesteckt?"

Wir machten es uns im Zimmer gemütlich und redeten lange, was uns im letzten Monat widerfahren war. Ich erzählte ihm vom Besuch meiner Mutter und er sagte, daß Becca und er in letzter Zeit ein paar Probleme gehabt und beschlossen hatten, ihre Beziehung für eine Weile auf Eis zu legen. Ich sah, daß es ihn schmerzte, aber er setzte ein tapferes Gesicht auf und dafür bewunderte ich ihn. Er richtete mir Grüße von Dom aus und daß wir bald mal wieder was zusammen unternehmen sollten. Die Nachdrehs für 'Die Rückkehr des Königs' standen bevor und wir konnten es kaum erwarten, wieder alle zusammen in Neuseeland zu sein. Es schien eine Ewigkeit her zu sein, daß ich mir gestattet hatte, etwas Spaß zu haben.

"Also," lenkte ich die Unterhaltung so lässig wie möglich. "Hast du mal wieder was von Torrie gehört?"

Elijah sah mich schweigend an und zündete sich eine Zigarette an. Schließlich nickte er. "Ja. Erst letzte Woche."

"Oh." Ich stand auf und brachte die Teller, von denen wir gegessen hatten, in die Küche, wo ich mir zwei Flaschen Tee griff. Ich kam zurück uns setzte ich wieder. "Wie geht es ihr?"

"Ganz gut. Hast du von ihrer TV Show gehört?"

Ich schüttelte meinen Kopf.

"Scheint so, als wäre sie die Moderatorin einer neuen Show auf dem Discovery Channel namens "The Vast Blue" in der es um alle verschiedenen Meerestiere und die Seewelt und so weiter geht. Das Geld davon geht an das Center, zur Unterstützung."

"Das ist toll!" rief ich lächelnd. Ich wußte, daß es ein großer Erfolg werden würde. "Sie wird das bestimmt toll machen."

Elijah nickte und sah mich immer noch an, während er erneut an seiner Zigarette zog.

"Um, Lij..."

"Ja?"

"Ich hab mich gefragt, ob ich dich um einen Gefallen bitten könnte."

Er rollte die Augen und ließ sich ins Sofa fallen. "Ich wußte doch, daß diese Unterhaltung einen Hintergrund hat." Er seufzte. "Was ist es?"

Ich lehnte mich ernst nach vorn. "Lij, ich muß mit ihr reden. Nein, warte! Hör zu. Ruf sie einfach für mich an, hol sie ans Telefon, frag sie, ob ich mit ihr reden kann. Ich will sie nicht verarschen. Ich will, daß sie es nach ihrem eigenen freien Willen akzeptiert, aber genauso will ich es vermeiden, Sean ans Telefon zu kriegen. Ich muß mich bei ihr entschuldigen, Lij. Verstehst du? Ich muß ein paar lose Enden zusammenknüpfen und eines davon ist die Entschuldigung, die ich ihr schulde. Bitte?"

"Scheiße, Orli. Sie wird vielleicht nie wieder mit mir reden, wenn ich sie darum bitte!"

Ich sah ihn flehend an. Er fuhr sich mir der Hand durch sein dunkles Haar, ließ dann ein paar britische Flüche los, die mich ohne Ende beeindruckten und griff dann das Telefon vom Tisch. Ich hielt den Atem an, als er wählte und das Telefon an sein Ohr hielt. Alles was ich wußte, war, daß sie wohl gar nicht zu hause war. Und was, wenn doch? Würde ich je wieder den Mut haben, sie um sowas zu bitten?"

"Hey Sean, hier ist Elijah." Er sah mich stirnrunzelnd an, als ob er auf frischer Tat ertappt worden sei. Ich drängte ihn nur mit einer Handbewegung. "Ja. Großartig. Du?... Ähm - ist Torrie da?... Kann ich mit ihr sprechen?... Danke..." Er nahm einen neuen langen Zug von seiner Zigarette und drückte sie dann im Aschenbecher aus, warf mir dann einen weiteren unbehaglichen Blick zu. "Hey Torrie, wie geht's?..." Er lachte. "Ja. Hier auch... Nein, nichts wirklich... Ja, im Moment. Es schien das beste zu sein. Ich rufe sie trotzdem noch an..."

Ich stand auf, wanderte umher und wollte, daß er endlich zum Punkt kam, die Plauderei beendete und sie fragte. Elijah bemerkte , wie ich umherwanderte und formte ein 'Beruhig dich, verdammt noch mal' mit seinen Lippen und ich ließ mich wieder für etwa drei Sekunden in den Stuhl fallen, bevor ich wieder aufsprang. Ich fing an, an meinen Nägeln zu kauen, als ich ihn beobachtete.

"Torrie, ist Sean bei dir im Zimmer?... Kannst du bitte rausgehen?... Ich weiß... Schau mal, ich muß dich um etwas bitten und bitte sei nicht wütend oder faß das falsch auf oder - ... Entschuldige. Ich schweife manchmal ab. Okay, sieh mal, ich habe hier jemanden bei mir, der gerne einen Augenblick mit dir reden würde - ... Torrie... Torrie, stop... Sieh mal, ich würde auch nicht fragen, wenn ich es nicht wichtig fände, verdammt... Ich weiß, ich weiß... Sean muß es nicht wissen, wenn du es ihm nicht erzählst... Torrie, bitte..."

Ich seufzte und sah weg. Sie sagte nein. Sie wollte nicht mit mir reden. Und dieses Mal sagte es nicht Sean, sondern sie selbst. Ich sah wider zu Elijah, er seufzt und ich wußte, daß sie aufgelegt hatte, als er mir plötzlich den Hörer hin hielt. Ich blinzelte und begegnete seinem Blick. Er winkte mir, daß ich den Hörer nehmen sollte, ich tat so und er ging weg, als ob er mir etwas Privatsphäre ermöglichen wollte. Ich hielt mir den Hörer ans Ohr und wußte plötzlich nicht, was ich sagen sollte. Ich hatte es immer und immer wieder in meinem Kopf aufgesagt und jetzt fiel mir nichts ein.

Ich schloß die Augen und sagte, "Torrie?"

Stille.

"Torrie, bist du da?"

"Ja, Orli. Ich bin hier."

Ich schluckte, um den Kloß in meiner Kehle wegzukriegen, als sie mich 'Orli' nannte. So vertraut, so vermißt. "W... wie geht es dir?"

Eine Pause. "Mir geht es gut. Dir?"

"Besser," sagte ich. "Mir geht es besser."

Nochmals Stille. Ich wußte nicht, was ich erwartet hatte. Daß sie mir dazu gratulierte, mich nicht in mein eigenes frühes Grab zu trinken oder niemanden unter Alkoholeinfluß zu töten zu versuchen. Ich verfluchte mich innerlich und versuchte es nochmals.

"Torrie, ich schätze es sehr, daß du mit mir redest. Ich weiß... ich weiß, ich hätte nicht darum bitten sollen. Ich wollte nur... ich wollte dir nur sagen, daß es mir Leid tut, Torrie. Alles. Wie ich mich benommen habe und dich behandelt habe und besonders die Unfallnacht." Ich machte eine Pause und wartete, ob sie etwas sagen wollte. Als es am anderen Ende der Leitung still blieb, fuhr ich fort, "Torrie, bitte sei dir bewußt, daß ich dir niemals, niemals weh tun wollte. Nie. Ich war die letzten paar Monate wirklich ein Wrack und es scheint, als hättest du am meisten unter meinen Eskapaden darunter leiden müssen. Und... nun... ich will einfach um Verzeihung bitten."

Noch mehr Stille. Ich sah zu Elijah, der mich durch den Raum hindurch ansah. Er schenkte mir ein kleines, ermutigendes Lächeln.

"Nun, ich denke, ich lasse dich jetzt in Ruhe," sagte ich sanft und wollte es nicht hinausziehen. "Ich... ich vermisse dich, Torrie, und ich hoffe, daß du mir vielleicht eines Tages vergeben kannst. Und dann können wir vielleicht wieder Freunde sein... Nun, mach's gut, Torrie."

"Orli..."

Ich schloß meine Augen und biß mir auf die Lippe. "Ja?"

"Ich... Danke für den Anruf. Mach's gut."

"Tschüß."

Zwischenspiel-3

Interlude III
 

This time, this fate

Takes a path you didn't choose

Stay strong, keep faith

There's a change that's coming through

Hold on my love

Hold on

Heaven Coming Down - The Tea Party
 

Ich legte auf und lächelte Sean zu, der gerade durch die Tür kam, um mir Gesellschaft zu leisten.

"Wie geht's Elijah?" fragte er.

"Großartig," antwortete ich ohne Zögern, obwohl meine Herz in mir ungleichmäßig pochte. "Er wollte wissen, wie die Show so läuft."

Sean lächelte, kam zu mir, küßte mich und ich ließ ihn mich in seine Arme ziehen, schloß meine Augen und tat so, als sei der Anruf nie geschehen.

Ich war in jener Nacht zu Tode erschrocken gewesen. Erschrocken, weil ich vom Tanzen zurück in unsere Sitzecke gekommen war und die Menge Gläser gesehen hatte, die sich vor Orli stapelten. Erschrocken, weil ich in seine rotgeränderten, leicht glasigen Augen gesehen hatte. Erschrocken, weil ich wußte, daß ich es ihm nie erlauben würde, allein nach Hause zu fahren. Ich wollte bei ihm sein, ich glaube, deshalb versuchte ich nicht, ihn so stark zum ranfahren zu bewegen, wie ich es hätte tun sollen. Ich glaube, ich hätte ihn überreden können. Aber ein Teil in mir wünschte sich, daß wir einfach weiterfahren konnten - und niemals stoppen würden. Und ein weiterer Teil in mir hatte keine Angst, zu sterben, nicht, wenn Orli neben mir war. Macht mich das zu einer grausamen Person? Daß ich freiwillig Sean verlassen hätte, um an Orlis Seite zu sterben? Jesus, meine Gedanken sind in letzter Zeit zu durcheinander.

Als ich im Krankenhaus aufwachte, saß Sean neben mir und hielt meine Hand, sein Gesicht blaß und mitgenommen. Ich hätte nach ihm greifen und ihm versichern sollen, daß es mir gut ging, ihm dafür danken sollen, daß er da war. Statt dessen fragte ich nach Orli. Ich hatte wissen wollen, wo er war, ob es ihm gut ging. Sean hatte geantwortet, daß es ihm gut gehe, aber dann wurde er wütend und sagte, er wolle nicht, daß ich je wieder in Orlis Nähe käme, daß er persönlich etwas Vernunft in diesen Kerl prügeln würde. Da bemerkte ich, daß ich einen schweren Fehler gemacht hatte - ich schob es auf den Schock. Als erstes mußte ich Sean beruhigen. Er war am Ende seiner Vernunft. Sean war jetzt meine Verantwortung, nicht Orli. Über ihn könnte ich mir später Sorgen machen. Später fand ich von Elijah heraus, daß Sean Orli schließlich doch gesehen und ihn angegriffen hatte. Ich konnte es ihm wirklich nicht übel nehmen. In diesen ersten Wochen hätte ich Orli wahrscheinlich selbst geschlagen.

Es brauchte ein paar Tage, bis der anfängliche Schock des Unfalls verarbeitet war, zusammen mit meinen Ängsten um Orli und was aus ihm geworden war. Danach verlor ich mich in einer stillen Wut. Ich haßte Orli dafür, daß er mich in seine Hölle hinab ziehen wollte, daß er mein Leben gefährdet hatte, als ob ich allein für sein gedankenloses Verhalten verantwortlich wäre. Ich haßte ihn, daß er Sean weh tat, der immer so geduldig und unterstützend durch alles hindurch gewesen war. Am wenigsten konnte ich es ab, daß er das Lebens so leichtfertig und mißachtend behandelte. Ich wollte ihn vergessen. Ich fragte nie nach ihm, wenn Elijah vorbei kam oder anrief, um zu fragen, wie es mir ging. Ich hielt mich von Unterhaltungssendungen fern und als ich vor Gericht aussagen mußte, tat ich so, als wäre es mit jemand völlig anderem passiert. Ich wollte nicht über ihn nachdenken. Ich wollte weder seinen Namen hören noch sein Gesicht sehen. Nichts.

Und dann ruft Elijah an und fragt mich, ob ich mit ihm reden will. Wenn es jemand anderes gewesen wäre, hätte ich wahrscheinlich nein gesagt. Aber Elijah kennt mich. Er hätte mich nicht so davon kommen lassen. Also hatte ich keine Chance. Seltsam, daß es nur seine Stimme brauchte, um alles wieder aufzuwühlen. Nicht den Unfall, aber wie sehr ich ihn liebte und vermißte und wie froh ich war, daß der Unfall nicht schlimmer gewesen war. Er klang auch gut. Nicht so müde und lustlos wie zuvor. Stark. Da war so viel, was ich hatte sagen wollen, was ich ihm hatte versichern wollen, aber Sean war aufgetaucht und ich konnte ihm das nicht antun. Also hatte ich einfach aufgelegt. Es war besser so.

Ich kann mich nicht über die Behandlung beklagen, die ich von Sean empfangen habe, seit ich aus dem Krankenhaus raus bin. Er bediente mich von vorne bis hinten und war so aufmerksam und liebenswert. Das ist eigentlich mehr, als eine Frau verlangen kann. Eines Tages gestand er mir, wie erschrocken er gewesen war, als das Krankenhaus angerufen hatte. Das berührte mich mehr als alles andere, daß er mich nicht verlieren wollte. Und irgendwie erschreckte es mich auch, muß ich zugeben. Jetzt mußte ich mich irgendwann entscheiden, ob ich den Rest meines Lebens mit Sean verbringen wollte oder nicht. In Wahrheit wußte ich nicht, ob ich den Rest meines Lebens mit irgendwem verbringen wolle. Männer waren... ermüdend.

Als meine Rippen wieder ganz waren, konnten wir mit dem Dreh von 'The Vast Blue' beginnen. Ein paar Teile filmten wir im Center, nur ein paar kleine Stücke, in denen ich unsere Patienten vorstellte, erklärte, wie sie hierher gekommen waren, wie wir sie pflegten und was mit ihnen geschah, wenn wir sie wieder in die Freiheit entließen. Wir folgten ihnen später, um zu sehen, wie es ihnen erging und dies dem Publikum zu zeigen. Danach erhielt ich meinen Drehplan für die Drehs an fremden Orten. Der einzige Ort außerhalb der USA, an dem ich jemals gewesen war, war Kanada, aber das zählte nicht. Eine schwierige Sache für jemanden, sich ans Fliegen zu gewöhnen, wenn man Angst davor hat. Nun würde ich ins Mittelmeer reisen, nach Japan, Rußland, Afrika, Neuseeland...

Yeah. Neuseeland. Darauf freute ich mich wirklich. Besonders, nachdem Sean mit so einem Eifer davon erzählt hatte. Er hatte vor, mitzukommen, mir ein paar spektakulärere Dinge zu zeigen. Dann rief Elijah eines Tages an und meine Aufregung ebbte plötzlich ab.

"Hey Lij! Wie geht's?"

"Großartig!" Ich hörte, wie er am anderen Ende der Leitung einen Zug von seiner Zigarette nahm. "Hör mal, Torrie, ich wollte mich für das letzte Mal, als ich angerufen habe, entschuldigen, daß ich dich ausgetrickst habe. Ich wollte nicht - "

"Ist schon okay, Lij."

"Wirklich?" Er erschien überrascht.

Ich lächelte. "Ja, Schatz. Wirklich. Ich mußte das ohnehin irgendwann hinter mich bringen. Ich kann Orli nicht ewig meiden."

"Kannst du nicht?"

Ich lachte. "Lij, die Welt ist klein."

"Heh." Er schien nicht zu wissen, was er darauf antworten sollte und ich merkte, daß er noch mehr Dinge fragen wollte, sich aber nicht traute. Statt dessen sagte er, "Wir fangen bald mit den Nachdrehs in Neuseeland an."

"Wirklich?" Ich lächelte. "Nun, so komisch es auch klingen mag, ich sehe dich vielleicht da unten."

"Was?"

"Wir filmen einen Teil der Meereswelt da unten."

"Ohne Scheiß?"

"Ohne Scheiß."

"Scheiße."

"Ich dachte, damit wären wir durch?" lächelte ich.

"Nein, ich meinte 'Scheiße' im Sinne daß ich dir nicht sagen will, was ich dir sagen sollte."

Ich kaute auf meiner Lippe. "Und das wäre?"

"Orli hat auch ein paar Nachdrehs."

"Oh." Also das war wirklich eine kleine Welt. Da waren wir, flogen beide bald aus dem Land und waren beide auf dem Weg nach Neuseeland. Das verschlug mir mehr die Sprache, als ich gedacht hatte. Also würde ich Elijah nicht treffen, so lang ich dort unten war. So einfach war das.

"Vielleicht wäre es eine gute Gelegenheit für dich und Orli, um - "

"Sean kommt mit."

"Oh."

Es war schon lustig, daß es ein schönes Ereignis hatte sein sollen, daß Sean und die anderen sich wiedersehen und ein paar fröhliche Erinnerung wieder ins Leben rufen könnten, dort unten, wo die Gemeinschaft begonnen hatte. Nun war da diese Furcht, daß sie einander wiedersehen könnten. Und keiner konnte vorschlagen, daß Sean und die anderen sich trafen und Orli ausschlossen. Genau so, wie sich niemand vorstellen konnte, daß sie sich alle in einem Raum befinden könnten. Ich für meinen Teil dachte, daß Sean sich gegenüber Orli übertrieben aufführte, aber wer konnte schon sagen, was passieren würde, wenn sie für zu lange Zeit auf engem Raum aufeinander trafen. Diese Möglichkeit wollte ich gar nicht erleben.

"Nun, ruf mich wenigstens an, wenn du da unten bist," schlug Elijah vor.

"Du weißt, daß ich das werde."

"Wann fliegst du?"

"In fünf Wochen. So wie es scheint, werde ich achtzehn Tage dort sein."

Elijah seufzte. "Nun, vielleicht können wir uns ja treffen, huh?"

"Klingt gut. Paß auf dich auf, Lij."

"Du auch, Liebes."

Das Leben ging weiter. Zwei Sendungen waren bereits ausgestrahlt worden und die Quoten hatten sich für den Sender als beträchtlich erwiesen. Es stand auf ihren Top Ten, und das war ein gutes Zeichen. Nicht, daß jetzt jeder den Discovery Channel sah, aber die Produzenten hofften, daß die Sendung von anderen Sendern übernommen wurde. Mir war es egal. Es brachte dem Center Geld und das war alles, was zählte.

Ich gebe zu, es war ein wenig seltsam, vor der Kamera zu stehen, besonders, wenn mich die Leute erkannten, wenn ich Onkel Tony auf dem Pier besuchte. Wie ich schon sagte, sah nicht jeder den Discovery Channel, also wurde ich nicht ständig erkannt, aber jeder, der das Meer liebte, sah ab und zu die Sendung. Sie hatten mir eine Sache versprechen müssen - ich würde es nie erlauben, daß man aus mir eine Action-Figur machte wie aus Steve Irwin, Crocodile Hunter oder so. Das war einfach... nun, wirklich albern. Besonders, weil ich kein Verlangen hatte, zu sehen, was man mit mir in einem Schwimmanzug machen würde. Ich schüttelte mich bei dem Gedanken.

Bevor ich mich versah waren wir auf unserem Weg nach Neuseeland. Wow, die Erste Klasse war wirklich ein Unterschied zur Touristenklasse, das muß ich sagen. Ich glaube, sie haben da oben irgendein Gas in der Luft, daß dich dazu bringt, daß es dir egal ist, ob das Flugzeug abstürzt oder nicht, solange dein Sitz bequem und daß Essen gut ist und sie dir weiter Alkohol servieren. Sean und ich waren im Trinken wirklich gleichstarke Gegner. Wir waren nicht wirklich gute Reisegefährten, da wir uns beide die schrecklichsten Szenarien ausmalten, wie man abstürzen konnte und mit verschieden Geschichten und Alpträumen ankamen. Es ging immer so fort. Der Regisseur der Sendung, Tim French, sagte uns schließlich, wir sollten die Klappe halten, oder er würde uns das Beruhigungsmittel verpassen, daß er normalerweise für die Haie aufsparte. Ich fragte sogar danach. Ich wollte, daß das Flugzeug landete, verdammt, und ich wollte schlafen, bis das geschah. Leider ging er nicht auf meine Bitte ein.

Neuseeland war wunderschön. Sogar den Flug wert. Und ich liebte das Wasser da unten. Den ersten Tag verbrachten wir damit, die Führer kennenzulernen, verschieden Orte zu erkunden, zu tauchen und die Tierwelt da unten kennenzulernen. Ich war verblüfft über die Menge Robben und die Delphine, denen wir begegneten. Und sie waren alle äußerst neugierig und zahm, wollten wisse, was wir taten und schwammen direkt zu den Kameras. Nur zwei Mal hatten wir Probleme mit Haien, einmal verloren wir einen Teil der Ausrüstung, was immerhin besser war, als ein Körperglied zu verlieren.

Der Sender bezahlte dafür, daß Sean und ich uns eine Wohnung an der Küste mieten konnten, und während ich tagsüber fort war, um zu drehen, relaxte er, und die Abende verbrachten wir damit, auf Erkundungstour zu gehen und vorzugeben, daß wir im Urlaub seien. Er wußte, daß das Team dort war, um 'Die Rückkehr des Königs' zu drehen, aber wir sprachen eigentlich nie darüber. Ich wollte es. Ich wollte die Idee zur Sprache bringen, das Set zu besuchen, nur um zu sehen, was er sagen würde, aber ich hatte Schiß. Yep. So bin ich. Ein Eins-A-Angsthase. Elijah rief einmal an, um zu fragen, ob wir gut hinübergekommen waren und wie es so ging. Wir versprachen, uns wenigstens einmal zu treffen, während wir dort unten waren.

Am Morgen unseres siebten Tages saß ich draußen am Strand, als die Sonne aufging und wartete auf den Moment, an dem ich wieder zurück in den Hafen mußte. Wie würden ein paar Meilen in tiefere Gewässer fahren, um zu sehen, was für Material wir über Haie kriegen könnten. Tim war scharf drauf, einen Großen Weißen zu finden. Ich sagte ihm, er sei verrückt. "Quoten," antwortete er. Die Quoten. Wundervoll.

"Morgen, Kleines," sagte Sean zärtlich hinter mir und legte seine Arme um meine Schultern, als er sich zu mir hinab beugte und meinen Nacken küßte. "Gut geschlafen?"

"Yep." Ich lehnte mich an ihn, ein Blick schweifte immer noch über die heranrollenden Wellen. Wir saßen lange schweigend da, als sich die Sonne vom Horizont löste. Das taten wir oft zusammen, zuzusehen, wie die Morgendämmerung ihren Weg über den Ozean bahnte. Es war egal, ob das vor oder hinter uns geschah. Es war immer schön und egal, was im Leben geschehen würde, die Morgendämmerung würde mich immerzu an Sean erinnern.

"Torrie," flüsterte er in mein Ohr.

"Hmmm?"

"Ich..." Eine Pause. Dann, "Ich wollte damit bis zu unserem letzten Abend hier warten, aber ich will nicht länger warten."

Ich sah hinab, als seine Hand einen Moment hinter mir verschwand und dann wieder auftauchte und ein kleines, samtenes, schwarzes Kästchen in seiner Handfläche lag. Er klappte es mit seinem Daumen auf und dort im Satin war, soweit ich das sagen konnte, ein zweikarätiger Diamant eingebettet, flankiert von zwei halbkarätigen, eckigen Diamanten, eingefaßt in ein Platinband. Ich konnte nur darauf starren, als die Benommenheit durch meinen Körper fuhr. Ich konnte nicht denken. Nicht jetzt.

"Torrie?" fragte er sanft und wartete irgendwie auf eine Antwort, das wußte ich.

"Er ist wunderschön," konnte ich nur sagen und die Tränen stiegen mir auf. Das war es, es war Zeit. Und ich war nicht bereit. Ich hatte es bis dahin nicht begriffen, aber ich war noch nicht bereit, aufzugeben. Ich konnte mich nicht gehen lassen.

"Torrie, sieh mich an," sagte Sean hinter mir. Ich konnte nicht. "Kleines, bitte?"

Ich sah, wie er den Ring wegsteckte, mich an den Schultern griff und mein Gesicht zu seinem drehte. Sean legte seine Finger unter mein Kinn und hob meine Augen zu seinen. Wir starrten einander einfach nur an, lange Zeit. Ich war erschrocken über den Kummer in seinen Augen. Er wußte es, bevor ich es tat, glaube ich.

Er strich mein Haar zurück, berührte meine Wange und sagte, "Die ganze Zeit, in der ich versucht habe, dich ihn vergessen zu lassen, habe ich keine Erfolg gehabt, nicht wahr?"

Ich sah weg, ich konnte ihn nicht länger ansehen. Er wischte eine Träne von meiner Wange.

"Ich will nicht, daß du eine Lüge lebst, Torrie. Das kann ich nicht erwarten. Ich habe dir gesagt, daß ich selbstsüchtig bin. Ich will all deine Liebe. Dein ganzes Herz. Wenn du mir das nicht geben kannst, dann sag nein. Jetzt, bevor ich dich und mich in einen Fehler stürze."

Ich zuckte zusammen. Ich wollte nicht zugeben, ich hatte dabei versagt, diese Beziehung am Laufen zu halten, genauso wie ich bei der mit Steve versagt hatte. Was stimmte überhaupt nicht mit mir? Warum wollte ich immer etwas anderes? Ich fühlte, wie Sean wieder mein Gesicht nahm und zu ihm drehte.

"Beantworte mir nur noch eine Frage, Torrie, und beantworte sie mir ehrlich, egal, wie sehr es schmerzt, okay?

Ich nickte und unsere Blicke kreuzten sich.

"Wenn du morgens aufwachst, an wen denkst du dann?"

Ich schluckte und hatte Angst, es zu sagen, weil ich es mir nie wirklich eingestanden hatte. "Orli," flüsterte ich, und nun flossen meine Tränen. Verdammt, würde ich denn nie über ihn hinweg kommen?

Sean nickte nur, schob mein Haar hinter mein Ohr und berührte mich sanft, zögerte dann einen Moment, als ob er seine Gedanken ordnen müßte. Ich haßte mich so sehr dafür, daß ich ihm weh tat. Was für eine Schlampe war ich nur? Er hatte so viel für mich getan, war immer da gewesen, und so gab ich ihm die Liebe, die er mir gegeben hatte, zurück. Indem ich jemand anderen liebte.

"Weißt du, ich habe es immer gewußt," sagte er und sah hinaus aufs Wasser, seine Hände immer noch auf meinen Schulten. "Wann immer du ihn ansahst, wann immer er zur Sprache kam. Da war einfach etwas in deinen Augen. Und als wir ihn dann zu uns geholt hatten... ich glaube, dann bemerkte ich, daß ich den Kampf verlor. Aber ich wollte dich nicht gehen lassen. Nach dem Unfall hoffte ich, daß du dich mir zuwenden würdest. Aber satt dessen schienst du dich mir immer mehr zu entziehen."

"Sean - "

Er wandte sich wieder mir zu und legte einen Finger auf meine Lippen. "Shh. Sag es nicht, Torrie. Ich bitte nicht um Erklärungen oder Entschuldigungen. Ich bin ein erwachsener Mann. Ich habe das schon mal durchgemacht. Es wird wehtun, aber ich werde darüber hinweg kommen und weitermachen."

"Ich wollte dich nie verletzten," sagte ich ihm. "Ich liebe dich wirklich - "

"Ich weiß." Er beugte sich vor und küßte mich. "Und irgendwie reicht das auch. Aber ich kann dich nicht mit ihm teilen, besonders da ich weiß, daß er den Löwenanteil hat." Er lächelte zärtlich.

Ich schüttele den Kopf. "Ich habe so sehr versucht, ihn zu vergessen, ihn hinter mich zu bringen. Selbst wenn ich mir sicher war, daß ich nicht an ihn dachte, tat ich es doch."

Sean wischte meine Tränen fort. "Torrie, warum sagst du ihm nicht einfach, was du für ihn empfindest?"

Ich atmete tief ein, entzog mich seiner Umarmung und stand auf. Ich ging ein Stück weg, starrte wieder auf den Strand und legte die Arme um mich. Schließlich antwortete ich, "Erst konnte ich den Gedanken nicht ertragen, seine Freundschaft zu verlieren. So ein Geständnis hätte die Tiefe unserer Freundschaft behindert. Ich wußte, daß ich nicht das war, was er wollte. Ich hoffte, Trophy könnte das sein und daß ich seine beste Freundin belieben könnte, mich in den Schatten verstecken und ihn bewundern könnte. Aber dann... nun, etwas passierte und - "

"Ihr habt miteinander geschlafen." Das war keine Frage.

Ich drehte mich zu ihm. "Wie hast du - "

"Torrie." Sean lächelte. "Jeder hat es gesehen. Es war die einzige Erklärung für das, was plötzlich zwischen eure Freundschaft kam, die ihr geteilt habt."

"Jeder?" Ich zog ein Gesicht. "Nun, das ist peinlich... Sean, es tut mir leid. Ich wollte nicht, daß das passiert. Keiner von uns."

"Ich weiß." Er zuckte mit den Schultern, stand auf und kam zu mir. "Unfälle passieren. Es war zu erwarten gewesen, ihr habt zusammen gelebt. Deshalb bist du auch ausgezogen, richtig?"

Ich nickte.

Sean seufzte, sah einen Moment aufs Wasser und drehte sich dann wieder zu mir, "Also, was ist denn jetzt deine Entschuldigung?"

"Was meinst du?"

"Ich meine, warum rennst du nicht aus der Tür, stürmst das Set und schreist zu Orli, was du wirklich fühlst?"

Ich schüttelte den Kopf. "Das könnte ich nie - Sean, wie in aller Welt soll ich das jetzt tun, wenn ich es vorher nicht konnte? Es ist nicht so als könnte ich jetzt leichter mit der Ablehnung umgehen oder so. Er würde nicht... warum lachst du?"

"Jesus Christus, Torrie! Wenn du nicht die starrköpfigste, dämlichste Frau bist, die ich je getroffen habe!

Ich runzelte die Stirn. "Das war unangebracht. Aber Spaß beiseite, warum sagst du sowas?"

Sean schüttelte einfach nur seinen Kopf und lachte weiter. Ich schlug ihn auf den Arm.

"Das ist nicht komisch!"

"Im Gegenteil," kicherte er. "Es ist verdammt komisch, auf eine traurige, irregeführte Art und Weise."

"Ich verstehe nicht - "

"Torrie, wie kannst du es nur nicht gesehen haben? Wie kannst du nur die ganzen Monate so blind gewesen sein? Warum glaubst du, tut er dir so weh? Warum glaubst du, bist du es, den er wählt, wenn er jemandem weh tun will?"

"Sean - "

"Orli liebt dich, du dummes, kleines Mädchen!"

Ich stand einfach nur da und starrte den Mann vor mir ungläubig an.

"Hast du mich verstanden?"

"Du hast Unrecht," sagte ich und schüttelte den Kopf. "Das ist nicht möglich."

"Und warum nicht?"

"Darum."

"Oh, na das ist ja ein guter Grund. Das sollte ich mir merken. Das könnte auch eine gute Verteidigung vor Gericht sein. Warum haben Sie diese Person umgebracht? Darum. Genial, Torrie."

"Nein, du verstehst nicht. Orli kann mich nicht lieben. Er könnte mich nicht lieben."

"Ich glaube wirklich ,daß du den Verstand verloren hast." Sean runzelte die Stirn.

Ich entzog mich ihm und wußte nicht, warum ich so erschrocken war, warum ich die Wahrheit bekämpfte, die mein Herz fühlte. Tief in mir drin wußte ich, daß er Recht hatte. Ich glaube, ein Teil von mir hatte es immer gewußt, und deshalb hatte ich es nie zugelassen. Aber jetzt war da einfach zu viel und ich konnte mich dem nicht stellen. Also verleugnete ich es.

"Orli könnte mich niemals lieben. Ich bin nicht gut genug für ihn. Ich bin nicht - Es ist einfach so, es ist unmöglich, so ist es einfach. Und ich werde mir noch erlauben, darüber auch nur nachzudenken." Sean schien etwas sagen zu wollen, wollte zu mir kommen, aber ich hielt die Hände von mir und stoppte ihn. "Nein. Nicht mehr. Ich kann nicht... ich muß zum Hafen."

"Torrie, du machst mich so langsam wirklich wütend," warnte mich Sean.

Ich muß gehen." Ich wandte mich ab und eilte ins Haus, Sean dicht hinter mir. Ich griff meine Tasche, schlüpfte in meine Schuhe und stand da und wußte nicht, was ich als nächstes tun sollte.

Sean tauchte hinter mir auf und legte seine Hände auf meine Schultern. "Torrie, ich lasse dich nicht gehen und mir mein Herz brechen, nur um zu sehen, daß du und Orli das Glück verleugnen, das ihr vor euch liegen habt."

"Glück existiert nicht."

"Was?"

Ich schüttelte den Kopf und erinnerte mich an Orlis Worte.

"Sag es ihm , Torrie," flüsterte er in mein Ohr.

Ich drehte mich ihm zu, meine Augen untersuchten sein Gesicht. "Warum? Warum tust du das?"

Sean zuckte mit den Schultern. "Ich denke, ich sehe es so, daß entweder ich glücklich sein kann, und zwei Menschen, um die ich mich sorge, können ihr Leben damit verbringen, sich elend zu fühlen, oder ich gehe mit etwas Kummer um und komme schließlich darüber hinweg und ermögliche diesen beiden Menschen, um die ich mich sorge, etwas Glück."

"Er liebt mich nicht, Sean. Ich glaube das nicht. Falls er es täte, hätte er doch was gesagt - "

"Hast du ihm gesagt, was du empfindest?"

"Nein, aber das ist was anders."

"Warum?"

Das konnte ich nicht beantworten.

Er lächelte, beugte sich zu mir und küßte mich auf die Nasenspitze. "Denk darüber nach, wenn du es mußt, Torrie. Ich will dich nicht wieder hier sehen, bis du Orli gesehen und ihn gestanden hast, was du empfindest, verstehst du?"

Ich nickte. Ich konnte mich nicht bewegen.

"Dann geh jetzt, Kleines. Ich denke... ich denke, ich brauche etwas Zeit für mich."

Ich sah wieder zu ihm hoch und mir kamen wieder die Tränen. "Sean, ich will nicht - "

"Bitte, geh?" fragte Sean und umarmte mich noch einmal. "Wenn du noch länger hier bleibst, werde ich wahrscheinlich nicht so großzügig bleiben können."

Ich küßte seine Wange und entzog mich ihm, ging zur Tür. "Ich... ich werde dich immer lieben, Sean."

"Ich weiß. Ich dich auch. Und nun raus mit dir."
 

Ich lächelte und stürmte aus der Tür.

Aber ich konnte mich nicht dazu bringen, Orli gegenüber zu treten. Ich ging zum Hafen, bestieg das Boot und wir verbrachten den Tag damit, nach Haien zu suchen. Wir fanden ein paar - keine Großen Weißen, Gott sei Dank - drehten etwas Material und Tim mußte mich zwei Mal an meine Konzentration erinnern. Ich konnte nicht aufhören, nachzudenken, über Sean, über Orli, über alles, was passiert war. Mein Herz wollte nicht akzeptieren, was Sean mir versichert hatte. Ich könnte den Schmerz nicht ertragen, falls es nicht stimmen sollte. Aber ich konnte jetzt nicht mehr zurück. Sean würde mich nicht akzeptieren, wenn ich ihm nicht mein ganzes Herz schenkte, was er sicherlich verdiente, und ich hatte zu viel Angst, zu Orli zu gehen. Zu viel Angst, daß der Traum, den ich so lange mit mir herumgetragen hatte, plötzlich zerstört würde.

Und vielleicht hatte ich auch Angst, daß er schließlich wahr würde.

Kapitel 17
 

There's something about the look in your eyes

Something I noticed when the light was just right

It reminded me twice that I was alive

And it reminded me that you're so worth the fight

Echo - Incubus
 

Ich war froh wieder mit den Jungs in Neuseeland zu sein, mit ihnen rumzuhängen, zu surfen und den Charakter des Legolas noch einmal in mein Leben zu lassen. Ich glaube, Peter hatte vergessen, worauf er sich einließ, wenn er uns alle zusammen hatte. Er reagierte wie immer auf unsere Faxen - er lachte kurz laut auf und schüttelte dann verärgert den Kopf. Wir griffen unsere Freundschaften sofort wieder auf, drehten tagsüber oder nachts und verbrachten unsere ganze Freizeit miteinander.

Mittendrin hatten wie einen Tag frei und die Hobbits und ich waren bei Elijah, der Fernseher dudelte im Hintergrund zu unserer Unterhaltung. Am Morgen waren wir surfen gewesen, waren gerade zurückgekommen und warteten nun auf die Sandwiches, die Elijah uns versprochen hatte, bevor er in der Küche verschwand. Keiner von uns erwartete sich viel davon.

"Hey, ist das nicht Torries Sendung?" fragte Billy und deutete auf den Fernseher.

Wir sahen alle hinüber. Sie war es. Ich hatte begonnen, sie jede Woche anzugucken, das war die einzige Möglichkeit für mich, sie zu sehen. Glaubt es oder nicht, aber es war interessant und lehrreich. Vielleicht war ich aber auch nur von der Moderatorin beeinflußt. Wenn man mich gefragt hätte, hätte ich geantwortet, daß Torrie aus allem einen Erfolg machte. Ich wußte, daß sie und Sean gerade in Neuseeland waren, nur ein paar Stunden von uns entfernt, damit sie ein paar Sachen filmen konnten. Elijah hatte es mir an unserem zweiten Tag hier gesagt. Ich glaube, er hatte das als Warnung gesagt, falls wir uns zufällig über den Weg laufen sollten. Ich wußte nicht, ob ich das wirklich wollte. Es war gut, von ihr zu träumen, wenn sie nichts weiter als eine Figur im Fernsehen war, aber sie leibhaftig wiederzusehen... ich wußte nicht, ob ich damit umgehen könnte.

Dom, Billy und Sean waren hinter mir auf der Couch und redeten weiter, und wie gewöhnlich, wenn ihre Show im Fernsehen lief, konnte ich mein Augen nicht vom Bildschirm wenden. Torrie saß am Rand des Bootes, trug einen schwarz-blauen Schwimmanzug, hatte ihr nasses Haar aus der Stirn gestrichen und erzählte den Zuschauern etwas über Delphine. Ich bewegte mich nach vorn, aus meinem Sessel heraus auf den Boden vor den Fernseher, mein Blick wich nicht vom Schirm. Gott, ich vermißte sie. Ich liebte sie. Und sie sah so schön für mich aus, während sie lachte, als die Delphine in einem Becken in Sea World um sie herum schwammen. Dann war sie wieder auf dem Boot, kurz davor, abzutauchen, ließ sich ins Wasser fallen und stieß zu den wilden Delphinen und dann schwamm sie mit ihnen und die Kamera hielt sogar eine Geburt fest. Am Ende der Szene war Torrie wieder im Center und saß dort mit einem Otter, und plötzlich erinnerte ich mich an Pablo und wie ich mit ihr am meinem ersten Tag dort gesessen und ihn gefüttert hatte. Die Kamera brachte ein Nahaufnahme ihres Gesichts, als sie über die Rehabilitation des Wesens sprach, und ich konnte nicht anders, als meinen Finger auszustrecken und über ihre Wange zu fahren, mir zu wünschen, daß sie da wäre und daß ich sie berühren könnte.

Ich hatte nicht bemerkt, daß es still um mich herum geworden war, bis ich einen leisen Quietscher hörte - ich glaube, so kann man es nennen. Ich drehte mich um und sah, daß Elijah gerade mit einem Teller voll Sandwiches aus der Küche gekommen war, und er sah mich mit diese schockierten, weit aufgerissenen Augen an und stand einfach nur da. Billy, Dom und Sean auf der Couch waren ebenfalls still und starrten nur. Ich seufzte und erkannte, daß mein Geheimnis schließlich raus war. Wie könnten sie es nicht wissen, wenn ich den Fernseher wie ein liebeskranker Idiot betatschte?

Ich sah einen Moment zurück auf den Bildschirm, sah zu, wie der Abspann lief und guckte dann wieder zu meinen Freunden. "Ihr fragt euch bestimmt, was los ist, huh?"

Elijah ließ sich irgendwie nur auf den nächstbesten Stuhl fallen und schwieg immer noch.

"Ich habe es mir irgendwie gedacht," sagte Billy leise. "Ich meine, am Abend des Unfalls, als wir alle tanzten, habe ich zu dir und Torrie gesehen, und da war einfach etwas in deinen Augen. Ich weiß nicht, warum ich es nicht früher gesehen habe."

Ich schenkte ihm ein kleines Lächeln und stand auf. "Nun, jetzt wißt ihr es. Ich liebe Torrie. Seit... es fühlt sich wie ewig an, macht das irgendeinen Sinn?"

Noch ein Quietscher von Elijah. Diesmal sahen wir alle vier zu ihm. Er saß da, schüttelte seinen Kopf, die Augen geweitet und sah aus, als würde er gleich explodieren.

"Lij, bist du in Ordnung?" fragte Sean.

Er murmelte etwas.

"Was war das denn?" fragte Dom.

"Das ist eine beschissene griechische Tragödie, das ist es," antwortete Elijah, knallte den Teller laut auf den Tisch und wühlte verzweifelt in seinen Taschen nach einer Zigarette. Wir sahen schweigend zu, wie er sie anzündete und fragten uns, ob er nicht den Verstand verloren hatte.

Billy neigte den Kopf. "Was ist los?"

Elijah fuchtelte mit seiner Hand in meine Richtung und murmelte wieder etwas. "Er. Sie. Die ganze gottverdammte Sache."

Sie sahen mich an, ich sah sie an, wir alle zuckten irgendwie mit den Schultern und sahen wieder zu Elijah, der nachdenklich ins Nichts starrte, während er seine Zigarette wegrauchte.

Schließlich wandte er sich mir zu und fragte mich, "Warum hast du es ihr nie gesagt? Jetzt bin ich aber neugierig."

Ich zuckte mit den Schultern und trat nach dem Teppich. Atti und meine Mutter waren die einzigen, die es wußten. Es fühlte sich gut an, es den Hobbits anzuvertrauen. Obwohl ich irgendwie fürchtete, daß sie es eines Tages Torrie erzählen würden. Ich glaube, ich mußte einfach darauf vertrauen, daß sie es für sich behielten.

"Ich habe zu lang gebraucht, es zu erkennen. So lange habe ich dagegen angekämpft. Ich weiß nicht warum. Ich habe es einfach getan." Ich sah zu Elijah, der mich immer noch ansah und ich konnte seinen Gesichtsausdruck nicht deuten. "Als ich es erkannt habe, liebte sie Sean, Sean liebte sie und ich war mit Julie zusammen und..."

"Und jetzt?"

"Sie ist mit Sean zusammen. Ich werde das nicht zerstören."

Elijah klemmte die Zigarette zwischen seine Lippen und fuhr sich durch die Haare, als sei er plötzlich frustriert. "Was müßte geschehen, daß du es ihr sagst?"

Ich lächelte. "Lij, gib es auf. Das wird nicht passieren. Das habe ich schon aufgegeben."

"Was, wenn sie dich auch lieben würde?"

Stille. Die drei auf der Couch sahen zu Elijah, dann zu mir und ich starrte ihn an. Schließlich lachte ich und schüttelte den Kopf. "Ja, richtig, Lij. Vielleicht hast du bemerkt, daß sie nichts gesagt hat."

"Und wann hast du ihr das letzte Mal gesagt, was du empfindest?"

Ich runzelte die Stirn. "Worauf willst du hinaus, Lij?"

Er schmiß seine Zigarette in den Aschenbecher und wandte seine Blick zu mir. "Was wäre, wenn ich dir versichern könnte, daß Torrie Hals über Kopf in dich verliebt ist, seit dem Tag, an dem ihr euch das erste Mal getroffen habt?"

Ich spürte, wie ein Prickeln durch mein Rückgrat schoß. Nichts weiter, nur ein Brennen, vielleicht vor Aufregung oder Angst. In diesem Moment wußte ich es nicht. "Wer sagt das?" wollte ich wissen.

Elijah versuchte ein Grinsen zu unterdrücken und versagte dabei. "Ich."

Billy und Dom ließen einen gemeinen Fluch los uns Sean sah uns weiterhin schockiert an. Ich fühlte eine Mischung von alledem. Ich war mir sicher, daß Elijah Unrecht hatte. Verdammt sicher. Aber er sah so verdammt selbstsicher aus, mit diesem blöden Grinsen auf den Lippen, als er mich ansah. Ich schwöre, jeder einzelne hätte mein Herz in meiner Brust klopfen hören können, und vielleicht sogar das Geschrei, daß in meinem Kopf dröhnte. Äußerlich versuchte ich, ruhig zu bleiben, über alles nachzudenken, mir einzureden, daß ich nicht so langsam Elijahs Worte über die "Griechische Tragödie" verstand.

"Lij - " begann ich, aber er schnitt mir das Wort ab, sprang auf und kam auf mich zu.

"Jesus, Orli! Nur jemand, der total verrückt nach dir ist, könnte den Mist ertragen, in den du sie gestürzt hast. Denk mal darüber nach."

"Du weißt nicht - "

"Das tue ich, todsicher," antwortete er. "In der Nacht, als sie und ich Sex hatten - "

"Ihr hattet was?!" riefen Billy, Dom und Sean wie aus einem Munde.

Wir ignorierten sie. "Sie hat es mir da gesagt, und sie weinte und ich wollte sie trösten und eines kam zum anderen."

"Wenn du die Wahrheit sagst, warum hat sie mir dann nie etwas gesagt?"

Elijah schüttelte den Kopf. "Erinnerst du dich an den Morgen an Halloween, als sie mit mir am Telefon sprach und du in die Unterhaltung geplatzt bist?"

"Ja?"

Elijah schwieg und sah mich an. Innerlich erinnerte ich mich an ihren Teil des Gespräches: "Ich liebe ihn, das weißt du... Nein, das wird einfach nicht passieren... Er verdient etwas besseres, deshalb... Oh bitte! Ich bin nichts, während er alles ist. Er verdient wenigstens etwas, das ihm gleichkommt. Jemanden, der so rätselhaft und schön und perfekt ist wie er... Ist er aber!... Ich wußte doch, daß ich das nicht mit dir diskutieren sollte... Ich bin nur eine Meeresbiologin. Nicht gerade etwas für die Schlagzeile... Sei nicht albern. Das ist ein Märchen, Lij... Deshalb. Ich will am Boden bleiben, weißt du... Er ist mein Retter, und das weiß er... Ist er. Mein Ritter in glänzender Rüstung... Ich glaube einfach nicht, daß ich dir das sage. Und halt deinen kleinen verwunschenen Mund, verstanden?... Weil ich weiß, wo du wohnst! Und Onkel Tony wird dir einen Besuch abstatten!... Reicht es dir nicht, wenn ich dir sage, daß ich ihn liebe?"

"JESUS CHRISTUS, FUCK!" Dies Worte schossen mir ohne Vorwarnung aus dem Mund und brachten Elijah vor mir zum Lachen. "Das ist nicht lustig, Lij!"

"Sorry, Mann," entschuldigte er sich und kämpfte gegen das Lachen an. "Ich weiß, das ist es nicht. Und traurigerweise doch. Ich kann nicht glauben, daß ihr beide so stur und blind und - "

"Ich hab's verstanden, Lij," unterbrach ich ihn und fuhr mit meiner Hand über meinen frisch geschnittenen Irokesen.

Ehrlichgesagt konnte ich mich nicht entscheiden, ob ich lachen oder weinen sollte. Sie liebte mich. Nach all dieser Zeit liebte sie mich. Nein, das war nicht möglich. Ich sah wieder zu Elijah. "Dieses Gespräch ist lang her, Lij. Seitdem ist viel passiert. Sie ist jetzt mit Sean zusammen."

"Da hat er Recht," bemerkte Billy. Dom sagte ihm, er solle die Klappe halten.

Elijah zuckte mit den Schultern. "Ja, ist sie. Und du warst mit Julie zusammen. Also bedeutet das, daß du das einfach ignorieren willst, so wie sie es getan hat? Sie einfach gehen lassen? Einfach zu hoffen, daß ihr bald eure Zeit haben werdet, daß ihr eure Programme aufeinander abstimmen werdet und euch entschließt, zur gleichen Zeit Single zu sein?"

"Ich kann nicht einfach hingehen und sie auseinanderbringen," brachte ich vor.

"Warum nicht?" warf Dom ein. "Ich meine, solltest du sie nicht wenigstens vor die Wahl stellen? Wenn ihr euch liebt - "

"Die Sache ist, keiner kann sagen, ob sie mich immer noch liebt," antwortete ich und schob meine Fäuste in meine Hosentaschen, während ich zum Fenster ging. Gott, ich wollte glauben, daß sie es immer noch tat. Aber der Gedanke daran, sie in meinen Armen zu halten - wirklich zu halten und zu wissen, daß sie mir gehörte - war zu erschreckend, um ihn zu begreifen. Es konnte nicht wahr sein. Es konnte einfach nicht.

"Sie hat dir verziehen, nicht wahr?" fragte Elijah leise.

Das hatte sie. Unerwarteterweise. Doch...

"Wart nicht zu lange ab," bemerkte Sean neben mir. "Ich meine, Bean liebt sie und könnte sie jeden Tag fragen, ob sie ihn heiraten will. Und falls sie denkt, daß sie mit dir keine Chance hat..."

Was könnte schlimmeres passieren? Daß Torrie mir sagte, sorry, aber es ist zu spät? Dann würde ich wenigstens Gewißheit haben. Es würde vorbei sein. Und vielleicht könnten wir in zwanzig Jahren über das Könnte und Sollte in unseren Leben reden. Oder vielleicht...

"Nun, Orli?" Elijah tauchte neben mir auf und reichte mir ein Stück Papier. Darauf war der Weg zu Torries und Seans Wohnung verzeichnet.

Ich biß die Zähne zusammen. Es gab nur einen Weg, es herauszufinden.

"Ich sehe euch später," sagte ich ihnen, riß Elijah das Papier aus der Hand und stürmte zur Tür.

Ich fuhr, als wäre der Teufel hinter mir her, um dorthin zu gelangen. Okay. Ich fahre immer, als wäre der Teufel hinter mir her, aber diesmal hatte ich eine Absicht, einen Grund. Ich schaffte es in einer Stunde und zwanzig Minuten. Ich war erleichtert, als ich Licht in der Wohnung brennen sah, als ich dort ankam. Es wäre wirklich scheiße gewesen, wenn sie nicht zuhause gewesen wären. Sie. Ich wußte immer noch nicht, wie ich mit Sean umgehen sollte. Er würde mich wahrscheinlich nur dafür umbringen, daß ich mich dort blicken ließ, abgesehen davon, daß ich ihm Torrie wegnehmen wollte. Scheiß drauf. Ich mußte es wissen.

Ich klopfte an und hüpfte dann nervös herum. Als sich die Tür öffnete, stand Sean vor mir und ich wich einen Schritt zurück in der Erwartung, daß er auf mich losgehen würde oder so.

"Orli." Das seltsamste war, daß er überhaupt nicht überrascht schien, mich zu sehen.

"Hey Sean. Ummm... ist Torrie da?"

Jetzt schien er überrascht zu sein. "Was? Nein... Sie... Hat sie dich nicht gefunden?"

Okay, jetzt war es an mir, überrascht zu sein. "Mich finden? Ich wußte nicht, daß sie nach mir suchte."

Sean sah auf seine Uhr. "Vielleicht ist es zu früh," murmelte er, während ich ihn weiterhin verwundert anstarrte. Er sah wieder zu mir hoch. "Sie hatte heute ein paar Dreharbeiten. Danach wollte sie zu euch fahren. Zumindest sollte sie das."

Ich war mehr als verwundert. "Warum?"

Sean grinste plötzlich, verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich an den Türrahmen. "Warum bist du hier?"

Heilige Scheiße. Ich wollte es nicht glauben. "Sean - "

"Hör zu, Orli. Das war ein ziemlich harter Tag für mich. Ich meine, eine Frau zu haben, die deinen Heiratsantrag ablehnt ist die eine Sache. Daß sie mich für einen kleinen Blödmann wie dich verläßt eine andere," antwortete er mit einem angedeuteten Lächeln. "Ich hab ihr gesagt, sie soll zu dir gehen. Ich weiß nicht, ob sie es tut oder nicht. Sie war ein wenig... zögerlich. Alles, was ich dir raten kann, ist, sie zu suchen und endlich Nägel mit Köpfen zu machen, oder ich bringe euch beide um."

Ich stürmte bereits die Treppe hinunter und zu meinem Auto.

"Hey Orli?"

Ich sah über meine Schulter und machte langsamer. "Ja. Sean?"

"Wenn du sie findest, paß auf sie auf, okay?"

Ich lächelte. "Das werde ich. Versprochen."

Ich wählte Elijahs Handynummer, während ich ins Auto kletterte und den Motor anließ.

"Ja?"

"Lij?"

"Fuck, Orli! Gott sei Dank bist du das! Ist dein verdammtes Handy nicht an?"

"Jetzt schon."

"Toll. Nun, ich wollte dich anrufen und dich wissen lassen, daß Torrie hier ist."

Ich lachte. Das war einfach perfekt. "Yeah. Ich habe gerade mit Sean gesprochen."

"Hast du? Was zum - "

"Kann ich jetzt nicht erklären. Hör zu, was auch immer ihr tut, haltet sie dort fest. Bindet sie an, wenn es ein muß. Ich muß ein paar Dinge erledigen, okay? Dann ruf ich dich an."

"Orli, was - "

"Lij, bitte?"

"Okay, Mann. Die Hobbits werden sich auf sie drauf setzen."

"Zerquetscht sie nicht," lachte ich. "Und sag ihr auch nicht, daß ich auf dem Weg bin."

"Ja, Papa. Aber beeil dich, verdammt noch mal, ja? Ich sterbe dafür, zu sehen, wie das ausgeht."

Ich lachte wieder und fühlte mich glücklicher als ich je gewesen war. "Ich auch."
 

Ich verstieß gegen jede Geschwindigkeitsbegrenzung. Glücklicherweise schien die Polizei diesen Abend nicht unterwegs zu sein. Okay, vielleicht war das, was ich vorhatte, etwas verrückt, und ich würde den Jungs genug Stoff zum Sticheln geben, aber das war egal. Mir war wichtig, daß Torrie genau verstand, was ich fühlte, wie sehr ich sie liebte und was mir das bedeutete. Ich konnte mir nur einen Weg vorstellen, ihr das zu zeigen. Das würde bedeuten, um ein paar Gefallen zu bitten und zu hoffen, daß alles glatt lief. Aber das war es wert. Ich wußte, daß es so wäre. Es mußte.

Die Sonne war gerade erst untergegangen, als alles fertig war. Der Himmel war grau und ein Vollmond strahlte über uns, als ich Elijah anrief und ihm sagte, daß alles fertig war. Ich sagte ihm ,er solle Torrie in etwa zwanzig Minuten aus dem Haus schicken. Er drängte mich, ihm zu erzählen, was vor sich ging, aber ich würde ihm nichts sagen. Sein Gelächter würde das Ergebnis ruinieren, da war ich mir sicher. Wenn ich ehrlich war, hatte ich eine Mordsangst. Ich wußte nicht mehr, was oder woran ich glauben sollte. Im Moment erschien mir alles so unwirklich - seit ich an diesem Nachmittag mit Elijah gesprochen hatte. Das war das Ende. Danach... ich hatte keine Ahnung, was als nächstes kommen würde. Wie ich Elijah schon gesagt hatte, war ich selbst neugierig, wie alles ausgehen würde.

Also saß ich da, wartete vor der Eingangstür und klopfte sanft auf den glatten Hals des Pferdes unter mir. Ich hatte die Stallcrew gebeten, mir Schattenfell zu geben aber sie sagte mir, das würde auf gar keinen Fall gehen und gaben mir statt dessen eines seiner Doubles. Das war okay. Solange das Pferd weiß war, glaube ich, war es egal. Ich hatte überlegt, zu diesem Anlaß etwas besonderes zu tragen, einen Smoking oder so, aber dann hatte ich verstanden, daß ich wollte, daß Torrie mich sah, und nicht Orlando Bloom, den Schauspieler. Einfach Orli, den Kerl, den sie vom Pier geworfen hatte, als sie nicht aufgepaßt hatte. Da war ich also in Jeans und T-Shirt und saß auf diesem schönen, weißen Wallach. Ich mußte wie ein totaler Idiot aussehen. Ich war überrascht, wie entspannt ich war, als ich darauf wartete, daß Torrie aus der Tür trat. Als ich auf ihre Reaktion wartete. Gott, ich fühlte mich schlecht, nervös, aufgeregt, verängstigt.

Die Tür ging auf. Ich setzte mich auf, wiederholte in einem Kopf, was ich sagen wollte und atmete tief ein.

Torrie kam heraus, aber sie blickte zurück über ihre Schulter und sah immer noch zu Elijah und den anderen, die im Hintergrund wartend herumstanden. Na toll. Publikum. Ich ignorierte sie und musterte sie. Sie trug Jeans, eine weiße Bluse und Turnschuhe und sah für mich perfekt aus.

"Torrie?" flüsterte ich.

Ihr Kopf flog herum und ihre Augen weiteten sich, als sie ein paar Meter vor mir stehen blieb. Das Pferd tänzelte nervös unter mir und ich zügelte ihn, während ich die Augen nicht von ihr ließ.

Ich wußte, daß ich nur eine Chance hatte, und sagte sanft, "Ich habe kein Schloß, auf das ich dich bringen kann und nun... das Pferd ist geliehen. Wahrscheinlich wird er sich sowieso in einen Kürbis oder so verwandeln, wenn ich ihn nicht zurückbringe." Ich lächelte.

Torrie nicht. Sie stand einfach nur da, ihr Ausdruck unleserlich.

Ich widerstand der Versuchung, auf einem Fingernagel zu kauen. "Ich habe mich trotzdem gefragt, ob du mit mir davonreiten würdest? Es gibt keinen Sonnenuntergang, aber eine Morgendämmerung, die einen neuen Tag andeutet, einen Neustart. Und hier in der Dunkelheit können wir all die Unsicherheiten verstecken, die wir so lange mit uns herum getragen haben und dem jeweils anderen vertrauen, um uns einen Weg zu bahnen."

Immer noch nichts. Keine Änderung des Ausdrucks, kein Zeichen, daß sie überhaupt atmete. Mit jedem Moment, der verstrich, wuchs die Angst in mir. Vielleicht hatten sie alle falsch gelegen. Vielleicht hatten sie alle Unrecht.

Ich atmete ein. "Ich liebe dich, Torrie. Und... ich glaube, du liebst mich auch. Ich will... ich will ,Ende gut, alles gut'. Ich will, daß das unser Ende ist."

Ich sah sie weiterhin an, als sich ihre Augen ein wenig mehr weiteten und bereit zu sein schien, etwas zu sagen. Sogar ein ,Bleib bloß weg von mir' wäre besser gewesen als dieses Schweigen. Dann drehte sie sich ohne Vorwarnung um und rannte davon. Ich saß einfach nur da und starrte ihr hinterher, wie sie in die Richtung des nahegelegenen Waldes verschwand.

"Jetzt sitz nicht da wie der Ochse vorm Tor!" schrie Elijah aus der Tür. "Um Gottes Willen, geh und hol sie!"

Ich sah zur Tür, wo alle vier Hobbits standen und mich böse anschauten und herumfuchtelten, und ich trieb das Pferd unter mir zum Galopp an und schoß ihr hinterher zwischen die Bäume. Wir hatte sie sofort eingeholt und in der Hoffnung, das Pferd wäre klug genug, in der Nähe anzuhalten, warf ich mich von ihm direkt auf Torrie. Wir fielen zu Boden und ich versuchte, mein Gewicht auf die Seite und nicht auf sie zu verlagern. Sie versuchte sich sofort zu befreien, aber ich rollte mich auf sie, bedeckte ihren Körper mit meinem und nagelte ihr Hände über ihrem Kopf auf den Boden. Sie trat wie die Hölle - ich habe ja schon erwähnt, daß sie die Beine einer Schwimmerin hatte - und versuchte, mich beiseite zu schieben.

"Verdammt, Torrie, hör auf!" schrie ich. "Was zur Hölle?"

Nichts. Ein trotziger Blick aus ihren blassen, grünen Augen. Gott, ich wollte sie küssen. Scheiß drauf. Ich tat es. Ich beugte meinen Kopf hinunter und gab dem Verlangen nach, daß ich Monatelang bekämpft hatte und erfaßte ihren Mund mit meinem, versuchte, zärtlich zu sein und sie zum Entspannen zu bringen. Sie biß mir auf die Lippe.

"Au!" Ich fuhr zurück und hielt sie immer noch fest. "Wofür zum Teufel war das?"

"Laß mich los!" sie fing wieder an zu zappeln.

"Nein. Nicht, bis du es mir gesagt hast."

"Was gesagt habe?"

"Das weißt du verdammt gut, Victoria Adams," stieß ich verärgert hervor. "Du und ich, wir werden aufhören, dieses dumme Spiel zu spielen."

"Ich weiß nicht, wovon du redest."

"Ich kann hier die ganze Nacht liegen. Ich muß bis morgen früh nirgendwo sein."

Das machte sie nur noch wütender. "Geh verdammt noch mal von mir runter, Orlando Bloom!"

"Warum?" fragte ich und drückte mich noch fester an sie. Ich muß nicht erwähnen, daß ihr Gezappel mein Verlangen nach ihr vollends erweckt hatte und ich bezweifelte, daß sie das nicht bemerkt hatte. Ich drückte meine Hüfte gegen sie und sie versuchte, sich im Erdboden zu vergraben. "ist es, weil du nicht fühlen willst, was zwischen uns ist? Hast du es so lang in dir vergraben, daß du nicht erlaubst, daß es wieder an die Oberfläche kommt? Sag es, Engel. Hast du dieselben Gefühle wie ich?"

"Hör auf!"

"Sag es!"

"Nein!"

Das brachte mich nicht weiter. Toll. Egal, wie sehr sie versuchte, es zu leugnen, ich war mir immer sicherer. Ich mußte einfach nur ihre Verteidigung durchbrechen. Ich lehnte mich erneut zu ihr, küßte sanft ihren Mundwinkel und hielt mich vorsichtig von ihren Zähnen fern. Ich verteilte Küsse auf ihrer Wange, über ihrem Kiefer hinunter zu ihrem Hals. Mein Daumen streichelten sanft die zarte Haut an der Unterseite ihrer Handgelenke. Ich knabberte an ihrem Hals, ging zurück zu ihrem Kiefer und strich mit meiner Zunge um ihre Lippen. Gott, sie schmeckt so süß, wie ich mich erinnerte. Ich ergriff die Chance und küßte sie abermals, lang, zärtlich und entzog ihr alles, was sie zurückhielt. Langsam und überzeugend. Sie wimmerte unter mir.

"Sag es, Engel," flüsterte ich an ihrem Mund.

"Ich... ich kann nicht."

"Warum nicht?" Ich ließ ihre Handgelenke los, meine Hände fuhren über ihre Schultern, eine umfaßte ihr Kinn, die andere ihre Taille, und ich zog sie zu mir.

"Ich... ich habe Angst." weinte sie leise.

"Oh Engel." Ich küßte ihre Lippen und verbarg ihr Gesicht in meinen Händen. "Ich habe auch Angst. Ich habe Angst, daß ich es nicht schaffe, daß ich dich nicht glücklich machen kann, daß du dessen müde wirst. Aber weißt du, was mir am meisten Angst macht?"

Sie schüttelte den Kopf. Ich konnte nicht aufhören, sie zu berühren.

"Ich habe Angst, es nicht zu versuchen, Torrie. Angst, daß ich niemals fähig sein werde, jemanden zu finden, den ich so sehr liebe wie dich. Daß ich nie wieder so glücklich sein werde, wie ich es an deiner Seite bin. Dadurch, daß ich es nicht versuche, könnte ich die schönste Sache verwerfen, die je in mein Leben getreten ist. Das macht mir am meisten Angst."

Ich setzte mich auf und zog sie mit mir mit, umfaßte mit der einen Hand ihren Hinterkopf, während die andere weiterhin ihre Wange streichelte. Ich wischte die Tränen aus ihren Augen und küßte wieder ihren Mund, hielt dann inne, als sich unsere Lippen kaum berührten.

"Sag es," flüsterte ich wieder an ihrem Mund. "Sag es mir, Engel. Ich will hören, wie du es sagst."

Sie seufzte an meinem Mund. "Ich liebe dich, Orli."

Und dann waren ihre Arme um mich und sie erwiderte meine Küsse und wir hielten und berührten einander und fielen wieder zu Boden, versprachen es uns auf immer und ewig. Immer und immer wieder flüsterten wir Ich liebe dich, die Worte, die wir so lang geleugnet hatten.

Und irgendwo, mittendrin, spürte ich Tränen.

Aber diesmal lächelte ich.

Epilog

Epilog

will lead us, alright

will lead us, she will lead us

Can you hear the dolphin's cry?

See the road rise up to meet us

It's in the air we breath tonight

will lead us, she will lead us

The Dolphin's Cry - LIVE
 

Dezember 2003

Los Angeles
 

Das war es also.

Nach diesem Abend würde es keine Premieren mehr geben, zu denen man zusammen erscheinen mußte, keine Tage würden mehr im Kalender ein Jahr vorher eingekreist, in der Erwartung, einander zu sehen.

Es war vorbei.

Es war sowohl ein glückliches, aber auch ein trauriges Ereignis. Ich würde die Jungs vermissen, keine Frage. Sicher, wir würden Freunde bleiben, uns treffen und Dinge unternehmen.

Aber Menschen leben sich immer auseinander. Das ist unvermeidlich. Und wenn es nichts mehr gibt, das uns zusammenbringt, was uns verbindet... Nun, darüber will ich nicht wirklich nachdenken.

In 'Herr der Ringe' mitzuwirken war eine Erfahrung, von der ich nie gedacht hätte, daß ich das Glück haben würde, sie zu erleben. Es ist die tollste Sache, die mir je passiert ist.

Aber es ist wirklich Zeit, weiterzumachen. Ich werde den Presserummel nicht vermissen.

Ich werde die Massen von Fantasy-Drehbüchern nicht vermissen, die mir immer noch geschickt werden und mit denen man mich in eine Schublade stecken will.

Ich lächelte einem Fotografen zu, der mich darum bat und sah zu den Fans, die sich an den Seiten des Teppichs drängten. Ich versuchte, von einem Reporter wegzukommen, der mir die üblichen Fragen stellte, so daß ich hinübergehen und Hi sagen und ein paar Autogramme geben könnte, aber mein Presseagent hielt mich an der Schulter zurück.

Das wäre auch etwas, das ich nicht vermissen würde. Ich wollte eine Weile bei kleineren Filmen bleiben, die keinen Medienrummel verursachen würden.

"Lij!"

Oh! Da war eine Entschuldigung.

Ich entschlüpfte meinem Agent und dem Reporter, die mir nachriefen, und warf mich Billy entgegen, als er den Teppich hinaufrannte.

"Wo hast du gesteckt, Blauauge?" fragte er und wackelte mit den Augenbrauen.

"In Bloomies Bett," antwortete ich leichthin und lachte über den verdutzten Ausdruck auf seinem Gesicht. "Wo wir gerade von Bloomie reden - "

"Noch nicht hier."

"Die Reporter schon."

Ich folgte Billys Blick zu den Geiern, die an den Seitenstreifen nahe dem Eingang des Kinos warteten - nun, eigentlich überall. Sie hatten Liv eingekreist - seit den letzten zwanzig Minuten.

Irgendwie hatte sich Ian bereits durch sie hindurch geschlängelt und genoß nun einen Drink in der Lobby. Wie ich Peter kannte, würde er bis zum letzten Moment warten, so daß sie nicht mehr als ein paar Worte von ihm hören konnten.

"Glaubst du, ich käme für einen winzigen Drink an ihnen vorbei?" fragte er nachdenklich.

"Ich möchte sehen, wie du das versuchen willst."

"Hmm. Hört sich nach einer Herausforderung an. Schau zu."

Billy bewegte sich an der Seite entlang, schüttelte den Fans die Hände, ließ die üblichen Fotos von sich schießen, schrieb Autogramme, akzeptiere Kuß um Kuß - er flirtete. Er bahnte sich seinen Weg an der Seite entlang und verlor sich ab und zu in der Masse der Hände. Er war fast an der Tür.

Verdammt, ich begann zu glauben, daß er es geschafft hätte. Aber als er gerade nach dem Türgriff greifen wollte, stürzte sich Tonight auf ihn. Ich lachte über seinen Gesichtsausdruck und drehte mich gerade rechtzeitig um, um Sean und Christine zu sehen, wie sie über den Teppich kamen und mitten in die Willkommensrufe der Menge gerieten.

"Frodo, mein lieber Freund." Sean umarmte und küßte mich. "Du siehst so einsam aus."

"Was? Weil ich keinen Reporter an der Backe habe?"

"Ziemlich viel los hier, was?"

"Das kannst du laut sagen," antwortete ich und hätte jetzt wirklich gerne eine Zigarette gehabt, aber ich hatte mir vor langer Zeit geschworen, mich niemals rauchend filmen zu lassen. "Ich dachte, die anderen Premieren wären schon schlimm gewesen. Aber es wird immer verrückter."

"Es ist fast vorbei," sagte Sean und klopfte mir auf den Rücken.

"Ich weiß." Ich zwang mich zu einem Lächeln. "Ich kann mich nicht entscheiden, ob ich froh oder traurig darüber bin."

Er umarmte mich nochmal, nahm dann Christines Hand und schritt mutig von dannen.

Ich vermißte ihn jetzt schon. Vielleicht sollte ich reingehen, mir einen Drink holen und ein paar philosophischen Sprüchen von Ian lauschen oder so. Er schaffte es immer, daß man sich besser fühlte.
 

Ich wandte mich um, bereit, zu gehen, als ein plötzlicher Aufschrei der Menge mich zurückhielt und mich grinsen ließ.

"Orli! Orli! Orli!"

Ich schüttelte den Kopf und wandte mich um, um Orli aus der gerade angekommen Limousine steigen zu sehen, er grinste den Fotografen und Fans zu, streckte dann seine Hand aus und half Torrie hinaus.

Sie flüsterte etwas in sein Ohr, das ihn zum Lachen brachte und küßte sie, bevor er seinen Arm um ihre Taille legte und losging. Bam! Reporter Nummer eins. Ich grinste, als Orli alles gelassen hinnahm und seine Presseagentin zu ihm rannte und etwas zu ihm sagte, während er weiter versuchte, dem Reporter zu antworten und seiner Agentin eine Antwort zuzunicken. Mein Blick schweifte zu Torrie, die versuchte, sich von seiner Seite zu lösen, wo er sie hielt und deren Augen stetig gen Himmel rollten. Ich kicherte. Sie sah fürchterlich aus.

Ohne Zweifel war es Orli am Schlechtesten ergangen, seit 'Ringe' herausgekommen war. Der plötzliche Ruhm, der über ihn gekommen war, war überwältigend gewesen.

Ich war froh, daß es nicht mich getroffen hatte. Ich glaube, New Line hatte es am Anfang für mich so gedacht, daß Frodo der Star von alledem wäre, aber es war nicht so geschehen. Torrie hatte einmal gescherzt, daß die ganze Marketingabteilung gefeuert worden sein mußte, nachdem 'Die Gefährten' angelaufen war und sie wieder von Neuem beginnen mußten, dieses Mal mit dem Schwerpunkt auf Legolas.

Sie hatten sogar versucht, Peter dazu zu bewegen, neue Szenen zu drehen und Legolas mit einzubringen. Gott sei Dank hatte Peter da nicht mitgemacht.

Ich hatte vorgeschlagen, einen Legolas Hobbit zu entwerfen und ihn einfach der Gruppe hinzuzufügen.

Er brauchte keinen Text oder so. Er konnte einfach nur da stehen und sexy aussehen.

Orli gab mir eine Kopfnuß dafür, daß ich es auch nur gesagt hatte.

Ich grinste, als Torrie sich schließlich unter Orlis Arm hindurch duckte, zu mir schoß und ihn mit dem Reporter allein ließ. Er warf ihr einen verärgerten Blick zu, bevor seine Agentin ihn am Arm griff und zum nächsten Interview zog. Ich breitete die Arme aus, als Torrie sich mir näherte und umarmte sie fest.

"Das war knapp, was?" fragte ich und küßte ihre Wange.

"In der Tat."

"Ich nehme an, du konntest ihn nicht dazu überreden, dich zuhause zu lassen?"

Sie rollte mit den Augen. "Kaum. Ich habe sogar die alte 'Man braucht mich auf der Arbeit' Sache probiert. Ich habe sogar meinen Pager mitgebracht, in der Hoffnung, daß Scott mich anruft und sagt, es gäbe einen Notfall."

Ich lachte. "Du bist furchtbar! Orli mag es, dich bei sich zu haben."

"Ich weiß," seufzte sie. "Bei der ersten war es ja noch spaßig, aber muß es so viele geben? Ich glaube, wenn die japanische Premiere stattfindet, werde ich sicherstellen, daß ich im Roten Meer filme oder so."

"Du bist verrückt," sagte ich.

"Danke, daß du es bemerkt hast."

Wir wandten uns wieder zu Orli, der in seinem dritten Interview steckte. Ich war froh, daß ich meinen schon früh aus dem Weg gegangen war. Jetzt konnte ich einfach da stehen und den anderen zugucken.

Orli pirschte sich vorsichtig an seine Fans heran, und ich glaube, seine Agentin bemerkte das, denn sie versuchte ihn wieder auf den Teppich zu ziehen, denn er entzog sich ihrem Zerren und wandte sich der ersten Gruppe zu, wurde sofort von Büchern und Zetteln und Postern zum signieren überschwemmt. Er redete einen Moment weiter mit dem Reporter, bevor er seinen Fans die gesamte Aufmerksamkeit zuwandte und dort blieb, bis der Reporter den Wink verstand und davon ging.

Ich schielte zu Torrie, deren Blick nicht von Orli abschweifte. Sie hatte ein sanftes Lächeln auf ihrem Gesicht, als sie ihn ansah, und ich erinnerte mich an ein Gespräch bei einem ähnlichen Ereignis, als ich sie fragte, an was sie dachte, wenn sie ihn ansah. "Liebe," hatte sie leise geantwortet. "Abgesehen von dem Sexobjekt und dem wagemutigen Kerl und dem Talent sehe ich nur Liebe. Das ist Orli für mich. Schlicht und einfach. Liebe." Ich glaube, ihre Antwort beschrieb ihre Beziehung.

Oh, ich sage nicht, daß diese nur Friede, Freude, Eierkuchen war.

Es waren immer noch Orli und Torrie, und ich schwöre, um ihr Haus hatte man einen Lärmschutzwall gezogen, den sie mit ihren Streitereien manchmal durchbrachen. Aber ihre Auseinandersetzungen waren nie von Dauer und endeten meist damit, daß man sie tagelang nicht zu Gesicht bekam.

An dem Morgen, an dem die zwei stursten und starrköpfigsten Menschen, die ich je in meinem Leben getroffen hatte, sich endlich gegenseitig - statt jedem anderen - ihre Liebe eingestanden hatten, fand ich Orli gekleidet als Legolas am Set vor, er saß in einem der Assistentenstühle und wartete darauf, daß der Dreh endlich begann. Sein Blick war irgendwie abwesend und ein Dauerlächeln war ihm ins Gesicht gemeißelt. Ich konnte nicht anders, als ihn zu sticheln.

"Ich liege wohl richtig in der Annahme, daß du letzte Nacht was hinbekommen hast," bemerkte ich, ließ mich neben ihn in einen Stuhl fallen und streckte meine Hobbitfüße aus.

Er sah mich mit diesem vollkommenen Legolas-Ausdruck an, ihr wißt schon, jener, der einem die Schuhe auszieht. Nur, daß ich keine trug. "Du kannst das, was zwischen mir und Torrie passiert ist, wohl kaum als 'etwas hinbekommen' bezeichnen."

"Oh Scheiße." Ich rollte mit den Augen. "Laß mich raten. Die Erde bebte, der Himmel stürzte ein und so ein Mist, richtig?"

Orli schenkte mir auch noch dieses dämliche Lächeln... Okay, ich bin vielleicht ein Kerl, aber verdammt noch mal, wenn das nicht ausgesprochen niedlich war.

"So in der , ja," antwortete er, dann stand er auf und ging fort. Verdammter Elb.

Seitdem kleben sie aneinander. Orli erschien sogar in einem der 'The Vast Blue' Specials.

Ich hatte natürlich gefragt, ob dieses das Special über die Gefahren des Meeres war, die man auf hoher See fangen konnte - nämlich so was erschreckendes wie Orli. Ich habe noch eine Kopfnuß dafür bekommen.

Orli machte sich schließlich von seinen Fans los und eilte zu uns, bevor seine Agentin oder ein anderes Mitglied der Presse ihn fangen konnte. In dem Moment, als er uns erreichte, glitt seine Hand in Torries - fast unbewußt.

"Hey Lij!" Er zog mich zu ihm, umarmte mich und plazierte einen nassen Kuß auf meinem Mund. Bastard.

Ich wischte mir mit der Hand über den Mund. "Orli, nicht in der Öffentlichkeit, Mann."

"Ja, Schatz," fügte Torrie hinzu. "Wir nehmen den süßen kleinen Hobbit heute Nacht mit nach Hause und dann kannst du mit ihm alles anstellen."

"Ooh. Kann's kaum erwarten." Orli grinste mich mit hochgezogener Augenbraue an.

"Ihr beide macht mir Angst," erklärte ich ihnen mit einem Lächeln.

"Was mir Angst macht, ist noch eine verdammte Frage danach, wann ich endlich eine Webseite aufbaue," sagte Orli mit einem dramatischen Schütteln. "Laßt uns reingehen, bevor mich noch ein Reporter nach Elben fragt."

Orli griff meine Hand und zog mich und Torrie mit ihm mit und wir stürmten durch die Reporter und Fotografen hindurch, als ein Fan durch die Barrikaden hindurchschlüpfte und sich an Orlis Hüfte warf. Torrie machte eine Bemerkung darüber, daß sie darauf hätte kommen sollen, während die kam und das Mädchen wegtrugen und wir es dankbar zur Tür schafften, wo Ian und Billy applaudierten.

Wir griffen uns ein paar Drinks, standen da und redeten, während Dom und schließlich Viggo ankamen und sich durch ihre Interviews quälen mußten, bis sie uns schließlich Gesellschaft leisten konnten. Schließlich standen Orli und ich etwas abseits, knabberten an ein paar Häppchen, während Torrie mit Christine verschwunden war, wahrscheinlich waren sie auf einem Mädchentrip zum Klo oder so.

"Wie geht es Sean?" fragte ich. "Kommt er zu dieser nicht?"

Orli schüttelte den Kopf und nahm einen Schluck von seinem Tee.

Seit dem Unfall hatte er keinen Alkohol angerührt. Ich war so stolz auf ihn. Gott, ich klang wie ein Vater. "Er sagte, die Premiere war genug. Er ist sowieso diese Woche mit seinen Töchtern verreist."

Ich nickte. Torrie, Sean und Orli waren gute Freunde, als ob sie die Vergangenheit einfach hinter sich gebracht und mit ihren Leben weitergemacht hätten, als ob die Dinge endlich richtig gestellt wären oder so. Sean hatte eine Weile gebraucht, um über alles hinweg zu kommen, aber er hatte niemandem die Schuld zugeschoben. Torrie hatte versichert, daß er sich ziemlich schnell wieder verabredet hatte und ich konnte mir nicht helfen, aber ich fragte mich, ob da nicht etwas Eifersucht in ihrer Stimme mitschwang, wenn sie es sagte. Ich konnte natürlich die Absurdität der ganzen Situation nicht hinnehmen, ohne meinen Kommentar dazu abzugeben. Ich meine, seit dem Anfang hatte ich Torrie beobachtet, wie sie ein totaler Idiot war, sich wegen Orli zu Grunde richtete und sich weigerte, ihm etwas zu sagen, egal, wie sehr ich sie ermutigte. Habt ihr eine Ahnung, wie kurz davor mein Kopf war, zu explodieren, als ich Orli vor dem Fernseher sitzen sah und er Torrie anglotzte? Ich meine, es war wie ein verdammter Kopfschuß. Den ich nicht vorausgesehen hatte. Ich denke, ich war einfach zu sehr von der Situation mitgenommen oder so.

Mein Blick schweifte zu Orli und ich sah ihn einen Moment an, während seine Augen den Raum durchsuchten. Ich hatte das Gefühl, daß er Torrie suchte und auf sie wartete. In letzter Zeit hatten wir nicht wirklich die Möglichkeit gehabt, miteinander zu reden, jedes Mal, wenn wir uns trafen, schien es, als wären wir von der Presse umgeben.

"Bist du glücklich, Orli?" fragte ich.

Er lächelte breit, ohne mich anzusehen. "Ist es das? Glück? Ich glaube, es wäre eher Euphorie."

Ich grinste. "Du wirst mir gegenüber doch nicht etwa zum Poeten, oder?"

Orli lachte. "Scheiße. Ich könnte mit Torries Gelächter nicht umgehen." Er sah zu mir. "Du weißt ja, Frauen haben wirklich ein starkes Ego."

"Amen." Ich leerte meinen Wein und folgte Orlis Blick zu Torrie, die angehalten hatte, um mit Billy und Dom zu reden.

"Nächsten Monat wird sie mit einmonatigen Dreharbeiten über Haie anfangen," bemerkte Orli.

Ich runzelte die Stirn.

Normalerweise brachte Orli sowas nicht zur Sprache, wenn es nicht etwas bedeutete. "Oh?" fragte ich und wartete auf mehr Informationen.

"Eine ganze Sendung wird sich um die Großen Weißen drehen."

Ich zog eine Grimasse. "Sie wird doch nicht versuchen, mit ihnen zu schwimmen, oder?"

Er zuckte mit den Schultern. "Ich weiß nicht. Ich... ich habe nicht gefragt. Ich will es auch eigentlich gar nicht wissen."

Ich sah ihn an, sah ihn wirklich an. "Du bist zu Tode geängstigt, oder?"

Er nickte und folgte ihr mit den Augen durch den Raum.

"Dann bitte sie, es nicht zu tun," schlug ich vor.

Orli schüttelte den Kopf. "Das kann ich nicht machen, Lij." Er wandte sich zu mir und lächelte. "Wir mischen uns nicht in das ein, was dem anderen Spaß macht. Das weißt du. Es ist ihr . So wie ich mir auch sicher bin, daß sie den Gedanken nicht mag, daß ich Sexszenen mit meinen Co-Stars spiele, wird sie mir sicher nicht sagen, daß ich es lassen soll."

"Schauspielen bringt dich aber nicht um." Ich bereute diese Worte in dem Moment, als ich sie sagte, denn Orli erbleichte ein wenig. "Ich meine, nicht, daß es das wird. Diese Dinge werden immer sehr genau vorbereitet und ich bin sicher, sie werden jede Vorkehrung treffen, damit sie keiner Gefahr ausgesetzt sein wird und ich helfe dir damit wirklich nicht, oder?"

Er schenkte mir ein kleines Lächeln. "Ist schon okay. Du sagst ja nichts, worüber du nicht wirklich nachgedacht hast."

Die Unterhaltung endete abrupt, als Torrie neben Orli auftauchte, er seinen Arm um sie legte und sie für einen schnellen Kuß an sich zog. Ich sah ihnen schweigend zu und wußte, daß sie im Moment gar nicht bemerkten, daß ich da war.

Sie verloren sich ineinander und es war irgendwie cool, außerhalb zu sein und dem zuzusehen. Man erlebt es nicht oft, echte Liebe zwischen zwei Personen zu sehen.

Nur für einen Moment.

Ein Prickeln durchfuhr mich und ich runzelte die Stirn, wandte meinen Blick von ihnen ab und zum Kino, wo sich die Leute zu versammeln begannen.

Ich wünschte, Orli würde Torrie sagen, daß er ein wenig Angst um sie hatte.

Ich denke, wenn sie es wüßte, würde sie nichts Dummes tun.

Vielleicht würde ich es ihr später sagen müssen, wenn Orli nicht in der Nähe war.

Er würde mich vielleicht später dafür verkloppen, aber das wäre es wert.
 

Ich denke, wir haben die Geheimnisse zu lange einander verschwiegen.
 

-Ende-
 

Na? Wenn ihr es bis hierhin durchgehalten habt, fänd ichs lieb wenn ihr mir jetzt eure Meinung dazu sagt!!

Danke an alle, die freude daran hatten...

Eure Kisagi



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Kommentare zu dieser Fanfic (11)
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Von: abgemeldet
2006-01-07T20:12:33+00:00 07.01.2006 21:12
ich hab die story auch auf der erwähnten seitegelesen.erst hab ich gedacht hey subba jetz auch hier. aber als ich dann gesehn hab das du sie als deine herstellst oder zumindest so tust fand ich das richtig scheiße!!! aber ich will jetzt nicht auf dir rumhacken oder so. also ich liebe die storyund meiner meinung nach ist sie du ob story schlechthin. sie ist einfach nur perfekt!!! aber ich find echt blöde das du nicht einmal erwähnt hast das es nicht deine ist.
Von: abgemeldet
2004-07-25T17:46:27+00:00 25.07.2004 19:46
EDIT: Bevor es falsch rüberkommt... Authorisationen über von oblonline.de verwendete FanFics gehen nicht von mir aus, sondern von der Webmistress (hab das mißverständlich geschrieben, sorry..)
Von: abgemeldet
2004-07-25T17:35:43+00:00 25.07.2004 19:35
EDIT: Bevor es falsch rüberkommt... Authorisationen über von oblonline.de verwendete FanFics gehen nicht von mir aus, sondern von der Webmistress (hab das mißverständlich geschrieben, sorry..)
Von: abgemeldet
2004-07-25T16:36:24+00:00 25.07.2004 18:36
Vielleicht sollte ich mich mal zu Wort melden... ja, ich bin's, Nevréd (auch wenn ich mich hier ohne den Strich überm 'e' schreibe - das ging nicht bei der Anmeldung - ich bin's wirklich). Eigentlich bin ich sonst nur auf oblonline.de zu finden, habe aber zufälligerweise diese Diskussion entdeckt und denke, ich sollte als Übersetzerin auch mal was dazu schreiben.
Ich finde es nicht wirklich schlimm, dass Du die Story hier online gestellt hast, zumindest ist Aelora als Autorin und ich als Übersetzerin mittlerweile (?) vermerkt. Allerdings wäre es doch schön gewesen, zu wissen, auf welchen Seiten die FF noch veröffentlicht wird. Eine kleine e-mail wär da kein Beinbruch gewesen(nevred@gmx.de - klick einfach bei DC auf obl auf meinen Namen, ganz leicht...). Ich habe bei der Übersetzung auch an Aelora geschrieben und sie informiert, dass die Story auf Deutsch auf oblonline.de stehen wird.
Was ich allerdings wirklich traurig finde, ist, dass Du bei der Zusammenfassung der Geschichte haargenau Verenas (Webmistress von obl) Worte verwendest. copy&paste, oder was? Das ist arm... so schwer ist es nun auch nicht, eine eigene Zusammenfassung zu schreiben.

Ansonsten kann ich mich nur Tsutsumi anschließen.

mfg

Nevréd
Von: abgemeldet
2004-05-27T18:20:31+00:00 27.05.2004 20:20
Hm, also ich hab die FF auch schon von OBLonline.de gehabt, also sie dort gelesen. Mir kommt es ziemlich suspekt vor, dass wenn du weder Autor noch Übersetzter bist, die FF hier veröffentlichst.

Zumal ich nirgend einen wirklich stechenden Hinweis oder Anmerkung dazu gefunden habe, dass es nicht deine FF ist. Und ich glaube auch nicht, das Nevréd erlaubt hat, die FF hier hochzuladen, ohne das sie erwähnt wird. Außerdem bräutechst du wohl die Erlaubniss der Übersetzerin direkt, wenn du die Geschichte hier hoch stellst.

Die Geschichte an sich ist genial und fast perfekt, aber du solltest wirklich einen Vermek in der Geschichte selbst machen
-das es nicht deine ist, da du an den Reaktionen wohl schon gemekrt hast, das die anderen denken es ist deine
-Neveréd als Übersetzterin vermerken
-und wer die eigentliche Autorin ist!

Dann glaube ich spricht nichst dagegen!
Von: abgemeldet
2004-02-02T22:14:52+00:00 02.02.2004 23:14
AAAAAAAAAALSOOO!
ich glaub ich muss mal was klarstellen:
1. tut mir leid das ich nich immer sofort auf eure kommis antworte, bin aber im mom ziemlich im schulstress, also bitte nich sauer sein!!
2. ich lösche grundsetzlich keine kommis es sei denn sie sind beleidigend oder unverschämt
3. ich habe nie gesagt, ich persönlich hätte diese fanfic geschrieben oder übersetzt, außerdem hab ich auf der unten erwähnten OBL-site um erlaubnis gebeten. Und
4. möchte ich mich bei tsutsumi dafür bedanken das du mich darauf aufmerksam gemacht hast, das ich nevréd nicht erwähnt hab, weil es mir bis jetzt noch gar nicht aufgefallen is weil ich beim onlinestellen dieser ff ziemlich..naja..betrunken war(kam grad von ner feier ^^) und habs mir seid dem net mehr so genau angeguckt,
ich werde es sobald es geht ändern und wünsche euch trotzdem noch viel spaß beim lesen!
MfG
Kisagi
Von:  Tsutsumi
2004-02-02T21:05:04+00:00 02.02.2004 22:05
Hm...
Ich weiß jetzt nicht, warum mein Kommentar verschwunden ist. Entweder technisches Versagen oder du hast ihn gelöscht. Wenn letzteres der Fall sein sollte: Toll! -_-
Dann wird dieser hier wahrscheinlich auch nicht lange leben.
Du bist deiner Reaktion zufolge nicht Nevréd (und Aelora schon gar nicht), sondern hast dich einfach an dieser Fan Fiction vergriffen und gibst sie als deine Übersetzung aus.
Und dabei kopierst du unverschämt aus dem Vorwort von www.oblonline.de.
Wundervoll. Damit beraubst du zwei Leute, die ihr ganzes Herzblut in diese Storie gesteckt haben (was man einfach merkt beim Lesen). Echt toll.
Sollte ich falsch liegen, berichtige mich.
Ansonsten nimm die FF wieder runter, bzw. frag vorher die Autorin/Übersetzerin (und erwähne letztere).

Tsutsumi
Von:  starwater
2004-01-18T16:28:07+00:00 18.01.2004 17:28
Geschafft!!!^^
Wirklich EINMALIGSUPERSPITZENKLASSEMEGAGEIL!!!!
Romantik , Drama , Spannung..diese Fanfic hat es in sich!!!;)
Ist dir wirklich super gut gelungen und diese Story ist einfach nur empfehlenswert !!!!!!:)
Knuddeläääz , starwater
Von:  Panny
2004-01-18T13:46:07+00:00 18.01.2004 14:46
Buh, endlich! Hab deine Fanfic gelesen und ich find sie megalklasse! Hast du toll geschrieben! Gaaaaaaaaaaaaannnnnnnnnnnzzzzzzzzzzzzzzz großes Lob an dich!
^-^
Von: abgemeldet
2004-01-12T22:54:32+00:00 12.01.2004 23:54
Hi!!^^

Ach du meine Güte!!!! Bin ich geschafft *puhh* Ich will nicht wissen, wie lange du an dieser genialen Story gesessen! *beeindrucktsei*

War eine fach spitze!!!

Bussi Nilli


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