Dolphin's Cry von abgemeldet (Eine Orlando Bloom Fanfic) ================================================================================ Kapitel 7: ----------- Kapitel 7 To think we can find happiness hidden in a kiss Ah, to think we can find happiness that's the greatest mistake there is The Sweetest Embrace - Nick Cave Die nächsten zwei Monate rasten nur so vorbei. Ich flog eine Wochen nach Hause und besuchte Atti in Deutschland und sah mir die Show an, an der er arbeitete, die wie üblich großartig war. Ich kam für drei Wochen zurück und mußte dann nach Neuseeland hinunterfliegen, um ein paar Reshoots für ,Die zwei Türme' zu drehen. Trotzdem brach der Kontakt zu Torrie nicht ab. Wenn ich in der Stadt war, ging ich mit ihr zu Mittag essen, wann immer es möglich war, und wenn Steve nicht in der Stadt war, traf sie Elijah und mich für Drinks und zum Tanzen. Während ich in Europa und Neuseeland war, rief ich sie jeden Tag an und sie manchmal mich. Ich fand heraus, daß sie nicht gern nachts allein in Steves Haus war (ich habe es einmal gesehen und es war ein völlig monströser Ort, um alleine zu sein) und so bekam sie selten viel Schlaf, wenn Steve nicht in der Stadt war. In einer dieser Nächte redeten wir über so ziemlich alles, auch über Sex. Es ist komisch, mit einer Frau über sowas zu reden, vor allem mit einer, mit der man sich vollkommen gut versteht. Ich lernte ein bißchen was von ihr, das Erstaunlichste war, daß Frauen genau so pervers und sexgierig waren wie Männer, die Gesellschaft lehrte sie nur, es zu verbergen. Oh ja, sie erzählte mir ziemlich abgedrehtes Zeug, vor allem im Hinblick auf Fan Fiction; das ist, wenn Fans einer Sache - sei es eines Films, einer TV Show, eines Schauspielers oder so - ihren eigenen Teil dazu schreiben. Ich glaube, dieser Kram ist überall im Netz. Egal. Torrie erzählte mir auch von Slash Fan Fiction, wobei diese Leute über zwei Angehörige desselben Geschlechts schreiben, die sich füreinander zu interessieren beginnen und schließlich loslegen. Erst glaubte ich ihr nicht. Dann beschloß sie, es mir ganz primitiv beizubringen und fand ein paar davon im Internet, druckte sie aus und gab sie mir. Jesus Christus, wenn es nicht über mich und Viggo war, dann über Elijah oder einen der Hobbits und Zeug über Legolas und Aragorn und so ging es in einem fort. Ich war total und vollkommen sprachlos. Ich erzählte Elijah davon, und wißt ihr, was er gesagt hat? "Oh ja, Mann. Kann nicht glauben, daß du nicht wußtest, daß es diesen Scheiß da draußen gibt." Und dann fragte mich doch dieser kleine Mistkerl, direkt vor Julie, ob wir irgendwas davon mal miteinander versuchen sollten. Blödmann. Irgendwann, und das schwöre ich, werde ich ihn übers Knie legen und seinen Hintern grün und blau schlagen. Diese Slasherleute würde das bestimmt liebend gern hören. Zwischen meinen Reisen, als ich wieder in LA war, lernte ich dieses Mädchen kennen, Julie Wiles. Absolut atemberaubend. Ich meine, zum Umfallen schön. Langes, weißblondes Haar, tiefblaue Augen, perfekt gebräunte Haut, die danach schrie, berührt zu werden. Sehr, sehr süß, manchmal etwas schüchtern und wortkarg, vor allem, wenn wir in einer Gruppe Menschen unterwegs waren. Sicher, die war keine Raketenwissenschaftlerin oder so, aber wenn ich eine anregende Unterhaltung wollte, dann wandte ich mich sowieso an Elijah oder Torrie. Julie, oder Jewels, wie ich sie nannte, war das perfekte Mädchen zum Weggehen. Und der Sex mit ihr war auch nicht schlecht. Sie hatte diese unmöglich langen Beine und eine Zunge, die Erstaunliches leisten konnte. Torrie nannte sie ,Trophy', ,Trophäe' , und Elijah sagte immer, ich solle zuerst an ihn denken, wenn es mir einmal mit ihr zu langweilig würde. Hmph. Sie war ein wenig jung - neunzehn - aber sie war auch ein Model und die mußten schnell aufwachsen. Ich wußte nicht, ob daraus etwas ernstes werden würde, oder ob ich das überhaupt wollte, aber es war verdammt noch mal besser, als allein zu sein. Ich war gerade eine Woche in Neuseeland gewesen, als mich Torrie eines Nachts anrief. Das war gewöhnlich die Zeit, an der wir miteinander sprachen, wenn sie zur Mittagspause war. Ich lag auf dem Boden und schaute den Drehplan für den nächsten Tag durch, als das Telefon, das neben mir stand, klingelte. "Ja?" "Du mußt dir ein besseres Benehmen am Telefon angewöhnen." Ich lächelte. "Sei froh, daß ich nicht gefragt habe, was du verdammt noch mal willst." Normalerweise hätte sie über so etwas gelacht, aber diesmal tat sie es nicht. Oh ja, mittlerweile kannte ich Torrie sehr gut. Irgendwas stimmte nicht. Aber ich konnte nicht einfach hingehen und fragen was los sei, sonst würde sie noch gehemmter sein. Wenn es eine Sache gab, die ich schnell gelernt hatte, war es die, daß sie nicht gerne andere mit ihren Problemen belästigte. Sie haßte es, daß man ihretwegen bekümmert war. Ich hatte versucht, ihr zu erklären, daß ich als ihr Freund für sie da war und daß ich ihr bei allem, was ihr Sorgen bereitete oder sie verletzte, helfen wollte. Torrie sagte aber nur immerzu, daß ich bestimmt wichtigere Dinge zu tun hätte, als ihren weinerlichen Geschichten zuzuhören. Das frustrierte mich ohne Ende. Es war die einzige Barriere, die noch zwischen uns stand und die ich umgehen mußte, um an sie heran zu kommen, und manchmal war da ein kleiner Teil in mir, der Angst davor hatte, dies zu tun. "Wie sind die Nachdrehs?" "Großartig!" Ich könnte das umgehen, erst mal etwas Small Talk machen, wenn es ihr angenehmer war. "Es ist wie die Wiedervereinigung einer Familie. Manchmal denke ich, es ist nicht gut für die Menschen, soviel Spaß am Filmset zu haben. Die Hobbits und ich waren heute Nachmittag surfen - Billy wurde ziemlich gemein herunter geworfen. Hat sich das Board an den Kopf geschlagen. Verdammt ekelhafter Bluterguß an der Stirn." "Armer Kerl! Ich hoffe er ist okay." "Oh ja. Du kennst Billy. Er hat beschlossen, sich den Schmerz im Pub wegzuspülen." Sie lachte. Gutes Zeichen. "Die nächsten paar Tage will sich Peter auf Szenen mit Sam und Frodo konzentrieren, der Rest von uns setzt dann nach Sydney über. Lij muß nächste Woche nach LA zurück, um mit dem Dreh seines neuen Films zu beginnen, bis dahin sollten wir also fertig sein." "Ich hab mich schon gefragt, wann es soweit ist." Sie machte eine Pause und ich hörte ein Zögern aus ihrer Stimme heraus, wie, wenn jemand etwas sagen will, sich aber nicht traut. Ich wartete. Fing an, auf meinen Nägeln zu kauen. Eine lange Stille, keiner von uns sagte viel. Verdammt, mußte ich denn jedesmal ihre Hand halten? "Torrie - " begann ich wieder, aber sie unterbrach mich. "Ich glaube, Steve betrügt mich." Whoa. Das hatte ich nicht kommen sehen. Ein Teil in mir wollte aufspringen und ein bißchen tanzen. Vielleicht würde sie so erkennen, was er für ein Ekel war, und ihn verlassen. Natürlich tat es mir als ihr Freund leid. Nichts könnte schlimmer sein, als herauszufinden, daß die Person, die du liebst, anscheinend nicht dieselben tiefen Gefühle hat. "Jesus, Liebes, das tut mir leid." Das sagte man doch, oder? Ich fuhr mir durchs Haar. "Wie hast du das herausgefunden?" "Ich bin mir nicht sicher," sagte sie zögernd, doch sie wußte es besser, das hörte man durch ihre Stimme hindurch. "Es sind nur kleine Dinge. Anrufe, bei denen aufgelegt wird, wenn ich sie annehme. Quittungen von Juwelieren. Der Geruch von Parfüm, das ich nicht benutze, auf seiner Kleidung. All der Kram." "Hast du ihn schon mal darauf angesprochen?" Eine lange Pause. "Uh... nein. Ich denke nicht... Ich meine, ich weiß nicht, ob ich die Nerven hätte, das zu tun." Ich runzelte die Stirn. Das klang so gar nicht wie Torrie. Sie hatte nie damit Probleme gehabt, mir was auch immer ins Gesicht zu sagen, wenn ich mich wie ein Idiot benahm. Eines Tages sah ich sogar, wie sie ihrem Boß gegenüber ausflippte, weil er es zugelassen hatte, daß sich ein anderer Angestellter um die Delphine kümmerte und das Männchen war krank geworden, weil der Angestellte ihn mit verdorbenem Fisch gefüttert hatte. "Du mußt etwas sagen, Tor," sagte ich ihr. Du kannst ihn nicht einfach so weiter machen lassen und es ignorieren. Entweder, du bringst ihn dazu, daß er es zugibt oder verleugnet, wenn er das kann. Aber ich werde dich verdammt noch mal nicht einfach zusehen lassen, wie er sich durch die Gegend vögelt. Das ist Bullshit." Noch eine Pause. "Du hast Recht... natürlich." "Torrie, was stimmt nicht?" Da war nicht einfach nur Zögern in ihrer Stimme. Es war fast so wie... nun, eigentlich Angst. "Hast du vor etwas Angst? Hast du vor seiner Reaktion Angst?" Ich wußte nicht, warum ich sie das jetzt fragte, aber zu diesem Zeitpunkt erschien es mir angemessen. "Nein... nein. Das ist es nicht. Vielleicht habe ich einfach nur Angst vor seiner Antwort." "Verdammt, Torrie. Du hast mich vorher noch nie angelogen." So langsam wurde ich sauer. Ich konnte an ihrer Stimme hören, daß sie mir nicht alles erzählte. Ehrlich gesagt hatte ich sie noch nie so gehört und ich wünschte mir plötzlich, ich sei wieder in LA. Es ist besser, wenn sich dir jemand Angesicht zu Angesicht öffnet. Dann können sie wenigstens deinem Blick nicht ausweichen. "Ich lüge nicht, Orli," verteidigte sie sich. Erbärmlich. "Hör mal, ich muß jetzt zurück zur Arbeit." "Leg jetzt verdammt noch mal nicht auf!" blaffte ich sie an. "Du hast angerufen, erinnerst du dich?" Stille. Ich stand auf und wanderte umher. "Torrie?" fragte ich schließlich. "Es tut mir leid, Orli. Ich wollte dich nicht verärgern..." "Ich bin nicht verärgert, Süße." Ich trat gegen die Wand als ich sie erreichte, drehte mich um und lehnte mich dagegen. "Ich hasse es nur, dich so zu hören. Ich wünschte, ich könnte da sein." "Es unterliegt nicht deiner Verantwortung, aus meinem Leben ein Bett aus Rosen zu machen." "Nicht?" Wenn nicht mir, wem dann? Steve? Offensichtlich war ihm so eine Aufgabe nicht wichtig. "Ich würde dich jetzt umarmen, wenn ich da wäre." "Ich weiß." Ich fühlte ihr Lächeln. So fühlte ich mich etwas besser. "Wirst du mit Steve reden?" "Ja.. Wenn er nächste Woche aus Houston zurückkommt." Nun, das war ein Anfang. "Die nächsten paar Tage werde ich in Sydney sein, aber ich rufe dich an, wenn ich Gelegenheit dazu habe." "Viel Spaß. Und sei brav." Ich lächelte. "Immer doch." "Liebe dich." "Liebe dich auch." Wir legten auf. Oh ja, die ganze ,Liebe dich'-Sache. Hab nicht die leiseste Ahnung, wann oder wie wir damit angefangen haben. Es war etwa so vor einem Monat, aber ich bin mir nicht sicher. Alles was ich weiß, ist, daß es sehr natürlich aus mir raus kam und es klang richtig und ich konnte nicht mit ihr sprechen, ohne ihr das zu sagen. Ich war nicht in sie ,verliebt'. Ich liebte sie nur. So eine Bruder/Schwester-Sache, aber nicht total. Elijah fielen fast die Augen raus, als er uns dies das erste Mal sagen hörte. Ich sagte ihm, er solle erwachsen werden. Er fand das aus irgendeinem Grund unglaublich komisch. Julie flog herunter, um ein paar Tage mit mir in Sydney zu verbringen. Wir hatten eine gute Zeit. Ich schaffte es nur einmal, Torrie anzurufen, aber es schien ihr besser zu gehen, erzählte mir, sie sei den ganzen Tag mit Christine einkaufen gewesen. Es war nur ein kurzes Gespräch, denn sie war beschäftigt mit einer Gruppe, die gerade beim Center ankam und Julie zerrte an mir und sagte mir, ich solle mich beeilen, damit wir endlich in den Club könnten. Ich fand es etwas komisch, Torrie zu sagen, daß ich sie liebte, so direkt mit Julie neben mir, und deshalb antwortete ich nur ,dito', als sie es zu mir sagte und fühlte mich dann den Rest des Abends wie ein Bastard. Ich versuchte, sie am nächsten Tag anzurufen, aber es ging niemand ans Telefon. Wir mußten nur noch ein paar Szenen drehen, und ich dachte daran, wieder nach Deutschland zu fliegen, wenn wir fertig waren, damit ich noch etwas Zeit mit Atti verbringen konnte. Elijah würde am nächsten Tag nach LA zurückfliegen und ich bat ihn, nach Torrie zu sehen, wenn er die Gelegenheit dazu hatte. Ich hatte immer noch nichts von ihr gehört seit unserem letzten Telefonat und ich hoffe, sie würde nicht denken, daß ich sie loswerden wollte. Ich hatte sie gestern bei der Arbeit angerufen, aber man sagte mir, sie sei krank. Ich hoffte, Steve würde sich um sie kümmern, bezweifelte dies aber stark. Das Telefon klingelte, als ich meine letzten Sachen zusammenpackte. Ich überlege, es einfach klingeln zu lassen, weil ich wirklich nicht in der Stimmung war, mit jemandem zu reden, aber dann dachte ich daran, daß es vielleicht Torrie sein könnte. Wir hatten fast eine Woche nicht miteinander geredet, und ich begann mir Gedanken zu machen. "Hallo?" Da, ich war höflich, nur, falls sie es war. "Orli?" "Ja?" Die weibliche Stimme am anderen Ende klang etwas vertraut, aber ich erkannte sie nicht sofort. "Hier ist Christine." Das war seltsam. Ich glaube nicht, daß sie mich jemals zuvor angerufen hatte. Ich runzelte die Stirn. "Hey Christine. Wie geht's?" "Entschuldige bitte, wenn ich dich störe, aber ich habe gerade mit Sean telefoniert und er meinte, ich sollte dich anrufen." Sie redete sehr schnell und ihr Tonfall ließ alle Alarmglocken in meinen Kopf schrillen. Ich kaute jetzt schon an meinem Nagel, oder an dem, was davon übrig war. "Worum geht's?" "Um Torrie..." Ich wartete und wollte nicht hören, daß sie in irgendeinen schrecklichen Autounfall verwickelt worden sei oder daß sie wieder in diesem verdammten Haifischbecken geschwommen war und einer der Blauen sie attackiert habe. Ich glaube, ich hielt auch die Luft an. Vielleicht hatte ich deswegen nichts von ihr gehört und sie deshalb nie an die Strippe bekommen. Aber ich hatte gestern mit dem Center gesprochen, und dort sagte man mir, sie sei krank. Ja, das war es. Sie war krank. Vielleicht war sie sehr krank und hatte Christine gebeten, mich anzurufen. Als sie nichts sagte, war ich gezwungen, wieder auszuatmen und direkt zu fragen. "Was ist mit Torrie, Christine?" Eine Pause. "Ich fühle mich so, als würde ich meine Nase in Angelegenheiten stecken, die mich nichts angehen, aber... nun, ich wußte nicht, was ich noch tun sollte und dachte, du wüßtest es vielleicht. Wenn Sean hier wäre... Nun, er sagte, du würdest vielleicht selbst lieber zu ihr gehen wollen, da ihr ja beide so eng miteinander befreundet seid." Jetzt begann ich mir wirklich Sorgen zu machen. "Christine, was zur Hölle ist los?" "Nun, vom Center erfuhr ich, daß sie krank sei, und deshalb beschloß ich, mal bei ihr vorbeizukommen und nachzusehen, ob ich ihr irgendwie helfen könnte. Als sie die Tür öffnete... Gott, Orli! Ich kann es nicht beschreiben. Ihr Gesicht war blau und grün, ihr Auge geschwollen - sie sah furchtbar aus! Ich fragte sie, was passiert war und die erzählte mir diese dumme Geschichte von wegen eine der Robben hätte sie im Center angegriffen." Ich schwieg. Wußte nicht, was ich sagen sollte. Ich stand da mitten im Zimmer und verleugnete alles, was mir durch den Kopf schoß. Ich griff das Telefon fester. "Orli," sagte Christine sanft. "Ich glaube... Ich glaube, Steve hat ihr das angetan." Ich fühlte mich, als hätte mich jemand in den Magen geschlagen. Ich erinnerte mich an ihre Geschichten wie sie aus dem Bett gestolpert und gegen den Nachttisch gefallen war und wie sich der Angelhaken in ihrer Lippe verfangen hatte. Ich erinnerte mich an das Gespräch, wie sie mir sagte, das Steve sie betrügen würde und an die Angst in ihrer Stimme. Heilige Scheiße, ich fühlte mich schlecht. "Orli?" "Ich bin dran, Christine." Verdammt, ich war so ruhig. "Was soll ich tun? Ich habe versucht, mit ihr zu reden, aber sie sagte nur, daß alles in Ordnung wäre und schickte mich fort. Ich glaube, Steve war da." "Tu gar nichts." Ich warf den Rest meiner Sachen in den Koffer und schloß ihn. "Torrie wird sich dir nicht öffnen. Gott, sie wird sich auch mir nicht anvertrauen, aber diesmal lasse ich sie nicht so leicht davon kommen. Ich fliege heute abend zurück. Wenn du kannst, versuch morgen früh noch mal zu ihr zu gehen. Ich rufe dich an, wenn ich ankomme." "Okay. Sean sagte, du würdest wahrscheinlich den nächsten Flug zurück nehmen." Mit meinen Gedanken war ich bereits weit weg von diesem Gespräch. In meinen Gedanken sah ich mich schon Steves Gesicht zu Brei schlagen, und ich bin eigentlich keine sehr gewalttätige Person. Aber hier war ich bereit, eine Ausnahme zu machen. Schande über Torrie, daß sie mir das verschwiegen hatte. Ich legte auf und rief beim Flughafen an. Glücklicherweise gab es einen Flug, der in vier Stunden ging. Ich buchte ihn und wollte gerade auflegen, als Sean und Elijah eintraten. Sie erklärten mir schnell, ich solle auch für sie buchen. Ich tat es. Als ich das Telefon weglegte, zitterte ich. Sean gab mir etwas zu trinken, keine Ahnung, was es war, aber es brannte beim Schlucken und ich wurde ein wenig ruhiger. Nicht viel. Elijah sagte, ich solle mich beruhigen. Ich sagte ihm, er solle sich verpissen. Oh nein, es ging mir gar nicht gut. Ich konnte nicht sagen, wer der von uns am wahnsinnigsten war - Steve dafür, daß er sie schlug, Torrie dafür, daß sie es mir nicht sagte, oder ich, daß ich es nicht gleich gesehen hatte. Tief in mir hatte ich immer gewußt, daß da was nicht stimmte. Aber ich hatte es ignoriert. Im einen Moment war das Glas in meiner Hand, im nächsten zerschmetterte es an der Wand. Elijah zwang mich, mich hinzusetzen. Sean versprach, daß wir uns um alles kümmern würden. Ich hörte weder den einen noch den anderen. Ich war zu beschäftigt damit, mich selbst anzuklagen, weil ich es nicht verhindert hatte. Wenn die beiden nicht gewesen wären, hätte ich nicht gewußt, wie ich zum Flughafen hätte kommen oder den langen Flug hätte überstehen sollen, bis wir endlich in LA angekommen waren. Sean rief Christine an, als wir ankamen und erfuhren, daß Torrie heute morgen zur Arbeit gegangen war. Nun, wenigstens war sie nicht bei Steve. Das würde es einfacher machen, sie darauf anzusprechen. Sie zugeben zu lassen, daß sie gelogen hatte. Ich hatte keine Ahnung, was ich tun würde. Ich würde sie nur auf keinen Fall wieder zu diesem Bastard zurück oder in seine Nähe kommen lassen. Ich hatte nicht viel gesagt, seit wir Neuseeland verlassen hatten, selbst Elijah und Sean neben mir waren angespannt. Sie wollten mich erst zu meiner Wohnung bringen, damit ich mich etwas beruhigen konnte, aber ich lehnte ab. Ich wollte Torrie sofort sehen, egal, ob sie mitkommen würden oder nicht. Sean warnte mich, daß ich mich erst mal beruhigen müßte, bevor ich zu ihr ging und sie vielleicht verschreckte. Ich hörte nicht zu. Laurie war im Tickethäuschen, als wir ankamen. Ich war nicht in der Stimmung, mit ihr zu reden. Hätte auch nichts ausgemacht. Als sie Elijah und Sean bei mir sah, vergaß sie förmlich, daß ich existierte. Sie fragte sofort nach Autogrammen. Sean schüttelte den Kopf. "Vielleicht später, Liebes," erklärte er ihr. "Jetzt müssen wir Torrie sehen. Ist sie da?" Ihre Augen weiteten sich. "Wow. In welchen sozialen Kreisen bewegt sie sich eigentlich?" Ich wollte etwas sagen, was bestimmt unhöflich gewesen wäre, aber Elijah legte eine Hand auf meinen Arm und sagte, "Wir müssen sie wirklich dringend sehen." Der Teenager blinzelte einen Augenblick und nickte dann. "Ja. Okay. Sie ist bei den Delphinen. Mr. Bloom weiß, wo - " Bevor sie ihren Satz beenden konnte, war ich schon an ihr vorbei, Elijah und Sean dicht hinter mir. Ich führte sie zum Außenbecken, wo wir Torrie allein erblickten, die am Wasser kniete und Fisch zu den beiden Delphinen hinaus warf. Sie wandte ihren Rücken zu uns und trug ein langärmeliges T-Shirt und Jeans. Sie war sie für gewöhnlich zur Arbeit nicht gekleidet. Ich runzelte die Stirn, öffnete die Tür und trat hinaus. Torrie sah über ihre Schulter und ihre Augen weiteten sich. Sie stand auf, drehte sich zu uns und ich atmete scharf ein. Heilige Scheiße! Christine war noch großzügig gewesen. Torries rechtes Auge war umgeben von roten und schwarzen Ringen, auf ihrer linken Wange breitete sich ein ähnlicher Bluterguß aus und ihre Unterlippe war wieder einmal eingerissen. Ich fühlte mich schlecht. Ich hörte kaum, wie Elijah neben mir einen ungläubigen Laut von sich gab. "Orli." Torrie schenkte uns ein nervöses Lächeln. "Hallo Jungs. Was... was macht ihr hier? Ich dachte, ihr wärt noch in Neuseeland." Ihr Blick schweifte zu Sean. Wenn Torrie etwas nicht war, dann war sie dumm. Sie wußte sehr gut, warum wir hier waren. Sie wußte, daß Christine uns angerufen hatte. Ich ging zu ihr, immer noch unsicher, was ich sagen sollte, und sagte mir immer wieder, daß ich sie nicht anschreien dürfte. Als ich ausreichte, um nach ihr zu greifen, zuckte sie zusammen und fuhr zurück, als ob sie Angst vor mir hätte. Das war es. "Was zum Teufel, Torrie?" verlangte ich zu wissen. Sie blinzelte und zuckte etwas. "Ich - " "Er hat dir das angetan, nicht wahr?" Angst. Definitiv. Ihr Gesichtsausdruck bestand nur daraus. Ihr Blick ging von mir zu Elijah und Sean und wieder zurück. "Ich weiß nicht, wovon du redest." Sie versuchte, wegzugehen, aber ich griff sie am Arm und zog sie zurück. "Hör auf damit, Torrie! Hör einfach auf. Ich habe deine Lügen satt! Ich hab diese Scheiße satt, daß du einfach nur zerstreut bist. Schau mir in die Augen und sag mir, daß eine gottverdammte Robbe dir das angetan hat!" Sie zitterte. Ich haßte ich selbst, daß ich sie anschrie, aber ich wollte sie nicht wieder mit Lügen daraus kommen lassen. Ich wollte, daß sie es zugab. Ich wollte, daß sie mir genug vertraute, um mir die Wahrheit zu erzählen. Sie versuchte, die Tränen in ihren Augen zurückzuhalten. Sie sagte nichts. Elijah tauchte neben mir auf. Vielleicht hatte er etwas Angst vor meinem Temperament. "Torrie, wir wollen dir nur helfen," erklärte er ihr sanft, viel ruhiger, als ich mich im Moment fühlte. "Wir sind deine Freunde." Nichts. Sie guckte wie ein in die Enge getriebenes Tier, das bereit war, sich das eigene Bein abzubeißen, um von uns wegzukommen. Ich haßte es, sie so zu sehen. Das war nicht Torrie. Das war nicht dieselbe Frau, die furchtlos mit einem Dutzend Haie schwamm. Das war nicht dieselbe Frau, die am Wochenende auf einem Boot voller rauhbeiniger Fischer das Kommando übernahm oder die meine Freundin meine ,Trophäe' nannte oder Elijah die Zigaretten aus dem Mund schnippte, wenn sie genug von seiner Raucherei hatte. "Willst du, daß ich zu Scott gehe und ihn frage, ob dir eine Robbe das Gesicht zerschlagen hat?" fragte ich. "Was glaubst du, was er antworten wird? Was für eine Lüge wirst du ihm erzählen? Das du die verdammten Treppen hinuntergefallen bist?" "Orli." Sean sprach sanft, aber warnend, meinen Namen aus. "Bleib ruhig." Zur Hölle mit dem ruhig bleiben. Ich ging eine Schritt auf sie zu und hielt sie fest, als sie sich weg bewegen wollte. Ich umschloß ihr Kinn mir meiner Hand und hob ihren Kopf, so daß sie mir in die Augen sehen mußte. Sie kämpfte immer noch gegen die Tränen an. Ich lockerte meinen Griff, da ich wußte, daß sie daß sie am Ende ihrer Kräfte war. Die Schuld hatte mich die letzten vierundzwanzig Stunden fast erstickt. Oh ja, das war alles nur mein Fehler, und ich wußte es. "Bitte, meine Liebste," bat ich sie sanft. "Du hast ihn auf seine Betrügerei angesprochen und er hat dir das angetan, nicht wahr? Torrie? Sag mir nur, ob er das war oder nicht." Ihr Lippe zitterte. Ihre Augen flatterten einen Moment, dann nickte sie. Ich hörte Sean hinter mir fluchen und Elijah noch einen Laut ausstoßen und weggehen, aber ich blickte weiterhin Torrie an. Die Tränen begannen zu fließen und ich zog sie in meine Arme, hielt sie und sie begann zu schluchzen und ich schob den ganzen Ärger - den puren Haß auf Steve Rubin - für einen Moment beiseite und konzentrierte mich darauf, meine Freundin zu trösten. Ich strich ihr übers Haar und streichelte ihren Rücken, während Elijah den Pool umrundete, vor sich hin murmelte und Sean an der Seite stand, sich durchs Haar fuhr und mich und Torrie ansah, während er ungläubig den Kopf schüttelte. Es war alles ziemlich surreal. Man kann sich einfach nicht vorstellen, daß man mal in so einer Situation landet. Männer, die Frauen schlugen, waren für einen etwas, was man nur in Dramen oder Fernsehfilmen sah oder von denen man in den Nachrichten im Zusammenhang mit irgendwelchen Profisportlern hörte. Das passierte nie jemandem, den man kannte, und ganz bestimmt sollte es nicht Torrie passieren. Ich weiß nicht, wie ihr das seht, aber für mich waren Frauen in solchen Situationen immer milde Wesen ohne Rückgrat oder Bildung oder Selbstbewußtsein. Torrie hatte sicherlich auch ihre Unsicherheiten, aber hatten wir die nicht alle? Fuck. "Ich lasse dich nicht wieder dahin zurück, hast du mich verstanden?" fragt ich sie sanft. Ich wartete, bis ich sie an meiner Brust nicken fühlte, bevor ich fortfuhr. "Laß es einfach nur zu, daß ich mich um dich kümmere. Ich sorge dafür, daß die sowas nicht mehr passiert, Liebste, ich verspreche dir das." Es war schwer, meine eigenen Tränen zurückzuhalten, als sie sich an mich schmiegte. Ich hielt sie ein wenig fester. Meine eigene Stimme ging mir nicht aus dem Kopf, die ihr sagte, ihn zu konfrontieren. Sie hatte am Telefon Angst gehabt. Ich hatte es gewußt und es ignoriert. In diesem Moment haßte ich mich so sehr, wie ich Steve haßte. "Ich bin jetzt da, Baby," versicherte ich ihr und vergrub mein Gesicht in ihrem Haar. "Ich bin da." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)